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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession für den Bau und Betrieb einer JuraGotthardbahn.

(Vom 24. Juli 1873.)

Tit. !

Im Namen des Initiativkomite der Jura-Gotthardbahn reicht uns der Präsident desselben, Herr Nationalrath Büzberger in Langenthal, am 23. Februar d. J. das Gesuch ein um die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von der Jurabahn bei Delsberg abzweigend über die Klus, Langenthal, in der Richtung von Huttwyl und Zell nach Willisau, Wohlhausen, Luzern, dem linken Seeufer entlang über Stanz nach Altdorf mit Anschluß an die Gotthardbahn. Bereits am 19. Dezember v. J. hatte der Große Rath des Kantons Bern dem nämlichen Komite eine Konzession ertheilt für eine Bahn zwischen 1) den jurassischen Eisenbahnen und der Kantonsgrenze Bern-Solothurn in der Richtung nach Oensingen, und 2) der Kantonsgrenze Bern-Solothurn bei Oensingen bis an die Kantonsgrenze Bern-Luzern in der Richtung gegen Zell zwischen Huttwyl und St. Urban. Wir sahen jedoch von einer besondern Genehmigung dieser Komiession ab, in Anbetracht, daß ein noch größerer und wichtigerer Theil des ganzen Unternehmens das Territorium der Kantone Solothurn, Luzern, Nidwaiden und Uri durchschneidet, und daß daher am zwekmäßigsten eine Konzession für

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die Ogesammte Linie nach den gleichen Grundsäzen verliehen werde.

O Die bei den Verhandlungen über diese Konzession anwesende Delegation der Regierung des Kantons Bern erklärte, daß sie dieser Anschauung beipflichte und den Konzessionsakt vom 19. Dezember nunmehr als dahingefallen betrachte.

Die Jura-Gotthardbahn, welche bestimmt ist, den Jura mit dem Gotthard zu .verbinden, schließt in Delsberg an die im Bau begriffene Jurabahn an und zieht sich zunächst durch das Birsthai über Courrendlin in südlicher Richtung nach Münster, von wo sie bis ins Aarethal eine westliche Richtung einhält. Bei Corcelles durchsticht sie mittelst eines 2360 Meter langen Tunnels den Harzberg, und mündet oberhalb Welschenrohr in das solothurnische Thal der Dünnem, um dem Laufe dieses Flüßchens folgend, durch die Klus ins Aarethal hinauszutreten. Eine Variante würde über Vicqucs und Courchapoix dem Bergabhang bis Montsevelier folgen, hier mittelst eines Tunnels einen Gebirgskopf durchbrechend die sogenannte lange Brüke bei Erschwyl erreichen, den Beinwylerberg durchschneiden, um nach Mümliswyl zu führen, und bei der Klus an das erstbeschriebene Trace anzuschließen. Eine zweite Variante berührt, von der Jurabahnstation Laufen ausgehend, die Ortschaften Brislach, Breitenbach, Büsserach, und vereinigt sieh bei Erschwyl mit obiger Variaute.

Bei Oensingen nimmt das Trace eine mehr südliche Richtung an, kreuzt die künftige Gäubahn, überschreitet bei Aarwangen die Aare, und zieht sich über Langenthal, Madiswyl und Rohrbach nach Huttwyl, in der Nähe welcher Ortschaft die Linie die Luzernergrenze überschreitet und dann theils in östlicher, theils in südöstlicher Richtung über Zell Gettnau und Willisau führend bei Wohlhausen an die Bern-Luzern-Bahn anschließt, mit welcher sie Luzern erreicht. Eine Variante über Melchnau und Groß-Dietwyl würde das Trace um etwa 4 1/2 Kilometer abkürzen. Von Luzern zieht sich die Linie über Horw und gewinnt bei Ennet-Horw das linke Seeufer, gelangt über Hergiswyl an den Alpnachersee, den sie mittelst einer Gitterbrüke überschreitet und dann über Stanz das Ufer des Vierwaldstättersees bei Buochs wieder erreicht. Diesem See entlang bewegt sie sich in günstigen Steigungen und Gefallen über Beckenried, Treib, Grütli, Bauen bis Seedorf im Reußthal, um sodann bei Altdorf an die Gotthardbahn anzuschließen.
Die Gesammtlänge des beschriebenen Trace beträgt 157,80 Kilometer und vertheilt sich wie folgt: Delsberg-Langenthal 52,05 Kilometer, Langenthal-Huttwyl-Luzern 59,26 Kilometer, Luzern-Altorf 46,48 Kilometer.

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In der Jura- und Hügellandpartie, d. h. von Delsberg bis Luzern, kommen mit Ausnahme einiger Ein- und Ausmündungen von Stationen, welche nur 300 Meter haben, keine Kurven unter 400 Meter vor. Auf der Linie Luzern-Altorf ist der Minimalradius 300 Meter.

Die Linie Delsberg-Luzern weist eine Maximalsteigung von 21°/oo auf, welche indessen nur diesseits der Wasserscheide bei Gänsbrunnen zur Anwendung kommt; das Tracé Luzern-Altdorf hat keine Steigung über 11 °/oo. Der Bericht über die Kosten der Bahnlinie nimmt als auszuführende Länge 135,34 Kilometer an, indem, wie in der Beschreibung des Trace bemerkt worden, die Linie bei Wohlhausen an die Bern-Luzern-Bahn anschließt, so daß diese Streke bei der Kostenberechnung nicht in Betracht kommt, und berechnet die Kosten für das ganze Projekt auf Fr. 41,655,000, rund 42 Millionen oder per Kilometer Fr. 307,780, rund Fr. 310,000.

Die Verhandlungen über die Konzession dieses großen Unternehmens führten rasch zum Ziele, indem das Initiativkomite mit den meisten Bestimmungen der Normalkonzession, wie sie aus unserer zweiten Berathung hervorging, sich befreundete und einzig die Streichung der Taxreduktion von 20°/o für die mit Waarenzügen beförderten Personen (§ 15) verlangte. Unsere Botschaft vom 10. Juli zur Normalkonzession. erörtert diesen Punkt auf Seite 13, und wir erlauben uns, dorthin zu verweisen.

Am 20. d. Mts., nachdem diese Botschaft bereits in Arbeit sich befand, brachte uns der Regierungsrath des Kantons Solothurn zur Kenntniß, daß er Namens des Kantons ,,bei einer all!allig zu ertheilenden Konzession über Bau und Betrieb einer Eisenbahn (JuraGotthardbahn) durch das Gulden- oder Welschenrohrthal durch die Klus bis Kantonsgrenze bei Oensingen nach Art. 4 des Bundesgesezes über Bau und Betrieb der Eisenbahnen in dem Sinne Einsprache erhebe, das Recht für den Kanton Solothurn zu wahren, um den Bau und Betrieb dieser Linie auf solothurnischem Gebiet selbst zu übernehmen.a Die Motive dieser Schlußnahme sind im Schreiben des Regierungsrathes nicht angegeben, weßhalb wir es lediglich mit den übrigen Akten an Sie gelangen lassen. Wir betrachten nämlich den Schritt der Regierung des Kantons Solothurn schon Angesichts der Bestimmungen seiner Verfassung keineswegs als eine positive Protestation gegen die Ertheilung der begehrten Konzession und als die
definitive Ankündigung des S t a a t s b a u e s der Linie Welschenrohr-Oensingen, sondern nur als eine vorläufige Wahrung des im zweiten Saz von Art. 4 des Eisenbahngesezes den Kantonen einge-

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räumten Rechtes. Erst nachdem die Konzession dem Initiativkomite wirklich verliehen sein wird, ist der Zeitpunkt zur realen Geltendmachung desselben gekommen. Wir beantragen also troz dieses Zwischenfalles die: Annahme des unten folgenden Beschlußentwurfes.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 24. Juli 1873.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der V i z e p r ä s i d e n t : Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft :

Schiess.

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Konzession für den Bau und Betrieb einer Jura-Gotthardbahn.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1) eines Gesuches des Hm. Nationalrath Büzberger in Langenthal vom 23. Februar 1873, 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 24. Juli 1873, beschließt: Dem Initiativcomite für Erstellung einer Jura-Gotthardbahn, repräsentirt durch die Herren Nationalrath Büzberger in Langenthal

255 ' ^ und Oberst v. Sonnenberg in Luzeru, wird zuhanden einer zur Ausführung des Unternehmens zu bildenden Gesellschaft die^Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von Delsberg (von der Jurabahn abzweigend) über die Klus, Langen thaï, in der Richtung von Huttwyl und Zeli nach Willisau, Wohlhausen, Luzern, dem linken Seeufer entlang über Stanz nach Altdorf mit Anschluß an die Gotthardbahn untar den in nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen ertheilt.

Art. i. Es sollen die Bundesgeseze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von neunundneunzig Jahren, vom 1. August 1873 an gerechnet, ertheilt.

Art. 3. Der Siz dei1 Gesellschaft ist in Luzern.

Mit Vorbehalt der in dieser Konzession enthaltenen Beschränkungen untersteht die Eisenbahngesellschaft den allgemeinen Gesezen und Verordnungen des Bundes, resp. der Kantone Bern, Solothurn, Luzern, Nidwaiden und Uri.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrathes oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsiz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 18 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrathe die im Titel II (Art. 7--19) der Verordnung betreffend die erforderlichen Nachweise bei Gesuchen um Eisenbahnkonzessionen u. s. w., vom 20.

Februar 1873, angeführten technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Vor dem 1. Juni 1875 ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Bis zum 1. Juni 1880 ist die ganze konzessionirte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrath ist berechtigt, zur Wahrung der Sicherheit und der öffentlichen Interessen auch nach Genehmigung der Baupläne Aenderungen des Trace zu verlangen. Die Gesellschaft hat den bezüglichen Begehren und Vorschriften Folge zu leisten.

Art. 8. Die Bahn wird mit ein- oder zweispurigem Unterbau erstellt. Es ist der Gesellschaft auch bei zweispurigem Unterbau gestattet, vorerst nur ein Geleise zu legen. Bei jeder Station sind

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in Zahl uud Länge dem Verkehr entsprechende Ausweichgeleise anzubringen.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die. Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigenthum desjenigen Kantons, (im Kauton Uri desjenigen Bezirks), auf dessen Gebiet sie gefunden worden sind, und an dessen Regierung, (resp. Vorsteherschaft) unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Ueberwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes aufliegt, liât die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Theilen der Bahn und des Materials zu gestatten und das zur Untersuchunonöthiffe Personal und Material zur VerO O fügung zu stellen.

Ugl,

Art. 11. Der Bundesrath kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu gegründeten Klagen Anlaß geben, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens dreimal nach beiden Richtungen von einem Endpunkte der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Personenzüge haben mit einer mittlern Geschwindigkeit von mindestens 24 Kilometern in einer Zeitstunde zu fahren, das Anhalten bei den Zwischenstationen und den daherigen Aufenthalt inbegriffen. Eiue geringere Fahrgeschwindigkeit darf nur in Folge besonderer Bewilligung des Bundesrathes zur Anwendung gelangen.

Dem Bundesrath bleibt vorbehalten, bei eintretendem Bedürfniß die Bahngesellschaft anzuhalten, besondere Züge mit erhöhter Fahrgeschwindigkeit einzuführen.

Art. 13. Das mindestens drei Monate vor der Betriebseröffnung dem Bundesrathe vorzulegende Transportreglement soll nicht vor ausgesprochener Genehmigung in Vollzug gesezt werden. Jede Aenderung desselben unterliegt ebenfalls der Zustimmung des Bundesrathes.

Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung verschiedene Wagenklassen nach amerikanischem System aufstellen.

In der Regel sind allen Personenzügen Wagen aller Klassen beizugeben ; Ausnahmen -kann nur der Bundesrath gewähren. Die sogenannten gemischten Züge mögen ohne Wagen erster Klasse kursiren. »

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Die Gesellschaft hat stets ihr Möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sizpläzen befördert werden können. Auf Verlangen des Bundesrathes sind auch mit Waarenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen mittelst der Personenzüge Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze zu beziehen: in der ersten Wagenklasse 10 Rappen, in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Waarenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sizplaz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurükgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu Wahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäks sind frei, sofern es ohne Beläsigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäk der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 2 J /2 Rappen per 50 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rükfahrt am gleichen oder folgenden Tage sind die Personentaxen 20 °/o niedriger anzusezen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Für Abonnementsbillets zu einer mindestens 12maligen Benuzung der Bahn der .gleichen Bahnstreke für Hin- und Rükfahrt während drei Monaten wird die Gesellschaft einen weitern Rabatt bewilligen.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugniß zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimiren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizcistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedirei!. Ein vom Bundesrath nach Anhörung der betheiligten Kantone und der Gesellschaft zu erlassendes Reglement wird die Detailbestimmungen über den Transport der Armen und der Arrestanten enthalten.

Bundesblatt. Jahr*. XXY. Bd. III.

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258 Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Waarenzügcn dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansäze bezogen werden : Per Stük und per Kilometer.

Für Pferde, Maulthiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; .n Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; ,, Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rappen.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Waaren sind nach Klassen zu taxiren, wovon die höchste nicht über 0,8, die niedrigste nicht über 0,5 Rappen per 50 Kilo und per Kisometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) von Waaren hat gegenüber den Stüksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirthschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie Kohlen, Holz, Erze, Eisen, --Salz, Steine, Dünguugsmittel u. s. w. in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxirt werden.

Für den Transport von baarem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklarirtem Werthe soll die Taxe so berechnet werden, daß für 1000 Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waaren durch Personenzüge (in Eilfracht) transportirt werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waaren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansazes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besonderen Wagen, mit den Personenzügen transportirt und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilo nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist .die Taxe mit 0,8 Rappen per Kilometer und 50 Kilogramm zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, zu bestimmen, daß Waarensendungen bis auf 25 Kilo Gewicht stets in Eilfracht befördert werden sollen, ebenso für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen Taxen nach eigenem Ermessen festzusezen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stükes kann auf 40 Rp. festgesezt werden.

259 Art. 19. Bei eintretenden Nothständen, irisbesondere bei ungewöhnlicher Theuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet , für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Spczialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrathe nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesezt werden.

Art. 20. Bei Erhebung -der Taxen werden Bruchtheile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet, Sendungen bis auf 25 Kilo für volle 25 Kilo. Das Mehrgewicht wird berechnet bei Eilgut und Reisendeugepäk nach Einheiten von je fünf Kilo, bei gewöhnlichem Gut von 25 bis 50 Kilo für 25 Kilo und über 50 Kilo hinaus ebenfalls nach je-fünf Kilo, wobei jeder Bruchtheil von fünf Kilo für volle fünf gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentiren Bruchtheile von 500 Fr. volle 500 Franken.

Die Taxen sind jeweiligen auf 5 Rappen abzurunden, so daß Bruchtheile von l -- 5 Rp. für volle 5 Rp. gelten.

Art. 21. Die in den Artikeln 15, 17 und 18 aufgestellten Tax: bestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waaren sind von den Aufgebern an die Stationsladpläze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstatiouen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, resp. des Adressaten zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waaren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hievon sind unter Zustimmung des Bundesrathes zuläßig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende T liiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelnheiten des Trausportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämmtlichen durch diese Konzession geforderten Tarife sind mindestens sechs Wochen, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Balmunternehmung drei Jahre nach einander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zuläßige Maximum der Transporttaxen gemäß einer zwischen dem Bundesrathe und der Gesellschaft zu treffenden Vereinbarung herabzusezen.

260 Art. 25. Insofern die Gesellschaft eine grundsäzliche Aenderung der Tarife vorzunehmen beabsichtiges sollte, hat sie ihr daheriges Projekt sammt dem neuen Tarif dem Bundesrathe zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, den vom Bundesrathe mit der Kontrole über die Fahrtordnung beauftragten Organen freien Zutritt in den Bahnhöfen und die unentgeltliche Benuzung eines geeigneten Lokals zur Abfassung und zum Auflegen ihrer Rapporte zu gewähren.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rükkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, der betheiligten Kantone, gelten nachfolgende Bestimmungen : a. Der Rükkauf kann frühestens auf 1. Mai 1903 und von da jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rükkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritt desselben Kenntniß zu geben.

. b Im Rükkaufe ist begriffen, daß die Eisenbahn mit allen Aktiven, einschließlich der Erneuerungs-, Reserve-, Pensions- und Unterstüzungs - Fonds, und Passiven in das volle Eigenthum des Bundes, resp. der Kantone Bern, Solothurn, Luzern, Nidwaiden und Uri übergehe. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rükkauf erfolgen mag, ist die Bahn sammt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustand dem Bunde, resp. den oben genannten Kantonen abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhälnißmäßiger Betrag der Rükkaufsumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rükkauf beträgt, sofern lezterer bis 1. Mai 1933 rechtskräftig wird, den fünfundzwanzigfachen Werth des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rükkauf der Gesellschaft notifizirt wird, unmittelbar vorangehen, -- sofern der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1933 und 1. Mai 1948 erfolgt, den 22 1/2fachen Werth, -- wenn der Rükkauf zwischen dem 1. Mai 1948 und dem 1. Mai 1957 sich vollzieht, den 20fachen Werth, -- wenn endlich der Rükkauf erst zwischen dem 1. Mai 1957 und dem Ablauf der Konzession vor sich geht, den 16fachen Werth des oben beschriebenen Reinertrages, immerhin in der Meinung, daß die Entschädigungssumme in keinem Falle weniger als die nachgewiesenen erst. maligen Anlagckosten der bestehenden Einrichtungen betragen

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darf. Bei Ermittlung der Anlagekosten und des Reinertrages darf ausschließlich die durch diesen Akt konzedirte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesammten Ueberschuß der Verwaltungs- (Betriebs-) Einnahmen über die Verwaltungsausgaben, zu welch' leztern sämmtliche Schuldzinsen und diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefond einverleibt wurden.

e. Streitigkeiten, die über den Rükkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 28. Haben die im vorausgehenden Artikel genannten Kantone den Rükkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund .nichts desto weniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definirt worden, jederzeit auszuüben, und die Kantone haben unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie lezterer dies von der konzessionirten Gesellschaft zu fordern kompetent gewesen wäre.

Art. 29. Der Bundesrath ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession einer Eisenbahn von "Winterthur über Kloten, Baden, Lenzburg und Hunzenschwyl einerseits nach Zofingen, andererseits nach Aarau.

(Vom 24. Juli 1873.)

Tit. !

Das Trace dieser Bahn, welche einen T heil der sogen. Nationaalbahn bildet, ist folgendes : Ausgehend von Winterthur, folgt sie zirka 5 Kilometer lang der Nordostbahn, überschreitet dann die Töß auf einer 32 Meter hohen und 30 Meter langen Gitterbrüke, und unmittelbar nachher mittelst dreier gewölbter Brüken die Kempt, die Landstraße und die Schienen der Nordostbahn, und wendet sich in grossem Bogen westwärts gegen Lindau. Hier eine Station ; die nächste bei Basserstorf, dann eine bei Kloten, überall in nächster Nähe der Dorfschaften ; bei Glattbrugg eine Haltstelle unweit derjenigen , welche für die Linie Oerlikon-Bülach dient ; dann in wesentlich gerader Richtung nach Watt, Buchs, Otelfingen, bei welchen Dörfern Stationen errichtet werden, südlich an Wettingen vorbei, auf einer 46 Meter hohen und 150-Meter langen Gitterbrüke über die Limmat, auf einerGewölbebrükee über den Schienenstrang der Nordostbahn in einen eigenen Bahnhof Baden ; hierauf

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Konzession für den Bau und Betrieb einer Jura-Gotthardbahn. (Vom 24. Juli 1873.)

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1873

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02.08.1873

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