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zu 3486 II. Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1936.)

(Vom 20. November 1936.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, unter Vorlage der Akten über weitere 12 Begnadigungsgesuche Bericht zu erstatten und über deren Erledigung Antrag zu stellen.

115. Sigmund Hanauer, 1898, deutscher Eeichsangehöriger, Fabrikant, SchaanVaduz (Liechtenstein).

(Einreisesperre.)

115. Über Sigmund Hanauer hat die Eidgenössische Fremdenpolizei am 10. Februar 1936, gestützt auf Art. 13, Abs. 2, des Bundespesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer, vom 26. März 1931, wegen Widerhandlung gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften die Einreisesperre verhängt, gültig bis 15. Februar 1938. Den Eekurs Hanauers hat das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement am 24. April 1936 abgewiesen.

Hanauer ersucht nunmehr die Bundesversammlung, sie «möchte ihn begnadigen und die von der Eidgenössischen Fremdenpolizei über ihn verhängte Strafe des Einreiseverbotes in die Schweiz von zwei Jahren auf ein Jahr reduzieren, mithin das Einreiseverbot am 15. Februar 1937 aufheben». Der Gesuchsteller behauptet zunächst die Zulässigkeit der Begnadigung, wozu auf das Gutachten eines Wissenschafters abgestellt wird, um sodann hinsichtlich der verhängten Einreisesperre geltend zu machen, sie sei im Verhältnis zur Verfehlung zweifellos sehr hart und deshalb, aus näher erörterten Gründen, auf die Hälfte der Zeit herabzusetzen.

Zur Zulässigkeit der Begnadigung wird im Gesuch zusammenfassend erklärt: Der Begnadigung durch die Bundesversammlung unterstehen nicht nur eigentliche Kriminalstrafen, sondern auch sogenannte Verwaltungsstrafen.

Die Begnadigung ist zulässig, unbekümmert darum, ob die Strafe von einem Gericht oder von einer Verwaltungsbehörde ausgefallt wurde. Bei der Binreisesperre handelt es sich nicht i etwa nur um eine Verwaltungsmassnahme, sondern um eine eigentliche Strafe, so dass die Bundesversammlung zur Begnadigung zuständig ist.

192 Über die Frage der Zulässigkeit der Begnadigung und damit über die Eintretensfrage in dieser Sache hat zwischen der Bundesanwaltschaft und der Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes ein Meinungsaustausch stattgefunden, mit dem übereinstimmenden Ergebnis, dass die Einreisesperre nach Art. 13, Abs. 2, des Bundesgesetzes der Begnadigung nicht unterstehe. Wir verweisen besonders auf den Bericht der Polizeiabteilung an die Bundesanwaltschaft vom 22. September 1936.

Unserseits b e a n t r a g e n wir dementsprechend grundsätzlich Nichteintreten, mangels Zuständigkeit der Bundesversammlung als Begnadigungsbehörde.

Überzeugt von der Eichtigkeit und Notwendigkeit dieser Antragstellung sehen wir im folgenden gänzlich davon ab, uns auch zur Frage der sachlichen Begründetheit des Hanauerschen Gesuches zu äussern, wogegen uns sehr daran gelegen ist, die Unzulässigkeit der Begnadigung näher darzutun. Hierzu schicken wir voraus, dass wir gegen den Hinweis des Gesuchstellers, sowohl Kriminalstrafen wie sogenannte Verwaltungsstrafen seien der Begnadigung zugänglich, keine Einwendungen erheben ; die Praxis der Bundesversammlung, z. B. in Fiskalstrafsachen, ist insoweit eindeutig. Dasselbe gilt für den weiteren Hinweis, es mache keinen Unterschied aus, ob die Strafe von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde erkannt sei; auch diesbezüglich ist die Begnadigungspraxis klar, wie z. B. mit Bezug auf Straf Verfügungen der Abteilung für Landwirtschaft oder der Getreideverwaltung. Was wir dagegen bestreiten, und entschieden bestreiten müssen, ist die Auffassung des Gesuchstellers und des wissenschaftlichen Gutachters, dass die zur Erörterung gebrachte Einreisesperre eine in einem Strafverfahren durch eine Strafbehörde erkannte Strafe sei.

Die Einreisesperre ist das gegen einen Ausländer ergangene Verbot jeden Grenzübertrittes ohne ausdrückliche Ermächtigung der verfügenden Behörde (hierzu der Wortlaut von Art. 13, Abs. 2, des Buiidesgesetzes; Euth, Das Fremdenpolizeirecht der Schweiz, 1934, 109, 115, 123; Sand, Das Verfahren der administrativen Ausweisung der Ausländer aus der Schweiz, 1928, 57/58).

Die Einreisesperre ist darnach Erschwerung der Einreise durch ausdrückliche Verfügung der Fremdenpolizei. Sie ist als Einreiseerschwerung Bestandteil der gesetzlichen Eegelung von Ein-
und Ausreise, Aufenthalt und Niederlassung des Ausländers, ebenso wie die Ausweisung nach Art. 10 und 11 als gänzliches Gebietsverbot oder die blosse Einreisebeschränkung zu bestimmtem Zweck nach Art. 13, Abs. l, des Gesetzes. Alle diese Massnahmen dienen nicht Strafzwecken, sie sind nicht Strafen als Eechtsfolge begangenen Unrechtes, nicht Übelszufügung gegenüber einem Straftäter zur Sühne wegen einer Übeltat, sondern administrative Zwangsmassregeln zum staatlichen Selbstschutz, verhängt im massgebenden Interesse des Staates aus den im Gesetz näher bezeichneten Gründen. Was B u r c k h a r d t (Kommentar der BV, dritte Auflage, 1931, 633) von der Ausweisung nach Art 70 BV erklärt, ist hier zu verallgemeinern : Polizeimassregel, keine Strafe. Das gilt gleicherweise für die Einreisesperre,

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und zwar unabhängig vom Bechtsgrund des Einzelfalles, so dass wir eine Unterscheidung von Einreisesperre als «Schutzmassnahme» und Einreisesperre als strafrechtliche «Unrechtsfolge» für unangängig halten und als der einheitlichen Polizeimassregel zuwiderlaufend bestimmt ablehnen. Der «Vollstreckungszweck» der Einreisesperre ist stets derselbe; sie erzwingt die Unterlassung des Grenzübertrittes durch den Ausländer, der unerwünscht ist, sei es, dass dies allgemein in seiner Person liegt oder dass er sich bestimmte Zuwiderhandlungen hat zuschulden kommen lassen. Die Sperre ist stets «Verwaltungsvollstreckung» im Sinne des erzwungenen Fernhaltens eines Ausländers, nicht als Übelszufügung (als die sie freilich empfunden wird), sondern zur Erreichung eines bestimmten Verwaltungszweckes, nämlich zum Selbstschutz vor dem Unerwünschten. (Näheres Bericht der Polizeiabteilung, S. 3/4.)

Wir können darnach die Einreisesperre des Bundesgesetzes materiellrechtlich nicht als Strafverfügung, nicht als «Polizeistrafe» anerkennen. Der Vergleich mit den «echten Strafen» anderer Bundespolizeigesetze ist in Wirklichkeit unbehelflich. Die Systematik des Bundesgesetzes kann dies überzeugend dartun; gleich der Ausweisung und Einreisebeschränkung ist auch die Einreisesperre im ersten Abschnitt des Gesetzes geregelt, der die Anwesenheit des Ausländers auf Schweizerboden betrifft, mithin das materielle Fremdenpolizeirecht ordnet. Das Gesetz enthält ferner einen eigenen, dritten Abschnitt « Strafbestimmungen», mit gesetzlichen Tatbeständen und näheren Strafandrohungen. Hier handelt es sich offenbar um «echte Strafen»; von der Ausweisung, Einreisesperre, Einreisebeschränkung, etwa als Nebenstrafen, ist aber verständlicherweise mit keinem Wort die Eede. Das Bundesgesetz regelt sodann auch das Strafverfahren, indem es die Verfolgung und Beurteilung der Zuwiderhandlungen den Kantonen zuweist. Andere Zuwiderhandlungen als die in Art. 23 genannten gibt es überhaupt nicht. Verhängt demgegenüber die Eidgenössische Fremdenpolizei eine Einreisesperre, so handelt sie hierbei weder in einem Strafverfahren noch als Strafbehörde, und sie erkennt mit der Sperre keine Strafe. Wäre dies anders, so müsste dies das Bundesgesetz irgendwie zum Ausdruck bringen; es enthält jedoch für eine entsprechende Argumentation keinerlei Anhaltspunkte. Ist
aber die Verfolgung und Beurteilung seiner Übertretungen in Wirklichkeit nicht einer Verwaltungsbehörde des Bundes übertragen, so erweist sich namentlich auch die Behauptung, das Bundesgesetz sei mit dem «besonderen Verfahren des Art. 13 über die Verhängung der Strafe der Einreisesperre» eine «lex specialis zu den Art. 822 und 326 der Bundesstrafprozessordnung und gehe letzteren vor», als unrichtig.

Auf das «Begnadigungsgesuch» Hanauers ist darnach, da keine Strafe erkannt ist, nicht einzutreten. Eine andere Schlussnahme würde, bei der Tragweite der Grundsatzfrage, einer Kompetenzverschiebung gleichkommen, welche für die gesetzmässige Handhabung der Eremdenpolizei bedenkliche Folgen haben müsste. Die Bundesversammlung hat seinerzeit die Frage, ob der Bundesrat über die Ausweisung Fremder nach Art. 70 BV endgültig zu entscheiden habe, richtigerweise bejaht ( B u r c k h a r d t , a. a. 0. 636). Bei der

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Einreisesperre handelt es sich, mutatis mutandis, um eine gleichartige Bechtslage. Art. 20 des Bundesgesetzes ordnet den Rekurs an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement als l e t z t e Instanz; demgegenüber ergäbe die Zulässigkeit der Begnadigung in Wirklichkeit eine dem Gesetz zuwiderlaufende weitere Bekursmöglichkeit, wozu die Bundesversammlung nicht Hand bieten darf.

116. Armand-Louis Moret, 1912, Maler, zurzeit Strafanstalt Bochuz.

(Sprengstoffverbrechen.)

116. Armand-Louis Moret ist am 17. Februar 1936 vom Kriminalgericht von Genf gernäss Art. l, Abs. 2, des Bundesgesetzes betreffend den verbrecherischen Gebrauch von Sprengstoffen, vom 19. Dezember 1924, zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt worden wegen Miturheberschaft am Sprengstoffanschlag vom 19./20. Dezember 1935, nachts, gegen das Wehrmännerdenkmal in Genf.

Für Moret ersucht der Verteidiger um Erlass der Eeststrafe, nachdem zwei Drittel verbüsst seien. Moret habe in der Strafsache bloss in untergeordneter Weise mitgewirkt. Der durch den Anschlag verursachte Schaden sei geringfügig gewesen. Der Staatsanwalt habe in der Hauptverhandlung auf die Möglichkeit späterer Begnadigung hingewiesen. Moret sei ohne Vorstrafe und von ehrbarer Herkunft.

In den Akten befindet sich ein aufschlussreicher Bericht der Strafanstaltsleitung, dem zu entnehmen ist, dass Moret sich zwar der Anstaltsdisziplin willig fügt, aber von seiner terroristischen Einstellung nicht loskommt. Der Staatsanwalt des Kantons Genf kann auf Grund dieses Berichtes eine Begnadigung nicht empfehlen.

Wir beantragen desgleichen Abweisung und erinnern an die durch Gesuchsabweisung erledigte Sprengstoffsache Gloor (Antrag l im I. Bericht vom 20. November 1935, Bundesbl. II, 589 ff.).

117. Ernst Grütter, 1896, Säger und Holzhändler, Bonfol (Bern).

(Zollvergehen.)

117. Ernst Grütter ist am 4. Februar 1935 vom Eidgenössischen Finanzund Zolldepartement gemäss Bundesgesetz übei das Zollwesen, vom 1. Oktober 1925, nebst zwei anderen, mit Bussen von Fr. 26,206.67 bestraft worden. Die Beschwerde hat der Bundesrat am 10. August 1935 abgewiesen.

Grütter hat sich 1934 dadurch schwerer Zollvergehen schuldig gemacht, dass er 40 Wagen Holz unter Umgehung des Einfuhrverbotes und des Zolles aus Frankreich in die Schweiz einführte.

Grütter ersucht um Erlass der Bussenhälfte, da er
andernfalls zugrunde gehen müsste, was er überzeugend dartut. Sein Gesuch und die Beilagen haben die Oberzolldirektion, im Meinungsaustausch mit der Bundesanwaltschaft, veranlasst, die Lage Grütters neuerdings zu überprüfen. Grütter hat nunmehr insgesamt Fr. 13,550 entrichtet.

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Mit der Eidgenössischen Oberzolldirektion können wir heute kommiserationsweise beantragen, den noch ausstehenden Bussenteil zu erlassen. Nähere Angaben enthält der Schlussbericht der Oberzolldirektion an die Bundesanwaltschaft vom 10. November 1936. Von der Begnadigung wird die Zahlungspflicht für Zölle, statistische Gebühren und Untersuchungskosten im Gesamtbetrag von Fr. 2318.13 nicht berührt.

118. Walter Maire, 1887, Handelsmann, Genf.

(Einfuhr von Speisekartoffeln.)

118. Walter Maire ist am 25. November 1935 vom Polizeigericht des Kantons Genf gemäss Erlassen über die Beschränkung der Einfuhr in Verbindung mit dem Bundesgesetz über das Zollwesen, vom 1. Oktober 1925, zu Fr. 500 Busse verurteilt worden, weil er unrechtmässigerweise versucht hatte, ein Einfuhrkontingent für Kartoffeln zu erlangen.

Maire ersucht um Erlass der Busse, da ihm andernfalls die Umwandlungsstrafe bevorstehe. Er sei seit kurzem Konkursit.

Demgegenüber beantragen wir mit der Alkoholverwaltung deohalb ohne weiteres Abweisung, weil Maire nach der Art seines Vorgehens eine Begnadigung nicht nahe zu legen vermag und ihm zudem der ernstliche Zahlungswille gefehlt haben durfte, liess er doch ein Schreiben der Verwaltung überhaupt ohne jede Antwort. Die Kontingentszuteilung setzt eine näher geregelte Abnahme von Inlandsware voraus; hierüber wies Maire Belege mit falschen Angaben vor, zu denen er in verwerflicher Weise die inländischen Produzenten verhielt, wobei er ihnen zudem die amtlich festgelegten Preise vorenthielt.

119. Ernst Beimann, 1900, Korbwarenfabrikant, Eheinfelden (Aargau).

(Fabrikpolizei.)

119. Ernst Eeimann ist am 27. August 1936 vom Bezirksgericht Lenzburg gemäss Bundesgesetz betreffend die Arbeit in den Fabriken, vom 28. Juni 1914/27. Juni 1919, und weiteren Gesetzen zu Fr. 100 Busse verurteilt worden, weil sein Betrieb ungesetzliche Arbeitszeiten aufwies und Lehrlinge während einer Nacht, sowie während eines Abends beschäftigt wurden, all dies ohne Lohnzuschläge für die Überstunden.

Eeimann ersucht um teilweise Begnadigung, wenn möglich bis zur Bussenhälf te. Er habe als junger Geschäftsmann in Unkenntnis der Vorschriften gehandelt. Die Busse belaste ihn stark. Er halte Arbeiter und Lehrlinge so gut, als dies möglich sei, um geschäftlich zu bestehen.

Das urteilende Gericht kann die Begnadigung nicht
empfehlen. Der Fabrikinspektor des Kantons Aargau erhebt gegen den Erlass der Bussenhälf te keine Einwendungen; für erstmalige Verfehlungen sei die Busse etwas hoch ausgefallen, zudem sei Eeimann nunmehr'bestrebt, die Vorschriften einzuhalten. Der eidgenössische Fabrikinspektor des II. Kreises beantragt Herab-

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Setzung der Busse bis Fr. 40 oder 50. Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit äussert sich näher, ohne das Gesuch vorbehaltlos empfehlen zu können.

Wir b e a n t r a g e n den Erlass der Bussenhälfte, unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Bundesamtes und den seitherigen Bericht des kantonalen Fabrikinspektors, fügen aber ausdrücklich bei, dass hierzu die Gesamtlage des Falles Anlass gibt und wir uns der Notwendigkeit, in Fabrikpolizeisachen mit Begnadigungen zurückzuhalten, bewusst bleiben.

120.

121.

122.

123.

124.

125.

Ernst Bugmann, 1901, Landwirt, Döttingen (Aargau), Sophie Bugmann, 1902, Ehefrau des Vorgenannten, Oswald Winter, 1904, Landwirt, Ittenthal (Aargau), Traugott Grenaeher, 1910, Bäcker, Ittenthal (Aargau), Hermann Lehmann, 1899, Schuhmacher, Zofingen (Aargau), Hugo Ernst, 1892, Maschinist, Gossau (St. Gallen).

(Jagdvergehen.)

Gemäss Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz vom 10. Juni 1925 sind verurteilt worden: 120. und 121. Ernst und Sophie Bugmann, verurteilt am 2. April 1985 vom Bezirksgericht Zurzach gemäss Art. 40 des Bundesgesetzes und kantonalem Jagdstrafrecht je zu Fr. 100 Busse wegen Begünstigung eines Jagdvergehens, begangen durch Annahme eines gefrevelten Eehes.

Die Eheleute Bugmann ersuchen nach Entrichtung von Fr. 130 um Erlass der verbleibenden Fr. 70, mit dem Hinweis auf ihre misslichen Verhältnisse.

Bugmann sei, nach konkursamtlicher Verwertung seines landwirtschaftlichen Betriebes, Taglöhner und Hilfsarbeiter.

Mit dem urteilenden Gericht und der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir auf Grund der amtlichen Erhebungen den Erlass des Eestbetrages.

122. und 123. Oswald Winter und Traugott Grenaeher, verurteilt am 27. August 1936 vom Bezirksgericht Laufenburg gemäss Art. 39, Abs. 3, und 43, Ziff. 5, des Bundesgesetzes je zu Fr. 150 Busse, weil Winter nach Anstiftung durch Grenaeher mit einem Flobertgewehr eine Eule abgeschossen hatte.

Für Winter ersucht die Ehefrau um Herabsetzung der Busse, wozu sie schwere Zinsenlast und Unglück im Stall geltend macht. Grenaeher ersucht seinerseits um teilweise Begnadigung, möglichst aber um gänzlichen Bussenerlass, da die Kosten bereits betrachtlich seien; es handle sich um keine «Wilderei».

Das urteilende Gericht befürwortet bei Winter die Teilbegnadigung, dagegen kann es eine Begnadigung Grenadiers nicht empfehlen. Die Finanzdirektion des Kantons Aargau hat gegen ersteres nichts einzuwenden und tritt letzterem bei; zugleich wird aber die Art der Bussenbemessung bemängelt.

197 Mit der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir in beiden Fällen Herabsetzung der Bussen bis Fr. 100; hätte das Gericht die Zulässigkeit einer Gesamtbusse beachtet, so wäre wahrscheinlich die blosse Aneinanderreihung zweier Mindestbussen unterblieben, was niedrigere Bussen ermöglicht hätte.

124. Hermann Lehmann, verurteilt am 25. Januar 1936 vom Bezirksgericht Zofingen gemäss Art. 39, Abs. 3, 40, Abs. 3, 43, Ziffer 5 und 7, des Bundesgesetzes, in Verbindung mit verschiedenen kantonalrechtlichen Strafbestimmungen zu Fr. 195 Busse, weil er wahrend längerer Zeit von seiner Werkstatt aus mit dem Flobertgewehr auf Sperlinge, Meisen, Buchfinken und andere Vögel geschossen und ferner eine Katze angeschossen hatte.

Lehmann ersucht um Erlass oder doch Herabsetzung der Busse bis zu einem Mindestmass. Der geringe Verdienst reiche kaum für den Unterhalt der kranken Frau und dreier Kinder.

Das urteilende Gericht befürwortet die teilweise Begnadigung, und die Finanzdirektion des Kantons Aargau erhebt keine Einwendungen; zugleich bemängelt sie auch hier die der Vorschrift einer Gesamtbusse nicht Bechnung tragende Bussenbemessung.

Mit der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir kommiserationsweise Herabsetzung der Busse bis Fr. 100, was freilich ein erhebliches Entgegenkommen ausmacht.

125. Hugo Ernst, verurteilt am 16. Januar 1936 von der Gerichtskommission Gossau gemäss Art. 39, Abs. 2, des Bundesgesetzes zu Fr. 500 Busse, weil er als Gastjäger in einem Jagdrevier ein, hernach verendetes, Eehkitz angeschossen hatte, ebenso spater ein zweites Behkitz, das dann anderntags von den Aufsichtsorganen durch einen Schuss abgetan werden musste.

Ernst ersucht nach Entrichtung von Fr. 250 Busse und Begleichung sämtlicher Kosten, so dass er insgesamt Fr. 423.85 bezahlt hat, um Erlass der Bussenhàlfte. Er betont seine jagdliche Unerfahrenheit, versichert, an dem einen Male genug zu haben, und macht geltend, dass die Familie unter den grossen Zahlungen stark leide.

Das Bezirksamt Gossau erachtet ein Entgegenkommen als gerechtfertigt, wogegen das Justizdepartement des Kantons St. Gallen Abweisung beantragt, da Ernst weitere Zahlungen aufbringen könne.

Mit der Eidgenössischen Inspektion für Forstwesen, Jagd und Fischerei beantragen wir Abweisung,
wozu wir besonders auf die schändliche Art der Jagdausübung abstellen.

126. Balthasar Kreiliger, 1898, Hausierer, Luzern.

(Militärpflichtersatz.)

126. Balthasar Kreiliger ist am 5. April 1935, 22. Mai 1936 und 5. Juni 1936 vom Amtsgericht Luzern gemäss Ergänzungsgesetz vom 29. März 1901 Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

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198 über den Militärpflichtersatz wegen schuldhafter Nichtentrichtung des Militärpflichtersatzes zu je einem Tag Haft verurteilt worden, den jeweiligen Militärpflichtersatz von Fr. 13.50 für die Jahre 1932, 1933, 1934 betreffend.

Kreiliger ersucht in Eingaben vom Juli und Oktober 1936 um Erlass der Haftstrafen. Die zu hohen Beträge habe er wegen Arbeitslosigkeit nicht bezahlen können. Die für 1935 und 1936 ermässigten Beträge von Fr. 3 habe er entrichtet.

Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern und die kantonalen Militär-, Polizei- und Justizdepartemente bemerken demgegenüber, Kreiliger habe sich denkbar gleichgültig verhalten. Er sei noch anderweitig vorbestraft und hätte besser getan, den ihm angeratenen Gesuchsrückzug zu erklären.

Mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung beantragen wir desgleichen Abweisung. Abgesehen davon, dass die Zahlungsrückstände weiter bestehen, ergeben die Berichte der Kantonsbehörden, dass es sich um einen Gesuchsteller handelt, dessen Zahlungswille bestimmt verneint wird.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 20. November 1936.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Meyer.

Der Bundeskanzler: G-. Bovet.

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II. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über Begnadigungsgesuche.

(Dezembersession 1936.) (Vom 20. November 1936.)

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25.11.1936

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