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Bundesblatt

£3. Jahrgang.

Bern, den 16. Dezember 1986

Band III.

Erscheint wöchentlich

Preis 20 Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zusßglicb Nachnahme- and Postbestellungsgeiiähr.

Einrncknngsgetühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Förderung baulicher Massnahmen im passiven Luftschutz.

(Vom 14. Dezember 1936.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiermit den Entwurf zu einem Bundesbeschlusse betreffend die Förderung baulicher Massnahmen im passiven Luftschutz zu unterbreiten.

I.

In unserer Botschaft vom 4. Juni 1934 über den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung haben wir .seinerzeit auseinandergesetzt, aus welchen Gründen Massnahmen unerlässlich sind. Schon damals wurde von uns betont, wie sehr die künftige Entwicklung von der Gestaltung der internationalen Lage abhänge. Die seither eingetretenen Spannungen haben sich im Gebiete des passiven Luftschutzes deutlich erkennen lassen. In allen Ländern wurden die amtlichen Massnahmen gefördert, die Bevölkerung wurde in vermehrtem Masse zur Mitarbeit herangezogen und über die Folgen unterrichtet, die ein künftiger Krieg für sie haben könnte.

Das ungeheure Problem, wie es sich bei der Entwicklung des Flugwesens ermöglichen liesse, der Bevölkerung Schutz zu gewähren, wurde nicht nur von den Behörden geprüft, sondern in weiten Kreisen erkannt und erörtert. Die vielen Vorschläge zeigten immer deutlicher, dass zwei Hauptmittel in Frage kommen, einerseits der individuelle Schutz durch Masken und andere Geräte, andrerseits der kollektive Schutz durch besonders hergerichtete Eäume. In der Öffentlichkeit wird immer noch lebhaft darüber diskutiert, welcher der beiden Möglichkeiten der Vorzug zu geben sei. Es lässt sich aber nicht verkennen, dass die beiden Hauptmittel nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Dies gilt auch für die Massnahmen, die in unserem Lande vorgesehen und durchgeführt werden müssen.

Buudesblatt.

88. Jahrg.

Bd. Ulf

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Die vorliegende Botschaft befasst sich mit der Förderung baulicher Massnahmen, während die zahlreichen andern Vorkehrungen, die getroffen werden müssen, nicht ihren Gegenstand bilden. Dass trotzdem der innere Zusammenhang zwischen den verschiedenen Sachgebieten des passiven Luftschutzes besteht und gewahrt werden muss. ist klar. Es gilt dies besonders auch für die Kostenfrage, die allerdings bei der gegenwärtigen Vorlage eine ganz besondere Eolle spielt. Für sie ist auch rechtlich die Lage eine spezielle, wie noch darzulegen sein wird.

Der besondere Charakter der baulichen Massnahmen ist indessen noch in anderer Umsicht vorhanden. Während die Herstellung von Gasschutzgeräten nur einer verhältnismässig kleinen Zahl von Betrieben Arbeit bringt, haben die baulichen Vorkehrungen örtlich und sachlich viel grössere Auswirkungen. Sie sind geeignet, sich im ganzen Baugewerbe fühlbar zu machen.

Dass dies angesichts der starken Krise, von der letzteres betroffen ist, bedeutungsvoll wird, braucht nicht besonders hervorgehoben zu werden.

In diesem Zusammenhange sei erwähnt, dass im Deutschen Eeiche, sobald die Massnahmen für den passiven Luftschutz einsetzten, der baulichen Seite besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde, und zwar gerade im Zusammenhange mit der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Zivile Luftschutzbauten wurden auf Grund des «Zweiten Gesetzes zur Verminderung der Arbeitslosigkeit», vom 21. September 1988, gefördert. Gemäss einem Erlass des Beichsarbeitsministers vom 9. Oktober 1933 wurde ein Beitrag von 50 % der aufgewendeten Kosten in bar geleistet, aber für den einzelnen Ausbau höchstens 1000 Mark. Dazu kamen noch Erleichterungen in der Form von sogenannten Zinsvergütungsscheinen im Ansätze von 24 % der vom Eigentümer aufgebrachten Mittel.

II.

In unserer bereits erwähnten Botschaft vom 4. Juni 1934 beantragten wir, dass die Vorschriften iür den passiven Luftschutz ganz allgemein auf dem Verordnungswege erlassen werden sollten. Es wurde darauf hingewiesen, wie sehr das ganze Sachgebiet neu und eigenartig sei, so dass nicht auf dem Wege der ordentlichen Bechtssetzung vorgegangen werden könne. Die Bundesversammlung schloss sich dieser Auffassung an, indem ini Bundesbeschluss vom 29. September 1934 der Bundesrat ermächtigt wurde, die erforderlichen Vorschriften auf dem Verordnungswege zu
erlassen. Dieser Weg wurde bekanntlich seither beschatten, indem die Vorschriften planmässig und etappenweise aufgestellt wurden.

Im Bundesbeschlusse vom 29. September 1934 wurde aber der Grundsatz durch eine einzige, allerdings besonders wichtige Ausnahme durchbrochen.

Art. 5 desselben, der die Verteilung der Kosten behandelt, besagt in Absatz 3: «Vorbehalten bleibt die besondere Eegelung der Kosten für bauliche Massnahmen.»

439 Mit dieser Klausel sollte nicht etwa das ganze Gebiet des baulichen Luftschutzes einstweilen von jeder weitern Behandlung ausgeschlossen sein, doch bedurfte es zur Regelung der Frage, von wem bei baulichen Massnahinen die Kosten zu tragen sind, jedenfalls eines weitern Beschlusses der Bundesversammlung. Dass aber sonst die baulichen Fragen geprüft werden konnten, ergibt sich schon aus Art. 3 des Bundesbeschlusses vom 29. September 1934. Daselbst wird als Gegenstand der vom Bunde aufzustellenden Vorschriften unter lit. d erwähnt «Einrichtung und Benützung von Schutzräumen». Hierüber konnten somit Bestimmungen erlassen werden, doch blieb die Lage begreiflicherweise eine unbefriedigende, wenn der Kostenpunkt einstweilen der Eegelung entzogen war. Man musste sich eben mit Eatschlägen some mit technischen Untersuchungen : und Feststellungen begnügen.

In diesem Sinne wurde der bauliche Luftschutz zuerst in der «Instruktion für den passiven Luftschutz der Zivilbevölkerung» behandelt, die von der Eidgenössischen Luftschutzkonimission im Sommer 1935 herausgegeben wurde und die deutsch in zweiter Auflage im Herbst 1936 herauskam. Die «Instruktion» erörtert die Schutzräume in Ziff. 55 bis 69.

. E n d e . 1935 wurde von der Eidgenössischen Luftschutzkommission beschlossen, eine besondere, sachlich:genau vorbereitete Arbeit über die Möglichkeiten des baulichen Luftschutzes durchzuführen. Ihr Ergebnis sind die «Technischen Eichtlinien für den baulichen Luftschutz», die nach eingehenden Studien durch einen Ausschuss im Herbst 1986 erschienen. Die «Bichtlinien» sind dazu bestimmt, den Baufachleuten Angaben für die Erstellung von Schutzräumen zu vermitteln. Dagegen stellen sie;nicht verbindliche Vorschriften dar, wie dies auch im Vorworte der Eidgenössischen Luftschutzkommission betont wird, und insbesondere bleibt die Begelung der Kostenfrage offen.

In der Botschaft vom 17. April 1936 über die Verstärkung der Landesverteidigung wurde der passive Luftschutz in längern Darlegungen berücksichtigt, und es wurde hierbei unter Ziff. 4 der bauliche Luftschutz ebenfalls behandelt. Die Ausführungen hierüber lassen sich dahin zusammenfassen, dass für die dringendsten baulichen Massnahmen ein Beitrag des Bundes von 5 Millionen Franken vorzusehen sei, dass aber die mit den Kosten verbundenen Fragen in einem besondern
Bundesbeschlusse geregelt werden müssten.

Die Bundesversammlung stimmte diesen Vorschlägen zu. Im Kredit von 235 Millionen Franken gemäss dem Bundesbeschlusse vom 11. Juni 1936 ist ein Betrag von 5 Millionen Franken für Zwecke des baulichen Luftschutzes Inbegriffen. Mit der vorliegenden Botschaft wird darüber Antrag gestellt, in welcher Weise die Mittel Verwendung finden sollen. Bei diesem Anlasse gelangt man aber notwendigerweise dazu,: allgemeine Grundsätze zu geben, in denen festgelegt wird, wie die Kosten des baulichen Luftschutzes zu verteilen sind.

III.

Für die Art und den Umfang der Massnahmen sind grundlegend die Sicherheit, die sich erzielen lässt, und der Personenkreis, dem sie geboten werden soll.

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Die bereits genannten «Eichtlinien» gehen bewusst von allgemeinen Gesichtspunkten aus, indem sie zunächst feststellen, welche Wirkung die verschiedenen Bombenarten haben, und berechnen, welcher Schutz erforderlich ist. Sie unterscheiden aber dann verschiedene Arten von Schutzräumen.

Unter ihnen sind die gewöhnlichen und die volltreffersichern hervorzuheben.

Gewöhnliche Schutzräume bieten namentlich Schutz gegen die indirekte Wirkung von Brisanzbomben (sogenannte Trümmer-, Splitter- und Luftstosswirkung), gegen Durchschlag der Brandbomben und gegen die Wirkung der chemischen Kampfstoffe. Nicht inbegriffen ist somit die direkte Wirkung von Brisanzbomben. Sie ebenfalls zu berücksichtigen, ist die Aufgabe der volltreffersichern Schutzräume, die erhöhten Anforderungen genügen müssen.

Es leuchtet ein -- und ergibt sich im einzelnen aus den «Eichtlinien» --, dass die Kosten für die Erstellung von volltreffersichern Schutzräumen beträchtlich höher sind als diejenigen für gewöhnliche Schutzräume. Der ganzen Bevölkerung in volltreffersichern Schutzräumen Unterkunft zu gewähren, ist weder möglich noch sachlich gerechtfertigt. Es ist nicht anzunehmen, dass Brisanzbomben gegen ganze Ortschaften Anwendung finden, sondern ihr Ziel werden voraussichtlich nur bestimmte Objekte, wie Bahnhöfe und grosse Werke, sein. Die Gefahren, die der Bevölkerung am ehesten drohen dürften, sind vor allem Brandbomben und sodann Gasbomben. Zum Schutze gegen diese beiden Arten genügen gewöhnliche Schutzräume. Volltreffersichere Schutzräume sind dagegen zu fordern für öffentliche Sammelschutzräume sowie auch für grössere Sanitätshilfsstellen.

Geht man davon aus, dass -- ganz abgesehen von den sachlichen Anforderungen -- gezwungenermassen mit beschränkten finanziellen Mitteln gerechnet werden muss, so ist der Schluss gegeben, dass nicht alle baulichen Massnahmen zu Luftschutzzwecken in gleicher Weise gefördert werden können.

Wie sich dieser Gedanke in der Vorlage auswirkt, wird in den nachstehenden Darlegungen noch erörtert.

Unter allgemeinen Gesichtspunkten betrachtet, somit auch wenn die «Eichtlinien» als Grundlage genommen werden, wird jeder verfügbare Betrag zunächst gering erscheinen, mag er auch im Eahmen anderer Auslagen ein recht beträchtliches Mass haben. Es darf aber nicht übersehen werden, dass in Wirklichkeit weder
überall neue Bauten erstellt, noch mit grossen technischen Aufwendungen in bestehenden Gebäuden Einbauten gemacht werden müssen.

Die nähere Prüfung ergibt, dass in recht vielen Ortschaften geeignete ältere Gebäude, Keller oder stollenartige Anlagen vorhanden sind, die mit Verhältnismassig geringen Mitteln hergerichtet werden können. Viele unserer Städte liegen auf stark ansteigendem Gelände, oder es befindet sich in ihrem Gebiete ein alter Burghügel. Es gibt Ortschaften, in denen infolge solcher Anlagen unterirdische Eäume vorhanden sind, die Hunderten, ja Tausenden von Personen gegen Brisanzbomben vollen Schutz zu gewähren vermögen. Wo die Verhältnisse so liegen, werden die Aufwendungen stark verringert. Dies ist auch

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hinsichtlich der Gesamtsumme zu berücksichtigen, indem an manchen Orten nicht das an sich verfügbare Betreffnis Verwendung finden wird. Die so frei werdenden Beträge können anderweitig zur Verfügung gestellt werden.

IV.

Obwohl der Entwurf für einen Bundesbeschluss schon für sich ein recht klares Bild dessen geben dürfte, was angestrebt wird, soll doch im folgenden noch auf eine Eeihe von Bestimmungen hingewiesen werden, deren Erläuterung sich besonders empfiehlt.

Aus Art. l ist ersichtlich, dass der Bund bauliche Massnahmen fördert, die dem passiven Luftschutze dienen. In Art. 5 wird noch näher ausgeführt, was darunter zu verstehen ist. Es sind nur solche Bauarbeiten zu berücksichtigen, die ausschliesslich für Zwecke des Luftschutzes in Frage kommen, während andere Auslagen nicht in Betracht gezogen werden können. Dies ist besonders wichtig bei der Neuerstellung von Gebäuden, die an sich andern Zwecken gewidmet sind, mögen letztere auch denen des Luftschutzes verwandt sein. Das Hauptbeispiel sind Feuerwehrgebäude. Bei ihnen kann selbstverständlich nur derjenige Teil für die Berechnung in Frage kommen, der ganz eigentlich den Bestrebungen des Luftschutzes dient, während die Einrichtungen für die Feuerwehr nicht einbezogen werden dürfen.

Die Frage stellt sich, ob die Förderung der baulichen Massnahmen nur auf luftschutzpflichtige oder auch auf andere Ortschaften Anwendung finden solle.

Sie wird nicht ausdrücklich beantwortet, doch ergibt sich aus mehreren Bestimmungen, dass in allererster Linie die luftschutzpflichtigen Ortschaften zu unterstützen sind. Für die andern Ortschaften ist die Gewährung von Beiträgen nicht geradezu ausgeschlossen, doch soll sie nur in besondern Fällen stattfinden.

Unter den gesamten baulichen Massnahmen sind zwei Kategorien zu unterscheiden und hinsichtlich der Höhe der Beiträge verschieden zu behandeln.

Es sind dies Massnahmen für Öffentliche Zwecke einerseits (Art. 2 und 8) und solche, die von privaten Hauseigentümern ausgeführt werden, andrerseits (Art. 4).

Für die baulichen Massnahmen zu öffentlichen Zwecken ist ein Bundesbeitrag von 20 % vorgesehen. Ersteller solcher Bauten sind Kantone, Gemeinden oder gemeinnützige Körperschaften (z. B. Spitäler). Praktisch stehen unter ihnen zweifellos die Gemeinden im Vordergrunde. In den Ortschaften wird es regelmässig die Gemeinde sein, die die Initiative ergreift und sich bemüht, das Leben und die Gesundheit der Einwohner zu schützen. Es ist aber gerechtfertigt, dass in solchen Fällen auch der Kanton zu Leistungen herangezogen wird. Wir
möchten auch für den baulichen Luftschutz an dem Grundsatze unbedingt festhalten, der im Bundesbeschlusse vom 29. September 1984 in Art. 5 verankert ist. Es wird daselbst bestimmt, dass die Kosten des passiven Luftschutzes vom Bund, den Kantonen und Gemeinden zu tragen sind.

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Dagegen kann nicht die Eede davon sein, den in Absatz 2 von Art. 5 niedergelegten Grundsatz anzuwenden, wonach der Bund, wenn er Massnahmen verbindlich vorschreibt, die Hälfte der Kosten übernehmen muss, während die Kantone und Gemeinden die andere Hälfte zu tragen haben. Es ist ja gerade der Sinn des dritten Absatzes von Art. 5, dass eine andere Verteilung gewählt werden soll, wenn dort die besondere Eegelung der Kosten für bauliche Massnahmen vorbehalten wurde. Es fällt hier besonders auch der Umstand ins Gewicht, dass in den meisten Fällen diejenige öffentlich-rechtliche Person, welche die Arbeiten an die Hand nimmt, gleichzeitig Eigentümer des Grundstückes ist, auf dem sie ausgeführt werden. Schon daraus ergibt sich, dass ihr unbedingt die Hauptleistung zugemutet werden muss.

Als Arbeiten für öffentliche Zwecke, die in erster Linie Beiträge erhalten sollen, werden in Art. 3 des Entwurfes die öffentlichen Schutzräume, diejenigen für die örtlichen Organisationen und die öffentlichen Sanitätshilfsstellen besonders aufgezählt. Eür sie kommt der Bundesbeitrag von 20 % vor allem, wenn auch nicht ausschliesslich, in Erage.

Private Hauseigentümer, die bauliche Luftschutzmassnahmen treffen wollen, sollen in diesem Bestreben ebenfalls gefördert werden. Es liegt aber auf der Hand, dass sie nicht gleich hohe Zuwendungen beanspruchen können, wie sie für öffentliche Zwecke vorgesehen sind. Eerner versteht es sich von selbst, dass Häuser in wenig gefährdeten Quartieren erst zuletzt berücksichtigt werden könnten. Dies gilt vor allem für die Peripherie der Ortschaften, in der die Bauweise meistens auch eine aufgelockerte ist.

Sachlich würde es sich empfehlen, innerhalb der einzelnen Ortschaften eine Dreiteilung vorzunehmen: eine erste, meistgefährdete Zone, eine zweite Zone von mittlerer Gefahrdung und eine dritte, wenig gefährdete Zone. Für die erste wären höhere Beiträge vorzusehen als für die zweite, während für die dritte auf jede Beitragsleistung verzichtet werden könnte.

Mit Bücksicht auf die zunächst zur Verfügung stehenden Mittel sehen wir davon ab, für die zweite Zone Beiträge vorzuschlagen. Art. 4 beschränkt sich darauf, festzusetzen, dass nur für solche private Arbeiten Beiträge ausgerichtet werden, deren Objekte in der meistgefährdeten Zone liegen.

Auch für sie kommt aber nicht ein so hoher
Ansatz in Erage, wie für die öffentlichen Schutzräume. Vorgesehen ist ein Beitrag des Bundes von 10 %, der aber an die Voraussetzung geknüpft wird, dass Kanton und Gemeinde zusammen ebenfalls einen Beitrag von 10 % leisten. Wie sie die Aufwendung unter sich verteilen, ist vom kantonalen Bechte zu bestimmen oder kann auch durch Vereinbarung zwischen Gemeinde und Kanton festgelegt werden. Für den Bund kommt es lediglich darauf an, dass von jenen beiden zusammen ebenfalls ein Beitrag von 10 % aufgebracht wird. Die Hauptlast, nämlich 80 %, trägt der Hauseigentümer, sofern er nicht etwa noch auf anderem Wege Mittel erhalten kann, sei es durch einmalige Beiträge, sei es durch wiederkehrende Leistungen, die gestatten, die von ihm aufgewendete Summe wenigstens teilweise zu amortisieren.

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Das Verfahren fur die Gewährung von Beiträgen im einzelnen Falle ist in Art. 6 festgelegt. Art. 7 bestimmt, dass die Eigentümer, die mit der Unterstützung des Bundes Arbeiten ausgeführt haben, verpflichtet sind, sie zu unterhalten und sie ihrer Zweckbestimmung nicht zu entfremden.

Art. 8 stellt für die Gesamtleistungen des Bundes auf die Summe von 5 Millionen Franken ab, die im Eahmen de? Bundesbeschlusses vom 11. Juni 1936 über die Verstärkung der Landesverteidigung bewilligt wurde. Es wird somit kein neues Kreditbegehren vorgebracht, sondern die Auffassung vertreten, dass einstweilen auf Grund der vorhandenen Mittel die Arbeiten aufgenommen werden sollen. Dass damit nicht all das gefördert und erreicht werden kann, was erwünscht wäre, bedarf keiner besondern Darlegung. In der erwähnten Botschaft selbst -wurden die 5 Millionen Franken lediglich in dem Sinne gefordert, dass damit «die dringendsten baulichen Massnahmen» sollten berücksichtigt werden können.

Über die Verteilung der Mittel nach Ortschaften oder gar innerhalb derselben lassen sich keine verbindlichen Angaben machen. Immerhin wird in Aussicht genommen, von den 5 Millionen Franken rund 3 Millionen für öffentliche Zwecke zu benutzen und 2 Millionen den privaten Hauseigentümern zuzuwenden. Berücksichtigt man die Ansätze von 20 bzw. 10 %, so ergeben sich Gesamtbausummen für öffentliche Zwecke von 15 Millionen Franken, für private Schutzbauten von 20 Millionen Franken.

Wird weiter in Erwägung gezogen, dass vor allem luftselxutzpflichtige Ortschaften der Beiträge teilhaftig werden sollen, so ist von Bedeutung, dass diese gegenwärtig rund 2 Millionen Einwohner zählen, somit etwa die Hälfte der Gesamtbevölkerung bilden. Rechnet man nach der Bevölkerung der luftschutzpflichtigen Ortschaften, so trifft es auf den Kopf für öffentliche Schutzbauten Fr. l. 50, für private Schutzbauten Fr. l an Bundesbeiträgen.

In einer Ortschaft von beispielsweise 20.000 Einwohnern wären somit verfügbar: für öffentliche Schutzbauten Fr. 30,000, entsprechend einer Bausumme von Fr. 150,000; für private Schutzbauten Fr. 20,000, entsprechend einer Bausumme von Fr. 200,000. Mit diesen Beiträgen könnten schon recht wertvolle Anlagen errichtet werden. Selbstverständlich würde der Umfang stark von den örtlichen Verhältnissen und den schon vorhandenen Bäumen, die lediglich
noch ausgebaut werden müssten, abhängen.

Wir möchten nicht unterlassen, in diesem Zusammenhange nochmals zu betonen, dass die Umstände von Ortschaft zu Ortschaft erheblich verschieden sein können. Das soeben gegebene Beispiel ist daher nicht etwa als allgemeine Eegel zu betrachten, sondern lediglich bestimmt, zu zeigen, wie sich die Leistungen im Durchschnitte ungefähr gestalten würden.

Der Erlass eingehender Vorschriften muss mit Eücksicht auf die Verhältnisse unbedingt dem Bundesrate übertragen werden. Dafür spricht auch die Neuheit des ganzen Gebietes, die es als erwünscht erscheinen lässt, dass Er-

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fabrungen, die erst noch gesammelt werden müssen, durch die Änderung der Vorschriften berücksichtigt werden, ohne dass jedesmal ein Bundesbeschluss ergeht.

Besondere Verbältnisse, die aber mit Grundstücken und Gebäuden zusammenhängen, sind in Art. 9 und 10 geordnet. Der Bundesrat wäre wohl auf Grund der ganz allgemeinen Ermächtigung in Art. 3, Abs. 2, des Bundesbesohlusses vom 29. September 1984 berechtigt, eine Eegelung auf dem Verordnungswege vorzunehmen. Da aber Verhältnisse berührt werden, die mit Eigentumsrechten zusammenhängen, erachten wir es als erwünscht, dass die Prinzipien im Bundesbeschlusse selbst niedergelegt sind.

Art. 9 bezieht sich auf die Anbringung von Vorrichtungen für den passiven Luftschutz. In Betracht kommen namentlich Einrichtungen des Alarms und Beobachtungsposten. Sie müssen an geeigneten Gebäuden angebracht werden, und daher ist die Pflicht zu ihrer Duldung festzulegen. Mit ihnen wird regelmässig nur eine geringe Beeinträchtigung oder Inanspruchung verbunden sein. Hierfür sollen keine Ansprüche auf Schadensersatz anerkannt werden, liegen die Massnahmen doch im allgemeinen Interesse, während dem einzelnen Hauseigentümer die Duldung, die für ihn kaum mehr als einige Unbequemlichkeiten zur Folge hat, wohl zugemutet werden darf, und er jedenfalls hieraus kein Geschäft machen soll.

Nach Art. 10 ist jedermann gehalten, die Bestimmungen zu befolgen, die über die Unterbringung von Gegenständen in Gebäuden und Anlagen aufgestellt werden. Es sind hier vor allem die Massnahmen ins Auge gefasst, die kurz als «Entrümpelung» bezeichnet werden. Um sie wirksam durchzuführen, ist eine gewisse Kontrolle erforderlich, und ihr hat sich jedermann zu unterziehen.

V.

Wie bereits oben dargelegt wurde, waren für den baulichen Luftschutz eine Beihe von Sachfragen zu prüfen und abzuklären. Dieses Ziel wurde mit den «Technischen Bichtlinien für den baulichen Luftschutz» erreicht. Ausserdem mussten Mittel bereitgestellt werden, wie es mit dem Bundesbeschluss vom 11. Juni 1986 geschah.

Unterdessen haben sich die internationalen Verhältnisse leider nicht günstig weit er entwickelt. Die Betrachtungen, die hierüber in unseren Botschaften vom 4. Juni 1934 und 17. April 1936 enthalten sind, treffen nach wie vor in vollem Umfange zu. Um so mehr erhalten die von uns vorgeschlagenen Massnahmen den
Charakter der Dringlichkeit. Wir müssen deshalb grosses Gewicht darauf legen, dass der Bundesbeschluss so rasch als möglich erlassen wird und in Kraft treten kann. In der Passung, wie er von uns vorgeschlagen wird, ist er nicht derart, dass noch eingehende Erhebungen angestellt oder umfassende Beratungen durchgeführt werden mussten. Jedenfalls ist es durchaus am Platze, dem Beschlüsse die Dringlichkeitsklausel beizufügen.

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Mit der Dringlichkeit hängt zusammen, dass der Beschluss so rasch als möglich "wirksam werden soll. Die Beiträge des Bundes wären grundsätzlich für Arbeiten auszurichten, die vom Zeitpunkt des Inkrafttretens an unternommen werden. Ausnahmsweise möchten wir aber auch eine gewisse Kückwirkung vorschlagen. Es sind bereits Arbeiten ausgeführt worden, die den Zwecken des Luftschutzes dienen und die als Musterbeispiele sehr wertvoll waren. In einigen solchen Fällen sind Gesuche um Beiträge dahin beantwortet worden, dass solche noch nicht zugesprochen werden können, dass aber vorgeschlagen werden solle, die bereits vorliegenden Arbeiten zu berücksichtigen, sofern sie den allgemeinen Voraussetzungen einer spätem Eegelung entsprechen.

In diesem Sinne haben wir nun dem Art. 12 des Entwurfes eine Klausel beigefügt.

Auf Grund der vorstehenden Ausführungen empfehlen wir Ihnen, den dieser Botschaft beigegebenen Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend die Förderung baulicher Massnahmen im passiven Luftschutz zur Annahme. Wir benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 14. Dezember 1936.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Meyer.

Der Bundeskanzler: G. BoTet.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

die Förderung baulicher Massnahmen im passiven Luftschutz.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Art. 85, Ziff. 6 und 7, der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 14. Dezember 1936, beschliesst :

Art. 1.

Der Bund fördert bauliche Massnahmen, die dem passiven Luftschutz dienen, entsprechend den folgenden Bestimmungen.

Art. 2.

An bauliche Massnahmen, die von Verwaltungen der Kantone oder Gemeinden oder von gemeinnützigen Körperschaften für öffentliche Zwecke ausgeführt werden, kann ein Bundesbeitrag von 20 % gewährt werden.

Für Gemeinden wird der Bundesbeitrag nur gegeben, wenn der Kanton einen Beitrag von 10 % leistet.

Art. 3.

Die Beiträge werden in erster Linie für folgende Arbeiten ausgerichtet: a. öffentliche Sammelschutzräume ; b. Schutzräume für die örtlichen Organisationen, insbesondere für die Ortsund Quartierleitungen; c. öffentliche Sanitäfcshilfsstellen, auch in bestehenden Spitälern.

Art. 4.

An bauliche Massnahmen, die von privaten Hauseigentümern ausgeführt werden, kann ein Bundesbeitrag von 10 % gewährt werden, sofern der Kanton und die Gemeinde zusammen einen gleich hohen Beitrag leisten.

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Die Beiträge werden nur für private Arbeiten ausgerichtet, deren Objekte in der meistgefährdeten Zone liegen.

Diese Zone ist in jeder luftschutzpfliohtigen Ortschaft durch die örtliche Luftschutzkomrnission zu bestimmen, unterliegt aber der Nachprüfung durch die Bundesbehörde, wenn Beiträge verlangt werden.

Art. 5.

Die Beiträge werden für Massnahmen sowohl in bestehenden Gebäuden und Anlagen als in Neubauten gewährt.

Die Grundlage für die Berechnung der Beiträge wird in allen Fällen durch die Kostensumme gebildet, die auf die ausschliesslich den Zwecken des Luftschutzes dienenden Bauarbeiten entfällt.

Bauliche Massnahmen und Installationen, die andern Zwecken dienen, sowie Auslagen für Mobiliar werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt.

Art. 6.

Gesuche um Beiträge sind mit den Projekten und Kostenberechnungen an die Abteilung für passiven Luftschutz des Eidgenössischen Militärdepartementes zu richten.

Sie prüft, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Beiträgen erfüllt sind, und veranlasst, soweit notwendig, die Änderung der Projekte und Kostenberechnungen.

Das Militärdepartement entscheidet auf Antrag der Abteilung über die Höhe des Bundesbeitrages im einzelnen Falle, unter Vorbehalt des Eekurses an den Bundesrat.

Art. 7.

Die Eigentümer der mit der Unterstützung des Bundes ausgeführten Arbeiten sind verpflichtet, diese zu unterhalten und sie ihrem Zwecke nicht zu entfremden.

Änderungen der Zweckbestimmung sind nur nach vorgängiger Genehmigung durch die Abteilung für passiven Luftschutz zulässig, die deren Erteilung an bestimmte Bedingungen knüpfen kann.

Art. 8.

Für die Bundesbeiträge steht der im Eahmen des Bundesbeschlusses vom 11. Juni 1936 über die Verstärkung der Landesverteidigung bewilligte Betrag von 5 Millionen Franken zur Verfügung.

Art. 9.

Jedermann ist gehalten, auf seinen Grundstücken und Gebäuden Vorrichtungen zu gestatten, die in Ausführung von Vorschriften des passiven Luftschutzes auf behördliche Weisung hin angebracht werden.

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Aus geringfügiger Beeinträchtigung oder Inanspruchnahme von beweglichem oder unbeweglichem Eigentum entstehen keine Ansprüche auf Schadensersatz.

Art. 10.

Jedermann ist gehalten, die Bestimmungen zu befolgen, die über die Unterbringung von Gegenständen in Gebäuden und Anlagen aufgestellt werden, und sich der hierfür angeordneten Kontrolle zu unterziehen.

Art. 11.

Der Bundesrat wird mit dem Vollzug beauftragt und ermächtigt, die hiefür nötigen Vorschriften zu erlassen.

Insbesondere kann er nach Massgabe der zur Verfügung stehenden Mittel den Verteiler festsetzen, nach welchem die Beiträge insgesamt auf die einzelnen Ortschaften entfallen.

Art. 12.

Dieser Beschluss wird dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft.

Er kann ausnahmsweise rückwirkend Anwendung finden, sofern Arbeiten, die ausschliesslich den Zwecken des Luftschutzes dienen und dessen Anforderungen entsprechen, schon vor seinem Inkrafttreten der Bundesbehörde zur Kenntnis gebracht und ausgeführt wurden.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Förderung baulicher Massnahmen im passiven Luftschutz. (Vom 14. Dezember 1936.)

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1936

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51

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3498

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16.12.1936

Date Data Seite

437-448

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