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Bundesblatt

88. Jahrgang.

Bern, den 2. September 1936

Band II.

Erscheint wöchentlich.

Preis 2O Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, suzUglich Nachnahme- and PostbestellangsgeiUhr.

Einriiclcnngsgebühr. 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpfli & de. in Bern.

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Zu 3411

Ergänzender Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Botschaften vom 18. Mai und 15. Juni 1936 betreffend den Voranschlag über den Betrieb der Alkoholverwaltung für die Zeit vom 1. Juli 1936 bis 30. Juni 1937.

(Vom 28. August 1936.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit Botschaft vom 18. Mai 1936 haben wir der Bundesversammlung den Betriebsvoranschlag der Alkoholverwaltung für die Zeit vom 1. Juli 1936 bis 30. Juni 1937 vorgelegt. Auf Grund der Beratungen in den ständigen Alkoholkommissionen beider Eäte und von Besprechungen mit den beteiligten Fachkreisen haben wir der Bundesversammlung mit Nachtragsbotsohaft vom 15. Juni 1936 einen abgeänderten Voranschlag unterbreitet.

In seiner Sitzung vom 19. Juni 1936 hat der Nationalrat entgegen dem Antrag seiner Kommission Nichteintreten beschlossen, wobei auf Grund des abgeänderten Voranschlages provisorisch für das Quartal Juli bis September 1936 drei Zwölftel genehmigt wurden.

In seiner Sitzung vom 19. Juni 1936 hat der Ständerat dem Voranschlag nach Entwurf des Bundesrates zugestimmt.

Der Nationalrat hat dann in seiner Sitzung vom 20. Juni 1936 beschlossen, die Beratung der Differenz auf den Monat September zu verschieben.

Wir erachten es als nötig, zu unseren früheren Ausführungen Ihnen noch folgendes zu berichten:

I. Vorbereitungen für die Durchführung der Verwertung der nächsten Kartoffel- und Obsternte und für die Verminderung der Branntweinerzeugung.

Die Alkoholverwaltung hat am 11. Juli 1936 der Fachkommission einen Bericht über Massnahmen auf dem Gebiet der inländischen Branntweinerzeugung unterbreitet, dem wir die nachfolgenden Darlegungen entnehmen.

Bundesblatt.

88. Jahrg.

Bd. II.

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486 A. Die Festsetzung des Übernahmepreises für Kernobstbranntwein für das Erntejähr 1936.

1. Die, Grundlagen für die Preisfestsetzung.

Seit dem Inkrafttreten des neuen Alkoholgesetzes haben die Übernahmepreise für Kernobstbranntwein betragen: Erntejahr

Bundesratsbeschluss vom

Preis je Liter 100 %

1932

21. September 1982

2.20

1933

5.

»

1933

1934

28. August 1934

1935

30.

»

1935

2.-- l. 80

1.80

Nach Art. 11 des Alkoholgesetzes beträgt der Mindestübernahmepreis für Kernobstbranntwein zwei Eappen, der Höchstpreis zweieinhalb Eappen für das Literprozent Alkohol (= Fr. 2 bis Fr. 2.50 je Liter Alkohol 100%).

Durch Art. 28 des Bundesbeschlusses vom 13. Oktober 1933 (Finanzprogramm 1933) ist der Bundesrat ermächtigt worden, den Übernahmepreis des Kernobstbranntweins um 10 vom Hundert herabzusetzen. Der Bundesrat hat bei der Preisfestsetzung für die Erntejahre 1934 und 1935 von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Durch Art. 39 des Bundesbeschlusses vom 31. Januar 1936 (Finanzprogramm 1936) wurden die Absätze 2 bis 6 von Art. 11 des Alkoholgesetzes ausser Kraft gesetzt. Der verbleibende Absatz l des Art. 11 lautet: «Die Übernahmepreise werden durch den Bundesrat festgesetzt».

Durch die Aufhebung der Preisbindungen des Art. 11, Abs. 2 bis 6 des Alkoholgesetzes hat der Bundesrat die Befugnis erhalten, die Übernahmepreise des Kernobstbranntweins nach freiem Ermessen festzusetzen. Dabei braucht er für das Mostobst keinen Mindestpreis mehr festzusetzen. Nach Art. 32bl& der Bundesverfassung müssen die Preise aber angemessen sein.

Es ist ohne weiteres klar, dass der Bundesrat, bevor er die Übernahmepreise festsetzt, die Beteiligten anhören und die berechtigten Interessen der Landwirtschaft berücksichtigen wird. Es ist auch selbstverständlich, dass trotz des Wegfalles der gesetzlichen Preisbindungen keine willkürliche Preisfestsetzung eintreten darf. Die Preisfestsetzung soll sich auf den Grundsatz stützen, wonach der Übernahmepreis dem Produzenten für seine Eohstoffe eine der Überschuss- und Abfallverwertung entsprechende Vergütung gewährt und dem Brenner einen angemessenen Brennlohn sichert. Er darf aber keinen Anreiz für das Brennen bilden.

Die in Art. 72 des Alkoholgesetzes eingesetzte Fachkommission hat am 5. August 1936 in zustimmender Weise zu den Vorschlägen der Alkoholverwaltung Stellung genommen. Die Beteiligten sind in der vom Finanz- und Zolldepartement einberufenen Versammlung vom 12. August 1936 ebenfalls angehört worden.

Da die Rohstoffpreise, in unserem Falle die Preise für das Obst, den Hauptbestandteil der Gestehungskosten des Branntweins ausmachen, so haben den

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Ausführungen über die Festsetzung des Übernahmepreises die Darlegungen über die Gestaltung der Obstpreise vorauszugehen.

2. Die Mostobstpreise.

Art. 11 des Gesetzes sah Mostobstpreise von Fr. 4.50 bis Fr. 5 vor. Mit diesen Preisen wurde sämtliches einem Verwertungsbetrieb zugeführtes Obst bezahlt, gleichgültig, ob es sich um vollwertiges Mostobst .handelte, das sich für die Herstellung eines einwandfreien Trinksaftes eignete und zu diesem Zwecke Verwendung fand, oder ob das Obst nur in der Brennerei verwendbar war. Diese Preisgestaltung liess eine Berücksichtigung der guten Qualitäten, des sorgfältigen Verladens, sowie der möglichen Verwendungsart nicht zu. Man hat es hier mit-, einer Preisfestsetzung zu tun, die einzig war in ihrer Art. Es ist uns ausser dem Mostobst kein landwirtschaftliches Erzeugnis bekannt, bei dessen Verwertung die Qualität und Verwendungsmöglichkeit nicht durch eine entsprechende Preisfestsetzung berücksichtigt wird. Nur bei Mostobst, dessen Erzeugung in qualitativer wie auch in mengenmässiger Hinsicht einer dringenden Korrektur bedarf, verhinderten diese Preisvorschriften jede Beeinflussung von Qualität und Menge durch den Preis.

Nachdem die Preisbestimmungen gefallen sind, ergibt es sich von selbst, dass die bisherigen Mängel der Preisfestsetzung nicht weiter bestehen dürfen.

Die starren Mindestpreise sind durch einen Preisrahmen zu ersetzen, der gestattet, die Qualität und die mögliehe Verwendung zu berücksichtigen. Die Preisfestsetzung darf ferner die Umstellung des Obstbaues nicht erschweren, sie soll ihr im Gegenteil förderlich sein.

Diesen Erwägungen Rechnung tragend, sollen inskünftig die Mostobstpreise nicht mehr als starre Mindestpreise, sondern als Eichtpreise festgesetzt werden. Dabei besteht die Meinung, dass die unterste Grenze dieser Eicht-l preise nicht unterschritten werden darf. Als Eichtpreise werden vorgesehen: a. für Birnen und für solche Äpfel, die gebrannt werden müssen Fr. 3.50 bis 4.25 je 100kg, &. für Äpfel, die gemostet werden und deren Saft als Trinkmost Verwendung findet. . Fr. 4.50 bis 5.-- je 100kg.

Es ist selbstverständlich, dass für die Produzenten die Sicherheit bestehen muss, die festgesetzten Preise auch wirklich zu erhalten. Die Alkoholverwaltung wird infolgedessen veranlassen, dass sich die Obstverwertungsbetriebe durch
Produzentenquittungen über die bezahlten Obstpreise ausweisen. Der volle Branntweinpreis, sowie die Entschädigung für das Nichtbrennen von Eohstoffen, wird nur an solche Betriebe ausgerichtet werden können, welche die vorgeschriebenen Eichtpreise in vollem Umfange ausbezahlt haben.

Da nicht alle Obstverwertungsbetriebe ihr Obst durch die Produzenten in die Mosterei geliefert erhalten, steht auch die Frachtbelastung des zugeführten Obstes mit der Gestaltung der Obstpreise in Zusammenhang. Die Regelung der Frachtfrage muss der Vereinbarung zwischen Produzent und

488 Verwerter überlassen bleiben. Dabei soll der Verwerter berechtigt sein, bei Bahnzuiiihr ober beim Abholen beim Produzenten, bis höchstens 50 Bappen vom Produzentenpreis in Abzug zu bringen. Bin etwas geringerer Obstpreis für die Produzenten, welche ausserhalb des unmittelbaren Einzugsgebietes der Mosterei liegen, scheint uns zulässig in Anbetracht der Tatsache, dass diese Produzenten in der Eegel nicht Mitglieder der Mosterei sind und infolgedessen kein Eisiko für das Auskommen des Verwertungsbetriebes tragen, der ihnen ihr Obst abnimmt.

3. Die Bohstoffkosten.

Unter Ziffer 2 haben wir ausgeführt, dass die Eichtpreise für Brennobst Fr. 3.50 bis Fr. 4.25 betragen sollen. Wir nehmen einen Durchschnittsproduzentenpreis von Fr. 3.75 je 100 kg an. Zu diesem Produzentenpreis sind noch zuzuzählen die Händlerprovisionen, sowie die Frachtbelastung, was wir mit 40 Eappen für den Mittelbetrieb und mit 75 Eappen für den Grossbetrieb je 100 kg einsetzen. Mithin ergibt sieb ein mittlerer Obsteinstandpreis für den Verwerter von Fr. 4.15 bzw. 4.50 je 100 kg franko Mosterei geliefert. Bei einer Ausbeute von 5% erfordert die Erzeugung von 100 Liter Branntwein 100% = 20 q Obst. Die Bohstoffkosten betragen somit Fr. 83 bzw. Fr. 90.

4. Die Brennkosten in gewerblichen Betrieben.

Das übliche Verfahren bei der Branntweinherstellung besteht im Abpressen des Obstes mit nachfolgender Schnellgärung und Destillation des Saftes. Die Trester werden in der Eegel für sich gebrannt. Die Brennkosten setzen sich infolgedessen zusammen aus den Kosten des Mostens, den Kosten für das Brennen des Saftes und der Trester, zuzüglich Amortisation und Verzinsung der Anlage und der Einrichtungen, sowie dem Anteil an den Generalunkosten.

Die im Nachfolgenden angegebenen Ansätze schliessen sämtliche genannten Kostenbestandteile ein.

In M i t t e l b e t r i e b e n mit einer durchschnittlichen Verarbeitungsmenge von 50 Wagen Obst lassen sich nach zuverlässigen Erhebungen die Brennkosten mit rund Fr. 70 je hl Branntwein 100% ermitteln.

In Grossbetrieben mit einer Verarbeitungsmenge von 200 Wagen betragen die entsprechenden Kosten Fr. 55 je hl Branntwein 100%.

5. Die Gestehungskosten des Branntweines.

Bei einer Ausbeute von 5 Liter Branntwein 100% je 100 kg Obst betragen die Gestehungskosten: a. in Mittelbetrieben Eohstoffkosten
einschliesslich Frachten, Händlerprovisionen usw Fr. 83 Brennkosten einschliesslich Zins, Amortisationen und Generalunkosten » 70 Gesamtgestehungskosten je hl Branntwein 100%

Fr. 153

489

b. in Grossbetrieben Bohstoffkosten einschliesslich Frachten, Händlerprovisionen usw Fr.

Brennkosten einschliesslich Zins, Amortisationen und Generalunkosten »

90

55

Gestehungskosten je hl Branntwein 100% Fr. 145 Gestützt auf die vorliegenden Darlegungen über die Gestehungskosten werden wir den Grundpreis für die Übernahme von Kernobstbranntwein auf Fr. 160 je hl Branntwein 100% festsetzen.

Wir halten dafür, dass bei der Preisfestsetzung der Tatsache Bechnung zu tragen ist, wonach entsprechend der erzeugten Menge sich die Gestehungskosten ändern, d. h. bei steigender Menge kleiner werden. Es ist infolgedessen eine Staffelung des Übernahmepreises vorgesehen. Betriebe mit einer Ablieferungsmenge unter 500 hl 100% sollen den Grundpreis ganz erhalten.

Bei Betrieben mit einer Ablieferungsmenge von über 500 bis 2000 hl würde ein Abzug von Fr. 8 und bei Betrieben mit einer Ablieferungsmenge von über 2000 hl würde ein Abzug von Fr. 5 eintreten, und zwar für die ganze abgelieferte Menge.

Bichtig geführte Betriebe werden bei diesem Branntweinpreis ihr Auskommen finden. Der Preis wird aber keinen Anreiz bilden, die Brennerei zu forcieren. Die abgestufte Tresterentschädigung, auf die wir unter B, Ziffer 2, lit. d zu sprechen komm an. wird den weniger zweckmassig eingerichteten Betrieben die Möglichkeit geben, auf das teure Tresterbrennen zu verzichten und die Trester einer Verwertung ohne Brennen zuzuführen.

6. Beitragsleistung der Branntweinlieferanten an die Umstellung des Obstbaues.

Im Laufe der Besprechungen über die zur Verminderung der Branntweinerzeugung vorzukehrenden Massnahmen ist die Anregung gemacht worden, es seien von sämtlichen Auszahlungen für abgelieferten Kernobstbranntwein 3% als "Umstellungsgebühr zurückzubehalten. Der sich aus diesem Abzug ergebende Betrag wäre für die Bestreitung der Aufwendungen, welche sich aus den Umstellungsmassnahmen im Obstbau ergeben, zu verwenden.

Es lässt sich nicht bestreiten, dass auf dem Wege eines solchen Abzuges die Branntweinproduzenten in eine unmittelbare Verbindung mit der Umstellung gebracht werden können. Für die Alkoholverwaltung würde die beabsichtigte Verwendung des Abzugbetrages eine Erleichterung bringen. Unter der Voraussetzung einer abzugpflichtigen Menge von 80,000 hl und einem Übernahmepreis von Fr. 160 je hl wird der Abzugsbetrag die Summe von Fr. 144,000 erreichen.

B. Massnahmen für die Verminderung der Branntweinerzeugung.

1. Die, Verwertung der Kartoffelernte ohne Brennen, a. Bückblick auf die
letztjährige Kartoffelverwertung.

Der Ertrag der Ernte 1935 betrug laut definitiver Schätzung des schweizerischen Bauernsekretariates 67,840 Wagenladungen zu 10 Tonnen bei einer

490 Anbaufläche von 45,900 ha gegenüber 84,500 Wagenladungen bei 45,490 ha Anbaufläche im Jahre 1934. Zufolge dieses Minderertrages stiess die Verwertung der Ernte auf keine Schwierigkeiten. Die im Vorjahre getroffenen Massnahmen zur Förderung der Verwertung (Einfuhrbeschränkung, Erhebung eines Einfuhrzolles von Fr. 6 je 100 kg Frachtbeiträge für Speisekartoffelsendungen und Preiszuschläge für spätere Ablieferungen von Speisekartoffeln) gelangten auch dieses Jahr mit gutem Erfolg zur Anwendung. Im Gegensatz zum Vorjahre erfolgte die erste Erhöhung der Eichtpreise um 50 Eappen je 100 kg bereits am 15. November 1935. Dieser Massnahme dürfte in Jahren mit guten Ernten eine erhöhte Bedeutung zukommen, da sie geeignet ist, ein Stossangebot in der Haupterntezeit zu verhindern.

Die rechtzeitige Beschränkung der Einfuhr (25. Juli 1935) sicherte der inländischen Frühkartoffelernte einen reibungslosen Absatz. Die Frühkartoffelpflanzer erzielten in der ersten Augusthälfte Preise von Fr. 13 bis 17 je 100 kg franko Bahnstation beim Verkauf an Händler und Fr. 16 bis 22 bei sackweisem Verkauf direkt an die Konsumenten.

Durch den schlanken Absatz der frühen und mittelfrühen Sorten waren für das Geschäft mit Spätkartoffeln günstige Vorbedingungen geschaffen. Bei stetigen Preisen wickelte sich der Herbstmarkt normal ab.

Ende Oktober 1985 sah sich die Alkoholverwaltung durch den um 20% geringeren Ernteertrag und die bedrohliche internationale Lage veranlasst, eine vorübergehende Erleichterung der Einfuhr eintreten zu lassen. Auf Grund des für den Monat November eröffneten Zusatzkontingentes gelangten rund 900 Wagen zu 10 Tonnen Lagerkartoffeln zum reduzierten Zoll VOQ Fr. 4 je 100 kg (Tarifzoll Fr. 2 zuzüglich Zuschlagszoll Fr. 2) zur Einfuhr. Die auf diese Weise ergänzten Vorräte reichten aus, um den Bedarf bis anfangs März 1936 zu decken. Nach diesem Zeitpunkt wurden die Kontingentansätze nach und nach gelockert, bis sie gegen Ende Mai 100% der Mai-Einfuhren 1933 erreichten. Bis Mitte Juni wurde ein Teil dieser Kontingente für die Einfuhr von Speisekartoffeln alter Ernte verwendet, da die im Lande lagernden Vorräte alter Ernte der Nachfrage nicht genügen konnten. Diese Einfuhren erfolgten wiederum zum ermässigten Zollansatz von Fr. 4 je 100 kg, während für Frühkartoffeln der volle Zoll von Fr. 6 je 100 kg
erhoben wurde.

Mitte Mai 1936 konnte die Verwertung der Inlandernte als beendigt betrachtet werden. Mit Bücksicht auf den stark vermehrten Anbau vorgekeimter Frühkartoffeln, und um unser Land vor einer Überführung mit billigen ausländischen Frühkartoffeln zu schützen, befristete die Alkoholverwaltung sämtliche im Juni abgegebenen Einfuhrbewilligungen bis spätestens zum 30. Juni 1936. Diese Massnahme erwies sich als zweckmässig, da bereits anfangs Juli die ersten Frühkartoffelwagen inländischer Herkunft verladen werden konnten.

Durch diese Massnahmen konnte das Brennen von Kartoffeln ganz verhindert werden. Sie brachten der Alkoholverwaltung eine Entlastung von rund 2 Millionen Franken und waren geeignet, dem Produzenten bessere Preise zu sichern.

491

b. Massnahmen für die Verwertung der Ernte 1936.

Die unbeständige Witterung der letzten Wochen zwingt uns zu vor-sichtigen Schätzungen in bezug auf die diesjährigen Ernteaussichten. Bereits haben die Kulturen, die vor Monatsfrist vielversprechend standen, durch die nasse Witterung Schaden genommen. Die gleiche Erscheinung zeigt sich in Frankreich. Während in Deutschland die Frühkartoffelkulturen einen sehr guten Ertrag brachten, wird doch zurzeit in den Schätzungen der weiteren Aussichten Zurückhaltung geübt. Holland erwartet eine gute Mittelernte, etwas über dem .Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Ähnliche Verhältnisse finden wir in Polen.

In der Schweiz hat die Anbaufläche keine wesentliche Änderung erfahren.

Auf Grund der durchgeführten Erhebungen schätzt das schweizerische Bauernsekretariat den Ertrag der diesjährigen Ernte auf 63 % einer Vollernte (Schätzung vom I.August 1936 ; für die Ernte 1935: 69 %) oder ca. 60,000Wagen zu 10 Tonnen.

Zur Förderung der Verwertung sind die gleichen Massnahmen vorgesehen, welche seit 2 Jahren mit Erfolg zur Anwendung kamen. Es sind dies : aa. Die Beschränkung der Speisekartoffeleinfuhr: Durch die Verfügung des Finanz- und Zolldepartementes vom 10. Juli 1935 ist die Alkoholverwaltung ermächtigt, das Verhältnis zwischen übernommener Menge Inlandware und einfuhrberechtigter Auslandware festzusetzen. Zurzeit muss der G-esuchsteller 30 Tonnen Inlandspeisekartoffeln übernommen haben, um l Tonne Auslandware einfuhren zu können. Ferner ist die Alkoholverwaltung ermächtigt, dieses Verhältnis zu erhöhen oder einzuschränken, wenn die Verwertung der Inlandernte oder die Versorgung des Landes mit Speisekartoffeln eine solche Massnahme erfordert.

Hb. Die Erhebung eines Zollzuschlages: Ausser dem Tarifzoll von Fr. 2 je 100 kg wird für Importkartoffeln ein Zuschlagszoll von Fr. 4 je 100 kg erhoben. Diese Massnahme ist geeignet, unser Land vor einer Überführung mit billigen ausländischen Kartoffeln zu schützen.

CG. Die Festsetzung von Eichtpreisen und Preiszuschlägen für spätere Lieferungen von Speisekartoff ehi : Wir haben heute durch die Möglichkeit, die Einfuhr durch die Kontingentierung zu regeln, und durch die bestehenden Zollansätze in der Preisgestaltung für Speisekartoffeln eine weitgehende Unabhängigkeit vom Auslande erreicht.

Dadurch ist es möglich, für
spätere Lieferungen die Eichtpreise zu erhöhen und die Kartoffelproduzenten auf diese Weise zu veranlassen, in vermehrtem Masse selbst einzulagern.

ad. Die Ausrichtung von Frachtbeiträgen auf Kartoffelsendungen: In den zwei letzten Jahren vergütete die Alkoholverwaltung an Kartoffeltransporte bis 100 km 50% der reinen Frachtkosten. Bei Sendungen über 100 km betrug die Eückerstattung 50% der Kosten für km 1--100 zuzüglich

492

100% der Frachtauslagen von km 101 bis höchstens 150 km. Diese Begehmg hat sich gut bewährt. Unseres Erachtens steht der Weiterführung der Frachtrückerstattung auf dieser Grundlage nichts entgegen. Wie bisher wird die Ausrichtung der Frachtrückerstattung von der Bezahlung der von uns festgesetzten Eichtpreise abhängig gemacht werden.

Diese Massnahmen werden im laufenden Jahre der Alkoholverwaltung wiederum eine Entlastung von rund 2 Millionen Franken gegenüber dem Brennen von Kartoffeln bringen.

Der Voranschlag für das Geschäftsjahr 1936/37 sieht zu diesem Zwecke eine Ausgabe von Fr. 750,000 vor.

2. Die Verwertung der Kernobsternte ohne Brennen, a. Frachtbeiträge.

Die Alkoholverwaltung wird dieses Jahr die Ausrichtung der Frachtbeiträge für die Massnahmen vorbehalten, welche nachweisbar eine Verminderung der Branntweinerzeugung herbeizuführen imstande sind. Dafür sollen die zur Verfügung stehenden Mittel auf wirksamere Aktionen gelegt werden. In erster Linie sind Frachtbeiträge zur Erleichterung des Exportes nötig und zwar hauptsächlich für Mostobst. Im weitern setzt das Gelingen der Bestrebungen zur vermehrten Versorgung der Gebirgsbevölkerung und der Städte mit Frischobst wie auch die Förderung des Dörrens Frachterleichterungen voraus. Über die Höhe der Beiträge, welche erforderlich sind, um die geplanten Massnahmen mit Erfolg durchzuführen, kann heute nicht entschieden werden; es wird sich dies erst zu Beginn der Ernte zeigen. Der Bundesrat wird die Alkoholverwaltung ermächtigen, im Eahmen des Kredites für die Obstverwertung ohne Brennen die notwendigen Frachterleichterungen zu gewähren. Dagegen werden die Frachtvergütungen für Tafel- und Mostobstsendungen im Inland voraussichtlich wegfallen können. Es ist zu beachten, dass die Transportanstalten während des Herbstverkehrs von sich aus erhebliche Frachterleichterungen für Obst gewähren. Beim Tafel- und Wirtschaftsobst bringt eine zusätzliche Beitragsleistung keine wesentliche Absatzsteigerung. Was die Mostobstsendungen anbetrifft, so haben wir im vorhergehenden Abschnitt dargelegt, dass es Sache der Verwerter und Produzenten sein muss, sich über die Frachtbelastung innerhalb des zulässigen Preisrahmens ins Einvernehmen zu setzen.

6. Förderung des Frischverbrauches von Obst.

Hier ist vor allem an eine verbilligte Abgabe von Frischobst an
die Gebirgsgegenden und an notleidende Volkskreise zu denken. Der Schweizerische Obstverband hat sich bereit erklärt, an einer solchen Aktion mitzuarbeiten.

Es wird mit einer Menge von 1000 Wagen Frischobst gerechnet, welche in den Gebirgsgegenden und in Notstandsgebieten untergebracht werden könnten.

Die in Frage kommenden Bevölkerungskreise werden solches Obst in grösseren Mengen, aber nur dann beziehen, wenn die Ware billig ist. Der Produzent da-

493

gegen wird einen Preis erhalten müssen, der mit Bücksicht auf die sorgfältigere Ernte und Herrichtung des Obstes höher sein wird, als der Mostobstpreis. Wir führen folgendes Beispiel der Preisgestaltung an: Ankauf Fr. 5.50 bis Fr. 6.-- Vermittlungsgebühr. . .

» --.50 » » --.50 Fr. 6.-- bis Fr. 6.50

Bei einem Verkaufspreis von Fr. 4 würde sich ein Muschuss der Alkoholverwaltung von Fr. 2 bis 2.50 je 100 kg ergeben, zuzüglich Frachtkosten.

Die Alkoholverwaltung wird auch in diesem Falle die Höhe des Zuschusses den jeweils vorliegenden Umständen anpassen müssen.

Nach den heute bekannten Ernteaussichten werden aber die Preise für Mostäpfel voraussichtlich hoch sein. Es ist nicht Sache der Alkoholverwaltung, Aufwendungen auf sich zu nehmen, wenn der Mostobstpreis bedeutend höher als die vorgesehenen Eichtpreise steht. Die Preislage wird aber mit aller Aufmerksamkeit verfolgt werden. Ein Eingreifen der Alkoholverwaltung wird dann zu erfolgen haben, wenn die Gefahr besteht, dass Obst, welches für die menschliche Ernährung verwendet werden kann, nur für Branntweinerzeugung gebraucht werden soll.

c. Förderung des D ö r r e n s .

Für eine Ausdehnung des Dörrens ist die Alkoholverwaltung mit dem Verband gegen den Schnaps in Verbindung getreten. Die Geschäftsstelle dieses Verbandes hat es übernommen, zweckdienliche Massnahmen für die Ausgestaltung des Dörrens und des Absatzes der Dörrprodukte an die Hand zu nehmen. In dieser Sache wird es notwendig sein, sich rechtzeitig die für das Dörren geeigneten Posten zu sichern. Die Alkoholverwaltung wird ermächtigt, das Brennen von Obst zu verbieten, das sich zum Dörren bzw. zum Frischverbrauch in Städten und Gebirgsgegenden eignet.

Für Obst, das nachweisbar durch das Dörren der Verarbeitung auf Branntwein entzogen wird, sollen die gleichen Entschädigungen ausgerichtet werden, wie sie für die nichtgebrannten Trester gelten. Hierüber wird im nachfolgenden Abschnitt die Eede sein. Der befriedigende Absatz der Dörrerzeugnisse setzt eine zweckmässige Handhabung der Kontingentierung der Einfuhr voraus.

d. Brennverminderungsbeiträge (Tresterentschädigung).

Ein Brennverminderungsbeitrag soll für solche Eohstoffe ausgerichtet werden, welche ohne diese Beitragsleistung nachweisbar auf Branntwein verarbeitet würden. Als solche Eohstoffe kommen vorab die Trester in Frage.

Daneben werden auch nichtgebrannte, auf Konzentrate oder Futtermittel verarbeitete Birnen oder schlechte Mostäpfel als beitragsberechtigt in Frage kommen.

Schon in den letzten Jahren ist eine sogenannte Tresterentschädigung zur Auszahlung gelangt. Sie hat Fr. 1.80 je 100 kg Nasstrester oder Grünbirnen betragen. Im letzten Geschäftsjahr wurden Fr. 218,364.50 zu diesem

494

Zweck ausgegeben. Es wurden dadurch 118,536 q Eohstoffe der Brennerei entzogen. Seit Einführung des neuen Alkoholgesetzes sind rund 2400 Wagen zu 10 Tonnen Eohstoffe auf diese Weise der Brennerei entzogen worden. Die Ausrichtung dieses Beitrages ist bis dahin auf allgemeiner Grundlage erfolgt, d. h.

ohne Rücksicht auf die Art des Betriebes und den Anteil der ohne Brennen verwendeten Eohstoffe an der gesamten Eohstoffmenge. Inskünftig soll dieser Beitrag abgestuft werden, indem er nach dem Umfang der im Betriebe ohne Brennen verarbeiteten Eohstoffe und unter Berücksichtigung der vorhandenen Verarbeitungsanlagen bemessen wird. Die Alkoholverwaltung wird für die neue Tresterentschädigung folgende Ansätze anwenden: aa. Brennereilose B e t r i e b e , d. h. Betriebe, dieausschliesslichKonsumsaft herstellen und auf das Brennen von Obst und Trester ganz verzichten, erhalten eine Entschädigung je 100 kg Trester von Fr. 2.80. Solchen Betrieben ist ein Brennen nur dann gestattet, wenn die Alkoholverwaltung zum Zwecke der Überschussverwertung ein Brennen anordnet. Der Abfallmost ist zum Brennen zu verkaufen.

bb. Gemischte Betriebe, d. h. Betriebe, die Konsumsaft herstellen, Obst als Brennmost brennen und die Trester ganz oder teilweise ohne Brennen verwerten, erhalten für den Trester aus dem Konsumsaftobst Fr. 2.50 je 100 kg und für den Trester aus dem Brennobst Fr. 2.20 je 100 kg.

Benützen diese Betriebe besondere Einrichtungen zur Verwertung der Trester ohne Brennen, so kann die Vergütung bis zu 20 Eappen je 100 kg erhöht werden.

oc. Eeine Brennereibetriebe, die keinen Konsumsaft herstellen, sondern ausschliesslich Obst brennen und die Trester nur teilweise in der Brennerei verwerten, erhalten eine Entschädigung von Fr. 2.20 je 100 kg.

Die Neuordnung der Tresterentschädigung dürfte geeignet sein, die Tresterbrennerei wirksam zu vermindern. Durch die Anpassung der Beiträge an die wirklichen Leistungen für eine Verminderung der Branntweinerzeugung werden fortschrittliche Betriebe instand gesetzt, neue Wege für die Verwertung zu erproben und die notwendigen Einrichtungen zu beschaffen. Die Neuordnung wird auch der erstrebten Konzentration der Brennerei förderlich sein, indem manchen Betrieben, welche beim Brennen ihre Eechnung nur schwer finden, die Möglichkeit gegeben wird, auf das Brennen zu verzichten. Es
sind das vielfach solche Betriebe, welche in der Hauptsache Trester gebrannt haben und die infolge der schlechten Qualitäten des abgelieferten Branntweins Preisabzüge in Kauf nehmen mussten.

Die abgestufte Tresterentschädigung begünstigt den brennereilosen Betrieb. Diese Bevorzugung scheint uns berechtigt. Der brennereilose Betrieb verdient in Anbetracht der Stillegung seiner Brennereieinrichtung eine höhere Vergütung als der gemischte Betrieb, welcher diese Einrichtung noch ausnützt.

Die Tatsache, dass brennereilose Betriebe der Verwaltung die Kontrolle wesentlich erleichtern, verdient ebenfalls erwähnt zu werden.

495 Selbstverständlich dürfen die Beiträge nur für Eohstoffe normaler Beschaffenheit ausgerichtet werden. Ausgelaugte Trester sind von der Beitragsberechtigung auszuschliessen. Für Trester mit einem Zuckergehalt, welcher unter den üblichen Mittelwerten liegt, können keine Beiträge ausgerichtet werden. Bei den Hausbrennern und Brennauftraggebern sollen nur solche als beitragsberechtigt anerkannt werden, welche sich verpflichten, in dem Brennjahre, da sie die Beiträge in Anspruch nehmen, keinen Kernobstbranntwein herzustellen oder herstellen zu lassen.

Durch all diese Massnahmen soll geniäss unserer Nachtragsbotschaft vom 15. Juni 1936 (Bundesbl. Bd. II, S. 3) die Erzeugung von Kernobstbranntwein um 20,000 hl 100 % vermindert werden, was nach Abzug der Kosten dieser Massnahmeu der Alkoholverwaltung eine Ersparnis von Fr. 1,630,000 bringen soll.

3. Die Umstellung des Obstbaues.

a. Bisherige Massnahmen.

Seit dem Inkrafttreten des Alkoholgesetzes sind Beiträge für die Durchführung folgender Massnahmen gewährt worden: aa. Für das Umpfropfen von Brennobst und schlechtem Mostobst auf Tafelobst oder auf erstklassiges Mostobst höchstens 50% der Kosten für die durchgeführten Umpfropfarbeiten und 42,5% der Kosten für die Organisation, Leitung und die Überwachung der Umpfropfarbeiten.

Hb. Für das Fällen von jungen, im tragfähigen Alter stehenden Mostbirnbäumen, soweit diese Bäume im Zusammenhang mit der Durchführung von sogenannten Säuberungsaktionen in den Baumbeständen gefällt wurden, sind Beiträge von höchstens Fr. 20 je. Baum ausgerichtet worden. An die Kosten der Organisation, Leitung und Überwachung dieser Säuberungsaktionen wurden in Anpassung an die jeweiligen Verhältnisse Beiträge gewährt.

Diese Massnahmen sind von den Fachleuten als zweckmässig anerkannt worden.

Über die Gewährung der Kredite für die seit dem Inkrafttreten des Alkoholgesetzes erfolgte zusätzliche Obstbauförderung und über die Beanspruchung der Kredite gibt folgende Zusammenstellung Auskunft: Beiträge an die kanBeiträge fUr die Durchführung von Ump,rop,aKtionen

Beiträge für das Fällen von Birnbäumen

JTSÄT^I?!!

,, a ?c± " · » , ' ,, ^ÄJÄ

1933

Fr.

Fr.

Arbeiten Fr.

Kredit Beanspruchter Beitrag .

100,000 68,487

-- --·

-- --

Nicht benutzter Kredit

31,513

496

Fr.

Fr.

Beiträge an die kantonalen Zentralstellen für Obstbau für die Organisation, Leitung und Überwachung der Arbeiten Fr.

70,000 65,915

30,000

10,000

10,808

4,796

4,085

19,192

5,204

65,000 44,380 20,620

25,000 25,000

--

10,000 3,718 6,282

55,000

25,000

7,000

Beiträge für die Durchführung von Umpfropfaktionen

1934 Kredit Beanspruchter Beitrag.

Nicht benutzter Kredit 1935 Kredit Beanspruchter Beitrag.

Nicht benutzter Kredit

Beiträge für das Fällen von Birnbäumen

1936

Kredit

i). Vorgesehene Massnahmen für das Jahr 1936/37.

Es sollen die bisher bewährten Massnahmen zur Umstellung des Obstbaues weitergeführt und ausgebaut werden. Dazu soll der Förderung der Baumpflege vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt werden, was sich ebenfalls in einer Verminderung des Brennobstanfalles auswirken soll. Es sind daher aa. Massnahmen zur Verminderung des Mostobstbaumbestandes.

Säuberungsaktionen in den O b s t b a u m b e s t ä n d e n , verbunden mit der Bezeichnung der zum Fällen bestimmten Mostobstbäume.

Dabei sollen Prämien lediglich für gesunde, im tragfähigen Alter stehende Mostbirnbäume ausgerichtet werden.

Durchführung von U m p f r o p f a k t i o n e n .

Da sollen die Kosten für die Organisation. Leitung und die Überwachung dieser Umpfropfaktionen und 50 % der Kosten für die Umpfropfarbeiten vergütet werden.

Baumschulenkontrolle und Verminderung des Anbaues von Mostbirnbäumen.

Die Bestandesaufnahmen in den Baumschulen sollen weitergeführt werden. Dabei soll durch Zusammenarbeit der Obstbauorganisation mit den Baumschulen das Anpflanzen von Mostbirnbäumen nach Möglichkeit verhindert werden. Der Import von Obstbäumen soll ebenfalls überwacht werden.

bb. Massnahmen zur Verminderung des Brennobstanfalles durch Förderung der Baumpflege.

497 Mit der Durchführung von Baumpflegeaktionen und durch anderweitige Massnahmen soll alles veranlagst werden, was eine Verminderung des Brennobstanfalles bewirken kann. Als solche Massnahmen werden von den Obstbauorganisationen erwähnt die Schaffung von Musterbaumgärten, besondere Kurse und Vorträge, Ausbildung und Weiterschulung der Baumwärter und ausserordentliche Unterstützungen der Schweizerischen Zentralstelle für Obstbau und der kantonalen Zentralstellen für Obstbau.

Für die Durchführung der Massnahmen zur Umstellung des Obstbaues sind im neuen Voranschlag der Alkoholverwaltung gemäss dem Begehren der Fachkreise Fr. 300,000 aufgenommen worden.

c. Die Durchführung.

Es ist vorgesehen, dass die Schweizerische Zentralstelle für Obstbau in Verbindung mit der Obstbaukommission des Schweizerischen Obstverbandes den Behörden Vorschläge hinsichtlich der an die Ausrichtung der Beitrage zu stellenden Bedingungen und der Verteilung des Kredites auf die einzelnen Kantone unterbreiten. Auf Grund dieser Vorschläge werden von den Behörden (Alkoholverwaltung und Abteilung für Landwirtschaft) die erforderlichen Ausführungsbestimmungen erlassen.

Die Zuteilung der Kredite soll wie bis anbin auf Grund der von den Kantonen eingereichten Programme und Voranschläge und in Berücksichtigung der obstbaulichen Verhältnisse der Kantone (Obstbaumbestand) stattfinden.

II. Die Revision der Alkoholgesetzgebimg.

Gestützt auf die verschiedenen in der April- und Junisession dieses Jahres in den Räten angenommenen Postulate hat der Bundesrat das Finanzdepartement und die Alkoholverwaltung mit der Ausarbeitung von Vorschlägen für die Eevision der Alkoholgesetzgebung beauftragt. Diese Vorarbeiten sind heute soweit gefordert, dass wir Ihnen darüber folgende Mitteilungen machen können.

Die Hauptursache der heutigen Belastung der Alkoholverwaltung liegt bekanntlich neben dem Wegfall des Mostobstexportes in der Übernahmepflicht des Bundes für den Kernobstbranntwein. Es würde sich deshalb als wirksame Beforrnmassnahme vor allem die Aufhebung der Übernahmepflicht aufdrängen, wozu aber eine Eevision des Art. 82Ms der Bundesverfassung erforderlich ist. Ebenso ist eine Verfassungsrevision nötig, wenn die Hausbrennerei abgeschafft oder vor Ablauf der in Art. 32Ms vorgesehenen 15jährigen Frist der Konzessionspflicht unterstellt oder der steuerfreie Eigenbedarf der Hausbrenner abgeschafft werden soll.

Wir halten dafür, dass die Eevision des Verfassungsartikels ernsthaft zu erwägen ist, dass aber vorher der Versuch unternommen werden soll, durch Eevision des Gesetzes auf der Grundlage des bestehenden Verfassungsartikels zu einer Besserung der Verhältnisse im Alkoholwesen zu gelangen. Es sind

498

mehrere Möglichkeiten für eine Eevision des Gesetzes vorhanden, die zusammengefasst eine Besserung des finanziellen Ergebnisses herbeiführen können, ohne dass damit die volksgesundheitlichen Errungenschaften der neuen Ordnung preisgegeben werden müssen. Wir halten es für angebracht, bereits vorgängig unserem Bevisionsentwurf Ihnen darüber im Nachfolgenden zusammenfassend zu berichten.

Die Eevision des Alkoholgesetzes wird insbesondere folgende Punkte zu umfassen haben: 1. Die Neuordnung der Übernahmepreise des Bundes für gebrannte Wasser durch Eevision von Art. 11. Die bisherigen gesetzlichen Mindestpreise für Kernobstbranutwein und Mostobst bildeten unter dem Einfmss der Entwicklung der Verhältnisse einen Anreiz für die Branntweinerzeugung. Seit ihrer Festsetzung ist das allgemeine Preisniveau in der Schweiz und auf dem Weltmarkt gesunken. Ereilich sind diese Mindestpreise für Branntwein bereits durch das erste Finanzprogramm um 10 % herabgesetzt worden und für Branntwein und Mostobst durch das Finanzprogramm II überhaupt ausser Kraft gesetzt worden. Es ist insbesondere die Möglichkeit der Abstufung des Übernahmepreises zum Zwecke der Erreichung einer möglichsten Einschränkung der Branntweinerzeugung vorzusehen. Erwägenswert ist auch die Aufnahme des Grundsatzes, dass die Auszahlung eines Überpreises von bestimmten Leistungen des Produzenten für die destillationslose Verwertung des anfallenden Obstes abhängig gemacht werden kann. Es soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass der Produzent für den Überpreis auch eine entsprechende Gegenleistung zu bringen hat. Dagegen wird von der Aufnahme von zahlenmässig festgelegten Preisansätzen im Gesetz Umgang genommen werden müssen.

2. Notwendig ist ferner die Abänderung von Art. 16 des Gesetzes in dem Sinne, dass der Bundesrat das Eecht erhält, die Höchstmenge des steuerfreien Eigenbedarfes für Hausbrenner und gleichgestellte Brennauftraggeber festzusetzen. Bei den Beratungen über den Verfassungsartikel wurde erklärt, dass im ersten Gesetz eine solche Höchstmenge noch nicht festgesetzt werden solle. Da es sich aber hier um eine allgemeine Gesetzesrevision handelt und die Erfahrung gezeigt hat, dass ohne Begrenzung des steuerfreien Eigenbedarfes eine richtige Besteuerung der Hausbrenner und gleichgestellten Brennauftraggeber nicht möglich ist, halten
wir eine solche Bestimmung nunmehr für angebracht. Es ist aber besser, wenn nicht eine bestimmte Menge im Gesetz selber festgelegt, sondern dem Bundesrat die Möglichkeit gegeben wird, diese Grenze festzusetzen und gegebenenfalls gestützt auf die gemachten Erfahrungen auch wieder abzuändern. Es darf nicht übersehen werden, dass die Ausführung dieser Massnahmen auf grosse Schwierigkeiten stossen wird und deshalb mit Sorgfalt und Bücksichtnahme zu erfolgen hat.

3. Die Erfahrungen haben gezeigt, dass die Eegelung der Brennauftraggeber nicht genügt, und dass die Gefahr einer Ausdehnung, die durch die Alkoholgesetzgebung nicht beabsichtigt war, besteht. Demgemäss sollen durch

499 Eevision des Art. 19 die Brennauftraggeber mit steuerfreiem Eigenbedarf auf die Produzenten mit Landwirtschaftsbetrieb beschränkt und die Möglichkeit des Verbotes der Erteilung von Brennaufträgen bei Missbrauch oder Widerhandlung gegen die Alkoholgesetzgebung geschaffen werden. Ferner müssen die gewerblichen Brennauftraggeber der Konzessionspflicht unterzogen werden, und es muss auch die Möglichkeit bestehen, Konzessionen zu verweigern oder zurückzuziehen, wo die Verwertung der Eohstoffe ohne Brennen möglich ist oder wo Missbrauch oder Widerhandlungen gegen die Alkoholgesetzgebung festgestellt worden sind.

4. Ein wichtiger Punkt der Gesetzesrevision bildet die V e r s c h ä r f u n g der Strafbestimmungen. Die bereits am 8./16. Juli 1933 von den eidgenössischen Eäten beschlossene Motion auf Wiedereinführung der Gefängnisstrafe soll nunmehr bei Anlass der Gesetzesrevision verwirklicht werden.

Im weiteren sehen wir eine Vervollständigung der Konfiskationsbestimmungen vor, damit nicht nur die Brennerzeugnisse, sondern auch die Brennereieinrichtungen und übrigen Gegenstände, die zur Begehung der Widerhandlungen dienen, konfisziert werden können. Ferner ist in das Gesetz eine Strafandrohung auch für Steuerhehler aufzunehmen. Im weitern sehen wir die Möglichkeit des Entzuges der Brennereikonzession schon bei der ersten Widerhandlung vor, falls diese schwerer Natur ist. Endlich schlagen wir auch die Haftung für hinterzogene Abgaben, fiskalischen Ausfall und Schadenersatz durch Gehilfen, z. B. Käufer von unversteuertem Branntwein oder renaturiertem Sprit und Lohnbrenner, die falsch eintragen, vor.

5. Als weitern Punkt für die Verbesserung der .Gesetzgebung erachten wir die Unterstellung der Hersteller von Brennapparaten unter die Bewilligungspflicht und die Kontrolle der Alkoholverwaltung. Wenn der Bund auf der einen Seite Brennapparate aufkaufen soll, so ist es nicht logisch, wenn er auf der andern Seite keine Möglichkeit haben soll, der Erzeugung neuer Brennapparate mit der wirksamen Kontrolle zu begegnen.

6. Zur Ermöglichung einer wirksameren Besteuerung, namentlich der Spezialitätenbranntweine ist die Einführung eines gesetzlichen Pfandrechtes in Anlehnung des gesetzlichen Pfandrechtes des Bundes in Art. 120 des Zollgesetzes vorgesehen.

7. Um eine bessere Anpassung der V e r k a u f s b e d
i n g u n g e n der Alkoholverwaltung an die Erfordernisse der oft rasch sich verändernden Verhältnisse zu ermöglichen, sollten die bisherigen Bestimmungen über die Mindestmengen für Sprit- und Branntweinbezüge bei der Alkoholverwaltung aufgehoben und die Festsetzung dieser Mengenansätze dem Bundesrat überlassen sein. Bei den heutigen rasch wechselnden Verhältnissen muss der Bundesrat die Möglichkeit haben, die Verkaufsbedingungen den jeweiligen Verhältnissen anzupassen.

Wenn die Alkoholverwaltung beweglich sein muss, darf sie nicht durch gesetzmässig festgelegte Ziffern eingeengt werden. Diese Beweglichkeit ist auch mit Eücksicht auf eine wirksamere Bekämpfung der Schwarzbrennerei und des Schwarzverkaufes notwendig.

500 Hierher gehört auch die Frage der Z u l a s s u n g des V e r k a u f e s von Sprit z u p h a r m a z e u t i s c h e n u n d k o s m e t i s c h e n Z w e c k e n z u e i n e m v e r b i l l i g t e n P r e i s a n s a t z . Bekanntlich ist die Abgabe von verbilligtem Sprit zu diesem Zwecke im Finanzprogramm II eingestellt worden.

Wir haben die Meinung, dass durch die Gesetzesrevision die Möglichkeit eines verbilligten Sprites für pharmazeutische und kosmetische Zwecke beibehalten, aber die endgültige Eegelung einschliesslich Preisfrage dem Bundesrat zu überlassen ist.

8. Im weitern wird noch geprüft werden müssen, ob Art. 71 und 72 hinsichtlich der Organisation der Alkoholverwaltung Änderungen erfahren sollen. Es wird von verschiedener Seite insbesondere die Schaffung eines eigentlichen Verwaltungsrates gewünscht.

Bereits vorgängig der Gesetzesrevision haben wir die Absicht, einen Bundesratsbeschluss über die Umschreibung der nicht gewerbsmässigen Herstellung der gebrannten Wasser, die Begrenzung der Zahl der B r e n n a u f t r a g g e b e r und des steuerfreien Eigenbedarfes gemäss Art. 3 des Alkoholgesetzes und Art. 89 des Bundesbeschlusses über das Finanzprogramm 1936 zu fassen. In diesem Beschluss soll die Begrenzung der Hausbrenner und gleichgestellten Brennauftraggeber durch bestimmte, der bisherigen Praxis der Alkoholverwaltung und der Alkoholrekurskommission entnommene Vorschriften abgeklärt werden. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, in der Frage der Begrenzung des steuerfreien Eigenbedarfes einen wesentlichen Schritt vorwärts zu tun.

III. Erläuterungen zu Weiteren Punkten der Geschäftsführung der Alkoholverwaltung.

A. Spriteinkauîe im Ausland.

Man macht der Alkoholverwaltung den Vorwurf, dass sie Feinsprit aus dem Auslande beziehe.

Zur Deckung ihres Spritbedarfes kaufte die Alkoholverwaltung unter der alten Gesetzgebung, da sie keinen Obstbranntwein zu übernehmen hatte, im Jahresdurchschnitt 800 bis 900 Wagen Sprit im Ausland. Das geschah meistens durch langfristige Verträge, je nach der Konjunktur des Weltmarktes. So erhielt die Verwaltung in den beiden letzten Jahren der alten Gesetzgebung 1931 und 1932 noch 966 bzw. 771 Wagen zu je 10 Tonnen.

In der ersten Geschäftsperiode 1933/34 (1% Jahre) unter dem neuen Gesetz erhielt die Verwaltung noch 784 Wagen, d. h. jahresdurchschnittlich 523 Wagen. Im zweiten Geschäftsjahr 1934/35 erhielt die Verwaltung aber bloss noch 139 Wagen. Dabei ist zu sagen, dass alle diese Lieferungen aus Verträgen herrühren, die noch unter dem alten Gesetz abgeschlossen wurden. Vom

501 September 1932 bis September 1985 hat die Verwaltung keine Verträge für Bezug von Feinsprit aus dem Ausland abgeschlossen. Nach Verbrauch der obigen Lieferungen sind dann für die laufende Versorgung der Industrie die folgenden Verträge getätigt worden: Feinsprit

1935 1936

30. September 7. November 12. Februar

Wagen zu 101

120 160 120

Lieferzeit

November 1935/Oktober 1936 November 1935/Oktober 1936 November 1936/August 1937

Alcohol absolutus

1935

30. September 25. Oktober 29. November

4 4 15

November 1935/April 1936 Mai 1936/September 1936 Januar 1936/Oktober 1936

Im Jahre 1935 hat die Verwaltung in den Monaten Januar, Februar, März und Mai zusammen 10 Wagen alcohol absolutus für den laufenden Bedarf erhalten. In den übrigen Monaten des Jahres 1935 bis September hat die Verwaltung überhaupt keinen Sprit erhalten. Den Zahlen des Jahres 1935 stehen die Einfuhren des Jahres 1936 aus obigen Verträgen gegenüber. Die Alkoholverwaltung hat diese neuen Vertrage abgeschlossen, um die Industrie ohne Gefahr von Qualitätsbeanstandungen beliefern zu können und um für den Fall von politischen Verwicklungen in Europa gedeckt zu sein. Die Alkoholverwaltung hat heute 200 Wagen von solchem Feinsprit auf Lager, die bloss für den Bedarf von 7 bis 8 Monaten ausreichen. Die Verwaltung macht seit längerer Zeit Versuche, um Feinsprit aus dem Kernobstbranntwein herzustellen.

Sicher ist, dass diese Herstellung gegenüber dem heutigen Auslandspritpreis von Fr. 18--19 je hl 100%, franko Schweizergrenze, sehr kostspielig ist. Wenn die Beimischung von Sprit zu Benzin als ein wirtschaftlicher Unsinn bezeichnet wird, so müsste die Herstellung von Feinsprit aus Kernobstbranntwein als ein ebenso grosser Unsinn bezeichnet werden. Im Zeitpunkt, da die Kritik über die Ankäufe im Ausland einsetzte, war die Verwertung bereits soweit, dass gewissen Zweigen der Industrie für den Inlandverbrauch Feinsprit aus Kernobstbranntwein geliefert werden konnte. Aus diesem Grunde ist auch seit April 1934 aus dem Ausland kein Sekundasprit mehr bezogen worden. Die Belieferung der chemischen Exportindustrie darf nur mit einwandfreier Ware erfolgen. Die Monopolverwaltung bat dafür die Verantwortung zu tragen.

B. Einkauf anderer Spritsorten als Kernobstspiritus im Inlande.

Man macht heute der Alkoholverwaltung weiter den Vorwurf, dass sie neben Kernobstbranntwein ansehnliche Mengen Melassespiritus aus der Zuckerfabrik Aarberg und Sulfitspiritus aus der Zellulosefabrik Attisholz übernimmt.

Aus der Z u c k e r f a b r i k A a r b e r g wurden in den letzten Jahren folgende Mengen Spiritus übernommen : Bundesblatt. 88. Jahrg Band II.

37

502

1929/30 1930/31 1931/32 1932/33 1933/34 1934/35 1935/36

hl 100%

Übernahmepreis je hl 100% Fr

Auslandspritpreis je hl 100% einschliesslich Brennspirituszoll Pr.

3059J92 3093,38 2359,47 5803,36 5411,33 5926,24 5896,80

51.79 51.24 50.07 49.81 47.30 42.66 35.59

45.30 44.03 38.30 31.16 27.64 29.24 25.89

Nach der an die Zuckerfabrik Aarberg erteilten Konzession wird der Übernahmepreis für Spiritus aus Auslandmelasse auf Grund des Auslandspritpreises plus Brennspirituszoll festgesetzt. Der Übernahmepreis für Spiritus aus Melasse, die aus der Verarbeitung von inländischen Buben stammt, wird auf Grund des von der Zuckerfabrik Aarberg ausgelegten Eübenpreises franko Fabrik, des Zuckergehaltes der Buben und des Kohlenpreises festgesetzt.

Zu den oben angegebenen Auslandspritpreisen ist zu bemerken, dass sie Verlustpreise sind, die für die inländische Erzeugung besonders bei Verwendung von inländischen Bohstoffen in den letzten Jahren nicht in Frage kommen können. Als Vergleich können den der Zuckerfabrik Aarberg bezahlten Preisen die in Deutschland und in Frankreich für Melassespiritus bezahlten Preise gegenübergestellt werden. Es wurde bezahlt: in Deutschland im Jahre 1934/35 Mk. 43.90 = Fr. 52.70, im Jahre 1933/34 Mk. 44.10 = Fr. 53 je hl 100%; in Frankreich im Jahre 1935/36 frz. frs. 151.40 = Fr. 30.70 für Melassespiritus und frz. frs. 207.50 = Fr. 42.10 für Bübenspiritus.

Vor dem Jahre 1921 brannte eine Berner Brennerei die in Aarberg anfallende Bübenmelasse. Erst seit diesem Zeitpunkt brennt die Zuckerfabrik Aarberg ihre Melasse selbst. Der grössere Teil davon wird zur Fabrikation von Presshefe und von Melassefutter verbraucht. Es wird nur der Teil gebrannt, für den keine andere Verwendung besteht.

Zurzeit werden ca. 5000 Jucharten Zuckerrüben in den Kantonen Bern, Freiburg, Waadt, Neuenburg undSolothurn gepflanzt. Der Anbau einer solchen Fläche mit Zuckerrüben entlastet den Kartoffelmarkt und somit auch die Alkoholverwaltung, die für die Verwertung der Kartoffeln zu sorgen hat.

Von der Z e l l u l o s e f a b r i k Attisholz wurden in den letzten Jahren folgende Mengen übernommen:

503

hl 100%

1929 1930 1931 1932 1933/34 (ly, Jahre) 1934/35 . " . . . .

1935/36

9,658,64 10,046,68 9,317,42 8,878,80 18,280,98 11,361,6S 13,060,05

übernahmepreis je hl 100%

Auslandspritpreis je hl 100° o einschliesslich Brennspirituszoll

Fr.

Fr.

45.30 44.03 42.84 41.98 39.77 39.63 35.23

45.30 44.03 38.30 31.16 27.64 29.24 25.89

Zum Vergleich der Übernahmepreise mit den Auslandspritpreisen ist auch hier zu sagen, dass letztere Verluätpreise sind für Überschussware, die ins Ausland abgestossen wird. Als Vergleich zum Übernahmepreis der Alkoholverwaltung kann man die in Deutschland für Sulfitspiritus bezahlten Preise heranziehen. Es wurden dort bezahlt: im Jahre 1935/36 Mk. 25.60 = Fr. 31.62 je hl 100%, im Jahre 1934/35 Mk. 39.90 = Fr. 48 und im Jahre 1933/34 Mk. 35 = Fr. 42. Dabei ist zu sagen, dass in Deutschland die Kosten für Dampf und Kohlen und die Löhne bedeutend niedriger sind als in der Schweiz.

Während der gegenwärtige Übernahmepreis 110% des in Deutschland bezahlten Preises ausmacht, betragen die Kosten für Dampf und Kohlen ca. 240%, die Löhne ca. 200% der deutschen Ansätze. Der deutsche Übernahmepreis, gemessen an den Betriebskosten, ist somit verhältnismässig bedeutend günstiger, als der in der Schweiz bezahlte Preis. Ferner ist zu erwähnen, dass nach der Konzession Attisholz für die Sulfitlauge, aus der der Sprit gewonnen wird, nichts, d. h. keinen Anteil von den Holzkosten einrechnen darf, obwohl der inländische Papierholzanfall zu einem weit über dem Auslandpreis stehenden Preis abgenommen werden muss. Durch den steten Abbau des Übernahmepreises sah sich Attisholz veranlasst, die Ausbeuten aus der Ablauge möglichst zu erhöhen, um so je hl Sprit den Anteil der festen Kosten herabzusetzen.

Wird die herzustellende Menge begrenzt, so erhöhen sich ' die festen Kosten je hl.

Die Zellulosefabrik Attisholz liefert der Alkoholverwaltung seit 20 Jahren auf Grund einer Konzession Spiritus aus ihren Abfällen. Während der Kriegsund Nachkriegsjahre hat das Bestehen dieser Spritfabrik der Alkoholverwaltung und damit der Allgemeinheit Vorteile gebracht. Auch heute bleibt die Tatsache bestehen, dass der von Attisholz gelieferte Sprit weitaus der billigste Inlandsprit ist. Wir sind der Auffassung, dass es mit Eücksicht auf die Vorbereitung für den Kriegsfall nicht angeht, diese billige Spritquelle im Inland stillzulegen. Dabei muss auch der Umstand berücksichtigt werden, dass der schweizerische Waldbesitz in diesem Jahr der Zellulosefabrik Attisholz 80% ihres Bedarfes an Papierholz liefert. Es ist noch zu bemerken, dass die Zellulosefabrik Attisholz im Jahre 1934, da der Mostobstüberschuss von den

504 Mostereien nicht verarbeitet werden konnte, mit ihrer Apparatur eingesprungen ist und zu einem verhältnismässig niedrigen Lohn diese sonst unverwertbaren Obstüberschüsse gebrannt hat.

G. Die Bedeutung der Mostobstausfuhr für die Verminderung der Erzeugung von Branntwein.

Die Beratungen über den neuen Verfassungsartikel 32bls, bei denen die Übernahmepflicht für denr Kernobstbranntwein beschlossen wurde, haben zu einer Zeit stattgefunden, da jährlich noch grosse Mostobst- und Tafelobstmengen ausgeführt werden konnten. Die Verwertung der Mostobstüberschüsse ging früher auch in Jahren mit grossen Ernten reibungslos vonstatten, weil Überschüsse über die Grenze zur Hauptsache nach Deutschland und Österreich verkauft werden konnten. Über den Umfang der Obstausfuhr gibt die nachfolgende Zusammenstellung Auskunft: Ausfuhr nach Jahre

1906-1913 1914-1919 1920-1922 1923-1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933 1934 1935

Gesainiausfuhr

Deutschland

q

q

423,553 330,432 343,467 286,601 584,785 623,580 84,388 304,926 155,162 145,086 343,071 203,471

386,540 288,627 136,332 231,241 481,116 271,360 39,784 61,816 81,361 72,212 198,257 75,667

Italien

Österreich, Ungarn und Tschechoslowakei

q

q 3,780 3,790 19,384 11,976 7,405 42,138 1,842 62,886 7,118

575 78,214 8,728

29,760 20,418 7,979 21,257 38,267 227,907 27,053 61,549 23,091 26,041 20,138 56,810

Frankreich

q 3,350 6,842 39,556 6,643 45,507 36,695 8,273 82,233 43,118 46,253 28,915 61,571

Aus dieser Zusammenstellung ist ersichtlich, dass in den grossen Erntejahren 1931, 1934 und 1935 der Obstexport gegenüber früheren grossen Erntejahren uni rund 3000 Wagen jährlich gesunken ist. Dabei ist entscheidend, dass die noch bleibende Ausfuhrmöglichkeit nicht Mostobst betrifft, sondern sich fast ausnahmslos auf Tafelobst beschränkt. Die Mostobstausfuhr ging auf wenige hundert Wagen zurück, wenn sie nicht überhaupt wegfiel.

Wenn in Betracht gezogen wird, dass die Jahre 1931, 1934 und 1935 grosse Ernten aufwiesen, so ergibt sich nur für diese 3 Jahre allein schon eine Minder-

505 ausfuhr von mindestens 10,000 Wagen Mostobst. Diese Menge entspricht einer Branntweinmenge von mindestens 5 Millionen Litern 100%, welche von der Alkoholverwaltung mehr übernommen werden musste, als dies bei den früheren grossen Ausfuhrmöglichkeiten der Fall gewesen wäre. Diese Menge, die gemäss Verfassung und Alkoholgesetz von der Alkoholverwaltung übernommen werden musste, bedeutet eine auf die Veränderung der Verhältnisse zurückzuführende Mehrbelastung der Alkoholverwaltung von 9 bis 10 Millionen Pranken.

Obige Zahlen zeigen, was für eine Bedeutung das Fehlen von Ausfuhrînoglichkeiten bei der Verwertung von grossen Obsternten für die Alkoholverwaltung hat. Die Alkoholverwaltung kann für diese Mehrbelastung nicht verantwortlich gemacht werden.

Das finanzielle Ergebnis der Alkoholgesetzgebung hängt stark vom Umfang der Obsternte und von der Art ihrer Verwertung, insbesondere von den Ausfuhrmöglichkeiten ab. Wir nehmen beute an, dass die diesjährige Mostobsternte bedeutend kleiner sein wird, als bei der Aufstellung des ersten Voranschlages vom 18. Mai 1986 angenommen werden musste, und dass die zu übernehmenden Mengen Kernobstbranntwein die im abgeänderten Voranschlag vom 15. Juni 1936 vorgesehenen 40,000 hl 100% voraussichtlich nicht erreichen werden.

Wir ersuchen Sie, soweit es nicht schon geschehen ist, dem von uns aufgestellten, abgeänderten Voranschlag der Alkoholverwaltung für das Betriebsjahr 1936/37 (Seiten 7/8 unserer Botschaft vom 15. Juni 1936) die Genehmigung zu erteilen. Wir ergreifen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 28. August 1936.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Meyer.

Der Vizekanzler: Leimgrnber.

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Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Ergänzender Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung zu den Botschaften vom 18. Mai und 15. Juni 1936 betreffend den Voranschlag über den Betrieb der Alkoholverwaltung für die Zeit vom 1. Juli 1936 bis 30. Juni 1937. (Vom 28. August 1936.)

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Jahr

1936

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

36

Cahier Numero Geschäftsnummer

3411

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

02.09.1936

Date Data Seite

485-505

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