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Bundesblatt

88. Jahrgang.

Bern, den 5. August 1936

Band II.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über den Vorschlag des Kantons Basel-Landschaft betreffend Überprüfung der eidgenössischen Wirtschaftspolitik.

(Vom 31. Juli 1936.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft hat am 2. April 1936 eine Motion folgenden Wortlautes erheblich erklärt: «Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft stellt hiemit, gestützt auf Art. 93 der Bundesverfassung und § 18, Ziffer 5, der Staats Verfassung des Kantons Basel-Land an die eidgenössischen Bäte den Antrag : Die Grundsätze der bisherigen auf Abbau und Anpassung gerichteten eidgenössischen Wirtschaftspolitik seien sofort einer Überprüfung zu unterziehen.

Es sei unverzüglich eine Studienkommission einzusetzen, welche -- speziell auch unter Zuzug von Sachverständigen der Sterling- und Goldblockländer und unter Berücksichtigung der in diesen Ländern erzielten praktischen Ergebnisse -- die Grundlagen der Wirtschaftspolitik zu prüfen und den eidgenössischen Bäten über das Ergebnis ihrer Untersuchungen Bericht zu erstatten hat.» In Ausübung des den Kantonen nach Art. 93 der Bundesverfassung zustehenden Vorschlagsrechtes hat der Landrat des Kantons Basel-Landschaft diesen Antrag mit Schreiben vom 9. April 1986 den eidgenössischen Bäten unterbreitet, welche die Eingabe dem Bundesrat zur Vernehmlassung überwiesen haben.

Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. II.

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Wir beehren uns, Ihnen hiemit zur Initiative des Kantons Basel-Landschaft wie folgt Bericht zu erstatten: Der Landrat des Kantons Basel-Landschaft will mit seinem Vorschlag die Bundesbehörden veranlassen, ihre Wirtschaftspolitik grundsätzlich einer Überprüfung zu unterziehen. Insbesondere soll untersucht werden, ob die Politik der Anpassung der Produktionskosten an das Weltmarktniveau und der Aufrechterhaltlang der heutigen Goldparität der Währung der geeignete Weg sei, um unser Land aus der Krise herauszuführen. Dabei soll geprüft werden, auf welche Art und Weise andere Länder die wirtschaftliche Not zu überwinden suchen, und erwogen werden, ob die Massnahmen, die gewisse Staaten zur Krisenbekämpfung getroffen haben, nicht auch mit Erfolg in der schweizerischen Volkswirtschaft angewendet werden könnten. Es wird beantragt, unverzüglich eine Studienkommission einzusetzen, welche unter Zuzug ausländischer Sachverständiger die Grundlagen der schweizerischen Wirtschaftspolitik zu studieren und den eidgenössischen Bäten über das Ergebnis ihrer Untersuchungen Bericht zu erstatten hätte.

Dieser Vorschlag des Kantons Basel-Landschaft ist heute zum Teil überholt, indem die Forderung nach Überprüfung der eidgenössischen Wirtschaftspolitik bereits erfüllt ist. Der Bnndesrat hat anlässlich der Beratung der Vorlage über die wirtschaftlichen Notmassnahmen die Lage unserer Volkswirtschaft einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Wir können uns begnügen, auf die Ergänzungsbotschaft vom 7. April 1936 zu verweisen, in der wir ausführlich darlegten, wie wir die Lage und die Aussichten unserer Wirtschaft beurteilen, und in welcher wir die Eichtung aufzeigten, in der sich unsere Wirtschaftspolitik im Interesse der Wiedergesundung zu bewegen hat. Wenn wir die Nachahmung gewisser ausländischer Experimente ablehnten, so geschah dies aus der Erwägung heraus, dass jene Massnahmen bei der Struktur unserer Wirtschaft verderbliche Folgen zeitigen müssten. Wir sehen uns deshalb nicht veranlagst, die von uns verfolgte Wirtschaftspolitik heute erneut einer grundsätzlichen Überprüfung im Sinne des Vorschlages des Kantons Basel-Landschaft zu unterwerfen. Das gleiche gilt für die eidgenössischen Eäte. Der Ständerat hat in der letzten Sommersession den Beschlussesentwurf über die wirtschaftlichen Notmassnahmen durchberaten und
dabei zur eidgenössischen Wirtschaftsführung Stellung genommen. Der Nationalrat wird in der nächsten Session bei der Beratung des obgenannten Entwurfes Gelegenheit haben, sich zu der vom Bundesrat vertretenen Wirtschaftsauffassung zu äussern. Unter diesen Umständen erweist sich der Antrag des Kantons Basel-Landschaft auf grundsätzliche Überprüfung der eidgenössischen Wirtschaftspolitik als überholt.

Aus dem weitern Vorschlag, eine Studienkommission einzusetzen, welche die Grundlagen der Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung der in den Sterling- und Goldblockländern erzielten praktischen Ergebnisse zu prüfen hätte, geht hervor, dass vornehmlich die Frage der Abwertung abzuklären wäre.

Zum gleichen Zwecke wird verlangt, dass die Studienkommission Sachverstän-

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dige jener andern Länder zuziehe, d. h. wohl, entweder mit der Abfassung von Gutachten betraue oder an den mündlichen Verhandlungen der Kommission teilnehmen lasse.

Darauf ist zu erwidern : Es ist bekannt, dass sich sowohl in den Ländern des Sterlingblocks als auch des Goldblocks Befürworter und Gegner der Abwertung vorfinden. Was für Sachverständige aus diesen Ländern sollen zugezogen werden ? Lauter Befürworter oder lauter Gegner der Abwertung ?

Die Meinung der Initianten dürfte dahin gehen, dass aus i dem Sterlingblock Anhänger und aus dem Goldblock Gegner der Abwertung eingeladen würden, an den Beratungen in der Schweiz teilzunehmen. Schon allein die Tatsache, dass selbst in den Abwertungsländern die Meinungen über die Wirkungen der Abwertung geteilt sind, deutet darauf bin. dass der Nutzen einer Abwertung keineswegs eindeutig und für jedermann erkennbar zutage liegt. Vieles auch, was von den einen auf die Abwertung zurückgeführt wird, hat nach der Auffassung der andern ganz andere Ursachen und ist Umständen zu verdanken, die sich in der Schweiz vielleicht nicht vorfinden. Es rnüsste schliesslich den schweizerischen Mitgliedern der Studienkommission überlassen werden, das von den ausländischen Sachverständigen herbeigeschaffte widerspruchsvolle Material nach eigenem Urteil auszulegen und darüber zu befinden, ob sich die Erfahrungen des Auslandes ohne weiteres auf die schweizerischen Verhältnisse übertragen lassen. Solches Material liegt jedoch in Hülle und Fülle bereits vor, und auch an wissenschaftlichen Abhandlungen und amtlichen Berichten darüber ist kein Mangel. Wir sehen daher nicht ein, was uns der Zuzug von Sachverständigen der Sterling- und Goldblocklander nützen soll, dies um so weniger, als die bisherigen Ergebnisse der Abwertung noch keinen endgültigen Schluss zulassen, weil die Auswirkungen jener Massnahme keineswegs abgeschlossen, sondern noch in vollem Flusse sind. Die Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen, dass gewisse günstige Ergebnisse, die heute im einen oder andern Lande vorliegen mögen, durch spätere ungünstige Wirkungen aufgewogen oder gar ins Gegenteil verkehrt werden. Aber auch die Einberufung einer rein schweizerischen Studienkommission würde kaum die von denFreunden der Abwertung gewünschte Abklärung bringen. Seit mehreren Jahren beschäftigen sich die öffentliche
Meinung und die Wissenschaft mit dem Problem; die Meinungen gehen immer noch ebenso stark auseinander wie zuvor. Wie wäre die Kommission zusammenzusetzen ? Hätten die Freunde oder die Gegner der Abwertung das zahlenmässige Übergewicht zu beanspruchen ? Wir halten dafür, es genüge, dass die schweizerische Nationalbank als verfassungsmässige Hüterin der Währung und das eidgenössische Finanz- und Zolldepartement all die Tatsachen und deren Deutungen auf dem Gebiete der Währung und Wirtschaft sammeln und fortlaufend bearbeiten. Wir sind überzeugt, dass diese Instanzen ihrer Aufgabe mit der erforderlichen Gewissenhaftigkeit und dem nötigen Scharfsinn und Weitblick nachkommen. Von den Beratungen einer besondern Studienkommission versprechen wir uns nicht mehr, als was den verantwortlichen Währungsbehörden bereits bekannt ist. Abgesehen davon

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könnten wir die Einsetzung einer Studienkommission durch das Parlament nicht befürworten. Es wäre gegebenenfalls Sache des Bundesrates als verantwortliche Exekutive, eine Expertenkommission zu bestellen und der Bundesversammlung in dieser lebenswichtigen Frage Bericht zu erstatten.

Bei dieser Sachlage empfehlen wir Ihnen, auf den Vorschlag des Kantons Basel-Landschaft nicht einzutreten.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 31. Juli 1936.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident : Meyer.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über den Vorschlag des Kantons Basel-Landschaft betreffend Überprüfung der eidgenössischen Wirtschaftspolitik. (Vom 31. Juli 1936.)

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