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Bundesblatt

88. Jahrgang.

Bern, den 1. Juli 1936

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis SO franken im Jahr, IO Franken im Salbjaitr, zuzüglich Nachnahme- unä PostbestellnngsgebUhr.

Einrücknngsgeinflir. 50 Eappen die Petitzeile oder deren Baum. -- Inserate franko an Stämpfli £ de. in Bern.

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3298

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe.

(Vom 23. Juni 1936.)

Herr Präsident !

Hochgeachtete Herren !

Hiermit beehren wir uns, Ihnen den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe zu unterbreiten. Zur Begründung dieser Vorlage gestatten wir uns, folgendes auszuführen: Allgemeine Erörterungen.

Einleitung.

Die Lage der schweizerischen Landwirtschaft bildet seit längerer Zeit nicht nur für die eidgenössischen und kantonalen Behörden, sondern auch für den um das gemeine Wohl besorgten Bürger aller Schichten der Bevölkerung den Gegenstand ernster Beunruhigung. Schon wiederholt haben wir Gelegenheit gehabt, Ihnen die durch die Krise verursachten Verhältnisse auseinanderzusetzen und Ihnen über die zur Behebung der Notlage unserer Bauernsame getroffenen Massnahmen zu berichten. Wir verweisen namentlich auf unsere Botschaften vom 26. Februar 1932 über die Portsetzung der Bundeshilfe für die schweizerischen Milchproduzenten, vom 25. August 1932 über Erweiterung der Kredithilfe für notleidende Bauern, vom 22. Dezember 1933 über die Fortsetzung und Erweiterung der Kredithilfe für notleidende Bauern, vom 22. Februar 1985 über eine weitere Fortsetzung der Bundeshilfe für die Milchproduzenten und für die Linderung der landwirtschaftlichen Notlage und vom 10. März 1936 über die Fortsetzung der Bundeshilfe für die schweizerische Milchproduktion und für die Linderung der landwirtschaftlichen Notlage.

Buodesblatt. 88. Jahrg. Bd. II.

li

210 In diesen Botschaften ist ein umfassendes Zahlenmaterial verarbeitet und die Situation allseitig beleuchtet worden. Daher glauben wir, von einer Wiederholung des schon früher Gesagten absehen und uns damit begnügen zu dürfen, einige für die Entwicklung und den Stand der Verschuldung der Landwirtschaft charakteristische Tatsachen anzuführen, aus denen sich die Notwendigkeit der bereits getroffenen und der in unserem Entwurfe vorgeschlagenen neuen gesetzgeberischen Massnahmen ergibt.

Es ist allgemein bekannt, dass seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts die Verschuldung des Grund und Bodens fortwährend zugenommen hat. Dies gilt keineswegs etwa bloss für die Schweiz, sondern auch für die übrigen europäischen Staaten, wie denn auch diese sich heute denselben Problemen gegenübergestellt sehen, wie wir. Was insbesondere unser Land betrifft, so hat die Expertenkommission, welche die Zinsfussverhältnisse im landwirtschaftlichen Hypothekarkredit zu untersuchen hatte, festgestellt, dass die Hektare landwirtschaftlich benutzten Bodens im Jahre 1856 mit Fr. 675, im Jahre 1914 mit Fr. 1760 und im Jahre 1928 mit Fr. 2250 belastet war, die Verschuldung also innerhalb dieser sieben Jahrzehnte sich verdreifacht hat. Über die Entwicklung im 20. Jahrhundert entnehmen wir dem Gutachten des Bauernsekretariats über die Überschuldung und Entschuldung der Landwirtschaft (Heft Nr. 109 der Mitteilungen) folgende Daten: Im Jahre 1911 betrug das Aktivkapital der schweizerischen Landwirtschaft 8858 Millionen Franken, denen ein Passivkapital von 8779 Millionen Franken (wovon 8324 Millionen Grundpfandschulden und 455 Millionen Kurrentschulden) gegenüberstund.

Für das Jahr 1931 wird das Verhältnis folgendermassen geschätzt: Aktivkapital 11,396 Millionen; Passivkapital 4788 Millionen (wovon 4189 Millionen Grundpfandschulden und 599 Millionen Kurrentschulden). Es ergibt sich daraus für diese beiden Jahrzehnte eine durchschnittliche jährliche Zunahme der Schulden um 50 Millionen Franken; für die Jahre 1981 und 1932 rechnet das Bauernsekretariat mit einer jährlichen Schuldenvermehrung von 100 Millionen; in den allerletzten Jahren dürfte allerdings eine ganz erhebliche Verlangsamung eingetreten sein. Hinsichtlich der Sicherheit der Hypothekar belastung hat Prof. Pauli im Jahre 1933 die Auffassung vertreten, dass 65 % der
auf landwirtschaftlichen Liegenschaften haftenden Hypotheken das Pfand bis zu 70 % der Ertragswertschätzung der letzten Kriegssteuerperiode belasten, dass 15,g % zwischen 70 % und 100 % des Ertragswertes liegen und dass 19,4 % die Ertragswertgrenze überschreiten (vgl. Pauli, Die Lage der Landwirtschaft, Schweizerisches Finanz-Jahr buch 1933, S. 44). Zur Gewinnung eines Bildes über das Mass der Verschuldung ist sodann die Beantwortung der Frage nach dem Ma'sse der hypothekarischen Belastung per ha von Bedeutung. Hierüber sind verschiedene Untersuchungen durchgeführt worden.

Das statistische Bureau des Kantons Bern hat in 19 Gemeinden (mit 1631 Betrieben) eine Erhebung veranstaltet, welche für die Verschuldung per ha ergab:

211 Fr.

0--1000 40,9 % aller Betriebe » 1001--2000 15,5% » » <> 2001--3000 12,2% » » » 3001--4000 12,8% » » » 4001--5000 5,8 % » » ·> 5001--6000 4, 4 % » » » 6001--7000 2, 6 % » D) » über 7000 5,8 % » » Das schweizerische Bauernsekretariat andererseits hat für deas Jahr 1932 über 507 Buchhaltungsbetriebe eine Untersuchung über die Gesamtverschuldung (Hypothekarschulden und andere Schulden) angestellt, welche per ha folgendes Ergebnis zeitigte: Fr.

0--1000 14,59 % aller Betriebe » 1001--2000 11,24% » » » 2001--3000 12,03% » >> » 3001--4000 15,19 % » » » 4001--5000 15,19% » » » 5001--6000 10,46% » » » 6001--7000 6,90 % » » » über 7000 14,41% » » Diese beiden Zahlenreihen mögen zum mindesten eine Idee darüber vermitteln, wie die Belastungsverhältnisse gestaltet sind. Dabei muss man sich freilich darüber Rechenschaft geben, dass die Verschuldung in den einzelnen Landesgebieten die allergrössten Verschiedenheiten auf weist, dass es eigentliche Krisengebiete gibt und diesen wieder Gegenden gegenüberstehen, wo von einer Notlage nicht gesprochen werden kann. Zudem ist auch die Verschuldung bei den einzelnen Betriebssystemen ganz verschieden. Hieraus erhellt, dass man auch keineswegs etwa schematisch vorgehen und Betriebe mit einer einen bestimmten Betrag überschreitenden Hektarenbelastung als gefährdet oder überschuldet bezeichnen darf. Nach einer überschlagsweisen Berechnung des eidgenössischen statistischen Amtes liegt die Gefährdungsgrenze: in Gebieten der Gras- und Milchwirtschaft mit erheblichem Obstbau bei Fr. 6,000 per ha in Gebieten der Gras- und Milchwirtschaft in besten Obstlagen » » 8,000 » » in Gebieten der Kleegraswirtschaft (Ackerbau kombiniert mit starker Milchwirtschaft) » » 5,000 » » in Gebieten mit stärkerem Getreidebau » » 6,000 » in Gebieten der Übergangswirtschaften » » 4,000 » » in Weinbaugebieten » » 10,000 » » Auch diese Zahlen dürfen nicht absolut genommen werden; denn die Frage, ob ein Betrieb gehalten werden kann, ist keineswegs bloss durch die Verschuldung bedingt. Von sehr grosser Bedeutung sind ausserdem auch die Familien-

212 Verhältnisse. Und ebenso kann sich auch ein Nebenbetrieb im günstigen oder ungünstigen Sinne auswirken. Der Gesetzgeber hat sich daher vor den starren Eegeln zu hüten und stets die Vielgestaltigkeit der konkreten Verhältnisse im Auge zu behalten. Darin liegt denn auch ein wichtiger Grund dafür, dass für uns nur eine individuelle Entschuldung in Betracht kommen kann.

Aus diesen skizzenhaften Angaben geht jedenfalls zur Genüge hervor, dass -- was übrigens im Ernste niemand bestreitet -- in manchem schweizerischen Bauemhause die Not Einkehr gehalten hat, weil das Verhältnis zwischen den infolge der bekannten Preisstürze gesunkenen Produktenpreise und der Schuldenlast eine erhebliche Änderung erlitten hat, mit der Folge, dass der Betriebsinhaber die Mittel zur Verzinsung seiner Schulden nicht mehr aufbringt, geschweige denn an eine Kapitalabzahlung denken kann. Liesse man den Dingen ihren freien Lauf, so wären die Konsequenzen nicht abzusehen.

Die Zwangsverwertungen würden in manchen Gegenden bisher kaum geahnte Ziffern erreichen. Unverschuldet in Not geratene würdige Bauernfamilien müssten von Haus und Hof vertrieben werden, ohne Aussicht, sich eine neue Existenz gründen zu können. Die Gläubiger andererseits würden für viele von ihnen kaum tragbare Verluste erleiden, da mit sehr ungünstigen Gantergebnissen zu rechnen wäre. Was infolgedessen an ideellen und materiellen Werten verlorenginge, ist jedem Einsichtigen klar.

I. Die bisherigen Massnahmeu.

Die Bundesbehörden haben dieser Entwicklung nicht untätig zugesehen.

Von den hier nicht weiter zu erwähnenden umfassenden Aktionen zur Stützung der Preise, den Einfuhrbeschränkungen, Frachtermässigungen usw. abgesehen, sind auch Massnahmen zur Milderung der durch die Verschuldung erzeugten Not getroffen worden, und zwar sowohl Kreditmassnahmen als rechtliche Schutzmassnahmen.

1. Die Kreditmassnahmen.

Den Ausgangspunkt bildet der Bundesbeschluss vom 28. September 1928 für eine v o r ü b e r g e h e n d e Bundeshilfe zur Milderung der N o t l a g e in der schweizerischen L a n d w i r t s c h a f t . Zu diesem Behufe hat der Bund zur Durchführung der Hilfsaktion 18 Millionen bereitgestellt. Durch den Bundesbeschluss vom 30. September 1982 ist die Kredithilfe gemäss dem Bundesbeschluss vom 28. September 1928 verlängert und zugleich erweitert worden, indem die Bundesversammlung dem Bundesrate für die Jahre 1933--1936 einen Kredit von je 3 Millionen (insgesamt 12 Millionen) eröffnet hat. Der Bundesbeschluss vom 28. März 1934 endlich dehnte diese Hilfe weiter aus. Danach wurde dem Bundesrate für die Jahre 1934 und 1935 ein Kredit von je 9 Millionen zur Verfügung gestellt.

Zum Zwecke der Durchführung dieser Kreditaktion ist zunächst der im Jahre 1923 gegründete Hilfsfonds für Klein- und S c h u l d e n b a u e r n und landw i r t s c h a f t l i c h e Arbeiter in Brugg herangezogen worden. Auf Grund des Bundesbeschlusses vom 30. September 1932 sodann wurden in den meisten

213 Kantonen die B a u e r n h i l f s k a s s e n ins Leben gerufen. Diese Institutionen gewähren in der Form von verzinslichen oder unverzinslichen Darlehen, von Zinszuschüssen und andern nicht rückzuerstattenden Beiträgen Unterstützungen an würdige Bauernfamilien, die in Not geraten sind, wobei die Intervention in der Eegel voraussetzt, dass auch die Gläubiger und Bürgen angemessene Opfer bringen. Die Hilfeleistung darf nicht stattfinden, wenn dadurch lediglich eine aussichtslose Position künstlich gehalten würde ; sie setzt voraus, dass sich ein dauernder Erfolg erwarten lässt und die unterstützte Familie ihr weiteres Auskommen in einem landwirtschaftlichen Betrieb finden kann, weshalb die Gewährung der Beiträge und Darlehen an Bedingungen zu knüpfen ist, die eine dauernde Gesundung des gestützten Betriebes erwarten lassen (Bewilligungszwang für die Eingehung neuer Schulden, Verbot der Übernahme von Bürgschaften, Anordnung einer fachkundigen Betriebsberatung usw.). Besondere Funktionen sind sodann den Bauernhilf s Organisationen durch den Bunclesbeschluss über die rechtlichen Schutzmassnahmen zugewiesen worden.

2. Rechtliche Schutzmassnahmen.

Die Landwirtschaft weist gleich der Hôtellerie und der Stickereiindustrie die Besonderheit auf, dass die Schuldenlast zur Hauptsache aus P f a n d schulden besteht. So hat das Bauernsekretariat festgestellt, dass im Jahre 1911 einer Kurrentschuldenlast von 455 Millionen Grundpfandschulden im Betrage von 3324 Millionen gegenüberstanden; im Jahre 1931 beliefen sich die Kurrentschulden auf 599 Millionen und die Hypothekarschulden auf 4189 Millionen; in Prozenten ausgedrückt: die Kurrentschulden machten im Jahre 1911 12,04 %, im Jahre 1931 12,51 % der Gesamtverschuldung aus. Diese Ziffern sind bedeutsam. Es ergibt sich daraus, dass das Nachlassverfahren, wie es im SchKG Art. 293 ff. geordnet ist, dem notleidenden Landwirt keine Hilfe zu gewähren vermag, weil es sich nur auf die Kurrentschulden bezieht und daher der Pfandgläubiger, sobald die behördliche Bestätigung des Nachlassvertrages ergangen ist, Betreibung auf Grundpfandverwertung anheben und das Pfand auf die Zwangsversteigerung bringen kann (SchKG Art. 311).

Daher mussten besondere Massnahmen getroffen werden, dazu bestimmt, dem notleidenden Landwirt gegenüber den Pfandgläubigern Schutz zu gewähren. Diese
sind ver-wirklicht worden: 1. im Bundesbeschluss vom 13. April 1933 über v o r ü b e r gehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern.

Dieser überträgt einzelne Institute des Hotelsanierungsrechtes auf die Landwirtschaft. Danach kann dem Eigentümer für Kapitalforderungen, für die ein zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörendes Grundstück als Grundpfand oder eine auf einem solchen Grundstück lastende Forderung als Faustpfand haftet oder für die ein Viehpfand bestellt ist, auf die Dauer von höchstens vier Jahren Stundung gewährt werden. In dem Bestreben, den Eigentümer von übermässigen Zinsenlasten zu befreien, sieht der Bundesbeschluss vor, dass für die gemäss der Schätzung ungedeckten Hypotheken auf die Dauer

214

von vier Jahren der Zins herabgesetzt oder die Verzinslichkeit ausgeschlossen werden kann. Hinsichtlich der Substanz der ungedeckten Hypothek gibt der Bundesbeschluss dem Gläubiger die Wahl, ob er die der Natur der Sache nach gefährdete Forderung behalten oder ob er das Eechtsverhältnis dadurch liquidieren will, dass er unter Verzicht auf das Pfandrecht am Nachlassverfahren der Kurrentgläubiger teilnimmt, d. h. sich mit der Nachlassdividende abfinden lässt. Um dem Schuldner die A b t r a g u n g gedeckter pfandversicherter Zinsen zu ermöglichen, wird vorgesehen, dass zugunsten desjenigen (sei es der Bauernhilfsorganisation, sei es eines Dritten), der die zur Ablösung dieser Zinsen erforderlichen Mittel zur Verfügung stellt, für die daraus erwachsende Darlehensforderung ein Pfandrecht eingetragen werden kann, das im Eange unmittelbar auf das gedeckte Kapital folgt.

Die genannten, die Pfandgläubiger betreffenden Massnahmen werden in der Eegel im Zusammenhange mit einem N a c h l a s s v e r f a h r e n der K u r r e n t gläubiger angeordnet, wobei die zur Mahlung der Dividende erforderlichen Gelder ganz oder zum Teil auf dem Wege der landwirtschaftlichen Kredithilfe flüssig gemacht werden. Schon kurze Zeit nach seinem Inkrafttreten hat sich der Bundesbeschluss vom 13. April 1933 als unzureichend erwiesen. Er ist daher ergänzt und abgeändert worden durch den 2. Bundesbeschluss vom 28. September 1934 über v o r ü b e r gehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern.

Dieser Erlass zieht auch die gedeckten Pfandgläubiger zu Opfern heran. Ein Verzicht auf die Substanz ihrer Eechte kann ihnen zwar nicht zugemutet werden. Wohl aber wird ihnen eine Zinsbeschränkung auferlegt, insofern die Nachlassbehörde eine 4% % überschreitende Verzinsung auf diesen Zinssatz ermässigen und im Falle eines niedrigeren Zinsfusses anordnen kann, dass dieser nicht über 4% % erhöht werden darf, beides für die Dauer der dem Schuldner gewährten Kapitalstundung. In Ansehung der gedeckten p f a n d versicherten Zinsen kann sich der Schuldner durch Leistung von 75--90 % des Zinsenbetrages befreien unter der Voraussetzung, dass die Kurrentgläubiger 50 % oder mehr ihrer Forderungen verlieren. Die Tilgungsquote wird im letzteren Falle nach Ermessen der Nachlassbehörde festgesetzt. In der Absicht, dem Schuldner die Aufnahme
eines Darlehens zum Zwecke der Zinsentlastung zu ermöglichen, gewährt der Bundesbeschluss dem Darlehensgeber einen Anspruch auf Errichtung eines im Eange auf das gedeckte Kapital folgenden Grundpfandrechtes. Ein Anspruch auf Errichtung eines Grundpfandrechtes -- das allerdings allen eingetragenen Belastungen nachgeht -- wird auch den Bauernhilfsorganisationen für das dem Schuldner gewährte' Hilfsdarlehen zugebilligt. Neu ist sodann die Vorschrift von Art. 34, welche die zur Verhütung neuer Verschuldung zu treffenden Vorkehren zum Gegenstande hat (Verpflichtung zur Buchführung, Unterstellung des Betriebes unter die Aufsicht eines Vertreters der Bauernhilfsorganisation oder einer andern geeigneten Persönlichkeit, Bewilligungszwang für die Veräusserung und Belastung von Grundstücken und die Verpfändung von Vieh, Bürgschaftsunfähigkeit).

215 3. Die Wirksamkeit der bisherigen Massnahmen.

Über die Wirksamkeit der bisher getroffenen Massnahmen, namentlich über die Ergebnisse der Kredithilfe und die Tätigkeit der Bauernhilfskassen haben wir Ihnen in unserer Botschaft vom 22. Dezember 1983 über die Fortsetzung und Erweiterung der Kredithilf e für notleidende Bauein berichtet.

Wir gestatten uns, diesen Bericht auf Grund neuer Erhebungen des eidgenössischen statistischen Amtes zu ergänzen.

Über den Stand und die Bewegung der Hilfsgesuche gibt die folgende Tabelle Aufschluss.

Stand und Bewegung der Anmeldungen von Hilfsgesuchen bei den Bauernhilfskassen; abgewiesene und bewilligte Gesuche.

Anmeldungen Kantone

Zürich .

Bern .

Luzern Uri Schwyz . . .

Obwalden Nidwaiden Glarus Zug .

Freiburg Solothurn Basel- Land .

S chaff hausen Appenzell A.-Rh.

Appenzell I.-Rh.

St. Gallen .

Graubunden Aargau .

Thurgau Tessin Waadt Wallis Neuenburg Ohne Tessin 1

. .

1933

1934

1935

479 1,666*) 696 302 154 74

1,328 1,381 468 530

278 783 380 6 168 38 29 100 35 131 117 60 45 80 177 254 206 290 116

238 613 220 36 50 39 39 68 14 234 100 45 50 66 56 316 231 247 121

1,340 725 269

262 537 140

70 598 54

12,050

4232

3505

75 54 1,7532) 301 1472) 83 225

. . . .

. .

Total

Abgewiesene UnterTotalund bestand zurück- stützte auf Ende gezogene Betriebe 1935 Gesuche 413 406 !)

995 3,0623) 981 1627 346 720 1,296 344 94 230 372 201 171 69 73 151 24 35 68 44 123 243 25 103 63 806 815 2,118 221 201 518 252 58 136 105 178 63 112 228 371 32 201 233 974 1,898 701 581 1237 1,818 172 1,005 577 2895 292 767 512 7904) 278 ) 395 769 1,672 445 603 1,860 158 289 463 20,577 7186 9709 19,7876)

) Die Differenz zwischen dei Totalza il der An meldunge n und der Summe der abgewiesenen und Bewilligten Gesuc he betriff t noch ni cht erled gte Fälle 2) 1932 und 1933.

3 ) Davon 238 Pachter.

ä ) Stand April 1935 (erster nn d zweitei Abschni tt der Ak tion) 5) Vorläufige Zahlen.

6 ) Inklusive rund 1000 Rückf àllige; di e Stadtktantone Basel-Stadt und Gen f haben keine Bauernhilfsaktion.

216 Für die Beurteilung des Erfolges der bisherigen Massnahmen stehen uns folgende Daten zur Verfügung, wobei wir vorausschicken müssen, dass bisher lediglich 2792 Fälle (d. h. ca. ein Drittel der bewilligten Gesuche) statistisch verarbeitet werden konnten. Für diese 2792 Fälle haben die Bauernhilfskassen insgesamt Fr. 6,322,041 aufgewendet. Damit haben Schulden im Betrage von Fr. 17,778,710 getilgt werden können, was für den einzelnen Fall einen Aufwand der Kasse im Betrage von Fr. 2265 und eine Schuldentilgung im Betrage von Fr. 6867 ergibt. Um ein Bild über die Verhältnisse in einzelnen Kantonen zu vermitteln,, fuhren wir folgende Beispiele an: Leistung der Bauernhilfskasse

Kantone

Zürich Bern Obwalden . . .

Freiburg . . . .

Basel-Land. . .

Appenzell A.-Eh.

St. Gallen . . .

Graubünden . .

Aargau Thurgau . . . .

Waadt Total

Schuldenreduktion

Fr.

Fr.

902,780 1,350,390 *) 106,900 190,788 115,438 220,771 1,298,144 403,907 109,850 835,127 788,451

2,868,359 4,905,451 309,480 402,489 480,697 336,550 8,525,456 609,156 307,968 1,848,287 2,684,817

6,822,041

17,778,710

*) Ein Teil dieses Betrages diente noch*zur Abfindung von Bürgschaften der notleidenden Landwirte.

Wichtig für die Würdigung der bisherigen Tätigkeit der Bauernhilfsorganisationen sowohl als für die Ausgestaltung des neuen Entschuldungsrechtes ist die Beantwortung der Frage, wie sich die geltende Ordnung auf die einzelnen Schuldenkategorien ausgewirkt hat. Darüber orientiert die folgende Tabelle.

217 Abschreibung von Schulden in Franken im bäuerlichen Sanierungsverfahren.

Kantone

Zahl der statistisch verarbeiteten Gesuche

Grundpfandschulden ohne Zinsen

Andere Kurrent-

Zinsen

ViehAndere feste pfandschulden Schulden

(zur Hauptsache Lieferantenschulden)

Total Schuldenreduktion

Zürich . . . .

245 692,015 451,651 114,173 575,251 535,269 2,368,359 2 3.177.569 Bern c.6001) 712,691 1,015,191 )4,905,451 -- 264,891 Obwalden . . . .

56 9,588 35,001 309,480 Freiburg3). . . .

83 64,165 86,924 15,589 217,829 17,982 402,489 4 Baselland . . . .

37 ) 15,301 108.167 57,439 128,717 171,075 480,699 Appenzell A.-Rh. 195 11,220 86,587 4,760 63,307 170,676 336,550 St. Gallen. . . .

535 740,173 685,706 41,402 1,224,965 833,210 3,525,456 Graubünden . . .

609,156 539 609,156 6 199,594 8,150 Aargau5) . . . .

47 )100,224 307,968 Thurgau . . . .

250 454,387 395,745 51,790 355,611 590,754 1,848,287 40,469 552.906 3,591 2,014,490 73,361 2,684,817 Waadt . . . .

205 Total 2792 2,840,233 3,417,878 296,894 4,580,170 2,657,218 13,792,393 7,436,982 13,991,987 10,911,445 17,169,556 17,778,712 17,778,712 *) Bis Ende 1934 ausbezahlte Gesuche.

2 ) Daneben wurden noch für Fr. 3,903,217 Burgschaftsverpflichtungen der Gesuchssteller abgelöst.

3 ) Nur zwei Bezirke.

4 ) Nur Berichtsjahr 1935.

6 ) Nur ein Berichtsjahr.

6 ) Inklusive Zinsen.

Was das prozentuale Verhältnis betrifft, so konnten getilgt werden im Kanton Zürich 22,6 %, im Kanton Baselland 19,5 %, im Kanton St. Gallen 17,4 %> im Kanton Thurgau 13,8 % sämtlicher Passiven. Diese Schuldentilgung verteilt sich indes keineswegs gleichmässig auf alle Schuldenkategorien.

Die Grundpfandkapitalschulden sind -- mit Ausnahme des Kantons Zürich, wo die Pfandforderungen der Banken im Umfange von 2,7 %, diejenigen Privater im Umfange von 26,8 % getilgt werden konnten -- nahezu unverändert bestehen geblieben; die Zahlen schwanken zwischen 0.9 % und 4,4 %. Dagegen ist es gelungen, den Landwirt von den rückständigen Hypothekarzinsen zu befreien, und zwar in Zürich im Umfange von 96 %, in Baselland im Umfange von 100 %, in St. Gallen und Thurgau im Umfange von 98,3 %. Wesentliche Entlastungen konnten vor allem auch hinsichtlich der Kurrentschulden erzielt werden, nämlich

218 Kanton

Feste Schulden

andere Kurrentschulden

Zürich 79, 7 % 96, 9 % Baselland 57 % 100 % St. Gallen 69,9 % 94,, % Thurgau 48 % 94,8 % Für die Viehpfandschulden liegen die Verhältnisse ungleich. In Zürich beträgt die Eediiktion 44,3 %, in Baselland 79 %, in St. Gallen 21,4 %, in Thurgau 11,8 %.

II. Die Notwendigkeit weiterer Massnahmen.

7. Das Problem.

1. Die bisherigen Massnahmen hatten jedenfalls den Erfolg, dass ein wesentliches Ansteigen der Zwangsverwertungen verhindert w e r d e n konnte. Ja, noch mehr. In den meisten Sanierungsfällen ist es gelungen, die Kurrentschulden abzulösen und die rückständigen Pfandzinsen zu beseitigen. Gebheben oder nur unwesentlich vermindert sind dagegen die Pfandkapitalschulden. Dies erklärt sich aus der ganzen Struktur der rechtlichen Hiïfsmassnahmen gemäss den Bundesbeschlüssen vom 13. April 1983/ 28. September 1934. Diese strebten gar keine Entschuldung im eigentlichen Sinne an. Sie verfolgten lediglich den Zweck, den Eigentümer in mehr oder weniger weitgehendem Umfange von den Kurrentschulden und von den Zinsenschulden zu befreien und ihn -- beides auf die Höchstdauer von vier Jahren -- einerseits vor den Folgen der Fälligkeit der Pfandschulden zu bewahren und die für ihn nicht tragbaren Zinsenlasten zu reduzieren. Diese Massnahmen wären -- wie die in der Nachkriegszeit auf Grund der Verordnung vom 18. Dezember 1920 durchgeführte Hotelsanierungsaktion beweist -- ausreichend gewesen, wenn wir es heute, was vor einigen Jahren noch vielfach angenommen wurde und auch angenommen werden durfte, mit einer blossen Konjunkturkrise zu tun hätten. Diese Hoffnung ist nicht erfüllt worden.

Die Lage der Landwirtschaft ist zum mindesten stationär geblieben. Die Bauern, die sich heute im Genüsse der rechtlichen Schutzmassnahmen befinden, stehen im Zeitpunkte des Ablaufes der vierjährigen Schutzfrist in Ansehung ihrer Hypothekarschulden den gleichen Schwierigkeiten gegenüber, wie bei der Einleitung des Sanierungsverfahrens. So erklärte denn auch der Leiter der Zürcher Bauernhilfskasse schon vor Jahresfrist, sofern die wirtschaftlichen Verhältnisse sich nicht wesentlich günstiger gestalteten, müsse ein grosser Teil der im gerichtlichen Verfahren Sanierten nach Ablauf der vierjährigen Frist erneut gestützt werden, weil es in vielen Fällen nicht möglich gewesen sei, die ungedeckten Grundpfandschulden abzulösen; im Kanton Zürich --· wo ja die Verhältnisse wesentlich günstiger liegen als in vielen andern Kantonen -- benötigten schätzungsweise ein Drittel bis ein Viertel der unterstützten Betriebe zur Herbeiführung der Sanierung einer weiteren Entschuldung.

2. Damit ist das Problem gestellt, das die Ihnen unterbreitete Vorlage zu lösen berufen ist. Es kann sich heute nicht mehr bloss darum handeln, Kapi-

219 ialien zu stunden und vorübergehend die Zinsenlasten herabzusetzen; vielmehr muss nun eine eigentliche Kapitalentschuldung stattfinden.

Selbstredend lassen sich die Hypothekarschulden nicht beseitigen -- daran denkt auch niemand -- doch muss eine Herabsetzung auf ein für den Eigentümer tragbares MaSs angestrebt werden. Anders ausgedrückt: die Pfandbelastung sollte nach der Durchführung der Entschuldungsaktion nur noch so gross sein, dass der Eigentümer unter Einrechnung einer angemessenen Eendite des von ihm investierten Kapitals und einer angemessenen Entschädigung für die von ihm geleistete Arbeit die Zinsen aufzubringen vermag. Daher muss zunächst die Linie gefunden werden, bis auf welche die Schulden zurückzuführen sind. Ist diese Verschuldungsgrenze festgestellt, so gilt es die zur Erreichung dieses Zieles tauglichen Mittel und Wege zu suchen.

Diese Aufgabe ist schwer, zumal man sich vor finanziellen und juristischen Abenteuern hüten, namentlich darauf bedacht sein muss, dass der Hypothekarkredit nicht ruiniert wird und auch die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel ein für den Bund und die Kantone erträgliches Mass nicht überschreitet. Bei der Durchführung dieser Aufgabe stellt sich zunächst die Frage, ob eine generelle oder eine spezielle Entschuldung in Aussicht genommen werden ·soll, d. h. ob die jenseits der Verschuldungsgrenze liegenden Hypotheken ohne Prüfung des einzelnen Falles in das Entschuldungsverfahren einzubeziehen sind oder ob die Entschuldung nur auf Grund eines Gesuches stattfinden darf, wenn die angestellte Untersuchung der Verhältnisse ergeben hat, dass der Petent ohne sein Verschulden in Not geraten und der durch die Entschuldung gewährten Hilf e würdig ist. Was sodann die Modalitäten derEntschuldung als solcher betrifft, so kann natürlich von einer einseitigen Entlastung des Schuldners auf Kosten der Gläubiger nicht die Eede sein, weil sonst viele Hypothekargläubiger insolvent würden. Ebensowenig kommt eine Übernahme der notleidenden Hypotheken durch die öffentliche Hand in Frage; denn eine solche Belastung des Bundes und der Kantone wäre von vorneherein untragbar. Die Lösung kann daher nur in einer möglichst gerechten Verteilung der durch die Entschuldung notwendig werdenden Opfer auf die Schultern der unmittelbar Beteiligten (Gläubiger, Schuldner, Bürgen) und des
Gemeinwesens bestehen. Dass die Meinungen darüber, was unter einer gerechten Verteilung der Opfer zu verstehen ist, auseinandergehen, liegt auf der Hand. Wir sind jedoch überzeugt, dass sich eine für alle Beteiligten annehmbare Lösung dieses für das ganze Land lebenswichtigen Problems finden lägst, wenn alle, die guten Willens sind, sich die Hand zur Verständigung reichen, und wenn nicht nur Opfer an Geld gebracht werden, sondern da und dort auch auf Wunsche und Hoffnungen Verzicht geleistet wird, die nicht erfüllt werden können.

2. Anregungen und Vorschläge.

Die Bedeutung der zu lösenden Aufgabe lässt es als verständlich erscheinen, dass der Meinungsaustausch über den einzuschlagenden Weg sich schon

220

seit längerer Zeit im Gange befindet. Wiederholt hat sich die Bundesversammlung mit der Entschuldungsfrage befasst. Wir erinnern insbesondere an die Beratungen im Nationalrate über die Motionen Müller (Grosshöchstetten), vom 11. März 1982, Abt, vom 25. September 1933, Nobs, vom 13. März 1934, über das Postulat Studer vom 14. März 1934 und über das Postulat Stähli (Bern) vom 7. Dezember 1933 sowie an die Debatte über unsere Vorlagen betreffend die Kredithilfe und die rechtlichen Schutzmassnahmen in den beiden Räten. DasProblem wird aber auch ausserhalb des Eatssaales eifrig erörtert, und es sind denn auch -- und zwar nicht etwa bloss aus den Kreisen der Beteiligten -- eine ganze Eeihe von Vorschlägen zur Diskussion gestellt worden (vgl. die Zusammenstellung in Heft 109 der Mitteilungen des Bauernsekretariates, S. 81 ff.). Es würde selbstverständlich zu weit führen, wenn wir alle diese Anregungen darlegen wollten. Wir müssen uns daher damit begnügen, einige charakteristische Vorschläge herauszugreifen, welche die prinzipiellen Verschiedenheiten aufzeigen, die zwischen den einzelnen Projekten bestehen.

1. Eine erste Kategorie von Entschuldungsprogrammen befürwortet die generelle Entschuldung. Typisch ist in dieser Beziehung der Vorschlag von Redaktor J.B.Rusch. Danach soll innerhalb einer Frist von sechs Monaten auf der Preisgrundlage des Jahres 1900 der Ertragswert sämtlicher landwirtschaftlicher Liegenschaften ermittelt werden. Die nach der Schätzung gedeckten Pfandforderungen bleiben unberührt. Die ungedeckten Hypotheken dagegen werden vom Bunde übernommen und durch eine in der Regel unkündbare und unverzinsliche «Bundeshypothek» ersetzt, die beim Freiwerden vorgehender Pfandstellen nachrückt, wobei der infolgedessen gedeckt werdende Teil zu B^a % verzinslich wird. Die Abtragung dieser Hypothek ist so gedacht, dass das auf Grund amtlicher Laventarisation im Todesfalle ermittelte Reinvermögen zur Abzahlung verwendet werden muss. Desgleichen ist ein bei spateren Handänderungen die Schätzung übersteigender Erlös an die Eidgenossenschaft abzuführen. Und endlich kann auch der Eigentümer selbst die Bundeshypothek ablösen, woran er ein Interesse hat, weil er, solange die Bundeshypothek auf seinem Gute haftet, dasselbe nicht belasten kann. Die Gläubiger der ungedeckten Hypotheken werden entsprechend dem
Nominalbetrag ihrer Forderung durch Bundesobligationen abgefunden, die während 25 Jahren mit 2 %, später zu einem allmählich steigenden Satze bis zu 3% % verzinst und innerhalb eines Zeitraumes von 70 Jahren durch Auslosung zurückbezahlt werden. Nach der Ansicht des Projektverfassers soll diese Entschuldungsaktion den Bund nicht belasten, weil ja die auszugebenden Obligationen in den Bundeshypotheken ihren vollen Gegenwert finden. Von ähnlichen Prinzipien geht der Vorschlag von Prof. Marbach aus. Dieser sieht vor, dass alle 75 % der Schätzung überschreitenden Hypotheken (die auf 770 Millionen veranschlagt werden) abzulösen sind. Die Mittel wären folgendermassen aufzubringen: 450 Millionen durch eine einmalige Vermögensahgabe im Betrage von l,s %, 320 Millionen durch ein niedrig verzinsliches Anleihen.

221 2. Die zweite Kategorie von Vorschlagen sucht ihr Ziel auf dem Wege der individuellen Entschuldung zu erreichen. Hiefür charakteristisch ist das Projekt, das der Bund für Volk und Heimat am 13. Februar 1934 dem Bundesrate eingereicht hat. Nach diesem Vorschlage geht der Entschuldung eine Untersuchung des einzelnen Falles voraus; jene darf nur bewilligt werden, wenn der Gesuchsteller sanierungswürdig und s'anierungsbedürftig ist. Was die Entschuldungsmassnahmen betrifft, so sollen i die durch den Ertragswert gedeckten Hypotheken (Stundungen und Zinsbeschränkungen vorbehalten) nicht betroffen werden. Die ungedeckten Grundpfandforderungen dagegen werden in unkündbare und unverzinsliche Amortisationshypotheken umgewandelt. Die Tilgungsraten sind aufzubringen vom Schuldner (2 %--3 %) und von den Bürgen (l %). Sofern der Schuldner die Mindestleistung von 2 % nicht leisten kann, soll diese dem Gläubiger durch Vermittlung einer Treuhandstelle aus öffentlichen Mitteln ausgerichtet werden. Der Amortisation werden auch die Kurrentforderungen unterworfen. Im Interesse der Gläubiger wird sodann die Übernahme oder Bevorschussung der Amortisationsforderungen durch die erwähnte Treuhandstelle vorgesehen. Die Eingabe beschränkt sich nicht auf die Entschuldung. Sie postuliert auch Massnahmen zur Verhinderung der Verschuldung, nämlich: Konzessionierung des Güterhandels, Einführung einer Haltefrist von fünf Jahren, Verbot der Viehverpfändung, Verbot der hypothekarischen Belastung landwirtschaftlicher Grundstücke über den Ertragswert hinaus, Obligatorium des bäuerlichen Erbrechtes, Beduktion der Steuerschatzungen auf den Ertragswert, Beform des Bürgschaftsrechtes.

Ähnliche Auffassungen vertritt hinsichtlich der Entschuldung der Begier ungsrat des Kantons Bern in einer Eingabe vom 20. März 1934. Danach sollen die durch den Ertragswert gedeckten Hypotheken unangetastet bleiben. Die gefährdeten, d. h. zwischen Ertrags- und Verkehrswert Hegenden Hypotheken dagegen sind zu amortisieren, z. B. derart, dass der Schuldner 3 %, der Bürge l % und die Bauernhilfskasse 3 % zu leisten haben. Durch den Verkehrswert nicht gedeckte Hypotheken werden nach diesem Vorschlage als Kurrentforderungen behandelt. Zum Zwecke der Verhütung der Neu Verschuldung wird die Belastung der Liegenschaften des Schuldners mit einem Grundpfandrecht
zugunsten der Bauernhilfskasse vorgesehen.

3. Besonderes Interesse verdienen der Natur der Sache nach die Vorschläge des schweizerischen Bauernverbandes. Im Jahre 1934 hat das Bauernsekretariat ein Gutachten über die Überschuldung und Entschuldung der schweizerischen Landwirtschaft veröffentlicht (Mitteilungen, Heft Nr. 109), das die Grundlage der Beratungen einer vom Bauernver bande einberufenen Expertenkommission bildete. Auf Grund der Ergebnisse dieser Kommissionsverhandlungen und der Beratungen seiner eigenen Organe hat der schweizerische Bauernverband in der Folge dein Bundesrate mehrere Eingaben mit Gesetzesentwürfen eingereicht.

a. Der Entwurf zu einem Bundesbeschluss über die Amortisation von G r u n d p f a n d s c h u l d e n im bäuerlichen Sanierungs-

222 v e r f a h r e n setzt sich die Erweiterung der rechtlichen Schutzmassnahmen zum Ziele, indem als neue Massnahmen die Amortisation der das Grundstück über den gemeinen Ertragswert hinaus belastenden Pfandforderungen vorgesehen wird. Diese Amortisation ist so gedacht, dass eine kantonale Tilgungskasse die zu amortisierenden Hypotheken übernimmt und für den Gesamtbetrag dieser Hypotheken auf den Grundstücken des Schuldners eine unverzinsliche Grundpfandverschreibung eingetragen wird. Der Gläubiger erhält an Stelle seiner bisherigen Pfandforderung gegen den Schuldner eine unverzinsliche und unkündbare Forderung an die Tilgungskasse, gerichtet auf Zahlung der Tilgungsraten des Schuldners und der Bürgen sowie der öffentlichen Leistungen, und zwar auf die Dauer von 18 Jahren. Die Tilgungsrate des Schuldners soll jährlich im Durchschnitte 2 %, diejenige des Bürgen l--2 % betragen. Diese Leistungen werden durch einen jährliehen Zuschuss der Tilgungskasse im Betrage von 8 % der zu amortisierenden Forderung (maximal Fr. 450) erhöht.

Die Mittel zur Bestreitung der Leistungen der öffentlichen Hand (jährlich 6 Millionen während der Dauer von 18 Jahren) sollen vom Bunde aufgebracht werden. Während dieser Bundesbeschluss als blosse Überbrückungsmassnahme betrachtet wird, soll b) der Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Entschuldung der schweizerischen L a n d w i r t s c h a f t das sogenannte Vollprogramm des Bauernverbandes in die Wirklichkeit umsetzen. Auch dieser Entwurf vertritt das Prinzip der individuellen Entschuldung, d. h. diese soll nur dem würdigen Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes, der aus dessen Bewirtschaftung oder Verpachtung sein Auskommen finden muss, nach Prüfung der gesamten Betriebs- und Vermögensverhältnisse bewilligt werden. Für die Entschuldung werden die Hypotheken in drei Kategorien eingeteilt mit entsprechender Ausgestaltung der Entschuldungsmassnahmen. Die Grundpfandforderungen, die innerhalb der Ertragswertgrenze liegen, werden nur insofern herangezogen, als der Gläubiger einen einmaligen Abfindungsbeitrag von 2 % des Nominalbetrages seiner Forderung zu entrichten hat. Die Gläubiger von Grundpfandforderungen sodann, die das Grundstück zwischen der Ertragswertgrenze und der Verkehrswertgrenze belasten (wobei der Verkehrswert im Zweifel auf 5/4 des Ertragswertes
veranschlagt wird) erhalten 3 % Bundesobligationen im Nennwerte ihrer Forderung, wobei alljährlich 3 % der emittierten Obligationen zur Bückzahlung ausgelost werden. An Stelle dieser Obligationen kann der Gläubiger die Abfindung durch eine Tilgungshypothek wählen, die mit 3 % zu amortisieren und mit 3 % zu verzinsen ist. Die ausserhalb des Verkehrswertes liegenden Hypotheken endlich werden mit unverzinslichen Tilgungsforderungen (jährliche Leistung 4 %) oder deren Barwert abgefunden.

Was andererseits die Leistungen des Schuldners betrifft, so hat er selbstverständlich sein gesamtes Vermögen zur Schuldentilgung heranzuziehen; im übrigen erschöpft sich seine Leistungspflicht in der Verbindlichkeit zur Zahlung eines Beitrages von 2 % des Nominalbetrages der zwischen dem Ertrags- und dem Verkehrswert liegenden Forderungen während eines Zeitraumes von

223

25 Jahren. Der Bauernverband rechnet damit, dass nach Massgabe dieses Entschuldungsgesetzes Hypotheken im Betrage von 800 ' Millionen (wovon vermutlich 600 Millionen der 2. Kategorie und 200 Millionen der 3. Kategorie) abzufinden wären. Zur Durchführung der Aktion und während der Dauer von 25 Jahren (Leistungen an die Amortisation der Grundpfandschulden und weitere Beiträge an die Bauernhilfskassen inbegriffen) sind jährlich 50 Millionen erforderlich, wovon wiederum 12 Millionen (Leistungen der Schuldner) abgezogen werden könnten; ferner kommen auch die von den gedeckten Gläubigern zu leistenden Abfindungsbeiträge in Abzug. Die hernach noch verbleibenden Leistungen der öffentlichen Hand sind ausschliesslich vom Bunde zu tragen.

Zu diesem Zwecke müssen neue Finanzquellen erschlossen werden. Der Entwurf sieht daher die Einführung einer «Entschuldungssteuer» (Belastung eingeführter landwirtschaftlicher Eohstoffe und inländischer landwirtschaftlicher Produkte, sowie verschiedener eingeführter Nahrungsmittel und anderer Gegenstände mit einer Abgabe von Er. l per 100 kg) und einer besonderen «Bentnersteuer» (Abgabe von 20 % des 8% % übersteigenden Erträgnisses der in der Schweiz niedergelassenen eintragungspflichtigenUnternehmungen) vor.

c. Der Entwurf eines Bundesgesetzes über die Verhinderung der Überschuldung der L a n d w i r t s c h a f t und die Festigung des bäuerlichen G r u n d b e s i t z e s ,greift nach verschiedenen Bichtungen in das geltende Zivil- und Betreibungsrecht ein. In erster Linie wird für die landwirtschaftlichen Grundstücke die Einführung einer Belastungsgrenze vorgeschlagen, und zwar soll der gemeine Ertragswert, d. h. der Landgutswert massgebend sein, der bei landesüblicher Bewirtschaftung in einer der Schätzung vorangegangenen langem Wirtschaftsperiode zu 4 % verzinst werden könnte.

Sodann wird eine Änderung der Bestimmungen des ZGB über das bäuerliche Erbrecht (Art. 620 ff.) und über die Stellung der mündigen Kinder im bäuerlichen Haushalte (Art. 334 und 633) vorgeschlagen. Eine weitere Anregung bezieht sich auf das Heimstättenrecht, das bekanntlich in der bisherigen Praxis vollständig versagt hat. Grosses Gewicht legt der Bauernverband auf einschränkende Bestimmungen über den Verkehr mit landwirtschaftlichen Liegenschaften, weshalb die Aufnahme der in dem Bundesratsbeschluss
vom 23. September 1918 (aufgehoben auf Ende 1922) enthaltenen Vorschriften über die Haltefrist und den Bewilligungszwang für den gewerbsmässigen Handel mit landwirtschaftlichen Grundstücken in das projektierte Bundesgesetz beantragt wird. Das Pachtrecht sodann soll im Sinne eines weitergehenden Schutzes des Pächters modifiziert werden. Auf dem Gebiete des Vollstreckungsrechtes endlich wird einerseits die Ausdehnung der Unpfändbarkeit im Sinne von Art. 92, Ziff. 4, SchKG auf das gesamte für die ordnungsmässige Bewirtschaftung von 3 ha Acker- und Wiesland notwendige Inventar sowie drei Kühe (oder entsprechendes Jung- und Kleinvieh) mit Einschluss von Futter und Stroh für den Unterhalt während sechs Monaten und andererseits die Einführung der Betreibung auf Zwangsverwaltung postuliert. Diese Anregung beruht auf der Überlegung,

224 dass die Exekution statt in allen Fällen die Substanz zu erfassen, sich auf die Erträgnisse beschränken sollte, wenn nach der Art der in Betreibung gesetzten Forderung (Pfandzinsen und Annuitäten) der Gläubiger aus diesen befriedigt werden kann. Hinsichtlich des Bürgschaftsrechtes formuliert der Bauernverband keine konkreten Vorschläge; er begnügt sich damit, ganz allgemein dessen Neugestaltung, namentlich die Einführung eines Bürgschaftsregisters anzuregen.

3. J)ie Entstehungsgeschichte des Entwurfes.

Unsererseits haben wir in unserer B o t s c h a f t vom 11. Mai 1934 b e t r e f f e n d die Erweiterung der vorübergehenden rechtlichen Schutzmassnahmen für notleidende Bauern als neue Massnahme die Einführung der Amortisation der durch die Sanierungsschatzung nicht gedeckten Pfandforderungen beantragt (Entwurf Art. 17--23). Die eidgenössischen Bäte haben indes diese Bestimmungen gestrichen und sich mit den oben erwähnten Änderungen des Bundesbeschlusses vom 13. April 1933 begnügt ; sie gingen dabei von der Erwägung aus, dass die Materie noch nicht genügend abgeklärt sei, um den Gegenstand einer gesetzlichen Ordnung bilden zu können. Gleichzeitig wurden wir jedoch durch ein Postulat des Ständerates eingeladen, zu prüfen, ob nicht beförderlich durchgreifende Massnahmen gegen die hypothekarische Überschuldung des bäuerlichen Grundbesitzes namentlich durch Einführung eines besonderen Amortisationsverfahrens getroffen werden sollten. Diesem Postulate sind wir unverzüglich nachgekommen. Im Sommer des vergangenen Jahres war ein erster Entwurf des Justiz- und Polizeidepartementes fertiggestellt. Dieser Entwurf ist in der Folge einer Expertenkommission unterbreitet worden, bestehend aus den Herren: Dr. B. Abt, Nationalrat, Worden.

W. Amstalden, Ständerat, Samen.

W. Bäggli, Chefstatistiker im eidgenössischen Statistischen Amt, Bern.

H. Blanc, Président de la Fondation vaudoise en faveur des agriculteurs, vignerons et montagnards obérés, Lausanne.

J. Fischbacher, Direktor der Kantonalbank Zürich.

Dr. W. Gasser, Geschäftsführer der Bauernhilfskasse St. Gallen.

Prof. Dr. E. Haab, Basel.

J. Heuberger, Geschäftsführer des Verbandes schweizerischer Darlehenskassen System Baiffeisen, St. Gallen.

Dr. Howald, Vizedirektor des schweizerischen Bauernverbandes, Brugg.

Dr. C. Jaeger, Bundesrichter, Lausanne.
Dr. Käppeli, Direktor der Abteilung für Landwirtschaft, Bern.

Dr. Kellenberger, eidgenössisches Finanzdepartement, Bern.

Prof. Dr. E. Laur, Direktor des schweizerischen Bauernverbandes, Brugg.

J. Meili, Nationalrat, Mitglied des Vorstandes des schweizerischen Bauernverbandes, Pfyn.

Dr. H. Müller, Nationalrat, Grosshöchstetten.

225 H. Peter, Verwalter der Amtsersparniskasse Aarberg.

Dr. Porchet, Conseiller d'Etat. Président de l'Union Suisse des paysans, Lausanne.

E. Beichling, Nationalrat, Stäfa.

L. Eeymond, Directeur du Crédit Foncier Vaudois, Lausanne.

J. B. Busch, Bedaktor, Bagaz.

H. Stähli, Begierungsrat, Nationalrat, Bern.

Dr. Max Vischer. I. Sekretär der Schweizerischen Bankiervereinigung, Basel.

J. Vonmoos, Nationalrat, Bemüs.

Dr. Wolf, Leiter der Zentralstelle des Verbandes schweizerischer Lokalbankeu, Spar- und Leihkassen, Zürich.

Die Kommission hat den Entwurf in einer zweitägigen Session behandelt, wobei sie sich der Natur der Sache nach auf die Beratung der prinzipiellen Fragen beschränken musste. Die juristisch-technische Durcharbeitung des Entwurfes wurde in der Folge einer Subkommission übertragen, bestehend aus den Herren Dr. H. Kühn, Chef der Justizabteilung; Kantonalbankdirektor J. Fischbacher, Zürich; Dr. W. Gasser, Geschäftsführer der st. gallischen Bauernhilfskasse ; Prof. B. Haab, Basel ; Prof. 0. Howald, Brugg ; Bundeslichter C.Jaeger, Lausanne; Fürsprecher H.Peter, Àarberg; Dr. F. Jenny, Adjunkt der Justizabteilung. Die zu lösende Aufgabe erwies sich schwieriger, als ursprunglich i angenommen wurde; die Subkommission sah sich auch veranlasst, für einige grundsätzliche Fragen neue Vorschlage zu formulieren, weshalb der Entwurf wiederholt umgearbeitet werden musste. Hieraus erklärt es sich, dass wir Ihnen die Vorlage erst heute unterbreiten können.

m. Die Grundprinzipien des Entwurfes.

1. Begrenzung der Entschuldung auf die ungedeckten Pfandforderungen.

In Übereinstimmung mit den meisten der uns bekannten Entschuldungsprojekte vertritt der Entwurf die Auffassung, dass nur diejenigen Grundp f a n d f o r d e r u n g e n in das Entschuldungsverfahren emzubeziehen sind, welche nach der vorzunehmenden Schätzung als u n g e d e c k t erscheinen.

Dieser Schätzung ist der Ertragswert zugrunde zu legen, der bei landesüblicher Bewirtschaftung in einer der Schätzung vorausgegangenen längern Wirtschaftsperiode durchschnittlich zu 4 % verzinst werden konnte. Dieser Ertragswert, vermehrt um einen Zuschlag von höchstens 20%, ergibt den Schätzungswert.

Für die Grundpfandforderungen, welche innerhalb der Schätzungsgrenze liegen, ist lediglich die Möglichkeit einer Kapitalstundung und der Beduktion
des Zinsfusses auf 4% % vorgesehen, beides auf die Höchstdauer von acht Jahren. Der Entwurf geht von der Überlegung aus, dass das gedeckte Kapital zu 4% % muss verzinst werden können.

2. Individuelle Entschuldung.

1. Hinsichtlich des Entschuldungssystems stellt sich der Entwurf mit Entschiedenheit auf den Boden der individuellen Entschuldung.

Bundesblatt.

88. Jahrg. Bd. II.

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Gleich wie nach dem Bundesbeschluss über die rechtlichen Schutzmassnahmen, hat eine Entscheidung im einzelnen Falle zu ergehen. Die Entschuldung wird nur bewilligt, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass er trotz Inanspruchnahme seines ganzen Vermögens ausserstande ist, die auf den landwirtschaftlichen Liegenschaften lastenden Pfandforderungen zu verzinsen und unter der weitern Voraussetzung, dass er seine Notlage nicht selbst verschuldet hat und der Hilfe würdig ist. Gegen die generelle Entschuldung spricht schon die Überlegung, dass der Staat in das zwischen Gläubiger und Schuldner bestehende ^Rechtsverhältnis ohne Not nicht eingreifen soll und dass er sich der Intervention jedenfalls zu enthalten hat, wenn und solange der Schuldner im Stande ist, seine Verpflichtungen zu erfüllen. Die Preisgabe dieses Prinzips, das dem gesunden Empfinden unseres Volkes entspricht, müsste auf allen Gebieten des Kechtes zu den schwersten Erschütterungen führen. Eine gründliche Prüfung des einzelnen Falles in persönlicher wie in sachlicher Beziehung drängt sich aber auch aus dem Grunde gebieterisch auf, weil die Entschuldung nur unter Aufwendung namhafter öffentlicher Mittel durchgeführt werden kann.

Unsererseits könnten wir es nicht verantworten, dass das Geld der Steuerzahler zur künstlichen Stützung sanierungsunwürdiger oder zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebes unfähiger Existenzen vertan wird. Und ebensowenig könnten wir zu einer Lösung Hand bieten, welche die Hilfe der Öffentlichkeit demjenigen zuteil werden lässt, der in Anbetracht seiner Vermögensverhältnisse dieser Hilfe gar nicht bedarf. Jeder, der die Verhältnisse überblickt, weiss, dass durchaus nicht jeder Landwirt notleidend ist, dessen Pfandschulden den Schätzungswert seines Betriebes übersteigen. Wie die vom Bauernsekretariat durchgeführten Untersuchungen über die Betriebe mit guten Beinerträgen zeigen, sind die gut rentierenden Betriebe -- die in der Begel auch grössere Einkommen erzielen als die übrigen -- im Mittel wesentlich stärker verschuldet, als der Durchschnittsbetrieb. Gerade hier wird oft eine Entschuldung mit öffentlichen Mitteln gar nicht notwendig sein. Zudem dürfte auch nicht unbekannt sein, dass die grundbuchmässige und die effektive Belastung sich durchaus nicht immer decken. Von den Fällen abgesehen, wo abbezahlte
Hypotheken nicht gelöscht werden, kommt es gar nicht selten vor, dass Grundpfandrechte nicht zur Befriedigung eines Kreditbedürfnisses, sondern zu andern Zwecken begründet werden. Soll wirklich derjenige, der bei der Bank A eine Hypothek von Fr. 10,000 aufgenommen hat und bei der Bank B über ein Guthaben von Fr. 10,000 verfügt, mit öffentlichen Mitteln «entschuldet» werden? Vergegenwärtigt man sich solche Beispiele, so kann die Wahl der Entschuldungssysteme nicht zweifelhaft sein.

2. Eine generelle Entschuldung im Sinne des Projektes Busch würde aber auch schon an den rein technischen Schwierigkeiten scheitern, wenn die Fristen für ihre Durchführung so kurz bemessen werden wie der Vorschlag lautet.

Vollends ist die finanzielle Tragweite einer allgemeinen Entschuldung i. S. dieses Projektes nicht abzusehen. Wieso die Summe aller dubiosen landwirtschaftlichen Hypotheken (die der Bund übernehmen müsste) den Gegenwert der im Nominal-

227 betrage dieser Hypotheken zu emittierenden Obligationen bilden soll, ist nicht erfindlich. Würde diese Eechnung summen, so wäre die Entschuldung gar nicht notwendig. Es muss vielmehr als sicher angenommen werden, dass der Bund auf den «Bundeshypotheken» ganz erhebliche Verluste erleiden, der Gegenwert also zusammenschmelzen würde (denn eine ungedeckte Hypothek wird nicht besser, wenn sie sich in der Hand des Bundes befindet), während die Schuldverpflichtung des Bundes sich gleich bliebe. Was der Bund abzuschreiben hätte, lässfc sich überhaupt nicht voraussehen. Fest steht aber jedenfalls, dass die Abschreibung grosse Summen verschlingen würde. Und was andererseits das Projekt Marbach betrifft, so erscheint die vorgeschlagene Belastung des Gemeinwesens als untragbar. Die Vorschlage zur Beschaffung der Mittel (Vermögensabgabe, Aufnahme einer niedrig verzinslichen Anleihe) lassen sich nicht verwirklichen, und zwar im Hinblick auf die bereits bestehende Steuerbelastung sowohl als auf den Finanzhaushalt des Bundes.

3. Verteilung der durch die Entschuldung bedingten Opfer.

Nach der dem Entwurfe zugrunde hegenden Auffassung müssen die durch die Entschuldung bedingten Opfer auf die Beteiligten und das Gemeinwesen angemessen verteilt werden. Der Schuldner, der die Verpflichtung eingegangen hat, soll leisten, was er ohne Gefährdung seiner Existenz zu leisten vermag. Desgleichen sind auch die Gläubiger im Eahmen des Möglichen und Zumutbaren heranzuziehen. Die zu einer wirksamen Entschuldung notwendigen Opfer sind jedoch so gross, dass sie von den unmittelbar Beteiligten nicht getragen werden können. Daher hat auch die Gesamtheit das ihrige beizusteuern, damit der verfolgte Zweck erreicht werden kann.

Indes muss sich auch das Opfer der Gesamtheit in erträglichen Grenzen halten.

So richtig es ist, auch den Gläubiger zu schonen -- denn die Entschuldung darf nicht dazu führen, dass wohl der Bauer gerettet, aber an seiner Stelle der Gläubiger in eine Notlage versetzt wird --, so darf der Bogen nicht überspannt werden. Daher können wir die Auffassung des Bauernverbandes nicht teilen, der gemäss dem sogenannten Vollprogramm die Gläubiger im Nominalbetrage ihrer Forderung mit Bundesobligationen abfinden will; denn es kann doch nicht angehen, dass der Gläubiger eines notleidenden Guthabens an dessen Stelle
ein sicheres Guthaben im gleichen Betrage erhält. Und ebenso vermöchten wir auch zu einer völligen Befreiung der Bürgen niemals Hand zu bieten.

Somit kann dem Gemeinwesen nur ein Teil der Entschuldungslast aufgebürdet werden. Und was diesen Teil betrifft, so entspricht es der bundesstaatlichen Struktur der Eidgenossenschaft, dass er vom Bund und von den Kantonen gleichmässig getragen wird. Über den Umfang der Belastung des Gemeinwesens werden wir uns später auszusprechen haben. Hier mag der Hinweis darauf genügen, dass nach unseren Schätzungen zur Durchführung der Entschuldung vom Bunde und von den Kantonen während einer Dauer von 20 Jahren alljährlich zusammen 10 Millionen Franken aufgebracht werden müssen.

228 4. Amortisationsprinzip.

Der Entwurf verfolgt den Zweck, die notleidenden Bauern von den ungedeckten Pfandschulden zu befreien, und zwar in der Weise, dass der Gläubiger auf einen Teil seiner Forderung verzichtet und die danach noch verbleibende Quote der Forderung durch den Schuldner und das Gemeinwesen zu gleichen Teilen abbezahlt wird. Weder der Schuldner noch das Gemeinwesen ist jedoch in der Lage, diese Restforderung durch eine einmalige Zahlung zu tilgen.

Vielmehr müssen die Leistungen beider auf einen längeren Zeitraum r e p a r t i e r t werden. Daher bleibt nur eine Lösungsmöglichkeit: die Amortisation. Der Schuldner und das Gemeinwesen -- dieses durch Vermittlung der mit Beiträgen des Bundes und der Kantone gespiesenen kantonalen Tilgungskassen -- haben während einer bestimmten Zeitdauer jährliche Tilgungsraten zu leisten. Der Gläubiger andererseits wird durch einen sogenannten L o s k a u f titel, d.h. eine vom Kanton garantierte, zu 4 % verzinsliche Inhaberpapierforderung gegen die Tilgungskasse im Betrage des Barwertes dieser Tilgungsquoten abgefunden. Für den danach ungedeckten Best erhält er eine Ausfallbescheinigung, die er gegen einen allfälligen Bürgen geltend machen kann und der ihm unter bestimmten Voraussetzungen, insbesondere im Falle der Erwerbung neuen Vermögens, Nachforderungsrechte gegen den Schuldner gewährt. Die Amortisationsfrist haben wir auf zwanzig Jahre angesetzt. Darunter kann man nicht wohl gehen, weil sonst die Amortisationsraten zu gross werden.

Gegenüber allfälligen Anträgen auf Eeduktion dieser Frist möchten wir jetzt schon darauf hinweisen, dass seinerzeit die Befreiung von den Grundlasten auch nicht von heute auf morgen durchgeführt werden konnte, sondern sich ebenfalls über Jahrzehnte erstreckt hat, dies obschon die zu überwindenden Schwierigkeiten unvergleichlich geringer waren.

5. Einbeziehung der Kurrentgläubiger.

Obschon der Entwurf in erster Linie die Entlastung des Eigentümers von den ungedeckten Pfandschulden anstrebt, kann sich das Verfahren nicht auf diese Schulden beschränken. Aus rechtlichen und aus wirtschaftlichen Gründen muss es die gesamte vermögensrechtliche Position des Eigentümers erfassen. Eechtlich ergibt sich die Notwendigkeit hiezu aus dem das Konkurs- und Nachlassvertragsrecht beherrschenden Grundsatze der Gleichbehandlung
der Gläubiger nach Massgabe ihres Banges; denn dieser verbietet, dass dem Pfandgläubiger ein Verzicht zugemutet wird, sofern nicht die Kurrentgläubiger ihrer ungünstigeren materiellrechtlichen Eechtsstellung wegen ein entsprechend grösseres Opfer zu bringen haben. Aus wirtschaftlichen Gründen andererseits drängt sich diese Lösung auf, weil das mit der Entschuldung verfolgte Ziel, den Eigentümer auf seinem Heimwesen zu halten, sich nur erreichen lässt, wenn er sich auch mit seinen Kurrentgläubigern auseinandersetzen kann und wenn gegebenenfalls auch die gedeckten Pfandgläubiger unter Wahrung der Substanz ihres Eechtes zur Gewährung einer Stundung und zu Zinsbeschränkungen gezwungen werden können. Das soeben

229 Gesagte ist entscheidend für die Ausgestaltung des Verfahrens. Dieses muss sich in der Form eines modifizierten, den besondern Verhältnissen der Hypothekarentschuldung angepassten Nachlassverfahrens abwickeln. Nur dieses Verfahren gewährleistet den für eine angemessene Entscheidung unerlässlichen Einblick in die gesamten Vermögensverhältnisse des Schuldners nach der aktiven und nach der passiven Seite. Nur es bietet die notwendigen Garantien, die vom Standpunkte der Öffentlichkeit sowohl als von demjenigen der Gläubiger aus betrachtet gefordert werden müssen. Ein abgekürztes Verfahren ist bloss dann möglich, wenn der Eigentümer lediglich eine Kapitalstundung begehrt und wesentliche Kurrentschulden nicht vorhanden sind, oder wenn er innerhalb einer verhältnismässig kurzen Frist vor der Einleitung des Entschuldungsverfahrens -- der Entwurf setzt diese Frist auf ein Jahr an -- ein Sanierungsverfahren durchgeführt und die Bedingungen desselben erfüllt hat.

6. Sicherung der entschuldeten Betriebe.

Aus dem Gesagten ergibt sich zwanglos, dass man den Landwirt, dessen ökonomische Existenz unter grossen Opfern der Gläubiger, der Bürgen und des Gemeinwesens dauernd saniert wird, nicht sich selbst überlassen kann, dass vielmehr Massnahmen getroffen werden müssen, welche einer neuen Verschuldung den Eiegel stossen. Auf dieser Überlegung beruhen die Bestimmungen über die Sicherung entschuldeter Betriebe, die eine Beaufsichtigung und nach gewissen Eichtungen eine Beschränkung des entschuldeten Landwirtes in seiner Verfügungsfreiheit vorsehen. Diese Vorschriften, die übrigens zum Teil aus dem BB vom 28. September 1934 übernommen worden sind, bilden eine notwendige Ergänzung des Entschuldungsrechtes. Niemand könnte es verstehen, wenn nicht mit der Entschuldung zugleich auch für die Verhütung der Neuverschuldung Vorsorge getroffen würde.

7. Allgemeine Massnahmen zur Verhütung der Überschuldung.

Der Entwurf geht noch weiter. Die Ursache der gegenwärtigen Zustände, die nur unter grossen Opfern behohen werden können, liegt nicht zuletzt darin, dass die m o d e r n e Gesetzgebung die V e r p f ä n d u n g allzu sehr erleichtert. Auch das Zivilgesetzbuch ist dieser Strömung gefolgt. Von Bundesrechtes wegen ist freilich hinsichtlich der Gülten der Verpfändungsfreiheit eine Schranke gesetzt worden, jedoch nicht
in der Absicht, gegen die Verschuldung anzukämpfen, sondern zu dem Zwecke, den Gültkredit zu heben und zu sichern.

Für die Schuldbriefe können die Kantone eine Belastungsgrenze aufstellen (Art. 848). In Ansehung der Grundpfandverschreibungen dagegen besteht -- unter Vorbehalt des bloss in Appenzell I.-Bh. und in Obwalden praktischen Art. 82 des SchlTit z. ZGB ·-- volle Verpfändungsfreiheit. Es ist wohl jedem Einsichtigen klar, dass unsere Landwirtschaft heute anders dastehen würde, wenn der Verpfändung von Grund und Boden gewisse Schranken gesetzt worden wären. Aus dieser Erfahrung gilt es die Lehre zu ziehen, weshalb wir Ihnen für die landwirtschaftlichen Liegenschaften die Einführung einer

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Belehnungsgrenze vorschlagen. Diese Massnahme macht natürlich die Schaffung eines Unterstellungsverfahrens und die Organisation des Schätzungswesens notwendig. Wir sehen freilich voraus, dass sich gegen diesen Vorschlag Widerstände geltend machen werden. Indessen halten wir dafür, dass im wohlverstandenen Interesse der Beteiligten und des Gemeinwesens alles getan werden muss, um die Wiederholung der Zustände zu verhindern, unter denen wir heute leiden. Ein weiteres Mittel zur Verhütung der Überschuldung und damit zur Festigung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes erblicken wir in einer Änderung der Vorschriften des bäuerlichen E r b r e c h t e s , dazu bestimmt, diesem segensreichen Institute vermehrte Geltung zu verschaffen.

Diese Skizze der Grundgedanken, von denen wir uns bei der Ausarbeitung der Vorlage haben leiten lassen, hat wohl den Beweis dafür erbracht, dass dieselbe, obschon sie bei oberflächlicher Betrachtung nur lose zusammenhängende Materien zu enthalten scheint, ein einheitliches, in sich geschlossenes Ganzes bildet, von dem einzelne Teile nicht abgetrennt werden können, wenn nicht die Verwirklichung des von uns erstrebten Zieles unmöglich gemacht werden soll. Übrigens hat der schweizerische Bauernverband, wie wir im vorangehenden Abschnitte auszuführen Gelegenheit hatten, noch weitere Massnahmen zur Konsolidierung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes vorgeschlagen.

Wenn wir uns auf die Einführung der Belehnungsgrenze und die Eeform des bäuerlichen Erbrechtes beschränkt haben, so geschah es aus dem Grunde, weil wir eine weitere Verzögerung vermeiden und den Entwurf nicht mit Gegenständen belasten wollten, die nicht notwendig im Zusammenhange mit der Entschuldung geregelt werden müssen. Wir betrachten indes die Anregungen des Bauernverbandes als einlässlicher Prüfung wert und behalten uns vor, Ihnen zu gegebener Zeit darüber eine Vorlage zu unterbreiten. Was insbesondere die Eeform des Bürgschaftsrechts betrifft, so handelt es sich um ein Problem, das keineswegs bloss die Landwirtschaft angeht, und das daher nicht im Eahmen des Landwirtschaftsrechtes, sondern durch eine generelle Neuordnung seine Lösung finden muss.

IV. Die Form des Entschuldungsrechtes.

In formeller Beziehung beantragen wir Ihnen, das Entschuldungsrecht in die Form eines Bundesgesetzes zu kleiden. Dies
versteht sich unseres Erachtens von selbst. Es handelt sich heute nicht mehr bloss um vorübergehende Massnahmen, sondern um eine dauernde Ordnung. Zudem schliesst die Vorlage wesentliche Abänderungen des Zivilgesetzbuches und des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes in sich, so dass sich auch aus diesem Grunde der Erlass eines Gesetzes aufdrängt. Übrigens kann auch von einer Dringlichkeit im Sinne der Bundesverfassung nicht gesprochen werden. Bis Ende 1938 steht der Bundesbeschluss vom 28. September 1934 betreffend die rechtlichen Schutzmassnahmen in Kraft. Infolgedessen ist bis zum Inkrafttreten des Entschuldungsgesetzes dafür Vorsorge getroffen, dass der in Not geratene würdige Landwirt auf seinem Betriebe gehalten werden kann. Es sind uns

231 allerdings in neuester Zeit Fälle zur Kenntnis gebracht worden, wonach in Anwendung von Art. 20 des Bundesbeschlusses vom 13. April 1933 Kapitalstundungen bewilligt wurden, bei denen die Maximalfrist von vier Jahren schon in diesem oder im nächsten Jahre abläuft. Um eine Zwangs Verwertung zu verhindern, bevor feststeht, ob die neue Vorlage Gesetz wird oder nicht, wird eine Eevision des Art. 14 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 im Sinne einer vorläufigen Verlängerung der Frist notwendig werden. Wir werden hierüber auf die Herbstsession eine besondere Vorlage einbringen.

Erläuterungen zum Entwurfe.

Titel, Der Titel des Gesetzes ist etwas zu eng. Das Gesetz befasst sich nicht bloss mit der vorübergehenden Eegelung der Entschuldung im engeren Sinne, sondern greift darüber hinaus (vgl. Art. 1--8, 76 ff., 85, 103--105). Eine Überschrift, die auch diese Sachgebiete berücksichtigt hätte, wäre in einer prägnanten, für die Zitation verwendbaren Fassung nicht leicht zu finden. So erschien uns ein Titel wie «Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe, die Verhütung einer Neuverschuldung und die Festigung des bäuerlichen Grundbesitzes» schwerfällig und im letzten Teil juristisch unbestimmt.

Man begnügte sich deshalb mit der Angabe des wesentlichsten Teiles, wie es übrigens auch bei anderen Bundesgesetzen der Fall ist (z. B. beim Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs), ohne dass in der Praxis die Gefahr einer Verwirrung je zu befürchten war.

Der Ausdruck «landwirtschaftliche Betriebe» will auf die individuelle Anwendbarkeit der Entschuldung hinweisen, die der Vorlage zugrunde liegt.

Eine Überschrift «Bundesgesetz über die Entschuldung der Landwirtschaft» wäre unangebracht.

Die stützende verfassungsrechtliche Grundlage ist in Art. 64 BV zu suchen.

Die Vorlage bringt vor allem Abänderungen zum geltenden Privat-, Schuldbetreibungs- und Nachlassvertragsrecht. Dem Bunde steht die Befugnis zur Gesetzgebung auf diesen Eechtsgebieten zu.

Erster Teil.

Begriff und Schätzung landwirtschaftlicher Liegenschaften.

I. Begriff und Feststellung.

Der Anwendungsbereich des Gesetzes auf die landwirtschaftlichen Betriebe erhält seine konkrete Umschreibung durch die objektive Zugehörigkeitsdefinition. Der Begriff « L i e g e n s c h a f t e n » ist dem ZGB geläufig (s. Art.655, Ziffer l, 943, Ziffer l, ZGB) und wird in Art. l, Abs. 2, GBV näher beschrieben.

Es lag hier nahe, an diesen Begriff anzuknüpfen, statt von dem bloss -wirtschaftlichen Terminus des Betriebes auszugehen. Es stehen hier vorzüglich Eingriffe in das geltende Grundpfandrecht in Frage. Ein Grundpfandrecht kann aber nur an Grundstücken errichtet werden (Art. 796 ZGB). Von dieser

232

Objektseite betrachtet war es darum gegeben, vom Begriff der Liegenschaft auszugehen. Damit sollen die beiden andern Arten von Grundstücken (selbständige und dauernde, im Grundbuch aufgenommene Eechte und die Bergwerke) von einer Entschuldung ausgeschlossen werden; ein Bedürfnis, diese mitzuberücksichtigen, besteht nicht.

1. Nur ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich gen u t z t e Liegenschaften können entschuldet werden. Als landwirtschaftlieh haben jene Liegenschaften zu gelten, die nach Kultur- und Nutzungsart, Lage und Bodenbeschaffenheit der Führung eines landwirtschaftlichen Gewerbes dienstbar gemacht werden, und durch die Ausnutzung der natürlichen Kräfte auch den ihnen eigenen Wert erhalten. Wann dies zutrifft, wird im konkreten Falle nach herkömmlicher Auffassung ohne Schwierigkeiten feststellbar sein. Grenzfälle, so z. B. bei Verbindung mit gewerblichen Betrieben, können Anlass zu Zweifeln geben. Da eine vorwiegend landwirtschaftliche Nutzung gefordert wird, so werden Grundstücke in Bauzonen oder im Bereiche von Städten in der Eegel nicht unter die landwirtschaftlichen Liegenschaften fallen. Deren Wert ist nicht mehr von der Ausnützung ihrer natürlichen Kräfte wesentlich bedingt. Ob anderseits z. B. Gärtnereiliegenschaften unter das Gesetz fallen, wird der Praxis offen gelassen werden. Gegenüber dem landwirtschaftlichen Grundstück unterscheidet sich das gärtnerische durch die Art der Bepflanzung, des Anbaues und der Pflege. Dieser Unterschied erscheint nicht wesentlich für eine unbedingte Verneinung der Frage (vgl. dazu Laur, Grundlagen und Methoden der Bewertung, Buchhaltung und Kalkulation in der Landwirtschaft, 3. Aufl., S. 4; Tanner, Agrarökonomische Untersuchungen zum schweizerischen Zivilrecht, in Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz, 28. Jahrgang [1914], S. 564 ff.).

2. Die landwirtschaftliche Eigenschaft einer Liegenschaft stellt nun aber nicht die einzige objektive Voraussetzung zur Anwendung des Gesetzes dar.

Die so beschaffene Liegenschaft muss entweder selber einen l a n d w i r t s c h a f t lichen Betrieb bilden oder Teil eines solchen sein. Damit greift ein wirtschaftlicher Gesichtspunkt ein. Der landwirtschaftliche Betrieb ist vor allem durch seine Eigenschaften als Unternehmen der Urproduktion gekennzeichnet, wie sie in der Nutzung des Bodens, in der
Pflege und Aufzucht von Pflanzen und Vieh in Erscheinung treten. Ein landwirtschaftlicher Betrieb umfasst demgemäss nicht bloss landwirtschaftlich genutzte Grundstücke, sondern auch Einrichtungen, Gebäulichkeiten, die in der Eegel als Bestandteile des Grundstückes gelten, auf dem sie errichtet sind (ZGB Art. 642, 667), oder denen die Eigenschaft von Zugehörsachen (ZGB Art. 644/645) zukommt.

Auch Vieh gehört zu einem landwirtschaftlichen Betrieb ; jedoch sind Ausnahmen temporärer Natur denkbar. Die Durchführung einer Entschuldung setzt das Bestehen eines landwirtschaftlichen Betriebes voraus, während die Bestimmungen der Art. 76 ff. auf jede landwirtschaftliche Liegenschaft anwendbar sind, ohne Eücksicht, ob sie zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehört oder nicht (vgl. dazu unten S. 297 f.).

233

Inwiefern ein Nebenbetrieb berücksichtigt werden kann. z.B. eineländliche Gastwirtschaft, eine ländliche Mühle oder Sägerei oder ein anderer Gewerbebetrieb, hängt davon ab, ob beide Betriebe eine Einheit bilden oder nicht und welcher der beiden überwiegt. Kommt dem nichtlandwirtschaftlicheri Betrieb die Eolle des Nebenbetriebes zu, so teilt er das Schicksal des Hauptbetriebes, Der Nebenbetrieb hat hier lediglich die Bedeutung, dem Hauptbetrieb zu dienen, ihn zu fördern und seinen Ertrag zu erhöhen. Sind ein für sich selbständiger und lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb und ein gleichgearteter gewerblicher Betrieb in der Hand desselben Betriebsinhabers, vereinigt, so wird man die Durchführung einer Entschuldung davon abhängig machen, ob die wirtschaftliche Existenz des Betriebsinhabers dadurch wahrscheinlich gemacht werden kann. Wäre diese Voraussetzung infolge der Höhe der auf dem nichtlandwirtschaftlichen Betrieb lastenden Pfandforderungen nicht gegeben, so würde die Durchführung einer Entschuldung hinsichtlich des landwirtschaftlichen Betriebes doch nicht das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel erreichen.

Was die Berücksichtigung der Grosse anbelangt, so kann von einem landwirtschaftlichen Betrieb wohl erst dann die Hede sein, wenn die dazu gehörendeLiegenschaft ihrer Nutzungsfläche nach eine den wirtschaftlichen Grundsätzen der Landwirtschaft entsprechende planmässige Wirtschaftsführung gestattet1 und den Zweck erfüllt, dem Lebensunterhalt des Besitzers und seiner Familiewesentlich zu dienen. Eine ziffernmässige Grössenangabe lässt sich nicht geben, da der nötige Umfang von der Bodenqualität, den Absatz- und Betriebsverhältnissen der einzelnen Gegenden abhängt.

3. Während Art. l den grundsätzlichen Anwendungsbereich des Gesetzes umschreibt, regelt Art. 2 die A n w e n d b a r k e i t auf den Einzelfall in Hinblick auf ein bestimmtes Grundstück. Hier ist die behördliche Feststellung der Eigenschaft als landwirtschaftliche Liegenschaft unumgänglich. DieseFeststellung ist von grosser rechtlicher Bedeutung. Sie öffnet nicht bloss den Weg für eine Anwendung des Entschuldungsverfahrens im Sinne einer objektiven Voraussetzung oder für die Anwendung des bäuerlichen Erbrechtes, sondern zieht auch einschneidende Folgen hinsichtlich der Verpfändbarkeit nach sich. Die als landwirtschaftlich bezeichneten
Liegenschaften werden in Zukunft einer Sonderregelung unterworfen, die sachlich und insbesondere nach den Erfahrungen der neuesten Zeit begründet ist. Diese rechtliche Tragweite des Feststellungsentscheides rechtfertigt eine Weiterziehungsmöglichkeit bis an das Bundesgericht (Art. 3).

Um unnütze Feststellungsbegehren oder -verfahren zu vermeiden, sieht Art. 2, Abs. 3, die Befugnis der Kantone vor, in einzelnen Grundbuchkreisen die Gebiete auszuscheiden, in welchen ein Unterstellungsverf a h r e n nicht einzuleiten ist. Von dieser Möglichkeit wird vor allem für städtische Verhältnisse Gebrauch gemacht werden. Da hier in der Eegel ein Plan vorliegt, so dürfte die Umschreibung dieser Gebiete keine besondereSchwierigkeiten verursachen. Die Umschreibung des Art. 2, Abs. 3, schafft

234 eine Vermutung für das Nichtvorliegen von landwirtschaftlichen Liegenschaften, was vor allem für den Grundbuchverwalter bei Anwendung von Art. 82 praktisch ist. Trotz dieser Umschreibung kann ein Eigentümer ein Unterstellungsbegehren der zuständigen Behörde einreichen, wenn er glaubt, die Voraussetzungen einer Entschuldung seien für seinen in diesem Gebiete liegenden -Betrieb gegeben, oder wenn ein Erbe die Anwendbarkeit des bäuerlichen Erbrechtes für gegeben erachtet. Im Falle der Bejahung des Begehrens ist dann aber eine solche Liegenschaft allen Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz Torsieht.

Die Antrags- und Eekurslegitimation kann nicht nur dem Eigentümer zustehen; sie muss auch jedem an einer pfandrechtlichen Entschuldung oder Neubelastung Beteiligten und jedem Erben für Fälle des Art. 83 gegeben werden, da diese ein Interesse an der Zuerkennung oder unter Umständen an der Aberkennung der landwirtschaftlichen Qualifizierung haben können. -- Unter «Eigentümer» ist auch jeder einzelne Mit- und Gesamteigentümer zu verstehen.

4. Da der Zuerkennung der landwirtschaftlichen Eigenschaft eine dauernde Bedeutung zukommt, später aber wirtschaftliche Änderungen eintreten können, die diese Qualität aufheben, so muss der Gesetzgeber hierauf Bücksicht nehmen (Art. 4). So können landwirtschaftliche Liegenschaften im Laufe der Jahre zu Baugrundstücken werden, sei es durch Abtrennung von ·einzelnen Parzellen, sei es durch Einbezug in Baugebiet.

II. Schätzung.

Im Anschluss an die Unterstellung einer Liegenschaft unter das Gesetz Ist sofort das Schätzungsverfahren einzuleiten. Die Veranlassung geht von der erstinstanzlichen Unterstellungsbehörde aus. Damit ist Vorsorge getroffen, dass der in mehrfacher Hinsicht massgebende und bedeutungsvolle Schätzungswert ohne Verzug ermittelt wird. Ein allfälliges passives Verhalten des Grundeigentümers soll hierdurch ausgeschaltet werden, wie etwa in Fällen von Art. 82, Abs. 5. Im Falle einer Weiterziehung des Unterstellungsentscheides hat die Eekursbehörde den rechtskräftigen Entscheid von Amtes wegen der ersten Instanz zuzustellen, damit diese die Schätzung veranlasst.

1. Die Schätzung der landwirtschaftlichen Liegenschaften ist einer der Grundpfeiler, auf dem die ganze Vorlage ruht. Das Gesetz geht vom Ertragswert aus, der der Schätzung zugrunde zu legen
ist. Der Gesetzgeber will ja die Verschuldung auf einen Stand zurückführen, der wieder in Einklang steht mit den geschmälerten Erträgnissen und der den durch den Eückgang der Prei&e in Not geratenen Bauern und ihren Familien erneut ein wirtschaftliches Auskommen sichert. Nun kann aber der selbstbewirtschaftende Bauer die auf seinem Betrieb lastenden Pfandforderungen nur soweit verzinsen, als er aus seinem Betrieb in Geld umsetzbare Erträgnisse gewinnen kann, es wäre denn, dass ihm noch andere Hilfsmittel zur Verfügung stehen, was hier nicht vorauszusetzen ist (s. Art. 11, lit. a). Sobald die jährliche Zinsenlast für die

235 Pfandforderungen über den herausgewirtschafteten Ertrag nach Abzug des für den Betriebsinhaber und seine Familie notwendigen Verbrauches hinausgeht, gerät er in eine Defizitwirtschaft, seine Schulden vermehren sich, und er geht dem unvermeidbaren wirtschaftlichen Zusammenbruch entgegen.

Der Ertragswert entspricht der Kapitalsumme, die sich aus den durchschnittlichen Eeinerträgen einer längeren Eeihe von Jahren zu 4% verzinsen lässt. Wir haben es dabei mit einem Begriff zu tun, der sich im Laufe der Zeit eingebürgert hat und landläufig geworden ist. Bei der Ermittlung des Ertragswertes muss von einer landesüblichen, ordentlichen Bewirtschaftung ausgegangen werden. Individuelle Minimaloder Maximalleistungen sind dabei auszuschalten. Es kann sich also nicht um einen subjektiven Ertragswert handeln, sondern um einen objektiven, der auf der Erfahrung und den umfassenden Ertragszahlen der Bentabilitätserhebungen des Schweizerischen Bauernsekretariates basiert. Es müssen dabei sowohl einzelne besonders günstige wie besonders ungünstige Erntejahre durch die Berücksichtigung einer grossen Eeihe von Jahren ausgeglichen werden, wie auch die subj ektiven Einflüsse einer besonders guten oder aber ungenügenden Bewirtschaftung. Die näheren Bestimmungen über die Details der praktischen Durchführung der Ertragswertschätzung müssen in das nach Art. 6, Abs. 2, zu erlassende Schätzungsreglement verwiesen werden. Im geltenden Bundesbeschluss vom 28. September 1934 wird der Ertragswert nach den durchschnittlichen Erträgnissen der letzten zwanzig Jahre errechnet (Art. 24, Abs. 3). Es wird zu prüfen sein, ob bei der neuen Eegelung nicht richtiger ein durchschnittlicher Ertragswert während einer vorausgegangenen dreissigjährigen Periode massgebend sein soll. (Denn damit würde der Massstab noch stärker objektiviert, indem die ausserordentlichen Ertragsfaktoren während einer Eeihe von Jahren der Kriegs- und ersten Nachkriegszeit durch Mitberücksichtigung von zehn weiteren hinsichtlich Eentabilität als normal geltenden Jahren kompensiert würden.) Technische Schwierigkeiten für einen solchen längeren Bewertungsmassstab sind nicht gegeben, da die Elemente hierzu in den Eentabilitätsberechnungen des Schweizerischen Bauernsekretariates und den landwirtschaftlichen Buchführungen feststellbar sind.

2. Wenn der Entwurf auch
grundsätzlich auf den Ertragswert abstellt, so darf aus praktischen Erwägungen nicht übersehen werden, dass landwirtschaftliche Betriebe wertbestimmende Eigenschaften aufweisen können, die im Ertrag nicht oder nicht unmittelbar zur Geltung kommen und trotzdem nach landläufiger Beurteilung eine höhere Bewertung im Verkehr begründen und eine höhere Belastung oder einen höheren Anrechnungswert rechtfertigen können. Diese besonderen Eigenschaften liegen nicht selten im Zustand der Gebäude oder in Entwicklungsmöglichkeiten der Bodenertragsfähigkeit, denen die objektiven Normen nicht in genügender Weise Eechnung zu tragen vermögen. Der Entwurf will deshalb nicht schematisch auf den Ertragswert allein abstellen, sondern lässt Zuschläge bis auf höchstens zwanzig Prozent zu, auf welcher Grundlage der Schätzungswert zu bestimmen ist. Da die

236 Vorlage, um zu einer Dauerlösung zu gelangen, auch in die Substanz der Grundpfandverhältnisse eingreifen muss, ist grosse Vorsicht hinsichtlich der Bestimmung des Schätzungswertes im Interesse der Erhaltung des bäuerlichen Hypothekarkredites erforderlich. Es muss deshalb vom Schuldner verlangt werden, dass er alles aufwende, was in seiner Kraft liegt, um seinen eingegangenen Verpflichtungen nachzukommen. Soweit diese Grenze reicht, darf dem Pfandgläubiger ein Opfer an Substanz auch nicht wohl zugemutet werden. Die persönlichen Verhältnisse, wie Grosse der Familie, Tüchtigkeit der Schuldner sowie objektive Umstände, wie Zustand der Gebäulichkeiten, betriebstechnische Einrichtungen, Absatzverhaltnisse für die landwirtschaftlichen Produkte können hier berücksichtigt werden. Im Zuschlag liegt auch ein beschränktes Zugeständnis an den sogenannten Existenzwert. Dieser Schätzungswert, bei welchem der Bauer aus dem Ertrage gerade noch die Kosten seines Lebensunterhaltes und desjenigen seiner Familie herauswirtschaften könnte, wäre für eine Vorlage unbrauchbar, die vom Schuldner über die Verzinsung des gedeckten Kapitals hinaus Annuitätenbeiträge zur Amortisation der ungedeckten Pfandforderungen verlangt. Auch lässt der Existenzwert keinen Baum für die Berücksichtigung einer Schicksalskurve, wie sie auch bei den Bauernfamilien festzustellen ist. Da dieser Wert zudem stark von persönlichen Verhältnissen, der Zahl der eigenen Arbeitskräfte, der Lebenshaltung der Familie abhängt, eignet er sich nicht als objektiver Wertmesser.

Ebensowenig mit dem Ziel der Entschuldung vereinbar wäre ein Abstellen auf den Verkehrswert. Das Mass der möglichen Befriedigung der Gläubiger hängt doch schliesslich davon ab, was der Bauer bei guter Bewirtschaftung aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb herauszubringen imstande ist. Der Verkehrswert geht vom Mittel der Preise aus, die innerhalb einer gewissen Zeitspanne für ähnliche Betriebe bezahlt werden. Wird dabei nur die Gegenwart oder die jüngste Vergangenheit in Betracht gezogen, so sind die berücksichtigten Elemente der Schätzung wenig zahlreich und vielfach subjektiv gefärbt. Ein objektiver Massstab liegt daher nicht vor. Auch der mittlere Verkehrswert der Vergangenheit oder der sogenannte Buchwert gibt keine sichere Grundlage dafür, -«äs der Schuldner voraussichtlich
in den nächsten Jahren aus dem landwirtschaftlichen Gewerbe herauszuwirtschaften vermag. Denn auch hier spielen die persönlichen Verhältnisse der derzeitigen Eigentümer eine grössere Bolle als bei der Ertragswertschätzung. Immerhin werden die Interessen der Pfandgläubiger an einem Verkehrswert dort geschützt, wo es sich rechtfertigt.

Bei einer Veräusserung des entschuldeten Betriebes bleibt den Gläubigern der Verkehrswert im Sinne des Verkaufswertes verfangen (s. Art. 70 ff.). Der Einwand, das Gesetz entziehe dem Pfandgläubiger die Sicherheitsgrundlage, auf die er sich bei der Darlehensgewährung gestützt habe, würde somit fehlgehen.

3. Soll nicht die ganze Entschuldung gefährdet werden, so darf der zu entschuldende Betrieb nicht höher geschätzt werden als zu einem Betrage, den der Bauer voraussichtlich zu verzinsen imstande sein wird. Würde diese Hegel missachtet, so wäre früher oder später der Fall

237 einer Zwangsverwertung des Betriebes unvermeidlich. Wenn dabei der Barwert der vom Eigentümer noch zu leistenden Annuitäten nicht gedeckt würde, so wären die entsprechenden Annuitäten von der Tilgungskasse zu übernehmen, was weitere Zuschüsse des Kantons nach sich ziehen müsste. Anderseits darf aber auch nicht zu tief geschätzt werden, um die Mittel der Öffentlichkeit nicht über das unbedingt erforderliche Mass zu beanspruchen. Die Schätzungen sind daher mit aller Sorgfalt und Zuverlässigkeit durchzuführen. Ein diesen Erfordernissen gerecht werdendes Verfahren ist darum nicht zu vermeiden. Die Steuerschätzungen würden hier nicht taugen, da sie auf anderen Grundlagen beruhen und sich in der Regel nach fiskalischen Gesichtspunkten orientieren.

Die D u r c h f ü h r u n g der Schätzungen wird kantonalen Behörden anvertraut. Die Schätzungsbehörden sollen, wie auch eine allfallige kantonale Rekursinstanz, durch sachverständige Schätzer besetzt werden. Wir haben, um das Schätzungsverfahren zu vereinfachen, von einer eidgenössischen Rekursinstanz Umgang genommen. Dies lässt sich insofern verantworten, als der Kanton infolge seiner subsidiären Haftung gemäss Art. 40, Abs. 2, an einer sorgfältigen und sachgemässen Vornahme der Schätzungen alles Interesse hat.

Diese Haftung bietet dem Bunde eine Gewähr, dass die von ihm bereitgestellten Mittel nicht nutzlos verwendet werden, die Entschuldung im Eahmen des allseitig Tragbaren durchgeführt wird und die Verschuldungsgrenze die richtige Mitte einhält. In dieser Hinsicht stellt Art. 40, Abs. 2, ein Gegenstück zu Art. 7 dar, mit dem die vorgeschlagene Regelung der Schätzungszuständigkeit steht und fällt. Es bleibt den Kantonen überlassen. Verantworth'chkeitsbestimmungen für die Schätzer aufzustellen, um eine sorgfältige Schätzung zu sichern, was sich geradezu aufdrängt, da die Schätzungen nun auch für die Berechnung der Gülterrichtungsgrenze benützt werden (s. Art. 83 der Vorlage und ZGB Art. 849).

Die Anmerkung des Schätzungswertes im Grundbuch ist mit Rücksicht auf die Wirkung dieses Wertes als Verschuldungsgrenze ohne weiteres gegeben (Art. 76 ff. und unten S. 292 ff.). Dass auch die Möglichkeit einer Nachprüfung der Schätzung notwendig erscheint, bedarf wohl keiner näheren Begründung.

Zweiter Teil, Entschuldung.

1. A b s c h n i t t .

Voraussetzungen und Umfang der Entschuldung.

Der zweite Teil, umfassend die Art. 9--75 bildet den Kern der Vorlage, insofern er die Entschuldung nach der materiellen und formellen Seite regelt.

Der vorliegende 1. Abschnitt insbesondere handelt von den Voraussetzungen der Entschuldung und nimmt zugleich zu der Frage Stellung, welche Massnahmen angeordnet werden können und welche Forderungen von dem Verfahren betroffen werden.

238 I. Voraussetzungen der Entschuldung.

1. Objektiv wird zunächst vorausgesetzt, dass der Kanton, in dem das Verfahren durchgeführt werden soll, eine Tilgungskasse im Sinne von Art. 40 geschaffen hat (Art. 9, Abs. 2). Dies ergibt sich ohne weiteres daraus, dass die Entschuldung unter finanzieller Beihilfe des Bundes und der Kantone durchgeführt wird und dass nach dem System des Entwurfes die öffentlichen Entschuldungsbeitrage nicht direkt, sondern durch die Vermittlung der Tilgungskasso geleistet werden, der zugleich die Stellung eines Organes des Verfahrens zukommt. Folglich kann die Entschuldung nicht in Angriff genommen werden, bevor der Kanton die Tilgungskasse ins Leben gerufen hat. Weiter wird vorausgesetzt, dass die zu entschuldenden Grundstücke zu einem l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Betriebe gehören (Art. 9, Abs. 1). Die Frage, ob dies zutrifft, wird nicht im Entschuldungsverfahren, sondern in dem in den Art. 2 ff. geregelten Verfahren durch die Unterstellungsbehörde entschieden, deren Entscheid für die Entschuldungsbehörden verbindlich ist (Art. 3, Abs. 5; Art. 7, Abs. 4).

2. Die Entschuldung kann nur vom Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes anbegehrt werden; für den Pächter sind die besonderen Pächterschutzmassnahmen vorgesehen (Art. 86 ff.). In der Person des Eigentümers müssen folgende Voraussetzungen verwirklicht sein: a. Der Eigentümer muss trotz Inanspruchnahme seines ganzen Vermögens ausserstande sein, die auf den l a n d w i r t s c h a f t lichen Liegenschaften lastenden P f a n d f o r d e r u n g e n voll zu verzinsen (Art. 11, lit. a). Der Entwurf geht von der Überlegung aus, dass der Eigentümer, wenn er seine Hypotheken nicht mehr verzinsen kann, auch die Mittel für allfällige Kapitalrückzahlungen nicht aufzubringen vermag, so dass von dem weitern Erfordernisse der Unmöglichkeit der Leistung von Kapitalrückzahlungen abgesehen werden darf. Zudem ist ja auch derjenige Landwirt, der die Zinsen nicht bezahlen kann, in seiner Existenz bedroht, da der Gläubiger für pfandversicherte Zinsen auf Grundpfandverwertung zu betreiben berechtigt ist (SchKG Art. 41). Hierbei ist jedoch ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Entschuldung nicht schon dann bewilligt werden darf, wenn die Erträgnisse des Betriebes zu Verzinsung der Hypotheken nicht ausreichen, sondern dass alle Mittel erschöpft sein müssen,
über die der Eigentümer verfügt. Dies versteht sich unseres Erachtens freilich von selbst.

Auch für die Betriebsschulden des Landwirts haftet eben nicht nur der Betriebsfonds, sondern das ganze Vermögen, so dass den Gläubigern und der Öffentlichkeit keine Opfer zugemutet werden dürfen, solange als noch nicht im Betriebe investiertes Vermögen (Obligationen, Sparguthaben, andere Forderungen, nichtlandwirtschaftliche Grundstücke usw.) vorhanden ist. Wir betrachten trotzdem eine ausdrückliche Bestimmung als notwendig, da auch schon andere Auffassungen geäussert worden sind, denen wir jedoch unter keinen Umständen beipflichten könnten. Mit dem soeben Gesagten hängt die Vorschrift von

239

Ari. 11, Abs. 3, zusammen, wonach auf das Gesuch nur eingetreten werden darf, wenn der Schuldner die Ermächtigung erteilt, alle nötigen Auskünfteüber sein Vermögen einzuziehen. Die Entschuldungsbehörden müssen die Möglichkeit haben, alle Vermögensquellen des Schuldners aufzudecken. Da niemand verpflichtet ist, einer Behörde darüber Auskunft zu geben, wem er etwas schuldet, die Erteilung der Auskunft unter Umständen sogar schadenersatzpflichtig macht, andererseits aber eine allgemeine Auskunftspflicht nicht statuiert werden kann, bleibt nur die im Entwurfe vorgeschlagene Lösung übrig, deren Kotwendigkeit und Zweckmässigkeit wohl niemand verkennen wirdb. Der Eigentümer darf seine Notlage nicht selbst verschuldet haben und muss der ihm zu gewährenden Hilfe würdigsein (Art. 11, lit. b). Das Erfordernis des mangelnden Verschuldens ist selbstverständlich und entspricht den allgemeinen Grundsätzen des Nachlassvertragsrechtes. Was andererseits die Würdigkeit betrifft, so bildet dieseheute schon eine Voraussetzung für die Gewährung der Kredithilfe durch die Bauernhilfskassen (BB. vom 30. September 1932, Art. 6). Auch im neuen Hotelsanierungsrecht wird nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass der Nachlassvertrag bloss bestätigt werden darf, wenn der Schuldner des Schutzes als würdig erscheint (BB. vom 21. Juni 1935, Art. 41, lit. o). Vollends muss für die landwirtschaftliche Entschuldung die Würdigkeit des Gesuchstellers verlangt werden; denn das Volk könnte es nicht verstehen, wenn die zur Durchführung der Entschuldung notwendigen Staatsmittel für der Hilfe unwürdige Personen vertan würden. Gegenüber in den vor beratenden Instanzen vertretenen Auffassungen sei festgestellt, dass mangelndes Verschulden und Würdigkeit keineswegs etwa gleichbedeutend sind. Mangelndes Verschulden hegt vor, wenn der Petent der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung zum Opfer gefallen ist und nicht durch eigenes Handeln die Ursache seiner gegenwärtigen Notlage gesetzt hat.

Das Erfordernis der Würdigkeit dagegen bezieht sich auf die persönlichen Verhältnisse, insbesondere auf die Lebenshaltung und die Charaktereigenschaften des Gesuchstellers (vgl. auch die in einer Hotelsanierungssache ergangene Entscheidung des Bundesgerichts vom 9. November 1935, BGE 61s Nr. 50). Daher ist es sehr wohl möglich, dass im einzelnen Falle zwar von
einem Verschulden nicht gesprochen werden kann, jedoch die Entschuldung wegen mangelnder Würdigkeit nicht gewährt werden dart, so etwa dann, wenn der Schuldner einen seine Verhältnisse übersteigenden Aufwand treibt (Trunksucht), die Notlage aber auch eingetreten wäre, falls er unnütze Ausgaben vermieden hätte. Der Tatbestand der Unwürdigkeit ist auch dann gegeben, wenn sich herausstellt, dassder Schuldner seinen Gläubigern unwahre Angaben gemacht hat, wenn er unter Vorspiegelung falscher Tatsachen an die Bauernhilfsorganisation gelangt ist und dergleichen mehr.

c. Der Eigentümer, der seinen Betrieb selbst bewirbt, muss zur richtigen Bewirtschaftung desselben befähigt erscheinen (Art. 11, Abs. 2). Auch dieses Erfordernis lässt sich nicht umgehen; denn die Aufwendung öffentlicher Mittel zugunsten von Personen, die lediglich dank

240 ·einer zeitweisen Kreditflüssigkeit sich verselbständigen konnten, die aber infolge von intellektuellen oder moralischen Mängeln zur selbständigen Führung ·eines landwirtschaftlichen Betriebes untauglich sind, Hesse sich nicht verantworten, wie es denn auch dem allgemeinen Interesse widersprechen würde, solche Existenzen künstlich zu halten. Es erscheint im Gegenteil als wünschenswert, dass sie als selbständige Unternehmer verschwinden und die Betriebe von tüchtigen Landwirten übernommen werden können. Übrigens liegt dieser Gedanke schon den Bestimmungen über die Kredithilfe zugrunde, und die 3auernhilfskassen haben denn auch in durchaus zutreffender Auslegung derselben ihre Hilfe nur fähigen Bewerbern zuteil werden lassen. Besonderes gilt für den Fall, wo der Eigentümer seinen Betrieb nicht selbst bewirbt, sondern denselben verpachtet hat. Trifft dies zu, so setzt die Entschuldung voraus, dass er aus dem Pachtertrag sein Auskommen finden muss.

3. Endlich erschien es als geboten, auch zeitliche Voraussetzungen ·aufzustellen und zwar nach zwei Richtungen. Einmal kann die Entschuldung nur innerhalb einer Frist von 5 Jahren vom Inkrafttreten dieses Gesetzes ·an gerechnet anbegehrt werden (Art. 9, Abs. 2), was sich daraus erklärt, ·dass die Vorlage nur die Bauern entschulden will, die infolge der gegenwärtigen Krise notleidend geworden sind. Erheblich wichtiger ist die weitere zeitliche Voraussetzung, dahin gehend, dass die Entschuldung in allen Fällen nur bewilligt werden darf, wenn der Gesuchsteller oder sein Erblasser mindestens seit dem 1. April 1932 Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes ·gewesen ist (Art. 11, Abs. 4). Diese Eegel wird nur durch eine Ausnahme durchbrochen. Im Falle späteren Erwerbes kann nämlich dem Eigentümer die Entschuldung bewilligt werden, wenn er den Betrieb von seinem Erblasser erworben hat und dieser selbst oder sein Erblasser am Stichtage Eigentümer gewesen ist.

Dabei kommt darauf nichts an, ob der Gesuchsteller das Eigentum im Zeitpunkte des Todes des Erblassers oder schon zu dessen Lebzeiten auf dem Wege der antizipierten Erbfolge oder auf Grund eines andern Geschäftes von diesem ·erlangt hat. Die Gleichstellung der antizipierten Erbfolge mit dem eigentlichen Erbgang empfiehlt sich deswegen, weil dadurch unfähige oder unwürdige Landwirte, die nicht entschuldet
werden könnten, veranlasst werden, ihr Heimwesen zu Lebzeiten tüchtigen Kindern abzutreten, wozu sie sich sonst vielleicht aus Eigenwilligkeit und Starrsinn nicht entschliessen würden. Hierbei muss es sein Bewenden haben. Wir möchten dringend davor warnen, weitere Ausnahmen zu schaffen, weil andernfalls spekulativen Machenschaften Tür und 'Tor geöffnet wäre.

II. Die von der Entschuldung betroffenen Forderungen und die Entsehuldungsmassnahmen im allgemeinen.

1. Für die Anwendung des Entwurfes ist in erster Linie die Unterscheidung zwischen Kurrent- und Pfandschulden massgebend. Jene werden mit einer JSTachlassdividende abgefunden: für diese dagegen sind die zu erwähnenden

241 besonderen Massnahmen vorgesehen. Die Pfandforderungen ihrerseits zerfallen in Grundpfandforderungen und Pahrnispfandforderungen.

a. Die G r u n d p f a n d f o r d e r u n g e n geben nach zwei Eichtungen zu Erörterungen Anlass.

aa. In Ansehung der im Entwürfe vorgesehenen Massnahmen werden die Grundpfandforderungen in drei Gruppen eingeteilt. Für die Forderungen, die durch den Schätzungswert des Grundpfandes im Sinne von Art. 6 gedeckt sind, kommen nur die Kapitalstundung (Art. 28 ff.) und die Zinsfussbeschränkung (Art. 38) in Betracht. Bei der Berechnung der Deckung müssen selbstverständlich alle vorgehenden Pfandbelastungen berücksichtigt werden. Theoretisch betrachtet wären auch alle vorgehenden Grundlasten im Betrage ihres Gesamtwertes in Eechnung zu stellen, da auch ihnen die Eigenschaft von Wertrechten zukommt, wie sie ja auch auf dem Wege der Betreibung auf Grundpfandverwertung realisiert werden (SchKG Art. 37). Mit Rücksicht darauf jedoch, dass die effektive Belastung nicht selten geringer ist als der Gesamtwert, glauben wir von einer starren Eegel absehen und die Frage, inwieweit die Grundlasten einzubeziehen sind, der Entscheidung der Nachlassbehörde überlassen zu sollen (Art. 12, Abs. l und 2). Die zweite Kategorie wird gebildet durch die G r u n d p f a n d f o r d e r u n g e n , die das Pfand zwischen dem einfachen und dem doppelten Schatzungswerte belasten. Für diese Forderungen ist als wichtigste Massnahme die Amortisation vorgesehen; erscheint diese nach den Umständen nicht als notwendig, so kann eine Stundung bewilligt werden (Art. 29). Die Forderungen endlich, welche den d o p p e l t e n Schätzungswert des P f a n d e s übersteigen, verlieren das Pfandrecht und werden als Kurrentforderungen behandelt, d. h. mit der Nachlassdividende abgefunden (Art. 14, Abs. 1). Wir sind uns wohl bewusst, dass diese Massregel zum mindesten bei theoretischer Betrachtung sehr einschneidend ist. Indes muss erwogen werden, dass diese Forderungen bei der Zwangsversteigerung mit einer an die Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ausfallen würden, so dass die vorgeschlagene Lösung den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen entspricht. Übrigens findet sich ein Ansatz zu dieser Ordnung im Bundesbeschluss vom 28. September 1934, Art. 37; denn danach kann der Gläubiger einer ungedeckten Forderung
die Teilnahme am Nachlassvertrage der Kurrentgläubiger verlangen. Wir wandeln also lediglich das dort vorgesehene Fakultativen in ein Obligatorium um (unter Beschränkung auf die Forderungen, die jenseits des doppelten Schatzungswertes liegen), so dass die Massnahme erheblich weniger weitgehend ist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat.

Entgegen Bundesbeschluss vom 28. September 1934, Art. 25, Abs. l, fallen bei der Berechnung der Deckung «andere mithaftende Pfänder» ausser Betracht.

Im Sanierungsverfahren mussten die zusätzlichen Sicherheiten berücksichtigt werden, weil der Bundesbeschluss nur die Stundung gedeckter und die Unverzinslichkeit ungedeckter Kapitalien vorsieht und hiebei von der zutreffenden Überlegung ausgeht, dass in Ansehung einer -- sei es durch das Grundpfand allein, sei es durch dieses und mithaftende andere Pfänder -- gedeckten ForBimdesblatt. 88. Jahrg. Bd. II.

16

242 derung dem Gläubiger die Stundung und dem Schuldner die weitere Verzinsung zugemutet werden kann. Hier dagegen spielt dieser Gesichtspunkt keine Eolie; denn der Entwurf strebt die Entschuldung der Liegenschaften bis zur Schatzungsgrenze an, weshalb jede Hypothekarforderung, wenn und soweit sie nach Massgabe der Liegenschaftsbelastung nicht gedeckt ist, in das Entschuldungsverfahren einbezogen werden muss.

fcb.Die Grundpfandforderungen werden zu dem Betrage berücksichtigt, zu dem sie im Zeitpunkte der Eröffnung des Verfahrens zu Eecht bestehen, jedoch mit einer wichtigen Ausnahme. In der Praxis kommt es bekanntlich nicht selten vor, dass Pfandforderungen, sei es an Versteigerungen, sei es freihändig, weit unter ihrem Nominalwerte erworben werden. Man hat es von jeher als stossend empfunden, dass der Erwerber in diesem Falle die volle Forderung geltend machen kann. Indes hält es nach dem gemeinen Eecht unter Vorbehalt der höchstens in krassen Fällen zutreffenden exceptio doli (ZGB Art. 2) nicht leicht, hiegegen aufzukommen. Die Möglichkeit der Geltendmachung einer solchen Forderung zum Nennwerte im Entschuldungsverfahren wäre jedoch für ein gesundes Eechtsempfinden geradezu unerträglich. Soll wirklich derjenige, der eine zwischen 100 % und 125 % des Schatzungswertes liegende Hypothek mit 50 % Einschlag erworben hat, dafür aus öffentlichen Mitteln einen Loskauftitel im Betrage von 68,5 % des Nominalwertes erhalten?

Das kann nicht sein, weshalb wir die Bestimmung in den Entwurf aufgenommen haben, dass Pfandforderungen, die der Gläubiger unter dem Nominalwerte erworben hat, nur mit dem Erwerbspreise als zu entschuldende, d. h. durch Loskauftitel abzufindende Forderungen anerkannt werden dürfen (Art. 18).

Soweit also eine innerhalb der Schätzung liegende Forderung mit Einschlag erworben worden ist, bleibt sie im Nominalbetrage bestehen ; soweit sie dagegen das Pfand zwischen der einfachen und der doppelten Schätzung belastet, wird sie nur im Umfange des Erwerbspreises berücksichtigt. Verfahrensrechtlich wird sich die Sache in der Weise abwickeln, dass die Tilgungskasse oder die Pfandgläubiger im Verfahren nach Art. 53 die Forderung ihrer Höhe nach bestreiten.

&. Die durch Fahrnispfand gesicherten Forderungen werden ebenfalls nicht gleich behandelt; freilich sind diesfalls andere Gesichtspunkte
massgebend. Die F a h r n i s p f a n d f o r d e r u n g e n , denen eine auf einem landwirtschaftlichen Grundstück des Gesuchstellers g r u n d p f a n d rechtlich sichergestellte Forderung als Pfand haftet, werden für das im Entwurfe vorgesehene Verfahren den Grundpfandforderungen gleichgestellt. Dies entspricht den bisherigen Bestimmungen über den Pfandnachlassvertrag. Freilich musste für das Entschuldungsverfahren noch eine ergänzende Bestimmung über den Umfang getroffen werden, in dem diese Forderungen zu berücksichtigen sind. Der Entwurf lehnt sich in dieser Beziehung an die im Konkurse geltende Norm an, d.h. die Faustpfandforderung wird höchstens im Betrag der haftenden Grundpfandforderung als Pfandforderung anerkannt. Ist jene ihrem Betrage nach geringer als diese, so wird

243

auf den geringeren Betrag abgestellt. Konkret gesprochen: ist ein Grundpfandtitel im Nominalbetrage von Fr. 10,000 für eine Faustpiandforderung von Fr. 12,000 verpfändet, so wird diese im Betrag von Fr. 10,000 als Pfandforderung behandelt und für den Best in die Kurrentforderungen verwiesen.

Beläuft sich dagegen die Faustpfandforderung auf Fr. 8000, so wird im Entschuldungsverfahren nur eine Forderung in diesem Betrage eingestellt. Für die durch V i e h p f a n d dinglich gesicherten Forderungen ist die Möglichkeit einer Kapitalstundung vorgesehen (Art. 30). In Ansehung der übrigen Fahrnispfandforderungen erweisen sich besondere Massnahmen nicht als notwendig ; es gelten dafür die allgemeinen Eegeln des Nachlassvertragsrechtes (SchKG Art. 311).

2. Besondere Schwierigkeiten bietet die Behandlung der Zinsf o r d e r u n g e n . Soweit ein Zins die Pfandsicherheit verloren hat, ist die Eechtslage klar; dieser Zins ist eine Kurrentforderung und wird mit der Nachlassdividende abgefunden. Wie soll es jedoch mit den pfandversicherten Zinsen gehalten werden?

a. Der Bundesbeschluss vom 28. September 1934 sieht in Anlehnung an das Hotelsanierungsrecht die Möglichkeit einer Tilgung dieser Zinsen durch einmalige Barabfindungen im Betrage von 75--90 % vor (Art. 19/20). Der Vorentwurf zur gegenwärtigen Vorlage hat diese Massnahme übernommen.

Eine vertiefte Prüfung des Problèmes ergibt jedoch, dass im Eahmen der Entschuldung diese Zinsen anders behandelt werden müssen. Einmal will uns scheinen, dass die Zinsabfindung im Eahmen des Entschuldungsverfahrens nur eine untergeordnete Bedeutung haben könnte, und zwar aus dem ganz einfachen Grunde, weil in der Eegel die zur Abfindung erforderlichen Barmittel gar nicht aufgebracht zu werden vermögen. Die Bauernhilfsorganisation darf unseres Erachtens zu diesem Zwecke nicht mehr in Anspruch genommen werden ; denn die von ihr zur Verfugung gestellten Gelder sind für die Erhöhung der Nachlassdividende der Kurrentgläubiger, für Betriebsverbesserungen usw.

zu reservieren. Von dritter Seite wird der Bauer die Abfindungssumme kaum erhaltlich machen können. Und wenn ihm einmal von Dritten (Verwandten) Hilfe in Aussicht gestellt wird, so halten wir dafür, dass diese Mittel nicht zur Barabfindung von gedeckten Zinsen, sondern zugunsten der Kurrentgläubiger verwendet werden
sollten. Gegen die Übernahme der Art. 19 und 20 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 in das Entschuldungsgesetz sprechen aber auch Erwägungen der Praktikabilität. Zu Beginn des Verfahrens, d. h. wenn die für die Gestaltung des Entschuldungsplanes entscheidenden Deckungsverhältnisse ermittelt werden müssen, steht noch gar nicht fest, ob die Zinsen abgefunden werden können oder nicht; das wird sich erst im Laufe des Verfahrens ergeben. Somit könnte der Entschuldungsplan (Ausscheidung der gedeckten und der zu amortisierenden Forderungen) erst aufgestellt werden, wenn die Frage der Barabfindung entschieden ist und die erforderlichen Mittel flüssig gemacht worden sind. Infolgedessen würde jedoch das Verfahren in einer Art und Weise verlängert und kompliziert, die sich nicht verantworten liesse.

244 b. Mit Bücksicht auf die soeben erörterten Schwierigkeiten haben wir eine neue Lösung gesucht und diese darin gefunden, dass die rückständigen pfandversicherten Zinsen zum Kapital geschlagen werden unter entsprechender Erweiterung der Pfandstellen der einzelnen Hypotheken (Art. 12, Abs. 3). Gesetzt den Fall, es bestehe eine 4% % I- Hypothek im Betrage von Fr. 50,000 mit zwei ausstehenden Zinsen (Fr. 4500) und eine 5 % II. Hypothek im Betrage von Fr. 20,000 mit drei ausstehenden Zinsen (Fr. 3000) und es betrage der Schatzungswert des Pfandes Fr. 60,000. In diesem Falle wird der Kapitalbetrag der I. Hypothek auf Fr. 54,500 und derjenige der II. Hypothek auf Fr. 28,000 erhöht. Die I. Hypothek bleibt in diesem Betrage bestehen ; von der II. Hypothek bleibt ebenfalls ein Betrag von Fr. 5500 ; der Best dagegen (Fr. 17,500) fällt in die Amortisation. Hinsichtlich der Stellung im Entschuldungsverfahren erleidet der Gläubiger II. Banges infolge der Kapitalisierung der Zinsen keine Einbusse; denn nach ZGB Art. 818 müsste er ja im schlimmsten Falle mit einem Vorgang von ca. Fr. 60,000 (Kapital plus drei verfallene Zinsen und dem laufenden Zins zu 5 %) rechnen. Die durch die Kapitalisierung der Zinsen verursachte Erweiterung der Pfandstelle wirkt sich erst in der Zukunft aus, dann nämlich, wenn auf dem erhöhten Kapitalbetrage wiederum Zinsen ausstehen. In diesem Zeitpunkte sind jedoch keine den Schätzungswert übersteigende Nachgangshypotheken mehr vorhanden, die sich in der Hand von Privaten befinden, da infolge der Entschuldung alle jenseits der Schätzung liegenden Grundpfandforderungen durch die Tilgungskasse übernommen werden. Von der Erweiterung der Pfandstellen wird also zur Hauptsache nur die Tilgungskasse in Ansehung ihrer Grundpfandverschreibung gemäss Art. 15. Abs. 2, betroffen. Dies hat jedoch praktisch nichts auf sich, da diese Grundpfandverschreibung normalerweise nicht realisiert wird. Der durch die Kapitalisierung der Zinse bewirkte Eingriff in die Bechte der Gläubiger aus nachgehenden Hypotheken ist daher bei Lichte betrachtet viel weniger einschneidend als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Andererseits schliesst unser Vorschlag den ganz bedeutenden Vorteil in sich, dass für die rückständigen Zinsen im Zeitpunkte der Entschuldung keine Baraufwendungen gemacht werden müssen, die
vorhandenen und dem Schuldner von dritter Seite (Bauernhilfsorganisation, Verwandte) zur Verfügung gestellten baren Mittel vielmehr den Kurrentgläubigern zugewendet werden können.

Auch die Zinsengläubiger haben keinen Grund, sich über diese Lösung zu beklagen. Soweit die Zinsforderung gedeckt ist, bleibt sie ihrer Substanz nach bestehen und wird verzinst ; soweit sie dagegen den Schätzungswert übersteigt, wird sie gleich der Kapitalforderung mit einem Loskauftitel abgefunden, 2. A b s c h n i t t .

Durchführung der Entschuldung.

I. Amortisation ungedeckter Forderungen.

Diese Massnahme bezieht sich auf die Pfandforderungen, die zwischen 100 % und 200 % des gemäss Art. 6 ermittelten Schätzungswertes liegen.

245 Hypotheken, die das Pfand darüber hinaus belasten, werden unter Abfindung des Gläubigers mit der Nachlassdividende gelöscht (Art. 14).

1. Das Prinzip.

1. Das Prinzip des Entwurfes geht dahin, dass die G r u n d p f a n d forderungen, welche das Pfand zwischen dem einfachen und dem doppelten Schätzungswerte belasten, durch Amortisationsleistungen abzutragen sind, die sich über einen Zeitraum von 20 Jahren erstrecken. Die Tilgungsraten werden durch den Schuldner und« die Tilgungskasse aufgebracht, und zwar -- unter Vorbehalt der Spezialbestimmungen für besonders schwer verschuldete Gebiete (Art. 42) -- zu gleichen Teilen (Ar<\ 17 und 18). Von einer Verzinsung haben wir absichtlich Umgang genommen, um ein möglichst einfaches Bechtsverhältnis zu schaffen. Der Schuldner soll von vorneherein wissen, was er -- unter gleichbleibenden Verhältnissen (Art. 63) -- während der Amortisationsdauer zu leisten hat. Zur Ausgestaltung dieses Prinzipes im einzelnen ist hervorzuheben: a. Hinsichtlich der Höhe der Tilgungsraten nehmen wir eine Abstufung in Aussicht, davon ausgehend, dass die Sicherheit der zu amortisierenden Pfandforderungen ganz verschieden ist. Während die unmittelbar hinter der Schätzungsgrenze liegenden Hypotheken im Falle der Zwangsversteigerung sehr häufig Deckung finden würden, besteht dafür bei den nachgehenden Hypotheken eine immer geringer werdende Wahrscheinlichkeit.

Dementsprechend sieht der Entwurf vier Stufen vor (Art. 17, Abs. 1). Für Pfandforderungen in der ersten Stufe (100--125 % des Schätzungswerts) haben der Eigentümer und die Tilgungskasse eine Bäte von je 2,5 % p. a., in der 2. Stufe (125--150 %) von je 2 %, in der 3. Stufe (150--175 %) von je 1,5 % und in der 4. Stufe (175--200 %) von je l % zu bezahlen. Der Barwert der Leistungen des Eigentümers und der Kasse beläuft sich zu 4 % gerechnet in der 1. Stufe auf 67,96 %, in der 2. Stufe auf 54,36 %, in der 3. Stufe auf 40,78 % und in der 4. Stufe auf '27,18 %. Der Gläubiger erleidet also, sofern seine Pfandforderung in der 1. Stufe liegt, einen Ausfall von 32,04 %, in der 2. Stufe beträgt der Ausfall 45,64 %, in der 3. Stufe 59,22 % und in der 4. Stufe 72,82 %. Für diesen Ausfall haften, wie später darzutun sein wird, die Bürgen, und zwar (zwei Ausnahmen vorbehalten) ohne Begressrecht gegen den Hauptschuldner.

6. Was das
Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner betrifft, so wird dieser jenem gegenüber nicht vorbehaltlos befreit. Insofern besteht also ein wesentlicher Gegensatz zum Nachlassverfahren der Kurrentgläubiger, wo die Forderung im Betrage der Differenz zwischen Nennwert und Dividende erlischt. Der Gläubiger behält ein Forderungsrecht im Betrage des Ausfalles, doch ist dieses wesentlichen Beschränkungen unterworfen; es kann nämlich nur geltend gernacbt werden, wenn der Eigentümer zu neuem Vermögen gekommen ist (Art. 64) oder wenn er das Pfand zu einem Preise hat veräussern können, der die gedeckten Hypotheken, den Barwert der noch

246 ausstehenden, von ihm zu zahlenden Annuitäten und der gesamten Leistung der Tilgungskasse übersteigt (Art. 71 ff.). Auch dann ist die Haftung beschränkt, in jenem Falle auf das neue Vermögen, in diesem auf den Übererlös.

c. Diese Ordnung bedarf in einem Punkte der Ergänzung. Wie früher ausgeführt wurde, steht die Entschuldung im Zusammenhange mit einem Nachlassverfahren der Kurrentgläubiger. Daher muss darauf Bedacht genommen werden, dass die Opfer der Pfandgläubiger und diejenigen der Kurrentgläubiger aufeinander abgestimmt sind, derart, dass der Pfandgläubiger entsprechend seiner besseren materiellrechtlichen Eechtsstellung etwas mehr erhält als der Gläubiger einer laufenden Forderung. Aus diesem Grunde musste bestimmt werden, dass in dem Falle, wo die Nachlassdividende der Kurrentgläubiger den Barwert der Leistungen zugunsten des Pfandglàubigers übersteigt, diesem die Differenz zwischen diesem Barwert und der Nachlassdividende in bar auszuzahlen ist (Art. 19, Abs. 8). Wenn also eine Nachlassdividende von 30 % ausgeschüttet werden kann, hat der Pfandgläubiger, dessen Forderung in der 4. Stufe liegt, Anspruch auf eine Barleistung im Betrage von 5,08 % (Dividende von 30 % -- Barwert von 24,92 %). Dazu kommen die dem Pfandgläubiger hinsichtlich des Ausfalles gemäss Art. 64 und 71 ff.

zustehenden Eechte. Dadurch wird dem Unterschiede in der Eechtsstellung des Pfandgläubigers und des laufenden Gläubigers Bechnung getragen. Da die Forderung des Kurrentgläubigers in dem die Dividende übersteigenden Betrage getilgt wird, liegt das Plus, das dem Pfandgläubiger geleistet werden muss, in den Verlustscheinsrechten im Sinne von Art. 64 und 71 ff.

2. In ihren Auswirkungen hat die vorgeschlagene Ordnung für den Eigentümer eine ganz wesentliche Entlastung zur Folge. Gesetzt den Fall, eine Liegenschaft im Schatzungswerte von Fr. 40,000 sei belastet mit einer 4% % I. Hypothek im Betrage von Fr. 40,000 und vier weiteren Hypotheken im Betrage von je Fr. 10,000, wovon die beiden ersten zu 4% %, die beiden letzten zu 5 % verzinslich sind. Vor der Entschuldung ist der Schuldner mit einer Bückzahmngspflicht im Betrage von Fr. 80,000 belastet und hat ausserdem jährlich an Zinsen Fr. 3750 aufzubringen. Nach der Durchführung der Entschuldung besteht eine Kapitalrückzahlungspflicht nur noch im Umfange von Fr. 40,000. Die
jährliche Zinsenleistung beträgt nur noch Fr. 1800; dazu kommen die Tilgungsraten im Betrage von Fr. 700, was zusammen Fr. 2500 ausmacht. Die laufenden Lasten werden also um % reduziert. Der Schuldner ist zudem der schweren Sorge, es könnte ihm Kapital gekündigt werden, enthoben ; die I. Hypothek ist allerdings -- wenn nicht eine Kapitalstundung bewilligt wurde --'kündbar, doch wird es einem entschuldeten Eigentümer in der Eegel gelingen, die gekündigte I. Hypothek anderweitig unterzubringen.

Nach Ablauf der zwanzigjährigen Tilgungsfrist vermindern sich die laufenden Aufwendungen um weitere Fr. 700 auf Fr. 1800. Die Kapitalbelastung ist auf die Hälfte zurückgegangen; denn in diesem Zeitpunkte wird nun auch die Grundpfandverschreibung der Tilgungskasse im Betrage von Fr. 40,000 gelöscht, so dass die grundbuchliche Belastung nur mehr Fr. 40,000 beträgt.

247 Wer dieses Ergebnis ohne Voreingenommenheit würdigt, wird zugeben müssen, dass nunmehr mit gutem Grund von einer «Entschuldung» des Landwirts gesprochen werden darf.

2. Die Durchführung.

1. Bei der praktischen Durchführung des soeben entwickelten Prinzips steht die Frage im Vordergrund, ob das Rechtsverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner aufrechterhalten werden soll, allerdings mit einem ganz anderen Inhalte, insofern an Stelle der bisherigen (in der Eegel verzinslichen) Kapitalforderung eine Forderung auf Leistung der Tilgungsraten während einer Dauer von 20 Jahren treten würde. Diese Lösung wäre theoretisch möglich, doch halten wir sie als nicht praktikabel, zumal zu erwägen ist, dass zu dem Forderungsverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner noch das Forderungsverhâltnis zwischen dem Glaubiger und der Tilgungskasse hinzutreten müsste, gerichtet auf Leistung der von der öffentlichen Hand zur Durchführung der Entschuldung beigesteuerten Tilgungsraten. Der Gläubiger bekäme also an Stelle einer Kapitalforderung zwei Forderungen auf wiederkehrende Leistungen während einer Dauer von 20 Jahren.

Der Wert dieser Forderungen würde von Jahr zu Jahr sinken mit der Folge, dass sie für den Gläubiger nicht verwertbar wären. Wer würde eine solche Forderung erwerben oder belehnen ? Und doch wird es häufig vorkommen, dass der Gläubiger um seiner eigenen Liquidität willen gezwungen ist, die Eechte, die er zufolge der Entschuldung seines Schuldners erworben hat, zu fruktifizieren, indem er sie veräussert oder verpfändet. Daher muss eine andere Losung gesucht und gefunden werden.

2. Wir erblicken die praktisch allein brauchbare Ordnang darin, dass zwischen den Gläubiger und den Schuldner die Tilgungskasse hineingeschoben wird. Nach dem Entwurfe werden mit der Rechtskraft des Entschuldungsentscheides die zu entschuldenden Hypotheken gelöscht.

Der Schuldner hat nicht mehr seine bisherigen Grundpfandschulden zu verzinsen und zurückzubezahlen. An deren Stelle tritt die Verbindlichkeit gegenüber der Tilgungskasse zur Leistung der Amortisationsraten. Für diese Forderung der Kasse gegen den Schuldner sehen wir eine pfandrechtliche Sicherstellung vor, indem an Stelle der bisherigen Pfandrechte eine Maximalhypothek zugunsten der Tilgungskasse eingetragen wird (Art. 15). Diese Maximalhypothek,
deren Pfandsumme gleich ist dem Kapitalbetrag der zu entschuldenden Forderungen mit Einschluss der kapitalisierten Zinsen (Art. 12, Abs. 3), wird als Gesamtpfandrecht (ZGB Art. 798, Abs. 1) auf die bisherigen Pfandgrundstücke gelegt und folgt in ihrem Range unmittelbar auf das gedeckte Kapital. Der Eigentümer kann die Löschung dieses Gesamtpfandrechtes verlangen, sobald er seine Pflichten gegenüber der Tilgungskasse erfüllt hat.

Dies trifft normalerweise nach Ablauf von 20 Jahren zu. Indes gestattet der Entwurf dem Eigentümer, sich durch eine einmalige Leistung, nämlich durch Zahlung des Barwertes der Tilgungsraten, zu befreien (immerhin unter Vorbehalt der Art. 64, 71, Abs. 2, 72 und 73) mit der Folge, dass die Maximal-

248 hypothek gelöscht wird (Art. 17, Abs. 4). Diese Ablösung durch Leistung des Barwertes dürfte freilich keine grosse praktische Bedeutung haben, doch glauben wir immerhin, dem Eigentümer diese Befreiungsmöglichkeit nicht vorenthalten zu sollen. Der Gläubiger andererseits erhält an Stelle seiner bisherigen Pfandforderung gegen den Schuldner eine Forderung gegen die Tilgungskasse. Es läge nahe, diese Forderung als Forderung auf zwanzig wiederkehrende Leistungen im Umfange der vom Schuldner und der Kasse aufzubringenden Tilgungsraten auszugestalten, derart, dass der Gläubiger einer in der 1. Stufe liegenden Hypothek von Fr. 10,000 während zwanzig Jahren Fr. 500 p. a. zu fordern hätte. Wir lehnen indes diese Lösung aus den oben genannten Gründen ab. Nach dem Entwurfe wird der Gläubiger mit einer vom Kanton garantierten K a p i t a l f o r d e r u n g im Betrage des Barwertes der ihm geschuldeten Tilgungsraten abgefunden. Diese zu 4% verzinsliche Forderung wird in einem mit Semestercoupons versehenen Inhaber p api er (Loskauftitel) verbrieft, wobei vorgesehen ist, dass die Loskauftitel durch jährliche Auslosungen in einem Betrage von 1/20 der Summe der von der Tilgungskasse jährlich emittierten Titel zur Rückzahlung gelangen (Art. 19). Für die Differenz zwischen dem Kapitalbetrag der ursprunglichen Forderung und dem Nominalwert des Loskauftitels (zuzüglich allfällige Barleistungen gemäss Art. 19, Abs. 3) wird dem Gläubiger eine Ausfallbescheinigung ausgestellt, die ihm die in Art. 21, 64, 71. Abs. 2, 72 und 73 umschriebenen Bechte gewährt (Art. 20). Konkret gesprochen: der Gläubiger einer in der 1. Stufe liegenden Hypothek von Fr. 10,000 wird mit einer vom Kanton garantierten 4% Wertpapierforderung im Betrage des Barwertes der Amortisationen abgefunden. Dieser beläuft sich im vorliegenden Beispiel auf Fr. 6796.

Aus Gründen der Praktikabilität müssen die Loskauftitel auf runde Summen lauten (z. B. Fr. 100), so dass allfällige Spitzen in bar auszugleichen sind; daher erhält der Gläubiger im vorliegenden Falle (gegen Aufzahlung von Fr. 4) 68 4% Loskauftitel à nom. Fr. 100 und eine Ausfallbescheinigung im Betrage von Fr. 3200.

8. Die Vorzüge dieser Lösung liegen greifbar zu Tage. Die Loskauftitel als vom Staate garantierte 4% auslosbare Inhaberschuldverschreibungen sind lombardfähige Wertpapiere, die
sehr bald einen Markt bekommen werden, so dass es für den Gläubiger ein Leichtes sein wird, sich durch Veräusserung oder Verpfändung seiner Loskauftitel bares Geld zu verschaffen.

Diesem Umstände messen wir entscheidende Bedeutung bei. Wenn der Gesetzgeber im Interesse des Schuldners dem Gläubiger Opfer in dem hier vorgesehenen Umfange auferlegt, so hat er die Pflicht, alles zu tun, um das Opfer für den Gläubiger möglichst erträglich zu gestalten. Eichtig ist allerdings, dass nach unsern Vorschlägen das Band, das bisher Gläubiger und Schuldner verknüpfte, zerschnitten wird. Wir können indes das von der Eegierung des Kantons Bern dagegen geäusserte Bedenken, dass die Zahlungsmoral in Mitleidenschaft gezogen werde, wenn die Verbindlichkeit des Schuldners gegenüber seinem Gläubiger durch eine ganz unpersönliche Verbindlichkeit gegenüber

249einer staatlichen Institution ersetzt werde, nicht teilen. Auch das Forderungsverhältnis zwischen der Tilgungskasse und dem Eigentümer entbehrt nämlich, nicht des persönlichen Gehaltes, ist es doch die Tilgungskasse, die im Verfahren zumeist als Sachwalter tätig sein wird, die den Entschuldungsplan entwirft und die nach der Durchführung des Verfahrens über den Eigentümer die Aufsicht ausübt. Und selbst wenn das Bedenken begründet wäre, müsste darüber hinweggesehen werden, weil die Vorteile der im Entwurfe vorgeschlagenen Lösung deren Nachteile ganz erheblich überwiegen. Übrigens wird auch nachdem Vollprogramm des Bauernverbandes infolge der Entschuldung die Bechtsbeziehung zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner gelöst, indem aucb danach der Gläubiger mit Obligationen abgefunden werden soll.

3. Insbesondere die Bürgschaften.

1. Umstritten ist die Frage der Behandlung der Bürgschaften. Verschiedene Entschuldungsprojekte sehen vor, dass die Bürgschaften, die für ungedeckte Hypotheken geleistet worden sind, dahinfallen. Unsererseits könnten wir dazu niemals Hand bieten. Das Vertrauen in die Rechtsordnung müsste eine in ihren Polgen nicht absehbare Erschütterung erfahren, wenn der Staat es unternehmen würde, bestehende gültig eingegangene Bürgschaftsverpflichtungen mit einem Federstrich zu beseitigen. Wenn und solange der Bürge solvent ist, liegt nicht der mindeste Grund dafür vor, ihn auf Kosten des Gläubigers oder des Gemeinwesens zu entlasten. Verantworten lässt sich bloss eine gewisse Milderung der V e r p f l i c h t u n g des Bürgen. Die Kechtfertigung hiefür liegt darin, dass infolge eines staatlichen Eingriffes, nämlich des Entschuldungsverfahrens, die Bürgschaft fällig wird, während ungewiss ist, ob und wann und in welchem Masse der Bürge hätte leisten müssen, wenn es nicht zur Entschuldung gekommen wäre.

2. Der Entwurf gibt diesem Gedanken in der Weise Ausdruck, dass er alle Bürgschaften in A u s f a l l b ü r g s c h a f t e n (Schadlosbürgschaften} umwandelt. Der Bürge haftet dem Gläubiger bloss noch für den in der Ausfallbescheinigung festgestellten Betrag. Ein Eegressrecht gegen den Hauptschuldner steht ihm nicht mehr zu, dagegen gehen in dem Masse, als er den Gläubiger befriedigt hat, dessen Eechte aus Art. 64, 71, Abs. 2, 72 und 73 auf ihn über. Der Begressanspruch muss eliminiert
werden, weil andernfalls der Schuldner infolge der Geltendmachung dieses Anspruches von neuem in eine Notlage geraten würde und folglich die Entschuldung ihren Zweck nicht erreichen könnte. In der Praxis wird sich die Ordnung des Entwurfes dahin auswirken, dass der Gläubiger nach Eintritt der Eechtskraft der Entschuldung; des Hauptschuldners den Bürgen belangt. Über die Modalitäten der Tilgung der Bürgschaft haben sich in der Folge der Gläubiger und der Bürge zu verständigen. Ist der Bürge insolvent, so kann er das Nachlassverfahren anrufen.

Der Entwurf hat also zur Folge, dass der insolvente Bürge ins Nachlassverfahren gedrängt wird. Das scheint uns richtig und zudem auch zweckmässig zu sein;

250 ·denn e$ liegt im Interesse des Bärgen selbst, dass er zur Sanierung seiner Vermögensverhältnisse gezwungen wird, wenn er seinen Verpflichtungen nicht mehr zu genügen vermag. Wir haben die Bürgschaftsfrage reiflich erwogen «nd sind nach Prüfung aller in Betracht kommenden Möglichkeiten zu der Überzeugung gelangt, dass sich eine andere Lösung nicht finden lässt, wenn nicht der Grundsatz preisgegeben wird, dass Becht Eecht bleiben nxuss.

4. Insbesondere die Drittpfandverhältnisse.

Bndlich muss der Entwurf auch einem Eechtsverhältnis eine besondere Ordnung zuteil werden lassen, das im bisherigen Sanierungsrecht nicht hinreichend berücksichtigt worden ist. Es handelt sich um das Drittpfandverhältnis, dadurch charakterisiert, dass Pfandeigentum und persönliche Schuldpflicht auseinanderfallen, dass also das Pfand für eine fremde Schuld haftet. Solche Drittpfandverhältnisse entstehen namentlich dann, wenn das Pfand unter Übernahme der Schuldpflicht durch den Erwerber veräussert wird, der Pfandgläubiger aber gemäss ZGB Art. 832 dem Veräusserer (Altschuldner) erklärt, ihn beibehalten zu wollen. Hinsichtlich der Wirkungen der Entschuldung auf das Drittpfandverhältnis sind zwei Tatbestände auseinanderzuhalten.

1. Der im Entschuldungsverfahren begriffene Landwirt ist Schuldner, doch gehört das Pfand einem Dritten. Entsprechend den Grundsätzen des Nachlassvertragsrechtes nimmt der Gläubiger in diesem Falle mit dem ganzen Betrage seiner Forderung am Nachlassverfahren der Kurrentgläubiger teil (Art. 22).

2. Der im Entschuldungsverfahren begriffene Landwirt ist Eigentümer des Pfandes, aber nicht Schuldner der Pfandforderung (Art. 23 bis 27). In diesem Falle ist er mit keiner Schuldpflicht, sondern mit einer blossen Haftung belastet. Diese Haftung schliesst aber für ihn eine grosse Gefahr in sich. Obschon er nicht zahlen muss, läuft er das Eisiko, dass sein Grundstück für die fremde Schuld verwertet wird. Und dieses Eisiko ist um so grösser, als nach dem geltenden Eecht dem Schuldner das beneficium excussionis realis (Einrede der Betreibung auf Pfandverwertung) zusteht, er also erst belangt werden kann, nachdem das Pfand verwertet worden ist (SchKG Art. 41; ZGV Art. 85). Daher muss das Pfandrecht, obschon der Eigentümer nicht schuldet, in das Entschuldungsverfahren einbezogen werden.

Dies ist freilich
nicht möglich, ohne dass das Eechtsverhältnis nach gewissen Eichtungen modifiziert wird. Nach Prüfung aller in Betracht fallenden Modalitäten schlagen wir Ihnen folgende Lösung vor: a. Das Drittpfandverhältnis wird zunächst so behandelt, wie wenn der Eigentümer Schuldner wäre. Das Grundpfandrecht des Drittpfandgläubigers wird gelöscht und an dessen Stelle die Hypothek der Tilgungskasse eingetragen.

Der Eigentümer und die Kasse entrichten ihre Tilgungsraten. Indes wird der Loskauftitel dem Gläubiger nicht ausgehändigt, vielmehr wird zu dessen Gunsten ein gesetzliches F a h r n i s p f a n d r e c h t an dem Titel begründet,

251 das ohne Übergabe des Besitzes entsteht. Infolge der Umwandlung des Grundpfandrechtes in ein Mobiliarpfandrecht am Loskauftitel ist die Gefahr einer Verwertung des Grundstückes für die fremde Schuld beschworen. Für die Abwicklung des EechtsVerhältnisses bestehen folgende Möglichkeiten. Normalerweise wird der persönliche Schuldner bei Eintritt der Fälligkeit Zahlung leisten. Geschieht dies, so entkräftet die Tilgungskasse den Loskauftitel und erstattet dem Eigentümer die geleisteten Annuitäten mit 4 % Zins zurück.

Zahlt dagegen der Schuldner nicht, so hat der Gläubiger gegen den Schuldner und den Eigentümer Betreibung anzuheben. Diese Betreibung ist aber keine Betreibung auf Grundpfandverwertung -- das Grundpfandrecht ist ja gelöscht worden --, sondern eine Betreibung auf Faustpfandverwertung.

Sie weist zwei Besonderheiten auf. Einmal kann das Ver wer tungs begehren frühestens nach Ablauf von 6 Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls gestellt werden. Diese Massnahme ist zum Schutze des persönlichen Schuldners geboten. Wäre es nämlich nicht zur Entschuldung gekommen, so hätte er für den Ausfall erst nach Durchführung der Betreibung auf Grundpfandverwertung belangt werden können, in welcher für die Stellung des Verwertungsbegehrens eine Frist von 6 Monaten läuft (SchKG Art. 154). Der Schuldner soll aber darunter nicht leiden, dass der Pfandeigentümer das Entschuldungsverfahren einleiten musste. Die zweite Besonderheit besteht darin, dass in dieser Faustpfandbetreibung das Pfand -- d.h. der Loskauftitel -- nicht versteigert wird. Eine Versteigerung ist nämlich weder nötig noch zweckmässig. Vielmehr scheint die Lösung als angemessen, dass die Tilgungskasse, sobald das Verwertungsbegehren gestellt worden ist, dem Betreibungsamte zuhanden des Gläubigers den Loskauftitel aushändigt, das nun seinerseits für den durch den Nennwert nicht gedeckten Teil der Forderung den Pfandausfallschein ausstellt (SchKG Art. 158) und beide Urkunden dem Gläubiger übergibt. Infolge der Aushändigung des Loskauftitels an den Gläubiger erwachsen dem Eigentümer und der Tilgungskasse Eegressansprüche gegen den Schuldner, für welche in Art. 27 eine eingehende Ordnung getroffen wird.

-- Wie soll es jedoch gehalten werden, wenn der Gläubiger nicht für das Kapital, sondern bloss für einen fälligen Zins betreibt? Auch
in diesem Falle geht die Betreibung auf Faustpfandverwertung; sie hat jedoch nur das Ziel, dem Gläubiger für die Zinsforderung Befriedigung zu verschaffen. Dies geschieht in der Weise, dass die Tilgungskasse, sobald das Verwertungsbegehren gestellt ist, dem Betreibungsamte zuhanden des Gläubigers die Zinscoupons des Loskauftitels übergibt, die der in Betreibung gesetzten Zinsforderung entsprechen.

b. Soll eine angemessene Ordnung erzielt werden, so stellt sich eine weitere Bestimmung als notwendig heraus, die ebenfalls einen Eingriff in das Zivilrecht bedeutet. In Doktrin und Praxis ist unbestritten, dass der Dritteigentümer des Pfandes die Pfandforderung nicht kündigen kann, sondern dass er zur Ablösung des Pfandrechtes (ZGB Art. 827) bloss dann berechtigt ist, wenn der Gläubiger oder der Schuldner gekündigt hat oder die Forderung aus einem andern Grunde fällig geworden ist. Diese Ordnung erscheint in

252 dem Palle, wo der Pfandeigentümer entschuldet werden muss, nicht als zweckmassig. Es ist nämlich zu erwägen, dass beim Drittpfandverhältnis die Tilgungskasse ihre Baten nicht zur Tilgung einer Schuld des im Entschuldungsverfahren begriffenen Eigentümers, sondern zur Tilgung einer Schuld des persönlichen Schuldners leistet, das allerdings mit dem Zwecke, die Verwertung des Pfandes zu hindern. Daher muss dafür Vorsorge getroffen werden, dass die Kasse, soweit immer möglich, sich auf dem Eegresswege für die von ihr aufgewendeten öffentlichen Mittel Deckung verschaffen kann. Aus diesem Grunde muss sie zur Wahrung ihrer Eegressrechte den Zeitpunkt der Liquidation des Bechtsverhältnisses bestimmen können, weshalb ihr in Art. 26 das Eecht eingeräumt wird, die Forderung unter den Voraussetzungen zu kündigen, unter denen der Schuldner zu kündigen berechtigt ist. Sie wird von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, wenn der persönliche Schuldner noch solvent ist, aber die Gefahr besteht, dass er seinerseits in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte.

Unter solchen Umständen soll die Kasse nicht zuwarten müssen, bis es dem Gläubiger beliebt, zu kündigen ; sie selbst muss vielmehr das Eecht haben, die Fälligkeit herbeizuführen.

u. Die Kapitalstundung.

l. Soll das Entschuldungsgesetz sein Ziel erreichen, den würdigen Landwirt auf seinem Heimwesen zu halten, so kann es bei der Amortisation der ungedeckten Pfandforderungen nicht sein Bewenden haben. Auch dafür ist Vorsorge zu treffen, dass der Eigentümer nicht infolge eines für eine fällige gedeckte Hypothek eingeleiteten Zwangsverwertungsverfahrens von seinem Gute weichen muss und damit die Entschuldung illusorisch gemacht wird. Desgleichen muss auch darauf Bedacht genommen werden, dass dem Schuldner nicht infolge der Eealisierung von Viehverschreibungen das zur Führung seines Betriebes erforderliche Vieh weggenommen werden kann. Daher sieht der Entwurf vor, dass im Zusammenhange mit der A m o r t i s a t i o n ungedeckter Kapitalien für die gedeckten G r u n d p f a n d f o r d e r u n g e n eine Kapitalstundung bewilligt werden darf. Auch in Ansehung der Stundung stellen wir den Grundpfandforderungen die Fahrnispfandforderungen gleich, denen eine ein landwirtschaftliches Grandstück des Gesuchstellers belastende gedeckte Grundpfandforderung als Pfand
haftet. Ausserdem kann die Stundung auch für Viehpfandforderungen gewährt werden. Hinsichtlich der Stundungsdauer differenziert der Entwurf. Die G r u n d p f a n d f o r d e r u n g e n und die ihnen gleichgestellten Fahrnispfandforderungen können auf vier Jahre mit Möglichkeit der Verlängerung auf acht Jahre, die V i e h p f a n d f o r d e r u n g e n dagegen nur auf zwei Jahre mit Möglichkeit der Verlängerung auf vier Jahre gestundet werden (Art. 28, Abs. 3 und 4, Art. 30). Diese Differenzierung rechtfertigt sich deswegen, weil das Viehpfand kurzfristigen Kredit zu sichern bestimmt ist. Für diese Stundungen sind zwei Tatbestände in Erwägung zu ziehen : a. Soll die Stundung im Bestätigungsentscheid nach Art. 55 ff.

angeordnet werden, so hat der Gesuchsteller darzutun, dass die Grundpfand-

253

forderung fällig ist und dass er keinen neuen Gläubiger zu finden vermag (Art. 28, Abs. 1). Dieser Eegel liegt die Überlegung zugrunde, dass unter Umständen der Gläubiger einer ersten Hypothek zur Kündigung genötigt ist, um seinen eigenen Verbindlichkeiten nachkommen zu können. Soll nun diesem Gläubiger die Stundung aufgezwungen werden, die ihn vielleicht in die grossten Verlegenheiten bringt, obschon der Schuldner die Hypothek bei einem andern Gläubiger placieren könnte? Dies liesse sich nicht rechtfertigen, weshalb wir dem Schuldner, der die Stundung verlangt, die Pflicht auferlegen, sich bei den in Betracht kommenden Kreditinstituten umzusehen und der Nachlassbehörde den Nachweis zu erbringen, dass er bei denselben vergeblich angeklopft hat. Ist die gedeckte Hypothek zur Zeit des Verfahrens fallig und bewilligt die Nachlassbehörde die Amortisation ungedeckter Pfandforderungen, so soll die gedeckte Hypothek gestundet werden können, sofern nur diese eine Voraussetzung erfüllt ist. Indes darf nicht nur dieser Tatbestand ins Auge gefasst werden. Das Gesetz muss b. auch mit der Möglichkeit rechnen, dass die gedeckten Hypotheken im Momente des Entscheides über die Entschuldung nicht fällig sind, jedoch später während der zwanzigjährigen Amortisationsfrist gekündigt werden und der Eigentümer dannzumal keinen neuen Gläubiger finden kann, mit der Folge, dass das Pfand auf die Gant gelangt und der Schuldner, obschon der Entschuldung würdig befunden, seine ökonomische Existenz verliert. Dem Zwecke des Entwurfes entsprechend muss daher eine Stundung auch bewilligt werden können, ,wenn dieser Tatbestand vorliegt. Alsdann ist freilich die Stundung zu versagen, wenn drei Jahreszinsen ruckständig sind oder der Gläubiger die Forderung wegen Wertverminderung des Pfandes durch den Eigentümer gekündigt hat (Art. 28, Abs. 2).

c. Die verschiedene Behandlung der beiden T a t b e s t ä n d e rechtfertigt sich aus folgenden Gründen. Wenn im Momente der Einleitung des Entschuldungsverfahrens Hypothekarzinsen ausstehen, so ist das hier durchaus normal; die Entschuldung setzt ja voraus, dass der Eigentümer seine Pfandschulden nicht mehr verzinsen kann. Dabei wird bekanntlich vorgesehen, dass diese Zinsen konsolidiert werden sollen (Art. 12, Abs. 3), so dass also mit Eintritt der Eechtskraft des Entscheides über die
Entschuldung ein Zinsrückstand nicht mehr vorhanden ist. Als gravierend erscheint es dagegen, wenn der Eigentümer nach der Entschuldung trotz der durch diese bewirkten grossen Entlastung die Mittel zur Verzinsung der gedeckten Hypotheken nicht aufbringt.

Hierin muss ein Indiz dafür erblickt werden, dass die Entschuldung, solange das Grundstück sich in der Hand des gegenwärtigen Eigentümers befindet, ihr Ziel nicht zu erreichen vermag, weshalb sich unter solchen Umständen die Liquidation aufdrangt. Was andererseits die Wertverminderung des Pfandes durch den Eigentümer betrifft, so braucht in Ansehung der im Entschuldung« entscheide selbst zu gewährenden Stundungen davon nicht gesprochen zu werden. Stellt sich nämlich im Entschuldungsverfahren heraus, dass der Eigentümer den Wert des Pfandes vermindert hat, so wird in der Eegel, sei es wegen

254

mangelnder Würdigkeit, sei es wegen mangelnder Befähigung (Art. 11), die Entschuldung nicht stattfinden können. In bezug auf die erst später zu bewilligenden Kapitalstundungen dagegen muss diese Voraussetzung aufgestellt werden; denn wenn der Eigentümer eine Entwertung des Pfandes verursacht, so ist er einer weiteren Hilfe nicht würdig. Übrigens wird in Art. 36, lit. 6, von der gleichen Überlegung ausgehend ausdrücklich bestimmt, dass eine bewilligte Stundung zu widerrufen ist, wenn der Eigentümer absichtlich oder grobfahrlässig den Wert des Pfandes vermindert hat.

2. Der Entwurf sieht die Kapitalstundung nicht nur für den Fall vor, wo die ungedeckten Hypotheken amortisiert werden ; eine Stundung der Grundpfandschulden -- und zwar der gedeckten und der ungedeckten -- sowie der Viehpfandschulden muss auch bewilligt werden können, wenn eine Amortisation nicht stattfindet. Auch diese selbständige Stundung darf selbstverständlich nur gewährt werden, sofern die in Art. 11, Abs. l, lit. b und Abs. 2, umschriebenen Voraussetzungen zutreffen (mangelndes Verschulden, Würdigkeit, Befähigung) ; sie ist aus dem gleichen Grunde zu versagen, wie die Stundung im Sinne von Art. 28. Nach Art. 29, lit. a, hat die Nachlassbehörde die Stundung auch dann zu verweigern, wenn es nach den Umstanden als wahrscheinlich betrachtet werden muss, dass trotz der Stundung die Zwangsverwertung nicht vermieden werden kann. Bei den Stundungen im Sinne von Art. 28 musste dieser Gesichtspunkt nicht erwähnt werden ; denn wenn die Amortisation ungedeckter Hypotheken bewilligt wird, so ist damit ipso iure die Gefahr der Zwangsverwertung behoben. Ganz anders liegen die Dinge bei der selbständigen Stundung im Sinne von Art. 29. Diese darf nicht zur künstlichen Haltung einer aussichtslosen Position missbraucht werden, weshalb auf die strikte Anwendung von Art. 29, Abs. 2, lit. a, in der Praxis gedrungen werden muss. Die von der Amortisation unabhängige Stundung wird praktisch, wenn angesichts der BelastungsVerhältnisse eine Amortisation ungedeckten Kapitals gar nicht als notwendig erscheint, der Schuldner jedoch infolge von Umständen, die er nicht zu vertreten hat (Familienverhältnisse, Unglück im Stall, Missernte), nicht imstande ist, eine gekündete Hypothek zurückzuzahlen oder die titelgemässen Amortisationen zu leisten, andererseits
aber Aussicht dafür besteht, dass er seinen Verpflichtungen wird nachkommen können, wenn ihm eine Schonfrist gewährt wird. Auch die selbständige Kapitalstundung darf gleich der Amortisation in der Eegel nur im Zusammenhang mit einem Nachlassvertrage der Kurrentgläubiger bewilligt werden. Vorbehalten bleibt der Fall, wo wesentliche Kurrentschulden nicht vorhanden sind. Wir betonen jedoch nachdrücklich, dass die Nachlassbehörde die Stundung gemäss Art. 29 niemals bewilligen darf, um dem Schuldner die wegen Verschuldens, Unwürdigkeit oder Unfähigkeit erfolgte Abweisung des Entschuldungsgesuches zu versüssen.

3. Hinsichtlich der Wirkungen der Stundung bestimmt der Entwurf a. in Art. 31, dass während deren Dauer jede Betreibungshandlung für die gestundeten Beträge ausgeschlossen und der Lauf

255 jeder Verjährungs- und Verwirkungsfrist eingestellt ist, die durch eine Betreibungshandlung unterbrochen werden kann. Insofern besteht Übereinstimmung mit dem geltenden Eecht (SohKG Art. 297, Bundesbeschluss vom 28. September 1984, Art. 15, Satz 1). Dagegen hat sich bei erneuter Prüfung herausgestellt, dass die im Bundesbeschluss vom 28. September 1934, Art. 15, Satz 2, aufgestellte Eegel, wonach eine vor der Stundungsbewilligung eingeleitete Betreibung mit allen ihren Wirkungen dahinfällt, nicht in vollem Umfange aufrechterhalten werden kann; denn mit der Anhebung der Betreibung auf Grundpfandverwertung erwirbt der Gläubiger einerseits ein Vorrecht in Ansehung der natürlichen Früchte des Pfandes (SchKG Art. 94, Abs. 3) und andererseits ein Pfandrecht an den Miet- und Pachtzinsen (ZGB Art. 806). Diese Eechtekönnen dem Gläubiger nicht entwunden werden, woraus sich Art. 31, Abs. 2r des Entwurfes erklärt. Dabei wird allerdings in analoger Anwendung der in BGE 60 III, Nr. 39 für die Nachlassstundung formulierten Eegel verlangt werden müssen, dass im Zeitpunkte der Stundungsbewilligung nicht bloss das Betreibungsbegehren eingereicht, sondern der Zahlungsbefehl zugestellt worden ist.

&. Sodann hat es sich als wünschenswert erwiesen, auch bei der Ordnung, der Kapitalstundung auf die Drittpfandverhältnisse Eücksicht zu nehmen (Art. 32). Für den Fall, wo der im Entschuldungsverfahren stehende Bauer nur persönlicher Schuldner ist, das Pfand dagegen einem Dritten gehört, bedarf es keiner besondern Eegel; unter diesen Umständen ist die Forderung des Pfandgläubigers im Entschuldungsverfahren als gewöhnliche Kurrentforderung zu.

behandeln. Anders verhält es sich jedoch, wenn der zu entschuldendeLandwirt nicht persönlicher Schuldner, sondern nur Pfandeigentümer ist, wenn also sein Grundstück für eine fremde Schuld haftet. In diesem Falle muss die Stundung gewährt werden können; denn obschon der Eigentümer nicht schuldet, sondern bloss haftet, besteht die Gefahr, dass es zur Pfandverwertung kommt und die Entschuldung ihr Ziel nicht erreichen kann. Folglich muss, sobald die Voraussetzungen einer Kapitalstundung gegeben sind, dem Gläubiger verwehrt werden, auf das für die fremde Schuld haftende Pfand zu greifen. Nach den allgemeinen Grundsätzen hätte der dem Pfandeigentümer gewährte Vollstreckungsschutz den
Ausschluss der Exekution überhaupt zur Folge, da dem Schuldner, der nicht Eigentümer des Pfandes ist, das beneficium excussionis realis zusteht. Diese Eegelung beeinträchtigt indes die Eechtedes Gläubigers in einer Art und Weise, die sich schlechterdings nicht vertreten lässt. Es kann nicht angehen, dass dem Gläubiger mit Eücksicht auf die in der Person des Pfandeigentümers bestehenden besonderen Verhältnisse die Betreibung gegen den solventen persönlichen Schuldner versagt wird auf die Gefahr hin, dass dieser sich nach Ablauf von vier oder sogar acht Jahren in Zahlungsschwierigkeiten befindet und daher der Gläubiger -- der, falls ihm der sofortige Zugriff auf das Pfand gestattet worden wäre, sich für einen allfälligen Ausfall beim persönlichen Schuldner Befriedigung hätte verschaffen können -- infolge der Stundung und der Verschlechterung der Vermögenslage des persönlichen Schuldners den Ausfall selbst tragen muss. Daher bleibt nur der Ausweg übrig,,

-256 dass dem persönlichen Schuldner das benefioium excussionis realis genommen Tvird, wenn dem Pfandeigentümer die Stundung bewilligt werden muss. Der Glaubiger kann also, solange gegenüber dem Pfandeigentürner das Exekutionsverbot besteht, den persönlichen Schuldner auf Pfändung oder auf Konkurs betreiben. Dabei drängt sich freilich für diese Betreibung aus den anlässlich der Erläuterung von Art. 24, Abs. 3, erwähnten Gründen eine Modifikation der Eristbestimmungen in dem Sinne auf, dass das Fortsetzungsbegehren frühestens nach Ablauf von 6 Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls gestellt ·werden kann. Hat der persönliche Schuldner Zahlung geleistet, so steht ihm nach Ablauf der Stundungsdauer gegen den Pfandeigentümer ein auf dem Wege der Betreibung auf Grundpfandverwertung geltend zu machendes Eegressrecht zu, sofern nicht nach dem materiellen Bechtsverhältnis der Bückgriff ausgeschlossen ist.

c. Was endlich die Wirkung der K a p i t a l s t u n d u n g auf die Bürgen betrifft, so übernimmt der Entwurf die Begelung, die heute schon für die gemäss >dem Bundesbeschluss vom 28. September 1934 bewilligten Kapitalstundungen gilt und die der Ordnung des Hotelsanierungsrechts entspricht (vgl. dazu BGE 59 III, Nr. 45). Die einzige Neuerung besteht darin, dass der unförmige Art. 22 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 in drei Artikel zerlegt und redaktionell verbessert worden ist. Die Übernahme der Bestimmungen über die Ausdehnung der Stundung auf den Bürgen ist uns freilich nicht leicht gefallen. Abgesehen davon, dass diese einen schweren Einbruch in das Prinzip der Solidarbürgschaft bedeutet, erscheint es auch als unbillig, lediglich eine Schuld des Solidarbürgen, nämlich dessen Burgschaftsschuld, herauszugreifen und zu stunden, so dass der Bürgschaftsglaubiger mit gebundenen Händen zusehen muss, wie die übrigen Gläubiger des Solidarbürgen dessen Aktiven wegpfänden. Eichtigerweise gehört der Solidarbürge, der seine Bürgschaftsverpflichtung nicht erfüllen kann, in den Konkurs oder in das Nachlassverfahren. Zudem sind uns auch ernstliche Klagen darüber zu Ohren gekommen, dass es in der Praxis mit der Ausdehnung der Stundung auf den Solidarbürgen viel zu leicht genommen wird. Wenn wir trotz dieser Bedenken die Art. 34 und 35 in den Entwurf aufgenommen haben, so geschah es lediglich
deswegen, weil wir nicht ohne Not hinter die geltende Regelung zurückgehen möchten Tind es uns auch nicht billig schiene, dem Solidarbürgen des Landwirts zu verweigern, was dem Solidarbürgen des Hoteliers gewahrt wird. Dabei geben wir uns aber der bestimmten Hoffnung hin, dass die Rechtsprechung in Zukunft bei der Ausdehnung der Stundung auf den Solidarbürgen einige Zurückhaltung üben, diese jedenfalls nur nach gründlicher Prüfung der Verhältnisse bewilligen und mehr als bisher von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen wird.

4. Gleich wie der Bundesbeschluss vom 28. September 1934 sieht auch der Entwurf unter bestimmten Voraussetzungen den Widerruf der Stundung vor. Die Tatbestände des Widerrufs gemäss Art. 36 des Entwurfes decken sich im grossen und ganzen mit denjenigen gemäss Art. 16 des Bundesbeschlusses, freilich mit folgenden Abweichungen : Eine Art. 16, lit. a, entsprechende Bestim-

257 mung ist nicht aufgenommen worden, in der Erwägung, dass ja der Eigentümer, dem die Entschuldung bewilligt -wurde, einer Aufsicht untersteht, so dass lit. a für diese Fälle gegenstandslos wird. Sodann bildet die Veräusserung entgegen Bundesbeschluss Art. 16, lit. d, keinen Widerrufsgrund. Für diesen Tatbestand den Widerruf vorzusehen, ist nämlich gar nicht nötig, da die Stundung der im Entscheid genannten Person und nur ihr gewährt wird, der Erwerber folglich der Stundung nicht teilhaftig ist und daher der Gläubiger vom Momente der Handänderung an trotz der dem Veräusserer bewilligten Stundung auf das Pfand greifen kann (Art. 29, Abs. 4). Bei einer solchen Veräusserung wird entweder das Pfandrecht abgelöst, oder aber die Schuld vom Erwerber übernommen. Ein Drittpfandverhältnis wird praktisch gar nicht entstehen, weil einerseits der Erwerber, falls das Pfandrecht nicht abgelöst wird, nur unter Überbindung der Schuld kauft und der Gläubiger alles Interesse hat, der Schuldübernahme zuzustimmen, da dadurch seine Stellung sich verbessert. Das ganze Rechtsverhältnis reguliert sich also von selbst, ohne dass es eines Eingreifens des Gesetzgebers bedarf. Aus dem Gesagten erklärt sich auch die abweichende Ordnung für den Erbgang. Nach dem Entwurf e fällt die Stundung mit dem Tode desjenigen, dem sie gewährt worden ist, dahin, und sie muss dahinfallen, weil ja der Erbe unter Umständen der Stundung gar nicht bedarf.

Sollte dies nicht zutreffen, so können die Erben die Ausdehnung der Stundung auf sich verlangen (Art. 36, Abs. 2).

m. Beschränkung des Zinsïusses für gedeckte Kapitalforderungen.

Art. 17 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1984schreibt vor, dass für gedeckte Pfandforderungen für die Zeit vom letzten Zinstermin vor der Eröffnung des Verfahrens bis längstens zum Ablaufe der Kapitalstundung eine mit Einschluss von Kommissionen und derartigen Zuschlägen 4% % übersteigende Verzinsung auf diesen Zinssatz beschränkt und im Falle eines niedrigeren Zinsfusses bestimmt werden kann, dass er während der nämlichen Zeit nicht über diesen Zinssatz erhöht werden darf. Die Bürgen werden von der Haftung für den hierdurch dem Gläubiger erwachsenden Ausfall befreit (Art. 23, Abs. 1).

Art. 38 des Entwurfes übernimmt die im Bundesbeschluss enthaltene Eegel und dehnt sie zugleich auf die gedeckten durch
Viehverschreibung gesicherten Forderungen aus, freilich mit der Massgabe, dass bei diesen Forderungen der Zinsfuss auf 5 % reduziert werden kann bzw. nicht über 5 % soll erhöht werden dürfen. Diese Massnahme ist vollauf gerechtfertigt. Der gedeckte Gläubiger erleidet ja hinsichtlich der Substanz seiner Rechte keine Einbusse, und es darf ihm daher gewiss zugemutet werden, durch eine Eeduktion des Zinssatzes bzw. durch einen Verzicht auf eine Erhöhung desselben das Seinige zur Sanierung der Vermögensverhältnisse des Schuldners beizutragen, zumal da für erststellige Hypotheken eine 4% % Verzinsung auf längere Perioden berechnet als durchaus angemessen erscheint. Die Zinsfussbeschränkung kann nie für sich allein, sondern nur im Zusammenhange mit einer Kapitalstundung Bundeablatt.

88. Jahrg.

Bd. II.

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258 oder mit der Amortisation ungedeckter Pfandforderungen angeordnet werden.

In jenem Falle darf die Zinsfussbeschränkung die Dauer der Stundung nicht überschreiten. In diesem Falle dagegen ist sie maximal auf den Zeitraum begrenzt, innerhalb dessen der Eigentümer Annuitäten zu entrichten hat.

In Anbetracht der Tatsache, dass die Annuitätenzahlung sich über eine Zeitspanne von 20 Jahren erstreckt, muss der Natur der Sache nach allfälligen Änderungen der Verhältnisse Eechnung getragen werden können. Daher gewährt Abs. 3 dem Gläubiger das Eecht, auf den Ablauf einer Periode von je vier Jahren die Aufhebung der Zinsbeschränkung zu verlangen. "Über ein solches Begehren hat die Nachlassbehörde nach Anhörung des Schuldners und der Tilgungskasse unter Würdigung der Umstände zu entscheiden.

IV. Pfandrecht für Hillsdarlehen.

Im Zusammenhange mit den Entschuldungsmassnahmen behandelt der Entwurf auch das Pfandrecht für Hilfsdarlehen (Art. 39). Wie wir im nächsten Abschnitte darlegen werden, müssen die Bauernhilfsorganisationen im Interesse der laufenden Gläubiger auch unter der Herrschaft des Entschuldungsgesetzes ihre Tätigkeit fortsetzen, indem sie durch Gewährung von Darlehen dem Schuldner die Aufbringung der Nachlassdividende für die Kurrentschulden zu ermöglichen haben. Für diese Darlehen räumt ihnen der Entwurf in Übereinstimmung mit BB vom 28. September 1934, Art. 41, einen Anspruch auf grundpf ändliche Sicherheit ein, und zwar folgt das Pfandrecht unmittelbar auf dasj enige der Tilgungskasse. Diese Sicherung ist der Natur der Sache nach prekär, doch darf, wie wir in unserer Botschaft vom 6. Februar 1933 ausgeführt haben, eine gewisse moralische Bedeutung dieses Pfandrechtes doch nicht verkannt werden.

Gegenüber dem bisherigen Eecht wird die Stellung der Bauernhilfsorganisationen insofern verbessert, als ein Verkaufserlös nicht zur vollen Deckung aller dem Pfandrecht für das Hilfsdarlehen vorgehenden Hypotheken verwendet werden muss, bevor die Bauernhilfskasse Ansprüche geltend machen kann. Vielmehr wird in Art. 71 des Entwurfes vorgeschrieben, dass ein Überschuss, der nach Deckung des Barwertes der vom Schuldner noch zu entrichtenden Annuitäten und des Barwertes der Annuitätenleistungen der Tilgungskasse übrig bleibt, auf die Ausfallforderungen der frühern Pfandgläubiger und die Darlehensforderung
der Bauernhilfsorganisation verhältnismässig zu verteilen ist. Hinsichtlich der Form des Pfandrechtes für das Hilfsdarlehen weicht der Entwurf vom Bundesbeschluss nach der Eichtung ab, dass der Hilfskasse nicht mehr die Wahl zwischen einer Grundpfandverschreibung und einem Schuldbrief gelassen wird. Diese Neuerung erklärt sich daraus, dass nach unseren Vorschlägen über die Belastungsgrenze die Pfandrechte, die ausnahmsweise jenseits dieser Grenze errichtet werden dürfen, nur in der Form der Grundpfandverschreibung zulässig sind (Art. 77, 78).

259 3. Abschnitt.

Tilgungskassen und öffentliche Beiträge an die Entschuldung.

I. Die Tilgungskassen.

1. Der Entwurf überträgt den Tilgungskassen sehr bedeutsame Aufgaben, insofern der Bund und die Kantone sich durch deren Vermittlung an der Entschuldung der notleidenden Betriebe beteiligen.

a. Die Tilgungskasse hat zunächst wichtige materiellrechtliche Funktionen. Infolge der Entschuldung wird das Rechtsverhältnis, das zwischen dem Schuldner und den Gläubigern ungedeckter Hypotheken bestund, liquidiert und durch zwei neue Rechtsverhältnisse ersetzt, die in der Person der Tilgungskasse miteinander verknüpft sind. Die Kasse ist einerseits Gläubigerin des Schuldners, insofern ihr gegen diesen der durch eine Grandpfandverschreibung sichergestellte Anspruch auf Leistung der Annuitäten zusteht. Andererseits ist sie Schuldnerin der bisherigen Glaubiger ungedeckter Hypotheken ; denn sie ist zur Verzinsung und Tilgung der Loskauftitel verpflichtet, mit denen diese Gläubiger im Umfange des Barwertes der vom Schuldner und von der öffentlichen Hand aufzubringenden Amortisationsraten abgefunden werden.

Die zur Erfüllung dieser Verpflichtung erforderlichen Mittel beschafft sich die Kasse einerseits aus den vom Eigentümer zu zahlenden Annuitäten und andererseits aus den ihr vom Bund und vom Kanton zur Verfügung gestellten öffentlichen Entschuldungsbeiträgen.

b. Die Tilgungskasse ist ferner Organ des Entschuldungsverfahrens.

Nach Art. 44, Abs. l, können ihr die Funktionen des Sachwalters übertragen werden. Auch wenn dies nicht zutrifft, liegt ihr die Aufstellung des Entschuldungsplanes ob (Art. 54). Sie ist notwendigerweise an der Bestätigungsverhandlung vertreten und hat das Eecht zur Stellung von Anträgen. Art. 60, Abs. 2, räumt ihr ausserdem die Legitimation zur Weiterziehung des im Bestätigungsverfahren ergangenen Entscheides an die obere Nachlassbehorde ein. Sodann ist sie auch am Vollzuge des Entschuldungsentscheides beteiligt (Art. 61, Abs. 1) und übt die Aufsicht über den entschuldeten Landwirt aus (Art. 65 ff.).

c. Endlich werden der Kasse auch gewisse T r e u h a n d f u n k t i o n e n übertragen. Bei den Drittpfandverhältnissen kommt ihr die Stellung eines Pfandhalters zu (Art. 23). Ausserdem ist sie zur Wahrung der Eechte der unbekannten Gläubiger eingetragener Pfandforderungen berufen (Art. 49).

2. Die
Organisation der Tilgungskassen liegt den Kantonen ob, jedoch mit dem bundesrechtlichen Vorbehalte, dass die Kasse eine «amtliche Tilgungskasse» sein muss (Art. 40, Abs. 1) ; die Kantone können daher nicht ein Eechtssubjekt des Privatrechtes als Tilgungskasse bezeichnen; sie haben vielmehr eine juristische Person des öffentlichen Bechtes ins Leben zu rufen, sofern sie es nicht vorziehen, die Kasse als blosse statio fisci (unselbständige Anstalt) auszugestalten. Hieraus ergibt sich weiter, dass die Kantone die Anstellungsverhältnisse des Personals der Kasse zu ordnen und für

260 deren Besoldung aufzukommen haben, und zwar ausschliesslich ; es dürfen also die Entschuldungsbeiträge des Bundes nicht etwa zur Besoldung der Beamten und Angestellten der Kasse verwendet werden. Dasselbe gilt für alle übrigen Auslagen. Kraft bundesrechtlicher Vorschrift sind die Tilgungskassen von allen Steuern und Abgaben des Bundes, der Kantone und Gemeinden befreit (Art. 40, Abs. 3), Den Kantonen steht es frei, die Verwaltung der Bauernhilfsorganisation der Tilgungskasse zu übertragen, was sich in der Eegel als zweckmässig erweisen dürfte, damit Doppelspurigkeiten vermieden werden können (Art. 102; vgl.

unten S. 306).

3. Hinsichtlich der F i n a n z g e b a r u n g der K a s s e fällt in Betracht, dass sie Schuldnerin der zum Zwecke der Gläubigerabfindung von ihr emittierten Loskauftitel ist, indem sie dieselben zu 4 % verzinsen und tilgen muss. Für die Tilgung insbesondere wird vorgesehen, dass diese durch jährliche Auslosungen in einem Betrage von einem Zwanzigstel der Summe der jährlich ausgegebenen Titel erfolgt (Art. 19, Abs. 2). Hieraus ergibt sich von selbst, dass die Kasse einen Tilgungsplan aufstellen muss. Dieser hat für jedes Jahr vom Beginn der Tätigkeit der Kasse an bis zu dem Moment, wo der letzte Loskauftitel abbezahlt sein wird, darüber Auskunft zu geben, welche Mittel der Kasse zur Verfügung stehen (Annuitätenzahlungen des Schuldners, öffentliche Entschuldungsbeiträge) und welche Verzinsungs- und Abzahlungspflichten ihr obliegen. Die Kasse erhält derart eine Kontrolle darüber, ob die gegenwärtigen und zukünftigen Mittel zur Erfüllung der Zins- und Kapitalabzahlungspflichten ausreichen. Sobald sich herausstellt, dass dies nicht mehr zutrifft, kann der Kasse auch nicht mehr zugemutet werden, sich durch Annuitätenleistungen gemäss Art. 18 an weiteren Entschuldungsfällen zu beteiligen und durch die Einnahmen nicht gedeckte Loskauftitel zu emittieren. Daher hat sich die Kasse in diesem Falle unverzüglich an die kantonale Eegierung zu -wenden, die nun ihrerseits die Nachlassbehörde ihres Kantons benachrichtigt mit der Folge, dass diese alle Gesuche, die nach dem Eingange dieser Mitteilung anhängig gemacht werden, vorläufig abzuweisen hat (Art. 40, Abs. 4, Art. 44, Abs. 2) ; Sache der kantonalen Eegierung ist es nun, an die zuständigen Instanzen zu gelangen, um eine Erhöhung
des öffentlichen Entschuldungsbeitrages zu erwirken, damit die Kasse neue Entschuldungsfälle an die Hand nehmen kann.

4. Nach Art. 40, Abs. 2, besteht eine sub s idiär e H a f t u n g des Kantons für alle im E n t s c h u l d u n g s v e r f a h r e n begründeten Verbindlichkeiten der Tilgungskasse, d. h. für die Verzinsung und Tilgung der von der Kasse emittierten Loskauftitel. Wir sehen voraus, dass diese Bestimmung auf Widerstände stossen wird. Um jedoch von vorneherein über unsere Auffassung keine Zweifel aufkommen zu lassen, liegt uns daran, jetzt schon zu erklären, dass mit der Streichung von Art. 40, Abs. 2, die ganze Vorlage in hohem Masse gefährdet würde. Wir erachten die subsidiäre Haftung des Kantons für unerlässlich. Eine Lösung des Entschuldungsproblems ohne Abfindung der Gläubiger mit Schuldverschreibungen ist unseres Erachtens nicht

261 möglich. Wird aber dieser allein gangbare Weg gewählt, so müssen diese Schuldverschreibungen mit einer Staatsgarantie versehen werden. Diese Staatsgarantie wiederum kann der Bund nicht übernehmen, weshalb nichts anderes übrig bleibt, als sie den Kantonen aufzuerlegen. Dass eine andere Lösung nicht möglich ist, erhellt aus folgenden Überlegungen. Theoretisch kann die Haftbarkeit des Gemeinwesens eintreten, wenn die Tilgungskasse -- was freilich nicht vorkommen sollte -- keinen richtigen Tilgungsplan aufstellt oder wenn sie, trotzdem ihre Mittel erschöpft sind, sich an weiteren Entschuldungsfällen beteiligt, indem sie es unterlässt, von der soeben erörterten, ihr gemäss Art. 40, Abs. 4, zustehenden Möglichkeit der Sicherung gegen eine übermässige Inanspruchnahme Gebrauch zu machen. Eine Haftung des Bundes aus diesem Gesichtspunkte ist von vorneherein nicht diskutabel; denn wenn der Kanton die Leitung der Tilgungskasse unfähigen Personen anvertraut, so mag er auch die Folgen davon tragen. Ausserdem kann die Haftung nach Art. 40, Abs. 2, praktisch werden, wenn zwar nach Massgabe des Tilgungsplanes die Einnahmen der Kasse zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen ausreichen, jedoch die effektiven hinter den budgetierten Einnahmen zurückbleiben, weil einzelne Schuldner ihre Annuitätenzahlungen nicht aufzubringen vermögen und die Kasse bei der Zwangsverwertung für ihre Ansprüche nicht gedeckt wird. Die Ursache solcher Verluste der Kasse ist stets darin zu suchen, dass die Schätzungsorgane es bei der Vornahme der Schätzungen an der erforderlichen Sorgfalt fehlen lassen oder dass die Nachlassbehörden unwürdigen oder unfähigen Schuldnern die Entschuldung bewilligen.

Dem Bunde ist in dieser Hinsicht jede Möglichkeit der Einwirkung versagt, da das gesamte Schätzungs- und Entschuldungsverfahren den Kantonen übertragen wird und ihnen übertragen werden muss. Nun ist gewiss für jeden Einsichtigen klar, dass man nicht den Bund für die Folgen einer laxen Handhabung des Gesetzes durch die kantonalen Behörden aufkommen lassen kann, sondern dass es Sache des einzelnen Kantons ist, für das Tun und Lassen seiner eigenen Behörden einzustehen. So ist es auch niemandem eingefallen, für die Schäden aus der Grundbuchführung den Bund haftbar zu erklären; man hat es als selbstverständlich betrachtet, dass die Kantone, deren
Organe mit der Grundbuchführung betraut sind, diese Haftung zu übernehmen haben (ZGB Art. 955). Ebenso liegen die Verhältnisse auch hier. Wir versprechen uns sogar von dieser Lösung sehr heilsame Wirkungen; denn wir sind überzeugt, dass mit den von der Öffentlichkeit für die Entschuldung zur Verfügung gestellten Mitteln mit erheblich grösserer Sorgfalt umgegangen wird, wenn die subsidiäre Haftbarkeit des Kantons besteht. Werden die Bestimmungen des Entwurfes mit peinlicher Genauigkeit angewendet, so läuft der Kanton praktisch kein Eisiko, zumal da den Tilgungskassen die Möglichkeit geboten ist, Eeserven zu äufnen. Im Falle einer allmählichen Besserung der Lage des Schuldners kann die Kasse verlangen, dass die Beiträge des Schuldners bis auf das Doppelte erhöht werden, was für sie eine entsprechende Entlastung zur Folge hat (Art. 68).

Kommt der Schuldner zu neuem Vermögen, so steht ihr das Eecht zu, bis zum

262 Betrage des Barwertes ihrer Beiträge auf dasselbe zu greifen (Art. 64). Desgleichen ist bei einer Veräusserung des Grundstückes zu einem den Schätzungswert übersteigenden Preise dafür Vorsorge getroffen, dass die Kasse sich aus dem Überschuss für den Barwert ihrer Leistungen decken kann (Art. 71).

Wir wiederholen, dass Art. 40, Abs. 2, einen Angelpunkt der Vorlage bildet, dass unseres Eraehtens von dieser Bestimmung deren Schicksal abhängig ist und dass wir uns einer Streichung oder einer Änderung im Sinne der Begründung der Haftbarkeit des Bundes energisch widersetzen müssten.

II. Öffentliche Beiträge und Entschuldungsfonds.

1. Über den Grundsatz der Beteiligung des Gemeinwesens an der Entschuldung haben wir uns im Allgemeinen Teile unserer Botschaft ausgesprochen. Aus dem im 2. Abschnitte des Speziellen Teiles Gesagten sodann ergibt sich, dass die öffentliche Hand an der Entschuldung in der Weise mitwirkt, dass sie für die von den Tilgungskassen gemäss Art. 18 zu leistenden Tilgungsraten aufkommt. Nach dem Entwurfe erfüllt das Gemeinwesen die ihm danach obliegende Pflicht nicht durch eine einmalige Leistung, vielmehr ist vorgesehen, dass während einer Dauer von 20 Jahren öffentliche Beiträge zur Verfügung gestellt werden. Wie unter Ziff. III darzulegen sein wird, rechnen wir damit, dass eine Jahresleistung von ca. 10 Millionen Franken erforderlich aber auch ausreichend ist, um die notleidenden Betriebe zu entschulden. Dieser öffentliche Entschuldungsbeitrag kann nicht dem Bunde allein auferlegt werden ; er ist vom Bunde und den Kantonen zu gleichen Teilen zu tragen. Diesfalls stellen wir freilich kein starres Prinzip auf; wir begnügen uns mit dem Satze, dass die Beiträge des Bundes von denjenigen der Kantone sollen abhängig gemacht werden. Die Verteilung der Entschuldungslast auf den Bund und die Kantone rechtfertigt sich aus allgemeinen Erwägungen; sie ist zudem auch in Anbetracht der Lage der Bundesfinanzen geboten. Wir möchten sie übrigens auch deswegen nicht missen, weil die Heranziehung der Kantone für eine strenge Handhabung des Entschuldungsrechts Gewähr bietet. Selbstverständlich steht es den Kantonen frei, ihrerseits die Gemeinden zu Beitragsleistungen zu verpflichten (Art. 41, Abs. l bis 3).

2. Mit Bücksicht darauf, dass die Verschuldung der Landwirtschaft ganz ungleich ist und
es besonders schwer verschuldete Gebiete gibt, rechtfertigt es sich, diesen Verhältnissen Eechnung zu tragen. Dies geschieht in der Weise, dass der Bundesrat ermächtigt wird, im Maximum 20 % der Bundesbeiträge zur Verwendung in besonders schwer verschuldeten, genau zu umschreibenden Gebieten auszuscheiden. Die erhöhten Zuwendungen des Bundes, die von entsprechend höheren Beiträgen des betreffenden Kantons abhängig gemacht werden können, dienen zu einer weitern Entlastung des Schuldners, derart, dass der Tilgungsaufwand nicht von der Kasse und vom Schuldner zu gleichen Teilen getragen wird, sondern der Schuldner beispielsweise nur y^ und die Kasse % der Gesamtannuität zu tragen hat (Art. 42,17, Abs. 3).

263 3. Die D u r c h f ü h r u n g dieser Grundsätze denken wir uns folgendermassen. Der Bund stellt während 20 Jahren alljährlich 5 Millionen Franken in das Budget ein. Davon wird eine Million für besonders schwer verschuldete Gebiete reserviert. Die verbleibenden 4 Millionen werden nach einem aufzustellenden Schlüssel unter die Kantone verteilt. Für die finanztechnische Behandlung der Beitragsleistungen fassen wir folgende Lösung ins Auge.

Der Bund legt seine Jahresbeiträge in einen Entschuldungsfonds, wobei sofort je eine Million in einen Separatfonds für besonders schwer verschuldete Gebiete ausgeschieden wird. Aus diesem Fonds werden (in der Eegel unter der Voraussetzung einer entsprechenden kantonalen Leistung) an die Kantone nach Massgabe der verfügbaren Mittel die Bundesbeiträge ausgerichtet, die gemäss dem aufzustellenden Schlüssel auf die einzelnen Kantone entfallen. Jeder Kanton seinerseits hat ebenfalls einen Entschuldungsfonds anzulegen. Dieser wird durch die Bundesbeiträge und die Beiträge des Kantons (und eventuell der Gemeinden) gespiesen ; er bildet alsdann das Eeservoir, aus dem den kantonalen Tilgungskassen die Mittel zur Durchführung der Entschuldung zur Verfügung gestellt werden (Art. 41, Abs. 2 bis 4, Art. 42, Abs. 2). Die Einzelheiten werden in der Vollziehungsverordnung zu regem sein. Dass die Einlagen in den eidgenössischen Entschuldungsfonds nicht verzinst werden, versteht sich von selbst.

III. Die finanzielle Tragweite des Entwurfes.

Der Entwurf begründet eine Verpflichtung des Bundes und der Kantone, durch Leistung von Beiträgen an der Entschuldung mitzuwirken. Was die Beiträge des Bundes betrifft, so hat der Bund während einer Dauer von zwanzig Jahren jährlich fünf Millionen Franken aufzubringen (Art. 41, Abs. 2).

Nach Art. 41, Abs. 3, werden die Beiträge des Bundes von denjenigen der Kantone abhängig gemacht. Wie später darzutun sein wird, dürften diese Mittel bei entsprechender Anstrengung der Kantone hinreichen, um die mit der Vorlage verfolgten Zwecke zu verwirklichen. Dabei sind wir uns wohl bewusst, dass sich mit mathematischer Genauigkeit die Höhe der von der öffentlichen Hand zu tragenden Entschuldungslast natürlich nicht ermitteln lässt.

Man ist notgedrungen auf Schätzungen angewiesen, die ihrer Natur nach mit Fehlerquellen behaftet sind und die hier eine
besondere Unsicherheit in sich schliessen, weil ein umfassendes statistisches Material nicht zur Verfügung steht.

Immerhin gestatten die vorhandenen Unterlagen eine Berechnung des Entschuldungsaufwandes, die nicht erheblich fehlgreifen dürfte.

1. In erster Linie muss die Zahl der zu entschuldenden Betriebe ermittelt werden. Das Bauernsekretariat hat hierüber in seinem schon wiederholt erwähnten Gutachten über die Verschuldung und Entschuldung der Landwirtschaft Untersuchungen angestellt mit dem Ergebnisse, dass ca. 20,000 eigentliche landwirtschaftliche Betriebe als überschuldet betrachtet werden müssen (1. c., S. 27). Diese Schätzung wird durch die vom Eidgenössischen

264 statistischen Amte angestellten Erhebungen bestätigt. Die Übereinstimmung der Eesultate ist um so wertvoller, als die beiden Untersuchungen von einander unabhängig sind und mit verschiedenen Methoden arbeiten. Das Eidgenössische statistische Amt geht davon aus, dass im Jahre 1929 238,000 landwirtschaftliche Betriebe gezählt worden sind. Hievon kommen für die Entschuldung in Wegfall ca. 52,000 Betriebe (wovon 40,000 von weniger als 3 ha), die von Personen beworben werden, die nicht im Hauptberufe Landwirte sind und denen daher nicht auf dem Wege der Entschuldung, sondern durch Arbeitsbeschaffung, d. h. durch eine Neuordnung der hauptberuflichen Erwerbsverhältnisse, geholfen werden muss. Von den danach verbleibenden 186,000 Betrieben können sodann ca. 11,000 Betriebe des Kantons Tessin abgezogen werden; denn die tessinischen Betriebe kommen für die hypothekarische Entschuldung nicht in Betracht, weil angesichts der Parzellierungsverhältnisse die gesamte hypothekarische Belastung aller dieser Betriebe nur ca. 10 Millionen beträgt. Weiter wird ein Teil der sogenannten Kleinbetriebe von 0--3 ha (ca. 47,300 Betriebe) nicht in Frage kommen. In dieser Ziffer sind einerseits die der Entschuldung nicht bedürftigen Spezialbetriebe enthalten. Anderseits fallen darunter die Zwergbetriebe, die dem Inhaber und seiner Familie keine genügende Existenzgrundlage zu bieten vermögen (vgl. S. 233) ; vielen dieser Betriebe könnte auch die hypothekarische Entschuldung keine hinreichende Hilfe bringen, handelt es sich doch vielfach um Fälle, deren sich, gleich wie bisher, so auch in Zukunft in letzter Linie die öffentlichen Unterstützungsbehörden werden annehmen müssen, wenn es nicht gelingt, auf anderem Wege, wie namentlich durch Arbeitsbeschaffung, eine Verbesserung der Erwerbsverhältnisse herbeizuführen. Soweit die dieser Kategorie angehörenden Betriebe für die Entschuldung in Betracht fallen, sind sie in der nachstehenden Zusammenstellung berücksichtigt.

Endlich sind auch die meisten der rund 15,000 grösseren Pacht betriebe auszuschalten, und zwar deswegen, weil höchstens ein Drittel derselben im Eigentum von Landwirten steht und daher nur ein Bruchteil dieses Drittels für die Entschuldung in Betracht fällt. Nach diesen Abzügen bleiben noch ca. 150,000 Betriebe übrig. Diese werden nunmehr auf die verschiedenen
Betriebstypen verteilt, wobei sich unter Berücksichtigung der für den einzelnen Betriebstyp ermittelten Gefahrengrenzen das aus der folgenden Tabelle ersichtliche Besultat ergibt.

Betriebsgruppe

Einseitige Gras- und Milchwirtschaft Gras- und Milchwirtschaft mit erheblichem Obstbau Gras- und Milchwirtschaft in besten Obstlagen .

Simmentaler Zuchtbetriebe Übrige Zuchtbetriebe Alpbetriebe in Talern mit niedriger Verschuldung Übertrag

Gesamtzahl Zu entschuldende der Betriebe Betriebe

9,000 20,000 8,000 3,000 20,000 4,000 64,000

2,400 2,000 400 1,000 4,000 400 10,200

265 Übertrag Kombinierte Milch- und Ackerbaubetriebe (Kleegraswirtschaften) : a. stark verschuldete Gebiete i>. übrige Betriebe mit starkem Getreidebau Betriebe der Übergangszonen . : Weinbaubetriebe Spezialbetriebe für Gemüse- und Obstbau. . . .

Waliiserbetriebe, soweit in andern Kategorien nicht berücksichtigt Jurabetriebe in ungünstigen Lagen Total

64,000

10,200

15,000 25,000 15,000 12,000 5,000 2,000

2,500 2,000 1,200 1,800 250 100

6,000 7,000 151,000

900 1,400 20,350

Dieses Ergebnis, wonach ca. 20,000 Betriebe der Entschuldung bedürftig sind, wird durch eine weitere Überlegung bestätigt. Nach einigen vorläufigen Auszählungen der Besitzwechselstatistik 1984 sind ca. 20 % aller Betriebe seit dem Jahre 1920 freihändig erworben worden; das sind, wenn von 150,000 in Betracht fallenden Betrieben ausgegangen wird, 30,000 Betriebe. Nach den im Kanton Zürich durchgeführten Erhebungen sollen 50 % aller seit 1920 erworbenen Liegenschaften überschuldet sein, was auf die ganze Schweiz übertragen zu einer Entschuldungsquote von 15,000 Betrieben führt. Dieses Ergebnis ist deswegen wertvoll, weil danach angenommen werden darf, dass jedenfalls nicht mit mehr als 20,000 entschuldungsbedürftigen Betrieben gerechnet werden muss.

2. Zur Ermittlung der öffentlichen Entschuldungslast ist weiter erforderlich die Kenntnis der Grosse, des Schätzungswertes sowie der Belastungsund Deckungsverhältnisse der zu entschuldenden Betriebe. Hinsichtlich der Grosse nehmen wir das für die ganze Schweiz bestehende Mittel von 8,4 ha an, was vorsichtig gerechnet ist, da die zu entschuldenden Betriebe eher unter dem Mittel liegen werden. Was sodann den Schätzungswert betrifft, so ist davon auszugehen, dass sich der mittlere Ertragswert pro ha auf 4000 bis 4500 Pranken beläuft; unter der Annahme eines Ertragswertes von Fr. 4250 pro ha ergibt sich für einen Betrieb mit einer Fläche von 8,4 ha ein Ertragswert von Fr. 35,700. Da nach Art. 6, Abs. l, des Entwurfes der für die Entschuldung massgebende Schätzungswert gleich ist dem Ertragswert vermehrt um einen Zuschlag von höchstens 20 %, nehmen wir weiter an, dass der Ertragswert durchschnittlich um 10 %, d. h. um Fr. 3570 erhöht wird, was einen Schätzungswert von Fr. 39,270 oder rund Fr. 40,000 ergibt. Am schwierigsten ist die Feststellung der Deckungsverhältnisse, d. h. der Eelation zwischen dem Schätzungswert gemäss Art. 6, Abs. l, und der hypothekarischen Belastung.

Darüber stehen uns nur Angaben aus einigen Kantonen zu Gebote; doch gestatten diese immerhin eine ziemlich zuverlässige Schätzung. Im Kanton Zürich ist in 786 Sanierungsfällen festgestellt worden, dass die hypothekarische

266 Belastung 150,89 % des Ertragswertes erreichte; im Kanton Luzern (931 Fälle) waren es 147,52 % des Ertragswertes, in St. Gallen (518 Fälle) 136,05 % des Ertrags wertes. Für den Kanton Bern (500 Fälle) ist ermittelt worden, dass die Grundpfandbelastung 128,oa % der (gewissermassen das Mittel zwischen Ertrags- und Verkehrswert bildenden) Sanierungsschatzung gemäss dem Bundesbeschluss vom 28. September 1934 erreichte. Hiervon ausgehend nehmen wir an -- und wir glauben diese Armahme als vorsichtig bezeichnen zu dürfen --, dass bei den für die Entschuldung gemäss dem Entwurfe in Betracht fallenden Betrieben die Belastung sich im Mittel auf 150% des Schätzungswertes gemäss Art. 6, Abs. l, belaufen wird.

3. Auf dieser Basis gelangen wir hinsichtlich der finanziellen Tragweite des Entwurfes zu folgendem Ergebnis. Nach unsern Annahmen weist der einzelne Betrieb einen Schätzungswert von Fr. 40,000 auf und ist bis zu 150 % des Schätzungswertes belastet. Hieraus ergibt sich, dass je Betrieb Fr. 20,000 ungedeckte Hypotheken vorhanden sind, die amortisiert werden müssen.

Hievon fallen Fr. 10,000 in die erste Stufe und Fr. 10,000 in die zweite Stufe.

In der ersten Stufe beläuft sich der Barwert der von der Tilgungskasse aus öffentlichen Mitteln aufzubringenden Tilgungsraten auf Fr. 3400, in der zweiten Stufe auf Fr. 2700, insgesamt auf Fr. 6100. Dies ergibt für 20,000 Betriebe eine Summe von 122 Millionen Franken (Barwert). Diese 122 Millionen werden auf 20 Jahre (Amortisationsdauer) verteilt, was einer jährlichen von Bund und Kantonen zu gleichen Teilen zu tragenden Leistung von 9 Millionen Franken gleichkommt. Der Gesamtschätzungswert der 20,000 zu entschuldenden Betriebe beträgt nach den oben genannten Annahmen 800 Millionen, die Pfandbelastung 1200 Millionen. Folglich gelingt es mit einem über 20 Jahre erstreckten Aufwand von 9 Millionen (Barwert 122 Millionen), die hypothekarische Belastung dieser 20,000 Betriebe von 1200 Millionen auf 800 Millionen, d . h . um 400 Millionen zu reduzieren. Um ganz vorsichtig zu rechnen und die hinsichtlich der Zahl der Betriebe, des Schätzungswertes und der Belastung vorhandenen Fehlerquellen einzukalkulieren, rechnen wir mit einer Jahresleistung von 10 Millionen Franken (Barwert für die zwanzigjährige Leistung 135,5 Millionen); anders ausgedrückt: der Bund und die
Kantone haben während 20 Jahren je 5 Millionen p. a. für die Entschuldung verfügbar zu machen. Diese Schätzung stützt sich auf einen Preisstand der landwirtschaftlichen Produkte, wie er in den Jahren 1934 und 1935 vorlag.

4. Die soeben erwähnten öffentlichen Leistungen sind notwendig für die hypothekarische Entschuldung und für diesen Zweck gebunden.

Indes ist zu erwägen, dass in der Mehrzahl der Fälle mit der Amortisation der ungedeckten Grundpfandforderungen ein Nachlassverfahren der Kurrentgläubiger verbunden ist. Diesen Gläubigern muss selbstverständlich eine Nachlassdividende angeboten werden können. Sehr häufig wird indes der Schuldner nicht imstande sein, die hiefür erforderlichen Mittel aufzubringen.

Daher muss schon aus diesem Grunde die Kreditaktion für notleidende Land-

267

wirte aufrechterhalten werden, und zwar rechnen wir, aus dein Gesichtspunkte der Entschuldung betrachtet, mit etwa sieben Jahren vom Inkrafttreten des Gesetzes an. Denn während fünf Jahren können Entschuldungsgesuche gestellt werden, und es ist anzunehmen, dass die letzten derselben im siebenten oder ausnahmsweise spätestens im achten Jahre nach dem Inkrafttreten ihre Erledigung finden werden.

Der jährliche Aufwand für die Kredithilfe lässt sich heute ziffernmässig nicht festlegen, und zwar schon aus der einfachen Erwägung, dass diese Hilfe nicht bloss zur Speisung von Nachlassdividenden dienen soll. Sie verfolgt im wesentlichen agrarproduktive Zwecke, wie wir in der Botschaft vom 22. Dezember 1933 des näheren dargelegt haben. Immerhin werden die jährlichen Aufwendungen insofern eine Eeduktion erfahren dürfen, als die Mittel, die bisher für die Abfindung rückständiger gedeckter Zinsen verwendet wurden, in Zukunft entbehrt werden können, da nach dem Entwurfe die ausstehenden Zinsen kapitalisiert werden. Bei der Bemessung und Verteilung der für die Kredithilfe notwendigen Mittel des Bundes wird man inskünftig auch Bücksicht darauf nehmen müssen, dass jene Kantone, die infolge geringer hypothekarischer Verschuldung aus dem eidgenössischen Entschuldungsfonds keinen oder einen geringen Anteil erhalten, deren Landwirtschaft aber trotzdem einer finanziellen Hilfe im Sinne einer Notstandshilfe bedarf, einen billigen Ausgleich erhalten. Dieser wird dann in diesen Verhältnissen vorzüglich zur Sanierung, zu produktiver Notstandshilfe, zur Verbesserung der Absatzbedingungen, zur Schaffung oder Steigerung des Nebenverdienstes des Betriebsinhabers und seiner Angehörigen verwendet werden müssen.

Es ist hier vor allem an Verhältnisse zu denken, wie wir sie z. B. in einzelnen Gebirgsgegenden, in den Kantonen Obwalden, Graubünden und Tessin vorfinden. Aus diesen Erwägungen kann die Portführung der Kredithilfe für die notleidenden Landwirte nicht entbehrt werden. Wir werden Ihnen daher rechtzeitig Botschaft und Entwurf eines Bundesbeschlusses über die Fortführung der Kredithilfe vorlegen, damit nicht die Durchführung der Entschuldung gehemmt wird, weil die durch die Kredithilfe flüssig zu machenden Mittel noch nicht bereitstehen. Angesichts der engen Zusammenhänge zwischen Entschuldung und Kredithilfe könnte man
sich fragen, ob nicht auch diese in dem vorliegenden Entwurf hätte geordnet werden sollen. Wir verneinen diese Frage aus folgenden Gründen: Zunächst fällt in Betracht, dass die Grundlagen für eine zuverlässige Schätzung der Mittel, welche die Kredithilfe erfordert, zurzeit nicht genügend abgeklärt sind, weshalb der beweglichere Bundesbeschluss gegenüber dem Gesetze den Vorzug verdient. Wesentlich war uns vor allem die Überlegung, dass die Kredithilfe nach verschiedenen Eichtungen über die Entschuldung hinausgreift, so dass ihre Einbeziehung in das Entschuldungsgesetz dessen Eahmen sprengen müsste. Es liegt uns sehr daran, die hypothekarische Entschuldung als eine Massnahme rechtlicher Natur von der Kredithilfe, die ausgesprochen volkswirtschaftspolitischen Charakter hat, zu scheiden. Die für die Entschuldung in Aussicht genommenen Bundes-

268 beitrage von jährlich fünf Millionen Franken müssen ausschliesslich der hypothekarischen Entschuldungsaktion reserviert bleiben und sollen auch gesetzlich für diesen Zweck gebunden sein. Würde die Kredithilfe in die Vorlage einbezogen, so könnte die reinliche Scheidung der in ihrem Wesen ganz verschieden gearteten und gerichteten Massnahmen leicht verwischt werden. Infolgedessen wäre die Entschuldungsaktion der Gefahr der Unzulänglichkeit und des Misskredites ausgesetzt, was von Anfang an im Interesse der Sache und der Sicherheit einer erfolgreichen Durchführung unbedingt vermieden werden muss. Die zur Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe in Aussicht genommenen Bundesmittel müssen aber nicht bloss für die hypothekarische Entschuldung vorbehalten bleiben, sondern auch einer gesonderten Bechnungsführung und Verwaltung unterstellt werden, die der für die Vollziehung und Anwendung des Gesetzes zuständigen Stelle anzuvertrauen ist. Denn nur so kann der notwendige Überblick über die Aktion und die sach- wie zweckgemässe Verwendung der bereitgestellten Mittel gewahrt und gesichert werden.

Zusammenfassend stellen wir daher fest, dass für die Durchführung der hypothekarischen Entschuldungsaktion ö f f e n t l i c h e Mittel im Betrage von rund 200 Millionen Franken zur Verfügung gestellt werden müssen, wobei die Besoldungen des Personals der Tilgungskassen und deren Auslagen wie auch die zur Ermöglichung von Nachlassverträgen erforderlichen Beiträge aus der auch weiterhin nicht zu entbehrenden Kr e di t hilf e für notleidende Landwirte nicht inbegriffen sind.

4. A b s c h n i t t .

Verfahren.

I. Das Verfahren überhaupt.

1. Seiner rechtlichen S t r u k t u r nach ist das Entschuldungsverfahren ein Nachlassverfahren. Freilich haben nicht schlechthin die Art. 293 ff.

SchKG als anwendbar erklärt werden können, da das im SchKG geregelte Verfahren sich nur auf die Kurrentgläubiger bezieht, das Verfahren nach dem vorliegenden Gesetze dagegen auch die Pfandgläubiger oder ausnahmsweise nur diese allein in sich begreift (Art. 48, Abs. 2). Daher hat der Entwurf verfahrensrechtliche Spezialbestimmungen schaffen müssen, welche das Verfahren den besonderen Zwecken und Bedürfnissen der Entschuldung anpassen.

Soweit sich aus den Vorschriften des Entwurfes nichts anderes ergibt, ist das gemeine Nachlassvertragsrecht als subsidiäre Quelle anzuwenden.

2. Der Erörterungen der einzelnen Bestimmungen des Entwurfes vorgängig heben wir einige allgemeine Gesichtspunkte hervor: a. Organe des V e r f a h r e n s sind gleich wie nach gemeinem Nachlassvertragsrecht die Nachlassbehörde und der Sachwalter. In bezug auf die

269 Nachlassbehörde gelten die Bestimmungen des SchKG. Die Kantone können also eine Instanz oder zwei Instanzen bestellen (SchKG Art. 23, Ziff. 3). Machen sie von dieser Möglichkeit Gebrauch, so können die Entscheidungen gemäss Art. 44, 47 und 60 an die obere Nachlassbehörde weitergezogen werden. Ein ordentliches Eechtsmittel an das Bundesgericht ist nicht vorgesehen. Was den Sachwalter betrifft, so finden auf dessen Geschäftsführung die Art. 8, 11 und 17 SchKG- Anwendung. Während es im gewöhnlichen Nachlassverfahren bei diesen beiden Organen sein Bewenden hat, tritt im Entschuldungsverfahren ein weiteres Organ hinzu: die Tilgungskasse. Dieser liegt die Aufstellung des Entschuldungsplanes und die Führung allfälliger Unterhandlungen mit den Gläubigern und den Bürgen ob. Von dieser Eegelung erwarten wir günstige Wirkungen für die praktische Durchführung der Entschuldung; denn es ist anzunehmen, dass die Tilgungskassen bald über ein geschäftsgewandtes und mit den Verhältnissen vertrautes Personal verfügen werden, so dass für der konkreten Sachlage angemessene Entschuldungspläne Gewähr geboten ist. Der Entwurf gibt der Nachlassbehörde die Möglichkeit, die Tilgungskasse auch mit den Funktionen des Sachwalters zu betrauen. Wir hoffen, dass hievon häufig Gebrauch gemacht werden wird; immerhin haben wir von einem Obligatorium dieser Personalunion abgesehen, da die Verhältnisse von Kanton zu Kanton allzu verschieden sind.

b. In seinem A u f b a u weicht das Entschuldungsverfahren vom gewöhnlichen Nachlassverfahren sowohl als vom bäuerlichen Sanierungsverfahren gemäss dem Bundesbeschluss vom 28. September 1934 ab. Auch bei der Entschuldung bildet das Bewilligungsverfahren das erste Verfahrensstadium.

Wird das Entschuldungsverfahren an die Hand genommen, so muss durch Ermittlung der Aktiven und Passiven die Basis für die Aufstellung des Entschuldungsplanes geschaffen werden, der seinerseits die notwendige Grundlage für den Bestätigungsentscheid der Nachlassbehörde darstellt.

a«. In Ansehung der Feststellung der Passiven erweist sich eine grundlegende Neuerung als notwendig. Im Nachlassverfahren findet bekanntlich (unter Vorbehalt des Preisgabevergleiches) eine Kollokation nicht statt. Wohl kann der Schuldner die angemeldeten Forderungen bestreiten, doch wird der Prozess ausserhalb des Verfahrens nach der
Bestätigung durchgeführt (SchKGArt. 310). Den Gläubigern steht ein Bestreitungsrecht nicht zu; sie können höchstens aus der Unterlassung der Bestreitung durch den Schuldner einen im Verfahren vor der Nachlassbehörde geltend zu machenden Einwand gegen die Bestätigung herleiten. Für die Entschuldung dagegen kann diese Ordnung nicht aufrechterhalten werden, weil allzu grosse materiellrechtliche Interessen auf dem Spiele stehen. Wird nämlich eine nicht bestehende Pfandforderung zugelassen, so werden dadurch alle nachgehenden Forderungen zurückgedrängt mit der Folge, dass die Gläubiger derselben einen grösseren Verlust erleiden und die Bürgen für einen grösseren Ausfall aufkommen müssen. Desgleichen wird die Tilgungskasse mit vermehrten Annuitäten/anhingen belastet. Daher müssen solche Forderungen von den Gläubigern, von den Bürgen und von der

270

Tilgungskasse bestritten und auf Grund einer erfolgreichen Bestreitung weggewiesen werden können. Die Entscheidung solcher Streitigkeiten kann aber ihrer Natur wegen nur dem Eichter übertragen werden, so dass in Ansehung der Pfandforderungen ein Kollokationsverfahren sich nicht umgehen Hb. Infolge der Kombination des Entschuldungs- und des Nachlassverfahrens ist eine Änderung der Stellung der Kurrentgläubiger nicht zu umgehen.

Das SchKG sieht bekanntlich ein Zustimmungsverfahren vor, d. h. der Nachlassvertrag kann nur bestätigt werden, wenn er mindestens 2/3 der Kopfund Summenstimmen auf sich vereinigt hat (SchKG Art. 305). Im Entschuldungsverfahren ist für ein Zustimmungsverfahren der Kurrentgläubiger kein Eaum vorhanden. Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger und Hypothekarentschuldung bilden ein einheitliches Ganzes. Unter diesen Umständen kann es nicht angehen, dass die Kurrentgläubiger, indem sie den Nachlassvertrag verwerfen, die Entschuldung vorunmöglichen. Folgerichtig istdasZustimmungsverfahren zu eliminieren und den Kurrentgläubigern bloss das Eecht einzuräumen, im Bestätigungsverfahren ihre Einwendungen geltend zu machen entsprechend der Ordnung, die im Hotelpfandnachlassverfahren und im amtlichen Sanierungsverfahren gemäss dem Bundesbeschluss vom 28. September 1984 schon Eechtens ist.

cc. In Abweichung vom gemeinen Nachlassvertragsrechte wird endlich ein besonderes Vollzugsverfahren geschaffen, das sich an den Bestätigungsentscheid anschliesst. Der Mangel eines amtlichen Vollzuges hat sich schon bei den gewöhnlichen Nachlassverträgen als sehr unzweckmässig herausgestellt. Bei der Entschuldung kann von einem behördlichen Vollzugsverfahren vollends nicht Umgang genommen werden, da die Entschuldung umfassende Änderungen im Grundbuche nach sich zieht und daher Gewähr dafür geboten werden muss, dass hiebei mit grösster Sorgfalt vorgegangen wird.

u. Einleitung und Beendigung des Verfahrens.

1. Das Entschuldungsverfahren wird stets durch ein vom Betriebsinhaber einzureichendes schriftliches Gesuch eingeleitet, über dessen Inhalt (mit Einschluss der Beilagen) Art. 43 detaillierte Vorschriften aufstellt. Hervorzuheben ist insbesondere, dass der Gesuchsteller sich mit einem Antrage auf Einleitung des Verfahrens gemäss dem Entschuldungsgesetze begnügen kann, also keineswegs etwa einen konkreten
Vorschlag oder gar einen Entschuldungsplan einzureichen hat; denn die Frage, welche Massnahmen getroffen werden müssen, kann erst im Laufe des Verfahrens auf Grund der vom Sachwalter und von der Tilgungskasse vorzunehmenden Erhebungen und auf Grund der Stellungnahme der Bauernhilfsorganisation entschieden werden. Je nachdem diese ein Hilfsdarlehen gewährt oder nicht, wird sich die Auseinandersetzung mit den Kurrentgläubigern ganz verschieden gestalten. Wichtig ist sodann, dass der Petent, bevor er an die Nachlassbehörde gelangt, das Unterstellungs- und

271 Schätzungsverfahren durchführt ; denn der Entwurf geht im Interesse der Vereinfachung und Abkürzung des Entschuldungsverfahrens davon aus, dass im Momente der Einleitung des Verfahrens die Eigenschaft der zu entschuldenden Grundstücke als landwirtschaftliche Grundstücke rechtskräftig festgestellt und auch die Schätzung vorgenommen worden ist. Die Nachlassbehörde hat das Gesuch -- ohne Anhörung der Gläubiger -- nach seiner formellen und seiner materiellen Seite zu prüfen. In materieller Beziehung insbesondere hat sie sich auf die Untersuchung der Frage zu beschränken, ob das Gesuch von vorneherein als aussichtslos erscheint. Aussichtslos ist das Gesuch dann, wenn schon eine summarische Prüfung ergibt, dass die in Art. 11 umschriebenen Voraussetzungen nicht zutreffen und die Bestätigung gemäss Art. 57 ausser Betracht fällt. Daher lautet die Entscheidung der Nachlassbehörde -- von der Erledigung des Gesuches durch Nichteintreten abgesehen -- entweder auf Eröffnung des Verfahrens oder auf Ablehnung des Gesuches. Eine Weiterziehung der im Bewilligungsverfahren ergehenden Entscheidung ist nur vorgesehen, wenn die Behörde das Gesuch abweist oder auf dasselbe nicht eintritt ; aktiv legitimiert ist nur der Gesuchsteller, da er allein ein Eechtsschutzinteresse hat. Dagegen kann im Falle der Eröffnung des Verfahrens die obere Nachlassbehörde nicht angerufen werden; denn als zur Weiterziehung legitimiert kämen bloss die Gläubiger in Betracht; diese nehmen jedoch an dem Bewilligungsverfahren nicht teil; zur Wahrung ihrer Eechte wird ihnen später Gelegenheit geboten (Art. 44).

2. Das Entschuldungsverfahren findet seinen Abschluss in der Entscheidung der Nachlassbehörde gemäss Art. 55 ff. Nur ausnahmsweise kann es ·-- vom Falle des Eückzuges des Gesuches und der Gegenstandslosigkeit infolge Todes des Gesuchstellers abgesehen -- schon früher beendigt werden.

Art. 47 sieht nämlich den Widerruf der Eröffnung des Verfahrens vor. Dieser wird auf Antrag der Tilgungskasse, des Sachwalters oder eines benachteiligten Gläubigers ausgesprochen, wenn der Schuldner Handlungen vornimmt, die ihm untersagt sind (Art. 45), also insbesondere wenn er die Weisungen des Sachwalters nicht befolgt oder wenn er sonstwie die Interessen der Gläubiger gröblich verletzt oder einzelne Gläubiger zum Nachteil von andern begünstigt.
Selbstverständlich muss der Schuldner angehört werden (SchKG Art. 298, Abs. 2). Wo eine obere Nachlassbehörde besteht, kann er die Entscheidung über den Widerruf an diese weiterziehen.

8. Einer besondern Erörterung bedarf Art. 44, Abs. 2, der mit Art. 40, Abs. 4, in engstem Zusammenhange steht. Wie oben dargelegt worden ist (vgl. S. 52), hat die Tilgungskasse, falls ihre verfügbaren Mittel erschöpft sind, an die kantonale Regierung zu gelangen, die nun ihrerseits die Nachlassbehörden benachrichtigt, mit der Folge, dass diese alle Entschuldungsgesuche vorläufig abweisen müssen, die nach dem Empfange dieser Mitteilung eingehen. Andererseits liegt es auf der Hand, dass die der Entschuldung bedürftigen würdigen Gesuchsteller unter dem Unvermögen der Kasse, sich an weitern Entschuldungen zu beteiligen, nicht leiden dürfen. Daher kann die Nachlassbehörde

272 im Falle der vorläufigen Abweisung des Gesuches dem Schuldner -- sofern das Gesuch nicht von vorneherein als aussichtslos erscheint -- unter gleichzeitiger Bestellung eines Sachwalters eine Stundung bewilligen, um ihm gegen hängige und drohende Betreibungen Schutz zu gewähren. Auf diese Stundung finden die Art. 45, 46, Abs. 2--4, und 47 Anwendung. Die maximale Dauer der Stundung haben wir auf ein Jahr angesetzt, in der Erwägung, dass es der Tilgungskasse gelingen dürfte, innerhalb dieses Zeitraumes weitere öffentliche Entschuldungsbeiträge flüssig zu machen, damit sie neue Entschuldungsfälle an die Hand nehmen kann. Sobald dies zutrifft, wird die kantonale Eegierung , die Nachlassbehörden hievon in Kenntnis setzen, die nun ihrerseits auf die Behandlung der Gesuche eintreten werden, die vorläufig haben abgewiesen werden müssen. Dies wird, weil selbstverständlich, im Entwurfe nicht ausdrücklich gesagt.

in. Die Stellung des Schuldners während des Verfahrens.

1. Da die Entschuldung die Sanierung des landwirtschaftlichen Betriebes anstrebt, muss wahrend des Verfahrens dessen ordentliche Bewirtschaftung fortgesetzt werden (Art. 45, Abs. 1). Der Eigentümer steht dabei unter der Aufsicht des Sachwalters und hat dessen Weisungen zu befolgen (SchKG Art. 298, Abs. 1), und zwar in bezug auf die technische Führung des Betriebes, die finanzielle Gebarung und gegebenenfalls auch die persönliche Lebenshaltung.

Gleich wie im gewöhnlichen Nachlassverfahren wird der Schuldner auch im Entschuldungsverfahren in seiner Dispositionsfähigkeit beschränkt. Freilich schlagen wir Ihnen diesfalls eine von SchKG Art. 298, Abs. l, abweichende Ordnung vor. Nach gemeinem Nachlassvertragsrecht kann der Schuldner während der Dauer des Verfahrens nicht mehr in rechtsgültiger Weise Liegenschaften veräussern oder belasten, Pfänder bestellen, Bürgschaften eingehen oder unentgeltliche Verfügungen treffen. Das trotzdem vorgenommene Geschäft ist absolut nichtig; diese Nichtigkeit kann auch durch die Zustimmung des Sachwalters und der Gläubiger nicht geheilt werden (BGE 51 III, Nr. 20). Diese Regelung ist schon längst als unbefriedigend empfunden worden; für das landwirtschaftliche Entschuldungsverfahren wäre sie schlechterdings unbrauchbar. Es lässt sich nämlich sehr wohl denken, dass dem Schuldner eine Liegenschaft gehört, die für
die Fortführung des Betriebes nicht notwendig ist und für welche Kaufsinteressenten vorbanden sind. Besteht die Möglichkeit einer günstigen Veräusserung einer solchen Liegenschaft, so muss sie zum Zwecke der Beschaffung der Mittel zur Auszahlung der Nachlassdividende abgestossen werden können. Daher sieht Art. 45, Abs. 2, vor, dass die sogenannten verbotenen Geschäfte im Sinne von Art. 298 SchKG (denen wir die Zahlung von vor der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Schulden gleichstellen) vollwirksam sind, sofern der Sachwalter seine Zustimmung erklärt.

2. Nach dem gemeinen Nachlassvertragsrechte können vom Bewilligungsentscheide an gegen den Schuldner keine Betreibungshandlungen mehr vorgenommen werden, da ihm die Behörde eine N a c h l a s s s t u n d u n g z u gewähren

273 hat, sofern sie auf das Gesuch eintritt (SchKG Art. 295, Abs. 1). Im Entschuldungsverfahren besteht für einen automatisch wirksamen Vollstreckungsschutz kein Bedürfnis; dies gilt namentlich für die Fälle, wo der Schuldner schon gemäss dem Bundesbeschluss vom 28. September 1934 saniert worden ist. Aus diesem Grunde wird das Obligatorium in ein Fakultativum umgewandelt. Die Nachlassbehörde kann, sofern es -- infolge hängigerBetreibungen -- als notwendig erscheint, dem Schuldner eine S t u n d u n g bewilligen, sei es im Zeitpunkte der Eröffnung des Verfahrens, sei es erst in einem späteren Stadium desselben. Die Stundung wird zunächst auf höchstens 6 Monate gewährt, doch darf sie ausnahmsweise um 4 Monate verlängert werden. Eine weitere Erstreckung ist nur zulääsig, wenn das Verfahren infolge von Kollokationsprozessen gemäss Art. 58 verzögert wird. Hinsichtlich der Wirkungen der Stundung gibt Art. 46, Abs. 2, die Vorschrift von SchKG Art. 297 wieder. Diese bedarf jedoch zum Zwecke der Wahrung des Lohn-, Mündelund Medizinalprivilegs, des paulianischen Anfechtungsrechts (SchKG Art.285ff.)

und des Zinsenpfandrechts der Grundpfandgläubiger in einer infolge des Scheiterns des Entschuldungsverfahrens notwendig werdenden Zwangsliquidation der Ergänzung. Daher bestimmt Art. 46, Abs. 8, in Anlehnung an den für die Notstundung geltenden Art. 317 g, Abs. 2, SchKG, dass die in SchKG Art. 219 für Forderungen I. bis III. Klasse vorgesehenen Fristen sowie die in SchKG Art. 286 und 287 vorgesehenen Halbjahiesfristen sich um die Dauer der Stundung verlängern und dementsprechend auch die Dauer des Pfandrechts für die Grundpfandzinsen gemäss Art. 818 ZGB erstreckt wird.

IV. Die Vorbereitung des Entscheides der Nachlassbehörde.

Der Zweck des an den Bewilligungsentscheid sieh anschliessenden Verfahrens besteht in der Vorbereitung des gemäss Art. 55 ff. zu erlassenden Hauptentscheides. Zu diesem Behufe müssen die Aktiven und Passiven ermittelt, die Deckungsverhältnisse festgestellt und die Vorschläge für die Ausgestaltung der Entschuldung im konkreten Falle ausgearbeitet werden.

1. Feststellung der Aktiven.

Die Feststellung der A k t i v e n liegt dem Sachwalter ob. Dieser hat gleich wie im gewöhnlichen Nachlassverfahren sofort nach seiner Ernennung ein Inventar über sämtliche Vermögensbestandteile des Schuldners
aufzunehmen (Art. 51, Abs. 1). SchKG Art. 299 auferlegt ihm ausserdem die Pflicht, die im Inventar aufgezeichneten Aktiven zu schätzen. Im Entschuldungsverfahren vereinfacht sich diese Aufgabe insofern, als für die landwirtschaftlichen Grundstücke die gemäss Art. 5 ff. vorzunehmende Schätzung massgebend ist. Der Sachwalter hat also bei den betreffenden Inventarnummern lediglich diese Schätzung anzugeben. Soweit Vieh verpfändet ist, hat er ebenfalls nicht selbst zu schätzen, sondern den Schätzungsbefund der Viehversicherungskasse und, wo eine solche fehlt, eines von ihm zu bezeichnenden Sachverständigen einzuholen (Art. 51, Abs. 2).

Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. II.

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274 2. Feststellung der Passiven.

Die Feststellung der Passiven gehört ebenfalls zu den Obliegenheiten des Sachwalters. Nach dem Entwurfe muss zum Zwecke der Ermittlung der Verbindlichkeiten 1. ein Schuldenruf erlassen werden. Wir sehen zwar voraus, dass sich hiegegen Widerstände erheben werden. Demgegenüber stellen wir jedoch jetzt schon fest, dass die Entschuldung nur auf Grund einer möglichst vollständigen Erfassung der Passivmasse durchführbar ist und der Schuldenruf das einzige hiefür taugliche Mittel bildet. Die Erfahrungen der Bauernhilfskassen reden diesfalls eine unmissverständliche Sprache. In einem uns über die Tätigkeit dieser Kassen erstatteten Berichte wird ausgeführt, dass ohne Schuldenruf die Verpflichtungen des Schuldners kaum je festgestellt werden konnten. Selbst in Verhältnissen mit kleinen Geldumsätzen komme es oft vor, dass die vom Schuldner auf Befragen angegebenen Verbindlichkeiten, aus denen er als Hauptschuldner hafte, um Tausende von Franken von den Verpflichtungen abwichen, die sich auf Grund des Schuldenrufes ergäben; noch grösser seien die Lücken bei den Bürgschaftsschulden. Die Ursache dieser Erscheinung liege oft in der Unkenntnis der eingegangenen Verpflichtungen, sehr häufig aber auch in dem Bestreben, Schulden geheim zu halten oder unlautere Abmachungen zu verdecken. Hieraus dürfte zur Genüge hervorgehen, dass der Schuldenruf nicht entbehrt werden kann. Eine Ausnahme ist bloss für den Fall vorgesehen, wo das Verfahren sich auf die Kapitalstundung beschränkt und nicht gleichzeitig ein Nachlassverfahren über Kurrentschulden durchgeführt werden muss, oder wo der Schuldner längstens ein Jahr vor der Einreichung des Gesuches ein Sanierungsverfahren durchgeführt hat und sich über die Erfüllung der Bedingungen desselben ausweist (Art. 48).

2. Anmeldungspflichtig sind sämtliche gegen den Schuldner bestehenden Forderungen, mögen sie unversichert oder durch Bürgschaft sichergestellt, mögen sie unbedingt oder bedingt, fällig oder betagt sein. Allen bekannten Gläubigern hat der Sachwalter einen Abzug der Bekanntmachung zuzustellen, um ihnen die Wahrung ihrer Bechte zu erleichtern. Bekannt sind die Gläubiger, die anhand der öffentlichen Bucher (Grundbuch, Eegister der Viehverpfändungen) festgestellt werden können oder die aus dem gemäss Art. 43, Ziff. l, einzureichenden Gläubiger Verzeichnis, aus den
Aufzeichnungen des Schuldners oder seinen mündlichen Angaben hervorgehen. Der Sachwalter wird daher die nötigen Erhebungen vornehmen und den Schuldner befragen.

Verheimlicht der Schuldner gegen ihn bestehende Forderungen, so kann darin eine unredliche Handlung im Sinne von SchKG Art. 306 liegen, was gegebenenfalls die Verweigerung der Bestätigung zur Folge hat. Desgleichen hat aber auch der Sachwalter es mit dieser Pflicht zur Ermittlung der Gläubiger und deren Benachrichtigung genau zu nehmen, da er infolge der Verletzung dieser Pflicht unter den im OE Art. 41 ff. umschriebenen Voraussetzungen schadenersatzpflichtig werden kann. Die Unterlassung der Forderungsan-

275 meidung im Entsehuldungsverfahren hat nämlich nicht bloss prozessuale Verwirkungsfolgen wie im Nachlassverfahren gemäss SchKG Art. 293 ff., wo derjenige, der seine Forderung nicht eingibt, lediglich des Stimmrechtes verlustig geht (was für das Entschuldungsverfahren ohnehin ausser Betracht fällt, da in diesem ein Zustimmungsverfahren nicht stattfindet). Vielmehr müssen materielle Verwirkungsfolgen angedroht werden. So gross die hiegegen sprechenden Bedenken sein mögen, so erweist sich eine andere Lösung als undurchführbar. Was zunächst die K u r r e n t s c h u l d e n betrifft, so wird die Aufbringung der Nachlassdividende ohnehin oft grosse Schwierigkeiten bereiten; vielfach wird ohne die Beihilfe der Bauernhilfsorganisation nicht auszukommen sein. Könnten nach der Durchführung des Verfahrens Kurrentforderungen geltend gemacht werden, mit denen man, weil nicht angemeldet, bei der Aufstellung des Entschuldungsplanes nicht rechnete, so wäre der Schuldner häufig nicht imstande, die Dividende zu bezahlen. Für die betreffende Forderung könnte infolgedessen die Aufhebung des Nachlassvertrages verlangt werden (SchKG Art. 815) ; es käme daher zur Betreibung und zur Pfändung und Verwertung von Betriebsmitteln oder gar der Liegenschaftendes Schuldners, mit der Folge, dass der Zweck der Entschuldung, den Schuldner auf seinem Heimwesen zu halten, nicht erreicht werden könnte. Hinsichtlich der P f a n d forderungen andererseits fällt in Betracht, dass der ganze Entschuldungsplan umgeworfen würde, wenn nachträglich Pfandrechte geltend gemacht werden könnten. Die nachgehenden Forderungen würden in eine tiefere Stufe verschoben, die Loskauftitel müssten eingezogen und durch neue ersetzt werden --· was vielfach nicht mehr möglich wäre, weil sie bereits die Hand gewechselt haben; entsprechend würden sich die Ausfälle vergrössern usw.

Man braucht sich diese Konseqxienzen bloss zu vergegenwärtigen, um sich davon zu überzeugen, dass Verwirkungsfolgen schlechterdings nicht umgangen werden können.

3. Im einzelnen beantragen wir für diese Präklusivwirkungen folgende Ordnung, wobei zwischen den Kurrentforderungen, den Grundpfandforderungen und den Fahrnispfandf orderungen zu unterscheiden ist.

a. K u r r e n t f o r d e r u n g e n , welche dem Sachwalter bis zum Momente des Ablaufes der Eingabefrist bekannt werden,
sei es auf Grund der Angaben des Schuldners, sei es auf Grund der Anmeldung des Gläubigers, müssen bei der Aufstellung des Entschuldungsplanes Berücksichtigung finden; d. h. der Gläubiger erhält unter allen Umständen die volle Dividende. Die Gläubiger von Forderungen dagegen, die nicht angemeldet worden sind, die aber noch während des Verfahrens zur Kenntnis des Sachwalters gelangen, haben Anspruch auf eine Dividende nur in dem Umfange, als Mittel hiefür zur Verfügung stehen. Soweit dem Gläubiger eine Dividende nicht ausgewiesen werden kann, wird ihm ein Verlustschein ausgestellt, der die Wirkungen eines Konkursverlustscheins hat (SchKG Art. 265), dessen Geltendmachung also an die Voraussetzung geknüpft wird, dass der Schuldner zu neuem Vermögen gekommen ist. Dieser Verlustschein lautet auf den Betrag des Dividenden-

276 anspruches abzüglich der dem Gläubiger nach Massgabe der verfügbaren Mittel geleisteten Dividendenteilzahlung (Art. 50, Abs. 1).

fe. G r u n d p f a n d f o r d e r u n g e n , die aus den ö f f e n t l i c h e n Büchern hervorgehen, werden von Amtes wegen berücksichtigt. Hieraus ergibt sich, dass der Grundpfandgläubiger nur der Anmeldung der Kapitalforderungen enthoben ist, dass er dagegen die Zinsenansprüche geltend machen muss, weil die Zinsenforderungen nicht aus dem Grundbuche ersichtlich sind. Wird der rückständige Zins nicht angemeldet, so kann er nicht zum Kapital geschlagen werden (Art. 12, Abs. 8) ; der Gläubiger geht daher seines Zinseriansprucb.es verlustig, sofern nicht der Schuldner den ausstehenden Zins dem Sachwalter angegeben hat. Besondere Vorkehren haben sich für den Fall als notwendig herausgestellt, wo das Pfandrecht zwar eingetragen, die Person des Gläubigers dagegen nicht bekannt ist (vgl. Art. 49, Abs. 2--4). Dabei hat sich eine Abänderung von ZGB Art. 807 (Unverjährbarkeit der Forderungen, für welche ein Grundpfandrecht eingetragen ist) nicht vermeiden lassen. Was andererseits die im Grundbuche nicht eingetragenen gesetzlichen Grundp f a n d r e c h t e betrifft (ZGB Art. 836, 808, 810, 819), so hat die Unterlassung der Anmeldung innerhalb der Eingabefrist den Verlust der Forderung und des Pfandrechtes zur Folge (Art. 49, Abs. 1). Diese Konsequenz durfte unbedenklich gezogen werden, denn es handelt sich ja zur Hauptsache um Pfandrechte für öffentlich-rechtliche Ansprüche (Art. 836), deren Wahrung einer Behörde obliegt; dieser kann ohne weiteres zugemutet werden, den Anspruch rechtzeitig geltend zu machen. Dieselbe Eegel gilt auch für nicht eingetragene öffentlichrechtliche Grundlasten, wie Perimeterbeiträge usw. (ZGB Art. 784).

o. Für die F a h r n i s p f a n d f o r d e r u n g e n werden die erörterten Eegeln kombiniert. Da der Gläubiger das Pfand in der Hand hat oder das Pfandrecht (Viehverschreibung) in einem öffentlichen Register eingetragen ist, kann infolge der Unterlassung der Anmeldung die dingliche Berechtigung nicht untergehen.

Anders verhält es sich dagegen hinsichtlich des P f a n d a u s f a l l e s . Diesfalls bestimmt der Entwurf, dass der Gläubiger das Eecht zur Geltendmachung des Ausfalles gegen den Schuldner verliert, wenn die Pfandforderung weder
angemeldet noch vom Schuldner angegeben worden ist (Art. 50, Abs. 2).

4. Auf Grund des Ergebnisses des Schuldenrufes und der Angaben des Schuldners hat der Sachwalter gleich wie im gewöhnlichen Nachlassverfahren ein Schuldenverzeichnis zu erstellen (Art. 51, Abs. 3). Zu jeder einzelnen Forderung ist die Erklärung des Schuldners einzuholen und zu protokollieren (vgl. SchKG Art. 301). Der Sachwalter seinerseits hat über die Anerkennung oder Bestreitung der eingegebenen Forderungen keine Verfügung zu treffen.

Das will aber nicht heissen, dass er dieselben nicht zu prüfen habe. Sollte es sich nämlich herausstellen, dass der Schuldner offenbar unbegründete Forderungen nicht bestreitet, liegt also der Verdacht einer Kollusion zwischen dem Schuldner und einem Gläubiger vor, so hat der Sachwalter in dem gemäss Art. 54, Abs. 3, zu erstattenden Berichte der Nachlassbehörde davon Kenntnis zu geben und allenfalls die Verweigerung der Bestätigung zu beantragen.

277 Hinsichtlich der Wirkungen der durch den Schuldner erklarten Bestreitung ist zu unterscheiden. Bezieht sich die Bestreitung auf eine Kurrentforderung, so wird der Streit im ordentlichen Forderungsprozesse ausserhalb des Entschuldungsverfahrens ausgetragen (Entwurf Art. 57, Abs. 3, SchKG Art. 310).

Bestreitet dagegen der Schuldner eine Pfandforderung, so kann sich die Tilgungskasse infolgedessen veranlasst sehen, gegen den betreffenden Gläubiger im Verfahren nach Art. 53 Kollokationsklage zu erheben. Will der Schuldner selbst sich die Prozesslegitimation für das Kollokationsverfahron wahren, so muss er innerhalb von 10 Tagen seit der Zustellung der Deckungsverfügung gegenüber der Nachlassbehörde eine Bestreitungserklärung abgeben.

3. Deckungsverfügunci.

1. Inventar und Schulden Verzeichnis bilden die Grundlage für die vom Sachwalter gemäss Art. 52 zu erlassende D e c k u n g s v e r f ü g u n g . Diese Yerfügung weist Analogien zum Kollokationsplane (SchKG Art. 244 ff.)

auf, unterscheidet sich aber von demselben nach verschiedenen Richtungen.

Einmal bezieht sie sich nur auf die Pfandforderungen; insofern lässt sie sich den nach der Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken als Beilage zum Kollokationsplan zu erstellenden Lastenverzeichnissen gleichstellen (VZG Art. 125). Sodann hat der Sachwalter, anders als die Konkursverwaltung, über Bestand, Eang und Höhe der einzelnen Forderungen keine Verfügung zu treffen, weil es im Entschuldungsverfahren keine Masse gibt.

Die einzelnen Forderungen sind vielmehr so zu berücksichtigen, wie sie aus dem Schuldenverzeichnis hervorgehen. In der Deckungsverfügung sind zunächst die einzelnen Pfänder auszuscheiden. Sodann ist für jede einzelne Forderung das Haftungssubstrat festzustellen und das Deckungsverhältnis zu ermitteln.

Insbesondere ist zu untersuchen, welche Forderungen durch den Schätzungswert des Pfandes gedeckt sind und in welchem Betrage. Die ungedeckten Forderungen andererseits sind auf die einzelnen Stufen gemäss Art. 17 zu repartieren und, soweit sie den doppelten Schätzungswert übersteigen, zu den Kurrentforderungen zu verweisen. Beim Erlasse der Deckungsverfügung hat der Sachwalter die angemeldeten oder ihm vom Schuldner angegebenen pfandversicherten Zinsenforderungen zu kapitalisieren; hinsichtlich der Faustpfandforderungen
insbesondere ist Art. 13 zu beachten. Die Deckungsverfügung wird dem Schuldner, den Pfandgläubigern, und den Bürgen von Pfandforderungen sowie der Tilgungskasse (sofern sie nicht selbst Sachwalter ist) schriftlich mitgeteilt, damit sie die Verfügung anfechten können.

2. Für die A n f e c h t u n g der Verfügung sind zwei Möglichkeiten gegeben: a. Die Verfügung kann durch Beschwerde bei der N a c h l a s s b e h ö r d e angefochten werden. Diese Beschwerde bezieht sich auf die «Deckungsfrage» (Art. 52, Abs. 2). Mit derselben können alle Einwendungen geltend gemacht werden, die sich nicht auf Bestand, Hang und Höhe der Forderung oder des Pfandrechts eines andern Gläubigers beziehen. Mit der Beschwerde an die Nachlass-

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behörde sind -- gleich wie mit der Kollokationsbeschwerde im Konkurse -- alle verfahrensrechtlichen Mängel zu rügen. Desgleichen hat der einzelne Gläubiger Beschwerde zu erheben, wenn das Deckungsverhältnis unrichtig berechnet oder seine Forderung überhaupt nicht oder nicht in dem aus der Eingabe bzw. aus dem Schuldenverzeichnis hervorgehenden Betrage oder Bange berücksichtigt worden ist. Auf das Beschwerdeverfahren finden die Bestimmungen über die betreibungsrechtliche Beschwerde sinngemässe Anwendung.

fe. Die Anfechtung der DeckungsVerfügung auf dem Wege der Klage hat aa. zum Gegenstände Bestand oder Höhe der Forderung oder Bestand oder Bang des Pfandrechtes (Art. 53). Die Anfechtung vermittelst der Klage ist auch dann gegeben, wenn z. B. ein Gläubiger die Haftung mehrerer Grundstücke für seine Forderung behauptet, ein anderer dagegen die beanspruchte Haftung ihrem Umfange nach bestreitet. Bei der Anwendung von Art. 53 ist zu beachten, dass der Gläubiger -- gleich wie im Pfändungsverfahren (SchKG Art. 146--148) -- die Kollokation seiner eigenen Forderung nur durch Beschwerde nach Art. 52 anfechten kann und ihm die Klage bloss zu Gebote steht, wenn er die Kollokation einer andern Forderung bestreiten will. Dagegen kann der Bürge neben den Forderungen Dritter auch die Kollokation der Forderung anfechten, die er verbürgt hat, so z. B. in dem Falle, wo die Forderung im ursprünglichen Betrage angemeldet und in die Deckungsverfügung aufgenommen worden ist, und er geltend machen will, dass eine Abzahlung stattgefunden hat. Für die Anfechtung durch die Tilgungskasse und den Schuldner bestehen keine Beschränkungen. Über die Notwendigkeit dieses Kollokationsverfahrens haben wir uns bei der Erörterung der allgemeinen Grundsätze des Entschuldungsverfahrens ausgesprochen. Im vorliegenden Zusammenhange ist lediglich Vb. hinsichtlich des V e r f a h r e n s beizufügen, dass derjenige, der die Deckungsverfügung zu bestreiten beabsichtigt, innerhalb der Beschwerdefrist der Nachlassbehörde eine Bestreitungserklärung abzugeben hat. Die Behörde ihrerseits setzt daraufhin die lOtägige Klagefrist an. Die Klage gemäss Art. 53 ist eine Kollokationsklage. Sie ist daher im beschleunigten Verfahren bei dem im Amtskreise der Nachlassbehörde zuständigen Gerichte (und nicht etwa beim Bichter am "Wohnsitze des Beklagten)
anzubringen, wie ja auch Art. 250 SchKG die Zuständigkeit des «Konkursgerichtes» vorsieht. Die Rechtskraft des Urteils beschränkt sich gleich derjenigen des Kollokationsurteils auf das konkrete Entschuldungsverfahren.

cc. In bezug auf die Wirkungen des die Klage ganz oder teilweise gutheissenden U r t e i l s ist zu unterscheiden, je nachdem ein Gläubiger oder Bürge oder aber der Schuldner oder die Tilgungskasse geklagt hat. In diesem Falle hat die Gutheissung der Klage zur Folge, dass der Beklagte weggewiesen wird und die nachgehenden Gläubiger nachrücken. In jenem Falle dagegen findet das in Art. 250, Abs. 3, SchKG ausgesprochene Prinzip analoge Anwendung; d.h. der Prozessgewinn kommt dem klagenden Gläubiger oder Bürgen zugute. Hat z. B. ein Gläubiger, dessen Forderung in der dritten Stufe

279 liegt, die Kollokation eines Gläubigers mit Erfolg angefochten, der die Zulassung in der ersten Stufe beansprucht hatte undgemäss seiner Eingabe in der Deckungsverfügung in der ersten Stufe berücksichtigt werden musste, so tritt er bis zur Höhe seiner Forderung in die Eechte des unterlegenen Beklagten ein. Gesetzt den Fall, ein Gläubiger mit einer in der dritten Stufe liegenden Hypothek im Betrage von Fr. 10,000 habe die Wegweisung einer in der ersten Stufe zugelassenen Hypothek im Betrage von Fr. 10,000 erreicht, so erhält er Loskauftitel im Betrage von Fr. 6800 und eine Ausfallbescheinigung über Fr. 3200, während er, wenn er nicht geklagt hätte, mit Loskauftiteln im Betrage von Fr. 4000 abgefunden worden und mit Fr. 6000 ausgefallen wäre. Angenommen, die Forderung des Klägers betrage Fr. 5000, so erhält er auf Grund des obsiegenden Urteils Loskauftitel im Betrage von Fr. 3400 ; der Beklagte bleibt in der ersten Stufe im Betrage von Fr. 5000 zugelassen; er wird also in dieser Stufe ebenfalls mit Loskauftiteln im Betrage von Fr. 3400 (statt Fr. 6800) abgefunden. Mit den noch verbleibenden Fr. 5000 rückt er in die dritte Stufe (an Stelle des Klägers) und erhält in dieser Stufe Loskauftitel im Betrage von Fr. 2000. Gesetzt dagegen den Fall, die Forderung des Beklagten (dritte Stufe) belaufe sich auf Fr. 10,000 und diejenige des Klägers auf Fr. 20,000, so wirkt sich das die Klage in vollem Umfange gutheissende Urteil dahin aus, dass dem Kläger Loskauftitel im Nominalbetrage von Fr. 6800 + 4000 = Fr. 10,800 zugewiesen werden, während er im Falle der Abweisung der Klage sich mit Loskauftiteln ina Betrage von Fr.8000 hätte begnügen müssen, d. h. mitFr.12,000 ausgefallen wäre. Nach den gleichen Grundsätzen ist zu verfahren, wenn statt des Gläubigers ein Bürge die DeckungsVerfügung mit Erfolg anficht.

4. Entschuldungsplan.

Die rechtskräftige Deckungsverfügung in Verbindung mit dem Verzeichnis der vom Schuldner dem Sachwalter angegebenen und der rechtzeitig angemeldeten Kurrentforderungen bildet die Basis für die Aufstellung des Entschuldungsplanes (Art. 54). Mit dieser Aufgabe wird die Tilgungskasse betraut.

Diese hat zunächst zu prüfen, ob sich hinsichtlich der gedeckten Kapitalforderungen besondere Massnahmen (Kapitalstundung, Zinsbeschränkungen) als notwendig erweisen. Sodann hat sie mit Bezug
auf jede einzelne ungedeckte Forderung den Nominalbetrag der auszustellenden Loskauftitel und den Betrag der Ausfallbescheinigung festzusetzen und gestützt darauf zu bestimmen, welche Annuitätenzahlung vom Schuldner und von ihr selbst aufgebracht werden müssen. Bndlich hat die Kasse auch für die Gestaltung des NachlassVertrages der Kurrentgläubiger einen Vorschlag auszuarbeiten, und zwar über die Höhe der Dividende und die Art ihrer Zahlung sowohl als über die Aufbringung der für die Dividendenzahlung erforderlichen Mittel. Sie wird sich zu diesem Zwecke mit der Bauernhilfsorganisation in Verbindung setzen. Sofern sie selbst deren Funktionen ausübt, muss sie sich nunmehr schlüssig machen, was sie für den konkreten Fall aufwenden kann, in welcher Form die Hilfeleistung erfolgen soll, ob in der Form eines Darlehens oder auf andere Weise. Es versteht sich von

280

selbst, dass der Schuldner der Tilgungskasse jederzeit zur Verfügung stehen muss und dass die Kasse auch befugt ist, mit den Verwandten des Schuldners, dessen Gläubigern und Bürgen zu verhandeln. Wir haben davon abgesehen, darüber besondere Bestimmungen aufzustellen, da wir die Tätigkeit der Kasse in keiner Weise beengen möchten. Hat die Tilgungskasse den Entschuldungsplan entworfen, so ist dieser vom Sachwalter mit seinen motivierten Anträgen versehen der Nachlassbehörde einzureichen, damit nunmehr das Bestätigungsverfahren an die Hand genommen werden kann (SchKGr Art. 804, Abs. 1).

5. A b s c h n i t t .

Entscheid der Nachlassbehörde.

I. Das Bestätigungsverfahren.

Die Entschuldung wird erst rechtskräftig, wenn die Nachlassbehörde den Entschuldungsplan und den damit im Zusammenhang stehenden Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger bestätigt hat. Zu diesem Zwecke muss gleich wie nach dem gemeinen Nachlassvertragsrechte das B e s t ä t i g u n g s v e r f a h r e n durchgeführt werden. Hinsichtlich dieses Verfahrens ist folgendes hervorzuheben, wobei wir vorausschicken, dass wir die verfahrensrechtlichen Vorschriften möglichst kurz gehalten haben, in dem Bestreben, der Praxis nicht unnötige Fesseln anzulegen.

1. Zuständig ist die Nachlassbehörde, die das Entschuldungsverfahren eröffnet hat. Das Verfahren wird dadurch eingeleitet, dass der Sachwalter der Behörde den Entschuldungsplan mit seinen Anträgen versehen einreicht, wobei er sich in der schriftlichen Begründung derselben auch über die Frage auszusprechen hat, ob die Voraussetzungen der Bestätigung zutreffen. Im übrigen ist das Verfahren von Bundesrechtes wegen mündlich (Art. 55, Abs. 1); es darf also nicht bloss auf Grund der Akten, sondern nur auf Grund einer kontradiktorischen Verhandlung entschieden werden, "was indes nicht ausschliesst, dass die Gläubiger ihre allfälligen Einwendungen der Behörde in einer schriftlichen Eingabe zur Kenntnis bringen. An dem Verfahren ist notwendigerweise der Schuldner beteiligt. Er hat der Nachlassbehörde alle von dieser verlangten Auskünfte zu erteilen. Andererseits ist er berechtigt, selbständige Anträge zu stellen. Nach dem Grundsatze des rechtlichen Gehörs muss ihm selbstverständlich Gelegenheit geboten werden, sich zu den vom Sachwalter, der Tilgungskasse und den Gläubigern erhobenen Einwendungen auszusprechen. Desgleichen haben auch der Sachwalter und die Tilgungskasse (diese durch Bestellung eines Vertreters) an der BestätigungsVerhandlung teilzunehmen; beiden räumt der Entwurf das ßecht der Antragsstellung ein, verbunden mit der Pflicht, der Nachlassbehörde die von ihr als notwendig betrachteten Aufschlüsse zu geben. Was die Gläubiger betrifft, so werden Parteirechte allen denjenigen zugebilligt, die ein Opfer zu bringen haben. Daher sind die gedeckten Pfandgläubiger nur dann Verfahrenspartei, wenn ihnen eine Kapitalstundung oder eine Zinsbeschränkung auferlegt werden soll. Den

281 Kurrentgläubigem andererseits kommt die Parteistellung nur zu, falls -- was allerdings die Eegel bildet -- mit der Entschuldung ein Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger verbunden -wird. Dass allen betroffenen Gläubigern (und ihren Bürgen) im Bestätigungsverfahren Parteirechte gewährt werden müssen, versteht sich von selbst ; denn sie hatten ja bisher keine Gelegenheit, ihre Eecht^ zu wahren (Art. 55, Abs. 2, lit. V). Zum Zwecke der Orientierung muss den Gläubigern der Entschuldungsplan mit den Anträgen des Sachwalters und den übrigen Akten während 10 Tagen zur Einsicht aufgelegt werden (Art. 55, Abs. 2, lit. a). In der Bestätigungsverhandlung können sie zunächst Einwendungen gegen den Entschuldungsplan erheben und dessen Abänderung beantragen, wobei indes selbstredend auf die rechtskräftige Deckungsverfügung nicht zurückgekommen werden darf. Sodann sind sie auch berechtigt, die Ver\veigerung der Bestätigung zu beantragen, indem sie dartun, dass die in Art. 306 SchKG umschriebenen Voraussetzungen nicht zutreffen.

2. Die Frage der W e i t e r z i e h b a r k e i t ist durch das anwendbare kantonale Eecht bedingt. Sieht dieses eine obere Nachlassbehörde vor, so kann von Bundesrechtes wegen die Weiterziehung erklärt werden. Aktiv legitimiert sind die Tilgungskasse und der Schuldner sowie diejenigen Gläubiger und Bürgen, die im erstinstanzlichen Verfahren Anträge gestellt haben und mit denselben nicht durchgedrungen sind. Die Eechtfertigung dieser Beschränkung der Aktivlegitimation liegt darin, dass demjenigen, der sich bis zum zweitinstanzlichen Verfahren passiv verhalten hat, ein Kechtsschutzinteresse nicht zur Seite steht. Die Weiterziehungsfrist wird einheitlich auf 20 Tage festgesetzt. Im übrigen ist für die Ordnung des zweitinstanzlichen Verfahrens das kantonale Eecht massgebend (Art. 60).

II. Die Voraussetzungen der Bestätigung.

1. Die Bestätigung darf nur ausgesprochen werden, wenn die in A r t . 11 umschriebenen Voraussetzungen zutreffen, die in anderem Zusammenhange eingehend erörtert worden sind (Art. 57). Darüber kann erst jetzt rechtskräftig entschieden werden. Anders ausgedrückt: Auch wenn die Nachlassbehörde das Entschuldungsverfahren eröffnet, so wird dadurch die Entscheidung im Bestätigungsverfahren in keiner Weise präjudiziert ; denn im einleitenden Verfahren hatte die Behörde
nur prima facie zu entscheiden, ob das Begehren nicht als von vorneherein aussichtslos erscheine. Es ist also sehr wohl möglich, dass zwar das Verfahren eröffnet, aber in der Folge die Bestätigung mangels Vorliegens der Voraussetzungen von Art. 11 verweigert wird. Das mag als stossend erscheinen, doch lässt sich diese Konsequenz nicht vermeiden. Im Eröffnungsverfahren besteht gar keine Möglichkeit, alle Tatsachen zu ermitteln, die zur abschliessenden Beurteilung der Frage der Würdigkeit, des mangelnden Verschuldens, der Befähigung zur richtigen Bewirtschaftung des Betriebes usw. erforderlich sind. Das alles stellt sich erst auf Grund der Erhebungen des Sachwalters heraus. Zudem lässt sich ein klares

282 Bild der Vermögenslage des Schuldners in der Eegel nicht gewinnen, bevor der Schuldenruf durchgeführt worden ist.

2. Werden, was regelmässig der Fall ist, die Kurrentgläubiger in das Verfahren einbezogen, so darf nur bestätigt werden, wenn die Voraussetzungen von SchKG Art. 306 gegeben sind und zudem als wahrscheinlich betrachtet werden kann, dass infolge des Verfahrens die wirtschaftliche Existenz des Schuldners erhalten bleibt (Art. 57, Abs. 1) ; denn es hat keinen Sinn, die Gläubiger zu Opfern zu zwingen, wenn damit gerechnet werden muss, dass der Schuldner in absehbarer Zeit trotz der ihm gewährten Entlastung den noch verbleibenden Verbindlichkeiten nicht nachkommen kann. In einem solchen Falle muss dem Schicksal sein Lauf gelassen werden. In diesem Zusammenhange hat sich eine Präzisierung von SchKG Art. 306 als notwendig herausgestellt. Ziff. 2 dieses Artikels bestimmt bekanntlich, dass der Nachlassvertrag nur bestätigt werden darf, wenn die angebotene Summe in einem richtigen Verhältnisse zu den Hilfsmitteln des Schuldners steht. Wie uns mitgeteilt worden ist, wird vielfach zur Auslegung dieser Bestimmung SchKG Art. 92, Ziff. 4, herangezogen und der Standpunkt eingenommen, dass der Schuldner gehalten sei, den Wert seiner Viehhabe bis auf eine Milchkuh (bzw.

drei Ziegen oder drei Schafe) bei der Prüfung der Angemessenheit der Nachlassdividende mitberücksichtigen zu lassen. Diese Auslegung ist schon für das gewöhnliche Nachlassverfahren unhaltbar. Vollends wäre sie im Entschuldungsverfahren ein Widerspruch in sich selbst. Denn wie soll ein Bauer seinen Betrieb weiterführen, wenn er hinsichtlich des Viehstandes auf das Existenzminimum gesetzt würde oder zur Aufbringung der Nachlassdividende seinen ganzen Viehstand zur Sicherung eines hier bekanntermassen teuren Kredites verpfänden müsste ? Soll das Ziel der Entschuldung, dem Eigentümer die ökonomische Weiterexistenz zu gewährleisten, erreicht werden, so muss man ihm selbstverständlich das zur ordnungsgemässen Fortsetzung des Betriebes erforderliche Vieh belassen. Darin liegt die Erklärung für Art. 57, Abs. 2.

3. Endlich ist die Bestätigung auch dann zu versagen, wenn der Entschuldungsplan gegen z w i n g e n d e Bestimmungen des Gesetzes verstösst.

Dieser Grundsatz wird, weil selbstverständlich, im Entwurfe nicht ausdrücklich ausgesprochen.
III. Inhalt, Wirkungen und Vollziehung des Entscheides.

1. In ihrem Entscheide hat sich die Naohlassbehörde über die Entschuldung sowohl als über den damit verbundenen N a c h l a s s v e r t r a g der Kurrentgläubiger auszusprechen. Hinsichtlich der Entschuldung insbesondere liegt es der Nachlassbehörde ob, die Höhe der Annuitäten des Schuldners und der Tilgungskasse und den Betrag der für den einzelnen Gläubiger auszustellenden Loskauftitel festzusetzen und die für den Ausgleich allfälliger Spitzen erforderlichen Anordnungen (Barabfindung, Zuzahlung des Gläubigers) zu treffen; zugleich bestimmt sie auch den für jede Forderung entstehenden

283 Ausfall ; denn für alle infolge der Entschuldung eintretenden Eechtsänderungen bildet die Entscheidung den Eeohtsgrund. Ausserdem hat die Nachlassbehörde auch in Anwendung von Art. 65--67 das zur Sicherung des entschuldeten Betriebes Erforderliche zu verfügen.

2. Hinsichtlich der Wirkungen der Entscheidung verdienen die Bestimmungen über die B ü r g s c h a f t e n hervorgehoben zu werden. Hiebei sind zwei Tatbestände auseinanderzuhalten.

a. Der Schuldner ist Bürge. Für diesen Fall trifft Art. 58 des Entwurfs eine dem Art. 21, Abs. l und 2, des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 entsprechende Ordnung. Absatz 3 dieses Artikels dagegen, der übrigens im bundesrätlichen Entwurfe vom 11. Mai 1934 nicht enthalten war, wird nicht übernommen. Gemäss dieser Bestimmung soll nämlich die Nachlassbehörde eine Bürgschaft bestehen lassen können, wenn ohne das Sanierungsverfahren der Eintritt der Zahlungspflicht unwahrscheinlich wäre. Weshalb diese Bürgschaften anders behandelt werden sollen, ist nicht erfindlich, ganz abgesehen davon, dass es oft sehr schwer halten wird, darüber zu entscheiden, oli der Eintritt der Zahlungspflicht wahrscheinlich ist oder nicht. Aus solchen Bürgschaften können dem Schuldner schwere Verlegenheiten entstehen, wenn entgegen den Annahmen der Nachlassbehörde der Hauptschuldner doch nicht zahlen kann. Daher muss im Zeitpunkte der Bestätigung mit allen Bürgschaften reiner Tisch gemacht werden.

b. Forderungen gegen den S c h u l d n e r sind verbürgt. Für die Stellung der Bürgen gedeckter Pfandforderungen im Falle einer Kapitalstundung oder einer Zinsbeschränkung für gedecktes Kapital sind die Art. 33 bis 35 und 88 massgebend. Die Behandlung der Bürgschaften für ungedeckte Pfandforderungen, die den doppelten Schätzungswert nicht übersteigen, wird in Art. 21 geregelt. Im vorliegenden Zusammenhange ordnet der Entwurf lediglich die Wirkung der Bestätigung gegenüber den Bürgen von K u r r e n t f o r d e r u n g e n und den diesen gleichgestellten Pfandforderungen, welche das Grundstück über den doppelten Schätzungswert hinaus belasten (Art. 59).

Es liegt auf der Hand, dass diese Bürgen haften müssen. Ein Bückgriff gegen den Schuldner kann ihnen nicht zugebilligt werden ; denn andernfalls bestünde die Gefahr, dass dann die Liegenschaft des Schuldners in den für die Eegressansprüche
angehobenen Betreibungen verwertet würde und somit die Entschuldung ihr Ziel nicht erreichen könnte. Vorbehalten bleibt für alle Bürgen der Fall, wo der Schuldner zu neuem Vermögen kommt. Den Bürgen von jenseits der doppelten Schätzung liegenden Hypotheken werden Ansprüche gegen den Hauptschuldner ausserdem in den Fällen von Art. 71, Abs. 2, 72 und 73 eingeräumt.

8. Wie in anderem Zusammenhange angedeutet worden ist, muss auch für die Vollziehiing der Entscheidung der Nachlassbehörde Vorsorge getroffen werden (Ausstellung der Loskauftitel, der Ausfallbescheinigungen; Einziehung der in die Entschuldung einbezogenen Pfandtitel; Vornahme der

284 erforderlichen Änderungen und Lösungen im Grundbuche, Auszahlung der Nachlassdividende). Alle diese Vollzugsmassnahmen werden in den Art. 61 und 62 geordnet. Da es sich zur Hauptsache um verfahrensrechtliche und grundbuchtechnische Einzelheiten handelt, erübrigt sich eine eingehende Erörterung.

IV. Nachträgliche Abänderung der Entscheidung der Nachlassbehörde.

Die Nachlassbehörde fällt ihre Entscheidung auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse, wie sie im Zeitpunkte des Verfahrens bestehen. Andererseits erstrecken sich die Wirkungen der Entschuldung über einen Zeitraum von zwanzig Jahren. Während dieser Zeitspanne können die Verhältnisse grundlegende Änderungen erfahren. Es liegt in der Natur der Sache, dass solchen Änderungen muss Eechnung getragen werden können; denn auch die Entscheidung im Entschuldungsverfahren steht notwendigerweise unter der clausula rebus sic stantibus, d. h. unter dem Vorbehalt, dass sich die Verhältnisse nicht ändern. Für den Fall einer I.Besserung der Verhältnisse müssen zwei Tatbestände auseinandergehalten werden.

a. Es ist möglich, dass eine allmähliche Besserung eintritt, bedingt durch eine Steigerung des Ertrages oder ähnliche Gründe. Nach dem Entwurfe hat die Verwirklichung dieses Tatbestandes zur Folge, dass der Schuldner auf Antrag der Tilgungskasse durch die Nachlassbehörde zur Leistung von grösseren Annuitäten verhalten werden kann unter entsprechender Entlastung der Kasse (Art. 63). Den Umfang der Erhöhung der Jahresleistungen hat die Nachlassbehörde nach ihrem Ermessen zu bestimmen ; immerhin beträgt die Erhöhung maximal 100 %, was sich übrigens von selbst versteht, da die Tilgungskasse keinen Gewinn machen soll. Hieraus erhellt, dass aus einer solchen allmählichen Besserung der Lage des Schuldners die Gläubiger keine Eechte herleiten können, sondern lediglich die Tilgungskasse und damit das Gemeinwesen entlastet wird.

Diese Lösung erscheint uns als angemessen. Es würde dem Zwecke der Entschuldung widersprechen, wenn der Schuldner von seinen alten Gläubigern bedrängt werden könnte, sobald er aus seinem Gute einen etwas höhern Ertrag herauszuwirtschaften vermag. Dagegen rechtfertigt es sich vollauf, die öffentlichen Beitragsleistungen zu kürzen. Selbstverständlich muss diese Bestimmung mit Mass angewendet werden; eine bloss vorübergehende, durch ein
besonders gutes Jahr bewirkte Ertragssteigerung genügt nicht zu einer Abänderung des Entscheides der Nachlassbehörde. Wir zweifeln übrigens nicht daran, dass die Praxis den richtigen Weg finden wird ; denn der Tilgungskasse, unter deren Aufsicht der Schuldner steht, sind ja die Verhältnisse des einzelnen Falles genau bekannt, weshalb sie auch zu ermessen vermag, ob eine stärkere Belastung des Schuldners für diesen tragbar ist.

b. Anders liegen die Dinge, wenn der Schuldner infolge des Erwerbes einer E r b s c h a f t oder einer Schenkung zu neuem Vermögen kommt. Die Kurrentgläubiger können freilich hieraus keine Eechte herleiten.

285 Sie sind mit der Nachlassdividende per saldo abgefunden worden. Dies entspricht den Grundsätzen unseres Nachlassvertragsrechtes ; denn dasselbe gewährt (besondere Bestimmungen des konkreten Nachlassvertrages vorbehalten) dem Gläubiger kein Nachforderungsrecht, und es liegt auch kein Grund vor, diese Eegel für die mit einer Hypothekarentschuldung im Sinne dieses Gesetzes verbundenen Nachlassverträge zu modifizieren. In einer andern rechtlichen Stellung befinden sich die Pfandgläubiger, die sich mit Loskauf titeln abfinden lassen mussten oder gar zu den Kurrentgläubigern verwiesen wurden.

Ihnen, denen das Pfand genommen und ein Verzicht auf ihre Forderung auferlegt worden ist, kann nicht zugemutet werden, untätig zuzusehen, wie der Schuldner das neue Vermögen für sich verbraucht oder die Neugläubiger auf dasselbe greifen. Daher räumt Art. 64 den ungedeckten Pfandgläubigern bei der Verwirklichung dieses Tatbestandes ein Nachforderungsrecht ein, zu dessen Sicherung sie das Vermögen des Schuldners mit Arrest belegen lassen können.

Die Auslallbescheinigung gemäss Art. 14, Abs. 2 und 20 dieses Gesetzes verleiht also (allerdings nur während einer Dauer von 20 Jahren) die Eechte eines Konkursverlustscheines im Sinne von SchKG Art. 265. Wenn und soweit ein Bürge bezahlt hat, gehen die Eechte des Gläubigers auf ihn über (Art. 21, 59). Solche Verlustscheinsrechte stehen auch der Tilgungskasse im Umfange des Barwertes der ihr obliegenden Tilgungsraten und der Bauernhilfsorganisation für die dem Schuldner geleisteten Beiträge zu. Zur Wahrung der Bechte der öffentlichen Hand wird den Betreibungsämtern die Pflicht auferlegt, der Tilgungskasse von allen gegen einen entschuldeten Landwirt vollzogenen Arresten Kenntnis zu geben.

2. Die Verschlimmerung der Verhältnisse des Schuldners wird sich dahin auswirken, dass er die ihm obliegenden Annuitäten nicht mehr aufzubringen vermag. Sind zwei Jahresraten ausstehend, so kann die Tilgungskasse Betreibung anheben (Art. 69). Infolgedessen wird die Zwangsverwertung in der Eegel nicht zu vermeiden sein. Eine andere Lösung ist indes nicht möglich; insbesondere kann nicht etwa die Tilgungskasse verhalten werden, auch die dem Schuldner obliegenden Annuitäten zu tragen, weil sonst eine sichere Finanzgebarung der Kasse unmöglich würde. Selbstverständlich bezieht sich diese
Eegel nur auf eine Verschlechterung der Verhältnisse im einzelnen Falle.

Sollte sich infolge einer weiteren Verschlimmerung der allgemeinen Lage die Situation so gestalten, dass die überwiegende Mehrzahl der entschuldeten Landwirte die Tilgungsraten aufzubringen nicht mehr imstande wäre, so müsste mit neuen gesetzgeberischen Massnahmen Abhilfe geschaffen werden. Jedenfalls kann es nicht Sache des Entwurfes sein, heute schon für nicht voraussehbare zukünftige Verhältnisse eine Ordnung zu treffen, zumal ja die berechtigte Hoffnung besteht, dass die Krise der Landwirtschaft den tiefsten Punkt überschritten hat.

286 6. A b s c h n i t t .

Sicherung entschuldeter Betriebe.

1. Sowohl das Interesse der Öffentlichkeit an einer erfolgreichen Durchführung der Entschuldung wie auch das den Pfandgläubigern zugemutete Opfer legen gewisse Sicherungsmassnahmen nahe. Der Schuldner hat seine Betriebsführung so zu gestalten, dass er neben den ihm obliegenden Unterhaltspflichten und den Verpflichtungen gegen die Gläubiger gedeckter Pfandforderungen auch die aus der Entschuldung herrührenden Leistungsverbindlichkeiten gegenüber der Tilgungskasse zu erfüllen vermag. Diese Forderung ist in erster Linie in betriebswirtschaftlicher Hinsicht zu beachten. Die Erfahrungen der Bauernhilfskassen haben gezeigt, dass in dieser Eichtung bestimmte Massnahmen nützlich und sogar notwendig sind. Vielfach begegnet man in Fällen notleidender Bauern Fehlern in der Betriebsführung und in der Landwirtschaftstechnik, die den Ertrag unter das landesübliche Mittel sinken Hessen und die Notlage mitverursacht haben. Tilgungskasse wie Pfandgläubiger dürfen verlangen, dass die mit der Entschuldung verfolgte Schaffung einer sichern Grundlage für die Erhaltung des Betriebes auch tatsächlich gewährleistet sei. Es ist aber nicht immer vorauszusetzen, dass der entschuldete Eigentümer seinen Betrieb den neueren Erfahrungen der landwirtschaftlichen Praxis entsprechend leitet. Ob dies einer rückständigen Einstellung oder einer persönlichen Passivität des Landwirtes zuzuschreiben wäre, bleibt sich im Endergebnis gleich ungünstig. In beiden Fällen wären der legislatorische Zweck der Entschuldung und die Erfüllung der Beitragspflicht des Eigentümers gefährdet, wodurch sich die Aufwendungen des Gemeinwesens noch vergrössern würden, ohne dass das Ziel erreicht wird. Könnten aus dem Ertrag die Zinsen der gedeckten Pfandforderungen rieben den Annuitäten nicht aufgebracht werden, so wäre die Zwangsverwertung auf die Dauer unvermeidlich. Würden diese Zinsen wohl entrichtet, die Annuitäten des Schuldners (Art. 17) jedoch ausbleiben, so müsste der Kanton diese zuschiessen. Das öffentliche Interesse an einer produktiv ertragsreichen und richtigen Betriebsführung ist somit unverkennbar. Bei der Ordnung dieses Abschnittes konnten zum Teil die unter der Geltung der Bundesbeschlüsse über vorübergehende rechtliche Schutzrnassnahmen für notleidende Bauern gesammelten
Erfahrungen herangezogen werden. Angesichts der weitergehenden Ziele der neuen Vorlage war ein Ausbau und eine schärfere Umschreibung der Sicherungsmassnahmen allerdings angezeigt.

2. Die grösste Bedeutung haben wir der Betriebsaufsicht beigemessen.

Die Bauernhilfskassen machten mit dieser Massnahme bisher vorzügliche Erfahrungen. Sie ist positiv und aufbauend, insofern sie mit einer Betriebsberatung verbunden wird. In dieser Verknüpfung wird sie in der Eegel auch von den strebsamen Schuldnern als befördernd und wohltuend empfunden.

Sie wird allgemein für alle Entschuldungsfälle vorgesehen. Der wesentliche Bestandteil der Aufsicht besteht in der B e t r i e b s b e r a t u n g , der in der praktischen Agrarpolitik gemeinhin je länger je grössere Aufmerksamkeit geschenkt

287

wird. Ihr Ziel geht auf qualitative Verbesserung der landwirtschaftliehen Produktion, Steigerung der Eentabilität eines landwirtschaftlichen Betriebes und damit auch wirtschaftliche Förderung der bäuerlichen Lebenshaltung.

Eine betriebswirtschaftliche Verbesserung ist vorzüglich durch eine Steigerung des Eohertrages ohne wesentliche Aufwandsteigerung oder Festigung der Eoheinnahmen unter Senkung des Aufwandes oder der Erzeugungskosten zu erreichen. Wege zu diesem Ziele aufzuzeigen, ist Sache der Betriebsberatung und gehört nach unserem Dafürhalten zur positiven Seite einer nachhaltigen Entschuldung und Konsolidierung des bäuerlichen Standes. Durch dieses Mittel soll der entschuldete Bauer zur richtigen Selbsthilfe erzogen, vor falschen Investitionen beschützt und dahin gebracht werden, dass er selbständig, ohne staatliche Krücken, ein freies, existenzsicheres Bauernleben führen kann.

Von dieser aufbauenden Seite betrachtet, verliert die Aufsicht jeden unangenehmen Beigeschmack.

3. Wenn es nötig erscheint, kann die Aufsicht v e r s c h ä r f t werden, indem sie auf die Lebenshaltung des Schuldners und seiner Familie ausgedehnt wird. Dies wird dann zutreffen, wenn von dieser Seite ein Aufwand betrieben wird, der mit dem Eoheinkommen in einem unhaltbaren Missverhältnis steht.

Diese Aufsichtstätigkeit setzt einen gewissen psychologischen Takt seitens der Aufsichtsorgane voraus. Sie dient unter Umständen auch zu einer Stärkung der Autorität des Familienhauptes. Mit wohlgesinntem Eat und begründetem Zusprechen dürfte hier gegebenen Falles manches gute Eesultat erreicht werden.

Die stärkste Form der Aufsicht sieht die Vorlage in der Anordnung einer B e i r a t s c h a f t vor, die die Tilgungskasse beantragen kann. Wenn die Voraussetzungen für die Beschränkung der Handlungsfähigkeit im Sinne einer Mitwirkungsbeiratschaft nach Art. 895, Abs. l, ZGB gegeben sind, so soll die Tilgungskasse die Befugnis haben, bei der zuständigen Behörde die Anordnung dieser Massnahme anbegehren zu können. Diese Befugnis ist vom geltenden Bundesbeschluss vom 28. September' 1934 übernommen worden (Art. 34, Abs. 1).

Dabei haben wir nur noch die M i t w i r k u n g s b e i r a t s c h a f t vorgesehen, die Beistandschaft wie die Verwaltungsbeiratschaft dagegen fallengelassen.

Für die erstere fehlen in der Eegel die
Voraussetzungen; auch ist das Institut der Beistandschaft rechtlich für eine längere Dauer wenig praktisch und zu wenig ausgebildet. Die Verwaltungsbeiratschaft andererseits erscheint hier ungenügend, da der Verheiratete in diesem Falle die freie Verfügung über die Erträgnisse behält. Die bisher gemachten Erfahrungen haben Fälle aufgezeigt, in denen die Verhältnisse so lagen, dass lediglich eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit den Zweck einer Entschuldung zu sichern imstande sein wird.

Wo die erforderlichen Voraussetzungen schon während des Verfahrens offen liegen, wird die Tilgungskasse frühzeitig die Anordnung1 einer Beiratschaft beantragen, um den Entschuldungszweck zu sichern. Unter schweren Umständen kann sie auch die Mitwirkung bei einer Entschuldung davon abhängig machen, dass sich der Schuldner bevormunden lässt und hierzu ein eigenes

288

Begehren stellt. Doch soll sie von dieser Möglichkeit nur dann Gebrauch machen, wenn die Voraussetzungen des Art. 372 ZGB auch tatsächlich vorliegen. Gegen ein unbilliges Verlangen der Tilgungskasse steht dem Schuldner der Eekurs an die Nachlassbehörde offen.

4. Als bedeutsames Mittel zur Unterstützung der Aufsicht dient die allgemeine B u c h h a l t u n g s p f l i c h t . Die Buchhaltung soll einerseits der Aufsichtsperson genaue Einsicht über die Eoherträgnisse und die Aufwendungen des Betriebsinhabers vermitteln, um sich so ein Urteil über das gegenseitige Verhältnis, die Produktionsintensität und allfällige Verbesserungsmöglichkeiten bilden zu können. Andererseits kann ihr auch eine Schutzfunktion zugunsten des Schuldners zukommen. Die Form der Buchhaltung ist möglichst einfach zu gestalten und vor allem der Art und Grosse des Betriebes anzupassen.

Unter diesen Bedingungen kann vom Schuldner die Erfüllung dieser Pflicht verlangt werden, ohne dass von ihm etwas über seine Kenntnisse Hinausgehendes gefordert wird. Es wird am zweckmässigsten sein, wenn die Tilgungskasse Formulare und Eichtlinien hiefür aufstellt und dem Schuldner aushändigt. Im Notfalle kann die Aufsichtsperson noch nähere Anleitungen erteilen.

5. Ausser den bisher erwähnten Massnahmen und jenen des 7. Abschnittes und des dritten Teiles sieht die Vorlage noch eine generelle Beschränkung der V e r f ü g u n g s f r e i h e i t des Schuldners vor. Um ihn vor unwirtschaftlichen Bauten und unnötigen Eeparaturen grösserer Bedeutung zu bewahren, verlangt der Entwurf, dass die Zustimmung der Aufsichtsperson eingeholt werde. Diese ist am besten in der Lage, um die Wirtschaftlichkeit oder Notwendigkeit solcher Investitionen zu überprüfen. Obschon der Entwurf darüber schweigt, so kann der Schuldner gegen eine Verweigerung der Zustimmung bei der Tilgungskasse Beschwerde führen. Wir hielten dies für selbstverständlich, da die Aufsichtsperson unter der Aufsicht der Tilgungskasse steht. Zur Bestellung von Pfandrechten, vor allem an Eahrnis, ist die Zustimmung der Tilgungskasse Gültigkeitsvoraussetzung. Damit soll einem leichtfertigen Eingehen neuer Schulden wie der Gefahr einer Entblössung von notwendigen Betriebsmitteln vorgebeugt werden. Die Eingehung von Bürgschaften ist unter allen Umständen verboten. Trotzdem abgeschlossene
Bürgschaftsverträge sind nichtig. Diese beiden letztgenannten Massnahmen sind aus dem geltenden Bundesbeschluss herübergenommen worden.

6. Was die Sanktionen für die wirksame Beobachtung dieser Massnahmen anbelangt, so war es nicht leicht, solche in angemessener und nachhaltiger Form zu finden. Für die Verpfändung liegt die Sanktion in der rechtlichen Wirkung der Zustimmung selber. Ohne die Zustimmung ist die Verpfändung nicht bloss anfechtbar, sondern nichtig, analog dem Fall des Art. 177, Abs. 3, ZGB (siehe BGE 40II, 319 ; 59 II, 31/32). Für die Bürgschaften ist die Sanktion der Nichtigkeit im Entwurf unmittelbar ausgedrückt. Als letzte Sanktion für die Durchführung der übrigen Massnahmen sehen wir lediglich die Be-

289 treibung auf P f ä n d u n g oder P f a n d v e r w e r t u n g vor, wenn sich der Schuldner mit zwei Annuitäten im Kückstand befindet. Die Tilgungskasse kann aber überdies die sämtlichen künftigen Annuitäten zum Barwert aufkünden und bei Nichtleistung am dabei festgesetzten Verfalltermin Betreibung auf Pfandverwertung einleiten und durchführen lassen. Zu diesem letzten und in seiner Konsequenz härtesten Eechtsbehelf wird sie dann vor allem Zuflucht nehmen, wenn der Schuldner dolos und -wiederholt die Sicherungsmassnahmen dieses Abschnittes zu umgehen sucht oder den im Eahmen des Gesetzes erlassenen Verfügungen der Nachlassbehörde oder der Tilgungskasse passiven Widerstand entgegensetzt. Unter diesen Umstanden kann man sich fragen, ob sich der Schuldner nachträglich der Entschuldung noch würdig erweist.

Da ein Widerruf der Entschuldung nach Aushändigung der Loskauftitel nicht in Frage kommen kann (anders nach Art. 12 des geltenden Bundesbeschlusses vom 28. September 1984, der aber keine Abtragung von ungedecktem Pfandkapital kennt), so blieb nur diese einschneidende Sicherungsmassnahme über entschuldete Betriebe übrig.

Von weiteren Sanktionsmassnahmen haben wir abgesehen. Geringfügige Bussen wären wenig eindrucksvoll, erhebliche Bussen gingen nur auf Kosten der Tilgungskasse und der Gläubiger. Eine Umwandlung in eine Freiheitsstrafe würde dem Sinn und Geiste des Art. 59, Abs. 8, BV wie unserem Bechtsempfinden widersprechen. Gegen eine Zwangsverwaltung wurden bei Beratung des Entwurfes betreffend den Bundesbeschluss über die Erweiterung der vorübergehenden rechtlichen Schutzmassnahmen für notleidende Bauern vom 11. Mai 1934 schwere Bedenken erhoben. Eine Zwangsverpachtung stiess in der Expertenkommission auf Opposition. Nicht ganz zu Unrecht wurde dabei geltend gemacht, dass Fälle, in denen sich eine solche rechtfertigen liesse, als rettungslos zu betrachten seien und besser der Zwangsverwertung überlassen werden, als sie mit künstlichen Mitteln durchzuschleppen.

7. Die Dauer der Sicherungsmassnahmen ist begrenzt. Mit der Zahlung aller Annuitäten des Schuldners sollen die Massnahmen dahinfallen, da sie ein notwendiges Korrelat zu den aus der Entschuldung herrührenden Verpflichtungen des Schuldners darstellen.

7. Abschnitt.

Sicherungsmassnahmen bei Veräusserung entschuldeter Betriebe.

I. Weder gesetzliche noch rechtsgeschäftliche Eigentumsänderungen an entschuldeten Betrieben können während der Dauer der Annuitätenzahlungspflicht unterbunden werden. Eine so weitgehende Einschränkung des Grundstückverkehres wäre wirtschaftlich wie bodenpolitisch untragbar. Dies vermag jedoch noch nicht einer völligen Veräusserungsfreiheit entschuldeter Grundstücke das Wort zu reden. Ganz abgesehen von der heute nicht übersehbaren Entwicklung der Bodenwerte im allgemeinen wie in Einzelfällen dürften aller Voraussicht nach zum mindesten in der zweiten Hälfte der Annuitàtenperiode Verwertungserlöse erzielt werden, die die gedeckten Pfandforderungen Bundesblatt.

88. Jahrg.

Bd. II.

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und den Barwert der noch ausstehenden Annuitäten übersteigen. Könnte der Schuldner die Differenz zwischen dem Erlös und den genannten Belastungen ungehindert einheimsen, so hätten die Tilgungskasse für ihre Beiträge und die Gläubiger ungedeckter Pfandforderungen für ihren Ausfall endgültig das Nachsehen. Diesen Lauf der Dinge darf der Gesetzgeber im Interesse des öffentlichen Subventionswesens und des Hypothekarkredites nicht unberücksichtigt lassen.

II. Die gesetzgeberische Lösung der Frage, wie Verkaufsgewinne dieser Art wirksam erfasst werden können, bietet nun aber erhebliche Schwierigkeiten.

Der Entwurf regelt vor allem die im Eechtsleben regelmässig vorkommenden Fälle von Eigentumsänderungen an Grundstücken. Der illoyale Schuldner wird vielleicht zu anderen Formen oder zu Scheingeschäften seine Zuflucht nehmen, um die Ansprüche der Tilgungskasse und der Inhaber von Ausfallbescheinigungen auf einen Überschuss zu vereiteln. Hier wird der Eichter aber unter Berücksichtigung der ratio legis den Weg finden, um solchen Umgehungsmanövern zu begegnen.

1. Die Dauer der Sicherungsmassnahmen wird auf zwanzig Jahre beschränkt. Diese Frist fällt zusammen mit jener der Annuitätenzahlungspflicht des Art. 17. Abs. 2. Sie erschien uns noch als angängig; jedoch sollte man angesichts der mit den Massnahmen notwendigerweise verbundenen Beschränkungen nicht darüber hinausgehen. Nach zwanzig Jahren müssen auch die Gläubiger oder die Bürgen sich damit abfinden, dass die Ausfallforderung abzuschreiben ist, was dann psychologisch wohl auch wenig mehr berühren dürfte. Dem Eigentümer eines entschuldeten Grundstückes steht jederzeit die Möglichkeit offen, sich durch Befriedigung aller Ansprüche der Tilgungskasse und der Ausfallscheinsgläubiger von der mit den Massnahmen dieses Abschnittes verknüpften Verfügungsbeschränkung zu befreien (Art. 75).

2. Der zeitlichen Beschränkung steht auf der anderen Seite eine weitgehende U m s c h r e i b u n g der betroffenen Veräusserungsfälle gegenüber.

Der Tilgungskasse und den zu Verlust gekommenen Pfandgläubigern bleibt nicht bloss ein Überschuss aus der ersten, nach der Entschuldung stattfindenden Veräusserung, sondern auch aus jeder späteren Handänderung eines entschuldeten Grundstückes oder eines Teiles davon verfangen, solange die Ansprüche nach Art. 70, Abs. l, und 71,
Abs. l und 2, nicht getilgt oder die zwanzigjährige Frist nicht abgelaufen ist. Somit hat auch ein Einzelrechtsnachfolger des Eigentümers zur Zeit der Entschuldung mit diesen Ansprüchen auf einen allfälligen Überschuss zu rechnen. Wollte man nur die erste Veräusserung erfassen, so ·wären diese Ansprüche und ihre Normierung praktisch bedeutungslos. Durch einen Scheinverkauf zu einem niedrigen Preis an einen Strohmann Hessen sich dann diese Massnahmen leicht umgehen. Auf den Erfolg eines Anfechtungsprozesses dürfen die Ansprecher aber nicht verwiesen werden. Es wäre auch unbillig, wenn ein Dritterwerber aus einem Weiterverkauf während der vorgesehenen Frist einen hohen Gewinn ziehen würde, während die Tilgungskasse und die Pfandausfallgläubiger bei der ersten Veräusserung nach der Entschuldung vielleicht völlig leer ausgingen. Durch die Vormerkung des Art. 74,

291 Abs. 5, ist dem Erwerber eines entschuldeten Grundstückes diese Verfangenschaft bekanntgemacht. Die Ausdehnung der erfassten Überschussansprüche wird auf einen Verkehr an solchen Grundstücken bis zum Ablauf der Frist hemmend wirken, was aber einer Konsolidierung des bäuerlichen Grundbesitzes nur förderlich sein dürfte. Juristisch ist die so ausgedehnte Bindung eines Überschusses als subjektiv-dingliche Last zu charakterisieren, die während zwanzig Jahren auf dem entschuldeten Grundstück liegt.

3. Es mag auf den ersten Blick Anstoss erregen, die Gültigkeit eines jeden Vertrages, der auf Übertragung des Eigentums an entschuldeten Grundstücken gerichtet ist und während zwanzig Jahren seit der Entschuldung abgeschlossen wird, von einer Zustimmung der T ilgungs käs s e abhängig zu machen (Art. 74).

Ohne eine derartige Gültigkeitsvorschrift wären aber die Eechte der Tilgungskasse und der früheren Pfandgläubiger auf einen allfälligen Überschuss auf dem Papier; der ganze Abschnitt wäre ohne diese Bestimmung überflüssig. Die Strenge der Norm wird in verschiedener Hinsicht gemildert. Für eine objektive Anwendung bietet die behördliche Tilgungskasse Gewähr. Die Fälle einer Zustimmungsverweigerung sind im Entwurfe limitativ aufgezählt. Eine kantonale Eekursinstanz wacht über die richtige Anwendung.

Von den Versagungsgründen sind folgende von besonderer Bedeutung: Damit Machinationen, wie sie zur Umgehung einer Gewinn- oder Handänderungssteuerpflicht praktiziert wurden, hier unmöglich gemacht oder jedenfalls erschwert werden, soll die Tilgungskasse den im Vertrag angegebenen Veräusserungspreis auf den Verkehrswert hin prüfen und im Ealle eines offensichtlichen Missverhältnisses die Zustimmung versagen dürfen. Mit dem folgenden Verweigerungsgrund soll den berechtigten Bestrebungen einer gesunden Bodenpolitik in beschränktem Bahmen entgegengekommen werden. In neuester Zeit mehren sich die Fälle, in denen landwirtschaftliche Betriebe von Stadtbewohnern zu reinen Geldanlagezwecken erworben werden. Diese Käufer sind meist persönlich zu einer richtigen Bewirtschaftung des Gutes gar nicht befähigt.

Sie verpachten den Betrieb und vermehren so die Zahl der Pächterlandwirte.

Die Allgemeinheit hat aber ein vitales Interesse an einem gesunden, kräftigen Stand von selbstbewirtschaftenden und das Land als ihr Eigen
besitzenden Bauern. Der jungen Bauerngeneration soll auch die Möglichkeit nicht verbaut werden, einen eigenen Betrieb erwerben zu können. Mit Eücksicht auf die von der Öffentlichkeit beigesteuerten Mittel darf der Staat dieses Mitspracherecht sich füglich wahren. Ein ähnlicher Gedanke findet sich übrigens auch in Art. 70, Abs. 2.

Unter Art. 74 fallen auch Verträge über im Grundbuche vorzumerkende Kaufs- und Biickkaufsrechte, sonst -würden hier noch Umgehungswege offen stehen. Zur Verstärkung der Sicherungsmassnahmen dieses Abschnittes dient auch die gemäss Art. 15, Abs. 2, einzutragende Grundpfandverschreibung (vgl. Seite 247).

Der Vormerkung der Verfügungsbeschränkung nach Art. 74, Abs. 5, kommt, im Gegensatz zu den Vormerkungen des Art. 960 ZGB, die Wirkung

292 einer G r u n d b u c h s p e r r e zu, was aus dem Wortlaut deutlich hervorgeht.

Sie ist, unter Vorbehalt des Falles von Art. 75, erst nach Ablauf von zwanzig Jahren seit dem Entscheid über die Entschuldung zu löschen, da sie mit Eücksicht auf Art. 71 für jeden Erwerber eines solchen Grundstückes von grosser Bedeutung ist.

4. Die Art. 70--73 enthalten die Ordnung, wie, in welchem Umfange und in welcher Eangfolge die Tilgungskasse und die Pfandausfallgläubiger der Art. 14, Abs. 2, und 20 ihre Ansprüche auf einen Überschuss realisieren können. Dadurch, dass ein Erlös über die eingetragenen, gedeckten Pfandforderungen an die öffentlich-rechtliche Tilgungskasse zu entrichten ist, kann die Verteilungsregel einfach gehalten werden. Ebenfalls aus Gründen der Vereinfachung haben wir von jedem Zinsgenuss abgesehen (Art. 71, Abs. l und 2), welches Opfer den Beteiligten unter den gegebenen Umständen wohl kaum schwer fallen dürfte.

Art. 72, Abs. 3, sieht einen Einbruch in das geltende Zivilrecht vor. Dieser soll verhindern, dass auf dem Wege über Art. 833, Abs. 2, ZGB die ganze Entschuldung zunichte gemacht und unter Umständen die Beitragspflicht des Kantons erhöht werden könnte, wenn bei einer Zwangsverwertung der Barwert der noch ausstehenden Annuitäten des Schuldners nicht gedeckt würde. Diese Bestimmung verfolgt zum Teil denselben Zweck wie Art. 28 (siehe oben, Seite 252 f.). Soweit die Forderung auf den vom Entschuldungsschuldner zurückbehaltenen Teil des Betriebes verlegt wird, erfährt der Gläubiger keine Schlechterstellung. Eine gewisse Sicherung gibt ihm hier Art. 74, Abs. 3. Soweit die Forderung auf den wegverkauften Teil gelegt wird, stellt sich der Gläubiger sogar besser, da er in der Eegel einen finanzkräftigeren Schuldner erhält als es der bisherige war.

Dritter Teil.

Massnahmen zur allgemeinen Yerhiitung neuer Überschuldung.

I. Grundsätzliche Erwägungen.

1. Die Bestimmungen des dritten Teiles bilden das logische und unumgängliche Gegenstück zum zweiten Teil der Vorlage. Es würde weitherum unverständlich erscheinen, wenn der Staat, der öffentliche Mittel von dem in Frage stehenden Umfange aufwenden muss, um die für viele Landwirte unerträglich gewordene Verschuldung auf ein die Existenz der betroffenen Bauern sicherndes Mass zurückzuführen, tatenlos zulassen würde, dass sich nach einigen Jahrzehnten wiederum eine ähnliche Notlage entwickeln könnte. Eine Entschuldung mit Zuschuss staatlicher Finanzmittel wäre ohne wirksame V o r b e u g u n g s m a s s n a h m e n vom Standpunkte der ö f f e n t lichen Finanzpolitik aus schlechthin untragbar. Eine staatliche Hilfe im vorgesehenen Ausmasse müsste ohne sachdienliche Vorkehren die Widerstands- und Tatkraft des Einzelbürgers ernstlich gefährden. Ein Anreiz

293 auf andere Volksschichten nach ahnlichen Begehren wäre unvermeidlich und könnte unabsehbare Folgen haben. Dem gilt es, mit allem Nachdruck entgegenzuwirken.

2. Das Problem einer Verhütung der Bodenverschuldung stellt zweifellos eine der kompliziertesten und heikelsten Fragen dar. Der Gesetzgeber kann nur den rechtspolitischen Ausschnitt der Frage lösen, allerdings nicht ohne Eücksicht auf volkswirtschaftliche und agrarpolitische Auswirkungen seiner Lösung. Dabei mag die Hoffnung nicht unbegründet sein, dass seine Stellungnahme das Studium von weiteren Hilfsmassnahmen für eine gesunde und zweck mässige Ordnung des Bodenverschuldungswesens auf dem Gebiete der Volkswirtschaft und des Finanzwesens anregt.

Wir besitzen in der Schweiz im Vergleich zu anderen Staaten niedrige Zinsfussverhältnisse für Grundpfanddarlehen. Wenn es auch richtig sein mag, dass für den Landwirt nicht so sehr die Höhe der Kapitalverschuldung wie das Verhältnis zwischen der jährlichen Zinsenlast zu der Ertragsfähigkeit seines Betriebes entscheidend ist, so kann ein niedriger Zinsfuss eine Überschuldung doch nicht verhindern. Einerseits sind Zinsfussveränderungen nach oben mit staatlichen Eingriffen nicht aufzuhalten. Anderseits kann eine drückende Überschuldung auch dann eintreten, wenn der Zinsfuss stabil bleibt oder sogar sinkende Tendenz hat, wenn nämlich der Ertrag aus dem landwirtschaftlichen Boden zurückgeht. Eine Abhilfe durch das Mittel eines variablen, von der Eendite abhängigen Zinsfusses ist wegen der Abhängigkeit1 der Hypothekarzinsfussverhältnisse vom allgemeinen Kapitalmarkt nicht gangbar. Auf den Kapitalmarkt hat der Staat nur eine sehr beschränkte Einwirkungsmöglichkeit.

Auf der anderen Seite lässt sich auch eine bestimmte Ertragsrendite durch staatliche Intervention nur in engem Eahmen sichern. Gegen die Auswirkungen einer wirtschaftlichen Depression kann auch der Bauer nicht vollständig geschützt werden. Die Frage der Verhütung einer neuen Überschuldung ist darum von der Seite der hypothekarisch gesicherten Kapitalforderungen her anzufassen.

3. Welche Kräfte im einzelnen zur heutigen Überschuldung des landwirtschaftlichen Bodens geführt haben, braucht hier nicht des nähern untersucht zu werden. Dies würde zu weit führen. Es genügt, wenn wir auf die wichtigsten Ursachen hinweisen, wie die Erbabfindungen,
die übersetzten Liegenschaftspreise bei Erwerb mit zu geringem Eigenkapital, die hohen Baukosten, die Abdeckung von Betriebsverlusten und -ausfällen infolge sinkenden Ertrages, Unglücksfalle, Misswachs, zum Teil auch Misswirtschaft, Bodenspekulation, Güterschlächterei, berufliche Untüchtigkeit, unsolider Lebenswandel und die Verhältnisse übersteigender Aufwand. Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass diese Verschuldungsursachen einen leichten Nährboden während den Zeiten des Kapitalreichtums mit ihrer Begünstigung einer Überkapitalisierung fanden. Eine allzu liberale Kreditgewährung, zum Teil verquickt mit Bürgschaften, mag an der hohen Verschuldung nicht ganz unbeteiligt sein. Die Mobilisierung des Bodenwertes durch die Ausbildung der

294 modernen Hypothek, vor allem in der Form der Pfandtitel, und die Verbesserung des Grundbuchwesens haben ihrerseits das Kapital zu Bodenkreditanlagen angelockt.

Aber alle diese Ursachen und Begleiterscheinungen hätten nicht zu einer überhöhten Verschuldung führen können, wenn nicht der Grundsatz der Verschuldungsfreiheit überspannt worden wäre. Die Erfahrungen der jüngsten Zeit legen die Gefahren und Auswüchse dieses Prinzips offen. Es wird sich darum auch in diesem Bereich ein Eückbildungsprozess anbahnen müssen.

II. Mittel zur Verhütung einer Überschnlduug.

Auf dem Gebiete des Agrarrechtes fallen folgende Mittel zur Verhütung einer neuen Überschuldung in Betracht: 1. Als mehr mittelbar wirkende Mittel sind zu erwähnen: Ein Ausbau des Schätzungsweseas und -Verfahrens für landwirtschaftliche Grundstücke, das Gültinstitut und das bäuerliche Erbrecht. Wir haben deshalb auch dieser Seite des Problems alle Beachtung geschenkt und entsprechende Änderungen und Ergänzungen zum geltenden Eecht in die Vorlage aufgenommen (vgl.

Art. 5--8, 84 und 85). Jedoch sind diese Mittel ungenügend, solange neben der Gült andere Grundpfandrechte unbegrenzt zulässig sind. Es würden sich auch in Zukunft immer wieder Gläubiger finden, die ohne Eücksicht auf eine sichere und zuverlässige Schätzung ein Darlehen gegen ein diese Schätzung überschreitendes Pfandrecht mit entsprechender Bisikoprämie geben würden.

2. Das sachlich nächstliegende und auch unmittelbar wirkende Mittel, um einer übermässigen Grundpfandbelastung entgegenzutreten, ist in der Einführung einer obligatorischen Pfandbelastungsgrenze zu erblicken.

Durch die Verbindung einer hypothekarischen Verschuldungsgrenze mit der Grundbucheinrichtung kann die Begründung von über diese Grenze hinausgehenden Grundpfandrechten technisch ohne Schwierigkeiten vollständig verhindert werden.

Das Problem einer Pfandbelastungsgrenze ist nicht neu. Prof. A. Kraemer in Zürich hat schon im Jahre 1898 die Einführung einer gesetzlichen Verschuldungsgrenze angeregt (siehe Landwirtschaftliches Jahrbuch der Schweiz, 12, 349/350). Auch Prof. Buhland in Ereiburg ist dafür eingetreten. Am 26. September 1916 hat Nationalrat Abt eine dahinzielende Motion eingereicht, die jedoch nie zur Behandlung kam. Anregungen in gleicher Eichtung enthalten die Motionen der Nationalräte Müller
(Grosshöchstetten) und Abt vom 11. März 1932 und 25. September 1933 und von Ständerat Savoy vom 29. März 1933. Ferner haben der «Bund für Volk und Heimat» und der Schweizerische Bauernverband in ihren Eingaben vom 13. Februar 1934 und 7. Januar 1935 ein Verbot der hypothekarischen Belastung über den Ertragswert hinaus postuliert.

In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur ist eine obligatorische und allgemeine Verschuldungsgrenze bis vor kurzem abgelehnt worden. Auch die Tagung des Deutschen Landwirtschaftsrates von 1897 hat sich dagegen ausgesprochen. Scharf werden solche Bestrebungen als weltfremd, wirtschafts-

295 feindlich und verwerflich von Prof. Friedrich Areboe getadelt (siehe Agrarpolitik, 1928, S. 506). Auf der 27. Deutschen Juristentagung waren die Meinungen geteilt. Prof. Carl Johannes Fuchs (Tübingen) stellt in seiner Schrift «Deutsche Agrarpolitik vor und nach dem Kriege» (Stuttgart 1927, Seite 66 und 26) die obligatorische Einführung einer Verschuldungsgrenze für die hypothekarische Belastung als einen der Hauptpunkte der Eeformbestrebungen hin, während er diese in der 1. und 2. Auflage überhaupt abgelehnt hat. Eine zeitlich und kasuell beschränkte Belastungsmöglichkeit sieht Art. 34, Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 vor.

a. Gegen die Einführung einer hypothekarischen Belehmmgsgrenze werden von nationalökonomischer Seite folgende Einwände erhoben: aa. Sie beeinträchtige die Interessen des gegenwärtigen Eigentümers, indem sie den Verkehrswert herabdrücke. Vom Standpunkte des Gesamtwohles aus wäre diese Nebenwirkung aber nur zu begrüssen. Wer ein landwirtschaftliches Grundstück nur zum Zwecke eines gewinnbringenden Weiterverkaufes erworben hat, verdient keine besondere Berücksichtigung. Die Eigentümer, die Grund und Boden zu dauernder Bewirtschaftung besitzen, werden aber nicht betroffen, da sie nach wie vor im Genüsse der Bodenrente bleiben.

Hb. Ernsthafter erscheint der Einwand, der in der Einführung einer Verschuldungsgrenze eine Gefahr für die Ertüchtigung des Bauernstandes erblickt.

Eine solche Grenze erschwere sehr leistungsfähigen Landwirten, die wenig Kapitalvermögen besitzen, den Erwerb eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes und eine ökonomische Verbesserung ihrer Lage. Dass es Falle gibt, in denen es tüchtigen Landwirten gelang, trotz einem mit hoher Schuldenlast gekauften Landwirtschaftsbetrieb ein ansehnliches Vermögen zu gewinnen, soll nicht in Abrede gestellt werden. Zu untersuchen wäre hierbei, welche Eolle neben anderen Erfolgschancen eine durch die Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftsverhältnisse bedingte Steigerung der Bodenrente und damit des Bodenwertes mitgespielt hat. Zudem steht den Beispielen erfolgreicher Bauern die sicher viel grössere Zahl jener gegenüber, die durch den Kauf von überschuldeten landwirtschaftlichen Grundstücken in Not und Elend gerieten.

Dabei brauchen es durchaus nicht immer untüchtige Elemente gewesen zu sein. Ein
Misserfolg oder ein grösseres Unglück in Haus oder Stall können den Anfang zu einem unaufhaltbaren Niedergang gebildet haben. Der mit der Belehnungsgrenze gegebene Druck auf den Verkehrswert wird übrigens dem sich selbständig machenden jungen Landwirt ebenfalls zugute kommen.

ce. Ein dritter Einwand geht dahin, die Verschuldungsgrenze führe vom billigen Hypothekarkredit zum teuren Personal- und Pfandkredit. Nur der zahlungskräftige Jungbauer sei dann in der Lage, eigenen Grund und Boden zu kaufen. Es sei aber durchaus nicht gesagt, dass dieser auch der tüchtigere Landwirt sei.

Zu den Befürchtungen sub üb und ce ist zu bemerken, dass ihre Stichhaltigkeit von der Höhe der Belastungsgrenze abhängt. Wird diese so angesetzt, dass

296 ein Bauer mit normaler Tüchtigkeit, Arbeitsamkeit und Sparsamkeit noch existieren kann, auch wenn sein Betrieb bis zur Höhe dieser Grenze belastet ist, und hierfür die Zinsen aufbringen muss, so wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht gehemmt. Dies setzt allerdings eine objektive und den Wert eines Pfandes richtig ermittelnde Schätzung voraus, wofür das neue Gesetz eben die Grundlagen schaffen muss. Im Mangel einer solchen Schätzung war bis anhin die Hauptschwierigkeit der Einführung einer hypothekarischen Belastungsgrenze gesehen worden. Anderseits muss der Gesetzgeber auch Ausnahmen vorsehen, die einem jungen, tüchtigen Landwirt den wirtschaftlichen Aufstieg zum Eigenbauer ermöglichen. Ein Überschreiten der Grenze soll aber nur dann zulässig sein, wenn die erforderlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. unten, S. 297ff.). Wir sind uns wohl bewusst, dass die Beschränkung mit ihren Ausnahmen in einem allerdings engen Sektor eine gewisse Umorganisierung des ländlichen Kreditwesens zur Folge haben kann. Man wird dann den letztmöglichen landwirtschaftlichen Grundpfandkredit mehr nach der Eichtung der Gemeinnützigkeit einstellen und nicht in erster Linie vom Gewinnstreben des Darlehensgebers beherrschen lassen. Allein, diese Folge wäre doch vom Standpunkte des massgebenden Gesamtwohles aus nur zu begrüssen.

b. Trotz allen befürwortenden theoretischen Erwägungen dürfte ein solcher Schritt nicht ohne Bedenken gewagt werden, wenn nicht schon praktische Erfahrungen auf diesem Gebiete vorliegen würden. Nun ist die praktische Wirksamkeit einer Verschuldungsgrenze mit ihren wirtschaftlichen Konsequenzen in zwei Kantonen längst erprobt. Die Kantone Unterwaiden ob dem Wald und Appenzell I.-Kh. haben in ihren Einführungsgesetzen zum ZGB die vor 1912 geltende Belastungsgrenze für landwirtschaftliche bzw. ländliche Grundstücke beibehalten (Obwalden Art. 146 EG; Appenzell I.-Eh. Art. 197 EG). Diesem Umstände verdanken es die beiden Kantone, dass sie eine Überschuldung des landwirtschaftlichen Grund und Bodens nicht kennen. Die Hilfskasse für notleidende Bauern des Kantons Obwalden bemerkt hiezu in ihrem Jahresbericht pro 1934 folgendes: «Im Laufe des Jahres sind die im Jahre 1933 eingereichten Hilfsgesuche in einer Tabelle zusammengestellt worden. Es ergibt sich hieraus, dass in unserm Kanton keine
Überschuldung von Grund und Boden vorliegt. Wenn wir bei 70 Gesuchstellern die amtliche Schätzung der Liegenschaften den hypothekarischen Belastungen gegenüberstellen, so ersehen wir, dass die durchschnittliche hypothekarische Belastung der Liegenschaften 83,9 % der amtlichen Schätzung beträgt. Eechnet man die rückständigen Kapitalzinse noch dazu, so erhöht sich die Belastung von Grund und Boden auf 89,7 % im Verhältnis zum Schatzungswert.

Diese Feststellung zeigt uns heute deutlich, dass der Gesetzgeber beim Erlass des Einführungsgesetzes zum Zivilgesetzbuch den bessern Teil erwählt hat, als er bei den hypothekarischen Bestimmungen die Verschuldungsgrenze des alten obwaldnerischen Hypothekargesetzes grundsätzlich beibehielt. Die Belastungsgrenze von 80 % der amtlichen Schätzung wirkt

297 sich gerade in der heutigen Zeit des allgemeinen Rückganges sehr gut aus.

Obwalden ist wegen dieser Vorschrift lange Jahre als rückständig kritisiert worden; heute jedoch wird sie als sehr gut und vorsichtig anerkannt. Wir wollen uns heute glücklich schätzen, dass in unserm Kanton Grund und Boden nicht überschuldet sind. Wir haben aber auch alle Ursache, dafür zu sorgen, dasa unser Kapitalmarkt nicht etwa durch Zinsfussexperimente, Aufhebung der Belastungsgrenze oder durch ihre Umgehung gestört wird.» Im Grossen Eat des Kantons Appenzell I.-Eh. ist im Jahre 1931 eine Motion auf Aufhebung des Art. 197 EG zum ZGB fast einstimmig abgelehnt worden.

Dass in diesen Kantonen tüchtigen landwirtschaftlichen Kräften der wirtschaftliche Aufstieg versperrt gewesen wäre, dafür liegen keine Anhaltspunkte vor.

Es soll nicht verschwiegen werden, dass eine hypothekarische Belastungsgrenze nicht jede Verschuldung der Landwirtschaft verhütet. Kurrentschulden und auf nichtlandwirtschaftlichen Grundstücken gesicherte Pfandschulden können von einem Landwirt nach wie vor eingegangen werden. Soweit von dieser Seite aber eine "Überschuldung entsteht, stellt das ordentliche Eecht bereits die angemessenen Lösungsmöglichkeiten zur Verfügung (Nachlassvertrag; Betreibung auf Pfandverwertung). Eine Betreibung auf Pfandverwertung hat in diesen Fällen für einen bäuerlichen Schuldner nicht eine so weittragende Folge wie eine Betreibung auf Verwertung seiner landwirtschaftlichen Grundstücke, die häufig mit dem Entzug der Existenzgrundlage endet.

HI. Praktische Durchführung.

1. Der Entwurf geht von der Einführung einer allgemeinen, für alle landwirtschaftlichen Grundstücke geltenden Belastungsgrenze aus. Einer Beschränkung auf die entschuldeten Liegenschaften stehen rechtliche wie wirtschaftliche Unzukömmlichkeiten entgegen. Die Schaffung von zwei rechtlich ungleich gestellten Kategorien landwirtschaftlicher Liegenschaften würde den Rechtszustand komplizieren. Wirtschaftlich würden die entschuldeten Grundstücke im Verhältnis zu den anderen Liegenschaften in ihrem Verkehrswert beeinträchtigt, was die Ansprüche der Art. 70--73 ohne Gebühr in Frage stellen könnte. Konsequenterweise müsste dann auch diese Massnahme nach Ablauf von zwanzig Jahren hinfallen. Damit wäre von da ab einer neuen hypothekarischen Verschuldung wieder
Tür und Tor geöffnet, wie es auch für alle übrigen landwirtschaftlichen Grundstücke ohne Unterbruch der Fall wäre. Früher oder später würde dann der Ruf nach einer neuen Staatsintervention wie heute wiederum laut. Diese Konsequenzen sollen durch die allgemeine Verschuldungsgrenze vermieden werden.

Ähnliche Erwägungen sprechen auch dagegen, die Einfuhrung einer hypothekarischen Belastungsgrenze den Kantonen zu überlassen. Die Verschiedenartigkeit der Verhältnisse könnte auf den ersten Blick dafür sprechen. Ein Einbruch dieser Art in die Einheitlichkeit des Sachenrechtes würde uns unzulässig erscheinen. Jenen Gebieten, in denen eine massige Verschuldung üblich ist, fällt die Belastungsgrenze ja nicht schwer; für die anderen Gebiete ist sie

298

aber gerade zweckmässig und notwendig, um die Wiederkehr solcher Verhältnisse zu verhüten, wie sie zum Erlasse dieses Gesetzes gedrängt haben.

2. Die Eegelung der Belastungsgrenze zerfällt in drei Teile: Art. 76 enthält den Grundsatz, Art, 77---79 normieren die Ausnahmen und die Amortisation, während Art. 80--82 grundbuchlicher wie verfahrensrechtlicher Natur sind.

a. Die Belastungsgrenze erfasst alle l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n Liegenschaften. Zum Unterschied von Art. l, Abs. l, stellt hier der Entwurf nicht auf den Begriff der landwirtschaftlichen Betriebe ab. Dies rechtfertigt sich aus der privatrechtlichen Umschreibung des Objektes des Grundpfandes wie aus dem Spezialitätsprinzip des Art. 797 ZGB. Würde die Pfandgrenze nicht auf das Einzelgrundstück gelegt, so würden die Eigentümer versuchen, sie dadurch zu umgehen, dass sie ein seiner Natur nach landwirtschaftliches Grundstück vom landwirtschaftlichen Betrieb abtrennen und sodann unbeschränkt belasten würden. Aus der Umschreibung des sachlichen Geltungsbereiches geht klar hervor, dass Hausgrundstücke in städtischen wie ländlichen Verhältnissen nicht betroffen werden. Dies gilt auch für ausgesprochene Bauterraingrundstücke .

Auf der anderen Seite geht aus Art. 76 unzweideutig hervor, dass nicht bloss die Errichtung von G r u n d p f a n d r e c h t e n , sondern auch jene von Grundlasten durch die Belastungsgrenze berührt wird. Auch die Grundlasten sind Wertrechte wie die Grundpfandrechte (vgl. SchKG Art. 37, Abs. 1).

Die Errichtung von Grundlasten und Grundpfandrechten öffentlichrechtlicher Natur (ZGB Art. 784 und 836) wie auch das Entstehen von Pfandrechten nach ZGB Art. 808, Abs. 3, und 810, Abs. 2, bleiben vollständig uno. Die eigentlichen Ausnahmen gliedern sich in zwei Kategorien: Belastungen, die ohne und solche, die nur mit einer behördlichen Zustimmung eingetragen werden können.

aa. Die Grundpfandrechte, die ohne Zustimmung auf Grund der Art. 15, Abs. 2, und 39 des Entwurfes errichtet werden, haben bloss einen vorübergehenden Charakter (vgl. Art. 75) ; sie wirken nicht bloss als Sicherung von Forderungen, sondern auch als Hindernisse gegen eine Neubelastung. Die Bodenverbesserungspfandrechte der Art. 820/821 ZGB gemessen einen gesetzlichen Vorrang ; bei ihrer Errichtung entsteht auch keine feste Pfandstelle. Es kann
deshalb davon abgesehen werden, die Forderungen, die allenfalls durch unmittelbar vor der Belastungsgrenze eingetragene Pfandrechte gesichert sind, um den Betrag des Bodenverbesserungspfandrechtes der Amortisationspflicht des Art. 79 zu unterwerfen. Mit der Amélioration entsteht auch ein Mehrwert dieser Grundstücke, der meist in einer Heraufsetzung des als Belastungsgrenze dienenden Schätzungswertes (siehe Art. 8, Abs. 2) zum Ausdruck kommen dürfte.

Nicht zu den Ausnahmen haben wir die gesetzlichen Pfandrechte des Art. 837 ZGB gezählt. Wollte man diese zulassen, so wäre eine Belastungsgrenze völlig illusorisch. Bilden doch die Kaufsrest- und Erbteilungshypo-

299

theken eine der Hauptursachen der bestehenden Überschuldung. Für begründete Fälle nach ZGB Art. 837, Ziffer 3, sehen -wir in Art. 78, Abs. l, lit. b, eine neue Lösung vor.

bb. Mit Z u s t i m m u n g einer vom Kanton zu bezeichnenden Behörde darf die Belastungsgrenze überschritten werden bei Sicherungspfandrechten für Frauengutsforderungen und bei Sicherung von Darlehen, die von gemeinnützigen Hilfsinstituten zu ganz bestimmten Verwendungszwecken gewährt werden. Hier ist zunächst Vorsorge getroffen, dass dem tüchtigen Landwirt der Weg zu einer Verselbständigung durch Erwerb eines landwirtschaftlichen Betriebes offen bleibt. Gleich liegen die Dinge für den Fall einer rationellen1 Erweiterung eines solchen Betriebes. Der weitere Tatbestand stellt den Ersatz für den Wegfall von Art. 837, Ziffer 3, ZGB dar, wenn das Grundstück vor Anhandnahme einer baulichen Veränderung schon bis an die Belehnungsgrenze belastet ist. Wenn notwendige Hauptreparaturen oder Umbauten sich aufdrängen, so muss der Eigentümer im Interesse der Erhaltung der Bauten diese vornehmen lassen können. Ist er nicht in der Lage, die Bauhandwerker bar zu bezahlen, so wird es ihm möglich sein, ein Darlehen zu erwirken, das ihm ein gemeinnütziges Hilfsinstitut gewährt oder verbürgt, falls es von einem dritten Geldgeber erhältlich ist. Damit wird einerseits der mitunter in bäuerlichen Kreisen anzutreffenden, unter Umständen nicht ungefährlichen Baulust ein Eiegel geschoben. Anderseits sollen die Bauhandwerker gegenüber der Ordnung des Art. 837, Ziffer 3, ZGB eine Besserstellung erfahren. Sie erhalten nun für die ihnen aus ihren Leistungen entstehenden Forderungen nicht eine unter derartigen Umständen häufig fragwürdige Sicherheit durch Schwanzhypotheken, sondern Barzahlung. Von dieser Seite dürfte darum die neue Eegelung begrüsst werden.

Es liesse sich in diesem Zusammenhang fragen, ob nicht auch die ländlichen Sparkassen und Darlehensinstitute als unmittelbare Geldgeber in Art. 78, Abs. l, lit. b, zugelassen werden sollten. Man könnte geneigt sein, hier darauf hinzuweisen, dass diese dank ihrer Lage und ihren Beziehungen die Kreditwürdigkeit eines Landwirtes leichter und zuverlässiger zu beurteilen vermöchten als ein vielleicht zentral gelegenes Hilfsinstitut. Wenn man aber den Kreis der Darlehensgeber in diesem Sinne erweitern wollte,
so wäre die Befugnis an eine Ermächtigung des Bundesrates zu knüpfen, die von gewissen Bedingungen abhängig gemacht werden müsste. Denn nur so wäre eine Kontrolle möglich, dass der Gedanke der Gemeinnützigkeit und der rationellen Hilf e gewahrt bliebe.

c. Als Form für P f a n d r e c h t e , die über die Belastungsgrenze hinaus errichtet werden, ist lediglich die Grundpfandverschreibung zugelassen. Ein Verkehr in solchen Forderungen wird und soll nicht in Frage kommen. Für die Belastungsgrenze überschreitende Pfandrechte ist die Zwangsamortisation vorgeschrieben, die durch eine sukzessive Eeduktion der pfandrechtlichen Sicherheit verstärkt wird (Art. 78, Abs. 2). Diese Lösung war verschiedeneu früheren kantonalen Kechten geläufig und bewegt sich in der Linie des Pfandgrenzzweckes.

300

Für die grundbuchliche Behandlung sind Art. 80 und 82 von besonderem Interesse. Die Wahrung der hypothekarischen Belastungsgrenze lässt sich nicht ohne Heranziehung des Grundbuchverwalters verwirklichen. Da der Einfachheit halber die Feststellung der landwirtschaftlichen Eigenschaft einer Liegenschaft von Fall zu Fall erfolgt (Art. 2), so muss der Grundbuchverwalter bei Anmeldung von dinglichen Rechten, die der Belastungsgrenze unterworfen sind, dort, wo ein Entscheid nach Art. 3 noch nicht ergangen ist, zunächst prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. l gegeben sind oder nicht.

Diese Prüfungskompetenz stellt unter Umständen an den betreffenden Beamten grosse Anforderungen. Jedoch gehen diese nicht über das Mass hinaus, das der Zivilgesetzgeber dem Grundbuchverwalter zumutet. Gegen die Verfügung steht das Bechtsmittel der Beschwerde offen. Trägt der Grundbuchverwalter aus zu grossem Entgegenkommen gegenüber dem Eigentümer auf einem offensichtlich landwirtschaftlichen Grundstück ein die Verschuldungsgrenze überschreitendes Pfandrecht ohne behördliche Zustimmung ein, so kann dies unter Umständen die Haftbarkeit aus unrichtiger Grundbuchführung zur Folge haben.

IV. Abänderungen am Gültrecht.

In Zusammenhang mit einer teilweisen Neuordnung des Pfandrechtes an landwirtschaftlichen Liegenschaften im Sinne einer Festigung des Hypothekarkredites stehen die Bestimmungen der Art. 83 und 84. Nachdem der vorhegende Entwurf eine zuverlässige Ertragswertschätzung dieser Grundstücke vorsieht, liegt es nahe, diese gleichzeitig für die Gültbelastungsgrenze des Art. 848 ZGB zu verwenden. Praktisch hat diese Abänderung allerdings wenig Bedeutung, solange es nicht gelingt, dem Institut der Gült eine grössere Verbreitung zu verschaffen. Dieser Absicht soll Art. 84 dienen. Da vor allem wegen der Unkündbarkeit seitens des Gläubigers die Gült trotz den Sicherheitsvorteilen der Art. 848/849 ZGB abgelehnt wurde, erscheint eine Lockerung in dieser Hinsicht zweckmässig. Die Ablösungsperiode von je fünfzehn Jahren dürfte den Wünschen der Gläubigerseite entgegenkommen. Dadurch dürfte die Gült den Charakter eines langfristigen Kreditinstrumentes nicht einbüssen, in welcher Eigenschaft sie den Bedürfnissen der Landwirtschaft in besonderer Weise gerecht wird. Sofern man die Errichtung von Gülten auf im Grundbuch aufgenommene
selbständige und dauernde Rechte zulassen will, so hat die Ermittlung der Gültbelastungsgrenze in diesen Fällen nach den Bestimmungen für ländliche Grundstücke zu erfolgen.

Vierter Teil, Erbrecht.

I. Der vierte Teil enthält ausschliesslich Abänderungen des Erbrechts, vor allem der bäuerlichen Erbrechtsbestimmungen des ZGB. Er geht dabei vom Gedanken aus, dass die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts ein wirksames Mittel, nicht bloss gegen die Überzahlung und die Überschuldung,

301

sondern auch gegen die Zerstückelung des bäuerlichen Grundbesitzes darstellt und so zur Erhaltung und Festigung eines gesunden Bauernstandes wesentlich beiträgt. Die Praxis seit 1912 hat gezeigt, dass mangels eines Obligatoriums die Anwendung der Art. 620 ff. ZGB auf landwirtschaftliche Grundstücke bei Erbschaftsteilungen eher die Ausnahme als die Eegel bildete. Die Gründe mögen verschiedener Art sein; für die heutige Lage ist es ohne Belang, ob sie in einer einseitigen Interessenvertretung der Miterben oder in einer kritischen Einstellung der Behörden zu finden sind. Jedenfalls ist diese Entwicklung zu bedauern. Wenn aber heute Mittel und Wege gesucht werden müssen, um eine Entschuldung durchzuführen und einer Überschuldung entgegenzuarbeiten, so darf der Gesetzgeber am Obligatoriuin der Anwendung des bäuerlichen Erbrechts nicht achtlos vorübergehen. Wenn wir bedenken, dass die Überzahl der landwirtschaftlichen Grundstücke auf dem Erbwege ihren Eigentümer wechseln, so liegt die Tragweite dieser Neuerung auf der Hand. In gleiche Eichtung weisen auch die Bestrebungen einer rationellen, für unsere Verhältnisse und Anschauungen angemessenen Agrarpolitik. Der schweizerische Bauernverband wie der «Bund für Volk und Heimat» haben in ihren Eingaben vom 7. Januar 1935 bzw. 13. Februar 1934 unter anderem auch das Begehren um Eevision des bäuerlichen Erbrechtes aufgenommen. Unserseits möchten wir die Abänderung nur auf das unbedingt notwendige Mass beschränken, um nicht eine unabsehbare Eeihe von Eevisionspostulaten auf den Plan zu rufen.

II. Die wichtigste Abänderung geht der Natur der Sache entsprechend auf Einführung des Obligatordums der Anwendung des bäuerlichen Erbrechtes. Diese findet im revidierten Art. 620 ZGB Ausdruck. Indem diese Anwendung bei gegebenen Voraussetzungen zwingendes Eecht wird, kann sie nicht mehr durch letztwillige V e r f ü g u n g des Erblassers oder durch Vereinbarung der Erben ausgeschaltet werden, wie es bis anhin so oft der Fall war.

Die Obligatorischerklärung des bäuerlichen Erbrechtes darf aber nicht schematisch, ohne Bücksicht auf die Vielgestaltigkeit der Verhältnisse erfolgen. Wir haben diesem Erfordernis vor allem durch klarere und straffere Fassung der Bestimmungen und zum Teil auch durch engere Umschreibung der Voraussetzungen Eechnuiig getragen. Die folgenden
Ausführungen beschränken sich auf die Betonung der Abänderungspunkte und Neufassungen.

1. Während bisher in wirtschaftlicher Hinsicht lediglich verlangt wurde, dass das landwirtschaftliche Gewerbe für den wirtschaftlichen Betrieb eine Einheit bildete, ist nunmehr überdies dasErf or demis einer ausreichenden wirtschaftlichen Existenzfähigkeit des Betriebes aufgestellt. Es soll damit den nicht ganz unberechtigten Aussetzungen an der bisherigen Eegelung entgegengekommen werden, wonach in Alpentälern einer Erstarkung einzelner Bauernfamilien Nachteile gegenüberständen, indem dadurch ein Grossteil der Bevölkerung zur Abwanderung gezwungen würde. Wenn das in der Erbschaft liegende landwirtschaftliche Gewerbe für sich kerne ausreichende Existenz mehr bietet, sondern nur in Verbindung mit einem Nebenerwerb des Besitzers lebensfähig ist, wie es in den Bergtälern oder in Gegenden mit starker

302 Bodenzerßtückelung häufig der Fall ist, soll die Anwendung des Sonderrechtes nicht durchgesetzt werden können. Eine noch weitergehende Zersplitterung darf im Interesse eines gesunden Bauernstandes und seiner Stellung im Volksganzen allerdings nicht befördert werden. Wo ein Gewerbe vorliegt, das noch eine ausreichende wirtschaftliche Existenz bietet, soll es erhalten werden.

Ist dagegen die Möglichkeit einer Zerlegung in mehrere existenzfähige Betriebe vorhanden, so kann nach Art. 621blB eine Teilung und getrennte Zuweisung verlangt werden.

2. Nachdem der vorliegende Entwurf eine Ertragswertschätzung normiert, ist es gegeben, diese der Pestsetzung des Anrechnungswertes zugrunde zu legen.

3. In Art. 621, Abs. l wird der Fall besonders berücksichtigt, in welchem der Erblasser unmündige Kinder als Erben hinterlässt und der überlebende Ehegatte zur Übernahme geeignet erscheint. Hier hat die Zuweisung an diesen zu erfolgen, damit er in der Lage ist, die unmündigen Kinder auf dem bäuerlichen Heiniwesen zu erziehen. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn das bis zum Ertragswert mit Pfandforderungen belastete landwirtschaftliche Gewerbe das gesamte Vermögen des Erblassers ausmacht und der überlebende Ehegatte unbemittelt ist. Würde hier das Gewerbe einem geeigneten Kinde zugewiesen, so fielen die übrigen Miterben unter Umständen der öffentlichen Armenpflege anheim. Erfahrungsgemäss verdient aber ein familiäres Zusammenwirken auf dem bäuerlichen Hof sowohl in sozialer wie familienerhaltender und wirtschaftlicher Hinsicht entschieden den Vorzug. Noch weiter zu gehen und auch einem übernehmenden Sohn die Pflicht zum Unterhalt und zur Pflege sowie eventuell zur Ausbildung und späteren Ausstattung minderjähriger Geschwister in der Zuweisung zu überbinden, schien uns nicht angezeigt, da das Gewerbe ja zum Ertragswert zugewiesen wird und solche Lasten kaum ertragen würde.

4. Die Abänderung des Art. 625 ordnet die Behandlung von Neb engewerben und bewegt sich nach vier Eichtungen. Es wird ein engerer Zusammenhang zwischen landwirtschaftlichem Gewerbe als Hauptbetrieb und einem andern Gewerbe als Nebenbetrieb als bisher verlangt. Beide müssen untrennbar verbunden sein. Die Anrechnung des letzteren erfolgt zum Verkehrswert, während das Hauptgewerbe zum Ertragswert zuzuweisen ist. Nach dem geltenden Becht
erfolgte die Anrechnung beider zum Verkehrswert, eine mit dem Zwecke des bäuerlichen Erbrechtes nicht recht in Einklang zubringende Inkonsequenz, die nun behoben werden soll. Bei Meinungsverschiedenheit unter den Erben hat die über Zuweisung, Veräusserung oder Abtrennung des Nebengewerbes zu befindende Behörde nicht bloss auf die persönlichen Verhältnisse der Erben (wie bisher), sondern auch auf die wirtschaftliche Existenzfähigkeit der bis anhin verbundenen Gewerbe Bücksicht zu nehmen, was einer auch wirtschaftspolitisch orientierten Gesetzgebung entspricht. Ein neuer Absatz bezeichnet die zur Festsetzung des Verkehrswertes des Nebengewerbes zuständige Behörde.

303

5. Art. ôSS1118 füllt eine Lücke im geltenden Becht aus für den Fall, dass die Anwendung des bäuerlichen Erbrechtes hinsichtlich eines landwirtschaftlichen Gewerbes unmöglich ist. Dabei ist die Zerlegung in mehrere lebensfähige Betriebe wie die Abtrennung eines Nebengewerbes einlässlich normiert.

Absatz 3 bestimmt über die Art des Verkaufes, wenn die Erben uneinig sind.

Die Ordnung entspricht der Regel bei Aufhebung von Miteigentumsverhältnissen (vgl. ZGB Art. 651, Abs. 2), soweit dies hier zweckmässig erscheint.

III. Die Eevision des Art. 619 beabsichtigt lediglich, die Frist für den Anspruch auf Gewinnbeteiligung eines Miterben von zehn auf f ü n f z e h n Jahre auszudehnen. Die Frist von 15 Jahren erscheint den Verhältnissen im Grundstückverkehr besser angemessen als die bisherige und begünstigt indirekt eine Stabilisierung des Grundeigentums.

Fünfter Teil.

Schntzmassnahmen für Pächter.

Ein Gesetz, das darauf abzielt, rechtliche Grundlagen für eine dauerhafte Verbesserung der Lage der Landwirtschaft und eine Festigung des Bauernstandes zu schaffen, darf sich nicht auf die Eigentümer landwirtschaftlicher Betriebe beschränken. Zum Bauernstand gehören auch die landwirtschaftlichen Pächter, die heute vielfach ebenfalls in eine Notlage geraten sind. Obschön wir die Bedenken, die gegen eine gesetzliche Verankerung der Schutzmassnahmen für Pächter sprechen, nicht verkennen, glaubten -wir doch nicht, davon Umgang nehmen zu können. Ohne einen, wenn auch beschränkten rechtlichen Schutz würden die wirtschaftlich gefährdeten Pächter heute nicht auskommen. Soll die Ordnung des bestehenden Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für notleidende Bauern in das neue Gesetz verarbeitet werden, so geht es nicht wohl an, den zweiten Teil über die Schutzmassnahmen für Pächter als Bruchstück weiter gelten zu lassen und die übrigen Bestimmungen aufzuheben.

Aus dem allgemeinen Zweckgedanken der Vorlage lässt sich die Aufnahme von Pächterschutzbestimmungen sehr wohl rechtfertigen. Bei dieser Überführung in das Gesetz musste freilich Eücksicht auf die ganze Neuregelung genommen werden. Dies hat vor allem zu einer Umarbeitung des 2. Abschnittes Anlass gegeben. Da das Ende der wirtschaftlichen Krise heute noch nicht absehbar ist, so liess sich eine Geltungsdauer nicht festsetzen. Dies hat aber wenig auf sich. Mit dem Schwinden der wirtschaftlichen Notlage wird die Anwendbarkeit der Bestimmungen über die Stundung von selbst dahinfallen. Und eine Herabsetzung des Pachtzinses nach dem zweiten Abschnitt kann künftig nur verlangt werden, wenn eine Entschuldung vorausgegangen ist, für die ja die zeitliche Begrenzung des Art. 9, Abs. 2, zutrifft. Sachlich beschränkt sich die Anwendung nach wie vor auf die Pacht ganzer Heimwesen, was aus Art. 86, Abs. l, und 91, Abs. l, klar hervorgeht.

I. Die Bestimmungen des 1. Abschnittes über die Stundung entsprechen den Art. 43--47 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934. Einzig

304

in Art. 90, Abs. 2, findet sich eine materielle Änderung von praktisch zwar untergeordneter Bedeutung, indem die Abweichung zu Art. 317i SchKG fallengelassen wurde (vgl. Art. 47, Abs. 2, in Verbindung mit Art. 28, lit. b, des Bundesbeschlusses).

II. Grössere Abänderungen hat dagegen der 2. Abschnitt über die Herabsetzung des Pachtzinses erfahren, wozu die neue Eegelung einer Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe Anlass bot. Es ist in der Expertenkommission nicht zu Unrecht darauf hingewiesen worden, dass es unbillig wäre, den Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes zu entschulden, ohne einen allfälligen Pächter dieses Betriebes an der Entlastung irgendwie teilhaben zu lassen. Das Angebot von Pächterheimwesen sei im Verhältnis zur Nachfrage gering. Die Pachtzinse bewegten sich daher vielfach auf einer übersetzten Höhe. Wenn trotz der durch die Entschuldung eingetretenen Erleichterung der Pächter weiterhin den hohen, wirtschaftlich auch von Seiten des Verpächters nicht mehr zu rechtfertigenden Pachtzins entrichten müsste, so käme dies auf eine rein finanzielle Besserstellung des letzteren hinaus, die nicht dem Sinne der Vorlage entsprechen würde. Wir haben uns der Stichhaltigkeit dieser Argumente nicht verschliessen können. Eine dauernde Herabsetzung des Pachtzinses ist deshalb dieser inneren Eechtfertigung entsprechend in einen engen Zusammenhang zur Entschuldung gesetzt worden. Dies wirkt sich nach folgenden Eichtungen aus: 1. Während bisher neben objektiven Voraussetzungen auch in der Person des Pächters liegende Umstände vorhanden sein mussten, um einem Begehren auf Herabsetzung des Pachtzinses zu entsprechen, wird diese Eeduktion nunmehr lediglich an objektive Bedingungen geknüpft. In dieser Beziehung stellt Art. 91 geradezu eine rechtliche Verpflichtung des Eigentümers eines entschuldeten landwirtschaftlichen Pachtbetriebes auf, dem Pächter eine angemessene Ermässigung des Pachtzinses zugute kommen zu lassen.

Diese ist aber nicht schematisch durch eine rechnerische Formel festgelegt.

Es soll der Nachlassbehörde Spielraum gelassen werden, um auf die tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalles Bücksicht nehmen zu können. Hinsichtlich des örtlichen Geltungsbereiches soll die Anwendung dieser Bestimmungen der neuen Eechtslage entsprechend nicht mehr von einer kantonalen Einführungserklärung
abhängen.

2. Das Verfahren ist soweit wie möglich vereinfacht worden. Einen Schuldenruf sieht der 2. Abschnitt nicht mehr vor; auch die Anwendung von Art. 87, Ziffer 2 und 3, konnte fallengelassen werden, nachdem eine Herabsetzung des Pachtzinses lediglich die Durchführung einer Entschuldung voraussetzt. In Art. 92, Abs. 4, fand auch der Fall einer gewöhnlichen Betreibung (ohne Anwendung von OE Art. 293) Berücksichtigung.

3. Die in Art. 50 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 vorgesehene Möglichkeit einer zwangsweisen Verlängerung des Pachtvertrages haben wir fallengelassen; sie passte nicht mehr in das neue Gesetz. Abgesehen davon, dass diese Bestimmung in der Praxis wenig Anwendung gefunden hat, ist kaum

305

anzunehmen, dass ein Verpächter, der entschuldet worden ist und dem nun eine gesetzliche Herabsetzungspflicht obliegt, ein angemessenes Entgegenkommen gegenüber dem Pächter durch eine baldmögliche Kündigung des Pachtvertrages zu hintertreiben sucht. Wäre dies zu besorgen, so wäre es übrigens einfacher, in Art. 68 eine entsprechende Sicherheitsmassnahme vorzusehen.

Sechster Teil, Kosten and Gebühren.

Hier gibt lediglich Art. 98 zu einer Bemerkung Anlass. Ein Bezug der Gebühren für die mit der Entschuldung zusammenhängenden grundbuchlichen Verfügungen (Eintragungen, Änderungen, Löschungen) erscheint unter den hier in Betracht fallenden Umständen untragbar. Der Schuldner ist zur Zahlung dieser Gebühren nicht in der Lage. Dem Pfandgläubiger gegenüber wäre ein Ersatzanspruch unbillig, nachdem ihm ohnedies nicht geringe Opfer zugemutet werden. Deshalb haben wir eine Befreiung von der Erhebung von Grundbuchgebühren für sämtliche grundbuchliche Verfügungen vorgesehen, die in Zusammenhang mit Entschuldungsmassnahmen stehen. Anmerkungen nach Art. 3, Abs. 4, und 7, Abs. 3, werden, wenn dieser Zusammenhang fehlt, hiervon nicht betroffen.

Siebenter Teil.

Übergangs- und Schlussbestimmungen.

Der neue Aufbau und die Erweiterung der rechtliehen Massnahmen zur Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe, die Einführung einer hypothekarischen Belastungsgrenze und die vorgesehenen Abänderungen von Bestimmungen des ZGB erfordern einige Bechtsätze zur Abgrenzung des zeitlichen Herrschaftsbereiches. Hierbei mag zunächst auffallen, dass wir keine Übergangsbestimmung aufgenommen haben, die das Verhältnis der nach Art. 20 und 41 des Bundesbeschlusses vom 28. September 1934 errichteten Pfandrechte zu der neuen Entschuldungshypothek des Art. 15, Abs. 2, regeln würde. Wir gingen davon aus, dass es im Sinne einer durchgreifenden Entschuldung liegt, auch diese Pfandforderungen, von denen wohl beide in der Eegel unter die ungedeckten Forderungen des Art. 15 fallen werden, der Amortisation nach Art. 15 ff. zu unterstellen. Es ist kaum anzunehmen, dass sich die Bauernhilfskassen mit dieser Behandlung ihrer Pfandforderungen nicht abfinden werden.

Sollte diese Vereinfachung nicht belieben, so wäre eine dem Art. 56 des Bundesbeschlusses vom 21. Juni 1935 über vorübergehende rechtliche Schutzmassnahmen für die Hotel- und Stickereiindustrie analoge Norm mit entsprechender Bangfestsetzung zu wählen. Eine Verschmelzung des Pfandrechtes nach Art. 20 des Bundesbeschlusses mit jenem von Art. 15, Abs. 2, liesse sich jedoch nicht vorschreiben, da die Gläubiger verschiedene sind.

Von den vorgesehenen Bestimmungen seien folgende hervorgehoben: 1. Art. 101 enthält eine Anweisung für eine durchgehend gleiche Barwertberechnung. Dieser wird ein Zins von 4% zugrunde gelegt. Wir Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. II.

20

306

glaubten, mit Bücksicht auf die hypothekarischen Zinsfussverhältnisse in der Schweiz, nicht darunter gehen zu sollen. Der Satz von 4 % entspricht dem bis vor kurzem allgemein üblichen Zinsfusse'für erste Hypotheken. Da für die Loskauftitel eine subsidiäre Haftung des Kantons hinzutritt und damit eine gute Lombardfähigkeit für diese Titel geschaffen wird, so bedeutet dieser Satz das Maximum dessen, auf das die Gläubiger billigerweise Anspruch erheben dürfen.

Wir hoffen auch, dadurch diesen für den soliden Hypothekarkredit angemessenen Satz zu fördern.

2. In Art. 102 wird die Stellung der bestehenden Bauernhilfsorganisationen im neuen Eechtszustand umschrieben. Auf die Mitwirkung von diesen Organisationen kann auch nach Inkrafttreten der neuen Eegelung nicht verzichtet werden. Sofern Kurrentschulden vorhanden sind, ist mit einer Entschuldungsmassnahme des Art. 10 gleichzeitig ein Nachlassvertrag durchzuführen. Ein solcher liesse sich ohne Mithilfe der Bauernhilfsorganisation mangels erforderlicher Geldmittel wohl in den wenigsten Fallen verwirklichen.

Wenn auch vielfach von verwandtschaftlicher Seite eine Hilfe erhältlich war, so kam dieser doch mehr die Bedeutung einer Ergänzung zu den Leistungen der Bauernhilfskassen zu, deren Maximalbeiträge für die einzelnen Gesuche in Hinblick auf die beschränkten zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt sind.

Im übrigen verweisen wir auf die Ausführungen auf Seite 266 ff.

Kann aber eine finanzielle Mithilfe zur Durchführung von Nachlassverträgen nicht entbehrt werden, so erscheint es zweckmässig, diese wie bisher den Bauernhilfsorganisationen zu überlassen. So sehr eine Vereinigung dieser Organisationen mit den Tilgungskassen aus Gründen der organisatorischen Vereinfachung wünschenswert gewesen wäre, lässt sich dieser Weg bei näherem Zusehen nicht begehen. Die Bauernhilfsorganisationen sind in der Eegel in der Form von juristischen Personen als Genossenschaften oder Stiftungenbegründet, während die Tilgungskassen als öffentlich-rechtliche Gebilde mit behördlichem Charakter ausgestaltet werden müssen. Sachlich und psychologisch erscheint es richtiger, die Punktionen der Bauernhilfsorganisationen einer privatrechtlichen Person zu übertragen, nicht einer Behörde. Vor allem steht aber Art. 40, Abs. 2, einer ganzlichen Verschmelzung entgegen. Die bestehenden
Bauernhilfskassen besitzen ein zum Teil ansehnliches Vermögen. Sie haben Bückzahlungsforderungen für gewährte Darlehen, anderseits aber auch Verpflichtungen, so aus eingegangenen Darlehensverbindlichkeiten oder Bürgschaften. Die Kantone würden sich weigern, auch für die Verpflichtungen dieser Kassen eine subsidiäre Haftung zu übernehmen.

Eine Vereinfachung erscheint jedoch rechtlich wie praktisch in der Sichtung durchführbar, dass die Verwaltung der Bauernhilfsorganisation der Tilgungskasse übertragen wird. Macht ein Kanton von dieser Befugnis Gebrauch, so bleibt gegebenenfalls der Bauernhilfsorganisation nach wie vor die privatrechtliche Persönlichkeit gewahrt. Lediglich die Funktionen der Verwaltung werden den Organen der Tilgungskasse übertragen. Dies ist rechtlich sowohl bei der Genossenschaft wie bei der Stiftung durch entsprechende Abänderung der

307

Statuten möglich. Der Bechtssicherheit halber enthält der Entwurf einen Satz, wonach in solchen Fällen eine subsidiäre Haftung des Kantons für Verbindlichkeiten der Bauernhilfsorganisation ausdrücklich abgelehnt wird.

3. Die Bestimmungen der Art. 103 und 104 regeln die Wirksamkeit der neuen Belastungsgrenze in übergangsrechtlicher Beziehung. Es wird Fälle geben, in denen diese Grenze durch Pfandrechte überschritten ist, ohne dass eine Entschuldung durchgeführt wird. Hier soll am Eechtsbestande der darüber hinausgehenden Pfandrechte nicht gerüttelt werden, solange eine Löschung nicht erfolgt. Tritt diese aber ein, so darf keine freie Pfandstelle eingetragen werden (ZGB Art. 814, Abs.l und 2, und GBV Art. 63), damit der Pfandeigentümer nicht durch Errichtung eines neuen Pfandrechtes über die Pfandstelle verfügen und die Wirksamkeit der Belastungsgrenze hemmen kann.

Um den Kantonen die Befugnis zu geben, für ihren Bereich die hypothekarische Verschuldung landwirtschaftlicher Grundstücke, die nicht nach dem neuen Verfahren entschuldet werden, auf einen der Belastungsgrenze entsprechenden Stand zurückzuführen, schien uns die Aufnahme des Art. 104 zweckmässig. Ob die kantonalen Behörden von dieser Kompetenz Gebrauch machen wollen, ist ihrem Ermessen anheimgestellt. Tun sie dies, so haben sie auch die Amortisation näher zu ordnen; sie sind dabei nicht an die Begelung des Art. 78, Abs. 2, gebunden. -- Die bestehenden kantonalen Belastungsgrenzen (siehe oben Seite 296) bleiben, soweit sie sich unter der neuen Grenze des Art. 76 bewegen, in ihrer rechtlichen Wirkung unberührt.

4. Einer übergangsrechtlichen Bestimmung ruft auch die Einführung der obligatorischen Anwendung des bäuerlichen Erbrechtes nach Art. 85.

Der ratio dieses Obligatoriums entspricht es, dass in Fällen, in denen eine Erbschaft, in welcher sich ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet, im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch nicht geteilt ist und der Erblasser nicht anders verfügt hat, die neuen Bestimmungen Anwendung finden.

Anderseits kann eine besondere intertemporale Begel für die Abänderung des Art. 850, Abs. 2, und 619 des Zivilgesetzbuches entbehrt werden. Für bestehende Gülten, wie für den bereits vorgemerkten Gewinnanspruch von Miterben gilt beim Schweigen des Gesetzes der allgemeine Grundsatz des intertemporalen
Bechtes, wonach die rechtlichen Wirkungen von Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten eines neuen Gesetzes eingetreten sind, auch nachher gemäss den Bestimmungen des bisher geltenden Bechts beurteilt werden (vgl. Schlusstitel zum ZGB, Art. 1).

5. Die zahlreichen vollständig neuartigen Vorschriften wie die Kompliziertheit der Materie werden in der Praxis ein Bedürfnis nach dem Erlass von Vollziehungsvorschriften und Weisungen zur Folge haben. Da der Bund zur Durchführung der Entschuldung im Verlauf e der Jahre erhebliche Finanzmittel beisteuert, so ist es selbstverständlich, dass er sich die Aufsicht über die Vollziehung des Gesetzes vorbehält, die ihn auch in die Lage setzt, eine einheitliche Anwendung der Normen herbeizuführen. Diese Erwägungen rechtfertigen die Bestimmungen des Art. 107.

308

6. Durch die Fassung des Art. 108, Abs. 2, über die materielle Aufhebung des geltenden Bundesbeschlusses vom 28. September 1984 liess sich eine besondere Übergangsbestimmung über die Weitergeltung hinsichtlich bestimmter Bechtsverhältnisse (so z. B. Art. 12, 16, Abs. l, lit. a, des Bundesbeschlusses) erübrigen.

Wir sind uns der Tragweite der Vorlage, die wir Ihnen mit unserer Botschaft unterbreiten, voll bewusst. Vor allem geben wir uns auch klare Bechenschaft darüber, dass das Entschuldungsgesetz nicht nur von den Beteiligten beträchtliche Opfer fordert, sondern auch für die Finanzen des Bundes und der Kantone eine grosse Belastung bedeutet. Diese Belastung fällt um so schwerer ins Gewicht, als die Aufwendungen des Bundes zugunsten der Landwirtschaft in den letzten fünf Jahren dauernd angestiegen sind, wie aus den eidgenössischen Staatsrechnungen entnommen werden kann. Zu den bisherigen Aufwendungen tritt nunmehr infolge der Durchführung des Entschuldungsgesetzes auf die Dauer von 20 Jahren eine neue Leistung des Bundes und der Kantone im Betrage von zusammen jährlich 10 Millionen Franken hinzu, vermehrt um die in den ersten Jahren erforderlichen Zuschüsse an die Bauernhilfskassen. Trotzdem möchten wir Sie dringend bitten, dem Entwurfe Ihre Zustimmung nicht zu versagen. Die Entschuldung der notleidenden landwirtschaftlichen Betriebe ist ein Gebot der Stunde. Wie die Geschichte immer wieder lehrt, kann ein Gemeinwesen auf die Dauer nur gedeihen, wenn es von einem gesunden Bauernstände getragen wird. Daher liegt es im Interesse aller Schichten unseres Volkes, dass das Mögliche getan wird, um dem drohenden ökonomischen Verfall der um ihre Existenz kämpfenden Landwirte Einhalt zu gebieten. Wenn es gelingt, mit Hilfe der vorgeschlagenen Entschuldungsmassnahmen zwanzigtausend Bauernfamilien vor dem Zusammenbruche zu bewahren und ihnen das Leben wieder lebenswert zu gestalten, sind die Opfer, welche die Entschuldung verlangt, nicht vergeblich gebracht.

Indem wir Ihnen die Annahme des Entwurfes beantragen, bitten wir Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, den Ausdruck unserer vollkommenen Hochachtung zu genehmigen.

Bern, den 23. Juni 1936.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Meyer.

Der Bundeskanzler:

G. Boret.

309 (Entwurf.)

Bundesgesetz über

die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestutzt auf Art. 64 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 23. Juni 1986, beschliesst: Erster Teil.

Begriff und Schätzung landwirtschaftlicher Liegenschaften.

Art. 1.

Dieses Gesetz findet auf landwirtschaftliche Betriebe Anwendung.

2 Zu einem landwirtschaftlichen Betriebe gehören alle Liegenschaften, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden.

3 Waldgrundstücke sind insoweit inbegriffen, als ihre Nutzung dem landwirtschaftlichen Betriebe dient und nicht eine selbständige Erwerbsquelle bildet.

Art. 2.

1 Die Anwendung dieses Gesetzes auf ein bestimmtes Grundstück hat zur Voraussetzung, dass dessen Eigenschaft als landwirtschaftliche Liegenschaft durch behördlichen Entscheid festgesetzt ist.

2 Der Entscheid kann verlangt werden: a. vom Eigentümer und jedem beteiligten Pfandgläubiger oder Burgen, wenn es sich um die Entschuldung oder eine neue Belastung handelt ; b. durch jeden beteiligten Erben, wenn die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts in Frage kommt.

3 Die Kantone können in den einzelnen Grundbuchkreisen die Gebiete ausscheiden, in welchen ein Unterstellungsverfahren nicht einzuleiten ist.

1

A. Begriffder landwirtschaftlichen Liegenschaft.

B. Feststellung der landwirtschaftlichen Liegenschaften.

I. Begehren.

310 Art. 3.

1 n. Verfahren Die Kantone bezeichnen die für den Unterstellungsentscheid gemäss scheidEnt ^rt- ^ zuständige Behörde. Wird nicht eine einzige Behörde bezeichnet, so muss eine kantonale Eekursinstanz bestellt werden. Die Kantone ordnen das Verfahren.

2 Gegen den Entscheid der letzten kantonalen Instanz kann binnen dreissig Tagen durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde das Bundesgericht angerufen werden.

3 Zur Weiterziehung an die kantonale Eekursinstanz sowie ans Bundesgericht sind die in Art. 2, Abs. 2, bezeichneten Personen berechtigt.

4 Der rechtskräftige Unterstellungsentscheid ist dem Grundbuchamt zum Zwecke der Anmerkung im Grundbuch von Amtes wegen mitzuteilen.

5 Der Entscheid ist für alle Behörden massgebend, die auf Grund dieses Gesetzes tätig werden.

Art. 4.

x in. Änderung Ändern sich die Verhältnisse in der Weise, dass eine Liegenschaft haitnisseT nicht mehr als landwirtschaftliche Liegenschaft gelten kann, so ist der Eigentümer befugt, bei der Unterstellungsbehörde das Gesuch um Aberkennung der landwirtschaftlichen Eigenschaft und Löschung der Anmerkung im Grundbuch zu stellen. Art. 8 ist sinngemäss anwendbar.

2 Die Aberkennung der landwirtschaftlichen Eigenschaft hat keinen Einfluss auf ein durchgeführtes Entschuldungsverfahren.

Art. 5.

c. Schätzung Der nach diesem Gesetz für die Entschuldung und die Zulässigkeit Wirtschaft- neuer Belastungen sowie für die Anwendung des bäuerlichen Erbrechts Liefen massgebende Wert der landwirtschaftlichen Betriebe wird durch eine schatten, besondere Schätzung festgestellt.

2 ' sung.

Die Schätzung ist im Anschlüsse an den rechtskräftigen Unterstellungsentscheid von der erstinstanzlichen Unterstellungsbehörde von Amtes wegen auf Kosten des Eigentümers zu veranlassen.

Art. 6.

1 II. GrundDer Schätzung landwirtschaftlicher Liegenschaften ist der Ertragsagen Wert zugrunde zu legen, der bei landesüblicher Bewirtschaftung in einer der Schätzung vorausgegangenen längern Wirtschaftsperiode durchschnittlich zu vier Prozent verzinst werden konnte. Dieser Ertragswert mit einem Zuschlag von höchstens zwanzig Prozent ergibt den Schätzungswert.

2 Der Bundesrat erlässt die nähern Vorschriften für die Ermittlung des Schätzungswertes.

1

311 Art. 7.

1

Die Kantone bezeichnen die für die Vornahme der Schätzung zu- in. Verfahren ständige Behörde. Wird nicht eine einzige Behörde bezeichnet, so muss scheid, eine kantonale Eekursinstanz bestellt werden, die endgültig entscheidet.

Die Kantone ordnen das Verfahren.

2 Das Eecht der Weiterziehung an die kantonale Eekursinstanz steht dem Eigentümer sowie den betroffenen Grundpfandgläubigern, den Pfandgläubigern verpfändeter Grundpfandforderungen und den Bürgen pfandversicherter Forderungen zu; der Schuldner hat den letzteren den erstinstanzlichen Schätzungsbefund mitzuteilen.

3 Die rechtskräftige Schätzung ist von Amtes wegen dem Grundbuchamt mitzuteilen und für jedes Grundstück im Grundbuch anzumerken.

4 Die Schätzung ist für alle Behörden massgebend, die auf Grund dieses Gesetzes tätig werden.

Art. 8.

1

Die Beteiligten können jeweilen nach fünf Jahren auf ihre Kosten iv. Nachprueine Nachprüfung der Schätzung verlangen.

Schätzung.

2 Wird der Wert des Grundstückes infolge von Bodenverbesserungen, grösseren Neu- oder Umbauten oder dauernden Verschlechterungen durch Naturereignisse wesentlich verändert, so kann auch in der Zwischenzeit eine Neuschätzung verlangt werden.

3 Art. 7, Abs. 2, 3 und 4, finden Anwendung.

Zweiter Teil.

Entschaldung.

1. Abschnitt.

Voraussetzungen und Umfang der Entschuldung.

Art. 9.

1

Landwirtschaftliche Betriebe können gemäss den nachfolgenden A. AiigeBestimmungen durch Entscheid der Nachlassbehörde mit Hilfe des Bundes voräusund der Kantone entschuldet werden.

Setzungen.

2 Die Entschuldung kann im einzelnen Kanton anbegehrt werden, sobald der Kanton eine Tilgungskasse geschaffen hat, jedoch nur binnen fünf Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes.

312 Art. 10.

B

1

- ^3^en Im Entschuldungsverfahren können folgende Massnahmen getroffen der Ent- werden: schuldung.

1. Amortisation oder Abfindung ungedeckter Grundpfandforderungen (Art. 14 bis 27).

2. Stundung von gedeckten Kapitalforderungen (Art. 28 bis 87).

3. Zinsbeschränkung für gedecktes Kapital (Art. 38).

4. Abfindung der Kurrentforderungen durch eine Nachlassdividende.

2 Die Nachlassbehörde bestimmt, welche dieser Massnahmen im einzelnen Falle anzuordnen sind.

Art. 11.

1

c. VorausDas Entschuldungsverfahren kann nur bewilligt werden, wenn der SÄ? Eigentümer: im.U uns «· trotz Inanspruchnahme seines ganzen Vermögens ausserstande ist, Einzellall.


2 Bewirbt der Eigentümer seinen Betrieb selbst, so wird die Entschuldung nur bewilligt, wenn er zur richtigen Bewirtschaftung befähigt erscheint; hat der Eigentümer das Gut verpachtet, so setzt die Entschuldung voraus, dass er aus dem Pachtertrag sein Auskommen finden muss.

3 Auf das Entschuldungsgesuch ist nur einzutreten, wenn der Schuldner die Ermächtigung erteilt, alle nötigen Auskünfte über sein Vermögen einzuziehen.

4 In allen Fällen darf die Entschuldung nur bewilligt werden, wenn der Gesuchsteller oder sein Erblasser mindestens seit dem 1. April 1932 Eigentümer des landwirtschaftlichen Betriebes gewesen ist. Vorbehalten bleibt Art. 29.

Art. 12.

l D. Von der Die Entschuldung erstreckt sich auf alle ungedeckten, auf den 0 düng bë- Grundstücken des Eigentümers lastenden Grundpfandforderungen, auch Ford6TM6 soweit gie verpfändet sind.

2 influ1' ^^ne Forderung gilt als ungedeckt, wenn und soweit sie unter Hin' meinen. Zurechnung der ihr im Eang vorgehenden Belastungen den Schätzungswert des Grundpfandes übersteigt; wieweit hiebei Grundlasten zu berücksichtigen sind, entscheidet die Nachlassbehörde.

3 Eückständige pfandgesicherte Zinsen werden unter entsprechender Erweiterung der Pfandstellen zum Kapital geschlagen.

313 Art. 13.

Gelangt eine Pfandforderung zur Entschuldung, die der Gläubiger II. MitEinschlag erdurch Ersteigerung oder freihändigen Kauf zu einem unter dem Nominalworbene und verbetrag stehenden Preis erworben hat, so ist diese Forderung nur mit dem pfändete.

Erwerbspreis als zu entschuldende Forderung anzuerkennen. Das gleiche gilt, wenn eine faustpfandgesicherte Forderung kleiner ist als die verpfändete Grundpfandforderung.

2. Abschnitt.

Durchführung der Entschuldung.

Art. 14.

1 Wenn und soweit eine Forderung den doppelten Schätzungswert . Amortisation ungedes Pfandes übersteigt, wird sie mit den darauf entfallenden rückdeckter Grundständigen Zinsen und Betreibungskosten unter Löschung des Pfandpfandforderungen.

rechtes als Kurrentforderung behandelt und durch eine Nachlassdividende . Pfandforabgefunden.

derungen 2 über dem Für den Ausfall gegenüber seiner ursprünglichen Forderung doppelten Schäterhält der Gläubiger eine Bescheinigung, die ihm die in Art. 64, 71, zungswert.

Abs. 2, 72 und 78 genannten Eechte verleiht.

3 Die Vorschriften der Art. 15 bis 27 beziehen sich nicht auf solche Forderungen.

Art. 15.

1 Wenn und soweit eine ungedeckte Pfandforderung den doppelten II. Übrige ungedeckte Schätzungswert des Pfandes nicht übersteigt, wird das Pfandrecht für Pf andfordesie gelöscht und wird dem Gläubiger an ihrer Stelle eine Forderung gegen rungen.

die Tilgungskasse eingeräumt, deren Betrag im einzelnen Falle von der 1. Grundsatz der Nachlassbehörde gemäss Art. 19 festgestellt wird.

Amortisa2 tion.

Zugunsten der Tilgungskasse wird für den gesamten Betrag dieser a. Umwandlung der Forderungen, vermehrt um den Betrag der rückständigen pfandgesicherten FordeZinsen auf den bisherigen Pfandgrundstücken ein Gesamtpfandrecht in rungen.

Form einer Grundpfandverschreibung errichtet, welches im Eange unmittelbar auf das gedeckte Kapital folgt.

Art. 16.

Die Mittel zur Verzinsung und Tilgung der nach Art. 15 begründeten &. Mittel zur neuen Forderungen der Gläubiger werden beschafft durch an die Tilgungsaer^Forkasse · zu entrichtende Annuitäten des Schuldners (Art. 17) und durch derungen.

Beiträge der Tilgungskasse (Art. 18).

Art. 17.

Der Schuldner hat für die ungedeckten, den doppelten Schätzungs- 2. Annuiwert des Pfandes nicht übersteigenden Forderungen gleichbleibende schuld-068 ners Annuitäten an die Tilgungskasse zu leisten, die sich nach dem Verhältnis zur Deckung abstufen und in der Eegel betragen: 1

314 1. Stufe: 100--125% des Schätzungswertes: Annuität 2,5 %, 2.

» 125--150% » » » 2%, 3.

» 150-175% » » » l, 8 o/ 0> 4.

» 175--200 % » » » l %.

2

Die Annuitäten sind während zwanzig Jahren zu leisten.

3

Vorbehalten bleibt die Ermässigung der Leistungen des Schuldners gemäss Art. 42, Abs. 8.

4

Ist der Schuldner imstande, durch eine einmalige Zahlung den Barwert seiner eigenen Annuitäten sowie der Beiträge der Tilgungskasse gemäss Art. 18 aufzubringen, so wird er, unter Vorbehalt der Art. 64, 71, Abs. 2, 72 und 73, vollständig befreit.

Art. 18.

3. Beiträge der Tilgungskasse.

4. Anspruch des Gläubigers.

a. Loskauftitel.

1

Die Tilgungskasse leistet aus ihren eigenen Mitteln, ebenfalls während zwanzig Jahren, die Differenz zwischen den Annuitäten des Schuldners und der doppelten Höhe der in Art. 17, Abs. l, in jeder Stufe vorgesehenen Beträge.

2 Vorbehalten bleibt eine Erhöhung der Beiträge nach Art. 42, Abs. 3.

Art. 19.

1 Der Gläubiger der ursprünglichen Forderung erhält für die bisherige Forderung gegenüber der Tilgungskasse einen mit Semestercoupons versehenen, auf den Inhaber lautenden Loskauftitel in der Höhe des Barwertes der zusammengerechneten Leistungen des Schuldners und der Tilgungskasse.

2 Diese Forderung ist zu vier Prozent verzinslich und spätestens nach zwanzig Jahren fällig. Die Tilgung erfolgt durch jährliche Auslosungen in einem Betrage von einem Zwanzigstel der Summe der jährlich ausgegebenen Loskauftitel.

3 Der Pfandgläubiger hat jedoch in allen Fällen Anspruch auf eine Leistung, welche dem Betrag der an die Kurrentgläubiger entrichteten Nachlassdividende entspricht. Ist der Kapitalbetrag des Loskauftitels geringer als diese Mindestleistung, so hat der Schuldner dem Gläubiger die Differenz in bar zu bezahlen.

Art. 20.

b. Ausfallbescheinigung.

Dem Gläubiger wird für den Ausfall, den er auf Grund des Kapitalbetrages des Loskauftitels und einer allfälligen zusätzlichen Leistung gemäss Art. 19, Abs. 3, gegenüber seiner ursprünglichen Forderung erleidet, eine Bescheinigung ausgestellt, die ihm die in Art. 21, 64, 71, Abs. 2, 72 und 73 genannten Eechte verleiht.

315 Art. 21.

Ist die zu amortisierende Pfandforderung verbürgt, so haftet der 5. Haftung Bürge dem Gläubiger nur noch für den in der Bescheinigung gemäss gen. ur ~ Art. 20 festgestellten Ausfall.

2 Ein Bückgriff gegen den Schuldner steht dem Bürgen für diese Leistung nicht zu; vorbehalten bleiben die in Art. 64, 71, Abs. 2, 72 und 73 genannten Falle.

Art. 22.

Ist der Eigentümer Schuldner einer durch ein Drittpfand gesicherten HI- DrittpfandverForderung, so nimmt der Gläubiger mit dem ganzen Betrage dieser haltnisse.

Forderung am Nachlassvertrage der Kurrentgläubiger teil.

*· Mit Schuld1

pflicht des

EigenArt. 23.

tumers.

. Ohne Ist der Eigentümer nicht Schuldner einer sein Grundstück zwischen Schulddem einfachen und dem doppelten Schätzungswert belastenden Pfandpflicht des Eigenforderung, so müssen die in den Art. 17 und 18 vorgesehenen Leistungen tümers, im allgegleichwohl entrichtet werden; doch bleibt der Loskauftitel einstweilen meinen.

in Verwahrung der Tilgungskasse. Dem Gläubiger steht an dem Titel ein gesetzliches Pfandrecht zu, das ohne Übergabe des Besitzes begründet wird.

Art. 24.

1 Ist die Forderung fällig, so kann der Gläubiger gegen den Eigen- fr. Betreilulg tümer und den Schuldner Betreibung auf Faustpfandverwertung an' heben. Nach Stellung des Verwertungsbegehrens händigt die Tilgungskasse den Loskauftitel mit den nach der Anhebung der Betreibung fällig werdenden Zinscoupons dem Betreibungsamt aus; dieses fertigt gleichzeitig für den durch den Nennwert des Loskauftitels nicht gedeckten Betrag der Forderung den Pfandausfallschein aus und übergibt beide Urkunden dem Gläubiger. Wird neben dem Kapital auch für Zinsen betrieben, so ist überdies Abs. 2 anwendbar.

2 Bezieht sich die Faustpfandbetreibung auf verfallene Zinsen, so übergibt die Tilgungskasse nach Stellung des Verwertungsbegehrens dem Betreibungsamt zuhanden des Gläubigers diejenigen Zinscoupons des Loskauftitels, die der in' Betreibung gesetzten Zinsforderung entsprechen.

3 In den Faustpfandbetreibungen nach Abs. l und 2 kann das Verwertungsbegehren frühestens sechs Monate nach Zustellung des Zahlungsbefehls gestellt werden.

Art. 25.

Weist der Eigentümer nach, dass der Schuldner die Forderung getilgt hat, so erstattet ihm die Tilgungskasse die von ihm entrichteten Annuitäten mit vier Prozent Zinsvergütung zurück und entkräftet den Loskauf titel; der Eigentümer kann in diesem Falle die Herabsetzung der

c. Zahlung r>rittI-den Schuldner.

316 zugunsten der Tilgungskasse eingetragenen Grundpfandverschreibung um den Betrag der Pfandsumme des Drittpfandrechtes verlangen. Bei teilweiser Befriedigung durch den Schuldner findet Art. 27, Abs. 3, sinngemäss Anwendung.

Art. 26.

1 d. KttndiDie Tilgungskasse ist berechtigt, die Forderung unter den Vorrech?" der aussetzungen zu kündigen, unter denen dem Schuldner das KündigungsTMgimgs- reght zusteht. Diese Kündigung kann schon während des Verfahrens ausgesprochen werden; doch fällt sie mit allen ihren Wirkungen dahin, wenn die Entschuldung nicht zustande kommt.

2 Nach Eintritt der Fälligkeit händigt die Tilgungskasse dem Gläubiger den Loskauftitel und die Ausfallbescheinigung aus. Der Gläubiger kann den in dieser Bescheinigung festgestellten Betrag gegen den Schuldner geltend machen.

e. Regressder^ra-C gungsKasse.

Art. 27.

Ist dem Gläubiger gemäss Art. 24, Abs. l, oder Art. 26 der Loskauftitel ausgehändigt worden, so hat die Tilgungskasse vom Schuldner auf .dem Eeeresswesre Zahlung. der von ihr und vom Eigentümer schon geleisteten Annuitäten mit vier Prozent Zins sowie des Barwertes der von ihr und vom Eigentümer noch zu entrichtenden Leistungen zu fordern.

2 Befriedigt der Schuldner alle diese Ansprüche, so wird der Eigentümer von der Pflicht zur Leistung weiterer Annuitäten befreit ; die bereits geleisteten Annuitäten werden ihm mit vier Prozent Zins zurückerstattet.

Die Tilgungskasse hat in diesem Falle die Herabsetzung der zu ihren Gunsten eingetragenen Grundpfandverschreibung um den Betrag der Pfandsumme des Drittpfandrechtes zu veranlassen.

3 Werden die in Abs. l genannten Ansprüche nur teilweise befriedigt, so wird der vom Schuldner erlangte Betrag zu gleichen Teilen auf die dem Eigentümer und der Tilgungskasse obliegenden Leistungen angerechnet.

Die Tilgungskasse setzt die danach vom Eigentümer noch zu leistenden Annuitäten fest; im Streitfalle entscheidet die Nachlassbehörde auf Begehren des Eigentümers.

4 Ist nur für verfallene Zinsen betrieben worden, so steht der Tilgungskasse der Eückgriff gegen den Schuldner im Betrage des Nennwertes der dem Glaubiger gemäss Art. 24, Abs. 2, ausgehändigten Zinscoupons zu.

1

Art. 28.

B. KapitalBewilligt die Nachlassbehörde die Amortisation ungedeckter i. Fälle :Ung' Pfandforderungen, so kann sie gleichzeitig für gedeckte Grundpfand!· stTM,,ung forderungen, welche auf einer landwirtschaftlichen Liegenschaft des Amorti- Schuldners haften, sowie für Fahrnispfandforderungen, denen eine solche x

sation.

317 Grundpfandforderung als Pfand haftet, eine Stundung gewähren, sofern glaubhaft erscheint, dass der Schuldner für diese Forderungen keinen neuen Gläubiger zu finden vermag.

2 Unter den gleichen Voraussetzungen können solche Forderungen auf Begehren des Schuldners und nach Anhörung des Gläubigers auch in einem späteren Zeitpunkte gestundet werden; doch ist in diesen Fällen die Stundung zu versagen, wenn drei Jahreszinsen ausstehen oder der Gläubiger die Forderung wegen Wertverminderung des Pfandes durch den Eigentümer gekündigt hat.

3 Die Stundung wird auf vier Jahre bewilligt; ist die Forderung amortisierbar, so kann sie durch Herabsetzung der Annuität, Erhöhung der Zahl der Eückzahlungsquoten oder vorübergehende Einstellung dieser Leistungen bewirkt werden; doch darf diese Massnahme keine Verlängerung der Amortisationsfrist über die Dauer von vier Jahren zur Folge haben.

4 Auf begründetes Gesuch des Eigentümers kann die Nachlassbehörde nach Anhörung des Gläubigers die Stundung ausnahmsweise um weitere vier Jahre verlängern.

Art. 29.

1

Auch wenn eine Entschuldung durch Amortisation ungedeckter 2. Stundung Pfandforderungen nicht stattfindet, kann die Nachlassbehörde unter den ^ortiin Art. 11, Abs. l, lit. l, und Abs. 2, umschriebenen Voraussetzungen auf sation.

Begehren des Eigentümers und nach Anhörung der betroffenen Gläubiger für gedeckte und für ungedeckte Pfandforderungen, welche auf einer jenem gehörenden landwirtschaftlichen Liegenschaft haften oder für vom Eigentümer verpfändete Forderungen dieser Art, eine Stundung in der Dauer von höchstens vier Jahren bewilligen. Art. 28, Abs. 3, ist anwendbar.

2

Die Stundung ist jedoch zu versagen, a. wenn es nach den Umständen als wahrscheinlich betrachtet werden muss, dass trotz der Stundung die spätere Zwangsverwertung nicht vermieden werden kann; i), wenn mehr als drei Jahreszinsen ausstehen, oder c. wenn der Gläubiger die Forderung wegen Wertverminderung des Pfandes durch den Eigentümer gekündigt hat.

3

Die Stundung darf in der Eegel nur im Zusammenhang mit einem Nachlassvertrag der Kurrentgläubiger bewilligt werden.

4

dahin.

Bei einer Veräusserung der Pfandhegenschaft fällt diese Stundung

318 Art. 30.

3. Stundung Erscheint es zur Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des SchuldPfand-16 " ners als notwendig, so kann die Nachlassbehörde fällige Viehpfandschulden, schulden auf die Dauer von zwei Jahren, mit der Möglichkeit einer Verlängerung auf höchstens vier Jahre, stunden.

Art. 81.

II. Wirkung der Stundung.

1

Während der Kapitalstundung ist gegenüber dem Eigentümer jede Betreibungshandlung für die gestundeten Beträge ausgeschlossen und der Lauf jeder Verjährungs- und Verwirkungsfrist, die durch eine Betreibungshandlung unterbrochen werden kann, eingestellt.

2 Hat der Gläubiger vor der Bewilligung der Stundung Betreibung auf Pfandverwertung angehoben, so bleiben ihm während der Dauer der Stundung die Eechte aus Art. 94 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs und des Art. 806 des Zivilgesetzbuches gewahrt.

Art. 32.

III. Drittptandverhältnis.

1

Ist der Eigentümer nicht Schuldner einer sein Grundstück belastenden, durch den Schätzungswert gedeckten Pfandforderung, so ist für das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Eigentümer Art. 31 anwendbar. Dagegen kann der Gläubiger die Forderung, sobald sie fällig geworden ist, auf dem Wege der Betreibung auf Pfändung oder auf Konkurs gegen den Schuldner geltend machen. In einer solchen Betreibung ist die Stellung des Verwertungsbegehrens erst nach Ablauf von sechs Monaten seit der Zustellung des Zahlungsbefehls zulässig.

2 Wird der Gläubiger vom Schuldner teilweise befriedigt, so kann der Eigentümer eine entsprechende Herabsetzung der Pfandsumme und die Eintragung einer leeren Pfandstelle verlangen. Nach Ablauf der Kapitalstundung ist der Gläubiger berechtigt, für den erlittenen Ausfall gegen den Eigentümer die Betreibung auf Grundpfandverwertung anzuheben.

Art. 33.

x iv. Stellung Der Gläubiger kann die ihm gemäss Art. 495 des Obligationenrechts gen. Bur" gegen den einfachen Bürgen zustehenden Eechte erst nach Ablauf der !· ^j^6" Kapitalstundung geltend machen.

2 Während der Dauer der Kapitalstundung sind die den Bürgen nach Art. 502 und 503 des Obligationenrechts zustehenden Eechte eingestellt.

3 Der Bürge ist während der Kapitalstundung nicht berechtigt, im Sinne von Art. 512 des Obligationenrechts vom Hauptschuldner Sicherstellung oder Befreiung von der Bürgschaft zu verlangen.

319 Art. 34.

1

Die solidarisch haftenden Bürgen und Mitschuldner können dem Gläubiger die Einrede der Stundung nur entgegenhalten, wenn die Nachlassbehörde die Stundung ausdrücklich auch auf sie ausgedehnt hat.

2 Ein solches Begehren kann nur zugesprochen werden, wenn der Bürge den Nachweis erbracht hat, dass er ohne die Stundung in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet wäre; die Stundung kann auch nur auf einen Teil der Forderung beschränkt und von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden.

2. Ausdehnung der Stundung auf den Bürgen.

Art. 35.

1

Wird ein solidarisch Verpflichteter für eine Kapitalforderung vor dem Hauptschuldner betrieben, so kann er unter sofortiger Mitteilung an den Schuldner bei der für diesen zuständigen Nachlassbehörde die Einstellung der Betreibung auf zwei Monate verlangen.

2 Stellt der Schuldner innert dieser Frist ein Gesuch um Bewilligung einer Entschuldung oder einer Kapitalstundung, so bleibt bis zum Entscheid darüber die Betreibung gegen den solidarisch Verpflichteten eingestellt und diesem das Recht vorbehalten, die Ausdehnung der Kapitalstundung auf sich zu verlangen.

3 Stellt der Hauptschuldner innert der Frist das Gesuch nicht, so kann auch für den Eückgriffsanspruch des solidarisch Verpflichteten keine Stundung mehr erteilt werden.

4 Wird die Stundung bewilligt und nehmen die solidarisch Verpflichteten Bückgriff gegen den Schuldner, so kann ihnen dieser die Einrede der Stundung entgegenhalten.

3. Betreibung des Bürgen.

Art. 36.

1

Die Kapitalstundung kann von der Nachlassbehörde auf Verlangen eines Pfandgläubigers, eines Bürgen oder der Tilgungskasse mit Wirkung für alle gestundeten Forderungen widerrufen werden, wenn nachgewiesen wird, dass der Schuldner a. die Stundung wieder entbehren kann, ohne in seiner wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigt zu werden, oder 6. nach der Stundung zum Nachteil des Pfandgläubigers sich unredliche oder leichtfertige Handlungen hat zuschulden kommen lassen, namentlich absichtlich oder grobfahrlässig den Wert des Pfandes vermindert hat, oder c. seinen landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet hat, es sei denn, dass er aus der Verpachtung sein Auskommen finden muss, oder ä. verpfändete Tiere veräussert oder sonst beseitigt hat.

V. Widerruf der Stundung.

320 2

Im Falle erbrechtlichen Überganges können die den Betrieb übernehmenden Erben von der Nachlassbehörde die Ausdehnung der Stundung auf sich verlangen, sofern in ihrer Person die Voraussetzungen für die Bewilligung der Stundung vorliegen.

3 Ist die Stundung auf einen Solidarbürgen ausgedehnt worden, so kann ihm gegenüber die Stundung widerrufen werden, sofern er diese zu entbehren vermag, ohne in seiner wirtschaftlichen Existenz beeinträchtigt zu werden.

4 Im Falle von Abs. l, lit. a, und Abs. 3 kann ein Begehren frühestens zwei Jahre nach Bewilligung der Stundung oder nach einem abgewiesenen Widerrufsbegehren gestellt werden.

vi. Vollzug.

Art. 37.

i j)je Bewilligung der Stundung ist dem Betreibungsamte, dem Grundbuchamte und dem Viehverschreibungsamte mitzuteilen. Die Stundung von Grundpfandforderungen ist im Grundbuche einzutragen und in den Pfandtiteln anzumerken.

2 Der Widerruf der Stundung wird von der Nachlassbehörde den Pfandgläubigern und dem Betreibungsamt, sowie dem Grundbuchamt und dem Viehverschreibungsamt zum Zwecke der Löschung mitgeteilt.

3 Die Nachlassbehörde veranlasst beim Grundbuchamt die Löschung der Anmerkungen über die Stundung sowie die entsprechende Abänderung der Amortisationsbestimmungen in den Pfandtiteln; fällt die Stundung infolge von Zwangsverwertung des Pfandes dahin, so liegt diese Pflicht dem Amte ob, das diese durchführt.

Art. 38.

c. Gedeckte * Die Nachlassbehörde kann für die pfandgesicherten gedeckten Besciìràn- Kapitalforderungen mit, Wirkung vom letzten vor der Eröffnung des ZtaS deS Verfahrens liegenden Zinstermin an eine mit Einschluss von Kommisfusses.

sionen und derartigen Zuschlägen viereinhalb Prozent übersteigende Verzinsung auf diesen Zinsfuss beschränken und, sofern ein niedrigerer Zinsfuss vereinbart worden ist, anordnen, dass dieser nicht über viereinhalb Prozent erhöht werden darf.

2 Diese Beschränkung des Zinsfusses ist höchstens so lange wirksam, als der Eigentümer Annuitäten zu entrichten hat ; ist bloss eine Kapitalstundung bewilligt worden, so kann sie deren Dauer nicht überschreiten.

3 Der Gläubiger kann auf den Ablauf einer Periode von je vier Jahren bei der Nachlassbehörde das Begehren um Aufhebung der Zinsbeschränkung stellen. Die Behörde entscheidet über ein solches Begehren nach Anhörung des Schuldners und der Tilgungskasse unter Berücksichtigung der Verhältnisse von Gläubiger und Schuldner.

321 4

Bürgen, Mitschuldner und Gewährspflichtige haften dem Gläubiger nicht für den durch die Beschränkung des Zinsfusses entstehenden Zinsausfall.

5 Abs. l bis 3 sind auch für gedeckte, durch Viehpfand gesicherte Forderungen anwendbar in Fällen, in denen eine Viehversicherung besteht; an Stelle eines Zinsfusses von viereinhalb Prozent tritt dabei ein solcher von fünf Prozent.

Art. 39.

Die Bauernhilfsorganisation kann für Darlehen, die sie dem Schuld- D- PIi"ldner zur Abfindung der Kurrentforderungen im Nachlassvertrag gewährt, Hiifsdarlelien.

die Errichtung eines Pfandrechtes in Form einer Grundpfandverschreibung verlangen, das im Bange unmittelbar dem Pfandrecht der Tilgungskasse (Art. 15, Abs. 2) folgt.

3. Abschnitt.

Tilgungskassen und öffentliche Beiträge an die Entschuldung.

Art. 40.

Zur Durchführung der Entschuldung werden in den Kantonen A. Die kanamtliche Tilgungskassen geschaffen.

Tilgungs2 kassen.

Der Kanton haftet subsidiär für alle im Entschuldungsverfahren begründeten Verbindlichkeiten der Tilgungskasse.

3 Die Tilgungskassen sind von allen Steuern und Abgaben der Kantone und Gemeinden, sowie von den direkten Steuern des Bundes befreit. Die von den Tilgungskassen ausgegebenen Loskauftitel unterliegen nicht der eidgenössischen Emissions-Stempelabgabe.'

4 Ist die Tilgungskasse in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Mittel vorläufig nicht mehr in der Lage, für neue Entschuldungsgesuche Beiträge aufzubringen, so setzt sie die kantonale Eegierung hiervon in Kenntnis. Diese benachrichtigt unverzüglich die Nachlassbehörden ihres Kantons.

Art. 41.

1 ÖffentDer Bund und die Kantone stellen die Mittel für die nach diesem B. liche BeiGesetz von den Tilgungskassen zu leistenden Beiträge an die Entträge und Entschuldungen zur Verfügung.

schul2 dungsDer Bund legt einen, durch jährliche Einlagen von je fünf Milfonds.

lionen Franken zu speisenden Entschuldungsfonds an, aus welchem I. Im allgemeinen.

jährlich nach Massgabe der vorhandenen Mittel Beiträge an die kantonalen Entschuldungsfonds ausgerichtet werden.

3 Die Beiträge des Bundes sind von denjenigen der Kantone abhängig zu machen.

Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. II.

21 1

322 * Jeder Kanton legt seinerseits einen Entschuldungsfonds an, der t durch seine eigenen Beiträge und jene des Bundes gespiesen wird und aus welchem der kantonalen Tilgungskasse die nötigen Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Art. 42.

1

II. Für beDer Bundesrat ist ermächtigt, vom Bundesbeitrag jährlich einen verschul- Teil, jedoch höchstens zwanzig Prozent, zur Verwendung in besonders bfete Ge scnwer verschuldeten und genau zu umschreibenden Gebieten auszuscheiden.

2

Diese Teilbeträge werden in einen besondern Fonds gelegt, aus welchem an Kantone, die solche Gebiete aufweisen, erhöhte Beiträge ausgerichtet werden können. Der Bundesrat kann die Ausrichtung von höhern eigenen Beiträgen des Kantons abhängig machen.

3 Die erhöhten Zuwendungen dienen dazu, der Tilgungkasse für Entschuldungsfälle in den umschriebenen Gebieten die Leistung höherer Beiträge an die Entschuldungen zur Entlastung des Schuldners zu ermöglichen.

4. Abschnitt.

Verfahren.

Art. 43.

A

118

- fe^ve" fahrens.

. esuch.

Ein Schuldner, der eine der in Art. 10 vorgesehenen Massnahmen anbegehren will, hat der Nachlassbehörde ein schriftliches Gesuch ein^reichen und diesem beizufügen: 1. ein Verzeichnis seiner Gläubiger, unter Angabe von Art und Höhe ihrer Forderungen, der Zinsbedingungen, der Fälligkeitstermine und der bestehenden Sicherheiten (Pfandrechte, Bürgschaften) ; 2. einen Grundbuchauszug über die ihm gehörenden landwirtschaftlichen Grundstucke mit Angabe ihrer Grosse; 3. den Unterstellungsentscheid nach Art. 2 und 3 und gegebenenfalls den Ausweis über die nach Art. 5 erfolgte Schätzung; 4. ein Verzeichnis des Viehstandes und der wertvolleren landwirtschaftlichen Maschinen, gegebenenfalls unter Angabe des versicherten Wertes; 5. Angaben über sein übriges Vermögen (insbesondere andere als landwirtschaftliche Grundstücke, Forderungen und andere Eechte), mit Ausnahme des Hausrates und der dem landwirtschaftlichen Betrieb dienenden Gerätschaften.

323 Art. 44.

Erscheint das Gesuch nicht von vorneherein als aussichtslos, so n. steihmgnähme der beschliesst die Nachlassbehörde die Einleitung des Verfahrens und Nachlassbehörde ernennt sofort einen Sachwalter ; als solcher kann auch die Tilgungskasse und Erbezeichnet werden.

nennung des Sach2 walters.

Hat die kantonale Eegierung der Nachlassbehörde eine Mitteilung im Sinne von Art. 40, Abs. 4, zugehen lassen, so ist das Gesuch vorläufig abzuweisen. In diesem Falle kann die Nachlassbehörde unter gleichzeitiger Bestellung eines Sachwalters dem Gesuchsteller eine Stundung bis auf die Dauer eines Jahres bewilligen. Art. 45, 46, Abs. 2 bis 4, und 47 sind anwendbar.

3 Im Falle der Ablehnung des Gesuches kann der Schuldner, wo eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht, den Entscheid innert zehn Tagen an diese weiterziehen.

1

Art. 45.

Der Schuldner ist verpflichtet, auch nach Einleitung des Ver- m. Stellung fahrens die ordnungsgemässe Bewirtschaftung des Betriebes fortschuidners wähzusetzen.

rend des 2 VerVon der Einleitung des Verfahrens an kann der Schuldner nur Jahrens.

mit Zustimmung des Sachwalters Grundstücke veräussern oder belasten, Pfander bestellen, Bürgschaften eingehen, unentgeltliche Verfügungen treffen, sowie Zahlungen auf Schulden leisten, die vor diesem Zeitpunkt entstanden sind.

3 Dem Grundbuchamt wird die Einleitung des Verfahrens zum Zwecke der Vormerkung einer Verfügungsbeschrankung nach Art. 960, Ziff. 2, des Zivilgesetzbuches mitgeteilt.

1

Art. 46.

Die Nachlassbehörde kann dem Schuldner, sofern es notwendig B. Stundung, erscheint, eine Stundung bis zu sechs Monaten bewilligen. Die Stundung darf ausnahmsweise um höchstens vier Monate verlängert werden.

2 Während der Dauer der Stundung kann gegen den Schuldner eine Betreibung weder angehoben noch fortgesetzt werden, und ist der Lauf jeder Verjährungs- und Verwirkungsfrist, welche durch Betreibung unterbrochen werden kann, gehemmt.

3 Die in Art. 219 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs für Forderungen erster bis dritter Klasse vorgesehenen Fristen und die in Art. 286 und 287 des gleichen Gesetzes vorgesehenen Halbjahresfristen verlangern sich um die Dauer der Stundung. Ebenso wird die Dauer des Grundpfandrechtes für die Grundpfandzinsen (Art. 818, Ziff. 3, des Zivilgesetzbuches) um die Dauer der Stundung erstreckt.

1

324 4 Die Stundung ist dem Betreibungsamt mitzuteilen und öffentlich bekannt zu machen, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Schuldenruf nach Art. 48, Abs. 1.

Art. 47.

1 C. Widerruf Wenn der Schuldner Handlungen vornimmt, die ihm untersagt fahrens! sind, oder auf andere Weise die Interessen der Gläubiger gröblich verletzt, oder einzelne Gläubiger zum Nachteil von andern begünstigt, wird auf Antrag der Tilgungskasse, des Sachwalters oder eines benachteiligten Gläubigers die Einleitung des Verfahrens widerrufen.

2 Art. 44, Abs. 3, findet Anwendung.

Art. 48.

D. SchuldenDer Sachwalter lädt durch öffentliche Bekanntmachung im kanI. Erlassund tonalen Amtsblatt und nach Ermessen der Nachlassbehörde in weitern Inhalt.

Blättern die Gläubiger ein, binnen zwanzig Tagen ihre Forderungen, pfandgesicherte sowohl wie Kurrentforderungen, unter Angabe allfälliger Bürgen und anderer Sicherheiten anzumelden. In der Bekanntmachung ist auf die gemäss Art. 49 und 50 eintretenden Folgen der Unterlassung der Anmeldung hinzuweisen. Den bekannten Gläubigern ist ein Exemplar der Bekanntmachung zuzustellen.

2 Der Schuldenruf kann unterbleiben, a. wenn längstens ein Jahr vor Einreichung des Gesuches ein Sanierungsverfahren über den Schuldner durchgeführt wurde und er sich über die Erfüllung der Bedingungen desselben ausweist ; l. wenn das Verfahren sich auf eine Kapitalstundung beschränken soll und nicht gleichzeitig ein Nachlassverfahren über Kurrentschulden stattfindet.

Art. 49.

II- N mèïdetè * Gläubiger von gesetzlichen, im Grundbuch nicht eingetragenen FördePfandforderungen, die nicht angemeldet werden, verlieren hierfür l. Grund1- sowohl das Eorderungs- wie das Pfandrecht. Das gleiche gilt auch für pfandiornicht eingetragene öffentlich-rechtliche Grundlasten.

ö derungen.

° 2 Die Eechte aus im Grundbuch eingetragenen Pfandforderungen, deren Gläubiger nicht ermittelt werden können, werden von der Tilgungskasse gewahrt.

3 Die Tilgungskasse ist hinsichtlich gedeckter Pfandtitelforderungen berechtigt, von der Nachlassbehörde eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung binnen einer angemessenen, nicht unter sechs Monaten betragenden Frist zu verlangen, mit der Androhung, dass andernfalls der Titel kraftlos erklärt wird und das Pfandrecht erlischt. Ist die Forderung durch eine Grundpfandverschreibung sichergestellt, so verjährt sie mit Ablauf von zehn Jahren nach Hinfall einer Kapitalstundung, und falls eine solche nicht erteilt wurde, seit der Bechtskraft des Ent1

325 Schuldungsentscheides. Der Eigentümer kann hiernach die Löschung der Grundpfandverschreibung im Grundbuche verlangen.

4 Die für ungedeckte Pfandforderungen ausgestellten Loskauftitel unbekannter Gläubiger werden von der Tilgungskasse aufbewahrt.

Nach Ablauf von zehn Jahren seit dem Entschuldungsentscheid kann die Kasse bei der Nachlassbehörde verlangen, dass der Gläubiger nach den Bestimmungen über die Verschollenheitserklärung öffentlich aufgefordert werde, sich zu melden, ansonst der Titel vernichtet werde.

Meldet sich der Gläubiger nicht, so wird der Loskauftitel vernichtet; Art. 25 findet sinngemäss Anwendung.

Art. 50.

Der Gläubiger einer Kurrentforderung, die vom Schuldner nicht angegeben und auf den Schuldenruf hin nicht angemeldet, jedoch noch im Laufe des Verfahrens bekannt geworden ist, erhält die auf die Kurrentforderungen entfallende Nachlassdividende, soweit Mittel hierfür zur Verfügung stehen. Soweit eine Dividende nicht angewiesen werden kann, wird dem Gläubiger in der Höhe des Dividendenanspruches ein Verlustschein ausgestellt, der die in Art. 265 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs umschriebenen Wirkungen hat.

2 Wird eine durch ein Fahrnispfand gesicherte Forderung vom Schuldner nicht angegeben und vom Gläubiger nicht angemeldet, so verliert dieser das Becht, gegen den Schuldner einen Ausfall geltend zu machen. Art. 49, Abs. 3 und 4, bleiben vorbehalten.

1

Art. 51.

Der Sachwalter nimmt ein Inventar über das Vermögen des Schuldners auf und schätzt die einzelnen Vermögensstücke mit Ausnahme der gemäss Art. 5 zu schätzenden Grundstücke.

2 Für durch Viehpfand gesicherte Forderungen wird die Deckung nach einer von der Viehversicherungskasse, und wo eine solche fehlt, von Sachverständigen eingeholten Schätzung der verpfändeten Tiere bestimmt.

3 Der Sachwalter erstellt auf Grund der Forderungsanmeldungen und der Angaben des Schuldners ein Schuldenverzeichnis und holt über jede einzelne Forderung die Erklärungen des Schuldners ein.

1

Art. 52.

Der Sachwalter erlässt hierauf eine Verfügung darüber, welche Forderungen gedeckt und welche ungedeckt sind.

2 Diese Deckungsverfügung ist dem Schuldner, der Tilgungskasse, den beteiligten Pfandgläubigern und Bürgen schriftlich mitzuteilen und kann von ihnen binnen zehn Tagen in bezug auf die Deckungsfrage an die Nachlassbehörde weitergezogen werden.

1

2. Andere Forderungen.

E. Sachwalter.

1. Aufgaben.

1. Inventar und SchuldenVerzeichnis.

2. Deckungsverlugung.

a. Deckung der Forderungen.

326 Art. 53.

Innerhalb einer Frist von zehn Tagen seit Empfang der Mitteilung undRang -nach Art. 52, Abs. 2, können der Schuldner, die Pfandgläubiger und Bürgen sowie die Tilgungskasse eine angemeldete Pfandforderung hinsichtlich Bestand und Höhe der Forderung und Bestand und Eang des Pfandrechtes bei der Nachlassbehörde bestreiten.

2 Die Nachlassbehörde setzt dem Bestreitenden eine Frist von zehn Tagen zur Anhebung der Klage gegen den Gläubiger, dessen Forderung oder Pfandrecht angefochten worden ist. Die Klage ist bei dem im Amtskreise der Nachlassbehörde zuständigen Gerichte anzubringen. Der Prozess wird im beschleunigten Verfahren geführt.

3 Werden diese Fristen nicht eingehalten, so fallt die Bestreitung dahin. Bis zum Austrage einer allfälligen Klage stellt der Sachwalter das weitere Verfahren ein.

4 Der obsiegende Gläubiger tritt bis zur Höhe seiner Forderung in die Eechte des unterliegenden ein; das gleiche gilt für die verbürgte Forderung, wenn ein Bürge mit seiner Klage durchdringt. Klagt der Schuldner oder die Tilgungskasse, so rücken die nachfolgenden Gläubiger in die allfällig freiwerdende Pfandstelle nach.

b. Bestand

1

Art. 54, 1 F. EntschulNach rechtskräftiger Feststellung der Pfandforderungen und ihrer dungsplan. Deßk^g überweist der Sachwalter die Akten der Tilgungskasse.

2 Diese entwirft einen Entschuldungsplan, der die zu amortisierenden Forderungen bezeichnet und die Vorschläge über die Höhe ihrer eigenen Leistungen und derjenigen des Schuldners enthalt. Sie soll sich gegebenenfalls auch über die Gestaltung des Nachlassvertrages und über die Beschaffung der Mittel für die Nachlassdividende der Kurrentgläubiger aussprechen.

3 Der Entschuldungsplan der Tilgungskasse wird vom Sachwalter, mit seinen eigenen Anträgen und seinem Gutachten versehen, der Nachlassbehörde eingereicht.

4 Sieht der Entschuldungsplan eine Kapitalstundung vor, so macht der Sachwalter die Bürgen und Mitschuldner auf die ihnen gemäss Art. 33 bis 35 zustehenden Eechte aufmerksam.

5. Abschnitt.

Entscheid der Nachlassbehörde.

Art. 55.

1 A. Einladung Die Nachlassbehörde entscheidet über das Gesuch des Schuldners handTung. *n mündlicher Verhandlung, zu der durch öffentliche Bekanntmachung eingeladen wird; eine Gläubigerversammlung findet nicht statt.

327 2

In der Bekanntmachung ist mitzuteilen, a. dass der Entschuldungsplan der Tilgungskasse mit den Akten während zehn Tagen vor der Verhandlung zur Einsichtnahme durch die Beteiligten bei der Nachlassbehörde aufliegt; 6. dass an der Verhandlung der Schuldner, der Sachwalter, die Gläubiger, die Bürgen und ein Vertreter der Tilgungskasse Abänderungsantrage zum Entschuldungsplane stellen und Einwendungen gegen die Bestätigung der Entschuldung und des Nachlassvertrages erheben können.

Art. 56.

1 Der Entscheid der Nachlassbehörde umfasst alle in diesem Gesetze vorgesehenen Massnahmen; sind keine Kurrentforderungen vorhanden, so beschränkt sich das Verfahren auf die Massnahmen gemäss Art. 10, Abs. l, Ziff. l bis 3.

2 Im Falle einer Amortisation ungedeckter Pfandforderungen setzt die Nachlassbehörde die Höhe der Annuitäten des Schuldners und der Beiträge der Tilgungskasse sowie den Betrag der für jeden Gläubiger auszustellenden Loskauftitel fest und bestimmt den auf jeder Forderung entstehenden Ausfall.

3 Gleichzeitig werden die zur Sicherung des entschuldeten Betriebes gemäss Art. 65 bis 67 als notwendig erachteten Massnahmen angeordnet.

Art. 57.

Der Entschuldungsplan und der Nachlassvertrag sind zu bestätigen, sofern die Voraussetzungen des Art. 11 dieses Gesetzes und des Art. 306 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs gegeben sind und infolge der getroffenen Massnahmen die Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners wahrscheinlich gemacht ist.

2 Bei Beurteilung der Angemessenheit der Nachlassdividende ist der Viehstand des Schuldners insoweit nicht zu berücksichtigen, als er zur ordnungsgemässen Fortsetzung des entschuldeten Betriebes erforderlich ist.

3 Für vom Schuldner bestrittene Kurrentforderungen ist die Nachlassdividende zu hinterlegen, unter Fristansetzung an den Gläubiger gemäss Art. 310 des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs.

1

B. Entscheid.

I. Inhalt.

II. Voraussetzungen der Bestätigung.

Art. 58.

Die Bürgschaftsverpflichtungen des Schuldners sind mit der auf die III. Burgsc Kurrentforderungen entfallenden Nachlassdividende abzufinden.

Verpflich2 tungen.

Die Nachlassbehörde kann jedoch auf eine Bürgschaft eine herabBurgschalten gesetzte Dividende anweisen oder sie ohne Dividende als erloschen erdes klären. Sie trägt dabei den Verhältnissen Eechnung, insbesondere den Schuldners.

Bückwirkungen auf den Hauptschuldner und die Mitbürgen sowie der Art der Eingehung der Bürgschaft.

1

328 Art. 59.

2. Bürgschalten lür ungedeckte Forderungen,

C. Weiterziehung des Entscheides.

D. Volldes Enfi Zahlung der Nach
Für den Ausfall, der auf Kurrentforderungen und auf den doppelten Schätzungswert übersteigende Pfandforderungen entsteht, haften die Bürgen ohne Bückgriff gegen den Schuldner. Vorbehalten bleibt Art. 64, sowie für die zweitgenannten Fälle überdies Art. 71, Abs. 2, 72 und 73.

Art. 60.

Der Entscheid der Nachlassbehörde wird dem Schuldner und der Tilgungskasse vollständig, jedem Gläubiger und Bürgen, der Abänderungsanträge gestellt hat, soweit er ihn betrifft, schriftlich mitgeteilt.

2 Wo eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht, kann der Entscheid binnen zwanzig Tagen seit der Mitteilung vom Schuldner, von der Tilgungskasse sowie von den Gläubigern und Bürgen, deren Anträge von der ersten Instanz abgewiesen worden sind, weitergezogen werden.

3 Der rechtskräftige Entscheid wird im kantonalen Amtsblatt und nach Ermessen der Nachlassbehörde in weitern Blättern öffentlich bekanntgemacht.

4 Wurde eine Stundung bewilligt, so wird ihr Dahinfallen dem Grundbuchamt, dem Betreibungsamt und gegebenenfalls dem Viehverschreibungsamt mitgeteilt und öffentlich bekanntgemacht.

1

Art. 61.

i Auf Grund des rechtskräftigen Entscheides der Nachlassbehörde meldet die Tilgungskasse beim Grundbuchamt die gemäss Art. 15, Abs. 2, zu errichtende Grundpfandverschreibung, die Löschung der ungedeckten Pfandrechte und gegebenenfalls die Herabsetzung eines nur teilweise gedeckten Pfandrechtes sowie die Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung nach Art. 74, Abs. 5, an und stellt die Loskauftitel für die abzufindenden Gläubiger (Art. 19) sowie die Ausfallbescheinigungen nach Art. 20 aus.

2 Der Sachwalter hat: a. die Nachlassdividende an die Kurrentgläubiger zu bezahlen und gegebenenfalls die Ausfallbescheinigungen nach Art. 14, Abs. 2, und die Verlustscheine nach Art. 50 auszustellen; b. beim Grundbuchamt die durch den Entscheid bedingtenÄnderungen und Löschungen hinsichtlich der Pfandrechte zur Eintragung im Grundbuch anzumelden, soweit dies nicht nach Abs. l geschehen ist; c. die Entkräftung der ungedeckten Pfandtitel und gegebenenfalls die Anmerkung einer Abänderung der Pfandforderung, des Eanges, der Verzinslichkeit und einer Kapitalstundung in den gedeckten Pfandtiteln vornehmen zu lassen; d. das gemäss Art. 39 zu errichtende Pfandrecht ins Grundbuch eintragen zu lassen;

329 e. bei durch Viehpfand gesicherten Forderungen die entsprechenden Änderungen und Löschungen dem zustandigen Verschreibungsamt zur Eintragung in das Verschreibungsprotokoll mitzuteilen.

3 Als Ausweis für die Eintragungen, Änderungen und Löschungen im Grundbuch dient in allen Fällen ein Doppel des Entscheides der Nachlassbehörde.

Art. 62.

1 Der Sachwalter hat die Titel über ganz oder teilweise ungedeckte II. Nicht beigebrachte Pfandforderungen -wie auch gedeckte Pfandtitel einzufordern, in welche Plandtitel.

eine Änderung hinsichtlich der Pfandsumme, des Banges, der Verzinslichkeit oder eine Kapitalstundung anzumerken sind. Werden die Titel nicht beigebracht, so hat die Tilgungskasse oder der Sachwalter trotzdem die erforderlichen Löschungen und Abänderungen im Grundbuch zu veranlassen; die auf die betreffenden Forderungen entfallenden Beträge sowie die Loskauftitel und die Ausfallbescheinigungen sind von der Tilgungskasse zurückzubehalten.

2 Die Löschung oder Abänderung des Grundpfandrechtes ist in diesem Falle durch einmalige Publikation im Amtsblatt zu veröffentlichen und dem Gläubiger, sofern sein Name und sein Wohnort bekannt sind, durch eingeschriebenen Brief zur Kenntnis zu bringen, mit der Anzeige, dass die Veräusserung oder Verpfändung des gänzlich ungedeckten Pfandtitels oder des teilweise ungedeckten über den gedeckten Betrag hinaus oder eine Verfugung dieser Art über einen gedeckten Pfandtitel, dessen Forderung gestundet oder dessen Bang oder Verzinslichkeit abgeändert wurde, ohne Anzeige an den Dritterwerber als Betrug strafbar wäre.

3 Ist der Inhaber des Titels unbekannt, so hat der Sachwalter die Löschung oder Abänderung des Grundpfandrechts öffentlich bekanntzumachen, unter Hinweis auf die in Abs. 2 hiervor erwähnte Folge einer Veräusserung oder Verpfändung des Titels.

Art. 63.

Bessert sich wahrend der Amortisation ungedeckter Pfandforde- E. Nachträgliche rungen infolge Steigerung des Ertrages oder aus ähnlichen Gründen die Abänderung des Lage des Schuldners, so können seine Annuitätenzahlungen unter entEntsprechender Ermässigung der Beiträge der Tilgungskasse bis auf das scheides.

I.

AllmähDoppelte erhöht werden.

liche Bes2 serung der Die Tilgungskasse hat einen dahingehenden Antrag bei der NachLage des Schuldlassbehörde zu stellen; diese entscheidet in einer mündlichen Verhandlung, zu welcher der Schuldner und die Tilgungskasse einzuladen sind.

Der Entscheid kann von den Beteiligten gemäss Art. 60, Abs. 2, weitergezogen werden.

3 Ist der Antrag abgewiesen Morden, so kann er vor Ablauf von zwei Jahren nicht erneuert werden.

1

330

Art. 64.

1 il. Neues Kommt während der Amortisation ungedeckter Pfandforderungen vermögen foT gcnuidner durch Erbschaft, Schenkung oder auf ähnliche Weise Schuld- zu neuem Vermögen, so können die Tilgungskasse bis zur Deckung des Barwertes ihrer Beiträge, jeder Pfandgläubiger bis zur Höhe seines Ausfalles, die Bürgen für ihre Leistungen und die Bauernhilfsorganisation für dem Schuldner im Nachlassverfahren geleistete Beträge die Eechte aus einem Verlustschein gemäss Art. 149, Abs. 2 und 4, des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs geltend machen. Bestreitet der Schuldner, dass er zu neuem Vermögen gekommen sei, so entscheidet das Gericht darüber in beschleunigtem Verfahren.

2 Das Betreibungsamt hat der Tilgungskasse von jedem gegen einen entschuldeten Schuldner bewilligten Arrest Mitteilung zu machen.

6. Abschnitt.

Sicherung entschuldeter Betriebe.

Art. 65.

Die Nachlassbehörde trifft im Entscheid über die Entschuldung A. Sicherungsdie zur Sicherung des entschuldeten Betriebes und zur Vollziehung ihrer massnahmen Entscheidung dienlichen Massnahmen gemäss den nachfolgenden BeTMhefdtder Stimmungen.

Nachiass2 j)je Nachlassbehörde bestimmt, wie lanee diese Massnahmen in foehorde.

Kraft bleiben; sie können die Annuitätenzahlungen des Schuldners nicht überdauern.

Art. 66.

1 Wird eine Entschuldung verfügt, so wird der Schuldner einer AufB. Massnahmen. sicht unterstellt, die durch einen Vertreter der Tilgungskasse oder durch I. Aulsicht.

eine andere geeignete Person auszuüben ist; er hat der Aufsichtsperson jederzeit Zutritt zu gewähren und die verlangten Auskünfte zu erteilen.

2 Die Aufsicht erstreckt sich auf die Betriebsführung des Schuldners und soll mit einer Betriebsberatung verbunden sein ; nötigenfalls kann sie auf die Lebenshaltung des Schuldners und seiner Familie ausgedehnt werden.

3 Liegen nach Ansicht der Tilgungskasse die in Art. 395, Abs. l, des Zivilgesetzbuches genannten Voraussetzungen vor, so kann sie bei der zuständigen Behörde die Anordnung einer Beiratschaft beantragen und einen ablehnenden Entscheid weiterziehen.

4 Allfällige Kosten der Aufsicht trägt die Tilgungskasse.

1

II. Buchhaltung.

Art. 67.

Solange die Aufsicht dauert, ist der Schuldner verpflichtet, eine der Art und Grosse des Betriebes angemessene Buchhaltung zu führen.

1

331 2

Er hat der Aufsichtsperson jederzeit Einsicht in die Buchführung und die Belege zu gewahren.

3

Die Tilgungskasse stellt die Formulare für die Buchhaltung auf und kann nähere Weisungen dazu erteilen.

Art. 68.

1

Für grössere Bauten und Eeparaturen hat der Schuldner die Zu- c. Beschrankungen in stimmung der Aufsichtsperson einzuholen.

der Verfugungs2 Zur rechtsgültigen Verpfändung von Vieh oder zur Bestellung freiheit.

von andern Pfändern ist die Zustimmung der Tilgungskasse erforderlich ; vorbehalten bleiben überdies die Massnahmen bei Veräusserung entschuldeter Betriebe sowie zur Verhütung der Überschuldung.

3 Die Eingehung von Bürgschaften ist dem Schuldner bei Folge der Nichtigkeit untersagt.

Art. 69.

Ist der Schuldner mit zwei Annuitäten im Blickstand, so kann die D. RuckTilgungskasse dafür nach ihrer Wahl Betreibung auf Pfandverwertung schuld- es oder auf Pfändung anheben. Sie kann überdies die sämtlichen künftigen "e^ner^AnAnmiitäten zum Barwert auf den nächsten Verfalltermin fällig erklären nuitàten.

und dafür bei Nichtleistung Betreibung auf Pfandverwertung einleiten.

7. Abschnitt.

Sicherungsmassnahmen bei der Veräusserung entschuldeter Betriebe.

Art. 70.

Wird ein entschuldeter Betrieb freiwillig veräussert, so ist in der Hegel für den Barwert der noch ausstehenden Annuitäten des Grundeigentümers Barzahlung an die Tilgungskasse zu verlangen. Ist diese Zahlung geleistet worden, so wird die nach Art. 15, Abs. 2, für die Tilgungskasse errichtete Grundpfandverschreibung gelöscht.

2 Die Tilgungskasse kann ausnahmsweise zur Übernahme der betreffenden Schuldpflicht durch den Erwerber ihre Zustimmung geben, sofern dieser für die richtige Bewirtschaftung des Gutes und die Zahlung der Annuitäten Gewähr bietet.

3 Bei Zwangsverwertungen ist der Barwert der vom Eigentümer noch zu leistenden Annuitäten als pfandversicherte Kapitalforderung ins Lastenverzeichnis aufzunehmen. Wird diese Forderung durch den Zuschlagspreis gedeckt, so können die Annuitätenforderungen durch Barzahlung des Barwertes abgelöst oder dem Erwerber zur künftigen Zahlung als Schuld Überbunden werden. Wird diese Forderung nicht vollständig gedeckt, so ist der betreffende Betrag in bar zu entrichten.

1

, Veräusserung entschuldeter Betriebe.

, Bei gesamthafter Veräusserung.

. Ablösung der Annuitäten.

332

Art. 71.

1 2. Verteilung Bei jeder Veräusserung innert zwanzig Jahren seit dem Entscheid Schusses'61'" über die Entschuldung ist der wirkliche Erlös, soweit er die gedeckten Pfandforderungen und den Barwert der noch ausstehenden Annuitäten des Schuldners und Eigentümers (Art. 17) überschreitet, vom Erwerber in bar an die Tilgungskasse abzuführen und zunächst zur Deckung der von ihr schon entrichteten Beiträge ohne Zins und des Barwertes der noch zu entrichtenden Beiträge (Art. 18) zu verwenden.

2 Ein Überschlags dient zur verhältnismässigen Deckung der Ausfallforderungen ungedeckter Pfandgläubiger und eines allfälligen Darlehens der Banernhilfsorganisation nach Art. 39, bis diese Ansprüche ohne Zinsberechnung bezahlt sind. Sie stehen unter sich in gleichem Eange.

3 Einen nach Befriedigung aller genannten Ansprüche verbleibenden Bestbetrag händigt die Tilgungskasse dem Veräusserer aus, sofern nicht ein Pfandrecht (Art. 78) oder eine Vormerkung nach Art. 619, 960 und 961 des Zivilgesetzbuches im Grundbuch eingetragen ist.

Art. 72.

II. Bei teili Wird nur ein Teil einer Liegenschaft oder ein Grundstück eines veräusse- mehrere Liegenschaften umfassenden Betriebes veräussert, so ist ein rung.

Erlös, der über die nach Art. 833 des Zivilgesetzbuches auf das abgetrennte Stück zu verteilenden, dem Pfandrecht der Tilgungskasse vorgehenden Pfandforderungen hinausgeht, vom Erwerber an die Tilgungskasse abzuliefern. Die Tilgungskasse verwendet diesen Betrag in erster Linie zur Barablösung der noch nicht entrichteten Annuitäten des Grundeigentümers (Art. 70, Abs. 1).

2 Ein allfälliger Überschuss dient zur Tilgung der nach Art. 71 festgesetzten Ansprüche. Dabei haben die Ansprüche nach Abs. l den Vorrang vor denjenigen nach Abs. 2.

3 Sind die Annuitäten des Eigentümers nicht vollständig bezahlt, so kann der Glaubiger das Eecht auf Tilgung gemäss Art. 833, Abs. 2, des Zivilgesetzbuches nicht geltend machen.

Art. 73.

in Bei Ent^ ^^ g 'chen oder teilweisen Enteignung entschuldeter eigmmg. Betriebe finden Art. 70 bis 72 sinngemäss Anwendung.

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a e emer

änzn

Art. 74.

1 B. ZustimBis zum Ablauf von zwanzig Jahren seit dem Entscheid über die VeValssï-1 Entschuldung bedarf jeder Vertrag auf Übertragung des Eigentums an rung.

entschuldeten Grundstücken zu seiner Gültigkeit der Zustimmung der Tilgungskasse. Dasselbe gilt auch für den Fall einer stückweisen Veräusserung.

333 2

Die Zustimmung kann versagt werden, wenn die rückständigen und die nach Art. 70, Abs. l, 71 und 72 fälligen Beträge nicht bezahlt oder sichergestellt werden, wenn ein offensichtliches Missverhältnis zwischen dem angegebenen Veräusserungswert und dem Verkehrswert besteht oder wenn bei gesamthafter Veräusserung der Erwerber nicht Gewähr für eine richtige Bewirtschaftung des Gutes bietet.

3 Einer stuckweisen Veräusserung gegenüber kann die Zustimmung ausserdem verweigert werden, wenn der zurückbehaltene Teil des Gutes keine ausreichende Existenz mehr bieten würde.

4 Gegen die Verweigerung der Zustimmung können die Beteiligten binnen dreissig Tagen bei einer vom Kanton zu bezeichnenden Behörde Beschwerde führen.

5 Zur Sicherung der Bechte der Tilgungskasse und der Ansprecher nach Art. 71, Abs. 2, wird im Grundbuch auf sämtlichen betroffenen Grundstücken eine Vormerkung eingetragen. Der Grundbuchverwalter darf keine Eigentumsübertragungen an solchen Grundstücken eintragen, solange ihm nicht die Zustimmungserklarung der Tilgungskasse vorgelegt wird.

Art. 75.

Jeder Eigentümer eines entschuldeten Betriebes kann sich durch Befriedigung der in Art. 70, Abs. l, und 71, Abs. l und 2, umschriebenen Ansprüche von der Verfügungsbeschräukung des Art. 74 befreien und von der Kasse verlangen, dass sie die Löschung der Vormerkung und des nach Art. 15, Abs. 2, errichteten Pfandrechtes bewillige. Für die Löschung des nach Art. 89 eingetragenen Pfandrechtes ist die Löschungsbewilligung der Bauernhilfsorganisation beizubringen.

C. Befreiung von den Beschrankungen.

Dritter Teil.

Massuahmeu zur allgemeinen Verhütung neuer Überschuldung.

Art. 76.

Landwirtschaftliche Liegenschaften können, unter Vorbehalt der gesetzlichen Grundlasten (Art. 784 des Zivilgesetzbuches) und Grundpfandrechte öffentlich-rechtlicher Natur (Art. 836 des Zivilgesetzbuches) sowie der Fälle von Art. 808, Abs. 3. und 810, Abs. 2, des Zivilgesetzbuches und der Ausnahmen von Art. 77 und 78 nur bis zur Höhe ihres gemäss Art. 5 und 6 dieses Gesetzes ermittelten Schätzungswertes mit neuen Grundpfandrechten und Grundlasten belastet werden.

2 Dabei werden die Grundpfandrechte ihrer Kapitalforderung nach und die Grundlasten ihrem eingetragenen Gesamtwerte nach berücksichtigt.

1

A. Belastungsgrenze für landwirtschaftliche Liegenschaften.

I. Regel.

334

II. Ausnahmen.

Ì. Ohne Zustimmung.

2. Mit Zustimmung der Behörde.

B. Amortisation bei Herab Setzung der Belastungsgrenze.

Art. 77.

Grundpfandrechte, die nach Art. 15, Abs. 2, und 39 dieses Gesetzes errichtet werden, können ohne Kucksicht auf die Belastungsgrenze eingetragen werden.

2 Bodenverbesserungspfandrechte im Sinne von Art. 820 und 821 des Zivilgesetzbuches können eingetragen werden, auch wenn dadurch schon bestehende Grundpfandrechte und Grundlasten die Belastungsgrenze überschreiten.

Art. 78.

1

1 Ausser den Fallen des Art. 77 können Grundpfandrechte, welche die Belastungsgrenze überschreiten, mit Zustimmung der zustandigen kantonalen Behörde in der Form von Grundpfandverschreibungen errichtet werden a. zur Sicherstellung von Frauengutsf orderungen ; &. zur Sicherung von Darlehen, die Landwirten zum Zwecke des Erwerbes oder der Erweiterung eines eigenen landwirtschaftlichen Betriebes oder zur Vornahme von notwendigen Hauptreparaturen oder Umbauten von gemeinnutzigen Hüfsinstituten gewahrt oder verbürgt werden.

2 In den Fallen von Abs. l, lit. b, sind die Forderungen durch jahrliche Eaten von mindestens dem funfundzwanzigsten Teil der Kapitalforderung zu tilgen, die im einzelnen Falle von der Zustimmungsbehorde festgesetzt und im Grundbuch eingetragen werden. Die einzelnen Eaten verlieren mit Ablauf von zwei Jahren seit Eintritt ihrer Fälligkeit die pfandrechtliche Sicherheit.

Art. 79.

Wenn und soweit gedeckte Pfandforderungen durch eine neue Schätzung gemass Art. 8 die Deckung ganz oder teilweise einbussen, sind sie binnen fünfzehn Jahren durch gleichmassige jahrliche Eaten abzulösen. Art. 78 letzter Satz findet Anwendung.

2 Vorbehalten bleiben die Falle von Art. 78, Abs. l, lit. o.

1

Art. 80.

C. Pfandstelle.

Geht ein Pfandrecht, das ausserhalb der Belastungsgrenze steht, aus irgendeinem Grunde unter, so entsteht keine freie Pfandstelle.

Art. 81.

D. Bewilligungsbehorden.

Die Kantone bezeichnen die Behörden, die zustandig sind, eine Überschreitung der Belastungsgrenze gemass Art. 78 zu bewilligen, und ordnen das Verfahren. Sie sollen hierbei eine Beschwerdeinstanz vorsehen.

335 Art. 82.

1

Wird ein Pfandrecht zur Eintragung auf einem Grundstück an- E. Grundgemeldet, das schon als landwirtschaftliche Liegenschaft bezeichnet und Behand-6 lun geschätzt worden ist, so weist der Grundbuchverwalter die Anmeldung §ab, wenn das zu errichtende Pfandrecht den Bestimmungen der Art. 76 bis 78 widerspricht.

2 Ist das zu belastende Grundstück noch nicht als landwirtschaftliche Liegenschaft bezeichnet und geschätzt worden, hält aber der Grundbuchverwalter dafür, dass die Voraussetzungen des Art. l zutreffen, oder walten über dessen Anwendbarkeit Zweifel ob, so setzt er mit der Einschreibung im Tagebuch dem Eigentümer eine Frist von zehn Tagen an, innerhalb der er den Entscheid der zuständigen Behörde über die Unterstellung des Grundstückes und gegebenenfalls dessen Schätzung zu verlangen hat.

3 Bei unbenutztem Ablauf der gesetzten Frist ist die Anmeldung abzuweisen. Hat die zuständige Behörde die Anwendbarkeit dieses Gesetzes verneint, so wird das Pfandrecht sofort im Grundbuch eingetragen.

4 Diese Bestimmungen finden auch auf die Errichtung von Grundlasten Anwendung.

5

Wird ein Bauhandwerkerpfandrecht vorläufig eingetragen, so wird die gleiche Frist zur Einleitung des Unterstellungsverfahrens dem Bauhandwerker angesetzt, mit der Androhung, dass bei unbenutztem Ablauf der Frist die vorläufige Eintragung gelöscht werde. Die dadurch erwachsenden Kosten hat ihm der Eigentümer zu ersetzen.

Art. 83.

Art. 848 des Zivilgesetzbuches wird durch folgende Bestimmung ersetzt : Eine Gült kann auf Liegenschaften, die zu einem landWirtschaft- n. BeiaS lichen Betrieb im Sinne des Art. l des Bundesgesetzes über die Entg^zl~.

schuldung landwirtschaftlicher Betriebe gehören, bis zu drei Vierteilen des Ertragswertes errichtet werden, der nach den Vorschriften des genannten Gesetzes zu ermitteln ist.

Auf andere ländliche Grundstücke kann eine Gült bis zu zwei Dritteilen des Ertragswertes des Bodens, vermehrt um die Hälfte des Bauwertes der Gebäulichkeiten, errichtet werden.

Eine Gült kann auf städtische Grundstücke bis zu drei Fünfteilen des Mittelwertes aus dem Ertragswert einerseits und dem Boden- und Bauwert anderseits errichtet werden.

Die Werte nach Abs. 2 und 8 werden durch eine amtliche Schätzung ermittelt, die durch das kantonale Recht zu ordnen ist.

336

Art. 84.

Art. 850, Abs. 2, des Zivilgesetzbuches wird durch folgende Bestimmung ersetzt: Der Gültgläubiger kann die Gültforderung ausser in den vom Gesetz bestimmten Fällen nur je auf Ende einer Periode von fünfzehn zu fünfzehn Jahren mit vorausgehender jährlicher Kündigungsfrist ablösen.

Vierter Teil.

Erbrecht.

Art. 85.

Die Art. 619, 620, 621 und 625 des Zivilgesetzbuches werden aufgehoben und durch folgende Bestimmungen ersetzt: 3. Anteil der A r t . 619. Hat ein Erbe ein Grundstück unter dem Verkehrswert am^e6-11 erhalten, so sind die Miterben berechtigt, beim Verkauf des Grund·winn.

stückes oder eines Teils desselben binnen der folgenden fünfzehn Jahre einen verhältnismässigen Anteil am Gewinn zu beanspruchen, sofern dieser Anspruch bei der Teilung im Grundbuch vorgemerkt worden ist.

Dieser Anteil soll nicht mehr betragen, als der Miterbe erhalten hätte, wenn das Grundstück bei der Teilung zum Verkehrswert angerechnet worden wäre.

Auf den durch Verbesserungen, Bauten, Holzzuwachs und dergleichen entstandenen Gewinn haben die Miterben keinen Anspruch.

v.LandArt. 620. Befindet sich in der Erbschaft ein landwirtschaftliches 1 """if :...

.

Gewerbe, das eine wirtschaftliche Einheit bildet und eine ausreichende scnaitlicne Gewerbe, landwirtschaftliche Existenz bietet, so muss es, wenn einer der Erben ' scmüss sich zu dessen Übernahme bereit erklärt und als hiefür geeignet erscheint, ?un Tei~ diesem Erben zum Ertragswert auf Anrechnung ungeteilt zugewiesen a. Voraus- werden.

Setzungen.

j^ peststellung des Anrechnungswertes erfolgt in diesen Fällen nach den Vorschriften des Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe.

Mit dem Gewerbe kann der Übernebmer auch die zum Betriebe dienenden Gerätschaften, Vorräte und Viehbestände beanspruchen.

b. Bestim-A r t . 621. Erhebt einer der Miterben Einspruch oder erklären sich übe?- es mehrere zur Übernahme bereit, so entscheidet die zuständige Behörde nehmers. £jjer die Zuweisung des Gewerbes. Hinterlässt der Erblasser unmündige Kinder als Erben, so hat der überlebende Ehegatte in erster Linie Anspruch auf ungeteilte Zuweisung, wenn er zur Übernahme geeignet erscheint. Trifft dies nicht zu, so entscheidet die Behörde über die Zuweisung unter Berücksichtigung des Ortsgebrauchs und, wo ein solcher nicht besteht, der persönlichen Verhältnisse der Erben.

337

Erben, die das Gewerbe selbst betreiben wollen, baben vor den andern Anspruch auf ungeteilte Zuweisung.

Will keiner der Söhne das Gut zum Selbstbetrieb übernehmen, so sind auch Töchter zur Übernahme berechtigt, sofern sie selbst oder ihre Ehemänner zum Betrieb geeignet erscheinen.

Art. 621Ms. Sind mehrere geeignete Ansprecher vorhanden und gestattet das landwirtschaftliche Gewerbe nach Umfang und Beschaffenheit die Zerlegung in mehrere lebensfähige Betriebe, so kann auf Antrag der Bewerber eine Teilung vorgenommen werden.

2. Tcilungsmoglichkeît.

Im Streitfalle entscheidet hierüber die zuständige Behörde.

l

Art. 625. Ist mit dem landwirtschaftlichen Gewerbe als Haupt- 5. Behandbetrieb ein anderes Gewerbe als Nebenbetrieb untrennbar verbunden, Ndfen-TM11 geworben.

so soll der Nebenbetrieb dem Unternehmer des landwirtschaftlichen Gewerbes, wenn er sich zur Übernahme des Ganzen bereit erklärt und hiefür geeignet erscheint, zum Verkehrswert zugewiesen werden, während das Hauptgewerbe zum Ertragswert zuzuweisen ist ; beide Werte werden auf den Erbteil angerechnet.

Bestreitet der Übernehmer des Hauptgewerbes die Abtrennbarkeit des Nebengewerbes oder erhebt einer der Miterben Einspruch gegen die gesamthafte Zuweisung oder erklären sich mehrere zur Übernahme bereit, so entscheidet die zuständige Behörde über die Zuweisung, Veräusserung oder Abtrennung des Nebengewerbes, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Existenzfähigkeit der bisher verbundenen Gewerbe und der persönlichen Verhältnisse der Erben.

Die gleiche Behörde bestimmt im Streitfalle über den anzurechnenden Verkehrswert des Nebengewerbes.

Art. 625Ms. Erweist sich die ungeteilte Zuweisung eines landwirtschaftlichen Gewerbes nach den vorstehenden Bestimmungen an einen oder mehrere Erben als unmöglich, so kann jeder Miterbe den Verkauf des Gewerbes als Ganzes und die Teilung des Erlöses verlangen.

Gestattet das landwirtschaftliche Gewerbe nach Umfang und Beschaffenheit eine Zerlegung in mehrere lebensfähige Betriebe oder ist ein allfällig damit verbundenes Nebengewerbe ohne Schaden für die eigene Existenzfähigkeit von Haupt- und Nebengewerbe abtrennbar, so kann ein Erbe unter denselben Voraussetzungen eine entsprechende Teilung des ganzen Gewerbes und den Verkauf der Teile verlangen.

Auf Verlangen eines Erben hat der Verkauf auf dem Wege der Versteigerung stattzufinden, wobei, wenn die Erben sich nicht einigen, die zuständige Behörde entscheidet, ob die Versteigerung öffentlich oder nur unter den Erben stattfinden soll.

Bundesblatt. 88. Jahrg. Bd. II.

22

G. Veiausserung.

338

Fünfter Teil.

Sclmtzmassuahmeii für Pächter.

1. Abschnitt.

Stundung.

Art. 86.

A. VorausIst der Pächter eines landwirtschaftlichen Betriebes unverschuldet undUnurn- infolge der wirtschaftlichen Notlage ausserstande, seine Verbindlichlang, keiten zu erfüllen, so kann er bei der Nachlassbehörde das Gesuch stellen : a. die ihm gemäss Art. 293 des Obligationenrechts vom Verpächter gesetzte Frist bis auf sechs Monate zu verlängern; b. ihm auch für seine übrigen Verbindlichkeiten Stundung bis auf sechs Monate zu gewähren.

B. Gesuch des Schuldners '

c. Verfahren.

D. Entscheid.

Art. 87.

Der Gesuchsteller hat der Nachlassbehörde vorzulegen: 1. den Pachtvertrag oder andere Ausweise über Höhe und Fälligkeit des Pachtzinses sowie über die Dauer des Pachtverhältnisses; 2. ein Verzeichnis seiner übrigen Gläubiger, mit Angabe ihrer Forderungen und der Fälligkeitstermine; 3. Ausweise über allfällige gegen ihn bereits anhängige Betreibungen.

Art. 88.

Die Nachlassbehörde prüft die Vermögenslage des Schuldners und die Gründe des Zahlungsverzuges, insbesondere auch die Angemessenheit des Pachtzinses.

2 Sie gibt dem Verpächter und den übrigen Gläubigern vom Gesuch des Schuldners Kenntnis und unterbreitet es der Bauernhilfsorganisation zur Begutachtung. Sie kann einen Schuldenruf erlassen und die ihr weiter notwendig erscheinenden Massnahmen treffen.

3 Wenn der Pächter nur die Brstreckung der Frist nach Art. 86, lit. a, verlangt, so kann der Verpächter beantragen, dass auch die Stundung der übrigen Forderungen nach Art. 86, lit. l, ausgesprochen werde.

4 Falls der Stand der Betreibungen es notwendig macht, kann die Nachlassbehörde unter Kenntnisgabe an das Betreibungsamt die Verwertungen vorläufig einstellen.

1

Art. 89.

Die Nachlassbehörde entscheidet endgültig auf Grund einer mündlichen Verhandlung, zu welcher der Pächter und der Verpächter sowie die 1

339 übrigen Gläubiger, sofern deren Forderungen gestundet werden sollen, und allfällige Bürgen einzuladen sind.

2 Die Nachlassbehörde kann dem Schuldner und den Gläubigern Vorschläge für eine freiwillige Herabsetzung der Forderungen unterbreiten, insbesondere wenn dem Schuldner von der Bauernhilfsorganisation eine Kredithilfe gewährt wird und wenn dank der Herabsetzung der Forderungen die Stundung entbehrlich wird oder verkürzt werden kann.

3 Erachtet die Nachlassbehörde den Pachtzins als übersetzt, so kann sie jede den Schuldner entlastende Massnahme von einer angemessenen Herabsetzung des Pachtzinses durch den Verpächter abhängig machen.

4 Bei Bewilligung einer Stundung kann die Nachlassbehörde zur Wahrung der Interessen der Gläubiger eine Überwachung der Betriebsführung des Pächters durch einen Vertrauensmann der Bauernhilfsorganisation oder eine andere geeignete Person anordnen.

Art. 90.

Die Verlängerung der Zahlungsfrist für den Pachtzins wird von der E. Mitteilung und WirNachlassbehörde dem Betreibungsamt und dem Verpächter mitgeteilt.

kung des 2 EntDie Stundung der übrigen Forderungen wird öffentlich bekanntscheides.

gemacht ; sie hat die in Art. 817 g bis 817 fc des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs bestimmten Wirkungen, mit der Abweichung, dass sie sich auch auf Forderungen unter fünfzig Franken bezieht.

2. Abschnitt.

1

Wirkung der Entschuldung auf den Pachtvertrag.

Art. 91.

Ist über den Eigentümer ' eines landwirtschaftlichen Betriebes, A. Herabsetzung der diesen verpachtet hat, eine Entschuldung gemäss Art. 10, Ziff. l, des Pachtdurchgeführt worden, so ist er verpflichtet, dem Pächter eine Herabzinses.

setzung des Pachtzinses in angemessenem Verhältnis zu seiner eigenen Entlastung zu gewähren.

2 Im Streitfalle entscheidet die Nachlassbehörde.

1

Art. 92.

Die Nachlassbehörde gibt von dem Begehren dem Verpächter B. VerJahren, und allfälligen Bürgen sowie der Bauernhilfsorganisation Kenntnis und lädt sie zur Verhandlung ein.

2 Der Pächter hat den Pachtvertrag oder andere Ausweise über Höhe und Fälligkeit des Pachtzinses sowie über die Dauer des Pachtverhältnisses, und der Verpächter den Entschuldungsentscheid vorzulegen.

3 Die Nachlassbehörde prüft die Vermögenslage des Pächters und die Gründe eines allfälligen Zahlungsverzuges, insbesondere die An_1

340

geinessenheit des Pachtzinses. Sie kann die ihr notwendig erscheinenden Massnahmen treffen.

4 Hat der Verpächter für einen rückständigen Pachtzins den Pächter betrieben oder ihm bereits gemäss Art. 293 des Obligationenrechts Frist mit Androhung der Auflösung des Pachtvertrages angesetzt, so kann die Nachlassbehörde die Betreibung oder die Wirkung der Fristansetzung vorläufig einstellen.

Art. 93.

1 c. Entscheid.

Die Nachlassbehörde entscheidet auf Grund mündlicher Verhandlung.

2 Die Herabsetzung kann sich auch auf bereits verfallene Pachtzinse beziehen.

3 Der Entscheid ist den Parteien schriftlich zuzustellen.

4 Wo eine obere kantonale Nachlassbehörde besteht, kann der Entscheid binnen zehn Tagen seit seiner Zustellung an diese weitergezogen werden.

Sechster Teil.

Kosten und Gebühren.

Art. 94.

1 A. NachiassDie Nachlassbehörde bezieht im Entschuldungsverfahren für alle i Entschul Verfügungen eine einmalige Gebühr bis zu hundert Franken.

2 fehrlnVer -^e Nachlassbehörde kann einen Teil der Gebühr dem Bürgen auferlegen, der die Ausdehnung der Kapitalstundung auf sich nach Art. 34 verlangt hat.

3 Für das Verfahren und den Entscheid über die Erhöhung der Annuitäten des Schuldners gemäss Art. 63 oder über den Widerruf der KapitalStundung gemäss Art. 36 bezieht die Nachlassbehörde von der unterliegenden Partei eine Gebühr bis zu fünfzig Franken.

4 Der Nachlassbehörde sind die ihr im Entschuldungsverfahren erwachsenden Kosten vom Schuldner, in den Fällen des Abs. 3 von der antragstellenden Partei vorzuschiessen.

Art. 95.

Für das Verfahren und den Entscheid über Massnahmen zum Schutze der Pächter (Art. 89 und 93) bezieht die Nachlassbehörde vom Gesuchsteiler eine Gebühr bis zu fünfzig Franken nebst dem Ersatz der Auslagen.

Art. 96.

in. RekursBei Weiterziehung eines Entscheides bezieht die obere kantonale ver a ren. j^ßhiagskehörde Von der unterliegenden Partei eine Gebühr bis zu fünfzig Franken nebst dem Ersatz der Auslagen.

n. Pächter-

341 Art. 97.

Soweit die bestehenden Bauernhilfsorganisationen diesem Gesetz gemäss in Tätigkeit treten, bestimmen sich allfällige ihnen vom Schuldner zu entrichtende Auslagen oder Gebühren nach den für diese Organisationen geltenden Vorschriften; solche Kosten sollen möglichst niedrig gehalten werden.

Art. 98.

B. Bauern hillsorganisationen.

Für mit der Durchführung von Entschuldungsmassnahmen im Sinne dieses Gesetzes zusammenhängende Eintragungen, Anmerkungen, Änderungen und Loschungen im Grundbuch und in den Pfandtiteln dürfen keine Gebühren erhoben werden.

C. Grundbuchgebuhren.

Art. 99.

1

Die Entschädigung des Sachwalters im Entschuldungsverfahren fällt zu Lasten des Schuldners und wird von der Nachlassbehörde festgesetzt.

2 Dabei dürfen jedoch keine höheren Gebühren berechnet werden, als der Gebührentarif zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs sie vorsieht.

Art. 100.

Für die nach diesem Gesetz zu bezeichnenden kantonalen Behörden für die Unterstellung der landwirtschaftlichen Liegenschaften (Art. 3), für die Schätzung und Neuschätzung (Art. 7 und 8) sowie für die Bewilligung der Überschreitung der Belastungsgrenze (Art. 81) ordnen die Kantone den Bezug von Gebühren und den Ersatz von Auslagen.

D. Sachwalter.

E. Übrige kantonale Behörden.

Siebenter Teil, Übergangs- und Schlussbestinimungen.

Art. 101.

Wo dieses Gesetz den Barwert von Annuitäten berücksichtigt, ist er unter Zugrundelegung eines Zinses von vier Prozent zu berechnen.

A. Barwertberechnung.

Art. 102.

1

Für die Durchführung des Nachlassvertrages in der Entschuldung B. Stellung der bleibt die Mitwirkung der bestehenden Bauernhilfsorganisation vorBauernhillsbehalten.

organi2 sation.

Die Kantone können die Verwaltung der Bauernhilfsorganisation der Tilgungskasse übertragen. Die subsidiäre Haftung des Kantons (Art. 40, Abs. 2) erstreckt sich jedoch nicht auf die Verbindlichkeiten der Bauernhilfsorganisation.

342 C. Belastungsgrenze.

I. Pfandrechte auf nicht entschuldeten Grund stucken.

II. Amortisation überschreitender Pfandrechte.

D. Erbrecht.

Art. 103.

Auf landwirtschaftlichen Grundstücken im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehende Pfandrechte bleiben von der Belastungsgrenze des Art. 76 unberührt, solange sie nicht in ein Entschuldungsverfahren fallen.

2 Werden solche Pfandrechte gelöscht, so entsteht, soweit sie ausserhalb der Belastungsgrenze liegen, keine freie Pfandstelle.

1

Art. 104.

Die Kantone sind ermächtigt, Amortisationsbestimmungen für bestehende Pfandforderungen aufzustellen, die über die Belastungsgrenze dieses Gesetzes hinausgehen und durch Pfandrechte auf nicht entschuldeten landwirtschaftlichen Grundstücken gesichert sind.

Art. 105.

Das bäuerliche Erbrecht dieses Gesetzes findet auf alle Erbfälle Anwendung, in denen sich ein landwirtschaftliches Gewerbe befindet, sofern im Zeitpunkte des Inkrafttretens dieses Gesetzes die Teilung noch nicht abgeschlossen ist und der Erblasser nicht anders über die Anrechnung oder Zuteilung des Gewerbes verfügt hat.

» Art. 106.

Die von den Kantonen zur Ausführung dieses Gesetzes erlassenen Bestimmungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 107.

1 Der Bundesrat ist ermächtigt, die zur Vollziehung dieses Gesetzes Aufsicht des Bundesrates. erforderlichen Vorschriften auf dem Verordnungswege aufzustellen und zur Herbeiführung einer einheitlichen Anwendung des Gesetzes die geeigneten Weisungen zu erlassen.

2 Er kann von den kantonalen Behörden jährliche Berichte verlangen und die Anwendung des Gesetzes durch Inspektionen überwachen.

E. Kantonale Ausführungsbestimmungen.

F.

G. Inkrafttreten.

Art. 108.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

2 Nach Inkrafttreten dieses Gesetzes können rechtliche Schutzmassnahinen nach dem Bundesbeschluss vom 28. September 1934 nicht mehr anbegehrt werden.

1

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurfe eines Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe. (Vom 23. Juni 1936.)

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01.07.1936

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209-342

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