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Bundesblatt

88. Jahrgang.

Bern, den 9. Dezember 1936

Band III.

Erscheint wöchentlich

Preis HO Franken im Jahr, in Franken im Halbjahr, zuzüglich Rücknahme- und Postbestellungsgebühr.

Einrückungsgebühr : 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum -- Inserate franko an

Stämpfli £ de. ;« Bern.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

(Vom 7. Dezember 1936.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen hiemit den Entwurf zu einem dringlichen Bundesbeschluss über den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit mit unserer Botschaft zu übermitteln.

I.

Wie die Regierungen vieler Staaten, sieht sich auch der Bundesrat genötigt, der gesetzgebenden Behörde den Erlass besonderer gesetzlicher Bestimmungen zum Schutze der öffentlichen Ordnung und Sicherheit vorzulegen. Der Bundesrat ist bestrebt, unser demokratisches Staatswesen sicher durch die Stürme der Gegenwart zu lenken. Am 21. Juni 1935 erliessen die Eäte den Bundesbeschluss betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft, der Strafbestimmungen gegen verbotene Amtshandlungen fremder Staaten auf unserm Gebiete und gegen den unerlaubten politischen, militärischen und wirtschaftlichen Nachrichtendienst enthalt. Am 8. Oktober dieses Jahres nahmen sie einstimmig das Bundesgesetz betreffend Angriffe auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft an. Der erstgenannte Erlass hat zu zahlreichen Ermittlungen der Bundesanwaltschaft und zu mehreren gerichtlichen Strafverfahren geführt. Der zweitgenannte Erlass wird den Strafverfolgungsbehörden die Möglichkeit geben, nicht nur irredentistischen Bestrebungen entgegenzutreten, sondern auch Personen zu verfolgen, die in Verbindung mit ausländischen Behörden oder Organisationen auf anderm als dem gesetzlichen Wege eine Änderung unserer Verfassung anstreben. Diese Gesetze und das veraltete Bundesstrafrecht vom 4. Februar 1853 genügen aber nicht, um die Angriffe kommunistischer und anderer antidemokratischer Organisationen auf unsere demoBundesblatt. 88. Jahrg. Bd. III.

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394 kratischen Staatseinrichtungen und die Sicherheit des Staates im allgemeinen wirksam zu bekämpfen. Durch das Umsturzgesetz vom 81. Januar 1922 und das Bundesgesetz zum Schutz der öffentlichen Ordnung vom 13. Oktober 1933 sollten die Lücken der bestehenden Gesetzgebung ergänzt werden. Beide Gesetze wurden in den Volksabstimmungen vom 24. September 1922 und 11. März 1934 verworfen. An diese ablehnenden Volksentscheide hielt sich der Bundesrat gebunden. Heute aber erachtet er es als seine Pflicht, den Eäten zum dritten Male eine Vorlage zum Schutze des Staates zu unterbreiten, um den dem demokratischen Staate in unserer unruhevollen Zeit drohenden Gefahren zu begegnen. In weiten Kreisen des Volkes werden vom Bundesrat umfassende Abwehrmassnahmen gegen alle Angriffe auf die Demokratie verlangt. Es kann im demokratischen Staate selbstverständlich nicht Aufgabe der Polizei- und Strafbehörden sein, politische Überzeugungen zu unterdrücken und zu verfolgen. Der Geisteskampf muss Sache der Parteien und der einzelnen bleiben. Der Staat kann nur bestimmte Angriffshandlungen, für die Staatssicherheit besonders gefährliche Ausschreitungen unter Strafe stellen. Wie in den beiden verworfenen Staatsschutzgesetzen soll nicht der mit demokratischen Mitteln geführte politische Kampf getroffen werden.

1. Es sind vor allem die unter ausländischem Einfluss stehenden komm u n i s t i s c h e n Umtriebe, die den vorliegenden Entwurf veranlagst haben.

Der Bundesrat überschätzt die Gefahr, die der Sicherheit des Landes durch die kommunistische Partei der Schweiz und die kommunistischen Nebenorganisationen (internationale Bote Hilfe, rote Gewerkschaftsinternationale, revolutionäre Gewerkschaftsopposition, internationale Arbeiterhilfe, proletarische Freidenker, Freunde der Sowjetunion usw.) drohen, in keiner Weise.

Die bei den Nationalratswahlen der letzten Jahre für die kommunistische Partei abgegebenen Stimmen (1928: 14,818, 1931: 12,778, 1935: 12,569) liessen eine abwartende und beobachtende Stellungnahme des Bundesrates zu, wobei er immerhin jedes Jahr einige ausländische kommunistische Agenten auswies.

Die heutige Zuspitzung der internationalen Lage und die auf den VII. Welt'kongress der kornmun stischen Internationale in Moskau vom Juli und August 1935 zurückzuführende Verstärkung der kommunistischen Propaganda
und Agitation erfordert nun aber schärfere staatliche Gegenmassnahmen.

Die kommunistische Gefahr droht von aussen. Sie besteht darin, dass die kommunistische Partei der Schweiz eine Sektion der kommunistischen Internationale ist, die ihrerseits von einer Grossmacht unterstützt wird. Es ist im Rahmen dieser Botschaft unmöglich, alle Bestimmungen der Statuten der kommunistischen Internationale, Beschlüsse und Weisungen der Weltkongresse, sowie die Ausführungsbeschlüsse der schweizerischen Partei und die Beziehungen zwischen der Zentrale und der Sektion anzuführen. Zusammenfassend sei hier festgestellt: Die kommunistische Partei der Schweiz als Sektion der kommunistischen Internationale ist verpflichtet, alle Beschlüsse der Moskauer Zentralstellen

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durchzuführen. Die 21 Aufnahmebedingungen der Internationale -- die auch durch die neuen Bedingungen des VII. Kongresses nicht aufgehoben worden sind -- bestimmen in Ziff. 16: «Alle Beschlüsse der Kongresse der Kommunistischen Internationale wie auch die Beschlüsse des Exekutivkomitees sind für alle der Kommunistischen Internationale angehörenden Parteien bindend.» und in Ziff. 3 : «Sie (die Kommunisten) sind verpflichtet, überall einen parallelen illegalen (neben dem legalen) ' Apparat zu schaffen, der im entscheidenden Augenblick der Partei helfen soll, ihre Pflicht gegenüber der Eevolution zu erfüllen. In allen Ländern, wo die Kommunisten infolge des Belagerungszustandes oder der Ausnahmegesetze nicht die Möglichkeit haben, ihre gesamte Arbeit legal zu leisten, ist die Verknüpfung der legalen mit der illegalen Tätigkeit eine unbedingte Notwendigkeit.» Nach den Statuten der kommunistischen Internationale von 1936 hat das Exekutivkomitee das Eecht, die Kongressbeschlusse der Sektionen aufzuheben und abzuändern (§ 12), den Sektionen Weisungen zukommen zu lassen und Vertreter in die Sektionen zu senden, die über die Durchführung der Beschlüsse der Kongresse und des Exekutivkomitees der kommunistischen Internationale zu wachen haben (§ 22).

Die Unterdrückung der kommunistischen Parteien in verschiedenen westeuropäischen Staaten machte eine durchgreifende taktische Neuorientierung der kommunistischen Internationale notwendig. Am erwähnten VII. Weltkongresse, an dem auch die schweizerische Partei vertreten war. wurden u. a.

folgende Beschlüsse gefasst : Aktionseinheit im Kampf gegen Krieg und Fascismus, bessere Durchführung der Einheitsfrontpolitik, Auftrag an das Exekutivkomitee der Internationale, bei der Schaffung und Schulung von Kaders systematisch mitzuhelfen, den kommunistischen Parteien in ihrem ideologischen Kampfe wirksam Hilfe zu erweisen, die Erfahrungen der kommunistischen Landesparteien untereinander mitzuteilen, eine engere Verbindung der leitenden Instanzen der Intelnationale mit den Landesparteien herzustellen und die Massenagitation unter den Jugendlichen zu fördern. Die schweizerische Partei beschloss die Durchführung dieser Beschlüsse (Parteitag vom 30. Mai/l. Juni 1936). Der Parteisekretär Humbert-Droz erklärt in einem Aufsatz, dass der schweizerischen Partei unter Anwendung der
entschlossenen bolschewistischen Politik des VII. Weltkongresses und der Anweisungen des Genossen Dimitroff neue Möglichkeiten und grosse Perspektiven ermöglicht werden (Zeitschrift des Exekutivkomitees der kommunistischen Internationale 1936, 602). Zu einzelnen Beschlüssen der Internationale und ihren Buckwirkungen in der Schweiz ist zu bemerken: Unter den Schlagworten « Gegen Krieg und Fascismus und für die Demokratie» soll nach Möglichkeit eine Einheitsfront, d. h. eine Aktionsgemeinschaft mit den Sozialdemokraten und eine Erweiterung nach rechts zu einer

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Volksfront gebildet werden. Trotz den Behauptungen der Internationale, für die Demokratie zu kämpfen, wird in Wirklichkeit an der Errichtung der Diktatur des Proletariates festgehalten, denn als Voraussetzung einer Einheitspartei wird verlangt die Anerkennung «der Notwendigkeit des revolutionären Sturzes der Herrschaft der Bourgeoisie und der Errichtung der Diktatur des Proletariates in der Form der Sowjets, unter der Bedingung der Ablehnung der Unterstützung der eigenen Bourgeoisie im imperialistischen Krieg.» (Die erwähnte Zeitschrift 1935, 1702.) Es mag auch daran erinnert werden, dass die Fabrikbesetzungen in Frankreich von Kommunisten organisiert wurden und dass Weisungen zu solchen revolutionären Methoden aus Eussland stammen.

Die schweizerische kommunistische Partei unternahm zahlreiche Versuche zur Bildung der Einheitsfront. Sie versucht auch nach den Anweisungen von Moskau ständig in die Organisationen anderer Parteien einzudringen, um kommunistische Fraktionsarbeit zu leisten. -- Die Verstärkung der Propaganda und der Agitation zeigte sich bei uns in einer ständig zunehmenden Einfuhr kommunistischer Propagandaschriften, die entweder für die Schweiz oder für die Weitersendung nach ausländischen Staaten bestimmt sind. Diese Überschwemmung mit kommunistischer Propagandaliteratur führte zum Bundesratsbeschluss betreffend Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz vom 8. November 1936. Ebenfalls auf Weisung der Internationale gab die schweizerische Partei ihrer Agitation und Propaganda einen patriotischen Anstrich. Vgl. den Aufruf zum 1. August 1936. -- Besondere Bedeutung wird der Propaganda unter den Jugendlichen beigemessen. Dimitroff gab am VII. Weltkongress die Weisung, dass sich die Landesparteien selbst dieser Propaganda annehmen und sie nicht den Jugendlichen überlassen sollten. In der Schweiz wurde daraufhin unter der kommunistischen Jugend eine grössere Tätigkeit festgestellt.

In bezug auf die Bückwirkung der wirksamen Hilfe, die das Exekutivkomitee den kommunistischen Parteien in ihrem Kampf mit den politischen Gegnern erweisen soll, kann auf folgende Erscheinungen in der Schweiz hingewiesen werden: Die Bundesanwaltschaft hatte sich mit kommunistischen wirtschaftlichen Unternehmungen wie die Firma Imprimob AG. in Basel zu befassen, die mit dem Agenten der
kommunistischen Internationale, Eberlein, in Geschäftsverkehr stand und andere verdächtige Ausländer in unser Land zieht. Es sei auch an die Genossenschaftsdruckerei Basel erinnert, die u. a.

die mehrfach erwähnte Zeitschrift «Kommunistische Internationale», die «Bundschau» und anderes Propagandamaterial herausgibt. In zunehmendem Masse waren Agenten der kommunistischen Internationale in der Schweiz tätig. Der Bundesrat musste in Anwendung des Art. 70 BV wegen Gefährdung der innern oder äussern Sicherheit im Jahre 1933 vier, 1984 neun, 1935 sechzehn und in diesem Jahre bereits fünfundzwanzig ausländische Kommunisten ausweisen.

Die Bote Hilfe wurde 1922 in Bussland gegründet und als eine internationale Hilfsorganisation zum Zwecke der materiellen moralischen und rechtlichen

397 Unterstützung der Opfer des revolutionären Klassenkampfes in der ganzen Welt ausgebildet. Die zentrale Leitung und Kontrolle der einzelnen Landessektionen liegt beim Exekutivkomitee der Internationalen Roten Hilfe in Moskau. Die Bote Hilfe gibt sich als eine überparteiliche Organisation aus, sie trachtet unter Vorgabe humanitärer Ziele in möglichst breite Bevölkerungsschichten einzudringen; das Zentralsekretariat der Eoten Hilfe Schweiz liegt aber, wie auch in andern Ländern, in den Händen zuverlässiger Kommunisten.

Die Bote Hilfe verfolgt mit der charitativen Arbeit politische Ziele: Kampf gegen die «Reaktion» (bürgerliche Staatsordnung, Fascismus) vom Gesichtspunkt der proletarischen Revolution. Sie veranstaltet aus Anlass von Verhaftungen oder Verurteilungen von Kommunisten Protest- und Solidaritätskundgebungen, die sieh gegen die Behörden des in Frage stehenden Landes wenden und gleichzeitig der Werbung für den revolutionären Klassenkampf dienen. Die Bote Hilfe verschafft den von ihr zugelassenen Flüchtlingen heimlichen Unterschlupf bei vertrauten Parteiangehörigen, entzieht sie auf diese Weise der behördlichen Kontrolle und zieht sie je nach Eignung zur Parteiarbeit heran. Nach Anweisung der Moskauer Leitung müssen in der politischen Emigration die konspirativen Methoden beobachtet werden. Die Rote Hilfe vermittelt die Verbringung politischer Flüchtlinge von einem Land ins andere unter Umgehung der Vorschriften für den Grenzverkehr.

Am VII. Weltkongresse wurde das Exekutivkomitee beauftragt, «systematisch mitzuhelfen an der Schaffung und Schulung von Kaders, sowie wahrhaft bolschewistischer Führer in den kommunistischen Parteien, damit die Parteien imstand sind, auf Grundlage der Beschlüsse der Kongresse der Internationale und des Exekutivkomitees, bei jähen Wendungen der Ereignisse rasch und selbständig die richtige Lösung der politischen und taktischen Aufgaben der kommunistischen Bewegung zu finden». Einige der vom Bundesrat ausgewiesenen Kommunisten waren im Sinne dieses Beschlusses bei uns tätig.

Der Heranbildung von Parteikaders sollen in der Schweiz die Parteischule und marxistische Arbeiterschule («Maseli») dienen. Die «Masch» agitierte hauptsächlich gegen die militärische Disziplin, in Ausführung der Anweisung der Internationale (Ziff. 4 der 21 Aufnahmebedingungen), wonach den
kommunistischen Organisationen die Pflicht zur hartnäckigen, systematischen Propaganda in der Armee auferlegt wurde. Schon im Jahre 1935 sah sich der Staatsrat des Kantons Waadt veranlasst, einen Vortragskurs von Humbert-Droz zu verbieten, welches Verbot vom Bundesgericht geschützt wurde (BGE 61, I, 264).

Auch im bereits erwähnten Beschlüsse des Bundesrates vom 3. November 1936 wurden die Schulungskurse verboten.

Diese kurze Übersicht zeigt den starken Einfluss des Auslandes auf die kommunistische Bewegung in der Schweiz und ihre zunehmende politische Tätigkeit unter der falschen Flagge einer demokratischen Bewegung. Es kann nicht bestritten werden, dass durch die Machenschaften einer unter internationaler Leitung stehenden und bis in alle Einzelheiten wohlorganisierten und mit allen Mitteln der Illegalität arbeitenden Umsturzpartei die verfassungs-

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massige Ordnung und insbesondere die demokratischen Staatseinrichtungen gefährdet werden. Die Gefahr kann sich bei einer Steigerung der internationalen Spannungen oder bei einer Verlegung des westeuropäischen Zentrums der internationalen kommunistischen Tätigkeit nach der Schweiz noch verschärfen.

Angesichts dieser dem Staate durch die kommunistischen Umtriebe drohenden Gefahren luden Nationalrat M u. s y und 18 Mitunterzeichner durch eine Motion den Bundesrat ein, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der die kommunistische Tätigkeit und die kommunistischen Organisationen als unerlaubt und staatsgefährlich verbietet. Der Bundesrat konnte, wie in der mündlichen Beantwortung näher ausgeführt werden wird, der Motion wenigstens insoweit nicht zustimmen, als ein absolutes Verbot der kommunistischen Organisationen verlangt wird. Nach der Auffassung des Bundesrates kann in der Demokratie die Auflösung politischer Organisationen nur in Zeiten eines schweren Notstandes des Staates in Betracht kommen. Zuerst müssen die ordentlichen Mittel zur Bekämpfung der Gefährdung der Staatssicherheit angewendet werden, nämlich die Ergänzung des Straf rechts und polizeiliche Kontrollmassregeln. Der vorliegende Entwurf enthält deshalb in erster Linie Strafbestimmungen. In gleicher Weise hat der Bundesrat am 6. September 1920 die Ablehnung der Schutzhaftinitiative empfohlen und die Ergänzung des Bundesstrafrechts als notwendig erklärt (Bundesbl. 1920, IV, S. 213, B u r c k h a r d t , Bundesrecht IV, Nr. 2105).

2. Die öffentliche Ordnung und die Sicherheit des Staates sind aber auch durch andere U m t r i e b e gefährdet. Die gegenwärtige Notzeit scheint den Scharfmachern auf der äussersten Linken und Hechten zu Gewaltstreichen geeignet zu sein. Es sind der Bundesanwaltschaft Nachrichten zugegangen, wonach in Versammlungen offen von einem gewaltsamen Umsturz gesprochen wurde. Ohne diesen Eeden allzu grosse Bedeutung schenken zu wollen, erachten wir es dennoch als notwendig, durch einen rechtzeitigen Erlass von Strafbestimmungen den Aufforderungen und der Vorbereitung zu hochverräterischen Unternehmungen vorzubeugen.

Wie zur Zeit des Erlasses des Ordnungsschutzgesetzes erweisen sich auch heute die Gründung von Selbstschutz- und Angriffsverbänden (Arbeiterschutzwehren, fascistische Garden, Kampfbünde usw.) als Gefährdung
oder Störung der öffentlichen Ordnung, ebenso die öffentliche Aufforderung zu Verbrechen, die Zusammenrottung zur Begehung von Gewalttätigkeiten und die gewaltsamen Angriffe auf Versammlungen und Umzüge. Es haben sich schon Kantonsregierungen veranlagst gesehen, in kritischer Zeit Verordnungen gegen Selbstschutz- und Angriffsverbände zu erlassen (vgl. BGE 61, I, 103).

In der heutigen Zeit grosser Spannungen zwischen extremen politischen Bewegungen erscheint es auch angezeigt, die Aufforderung zu Gewalttaten gegenüber Behördemitgliedern und politischen Gegnern besonders unter Strafe zu stellen. Insbesondere zur Verhütung von Zusammenstössen zwischen uniformierten politischen Vereinigungen erliess der Bundesrat am 12. Mai 1933

399 den Beschluss über das Verbot des Tragens von Parteiumformen. Es erschien uns als zweckmässig, dieses Verbot, das nur als vorübergehende Massnahme gelten sollte, in den Entwurf aufzunehmen. Als eine Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erweisen sich auch die immer massloser werdenden Angriffe antidemokratischer Kreise auf unsere demokratischen Staatseinrichtungen, wie namentlich auf das Parlament.

3. Als eine empfindliche Lücke in unserer Gesetzgebung wurde schon oft der ungenügende Schutz der Armee empfunden. Seit der Verwerfung des Bundesgesetzes zum Schutze der öffentlichen Ordnung in der Volksabstimmung vom 11. März 1934 sind wiederholt Vorstösse zu einer Gesetzesergänzung unternommen worden. Am 3. Oktober 1934 wurde eine Verfassungsinitiative zum Schutze der Armee und gegen ausländische Spitzel eingereicht (Bundesbl.

1934, III, S. 596). die u. a. die im verworfenen Gesetze enthaltene Strafbestimmung gegen die Untergrabung der militärischen Disziplin wieder aufnimmt und die Militärstrafgerichtsbarkeit vorsieht. Im Bundesbeschluss betreffend den Schutz der Sicherheit der Eidgenossenschaft vom 21. Juni 1935 konnten Strafbestimmungen zum Schutze der Armee nicht aufgenommen werden, weil sie mit den dort vorgesehenen strafbaren Handlungen in keinem Zusammenhang stehen. Der Bundesrat behielt sich vor, den Räten eine besondere Vorlage zu unterbreiten. In einer am 25. September 1934 eingereichten Interpellation fragte Nationalrat Vallotton den Bundesrat an, ob es nicht an der Zeit sei «gegen die Presse der äussersten Linken einzuschreiten, die Tag für Tag unsere Behörden, unsere Milizarmee beschimpft und unsere Soldaten zum Ungehorsam aufhetzt». In der Interpellationsbeantwortung wies der Vorsteher des Justizund Polizeidepartementes auf die Lücke der Gesetzgebung und die Möglichkeiten einer Lösung hin: Zustimmung zur angeführten Verfassungsinitiative, Ausdehnung der Art. 98 f. des Militärstrafgesetzbuches auf Friedenszeiten, Schaffung eines besondern Gesetzes, eventuell eines dringlichen Bundesbeschlusses oder eines Bundesratsbeschlusses. Daraufhin luden Nationalrat Vallotton und 54 Mitunterzeichner den Bundesrat in einer Motion vom 20. Dezember 1934 ein, gestützt auf Art. 2 und 102, Ziff. 10, der Bundesverfassung und im Anschluss an den Bundesratsbeschluss vom 26. März 1934 eine
Presseverordnung zum Schutze der Armee zu erlassen. Die parlamentarische Beratung dieser Motion ist zurzeit noch nicht abgeschlossen. Der Bundesrat zieht vor, den Schutz der Armee in einem Gesetze oder einem dringlichen Bundesbeschlusse umfassend zu regeln. Die verlangte Einschränkung der Pressefreiheit auf dem Wege eines blossen Bundesratsbeschlusses hat übrigens in der Presse grosse Beunruhigung hervorgerufen. -- In einer Zeit, da wegen der gefahrvollen internationalen Lage die Wehrbereitschaft verstärkt werden muss und das Volk in klarer Erkenntnis dieser Gefahren die Mittel zum Ausbau der Landesverteidigung zur Verfügung stellt, kann nicht geduldet werden, dass die Sicherheit der Armee im Lande selbst gefährdet wird. Es rechtfertigt sich deshalb, im Bundesbeschlusse auch Strafbestimmungen zum Schutze der Armee aufzunehmen.

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II.

Der vorliegende Entwurf enthält im ersten Teil Strafbestimmungen, im zweiten Teil administrative Vorschriften und im dritten Teil einige Schlussbestimmungen.

Zu den S t r a f b e s t i m m u n g e n ist im allgemeinen auszuführen: Der Bundesrat wollte sich nicht eine allgemeine Vollmacht zum Erlass von Strafbestimmungen zwecks Wahrung der öffentlichen Ordnung und innern Sicherheit geben lassen, sondern legte Wert darauf, dass die Strafbestimmungen von der Bundesversammlung ausgehen. Er hat auch der an den beiden verworfenen Gesetzen geübten Kritik weitmöglich Rechnung getragen und insbesondere die Straftatbestände viel konkreter gestaltet als im Umsturzgesetze, woraus sich aber eine Vermehrung der Strafbestimmungen ergab. Diese Strafbestimmungen richten sich gegen jeden, der die verfassungsmässige Ordnung oder die innere Sicherheit durch ein bestimmtes rechtswidriges Verhalten stört oder gefährdet. Die eigenartige Taktik der Kommunisten machte aber einige besondere Bestimmungen notwendig (Art. 9, 10, 11).

Eine erste Gruppe (Art. l bis 6) enthält Bestimmungen zum Schutze der öffentlichen Ordnung. Die Art. l, 8, 4 und 5 waren, zum Teil in anderer Passung, bereits im Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Schutz der öffentlichen Ordnung vom 13. Oktober 1933 enthalten. Art. 6 tritt an Stelle des bereits erwähnten Bundesratsbeschlusses über das Verbot des Tragens von Parteiuniformen. Die zweite Gruppe (Art. 7 bis 12) umfasst Handlungen, die auf den gewaltsamen Umsturz gerichtet sind, mit Einschluss der kommunistischen Umtriebe. In der dritten Gruppe sind Strafbestimmungen gegen das Herabwürdigen der demokratischen Staatseinrichtungen (Art. 13) und gegen Ungehorsam gegen Verordnungen und Beschlüsse des Bundesrates (Art. 14) vereinigt. Die in der vierten Gruppe · zusammengefassten Straftaten richten sich gegen die militärische Sicherheit (Art. 15 bis 21). Die f ü n f t e Gruppe (Art. 22 bis 27) enthält allgemeine Bestimmungen.

Der Bundesrat betrachtet die Vorschriften des Entwurfes als vorübergehendes Notrecht zürn Schutze der Sicherheit des Staates in schwierigen Zeitläufen. Er halt es mit Eücksicht auf Zweck und Dringlichkeit der Vorschriften, sowie auf die Praxis der Bundesversammlung als zulässig, dem neuen Gesetzeserlasse die Form eines dringlichen Bundesbeschlusses zu geben. Um den Charakter als
vorübergehendes Notrecht hervorzuheben, wird die Gültigkeit des Bundesbeschlusses auf fünf Jahre beschränkt (Art. 32); sollten die Zeitverhältnisse es als notwendig erscheinen lassen, so kann er verlängert werden. Der Bundesrat hat durch den Beschluss vom 3. November 1936 betreffend Massnahmen gegen die kommunistischen Umtriebe in der Schweiz die in seiner Zuständigkeit liegenden Vorkehren getroffen. Er gibt der Bundesversammlung durch Vorlage des Entwurfes die Möglichkeit, auch ihrerseits die ihr nach Art. 85, Ziff. 6 und 7, der Bundesverfassung obliegenden Massnahmen

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zur "Wahrung der Sicherheit und zur Handhabung von Ruhe und Ordnung anzuordnen. Einige Bestimmungen des neuen Erlasses werden später in die ordentliche Bundesgesetzgebung übergeleitet, andere werden wegfallen können.

Die Vorschriften, die dem Strafgesetzentwurf entsprechen, werden nach Inkrafttreten dieses Gesetzes durch dessen Bestimmungen ersetzt werden. Andere Bestimmungen werden in der vorliegenden oder in anderer Fassung in ein künftiges Pressegesetz oder in ein Bundesgesetz zum Schutze der Armee oder in ein revidiertes Militärstrafgesetz übergehen.

III.

Zu einzelnen Strafbestimmungen bemerken wir: 1. Die Vorschrift des Art. l betreffend A u f f o r d e r u n g zu Verbrechen entspricht dem Art. 225 des Strafgesetzentwurfes und dem Art. l des bundesrâtlichen Entwurfes zum Bundesgesetz über den Schutz der öffentlichen Ordnung. Wir verweisen auf unsere Ausführungen in der Botschaft vom S.Mai 1933 zu jenem Entwurfe (Bundesbl. 1933, I, S. 757). Die auf Beschluss des Ständerates hin aufgenommene Erweiterung auf die Aufforderung zu Verbrechen oder Vergehen gegen den Staat oder die öffentliche Ordnung schaffte Unklarheit über das Verhältnis dieser Bestimmung zum kantonalen Eechte und wirkte sich in der Volksabstimmung höchst ungünstig aus.

2. Die immer schärfer werdenden Spannungen zwischen Anhängern extremer politischer Bewegungen erfordern die Schaffung einer besondern Strafbestimmung gegen die Aufforderung zu Gewalttaten (Art. 2). Für die Aufforderung zu Gewalttätigkeiten gegenüber Mitbürgern, die nicht mit deren politischer Tätigkeit im Zusammenhang steht, gilt, wie bisher, das kantonale Eecht.

3. Die Art. 3 und 4 sind unverändert aus dem Ordnungsschutzgesetz übernommen worden, wo sie unbestritten waren. Die Bestimmung über den L a n d f r i e d e n s b r u c h entspricht dem Art. 226 des Strafgesetzentwurfes und war auch im Umsturzgesetz (Art. 50) enthalten.

Auch die Strafbestimmung über die v e r b o t e n e n Verbände (Art. 5) entstammt dem Ordnungsschutzgesetz. Den im Beferendumskampf geltenden Bedenken ist durch eine neue Fassung Eechnung getragen worden.

4. Das Verbot des Tragens von P a r t e i u u i f o r m e n (Art. 6) wurde gegenüber Art. l des Bundesratsbeschlusses vom 12. Mai 1933 auf das öffentliche Tragen eingeschränkt, weil die Strafverfolgung von Schweizern wegen Tragens der Parteiunifonn in geschlossenen Bäumen auf Schwierigkeiten stiess.

5. Die Art. 7 und 8 betreffen die Vorbereitung des gewaltsamen Umsturzes der staatlichen Ordnung. Art. 7 bestraft die Aufforderung und Anreizung, Art. 8 einzelne Vorbereitungshandlungen. In Absatz l des Art. 8 wird die Verabredung zur Begehung eines bestimmten Verbrechens gegen die

402 innere Sicherheit des Bundes oder der Kantone (Komplott), in Absatz 2 werden bestimmte Vorbereitungshandlungen unter Strafe gestellt. Unter den Verbrechen gegen die innere Sicherheit der Eidgenossenschaft sind Hochverrat, Aufruhr, Widersetzung, Gefangenenbefreiung (Art. 45 / des Bundesstrafrechts) zu verstehen. Unter dem gewaltsamen Umsturz der staatlichen Ordnung sind alle gewaltsamen hochverräterischen und aufrührerischen Angriffshandlungen auf Verfassung und Staatsbehörden zu verstehen, in erster Linie also die soeben erwähnten Verbrechen gegen die innere Sicherheit. Beim Angriff auf die Verfassung handelt es sich namentlich um Angriff auf die demokratische Staatsform, Dasein, Organisation und Zuständigkeit der obersteh Staatsbehörden des Bundes und der Kantone sowie auf die Volksrechte.

6. Besondere Strafbestimmungen gegen die kommunistischen Umtriebe (Art. 9, 10, 11) waren mit Eücksicht auf die Eigenart der kommunistischen Tätigkeit erforderlich. Die übrigen Vorschriften dieses Bundesbeschlusses genügen insbesondere nicht, um die geheimen Wühlereien dieser vom Ausland abhängigen staatsfeindlichen Bewegung vom ersten Auftreten an zu treffen. Nachdem der Bundesrat darauf verzichtet hat, die kommunistischen Organisationen zu verbieten, kann nicht, wie in den Staaten, die das Kommunistenverbot kennen, einfach die kommunistische Tätigkeit als solche unter Strafe gestellt werden. Es mussten vielmehr einzelne Handlungen als strafbar erklärt werden, die für die kommunistische Tätigkeit charakteristisch sind und für den demokratischen Staat eine Gefahr bilden. Es sind dies, wie aus unsern Ausführungen unter Ziff. I hervorgeht, in erster Linie die Umtriebe (Propaganda, Agitation, Massenaktionen etc.), die auf einen gewaltsamen Umsturz der bestehenden staatlichen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Ordnung, auf Untergrabung der militärischen Disziplin oder eine Gefährdung und Störung des religiösen Friedens gerichtet sind (Art. 9, Abs. 1). Unter die erstgenannten Handlungen fällt u. a. jegliche Art von Propaganda, die einen gewaltsamen Angriff auf Verfassung und Staatsbehörden, oder die Sozialisierung und Kollektivierung von wirtschaftlichen Unternehmungen durch das Mittel der Gewalt oder durch Androhung von Gewalt anstrebt. Als Gefährdung oder Störung des religiösen Friedens betrachten wir
vorab die Gottlosenpropaganda.

Eine besondere Strafdrohung musste auch gegen die Gründung von Zellen in Betrieben, Verwaltungen, in der Armee usw. geschaffen werden, da die Zelle als Grundlage der kommunistischen Bewegung erklärt worden ist. Die Strafbestimmung richtet sich aber auch gegen andere illegale Geheimorganisationen.

Mit Eücksicht auf die von der internationalen Zentrale anbefohlene und auch bei uns festgestellte Verstärkung der kommunistischen Propaganda unter Jugendlichen ist eine gegen diese Umtriebe gerichtete besondere Strafbestimmung notwendig (Abs. 3). In Art. 10 wird die kommunistische Tätigkeit von Ausländern ohne Einschränkung unter Strafe gestellt. Bis jetzt sind Ausländer, die sich in der Schweiz im Interesse der kommunistischen Bewegung betätigten, gestützt auf Art. 70 der Bundesverfassung ausgewiesen worden. Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Polizeimassnahmen keine grosse* Wirksamkeit

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auszuüben vermochten. Den Umtrieben ausländischer Kommunisten muss deshalb mit Strafdrohungen begegnet werden. Es wird in den weitesten Kreisen unseres Volkes nicht verstanden, dass gefährliche ausländische Agenten ungestraft bei uns wühlen und die Sicherheit des Landes gefährden können.

Wir erachten es als angezeigt, dass gegenüber Ausländern jegliche kommunistische Tätigkeit verboten und unter Strafe gestellt wird (Art. 10). In Verbindung mit den beiden Strafbestimmungen gegen kommunistische Umtriebe steht diejenige über den verbotenen Aufenthalt ausländischer Kommunisten in der Schweiz und das Vorschubleisten hiezu. Nach den Wahrnehmungen der Bundesanwaltschaft halten sich noch viele ausländische Kommunisten ohne Bewilligung bei uns auf, die im Geheimen politisch tätig sind. Es liegt auf der Hand, dass die Anwesenheit solcher Elemente nicht nur unerwünscht ist, sondern eine Gefahr für die innere oder äussere Sicherheit bildet, insbesondere in gespannter Zeitlage (Art. 11).

Die internationale Natur der kommunistischen Umtriebe und das Hinund Herreisen von Agenten macht es notwendig, auch die im A u s l a n d e gegen die Schweiz begangenen Handlungen unter Strafe zu stellen (Art. 22, Abs. 1).

7. Der Bundesrat hat es nach den Vorgängen in Frankreich als angezeigt erachtet, eine Strafbestimmung gegen gefährliche Ausschreitungen bei einer r e v o l u t i o n ä r e n Arbeitseinstellung aufzustellen (Art. 12). Wie schon in der Botschaft zum Urasturzgesetz vom 11. April 1921 (Bundesbl. 1921, II, S. 255) ausgeführt wurde, soll in die wirtschaftliche Bewegung nicht eingegriffen werden, solange sie nicht den Urasturzplänen zum Vorwand dient. Die Strafandrohung wird deshalb von vornherein aut bestimmte Ausschreitungen bei Arbeitseinstellungen beschränkt, die geeignet sind, die innere Sicherheit der Eidgenossenschaft oder der Kantone zu gefährden oder zu stören. Unter diesen Ausschreitungen ist in erster Linie die Besetzung von Arbeitsstätten erwähnt. Wie der Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes in der letzten Herbstsession im Standerat erklärt hat, betrachtet der Bundesrat eine Besetzung von Arbeitsstätten als eine schwere Gefährdung der innern Sicherheit des Landes, die mit allen gesetzlichen ^Mitteln unterdrückt werden muss.

Ein besonderer Strafschutz gegen Arbeitseinstellungen der erwähnten
Art ist bei den öffentlichen Verkehrsanstalten, den lebenswichtigen Einrichtungen und den für die Landesverteidigung arbeitenden Betrieben nötig.

Von einer Strafdrohung gegen den Bearntenstreik wurde Umgang genommen, da Art. 23 des B G über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten vom 30. Juni 1927 das Streikverbot enthalt und Art. 202 der Militärorganisation im Falle eines Aufgebotes zum aktiven Dienst die Unterstellung der Beamten der Militärverwaltung und der öffentlichen Verkehrsanstalten unter die Militärgesetze vorsieht. Nötigenfalls kann der Bundesrat gestützt auf Art. 102, Ziff. 10, der Bundesverfassung ausserordentliche Massnahmen treffen.

8. Die feindliche Einstellung extremer Links- und Eechtsbewegungen gegen den demokratischen Staat erheischen einen erhöhten Strafschutz für

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die demokratischen Staatseinrichtungen. Art. 59 des Bundesstrafrechts bestraft die Angriffe auf die persönliche Ehre der Behörden und Behördenmitglieder, die hier vorgeschlagene Bestimmung dagegen die Angriffe auf die Staatseinrichtungen (demokratische Staatsform, Volksrechte, Parlament usw.)

selbst. Die neue Strafbestimmung des Art. 13 ist so gefasst, dass sie die nach dem Grundsatze der Pressefreiheit zulässig sachliche Kritik nicht einschränkt.

Es wird nur derjenige bestraft, der öffentlich unwahre Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, die Achtung vor den demokratischen Staatseinrichtungen aufzuheben oder herabzusetzen.

Es ist mehrfach vorgekommen, dass Schweizerbürger im Auslande die Demokratie verhöhnt haben. Es rechtfertigt sich deshalb, auch die von Schweizern im Ausland begangene Tat unter Strafe zu stellen (Art. 22, Abs. 2).

9. Mit der Straf Vorschrift des Art. 14 betreffend den Ungehorsam gegen Verordnungen und Beschlüsse des Bundesrates soll, die Streitfrage, ob der Bundesrat in Notzeiten Eechts Verordnungen mit Strafbestimmungen erlassen dürfe, aus der Welt geschaffen werden. Den meisten Kantonsregierungen steht dieses Eecht zu. Der Bundesrat bedarf dieser Zuständigkeit für die Durchführung dieses Bundesbeschlusses und der ihm nach Art. 102, Ziff. 8, 9 und 10, der Bundesverfassung obliegenden Aufgaben. Vgl.

Art. 49 des verworfenen Umsturzgesetzes und Art. 248 des Strafgesetzentwurfes.

10. Die Art. 15 bis 21 bezwecken den Schutz der Armee. Sie wollen in erster Linie die Lücke ausfüllen, die dadurch entstanden ist, dass die Strafbestimmungen des Militärstrafgesetzes gegen Störung der militärischen Sicherheit in ordentlichen Zeiten nur für Militärpersonen gelten und dass die entsprechenden Vorschriften des Strafgesetzentwurfes noch nicht in Kraft sind.

Den Art. 98 und 100 des Militärstrafgesetzes entsprechen die Art. 243 und 244 des Strafgesetzentwurfes. Die Art. 15 und 18 des vorliegenden Entwurfes übernehmen diese Vorschriften des Strafgesetzentwurfes. Im weitern übernimmt er in den Art. 16,19, 20 und 21 Bestimmungen des Militärstrafgesetzes (Art. 99, 101, 106, 107, 108), die in ordentlichen Zeiten nur für Militärpersonen gelten und gegen Zivilpersonen nur im Falle aktiven Dienstes angewendet werden können (Art. 3 des Militarstrafgesetzbucb.es). Dazu
kommt die besondere Vorschrift des Art. 17 gegen unwahre Behauptungen über die Armee. Alle diese Vorschriften sind in der heutigen Zeit zum Schutze der Armee dringend nötig.

Die Beurteilung der in den Art. 15 bis 21 vorgesehenen strafbaren Handlungen wird der Bundesstrafgerichtsbarkeit unterstellt (Art. 27). In dieser Vorlage wird zu der im Initiativbegehren zum Schutze der Armee aufgeworfenen Frage betreffend die Unterstellung der Zivilpersonen unter die Militärgerichtsbarkeit nicht Stellung genommen. -- Durch die Art, 15 bis 21 dieses Entwurfes werden die Bestimmungen des Militärstrafgesetzes nicht aufgehoben (Art. 24, Abs. 2).

405 Im einzelnen ist zu den Bestimmungen über den Schutz der Armee zu bemerken : Art. 15 gibt im Anschhiss an Art. S des Ordnungsgesetzes, die Art. 243 des Strafgesetzentwurfes und 98 des Militärstrafgesetzes, die Tatbestände der A u f f o r d e r u n g und Verleitung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten wieder.

Art. 16 übernimmt aus Art. 99 des Militärstrafgesetzes den Tatbestand der U n t e r g r a b u n g der militärischen Disziplin, den sogenannten Soldatenratartikel. Die Praxis hat gezeigt, dass auch ausserhalb des Dienstes, abgesehen von Soldatenräten, Vereinigungen zum Zwecke der Untergrabung der militärischen Disziplin gegründet werden. Vgl. Urteil des Militärkassationsgerichtes i. S. Wullschleger und Konsorten vom 2. Juli 1934. Werden solche Vereinigungen einzig von Zivilpersonen gegründet, so entfällt heute die Strafbarkeit.

Die Strafbestimmung des Art. 17 gegen u n w a h r e Behauptungen über die Armee geht zurück auf die vom Nationalrat beschlossene Erweiterung des Art. 3 des Ordnungsgesetzes (Sten. Bull. Nationalrat 1933, 363 ff.). Es enthielt aber auch der Strafgesetzentwurf in Art. 245 eine allerdings nur für Zeiten eines aktiven Dienstes geltende Bestimmung gegen die Veröffentlichung unwahrer Darstellungen über das Heer, die aber im Laufe der Beratungen gestrichen wurde (zu vgl. Art. 102 des Militärstrafgesetzbuches). Wegen der immer wieder einsetzenden antimilitaristischen Propaganda kann auf eine solche Strafbestimmung nicht verzichtet werden. Die Verfassungsinitiative, die Interpellation und die Motion Vallotton rufen nach einer Bestimmung, die die Armee gegen die Schädigung ihres Ansehens durch die Veröffentlichung unwahrer Behauptungen schützt. Wir halten daran fest, dass die berechtigte Kritik an Vorgängen in der Armee nicht unterbunden werden darf. Es wird deshalb nur derjenige bestraft, der mit dem Bewusstsein ihrer Unwahrheit Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet.

Art. 18 wiederholt im ersten Absätze die Strafbestimmung der Art. 244 des Strafgesetzentwurfes und 100 des Militärstrafgesetzes gegen die Störung des Militärdienstes. Im zweiten Absatz wird, in Anlehnung an Art. 87 des Militärstrafgesetzes, eine Strafvorschrift gegen Sabotageakte aufgestellt. Der Bundesrat hat bereits im Geschäftsbericht für 1932 (Abschnitt«Militärdepartement», 382),
mit Eücksicht auf Vorkommnisse während der Bundesintervention in Genf vom November 1932, auf die Notwendigkeit eines solchen StrafSchutzes hingewiesen.

Art. 19 übernimmt die Strafvorschrift des Art. 101 des Militärstrafgesetzbuches betreffend die Beschimpfung einer M i l i t ä r p e r s o n mit folgenden Abänderungen: Die Beschränkung des Eechtsschutzes auf aktive Zeiten hat sich als grosse Lücke erwiesen. Es kommt immer wieder vor, dass armeefeindliche Presseorgane gegenüber Militärpersonen, insbesondere gegenüber Offi-

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zieren unmittelbar nach Beendigung des Militärdienstes zu Unrecht die schwerwiegendsten Anschuldigungen erheben und dadurch das Ansehen der Armee schädigen. Das verschiedengestaltige kantonale Strafrecht und Strafverfahren bietet den angegriffenen Militärpersonen keinen genügenden Schutz. Es muss eine besondere bundesrechtliche Strafbestimmuiig gegen Beschimpfungen von Militärpersonen geschaffen werden, und zwar rnuss ihnen der Eechtsschutz auch über die Dienstzeit hinaus gewährt werden. Art. 244 des Strafgesetzentwurfes bestimmte ursprünglich: «Wer eine Militärperson, ohne dass sie dazu Anlass gibt, öffentlich beschimpft...». Diese Bestimmung wurde aber im Laufe der Beratungen gestrichen. Art. 19 des vorliegenden Entwurfes ist gegenüber Art. 101 des Militärstrafgesetzes insoweit eingeschränkt worden, als sich die ehrverletzende Äusserung auf die dienstliche Stellung oder Tätigkeit beziehen und von besonderer Schwere, nämlich geeignet sein muss, die Militärperson verächtlich zu machen oder ihr Ansehen als Vorgesetzter zu untergraben. Ausserdem wird ein Strafantrag des Angegriffenen verlangt. Aus dem Militärstrafgesetz wurde auch der zweite Absatz übernommen, wonach der Eichter von Strafe absehen kann, wenn der Beschimpfte durch ungebührliches Verhalten unmittelbaren Anlass zur Beschimpfung gegeben hat. Durch diese Bestimmung wird zum Ausdruck gebracht, dass auch hier die berechtigte Kritik nicht eingeschränkt werden soll.

Art. 20 enthält, in Anlehnung an Art. 106 des Militärstrafgesetzes, eine Bestimmung gegen die V e r l e t z u n g mi li t arischer Geheimnisse. Im Gegensatz zu den Art. 86 des Militärstrafgesetzes und 38 des Bundesstrafrechtes ist bei diesem Straftatbestand nicht nötig, dass mit der Geheimnisverletzung die Interessen eines fremden Staates unterstützt werden. In der heutigen Zeit erscheint es als notwendig, auch eine durch Zivilpersonen begangene Verletzung militärischer Geheimnisse mit Strafe zu bedrohen, selbst wenn sie noch nicht zu einer landes verräterischen Handlung geführt hat.

Art. 21 enthält eine Erweiterung der in den Art. 107 und 108 für Zeiten des Aktivdienstes aufgestellten Strafdrohung gegen Ungehorsam gegen militärische A n o r d n u n g e n auf den Friedensdienst. Es ist in der heutigen Zeit erhöhter Wehrbereitschaft notwendig, die Anordnungen militärischer Stellen
oder Militärpersonen mit Strafandrohungen gegenüber Zivilpersonen zu versehen. Es fallen darunter u. a. Anordnungen zum Schutze der Soldaten und Zivilpersonen auf Schiessplätzen, Absperrung von Sammelplätzen, Verbote betreffend das Betreten befestigter Plätze oder das Verteilen antimilitaristischer Flugblätter.

11. Die Art. 22 bis 27 enthalten allgemeine Bestimmungen, nämlich Vorschriften über die Strafbarkeit der Auslandstat (Art. 22), die Anwendbarkeit des Bundesstrafrechtes und den Vorbehalt des Militärstrafgesetzes (Art. 23), das richterliche Verbot von Presseorganen und periodischen Schriften (Art. 24), den Begriff der Öffentlichkeit in einzelnen Strafbestimmungen (Art. 25), die Beschlagnahme (Art. 26) und die Gerichtsbarkeit (Art. 27). Von diesen all-

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gemeinen Bestimmungen ist zum Teil schon bei einzelnen Strafvorschriften die Rede gewesen. Hervorzuheben sind die Art. 24 und 27: Eine Neuerung gegenüber dem geltenden Eecht bedeutet die in Art. 24 dem Eichter eingeräumte Möglichkeit, das Erscheinen von Presseorganen und periodischer Druck- oder auf andere Weise vervielfältigter Schriften auf bestimmte Zeit zu verbieten. Ein solches Zeitungsverbot "wird der Eichter nur in schweren Fallen erlassen. Es ist gerechtfertigt, wenn anzunehmen ist, dass das Presseorgan oder die periodische Schrift trotz der Verurteilung neuerdings eine nach diesem Erlasse strafbare Handlung begehen werde. Mit Eücksicht auf die grössere Präventivwirkung und die bessere Kontrolle ist ein solches zeitweiliges Zeitungsverbot einem Berufsverbot gegen einen vom Eichter schuldig erklärten Bedaktor vorzuziehen. -- Art. 27 sieht im ersten Absatz die B u n d e s s t r a f g e r i c h t s b a r k e i t für eine Ee,he von Straftaten vor, an deren Verfolgung der Bund ein besonderes Interesse hat. Die Verfolgung kann aber im Einzelfalle gemäss Art. 18 des BG über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934 den kantonalen Behörden übertragen werden. Eine solche Delegation wird insbesondere am Platze sein, wenn es sich nach den ersten Erhebungen herausstellt, dass die Straftat (z. B. diejenige der Art. 7, 8, 12) sich einzig gegen einen Kanton gerichtet hat. Bei den im zweiten Absatz genannten strafbaren Handlungen liegt die Strafverfolgung unmittelbar den Kantonen ob. -- Zu erwähnen ist noch, dass die Vorschriften des Bundesstrafprozesses über den bedingten Strafvollzug ohne weiteres auch auf die im vorliegenden Erlass vorgesehenen Straftaten Anwendung finden.

IV.

Unter den a d m i n i s t r a t i v e n Bestimmungen kommt dem Art. 28 grosse Bedeutung zu. Nach den Ziffern l und 2 dieser Bestimmung wird der Bundesrat bei dringender Gefahr für die innere oder äussere Sicherheit des Landes zu a u s s e r o r d e n t l i c h e n M a s s n a h m e n gegen politische Vereinigungen, die für den demokratischen Staat eine ernstliche Gefahr bilden, ermächtigt. Wegen ihrer besondern Organisation sind in erster Linie die kommunistische Partei, ihre Nebenorganisationen und wirtschaftlichen Unternehmungen genannt. Die Massnahmen können aber auch gegen andere antidemokratische und gegen anarchistische Vereinigungen angeordnet werden.

Der Bundesrat hält, wie unter Ziffer I ausgeführt, zurzeit ein absolutes Verbot gegen die kommunistischen Organisationen nicht als zweckmässiges Abwehrmittel. Dagegen sollte nach seiner Auffassung auch der demokratische Staat in Notzeiten die Befugnis haben, die ihn untergrabenden politischen Vereinigungen irgendwelcher Art aufzulösen und den schweizerischen Staatsangehörigen zu verbieten, im Interesse solcher Bewegungen ins Ausland zu reisen.

Die Frage, ob der Bundesrat von sich aus gestützt auf die Art. 56 und 102, Ziff. 9 und 10, der Bundesverfassung solche ausserordentlichen Massnahmen treffen kann, ist bestritten. Der Bundesrat hält zwar dafür, dass er nicht ge-

408

halten wäre, die Auflösung gestützt auf die Art. 57 und 78 des Zivilgesetzbuches beim Bichter anzubegehren, weil es sich nicht um die Aufhebung des Vereins als rechtsfähige Organisation handelt. Da ein Verbot durch Strafbestimmungen geschützt werden muss, erscheint es auf alle Fälle als angezeigt, dass die Bundesversammlung den Bundesrat zu solchen Massnahmen in einem Gesetzeserlass besonders ermächtigt.

Das in Art. 29 vorgesehene Versammlungsverbot gilt nur für Kundgebungen, die eine Widerhandlung gegen den vorliegenden Erlass oder eine Aufforderung oder eine Anreizung hiezu befürchten lassen. Ein unter diesen Voraussetzungen erlassenes Verbot gehört zu den allgemeinen Befugnissen der Polizeibehörden zwecks Aufrechthaltung von Buhe und Ordnung und steht mit dem Verfassungsgrundsatz der Vereins- und Versammlungsfreiheit nicht im Widerspruch (BGE 60, I, 197; 61, l, 103, 264).

Zu den Schlussbestimmungen ist zu bemerken, dass Ausführungsbestimmungen (Art. 80) hauptsächlich für die Begelung der Liquidation aufgelöster Vereinigungen, insbesondere der Unterorganisationen und der wirtschaftlichen Unternehmungen der kommunistischen Partei notwendig sein werden.

Wir empfehlen Ihnen die Annahme des vorliegenden Entwurfes und benützen den Anlass, Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 7. Dezember 1936.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Meyer.

Der Bundeskanzler: G. Bovet.

409 (Entwurf.)

Bundesbeschluss über

den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, gestutzt auf Art. 64bis 85, Ziffern 6 und 7, und 102, Ziffern9 und 10, der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1936, beschliesst: I. Strafbestimmungen.

Art. 1.

Wer öffentlich zu einem Verbrechen, das mit Zuchthaus bedroht ist, Aulforderung auffordert, wird mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis brechen bestraft.

Art. 2.

Wer öffentlich zu einer Gewalttat gegen ein Mitglied einer Behörde Aufforderung oder gegen einen Beamten oder gegen eine bestimmte Person wegen zu Gewalttagen ihrer politischen Tätigkeit auffordert oder anreizt, wird, wenn nicht schwerere Bestimmungen zutreffen, mit Gefängnis bestraft.

Art. 3.

Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung teilnimmt, bei der mit vereinten Kräften gegen Menschen oder Sachen Gewalttätigkeiten begangen werden, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.

Teilnehmer, die sich auf behördliche Aufforderung hin entfernen, bleiben straffrei, sofern sie weder selbst Gewalt angewendet noch zur Gewaltanwendung aufgefordert haben.

Bundesblatt.

88. Jahrg. Bd. III.

28

Landfriedensbruch

410 Art. 4.

Störung Wer Versammlungen oder Umzüge durch Gewalttätigkeiten gegen Sammlungen. Personen oder Sachen hindert oder stört, wird mit Gefängnis, in geringfügigen Fällen mit Busse bestraft.

Art. 5.

Verbotene

Wer eine Vereinigung gründet, deren Tätigkeit darauf gerichtet ist, rechtswidrig eine an sich nur der Polizei oder der Armee zukommende Gewalt auszuüben, wie militärähnlich organisierte Verbände oder Abwehr- oder Angriffsverbände politischer Parteien oder Bewegungen, wer einer solchen Vereinigung beitritt oder sich an ihren Bestrebungen beteiligt, wird mit Gefängnis oder mit Busse bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Art. 6.

Tragen von Wer als Mitglied einer politischen Vereinigung öffentlich eine uniformen. Uniform, Uniformteile oder herausfordernde Parteiabzeichen trägt, wird mit Busse bis zu tausend Pranken bestraft. Im Wiederholungsfalle kann neben der Busse eine Gefängnisstrafe bis zu drei Monaten ausgesprochen werden.

Ausländern ist das Tragen von Parteiuniformen und anderer im ersten Absatz genannten Parteiabzeichen überhaupt verboten.

Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement fällt bei Anständen den grundsätzlichen Entscheid über den Begriff der Parteiabzeichen.

Art. 7.

Aufforderung Wer öffentlich zum gewaltsamen Umsturz der staatlichen Ordnung zum gewaitauffordert oder anreizt, samen Umsturz.

wer öffentlich den gewaltsamen Umsturz der staatlichen Ordnung in einer Weise verherrlicht, die geeignet ist, zur Begehung von Verbrechen oder Vergehen gegen die innere Sicherheit der Eidgenossenschaft oder der Kantone anzureizen, wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren oder mit Busse bis zu fünftausend Franken bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Art. 8.

Vorbereitung Wer mit andern Personen die Vorbereitung oder Ausführung eines 6 samen " Verbrechens oder Vergehens gegen die innere Sicherheit der EidgenossenUmsturzes. scüa ft oder der Kantone verabredet,

411 wer zur Vorbereitung oder Unterstützung eines gewaltsamen Umsturzes der staatlichen Ordnung Geld sammelt oder entgegennimmt oder Waffen oder Munition herstellt, abgibt, verteilt, sammelt, aufbewahrt oder versteckt, wird mit Gefängnis bis zu fünf Jahren oder mit Busse bis zu fünftausend Franken bestraft. Beide Strafen können verbunden werden.

Art. 9.

Schweizerbürger, die an kommunistischen Umtrieben, mit Ein- Kommunistische Umschluss der Propaganda und der Agitation, teilnehmen, die darauf ge- triebe von richtet sind, den gewaltsamen Umsturz der staatlichen, wirtschaftlichen Schweizerburgern.

oder gesellschaftlichen Ordnung herbeizuführen, die militärische Disziplin zu untergraben oder den religiösen Frieden zu stören oder zu gefährden, Schweizerburger, die zur Vorbereitung oder Unterstützung kommunistischer Umtriebe geheime Vereinigungen (Zellen und dergleichen) gründen, solchen Vereinigungen beitreten oder sich an ihren Bestrebungen beteiligen, Schweizerbürger, die unter Minderjährigen kommunistische Propaganda betreiben, werden, wenn nicht schwerere Strafbestimmungen zutreffen, mit Gefängnis bestraft.

Art. 10.

Ausländer, die sich an kommunistischen Umtrieben irgendwelcher Kommunistische UmArt beteiligen, werden mit Gefängnis und Landesverweisung bestraft.

triebe von Auslandern.

Art. 11.

Ausländische Kommunisten, die sich ohne Bewilligung der zustän- Unbewiffigter digen Behörde in der Schweiz aufhalten, werden mit Gefängnis bestraft, ausländischer Wer ausländischen Kommunisten, die sich ohne Bewilligung in der Kommunisten.

Schweiz aufhalten, Unterschlupf gewährt oder sie den Nachforschungen der Behörden entzieht, wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.

Art. 12.

Wer zur Vorbereitung oder Unterstützung einer Arbeitseinstellung, Vorbereitung die geeignet ist, die innere Sicherheit der Eidgenossenschaft oder der stu^zung'einer Kantone zu gefährden oder zu stören, Arbeitsstätten besetzt oder den rev°^J1e(j°saren Betrieb einer öffentlichen Verkehrsanstalt oder einer der Landesver- einsteiiung.

teidigung oder einer zur allgemeinen Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Licht, Kraft oder Wärme dienenden Anstalt oder Anlage hindert oder stört, wer zu diesen Vergehen auffordert, wird, wenn nicht schwerere Strafbestimmungen zutreffen, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren bestraft.

412 Art 13.

Herabwürdigung der demokratischen Einrichtungen.

Wer öffentlich wider besseres Wissen unwahre Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, die demokratischen Staatseinrichtungen verächtlich zu machen, wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.

Art. 14.

Ungehorsam gegen Verordnungen und Beschlüsse des Bundesrates.

Wer vorsätzlich den Verordnungen oder Beschlüssen zuwiderhandelt, die der Bundesrat in Anwendung dieses Bundesbeschlusses oder des Art. 102, Ziff. 8, 9 und 10, der Bundesverfassung erlässt, wer zu einer solchen Zuwiderhandlung auffordert, wird, sofern keine schwerere Strafbestimmung zutrifft, mit Gefängnis bestraft.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse.

Art. 15.

Aufforderung und Verleitung zur Verletzung militärischer Dienstpflichten.

Wer öffentlich zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zu Dienstverletzung, zu Dienstverweigerung oder zum Ausreissen auffordert, wer einen Dienstpflichtigen zu einer solchen Tat verleitet, wird mit Gefängnis bestraft.

Geht die Aufforderung auf Meuterei oder auf Vorbereitung einer Meuterei, oder wird zur Meuterei oder zur Vorbereitung einer Meuterei verleitet, so ist die Strafe Zuchthaus oder Gefängnis.

Art. 16.

Untergrabung der militärischen Disziplin.

Wer eine Vereinigung gründet, die bezweckt oder deren Tätigkeit darauf gerichtet ist, die militärische Disziplin zu untergraben, insbesondere Dienstpflichtige zum Ungehorsam gegen militärische Befehle, zur Dienstverletzung, zur Dienstverweigerung oder zum Ausreissen zu bewegen oder zu verleiten, wer wissentlich einer solchen Vereinigung beitritt oder sich an ihren Bestrebungen beteiligt, wer zur Bildung solcher Vereinigungen auffordert oder deren Weisungen befolgt, wird mit Gefängnis bestraft.

Art. 17.

Unwahre Behauptungen über die Armee.

Wer öffentlich wider besseres Wissen unwahre Behauptungen tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet sind, die Armee verächtlich zu machen, wird mit Gefängnis bestraft.

In geringfügigen Fällen kann auf Busse erkannt werden.

413 Art. 18.

Wer eine im Dienste stehende Militärperson in der Ausübung des Störung des MilitärDienstes hindert oder stört, wird mit Gefängnis oder Busse bestraft.

dienstes.

Wer die Tätigkeit der Truppe stört und gefährdet, wer insbesondere der Truppe dienende Verkehrs- und Nachrichtenmittel, Anlagen oder Sachen beschädigt oder vernichtet oder sie der Truppe entzieht, wird mit Gefängnis bestraft.

Art. 19.

Wer eine Militärperson mit Bezug auf ihre dienstliche Stellung oder Beschimpfung einer Tätigkeit öffentlich in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, sie verMilitarperson.

ächtlich zu machen oder ihr Ansehen als Vorgesetzter zu untergraben, wird, auf Antrag, mit Gefängnis oder Busse bestraft.

Hat der Beschimpfte durch ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann der Eichter von Strafe absehen.

Art. 20.

Wer vorsätzlich Gegenstände, die mit Eücksicht auf die Landes- Verletzung Verteidigung geheimgehalten werden, widerrechtlich an sich nimmt, Ge'tîeuunisïe1!

abbildet oder vervielfältigt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft.

Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Gefängnis oder Busse.

Art. 21.

Wer den von einer militärischen Stelle oder Militärperson zur Wah- Ungehorsam rung der militärischen Interessen oder in Ausübung der ihr zustehenden miiftsfris'che Polizeigewalt erlassenen allgemeinen oder besondern Anordnungen zu- Anordnungen, widerhandelt, wird, sofern keine andere Strafbestimmung zutrifft, mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.

In leichten Fällen erfolgt disziplinarische Bestrafung.

Art. 22.

Die in den Art. 9 und 10 vorgesehenen Handlungen sind auch straf- Auslandstat, bar, wenn sie im Ausland begangen werden, sofern sie sich gegen die Schweiz richten.

Die ini Art. 13 vorgesehene Handlung ist auch strafbar, wenn sie von Schweizer bürgern im Ausland begangen wird.

Art. 23.

Die allgemeinen Bestimmungen, sowie die Art. 69 bis 72 des Bundes- Anwendung des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht finden Anwendung.

strafrechtes u Der Eichter kann gegen Ausländer auf Landesverweisung und gegen ^,^es sllt"tar" Schweizerburger auf Verlust des Aktivbürgerrechtes erkennen.

Die Bestimmungen des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 1927 bleiben vorbehalten.

414 Art. 24.

Verbot von Der Bichter kann das weitere Erscheinen von Presseorganen oder reSS un^anen periodischen Schriften, die zur Begehung einer durch diesen BundesP Schr'ttenen Descnmss unter Strafe gestellten Handlung gedient haben, bis auf die Dauer eines Jahres verbieten, wenn die Gefahr weitern Missbrauchs besteht.

Zuwiderhandlungen gegen dieses Verbot unterliegen der Strafbestimmung des Art. 14.

Art. 25.

Begriff der Öffentlichkeit.

Als öffentlich im Sinne der Art. l, 2, 7, 13, 15, 17, 19 gelten die Handlungen, die vor einer Versammlung oder Ansammlung von Personen oder durch das Mittel der Druckerpresse oder in einer anderswie vervielfältigten Schrift oder Abbildung oder durch Eundspruch oder Schallplatten vorgenommen werden.

Art. 26.

Beschlagnahme.

Gegenstände und Geldbeträge, die zur Begehung der in diesem Bundesbeschlusse unter Strafe gestellten Handlungen gedient haben oder bestimmt waren, sind zu beschlagnahmen.

Art. 27.

Gerichtsbarkeit.

Die in den Art. 5, 7 bis 10, 12 bis 21 dieses Bundesbeschlusses vorgesehenen strafbaren Handlungen sind der Bundesstrafgerichtsbarkeit unterstellt. Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann die Untersuchung und Beurteilung den kantonalen Behörden übertragen.

Die Verfolgung der in den Art. l, 2, 3, 4, 6 und 11 unter Strafe gestellten Handlungen liegt den Kantonen ob. Urteile, Strafbescheide der Verwaltungsbehörden und EinsteUungsbeschlüsse sind dem Bundesrat einzusenden.

II. Administrative Bestimmungen.

Art. 28.

Besondere Der Bundesrat kann bei dringender Gefahr für die innere oder Massnahmen äussere Sicherheit der Eidgenossenschaft staatsgefähr1. die kommunistische Partei, ihre Nebenorganisationen oder Untereinigungeri. nehmungen, die ganz oder teilweise im Interesse der kommunistischen Bewegung tätig sind, die anarchistischen, sowie die gegen den demokratischen Staat gerichteten Vereinigungen auflösen, ihr Vermögen einziehen und ihre Presseorgane verbieten; 2. Schweizerbürgern, die sich im Interesse einer der in Ziffer l genannten Bewegungen ins Ausland begeben wollen, die Ausreise verbieten.

415 Art. 29.

Kundgebungen, insbesondere Versammlungen und Umzüge sind durch die zuständigen kantonalen Behörden zu verbieten, wenn anzunehmen ist, dass dabei Widerhandlungen gegen diesen Bundesbeschluss begangen werden oder hiezu aufgefordert oder angereizt wird.

Unter den gleichen Voraussetzungen können Versammlungen aufgelöst werden.

Nötigenfalls erlässt der Bundesrat das Verbot.

Verbot von Kundgebungen.

m. Schlussbestimmungen.

Art. 30.

Der Bundesrat erlässt die zur Durchführung dieses Bundesbeschlusses nötigen Vorschriften.

Art. 81.

Ausfuhrungsbestimmungen.

Mit dem Inkrafttreten dieses Bundesbeschlusses sind die damit in Widerspruch stehenden Vorschriften des Bundes und der Kantone aufgehoben.

Insbesondere ist aufgehoben: Der Bundesratsbeschluss vom 12. Mai 1933 über das Verbot des Tragens von Parteiuniformen.

Aulhebung von Erlassen.

Art. 32.

Dieser Bundesbeschluss wird als dringlich erklärt und tritt sofort in Kraft. Er gilt bis zum 31. Dezember 1941.

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Inkrafttreten und Geltun0s« tlauer.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. (Vom 7.

Dezember 1936.)

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1936

Année Anno Band

3

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50

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3489

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

09.12.1936

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393-415

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