05.429, 05.430, 05.431, 05.432, 05.440 Parlamentarische Initiativen Tagesstrukturen Bericht der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates vom 21. August 2008

Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren, Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates unterbreitet Ihnen ihren Bericht betreffend die Abschreibung der parlamentarischen Initiativen 05.429­432 und 05.440.

21. August 2008

Im Namen der Kommission Die Präsidentin: Josiane Aubert

2008-2261

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Zusammenfassung Die fünf parlamentarischen Initiativen haben eine gründliche Auseinandersetzung der Kommission mit Fragen rund um die schul- und familienergänzende Betreuung ausgelöst. Zwischen der Einreichung der Initiativen und dem Entscheid der Kommission, deren Abschreibung zu beantragen, hat eine bedeutende Entwicklung auf Ebene der Kantone stattgefunden. So schreibt die Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule (HarmoS) ein Grundangebot ab dem 4. Lebensjahr vor. Die Subkommission der WBK, die mit der Ausarbeitung eines Lösungsvorschlages zur Umsetzung der Initiativen betraut war, hat in umfassenden Anhörungen Meinungen und Fakten zusammengetragen und dabei festgestellt, dass so viele Systeme wie Kantone vorhanden sind. Es war unmöglich, vergleichbare Daten aus den Kantonen zu erhalten und aus diesen Schlüsse über den reellen Bedarf und die effektiv vorhandenen Angebote zu ziehen. Parallel zu den Arbeiten in der Subkommission wurde in den Kantonen das HarmoS Konkordat verabschiedet, dessen Grundsatz im Bereich der Tagesstrukturen die Anliegen der Initiantinnen zu einem grossen Teil abdeckt. Die Kommission verzichtet deshalb darauf, den Weg über die Verfassungsänderung weiter zu beschreiten. Einzig für den Vorschulbereich wird sie das Gespräch mit der dafür zuständigen Sozialdirektorenkoferenz (SODK) suchen, um für diese Altersstufe auf ähnliche Weise eine Lösung auf Konkordatsebene anzuregen. Um mittelfristig die Schaffung weiterer Betreuungsplätze zu unterstützen, reicht die Kommission ausserdem eine Motion ein, die den Bundesrat beauftragen soll, eine Verlängerung des Bundesgesetzes über die Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung, das bis Ende Januar 2011 befristet ist, und einen Finanzierungsbeschluss für die folgenden vier Jahre vorzulegen. Beide Massnahmen gemeinsam unterstützen aus Sicht der Kommission die Umsetzung des Kernanliegens der parlamentarischen Initiativen. Sie erlauben die Zielerreichung, ohne die laufenden Entwicklungen durch eine Volksabstimmung zu belasten.

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Abkürzungsverzeichnis EDK

Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren

SODK

Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren

BSV

Bundesamt für Sozialversicherungen

HarmoS

Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der obligatorischen Schule

PISA

Programme for International Student Assessment

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Bericht 1

Einleitung: Kontext

Am 21. Mai 2006 hat das Schweizer Stimmvolk die revidierten Bildungsartikel in der Bundesverfassung mit 86 % sehr deutlich angenommen. Die Bildungsartikel bestätigen die Zuständigkeiten im Schweizer Bildungswesen. Neu sind die Bildungsverantwortlichen (je nach Bildungsstufe Bund, Kantone oder diese gemeinsam) durch die Verfassung verpflichtet, wichtige Eckwerte im Bildungsbereich national einheitlich zu regeln.

Mit dem HarmoS-Konkordat setzen die Kantone alle Vorgaben dieser in Artikel 62 Absatz 4 BV festgeschriebenen Bestimmungen für die obligatorische Schule um. So harmonisiert das Konkordat erstmals national die Dauer und die wichtigsten Ziele der Bildungsstufen sowie deren Übergänge. Die Einführung von Blockzeiten und Tagesstrukturen ist ein laufender Prozess in den Kantonen und nicht direkt von HarmoS abhängig. Die dem Konkordat beitretenden Kantone verpflichten sich jedoch dazu, die Unterrichtszeit auf Primarschulstufe vorzugsweise in Blockzeiten zu organisieren sowie dem Bedarf vor Ort entsprechende Tagesstrukturen anzubieten.

Um die mit dem Bundesgesetz über die Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung1 angestossenen Entwicklungen zu unterstützen und die Möglichkeiten der Einflussnahme seitens des Bundes in diesem Bereich zu erhöhen, haben im Herbst 2005 fünf Nationalrätinnen aus fünf verschiedenen Fraktionen je eine parlamentarische Initiative eingereicht, die auf eine Ergänzung von Artikel 62 BV um einen Absatz 3 abzielt. Dort sei festzuschreiben, dass die Kantone für ein flächendeckendes und bedarfsgerechtes Angebot im Bereich der Tagesstrukturen sorgen, wobei der Bund sie bei dieser Aufgabe unterstützen könne. Vier Initiativen weisen einen gleichlautenden Text auf, von dem die fünfte in einem entscheidenden Aspekt abweicht (vgl. dazu Ziff. 2.1).

2

Behandlung der Initiativen

2.1

Die fünf parlamentarischen Initiativen

Die fünf parlamentarischen Initiativen wurden in der Herbstession 2005 am 21. September bzw. am 7. Oktober eingereicht. Es handelt sich dabei um die folgenden Vorstösse: 05.429 Pa.Iv. Egerszegi-Obrist. Familien- und schulergänzende Kinderbetreuung; 05.430 Pa.Iv. Genner. Bessere Chancen für Kinder und Familien; 05.431 Pa.Iv. Fehr Jacqueline. Bessere Bildungschancen für Kinder und Jugendliche; 05.432 Pa.Iv. Rikllin Kathy. Einführung von Tagesschulen und 05.440 Pa.Iv. Haller. Familien- und schulergänzende Kinderbetreuung.

1

SR 861

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Die fünf parlamentarischen Initiativen bezwecken eine Verbesserung des Angebotes an Tagesstrukturen für die familien- und schulergänzende Kinderbetreuung. Hierzu sei, so die übereinstimmende Forderung der fünf Initiativen, Artikel 62 der Bundesverfassung um eine Bestimmung zu ergänzen, die dem Bund die Kompetenz gibt, im Bereich des familien- und schulergänzenden Angebotes tätig zu werden. Gegenwärtig gilt auf diesem Gebiet grundsätzlich kantonale Kompetenz. Gemäss dem Anliegen der Initiativen soll daran nichts geändert werden ­ dem Bund soll lediglich eine subsidiäre Zuständigkeit zur Unterstützung der Bemühungen der Kantone und Gemeinden zur Schaffung familien- und schulergänzender Tagesstrukturangebote zuerkannt werden. Damit sollen sowohl die bestehenden Betreuungsdefizite aufgefangen werden, als auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden, die nach wie vor insbesondere für erwerbstätige Frauen nur teilweise gegeben ist.

Ein Grundanliegen der Initiativen stellt zugleich auch die Chancengerechtigkeit dar, zeigt sich doch in zunehmendem Mass die zentrale sozial- und bildungspolitische Bedeutung, welche der ausserschulischen Betreuung (z.B. auf der Ebene der Aufgabenhilfe) als auch gewissen Angeboten der Frühförderung zukommt.

Hinsichtlich der Altersstufen, für welche die Initiantinnen eine Angebotsverbesserung im Tagesstrukturbereich als dringlich erachten, weisen die fünf Initiativen eine erhebliche Differenz auf. Während die vier Vorstösse 05.429­05.431 sowie 05.440 sowohl den Zeitraum der obligatorischen Schule als auch den Frühbereich einbeziehen wollen, beschränkt sich die Forderung der Initiative 05.432 auf den Bereich der Tagesschulen, wodurch der vorschulische Bereich und das frühe Kindesalter ausgeklammert bleiben. Im Wortlaut fordern die Initiantinnen entsprechend: 05.429, 05.430, 05.431, 05.440: «Die Bundesverfassung ist durch folgende Bestimmung zu ergänzen: Artikel 62 Absatz 3: Die Kantone sorgen dafür, dass die Gemeinden in Zusammenarbeit mit Privaten ein bedarfsgerechtes Angebot an familien- und schulergänzender Betreuung für Kinder bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit bereitstellen. Der Bund kann sie bei dieser Aufgabe unterstützen.» 05.432: «Die Bundesverfassung ist durch folgende Bestimmung zu ergänzen: Artikel 62 Absatz 3: Die Kantone sorgen dafür,
dass ein bedarfsgerechtes Angebot an Tagesschulen bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit besteht. Die Tagesschule umfasst den obligatorischen Schulunterricht, die Betreuung der Kinder in der unterrichtsfreien Zeit und den Mittagstisch. Der Besuch des Betreuungsangebotes und des Mittagstisches ist für die Schulkinder fakultativ. Die Eltern können an den Kosten beteiligt werden.» Gemeinsam ist allen Initiativen, dass sie ein bedarfsgerecht ausgestaltetes Angebot anstreben, wodurch Unterschiede zwischen Regionen bzw. zwischen städtischen und ländlichen Gebieten sowohl entsprechend der jeweils feststellbaren Nachfrage nach Betreuungsplätzen als auch mit Blick auf die nachgefragte Art der Angebote explizit ermöglicht werden sollen.

2.2

Vorprüfung der Initiativen

Die fünf Initiativen wurden den Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur zur Vorprüfung gemäss Artikel 109 des Parlamentsgesetzes (ParlG) zugewiesen, weil dem Anliegen der Initiantinnen, die entsprechende Regelung im Bereich

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der Verfassungsartikel zur Bildung ­ und nicht etwa zur Sozialpolitik ­ einzuordnen, primäres Gewicht beigemessen wurde.

Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates (WBK-N) hat die Initiativen am 24. Februar 2006 vorgeprüft und ihnen mit 20 zu 5 Stimmen Folge gegeben. Die Kommission des Ständerates hat den fünf Initiativen sodann am 26. Juni 2006 mit 10 zu 0 Stimmen ebenfalls Folge gegeben und damit die WBK-N beauftragt, zuhanden des Rates eine Vorlage auszuarbeiten.

Für die Merhrheit beider Kommissionen erwies sich der Handlungsbedarf im Bereich des ausserschulischen Tagesstrukturangebotes unbestritten. Zugleich unterstützten die Vertereterinnen und Vertreter dieser Position die Auffassung der Initiantinnen, wonach eine subsidiäre Bundeskompetenz dem Anliegen die notwendigen Impulse vermitteln könne. Ausschlaggebend waren in den Augen der jeweiligen Mehrheiten sowohl die gesellschaftliche Notwendigkeit, eine ausreichende Betreuung der Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten als auch der volkswirtschaftliche Nutzen (bzw. das demographisch bedingte Erfordernis) einer zunehmenden Erwerbstätigkeit der Frauen. Laut der Mehrheit lasse sich die volkswirtschaftliche Bedeutung solcher Angebote belegen, fliesse doch pro investierten Steuerfranken rund das eineinhalbfache an zusätzlichem Steuerertrag an die Gemeinwesen zurück.

Ebenso wirke sich die Verfügbarkeit ausreichender Betreuungsplätze und das Vorhandensein von Tagesstrukturen positiv auf die Standortattraktivität der einzelnen Orte für Unternehmen aus dem In- und Ausland aus. Nicht zuletzt leisteten solche Strukturen überdies auch einen Beitrag zur besseren Integration von Migrantinnen und Migranten bzw. deren Kinder. Teile der Mehrheiten unterstützten auch das Anliegen der Initiantinnen, den Kindern bereits im frühen Alter vermehrt Bildungschancen zu ermöglichen, wie dies in Ländern zumeist praktiziert wird, die im PISAVergleich besser abschnitten als die Schweiz.

Die Kommissionsminderheiten vertraten die Auffassung, dass dem Handlungsbedarf auf diesem Gebiet ­ sofern ein solcher auszumachen sei ­ nicht seitens des Bundes nachzukommen sei, sondern dass die föderalistische Ausgestaltung des Schulsystems entsprechende Aufgaben den Kantonen zuweise. Die Vertreterinnen und Vertreter dieser Position erachten die Schaffung
zusätzlicher Angebote als Quelle weiterer Kosten, die vom Staat zu tragen seien. Demgegenüber sehen sie die familieninterne Kinderbetreuung als vorzugswürdiges Modell und fürchten eine Ungleichbehandlung der Familien, die sich selbständig organisieren, gegenüber jenen, die ein staatlich unterstütztes ausserfamiliäres Betreuungsangebot in Anspruch nehmen. Schliesslich zogen sie auch die Wirkung der ausserfamiliären Kinderbetreuung mit Blick auf die Bildung und die Schulung der Sozialkompetenz in Zweifel und bezeichneten das herkömmliche Schulmodell in Verbindung mit einer Stärkung der Kernfamilien als besten Lösungsansatz für derzeit bestehende Probleme im Bereich der Betreuung von Kindern und Jugendlichen.

2.3

Mandat und Zusammensetzung der Subkommission

Die WBK-N entschied in ihrer Sitzung vom 15. September 2006, eine Subkommission mit 11 Mitgliedern einzusetzen, und dieser Subkommission das folgende Mandat zu erteilen:

8644

a)

Abklärung, was in diesem Bereich aufgrund der geltenden Gesetzgebung vom Bund geregelt werden kann: ­ Prüfung/Würdigung der Verfassungsgrundlage (Art. 41, 62, 63 und 167 BV) ­ Unterbreitung eines Vorschlages für die Regelungen auf Bundesebene.

b)

Erfassen des Ist-Zustandes und Abklärung, wie die Qualität der Kinderbetreuung gesichert werden kann mit dem Ziel/Fokus: ­ Verbesserung der Chancengleichheit im Bildungswesen, ­ soziale Integration, ­ Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Abklärung, auf welche Altersgruppen diese Angebote ausgerichtet werden (nur Schulalter oder auch familienergänzende Kleinkinderbetreuung).

Abklärung, wie private Träger, Gemeinden, Kantone und Bund gemeinsam diese Angebote bereitstellen können.

Abklärung, wie die Angebote finanziert werden können.

Die Arbeit der Subkommission hatte gemäss Mandat in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen, namentlich der Konferenz der kantonalen Sozialdirektoren (SODK) und der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), zu erfolgen.

Die Subkommission war bis Ende 2007 durch die folgenden Ratsmitglieder besetzt: Galladé, Bruderer, Brunschwig Graf, Freysinger, Füglistaller, Genner, HäberliKoller, Noser, Pfister Theophil, Riklin Kathy, Savary. Zu Beginn der 48. Legislatur im Januar 2008 wurde die Zusammensetzung wie folgt angepasst: Galladé, Bruderer, Füglistaller, Genner, Häberli-Koller, Mörgeli, Müri, Noser, Perrinjaquet, Pfister Theophil, Riklin Kathy. Als Präsidentin der Subkommission amtete Nationalrätin Chantal Galladé, als deren Vizepräsidentin Nationalrätin Pascale Bruderer.

2.4

Arbeiten und Resultate der Subkommission

Die Subkommission tagte zwischen dem Frühjahr 2007 und dem Frühjahr 2008 insgesamt sechs Mal. Gemäss ihrem Mandat widmete sie sich sowohl einer Erhebung des Ist-Zustandes als auch der konkreten Ausarbeitung einer Verfassungsbestimmung bzw. der Frage, ob und an welcher Stelle eine entsprechende Bundeskompetenz in der Verfassung festzuschreiben sei.

2.4.1

Anhörungen

In einem ersten Schritt führte die Subkommission anlässlich von drei Sitzungen umfangreiche Anhörungen durch, mit denen sie drei Ziele verfolgte: Zum einen sollte ein Bild gewonnen werden über die aktuelle Situation im Bereich der Tagesstrukturen in den Kantonen sowie über Arbeiten zu einem Ausbau der Angebote auf dieser Ebene. Zum andern beabsichtigte die Kommission, konkrete Erfahrungen mit Tagesstrukturangeboten zu erheben, mit Anbietern entsprechender Betreuungsmöglichkeiten sowie mit Vertretern der Sozialpartner, die sich positiv zur Ausdehnung des Tagesstrukturangebots positionierten in Kontakt zu treten und aktuelle wissen8645

schaftliche Erkenntnisse aus der Bildungsforschung in ihre Arbeiten einfliessen zu lassen. Zum dritten schliesslich legte die Kommission Wert darauf, von Anfang an im Austausch mit Spezialisten des Verfassungsrechtes zu stehen. Entsprechend wurden, die folgenden Personen angehört: Kathrin Hilber, Regierungsrätin Kt. St. Gallen, Präsidentin SODK; Isabelle Chassot, Regierungsrätin Kt. Freiburg, Präsidentin EDK; Hans Ambühl, Generalsekretär EDK; Margrith Hanselmann, Generalsekretärin SODK; Olivier Maradan, stv. Generalssekretär EDK; Maria Luisa Delcò, ehem. Leiterin der Abteilung Scuole dell'infanzia, Divisione della scuola, DECS, Kt. Tessin; Philippe Lavanchy, Service de la protection de la jeunesse, Kt. Waadt; Martin Wendelspiess, Leiter des Volksschulamtes, Kt. Zürich; Felix Bamert, Verband Musikschulen Schweiz, VMS; Prof. Ernst Buschor, Bertelsmann Stiftung; Uschi Furter, Leiterin Kita Zwärglihuus, Kantonsspital Aarau; Ulla Grob, Verband Kindertagesstätten Schweiz; Thomas Jaun, Präsident Netzwerk Kinderbetreuung; Markus Mauchle, Leiter Fachstelle Verein Tagesschulen Schweiz; Urs Moser, Projektleitung Pisa Auswertung, Institut für Bildungsevaluation der Universität Zürich.

Franziska Peterhans, Zentralsekretärin Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer, LCH; Hans Rudolf Schuppisser, Vizedirektor Schweizerischer Arbeitgeberverband; Peter Sigerist, Zentralsekretär Ressort Bildung, Schweizerischer Gewerkschaftbund; Prof. Bernhard Ehrenzeller, Universität St. Gallen, Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis; Die Kantone erläuterten der Subkommission die unterschiedlichen Systeme ­ etwa jenes das Kantons Tessin ­, die bereits heute ausgedehnte Tagesstrukturangebote kennen. Der Kanton Tessin bietet flächendeckende Angebote für die Altersstufen 0­3 («asilo nido») und 3­6 (Vorschule). Im Bereich der Vorschule nehmen zwischen 95 % und 98 % der Kinder die Angebote wahr. Auch der Kanton Waadt kennt sowohl eine Verfassungsgrundlage als auch gesetzliche Bestimmungen, die einem bedarfsgerechten Tagesstrukturangebot für die Altersstufen 0­12 Jahre dienen. Dabei gilt ein spezielles Augenmerk der Rentabilität bzw. der optimalen Auslastung der einzelnen Einrichtungen, wofür sogenannte «Netzwerke» (réseaux) gebildet werden, innerhalb deren die Kinder nach grösstmöglicher Flexibilität zugeteilt werden können.
Ebenso wurde seitens der Kantone dargelegt, dass die Thematik für den Bereich der Volksschule nach ihrer Auffassung im HarmoS-Konkordat auf zureichende Art und Weise gelöst wurde. Dieses Konkordat befand sich im Zeitraum der Arbeiten der 8646

Subkommission zunächst noch in der Vernehmlassung, wurde im Verlauf des Prozesses jedoch von den kantonalen Erziehungsdirektoren verabschiedet (vgl. vorne, Ziff. 1. und unten, Ziff. 2.4.2). Es hält in Artikel 11 Absatz 2 fest: «Es besteht ein bedarfsgerechtes Angebot für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler ausserhalb der Unterrichtszeit (Tagesstrukturen). Die Nutzung dieses Angebots ist fakultativ und für die Erziehungsberechtigten grundsätzlich kostenpflichtig.» Anders präsentiert sich die Situation laut den Ausführungen der Kantone hingegen mit Blick auf das Vorschulalter und den Frühbereich, wo in den einzelnen Gebieten sehr unterschiedliche Bemühungen im Gang sind und bislang keine landesweite Koordination besteht (vgl. die Resultate der Umfrage, die unter Ziff. 2.4.3 wiedergegeben sind). Sowohl der Bedarf nach Betreuungsplätzen als auch die Notwendigkeit einer engen Koordination der Angebote im Frühbereich und im Rahmen der obligatorischen Schule sind nach Ansicht der Kantone aber unbestritten.

Sowohl Gewerkschaften als auch Arbeitgeber betonten gegenüber der Subkommission die Bedeutung ausgebauter Tagesstrukturangebote. Die Vertreter der Sozialpartner verwiesen dabei einerseits darauf, dass entsprechende Strukturen mit Blick auf die Standortattraktivität für Unternehmen wie auch für einzelne Arbeitnehmende von entscheidender Bedeutung sein können. Überdies hoben sie hervor, dass diese Angebote ebenfalls einen positiven Faktor für die auch von der Wirtschaft sehr erwünschte bessere Einbindung der Frauen in den Erwerbsprozess darstellen.

Seitens der Gewerkschaften wurden überdies der Integrations- und der Chancengerechtigkeitsaspekt betont. Während die Forderung nach einer Ausweitung der Angebote ­ wie sie der Subkommission von Vertrerinnen und Vertretern entsprechender Einrichtungen sowie von Verbänden, die auf diesem Gebiet tätig sind, präsentiert wurden ­ auch von den Repräsentanten der Sozialpartner unterstrichen wurde, blieb die Frage nach der wünschbaren Einflussnahme des Bundes sowie nach der möglichen Inanspruchnahme der Wirtschaft für eine Ausweitung der Angebote jedoch strittig.

Aus bildungswissenschaftlicher und pädagogischer Warte schliesslich wurden allem voran Vergleiche mit anderen Ländern diskutiert, die in den jüngeren PISAStudien besser abgeschnitten hatten als die
Schweiz. Dabei wurde die Bedeutung der Ganztagesbetreuung in der Schule hervorgehoben, jedoch auch auf die in der Schweiz bestehende Lücke hinsichtlich eines Bildungskonzepts auf der Vorschulstufe und im Frühbereich verwiesen. Beides, so der Tenor der angehörten Experten, stelle in anderen Ländern einen bildungspolitischen Erfolgsfaktor dar, wobei zugleich daran erinnert wurde, dass sich entsprechende Systeme aufgrund der jeweiligen Eigenheiten des lokalen Kontexts nur begrenzt kopieren lassen.

2.4.2

Zusammenarbeit mit den Kantonen

Entsprechend ihrem Mandat gestaltete die Subkommission ihre Arbeiten in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen. Zentrale Ansprechpartner waren die SODK sowie die EDK. Die beiden Konferenzen begleiteten die Arbeiten der Subkommission und waren teilweise an deren Sitzungen vertreten.

Mit Blick auf die Zusammenarbeit mit den Kantonen erwies sich die Parallelität der Arbeiten der Subkommission mit der letzten Phase der Ausarbeitung des HarmoSKonkordates als entscheidend. Die dort festgeschriebene Verpflichtung der Konkor8647

datsmitglieder auf die Schaffung eines bedarfsgerechten Angebotes an Tagesstrukturen (vgl. Ziff. 2.4.1) war in einer frühen Phase der Kommissionsarbeiten noch provisorisch, da sich der Konkordatsentwurf zu Beginn noch in der Vernehmlassung befand. Mit der Verabschiedung des Konkordats durch die EDK und der einsetzenden Ratifizierung durch die Kantone2, hat sich der Status dieser Bestimmung nach Auffassung der Kommission verändert. Mit ihr gilt das zentrale gemeinsame Anliegen der fünf Initiativen einer Mehrheit der Kommisison als erfüllt (vgl. dazu Ziff. 3.1), legen sich die Kantone darin doch auf die Schaffung eines ausreichenden Angebotes an Tagesstrukturen für die obligatorische Schulzeit fest.

Klärungsbedarf ergab sich in der Zusammenarbeit mit den Kantonen hingegen mit Blick auf das unvollständige Bild, das sich hinsichtlich des bestehenden Angebots an Tagesstrukturen namentlich im Frühbereich und auf der Vorschulstufe zeichnen liess. Klärungsbedarf ergab sich ferner im Bereich der Terminologie und der Bezeichnungen, die in der Diskussion in Gebrauch sind. Im Zeitraum der Arbeiten der Subkommission haben sich die SODK und die EDK dieser Thematik angenommen und eine gemeinsame Erklärung vorbereitet, durch welche die Begriffsverwendung vereinheitlicht werden und Grundsätze der künftigen interkantonalen und nationalen Zusammenarbeit im Bereich der Tagesstrukturen festgelegt werden sollen. Zwischenergebnisse dieser Arbeit wurden der Subkommission zur Verfügung gestellt ­ zum Zeitpunk der Abfassung dieses Berichts stand die Publikation der Ergebnisse allerdings noch aus.

2.4.3

Umfrage: Erhebung von Angebot und Bedarf

Aufgrund des in der Subkommission sichtbar gewordenen Mangels an verlässlichen Aussagen über das gegenwärtige Angebot sowie den herrschenden Bedarf an Tagesstruktureinrichtungen in den Kantonen beauftragte die Kommission das BSV damit, unter den Kantonen eine Umfrage durchzuführen, die Fragen zu den folgenden vier Themenbereichen umfasste: Erstens sollte das aktuelle Angebot erfasst werden.

Zweitens sollten Angaben bezüglich des geplanten zukünftigen Angebotes erhoben werden. Drittens sollte die aktuelle Situation hinsichtlich der Bewilligungsverfahren für entsprechende Einrichtungen (insb. der Existenz einer Bewilligungspflicht und betreffend weitere Auflagen) in Erfahrung gebracht werden. Viertens schliesslich sollte eruiert werden, ob und auf welcher Grundlage bzw. auf welche Art und Weise die Anbieter durch die öffentliche Hand gefördert werden.

Die Umfrage, die vom BSV realisiert und ausgewertet wurde, förderte ­ bei einem Rücklauf von 84 % (22 Kantone haben die Fragen materiell beantwortet) ­ erhebliche Unterschiede in der Handhabung durch die einzelnen Kantone zutage. Mit Blick auf nahezu alle Parameter der Umfrage machten sich diese Unterschiede bemerkbar: Es sind unterschiedliche Finanzierungsmodelle (u.a. Elternbeteiligung) vorhanden; das Angebot und dessen Ausgestaltung variieren stark von Gemeinde zu Gemeinde; es bestehen ­ wo diese überhaupt vorliegen ­ unterschiedlichste Systeme der Bedarfserhebung, manchenorts sind solche Systeme erst in Erarbeitung; schliesslich variieren auch die Bestimmungen zu Fragen der Bewilligung von Gemeinwesen zu Gemeinwesen.

2

In verschiedenen Kantonen wird der Beitritt zum Konkordat inzwischen mit Referenden bekämpft, deren Ausgang zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts offen ist.

8648

Aufgrund dieses Befundes sah sich die Kommission in ihrem Wunsch nach verstärkter Koordination und nach der Ausarbeitung gemeinsamer Richtlinien durch die Kantone bestärkt. Die Befürworterinnen und Befürworter des Anliegens der parlamentarischen Initiativen fanden im Resultat der Umfrage aber auch eine Bestätigung ihrer Forderung nach einem verstärkten Engagement durch den Bund und nach den notwendigen Impulsen, die von einem solchen Engagement ausgehen würden.

2.4.4

Beizug von Experten

Um die Frage der Notwendigkeit einer eigenen Verfassungsbestimmung sowie nach ihrem konkreten Platz im Gefüge der Bundesverfassung zu beantworten, liess sich die Kommission einerseits vom Bundesamt für Justiz, andererseits von einem externen Experten begleiten. Dabei handelte es sich um Prof. Dr. Bernhard Ehrenzeller (Universtität St. Gallen, Institut für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis). Das Bundesamt für Justiz kam in seinem Gutachten zuhanden der Subkommission zum Schluss, dass eine Verfassungsänderung dann nötig sei, wenn die Kantone zu einem Tätigwerden im Sinne der fünf parlamentarischen Initiativen verpflichtet werden sollten. Für die Unterstützungskompetenz, welche die Initiativen vorsehen, reicht die bestehende Verfassungsgrundlage gemässt Bundesamt für Justiz jedoch aus. Es verweist hierbei auf Artikel 116 Absatz 1 Satz 2 BV, der allenfalls in Verbindung mit Artikel 110 Absatz 1 Buchstabe a beigezogen werden könne.

Prof. Bernhard Ehrenzeller, dessen Mandat darin bestand, Vorschläge für eine Regelung auf Bundesbene einzubringen, regte in der Subkommission wiederum an, die einschlägige Bestimmung in Artikel 116 aufzunehmen, wobei zwei neue Absätze 3 und 4 einzufügen seien. Hauptgrund dieses Vorschlages, der inhaltlich erheblich von den parlamentarischen Initiativen abweicht, ist die Tatsache, dass eine Aussage zu einem Angebot, das fakultativ sein sollte und für das eine Kostenbeteiligung seitens der Nutzerfamilien möglich sein sollte, im Rahmen der Bestimmungen zur Bildung systematisch fragwürdig sei. Denn in diesen Artikeln ­ zu denen Artikel 62 Absatz 3, der von den Initiantinnen anvisert wird, gehört ­ gelten die Prinzipien der Kostenlosigkeit des Angebots und des Obligatoriums des Schulbesuchs, die von Regelungen zum Tagestrukturbereich unterlaufen würden (vgl. den Wortlaut des Vorschlags Ehrenzeller unter Ziff. 2.5).

2.5

Vorschläge der Subkommission

Diesen Ausführungen entsprechend standen in der Subkommission letztlich drei Vorschläge zur Diskussion: Ergänzung von Artikel 62 Absatz 3 BV gemäss Vorschlag der fünf parlamentarischen Initiativen; Ergänzung von Artikel 116 Absatz 3 und 4 BV gemäss Vorschlag von Prof. Ehrenzeller. Absatz 3: «Er [der Bund] fördert (kann fördern) ein bedarfsgerechtes Angebot der Kantone an familien- und schulergänzender Tagesbetreuung für Kinder im schulpflichtigen Alter (bis zum Ende der obligatorischen Schule).3 Absatz 4 (Vari3

Die Formulierungen in runden Klammern bezeichnen Untervarianten zum Vorschlag Ehrenzeller Abs. 3.

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ante 1): «Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung in Bezug auf die Betreuungsangebote der Kantone zustande, so legt das Gesetz deren Ziele und Grundsätze fest.» Absatz 4 (Variante 2): «Der Bund legt die Ziele und Grundsätze der Betreuungsangebote im Gesetz fest.» Beschränkung auf die kantonale Harmonisierung gemäss Artikel 11 des HarmoSKonkordats und Abbruch der Arbeiten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative.

Die Subkommmission hat sich an ihrer Sitzung vom 24. April 2008 mit 5 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen dafür ausgesprochen, der WBK-N das Verfahren gemäss der dritten Variante vorzuschlagen und die Abschreibung der fünf parlamentarischen Initiativen zu beantragen. Die Minderheit votierte für die Weiterführung der Arbeiten der Subkommission und für den neuerlichen Auftrag, zuhanden der Kommmission eine Vorlage auszuarbeiten.

3

Gründe für den Verzicht auf die Vorlage

In ihrer Sitzung vom 22. August 2008 ist die WBK-N mit 14 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung dem Vorschlag ihrer Subkommisison gefolgt. Sie beantragt ihrem Rat die Abschreibung der fünf parlamentarischen Initiativen. Die nachfolgend dargelegten Gründe für und wider diesen Entscheid wurden in der Kommission geltend gemacht.

3.1

Die Sicht der Kommissionsmehrheit

Aus Sicht der Kommissionsmehrheit präsentiert sich die Situation mit Blick auf die Schaffung von zusätzlichen Tagesstrukturangeboten heute grundlegend anders als zum Zeitpunkt der Einreichung der Initiativen und zum Zeitpunkt, zu dem den Vorstössen in den beiden WBK Folge gegeben wurde. Einerseits konstatieren die Vertreterinnen und Vertreter der Mehrheitsposition ein verstärktes Bewusstsein dafür, dass sowohl öffentliche wie auch private Akteure in diesem Bereich vermehrt tätig werden sollten. Andererseits erachten sie aber allem voran den Schritt als zentral, der mit der Verabschiedung des HarmoS-Konkordats unternommen worden ist: Anders als noch zu Beginn der Arbeiten an der Umsetzung der Vorstösse liege nun eine (Selbst-)Verpflichtung der Kantone vor, für den Bereich der obligatorischen Schule ein verbessertes, nach wie vor aber ausschliesslich am Bedarf orientiertes Angebot an Tagesstrukturen bereitzustellen. Auf die Umsetzung des HarmoSKonkordats zu setzen, scheint der Kommissionsmehrheit auch deshalb zielführender, weil sich die ursprünglich beabsichtigte Einordnung des Anliegens in Artikel 62 BV als systematisch inkohärent erwiesen habe. Ob und inwiefern die Behandlung der fünf parlamentarischen Initiativen dem Anliegen auf Seiten der Kantone Schub verliehen hat, muss nach Auffassung der Kommissionsmehrheit offen bleiben ­ sie erachtet es aber als nicht ausgeschlossen, dass die Vorstösse ebenso wie die Arbeit der Subkommission auf dieser Ebene eine entscheidende Wirkung entfaltet haben.

Nach Ansicht der Mehrheit der Kommission haben die Arbeiten der Subkommission überdies allzu unterschiedliche Ansichten hinsichtlich der Frage ergeben, ob eine Verfassungsbestimmung für die Schaffung einer Unterstützungskompetenz des Bundes vonnöten sei. Ebenso sei die Uneinigkeit hinsichtlich des angezeigten Ortes 8650

einer solchen Disposition innerhalb der Verfassung zu ausgeprägt. Die Mehrheit wertet den Umstand, dass es zu keinem Zeitpunkt gelang, sich in dieser Frage einem Konsens anzunähern, als Ausdruck der zu weit auseinander liegenden Grundanliegen sowohl der Kommission insgesamt als auch der Initiantinnen. Mit einer Vorlage für eine Verfassungsänderung vor das Parlament und vor den Souverän zu treten, erachtet die Mehrheit in dieser Konstellation als ebenso aussichtslos wie kontraproduktiv, da sich die Kantone wie dargestellt bereits auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hätten und zumindest das Anliegen jener erfüllt zu sein scheine, die sich auf den Bereich der Tagesschulen beschränken wollen.

Aus diesen Gründen erachtet es die Kommissionsmehrheit als angezeigt, auf eine weitere Behandlung der parlamentarischen Initiativen ­ die gemäss eingereichtem Text alle auf eine Änderung bzw. Ergänzung der Verfassung abzielen ­ zu verzichten, deren Abschreibung zu beantragen und auf den eingeschlagenen Weg der Kantone zu setzen. Sie unterstreicht aber, dass die Arbeiten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiativen gleichwohl wertvoll waren und das Mandat der Subkommission (vgl. Ziff. 2.3) aus ihrer Sicht zu wesentlichen Teilen erfüllt ist. Allem voran diente der Prozess der umfassenden Dokumentation des Parlaments zu dieser Frage; er ermöglichte aber auch die Klärung zentraler Fragen hinsichtlich der bestehenden Angebote oder vermochte zumindest Impulse zu deren Aufarbeitung zu geben, nicht zuletzt an der Schnittstelle zwischen Bund und Kantonen. Nach Ansicht der Mehrheit gelang es überdies, massgebliche offene Fragen und Dokumentationslücken aufzuzeigen.

3.2

Die Sicht der Kommissionsminderheit

Für die Minderheit der Kommission bleibt die Aufwertung der Kompetenzen des Bundes im Gebiet der schul- und familienergänzenden Tagesstrukturen ein zentrales Anliegen. So lasse sich der Impuls, der von einem Tätigwerden des Bundes ausgeht, gerade etwa mit Blick auf die Anschubfinanzierung für zusätzliche Plätze in Kindertagesstätten durchaus aufzeigen. Die begonnene Arbeit zum jetzigen Zeitpunkt abzubrechen, entpräche laut der Minderheit einem Stehenbleiben auf halbem Weg und würde einen Bereich von grösster politischer Bedeutung gänzlich einer letztlich unsicheren Entwicklung auf kantonaler Ebene überlassen. Allem voran aber blieben mit dem Verzicht auf die weitere Bearbeitung der Vorstösse einmal mehr der Frühbereich und das Vorschulalter aus der Regelung ausgeklammert, was es laut der Minderheit sowohl aus bildungspolitischen wie auch aufgrund von gesellschaftspolitischen Überlegungen zu verhindern gelte. Entgegen der Mehrheit sind die Vertreterinnen und Vertreter der Mindersheitsposition auch der Auffassung, dass sich in der Subkommission Artikel 62 BV als angezeigter Ansatzpunkt für weitere Arbeiten erwiesen habe, gerade weil auch die Förderung von Tagesstrukturen für den Frühbereich und das Vorschulalter als bildungspolitische Aufgabe zu begreifen sei.

Die Kommissionsminderheit verzichtet jedoch darauf, die Fortführung der Arbeiten der Subkommission zu beantragen. Sie ist sich bewusst, dass die Unterstützung letztlich zu wenig breit ist und eine verlorene Volksabstimmung die mit HarmoS angestossene Entwicklung eher bremsen würde.

8651

3.3

Kommissionsmotion und Einladung an die SODK

Der Bedarf nach einem Ausbau des Tagesstrukturangebotes für Kinder im Frühbereich und im Vorschulalter erwies sich für eine grosse Mehrheit der Kommission allerdings als unstrittig.

So stimmte sie mit 14 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung einer Kommissionsmotion4 zu, mit welcher der Bundesrat aufgefordert wird, dem Parlament eine Verlängerung und eine Revision des Gesetzes über die Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung vorzulegen.

Bis zum Erlass dieser gesetzlichen Grundlagen soll das Bundesgesetz über die Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung in Kraft bleiben und der Bundesrat dem Parlament bis spätestens Ende 2009 eine entsprechende Botschaft für die Verlängerung des Bundesgesetzes sowie die entsprechenden Bundesbeschlüsse über den Zahlungsrahmen für die folgenden vier Jahre unterbreiten.

Ebenso fand die Auffassung Zustimmung, dass ein Tätigwerden auf diesem Gebiet in die Kompetenz der SODK fallen müsste. Entsprechend hat die WBK-N mit 14 zu 7 Stimmen einem Antrag zugestimmt, wonach die Kommission die SODK einlädt, die Ausarbeitung eines Konkordates betreffend Tagesstrukturen im Vorschulalter sowie die Modalitäten einer Umsetzung eines solchen Übereinkommens zu prüfen.

Beide Massnahmen gemeinsam unterstützen aus Sicht der Kommission die Umsetzung des Kernanliegens der parlamentarischen Initiativen. Sie erlauben die Zielerreichung ohne die laufenden Entwicklungen durch eine Volksabstimmung zu belasten.

4

Vgl. Anhang

8652

Anhang

Kommissionsmotion vom 21. August 2008

Anschubfinanzierung 1.

Der Bundesrat wird aufgefordert, dem Parlament eine Revision des Gesetzes über die Finanzhilfen für die familienergänzende Kinderbetreuung vorzulegen.

2.

Bis zum Erlass dieser gesetzlichen Grundlagen bleibt das Bundesgesetz über die Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung in Kraft. Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament bis spätestens Ende 2009 eine entsprechende Botschaft für die Verlängerung des Bundesgesetzes sowie die entsprechenden Bundesbeschlüsse über den Zahlungsrahmen für die nächsten vier Jahre.

8653

8654