Evaluation über die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats vom 13. November 2007

Sehr geehrte Frau Bundespräsidentin Sehr geehrte Frau Bundesrätin Sehr geehrte Herren Bundesräte Mit Schreiben vom 22. Februar 2007 kündigte Ihnen die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats (GPK-S) die Eröffnung einer Untersuchung über die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach dem Krankenversicherungsgesetz an. In diesem Rahmen führte die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) eine Evaluation durch, welche die Zweckmässigkeit des rechtlich-normativen Rahmens sowie auch die Aufgabenwahrnehmung des Bundes im Rahmen der Qualitätssicherung prüfte.

Die PVK hat in der Zwischenzeit ihre Arbeiten abgeschlossen und die Ergebnisse in einem Bericht dargestellt. Die GPK-S hat vom Bericht an ihrer heutigen Sitzung Kenntnis genommen. Sie stellt fest, dass im Bereich der Qualitätssicherung noch beträchtliches Optimierungspotenzial besteht und der Bund seine gesetzlichen Kompetenzen nicht konsequent genug nutzt. Um den im internationalen Vergleich hohen Stand des Schweizer Gesundheitssystems zu wahren und weiter zu verbessern, fordert die GPK-S den Bundesrat auf, seine Führungsfunktion im Bereich der Qualitätssicherung verstärkt wahrzunehmen. Die Kommission hält den Bundesrat dazu an, die gesetzlichen Kompetenzen des Bundes konsequent und vollständig auszuschöpfen (vgl. auch Motion 04.3624 [SGK-N] Qualitätssicherung und Patientensicherheit im Gesundheitswesen). Dabei stehen aus Sicht der Kommission die folgenden Stossrichtungen im Vordergrund: 1.

Der Bundesrat erarbeitet eine klare und verbindliche Strategie, welche Massnahmen, Verantwortlichkeiten und Fristen für die Umsetzung des Qualitätssicherungsauftrags des Bundes definiert.

2.

Der Bundesrat sorgt dafür, dass bei den Tarifpartnern eine umfassende Berichterstattung über die Durchführung der Qualitätssicherung eingefordert wird und das EDI oder das BAG auf dieser Grundlage ein Monitoring über den Umsetzungsstand der Qualitätssicherung in allen Leistungsbereichen erstellt.

3.

Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Daten, welche aufgrund bestehender Erhebungen (z.B. Gesundheitsstatistik) vorliegen, im Hinblick auf die Qualität medizinischer Leistungen ausgewertet und als Grundlage der Qualitätssicherung genutzt werden.

4.

Der Bundesrat definiert und kommuniziert Mindestanforderungen an die Inhalte von Qualitätsverträgen bzw. entsprechenden Vereinbarungen im Rahmen von Tarifverträgen. Er achtet insbesondere darauf, dass neben den

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Anforderungen an das Qualitätssicherungssystem auch die Prozess- und Ergebnisqualität sowie die Folgen der Nichterfüllung vereinbarter Massnahmen in angemessener Form in die Vereinbarungen einfliessen.

5.

Der Bundesrat hält die Tarifparteien dazu an, im Rahmen der Tarifverhandlungen auch Modelle zu prüfen, welche Differenzierung der Tarife nach Qualitätskriterien vorsehen («payment for performance»).

6.

Der Bundesrat definiert und kommuniziert eine verbindliche Frist zum Abschluss von Vereinbarungen zur Qualitätssicherung in allen Leistungsbereichen. Auf der Grundlage einer entsprechenden Berichterstattung (vgl.

Punkt 1) kontrolliert er die Umsetzung. Kommen die Verträge nicht fristgerecht zustande oder erfüllen sie die Minimalanforderungen nicht, macht der Bundesart umgehend von seiner Kompetenz zum Erlass eigener Bestimmungen Gebrauch (Art. 77 Abs. 3 KVV).

7.

Auf der Grundlage einer entsprechend ausgestalteten Berichterstattung durch die Tarifpartner (vgl. Punkt 1) prüft das BAG, ob die vertraglichen Verpflichtungen zur Qualitätssicherung eingehalten werden und ob bei Nichteinhaltung der vertraglichen Bestimmungen die notwendigen Massnahmen eingeleitet werden.

8.

Falls sich die vertragliche Regulierung als zu schwach erweisen sollte, fasst der Bundesrat eine Revision der rechtlichen Bestimmungen ins Auge. Neben der Revision von Verordnungsbestimmungen wäre dabei auch die Revision gesetzlicher Bestimmungen zu prüfen. Zu denken wäre dabei insbesondere an die Schaffung geeigneter Anreize, etwa eine Differenzierung der Tarife nach Qualitätskriterien.

9.

Der Bundesrat wird aufgefordert, den Anteil der innerhalb des BAG für die Überwachung der Qualitätssicherung eingesetzten personellen Ressourcen zu prüfen und gegebenenfalls der strategischen Bedeutung der Aufgabe entsprechend anzupassen.

10. Der Bundesrat sorgt dafür, dass die Finanzierung von Pilotprojekten auf eine verlässliche Basis gestellt und Projekte nach Massgabe ihrer Nachhaltigkeit und Wirksamkeit gefördert werden. Zu prüfen wäre in diesem Zusammenhang auch die Schaffung zusätzlicher Anreize, welche erfolgreiche Qualitätsmassnahmen belohnen (z.B. Qualitätspreis).

11. Der Bundesrat wird eingeladen, in einer längerfristigen Perspektive eine übergeordnete Regelung der Qualitätssicherung zu prüfen, welche auch die Leistungserbringung in anderen Bereichen der Sozialversicherung einschliesst (z.B. Unfallversicherung, Invalidenversicherung).

12. Ebenfalls in einer längerfristigen Perspektive wird der Bundesrat gebeten, die Rolle des Bundes in der Qualitätssicherung grundsätzlicher zu hinterfragen. Neben weiter reichenden Sanktionskompetenzen des BAG oder EDI wären dabei auch Alternativen wie die Delegation an ein nationales Institut für Qualitätssicherung oder einen verwaltungsunabhängigen Regulator zu prüfen.

Wir bitten Sie, uns bis zum 18. August 2008 über die ergriffenen Massnahmen zur Stärkung der Qualitätssicherung und bereits vorliegende Ergebnisse Bericht zu erstatten.

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Genehmigen Sie, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin, sehr geehrte Frau Bundesrätin, sehr geehrte Herren Bundesräte, den Ausdruck unserer ausgezeichneten Hochachtung.

13. November 2007

Im Namen der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Der Präsident: Hansruedi Stadler Der Sekretär: Philippe Schwab

Beilage: Bericht der PVK vom 5. September 2007 7795

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