Rechtmässigkeit und Wirksamkeit des Funkaufklärungssystems «Onyx» Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation der Eidgenössischen Räte vom 9. November 2007

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Abkürzungsverzeichnis BWIS COMINT DAP EKF ELINT EJPD EMRK FUB-EKF HUMINT LWND MG MND OSINT SND UKI VBS VEKF VWIS

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Bundesgesetz vom 21.3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit Communications Intelligence (Funkaufklärung) Dienst für Analyse und Prävention Elektronische Kriegführung Electronic Intelligence (elektronische Aufklärung) Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Europäische Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Führungsunterstützungsbasis der Armee, Abteilung EKF Human Intelligence (Nachrichtenbeschaffung durch menschliche Quellen) Luftwaffennachrichtendienst Bundesgesetz vom 8.9.1993 über die Armee und die Militärverwaltung Militärischer Nachrichtendienst Open Source Intelligence (Nachrichtenbeschaffung aus offenen Quellen) Strategischer Nachrichtendienst Unabhängige Kontrollinstanz (zur Kontrolle der ständige Funkaufklärung) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegführung Verordnung vom 27.6.2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit

Bericht 1

Einleitung

Die Geschäftsprüfungsdelegation veröffentlichte am 10. November 2003 ihren ersten Bericht über das Aufklärungssystem Onyx. Das System erlaubt den Schweizer Behörden die Überwachung von Telefon- und Faxverbindungen, die weltweit mittels Kommunikationssatelliten übertragen werden. Im Bericht äusserte sich die GPDel zur Rechtmässigkeit der Aufklärung mit Onyx, zu den vorgesehenen Kontrollsystemen und zur Art und Weise, wie Parlament und Öffentlichkeit über das Projekt informiert wurden. Der Bericht warf auch grundlegende Fragen zur Wirksamkeit von Onyx auf. Im Bericht kündigte die GPDel an, für eine nächste Überprüfung die Wirksamkeit des Systems sowie dessen Verlässlichkeit und Nutzen untersuchen zu wollen.1 Es war der Delegation ein Anliegen, dass das Kontrolldispositiv der Exekutive in Zukunft von der Rechtmässigkeit auch auf die Wirksamkeit von Onyx ausgedehnt werden sollte.

Die GPDel richtete im Jahr 2003 sechs Empfehlungen an den Bundesrat: Empfehlung 1 Die Geschäftsprüfungsdelegation empfiehlt dem Bundesrat zu prüfen, ob es zweckdienlich sei, im MG2 eine explizite Bezugnahme auf die Kommunikationsaufklärungen im Ausland anzubringen. Diese Bezugnahme müsste auch darauf hinweisen, dass sich die Abhörungen nur auf Kommunikationen im Ausland beziehen können, und auf die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs verweisen, wonach die Abhörung von Kommunikationen der Teilnehmer in der Schweiz strafbar ist.

Empfehlung 2 Die Geschäftsprüfungsdelegation empfiehlt dem Bundesrat zu prüfen, ob die Gesetzgebung über die Tätigkeiten der Kommunikationserfassung im Ausland EMRK3-konform ist, und falls erforderlich, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen.

1

2 3

Bericht der GPDel vom 10.11.2003 zum Satellitenaufklärungssystem des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Projekt «Onyx») (BBl 2004 1499), S. 1503 und S. 1541.

Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10).

Europäische Konvention vom 4.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101).

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Empfehlung 3 Die Geschäftsprüfungsdelegation empfiehlt dem Bundesrat, in seiner Vorlage zur zweiten Revision des BWIS4 eine gesetzliche Bestimmung vorzulegen, welche die vom Dienst für Analyse und Prävention auf dem Gebiet der inneren Sicherheit durchgeführten oder in Auftrag gegebenen Aufklärungsaufträge regelt. Der Entwurf muss vor Beginn der Vollbetriebsphase von Onyx dem Parlament vorgelegt werden.

Empfehlung 4 Die Geschäftsprüfungsdelegation fordert das VBS auf, eine umfassende Liste der die Realisierung des Projekts bedrohenden technologischen und finanziellen Risiken sowie der gegebenenfalls zu ergreifenden Massnahmen zu erstellen.

Empfehlung 5 Die Geschäftsprüfungsdelegation fordert den Bundesrat auf, für die Nachrichtendienste eine Fünfjahresstrategie zu erarbeiten, welche die vom VBS und EJPD auf dem Gebiet der Informationsquellen (OSINT5, HUMINT6, COMINT7, Zusammenarbeit mit Partnerdiensten) und ihrer Auswertung benötigten Ressourcen in materieller und personeller Hinsicht aufzeigt.

Empfehlung 6 Die Geschäftsprüfungsdelegation fordert das VBS auf, eine offene und regelmässige Informationspolitik über die im Rahmen des Systems Onyx ausgeübten Tätigkeiten aufzubauen.

In den letzten vier Jahren informierte sich die GPDel regelmässig über den Umsetzungsstand ihrer Empfehlungen, insbesondere in Bezug auf die Schaffung von adäquateren Rechtsgrundlagen für den aktuellen Einsatz von Onyx (Empfehlungen 1 bis 3).

Die GPDel wurde über den fortschreitenden Ausbau des Systems Onyx bis zum Vollbetrieb auf dem Laufenden gehalten, ebenso erhielt sie eine Studie über die technischen Risiken des Projekts (Empfehlung 4).

Die GPDel wurde über den technischen Modernisierungsbedarf für den Werterhalt des Systems Onyx unterrichtet. Sie hatte Einblick in die neue Konzeptionsstudie, die 4 5 6 7

Bundesgesetz vom 21.3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120).

Open Source Intelligence (Nachrichtenbeschaffung aus offenen Quellen).

Human Intelligence (Nachrichtenbeschaffung durch menschliche Quellen).

Communications Intelligence (Funkaufklärung).

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den zukünftigen Investitionsbedarf untersucht hatte, und erhielt vom Bundesrat eine Fünfjahresstrategie, die der Delegation Auskunft über die zukünftig für Onyx verfügbaren Ressourcen geben sollte (Empfehlung 5).

Die GPDel befasste sich eingehend mit der Arbeit der Unabhängigen Kontrollinstanz (UKI). Die UKI war ihre wichtigste Referenz, um die Rechtmässigkeit des Einsatzes von Onyx zu beurteilen. Die Delegation erkundigte sich über die Anwendung der Verordnung über die Elektronische Kriegführung (VEKF)8, welche die Aufklärungsarbeit mit Onyx und anderen Systemen regelt. Die GPDel wurde zudem von Beginn an über die Arbeiten an der ersten Teilrevision der VEKF im Jahr 2006 orientiert.

Die GPDel setzte sich auch systematisch mit der Wirksamkeit der Informationsbeschaffung mittels Onyx auseinander. Zu diesem Zweck studierte sie die Leistungsausweise, die der Strategische Nachrichtendienst (SND) regelmässig zu Onyx erstellte, und besprach diese Beurteilungen mit dem Vorsteher VBS. Im Rahmen ihrer regelmässigen Anhörungen befragte die GPDel auch den Direktor des SND, seinen Stellvertreter sowie den Chef der Abteilung EKF in der Führungsunterstützungsbasis (FUB-EKF), die Onyx betreibt. Einmal pro Jahr gab eine Vertretung der UKI Auskunft über ihre Arbeit. Schliesslich stellte der Informationschef VBS die Informationspolitik des VBS für Onyx vor (Empfehlung 6).

2

Geheimhaltung

Einzelne Aspekte der nachrichtendienstlichen Arbeit sind aus guten Gründen der Geheimhaltung unterworfen. Von grosser Sensitivität ist die nachrichtendienstliche Informationsbeschaffung, zu der das Aufklärungssystem Onyx einen nicht unwichtigen Beitrag leistet. Die Aufklärung mittels Onyx ist darauf angewiesen, dass die Aufklärungsziele nicht erfahren, dass sie abgehört werden oder in Kenntnis der Fähigkeiten von Onyx ihr Kommunikationsverhalten anpassen, um der Aufklärung zu entgehen. Deshalb unterliegen verschiedene Informationen über das Funktionieren von Onyx der Geheimhaltung, an die auch die GPDel gebunden ist.

Zugleich muss die GPDel gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit belegen, dass sie ihre Oberaufsicht wahrnehmen kann. Vor allem bei der Berichterstattung zur Wirksamkeit von Onyx muss die GPDel eine Güterabwägung vornehmen. Sie kann Probleme ­ aber auch Erfolge ­ der Aufklärung mit Onyx nur so weit aufzeigen, wie dies die zukünftige Nutzung des Aufklärungssystems nicht beeinträchtigt.

Die GPDel hat neben den konkreten Aufklärungsresultaten auch die Planungs-, Führungs- und Kontrollprozesse für Onyx untersucht. Daraus lassen sich allgemeine Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit von Onyx ziehen, ohne die Geheimhaltung zu verletzen.

Weniger eingeschränkt ist die GPDel bei der Beurteilung der Rechtmässigkeit des Einsatzes von Onyx. Anders als die technischen Fähigkeiten müssen die rechtlichen Grenzen für Onyx öffentlich bekannt sein. Dies ist eine grundsätzliche Forderung des Rechtsstaates, und die parlamentarische Oberaufsicht muss dem Bürger Gewähr geben, dass die rechtlichen Auflagen eingehalten werden.

8

Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegführung (VEKF; SR 510.292).

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3

Abschluss der zweiten Aufbauphase und Aufnahme des Vollbetriebs von «Onyx»

Im Jahr 2003, als die GPDel ihren ersten Bericht verfasste, befand sich Onyx im Probebetrieb. Die erste Phase des technischen Systemaufbaus stand vor dem Abschluss. Der Vollausbau des Systems sollte in einer zweiten Phase realisiert werden. Danach sollte Onyx spätestens im Jahr 2006 den Vollbetrieb aufnehmen.

Mit dem Probebetrieb wurde für das VBS belegt, dass Onyx technisch in der Lage war, Verbindungen von Kommunikationssatelliten aufzuklären. Der Erlass der VEKF regelte die Nutzung von Onyx und unterstellte sie einer institutionalisierten Rechtmässigkeitskontrolle. Aufgrund dieser Ausgangslage beschloss der Vorsteher VBS im März 2004, Onyx bis zur ursprünglich vorgesehenen Systemkonfiguration auszubauen.9 In ihrer Empfehlung 4 hatte die GPDel vom VBS verlangt, aufzuzeigen, welche technischen und finanziellen Risiken während der Realisierung des Projektes bis zum geplanten Vollausbau auftreten könnten. Die GPDel erhielt mit einem Schreiben des VBS vom 16. Dezember 2004 einen entsprechenden Bericht. Aufgrund der Erfahrungen, die im Verlauf der Aufbauphase des Projekts gewonnen worden waren, hatte das VBS die Risiken als begrenzt eingeschätzt. Diese Beurteilung bestätigte sich, als beim Vollsausbau die Termine und Kosten eingehalten werden konnten.

4

Informationspolitik

In ihrem ersten Bericht hatte die GPDel bemängelt, dass die parlamentarische Oberaufsicht erst verspätet über den Beschluss des Bundesrates von 1997 zur Realisierung von Onyx informiert worden war. Die Information der Öffentlichkeit sei ebenfalls ungenügend gewesen. Die Delegation forderte deshalb vom VBS eine offene und regelmässige Informationspolitik (Empfehlung 6).

Das VBS erarbeitete bis Ende 2004 ein Kommunikationskonzept zu Onyx, welches im Mai 2005 der GPDel vorgestellt wurde. Das Konzept beschreibt die Informationspolitik gegenüber der Öffentlichkeit und regelt beispielsweise, wie über den Bau neuer Antennen oder die Anpassung der Rechtsgrundlagen von Onyx zu informieren ist. Gestützt auf dieses Konzept veröffentlichte das VBS bisher sechs Medienmitteilungen, zuletzt am 24. Oktober 2007. Überdies hatte das VBS bereits im Sommer 2004 über die Tätigkeit der UKI eine Medienmitteilung verfasst. Das VBS hat die Forderung der GPDel nach einer aktiven Information der Öffentlichkeit erfüllt.

In Bezug auf den Informationsfluss an die parlamentarische Oberaufsicht stellt die GPDel fest, dass das VBS ihre Informationsrechte durchwegs und umgehend respektiert hat. Die Bereitschaft des VBS ist spürbar gestiegen, die GPDel aus eigenem Antrieb über Onyx und andere Projekte der EKF auf dem Laufenden zu halten. Die GPDel begrüsst diese Entwicklung.

9

Brief des Vorsteher VBS an die GPDel vom 9.3.2004 (vertraulich).

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5

Rechtsgrundlagen für den Einsatz von «Onyx»

5.1

Verordnung über die elektronische Kriegführung

Die Verordnung über die elektronische Kriegsführung vom 15. Oktober 2003 regelt die Auftragserteilung an die Funkaufklärung und den Umgang mit den Aufklärungsresultaten.

Der Hauptgegenstand der VEKF ist die «ständige Funkaufklärung». Die Funkaufklärung befasst sich ausschliesslich mit Kommunikationen, die dem Informationsaustausch zwischen Personen dienen. Die englische Terminologie spricht von «Communications Intelligence» oder COMINT. Davon zu unterscheiden ist die Aufklärung von elektromagnetischen Emissionen, die beispielsweise von Radargeräten ausgestrahlt werden («Electronic Intelligence», ELINT). Damit die FUB-EKF ein System wie Onyx im Rahmen der ständigen Funkaufklärung rund um die Uhr betreiben kann, braucht es einen Auftrag eines Nachrichtendienstes, der gemäss Artikel 2 Absatz 3 VEKF vom Vorsteher VBS zur Auftragserteilung autorisiert worden ist.

Als die GPDel ihren ersten Onyx-Bericht schrieb, waren der SND und der Dienst für Analyse und Prävention im EJPD (DAP) die einzigen Auftraggeber von Onyx.

Inzwischen erteilen auch der Luftwaffennachrichtendienst (LWND) und der Militärische Nachrichtendienst (MND) Aufträge an Onyx. Der Vorsteher VBS erteilte die notwendige Genehmigung am 6. Februar 2004, respektive am 31. Mai 2007.

Die VEKF regelt darüber hinaus, wie die Armee ihre elektronischen Aufklärungsmittel einsetzen darf. Der Einsatz durch die Truppe erfolgt nicht im Rahmen der ständigen Funkaufklärung, sondern im Rahmen eines spezifischen Armee-Einsatzes.

So hätte die Armee das Recht, im Rahmen eines Friedensförderungseinsatzes im Ausland für ihre eigene Nachrichtenbeschaffung Funkaufklärung zu betreiben. Ein Einsatz der Funkaufklärung durch die Armee im Inland wäre hingegen nur subsidiär möglich. Er würde den Auftrag einer berechtigten, zivilen Behörde voraussetzen und müsste von Bundesrat oder Parlament im Rahmen der Genehmigung des jeweiligen Assistenzdienstes bewilligt werden.

5.2

Revision der Verordnung über die elektronische Kriegführung im Jahr 2006 und 2007

Die Verordnung über die Elektronische Kriegführung erlaubt für die ständige Funkaufklärung nur Aufklärungsziele im Ausland. Somit darf Onyx nur Kommunikationen erfassen, von denen sich einer oder beide Verbindungsteilnehmer im Ausland befinden. Die Betreiber von Onyx dürfen von den erfassten Kommunikationen zudem nur diejenigen bearbeiten und als Aufklärungsresultate weiterleiten, deren Teilnehmer im Ausland einen Bezug zu einem gültigen Auftrag eines Nachrichtendienstes haben.

Mit der Unabhängigen Kontrollinstanz schuf der Bundesrat ein Instrument, um die Einhaltung der VEKF zu kontrollieren. Als die UKI die Anwendung der VEKF im SND zu kontrollieren begann, fiel ihr auf, dass dieser Aufklärungsziele nur dann als rechtmässig betrachtete, wenn sie nicht die Schweizer Staatsangehörigkeit besassen.

Der Ausdruck «inländische Kommunikationsteilnehmer» in Artikel 5 Absatz 1 VEKF wurde sowohl im Sinne des Standorts als auch der Nationalität des Aufklä2551

rungsziels verstanden. Demzufolge durften Schweizer auch ausserhalb der Schweiz nicht aufgeklärt werden.

In ihrem Bericht von 2003 hatte die GPDel den Ausdruck «inländische Kommunikationsteilnehmer» rein territorial interpretiert und geschrieben, dass die Rechtmässigkeit eines Aufklärungsziels nicht von dessen Staatszugehörigkeit abhängt.10 Die GPDel stützte sich dabei auf die inhaltliche Stellungnahme, die sie am 29. Oktober 2003 vom Bundesrat zu ihrem Bericht erhalten hatte. Darin stellte der Bundesrat klar, dass Ziele im Ausland grundsätzlich nicht aufgrund ihrer Nationalität von der Aufklärung ausgeschlossen seien. Der Bundesrat schrieb aber auch, dass Informationen über Personen im Ausland, die mit einem vertretbaren Aufwand als Schweizer erkannt werden könnten, vom SND anonymisiert würden. Diese Massnahme gehe allerdings über die rechtlichen Vorgaben der VEKF hinaus, schrieb der Bundesrat.

In der Praxis erwies sich diese zusätzliche Einschränkung, die sich der SND auferlegt hatte, letztlich als undurchführbar. Es ist nämlich oft nicht oder nur mit einem unverhältnismässig grossen Aufwand feststellbar, ob eine im Ausland kommunizierende Person die schweizerische Staatsangehörigkeit besitzt. Aus Gründen der Rechtssicherheit schlug die UKI dem VBS vor, den Wortlaut von Artikel 5 VEKF neu zu formulieren. Der neue Wortlaut und damit auch die Praxis sollte unmissverständlich von einer rein territorialen Interpretation ausgehen. Der Bundesrat stimmte am 11. August 2006 der Teilrevision der VEKF zu, die am 1. Oktober 2006 in Kraft trat.

Neu lauten die beiden ersten Absätze von Artikel 5 VEKF: 1 Die

Funkaufklärungsaufträge beziehen sich ausschliesslich auf Funkaufklärungsobjekte im Ausland. Personen in der Schweiz dürfen nicht Gegenstand von Funkaufklärungsaufträgen sein.

Die EKF löscht unabsichtlich erfasste Informationen über Personen in der Schweiz, die sich aus Kommunikationen mit solchen Personen ergeben. Sie kann solche Nebenprodukte aber an die Auftraggeber weiterleiten, soweit die Informationen der Erfüllung des Auftrags dienen. Vor der Weiterleitung anonymisiert sie die Informationen, wenn die Erfüllung des Auftrags dadurch nicht beeinträchtigt wird.

2

Nach dieser Teilrevision der VEKF stellt das Kriterium der Territorialität die entscheidende Einschränkung bei der Wahl eines Aufklärungsziels für Onyx dar.

Sofern die Aufklärung einem sicherheitspolitischen Zweck dient, erlaubt es Artikel 5 Absatz 1 VEKF, Ziele im Ausland ungeachtet ihrer Nationalität aufzuklären. Damit entfällt die Aufgabe, die Staatsangehörigkeit jedes Aufklärungsziels und jedes erfassten Kommunikationsteilnehmers identifizieren zu müssen. Die Vorgabe, allfällige Kommunikationsteilnehmer in der Schweiz auszuscheiden, bleibt bestehen.

Diese Kommunikationsteilnehmer sind in der Regel auch relativ leicht zu erkennen.

Der neue Artikel 5 Absatz 2 VEKF präzisiert den Umgang mit Informationen über Kommunikationsteilnehmer in der Schweiz, die unabsichtlich erfasst werden, wenn sie mit einer überwachten Person im Ausland kommunizieren. Solche Informationen, auch Nebenprodukte genannt, werden in der Regel gelöscht. Sind die Informa10

Bericht der GPDel vom 10.11.2003 zum Satellitenaufklärungssystem des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Projekt «Onyx») (BBl 2004 1499), S. 1521.

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tionen jedoch für einen Aufklärungsauftrag von Bedeutung, leiten die Betreiber von Onyx sie an den auftraggebenden Dienst weiter. Die Information wird dabei anonymisiert, aber nur so weit, dass die erfasste Kommunikation verständlich bleibt. Diese Anonymisierungsregel gilt an sich für alle Auftraggeber von Onyx. Eine Ausnahme gilt für Nebenprodukte, die im Auftrag des DAP unabsichtlich angefallen sind. Sie werden in der Regel in der Originalform an den DAP weitergeleitet, weil der DAP aufgrund des BWIS Informationen über Personen in der Schweiz bearbeiten darf.

Im Sommer 2007 nahm der Bundesrat eine weitere Teilrevision der VEKF vor.

Anlass war das Massnahmenpaket zu den Nachrichtendiensten, das der Bundesrat am 31. Januar 2007 verabschiedet hatte. Unter anderem beschloss der Bundesrat, dass sein Sicherheitsausschuss (SiA) keine Kompetenzen gegenüber den Nachrichtendiensten haben soll. Die GPDel hatte im Nachgang zur Affäre Achraf11 hierzu eine abschliessende Klärung verlangt.

Folglich sollte nicht mehr der SiA für die Wahl der UKI zuständig sein und ihre Berichterstattung entgegennehmen, sondern der Bundesrat. Am 29. August 2007 hiess der Bundesrat eine Revision von Artikel 15 Absatz 4 VEKF gut: [Die UKI] erstattet dem Chef VBS und dem Chef EJPD jährlich Bericht. Der Chef VBS informiert den Bundesrat

4

Gleichzeitig wurde auch Artikel 18 Absatz 3 VEKF geändert: Der Chef VBS beantragt dem Bundesrat nach Anhörung der zuständigen Departemente Angehörige der Bundesverwaltung zur Wahl in die UKI. Der Bundesrat wählt die Mitglieder für vier Jahre.

3

Die Änderungen traten am 1. Oktober 2007 in Kraft.

5.3

Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention an die Rechtsgrundlagen für «Onyx»

In ihrem Onyx-Bericht von 2003 empfahl die GPDel dem Bundesrat zu prüfen, ob die Gesetzgebung über die Tätigkeit der Kommunikationserfassung im Ausland mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) konform sei, und falls erforderlich, die notwendigen Anpassungen vorzunehmen (Empfehlung 2). Der Bundesrat erklärte sich bereit, die empfohlene Prüfung im ersten Semester 2004 durch die zuständigen Fachstellen beim Bund vornehmen zu lassen und die GPDel über das Ergebnis zu orientieren.12 Das VBS veranlasste in der Folge beim Bundesamt für Justiz (BJ) ein Gutachten zur Vereinbarkeit von Onyx mit der EMRK. Aus Sicht des Gutachtens des BJ vom 31. August 200413 verlangt die EMRK, dass die Voraussetzungen für die Anordnung 11

12

13

Vgl. Bericht der GPDel vom 16.11.2005 über das schweizerische Sicherheitsdispositiv und den Fall Mohamed Achraf : Eine zusammenfassende Beurteilung aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht (BBl 2006 3725).

Stellungnahme des Bundesrats vom 24.3.2004 zum Bericht der GPDel vom 10.11. 2003 über das Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx») (BBl 2004 3115), S. 3117.

Schreiben des BJ vom 31.8.2004 an das GS-VBS zur Vereinbarkeit der Kommunikationserfassung im Ausland mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

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und Vornahme von Überwachungsmassnahmen ausdrücklich durch ein Gesetz im materiellen Sinn zu regeln sind. Namentlich müsse der Kreis der potentiell betroffenen Personen und die eine Überwachungsmassnahme rechtfertigenden Umstände umschrieben sowie die zuständigen Behörden und die anzuwendenden Verfahren bezeichnet werden. Der Bürger müsse dies ohne besonderen Aufwand aus geltenden Rechtsgrundlagen erkennen können. Nur dann sei für ihn vorhersehbar, durch welches Verhalten er überhaupt zu einem Aufklärungsziel von Onyx werden könnte.

Das Gutachten des BJ stellt fest, dass sich der Kreis der potentiell betroffenen Personen letztlich aus dem gesetzlichen Auftrag der Nachrichtendienste ergibt, die mittels Onyx Informationen beschaffen. Während das BWIS den Auftrag des DAP präzise umschreibt (Art. 2 Abs. 1 und 2), sind die Aufgaben der Nachrichtendienste des VBS im Militärgesetz im Hinblick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit wenig präzise umschrieben.

Aus den geltenden Rechtsgrundlagen geht nicht hervor, welche Behörden für die Aufträge an Onyx zuständig sind. Artikel 2 VEKF sagt über die Auftraggeber Folgendes: Im Rahmen der ständigen Funkaufklärung dürfen nur aufgrund von Aufträgen berechtigter Auftraggeber Informationen beschafft werden.

1

Funkaufklärungsaufträge dürfen ausschliesslich zur Gewinnung von sicherheitspolitisch relevanten Informationen erteilt und ausgeführt werden.

2

Der Chef VBS entscheidet darüber, welche Auftraggeber im Rahmen der ständigen Funkaufklärung Aufträge erteilen dürfen. Diese müssen über ausreichende Rechtsgrundlagen verfügen.

3

Das Gutachten des BJ sieht einen Widerspruch zum Erfordernis der Vorhersehbarkeit darin, dass die Auftraggeber vom Vorsteher VBS bestimmt werden. Im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte seien die Auftraggeber von Onyx in einem Gesetz oder in einer Verordnung explizit aufzuführen.

Am 10. November 2004 schrieb der Vorsteher VBS der GPDel, dass er sich grundsätzlich den Schlussfolgerungen des BJ anschliessen könne. Er stellte eine Prüfung der Frage in Aussicht, ob die Auftraggeber von Onyx namentlich in einem Rechtserlass aufzuführen seien. Als die GPDel auf verbindlichere Massnahmen bestand, schrieb ihr der Generalsekretär VBS am 20. Januar 2005, dass eine Aufzählung der Auftraggeber von Onyx auf Verordnungsstufe angebracht sei. Eine entsprechende Anpassung der VEKF komme jedoch am ehesten dann in Frage, wenn sie zusammen mit weiteren Revisionsanliegen umgesetzt werde.

Am 11. August 2006 wurde die VEKF ein erstes Mal revidiert. Die Revision präzisierte, welche Aufklärungsziele als gültig zu betrachten sind und regelte die Anonymisierung von unabsichtlich erfassten Informationen über Kommunikationsteilnehmer auf Schweizer Boden. Das VBS nutzte diese Revision jedoch nicht, um die Auftraggeber von Onyx explizit in den Verordnungstext aufzunehmen.

Anfang Mai 2007 beschloss die GPDel abzuklären, welche Auswirkung die andauernde EMRK-Unvereinbarkeit der Rechtsgrundlagen von Onyx auf die Rechtmässigkeit der Aufklärungsaufträge hatte. Mit dieser Frage wandte sich die GPDel an die UKI, die vom Bundesrat zur Kontrolle der Rechtmässigkeit aller Onyx-Aufträge

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geschaffen worden war. Der Bundesrat erhielt eine Kopie des Schreibens der GPDel.14 In ihrer Antwort bestätigte die UKI die Gültigkeit der Schlussfolgerungen des BJ-Gutachtens vom 31. August 2004.15 Der UKI war überdies bekannt, dass das VBS der GPDel grundsätzlich eine Bereinigung des Problems auf Verordnungsstufe in Aussicht gestellt hatte. Weil das VBS das Problem erkannt und entsprechende Massnahmen in Aussicht gestellt hatte, sah die UKI ihrerseits jedoch keinen Anlass, in dieser Sache tätig zu werden. Sie bestätigte aber die Notwendigkeit, die Rechtsgrundlagen in Zusammenhang mit der Nennung der Auftraggeber von Onyx an die EMRK anzupassen.

Am 10. Juli 2007 erkundigte sich die GPDel schriftlich beim VBS über den Stand der im Januar 2005 in Aussicht gestellten Rechtsetzungsarbeiten. Am 14. August 2007 schrieb der Vorsteher VBS der GPDel, dass die Prüfung der Frage, ob die Auftraggeber von Onyx in der VEKF ausdrücklich genannt werden sollten, weiterhin pendent sei. An ihrer Sitzung vom 16. August 2007 erachtete die GPDel diese Situation als unbefriedigend und machte den Chef VBS umgehend schriftlich darauf aufmerksam.

Zwei Wochen später, am 29. August 2007, verbreitete das VBS eine Medienmitteilung darüber, dass der Bundesrat eine weitere Teilrevision der VEKF vorgenommen hatte. Das Anliegen der GPDel, die Übereinstimmung der Rechtsgrundlagen von Onyx mit der EMRK zu verbessern, war dabei nicht berücksichtigt worden.

5.4

Revisionsvorhaben auf Gesetzesstufe

Das Militärgesetz dient den Nachrichtendiensten des VBS als formellgesetzliche Grundlage für ihre Aufträge an Onyx. In ihrem ersten Bericht über Onyx hatte die GPDel die damals vorhandenen gesetzlichen Grundlagen im Militärgesetz soweit als ausreichend erachtet. Die Delegation hielt es allerdings für angebracht, dass der Bundesrat prüft, ob die Kommunikationsaufklärung im Militärgesetz explizit zu regeln sei (Empfehlung 1).

Der erste Bericht der GPDel kam zum Schluss, dass für die Onyx-Aufträge des DAP eine gesetzliche Grundlage fehlt. Die vom Bundesrat zusätzlich zur VEKF geschaffene Rechtsgrundlage in Artikel 9a der Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (VWIS)16 könne auf Dauer nicht genügen. Deswegen empfahl die GPDel dem Bundesrat, anlässlich des zweiten Pakets zur Revision des BWIS eine Bestimmung vorzulegen, welche die vom DAP auf dem Gebiet der inneren Sicherheit erteilten Aufklärungsaufträge regelt (Empfehlung 3).

In seiner Stellungnahme vom 24. März 2004 nahm der Bundesrat die Empfehlungen zum Militärgesetz und zum BWIS an. Er beauftragte das EJPD, in Zusammenarbeit mit dem VBS bis Ende 2005 eine entsprechende Revisionsvorlage zuhanden des Parlamentes auszuarbeiten. Am 15. Juni 2007 verabschiedete der Bundesrat seine Botschaft und den Erlassentwurf für die zweite BWIS-Revision zuhanden des Par14 15 16

Brief der GPDel an die UKI vom 10.5.2007.

Brief der UKI an die GPDel vom 9.7.2007.

Verordnung vom 27.6.2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (VWIS; SR 120.2).

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laments.17 Darin schlägt der Bundesrat eine Regelung der Funkaufklärung für die Nachrichtendienste des VBS und für den DAP vor.

Im Militärgesetz soll mit den neuen Absätzen 1 und 1bis von Artikel 99 die Funkaufklärung geregelt werden: ... Zu diesem Zweck kann er elektromagnetische Ausstrahlungen von Telekommunikationssystemen im Ausland erfassen und auswerten (Funkaufklärung).

1

1bis

Er kann sich auch des Mittels der Funkaufklärung bedienen:

a.

um militärisch benutzte Frequenzen in der Schweiz zu überwachen und die Nutzung durch die Armee sicher zu stellen;

b.

um in der Schweiz und im Ausland Informationen zur Luftverkehrssituation zu beschaffen.

In einem neuen Artikel 99a soll zudem die Unabhängige Kontrollinstanz eine gesetzliche Grundlage erhalten: Der Bundesrat wählt eine unabhängige, bundesinterne Kontrollinstanz, welche die Rechtmässigkeit der ständigen Funkaufklärung prüft. Die Kontrollinstanz versieht ihre Aufgaben weisungsungebunden.

1

Der Bundesrat regelt die Zusammensetzung der unabhängigen Kontrollinstanz, die Entschädigung ihrer Mitglieder und die Organisation ihres Sekretariats.

2

Das BWIS sieht neu den Artikel 14a für die Funkaufklärung vor: Das Bundesamt kann elektromagnetische Ausstrahlungen von technischen Anlagen oder Telekommunikationssystemen im Ausland erfassen und auswerten.

1

Elektromagnetische Ausstrahlungen aus dem Inland dürfen nur erfasst und ausgewertet werden, soweit sie nicht dem Fernmeldegeheimnis unterliegen. Für elektromagnetische Ausstrahlungen aus dem Inland, die dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, gelten die Bestimmungen über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs nach Kapitel 3a.

2

Zum Zweck der Funkaufklärung kann das Bundesamt mit anderen Verwaltungseinheiten des Bundes und der Kantone zusammenarbeiten oder ihnen einen Auftrag erteilen.

3

Die unabhängige Kontrollinstanz nach Artikel 99a des Militärgesetzes vom 3. Februar 1995 überwacht die Rechtmässigkeit der Funkaufklärung. Erstreckt sich die Funkaufklärung auf Verkehr, der dem Fernmeldegeheimnis unterliegt, ist das Verfahren nach den Artikeln 18d und 18e anwendbar.

4

Der Bundesrat regelt die Tätigkeiten, die Organisation und das Verfahren der Funkaufklärung im Einzelnen.

5

Die vorgeschlagenen Bestimmungen im Militärgesetz schaffen eine explizite gesetzliche Grundlage für die Nutzung von Onyx durch die Nachrichtendienste des VBS.

Dies gilt sowohl für die beiden militärischen Nachrichtendienste MND und LWND, als auch für den zivilen SND. Die vorgeschlagenen Bestimmungen beschränken die 17

Botschaft des Bundesrates vom 15.06.2007 zur Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) (Besondere Mittel der Informationsbeschaffung) (BBl 2007 5037).

2556

Aufklärung mittels Onyx auf Ziele im Ausland, wie es heute bereits die VEKF vorschreibt. Die Gesetzesrevision wird demzufolge die heutige Praxis nicht ändern, gibt ihr aber eine spezifische gesetzliche Grundlage.

Der Entwurf des Bundesrats erlaubt unter ganz bestimmten Bedingungen auch die Funkaufklärung gegen Ziele in der Schweiz. Im Inland dürfen nur die von der Armee genutzten Frequenzen und der militärische und zivile Flugfunk aufgeklärt werden. Für beide Aufklärungszwecke ist Onyx jedoch technisch nicht geeignet. Der Gesetzesentwurf des Bundesrats schafft aber eine gesetzliche Grundlage für die Aufklärungssysteme der Armee, die für die Unterstützung der zivilen und militärischen Luftraumüberwachung und das militärische Frequenzmanagement eingesetzt werden. Diesem Zweck wird insbesondere das System IFASS (Integriertes Funkaufklärungs- und Fernmeldesystem) dienen, das im Rüstungsprogramm 05 beschlossen wurde.

Das BWIS-II-Revisionspaket soll dem DAP die gleichen Kompetenzen für den Einsatz von Onyx wie den Nachrichtendiensten des VBS verschaffen, allerdings eingeschränkt auf die thematischen Zuständigkeiten des BWIS. Der Entwurf des BWIS gibt im neuen Artikel 18k dem DAP zusätzlich die Kompetenz, Telekommunikationsteilnehmer in der Schweiz direkt bei den Telefondienstleistern abzuhören, vorausgesetzt, es liegt eine Genehmigung des Bundesverwaltungsgerichts und eine darauf gestützte Anordnung des Vorstehers EJPD vor.

Es gibt mobile Empfangsgeräte für Telekommunikationssatelliten, die nicht über die Schweizer Telefondienstleister kommunizieren. Onyx ist unter gewissen Umständen in der Lage, deren Verbindungen in der Schweiz abzuhören. In so einem Fall könnte der DAP gemäss dem vorgeschlagenen Artikel 14a Absatz 2 BWIS Onyx einsetzen, vorausgesetzt er erfüllt die Bedingungen des Genehmigungs- und Anordnungsverfahrens, das der Bundesrat für die besondere Informationsbeschaffung unter BWIS vorschlägt (Artikel 18d und e). Der Einsatz von Onyx würde in diesem Fall nicht unter die Auslandaufklärung fallen, sondern unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie eine Telefonüberwachung im Inland erfolgen.

5.5

Beurteilung der Rechtsgrundlagen durch die GPDel

5.5.1

Rechtliche Lücken im Jahr 2003

In ihrem ersten Onyx-Bericht mass die GPDel der Schaffung von ausreichenden Rechtsgrundlagen für Onyx hohe Bedeutung zu, nachdem sie zuvor in diesem Bereich ein grosses Manko festgestellt hatte. Der Bundesrat hatte 1997 den Aufbau eines neuen nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffungssystems beschlossen und später auch die notwendigen Kredite beim Parlament beantragt. Dabei hatte er jedoch die Frage der rechtlichen Voraussetzungen ausser Acht gelassen. Nur aufgrund des nachhaltigen Drucks der GPDel schuf der Bundesrat Ende 2003 mit der VEKF eine erste rechtliche Regelung für die Nutzung und Kontrolle von Onyx.

Damals begrüsste die GPDel die VEKF und die damit verbundenen Kontrollverfahren. Sie war bereit, eine Regelung auf Verordnungsstufe als Übergangslösung zu akzeptieren, zumindest so lange, bis der Ausbau von Onyx nicht abgeschlossen war. Die GPDel erwartete aber, dass in nützlicher Frist auch eine Grundlage im Gesetz geschaffen wurde und legte in ihren Empfehlungen ein entsprechend grosses Gewicht auf eine abschliessende Behebung der rechtlichen Lücken.

2557

5.5.2

Beurteilung der Vorschläge des Bundesrats zur Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für «Onyx»

Mit der Verabschiedung des BWIS-II-Pakets zuhanden des Parlaments hat der Bundesrat die beiden Empfehlungen zur Anpassung des MG und des BWIS erfüllt.

Die weitere Arbeit liegt nun in den Händen der Eidgenössischen Räte.

Der Entwurf zur Änderung des Militärgesetzes (Art. 99 Abs. 1 MG) nennt explizit die Funkaufklärung ­ mit Onyx oder anderen Systemen ­ als Mittel zur Informationsbeschaffung im Ausland. Der Entwurf entspricht damit den Forderungen der GPDel nach einer Präzisierung der gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von Onyx zum Zweck der Auslandsaufklärung (Empfehlung 1).

Die GPDel begrüsst auch die vorgeschlagene Präzisierung in Artikel 99 Absatz 1bis MG, in welchen Ausnahmefällen das Militärgesetz die Funkaufklärung gegen Ziele im Inland erlaubt. Damit wird auf juristischer Stufe jeder Zweifel ausgeräumt, dass das Militärgesetz als Grundlage dienen könnte, um den zivilen Telekommunikationsverkehr innerhalb der Schweiz abzuhören.

Mit dem vorgeschlagenen Artikel über die Funkaufklärung im BWIS zeigt sich der Bundesrat bereit, eine gesetzliche Grundlage für Aufträge des DAP an Onyx zu schaffen. Damit erfüllt der Bundesrat die Bedingungen der GPDel für die andauernde Nutzung von Onyx durch den DAP (Empfehlung 3). Ohne diese Änderung genügt das BWIS nicht als formelle Rechtsgrundlage für die Aufträge des DAP. Die GPDel hat dies bereits in den Schlussfolgerungen ihres früheren Berichts festgehalten. Aus denselben Gründen müsste die GPDel auch die Rechtmässigkeit des weiteren Einsatzes von Onyx zugunsten des DAP verneinen, falls das BWIS nicht in diesem Punkt entsprechend revidiert würde.

Die Verpflichtung der Behörden, das Post- und Fernmeldegeheimnis zu wahren, ist eine der wichtigsten Aspekte des grundrechtlichen Schutzes der Privatsphäre, wie sie durch Artikel 13 der Bundesverfassung (BV)18 garantiert wird. Artikel 36 Absatz 1 BV verlangt, dass solche schwerwiegenden Einschränkungen eines Grundrechts im Gesetz selbst vorgesehen sein müssen. Mit der vom Bundesrat vorgeschlagenen Gesetzesrevision wird dies nun angestrebt.

Artikel 36 BV Absatz 3 verlangt zudem, dass Einschränkungen der Grundrechte verhältnismässig sein müssen. Die Unabhängige Kontrollinstanz wurde eigens dazu geschaffen, den Einsatz von Onyx auf seine Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit zu prüfen. Die GPDel begrüsst
es deshalb, dass die UKI mit dem geplanten Artikel 99a MG auf gesetzlicher Stufe verankert werden soll. Die Delegation hält es auch für gerechtfertigt, dass das Gesetz für die UKI ein Sekretariat vorsieht. Die UKI konnte bisher ein Angebot des VBS zur administrativen Unterstützung in Anspruch nehmen. Mit der Schaffung eines eigentlichen Sekretariats kann der Bundesrat aber in Zukunft auch die fachliche Kontinuität der rein milizmässig funktionierenden UKI stärken.

18

Bundesverfassung vom 18.4.1999 (BV; SR 101).

2558

5.5.3

Beurteilung der Rechtsgrundlagen auf Verordnungsstufe

Die erste Revision der VEKF im Jahr 2006 hat eindeutig festgelegt, welche Ziele mit Onyx aufgeklärt werden dürfen. Aus der Verordnung ist seither ersichtlich, dass auch Schweizer im Ausland von Onyx aufgeklärt werden können. Dies steht nicht im Widerspruch zum geltenden Artikel 99 MG. Die VEKF trägt damit der Tatsache Rechnung, dass nicht in jedem Fall die Nationalität der Aufklärungsziele von Onyx zweifelsfrei festzustellen ist. Der Verzicht auf das ursprünglich vom SND angestrebte Ziel, die Aufklärung von Schweizern im Ausland völlig auszuschliessen, ist somit im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüssen.

Die neuen Anonymisierungsbestimmungen für die Informationen zu Schweizer Kommunikationsteilnehmern dienen den Betreibern von Onyx als Anleitung zum Umgang mit diesen unabsichtlich erfassten Informationen. Anhand von Beispielen hat die GPDel festgestellt, dass für die Anonymisierung eine systematische Praxis entwickelt wurde, deren Einhaltung auch überprüft werden kann. Die GPDel ist sich allerdings der Möglichkeit bewusst, dass über die Aufklärung geeigneter Anschlüsse im Ausland gezielt nach Informationen über deren Schweizer Kommunikationspartner gesucht werden könnte. De facto würde damit die Beschränkung von Onyx auf die Auslandaufklärung umgangen. Die GPDel konnte sich jedoch vergewissern, dass die UKI in der Lage ist, einen solchen Auftrag als unrechtmässig zu erkennen.

Die zweite Revision der VEKF vom 29. August 2007 übertrug die in der Verordnung festgehaltenen Kompetenzen des SiA auf den Bundesrat. Der alte Artikel 15 Absatz 4 stellte sicher, dass der SiA, der auch die UKI wählte, den Jahresbericht der UKI erhielt. In der neuen Formulierung lässt der Text der Bestimmung offen, ob der Bundesrat als Wahlbehörde der UKI deren Bericht erhält. Sie verpflichtet allein den Vorsteher VBS, den Bundesrat über den Bericht zu informieren.

Die GPDel stellt aber aufgrund der Materialien19 des Bundesratsbeschlusses vom 31. Januar 2007 fest, dass der Bundesrat mit der neuen Regelung beabsichtigt hatte, den Bericht der UKI selber zur Kenntnis zu nehmen. Der Vorsteher VBS informierte überdies die GPDel im Frühjahr 2007, dass der UKI-Bericht dieses Jahr bereits in Anwendung der neuen Regelung im Bundesrat besprochen worden war.20 Die GPDel befürwortet es im Sinne der Unabhängigkeit der UKI und der
beabsichtigten Stärkung der bundesrätlichen Führung der Nachrichtendienste, dass die UKI mit ihren eigenen Worten gegenüber der zuständigen Wahlbehörde Rechenschaft ablegen kann.

Zur Vereinbarkeit der Rechtsgrundlagen von Onyx mit der EMRK stellt die GPDel fest, dass das VBS ihrer zweiten Empfehlung aus dem Onyx-Bericht nicht nachgekommen ist, obwohl das BJ, die UKI, aber auch das VBS selber einen Rechtsetzungsbedarf auf Verordnungsstufe bejaht haben. Das VBS schrieb am 14. August 2007, es wolle mit der entsprechenden Verordnungsrevision zuwarten, bis die Eidgenössischen Räte das zweite BWIS-Revisionspaket verabschiedet haben. Da der Revisionsvorschlag des Bundesrats in keiner Weise präjudiziert, welche Nachrich19

20

Bericht des Bundesrats vom 24.1.2007 in Erfüllung der in einen Prüfungsauftrag abgeänderten Motion über Umfassende Gesetzesgrundlagen für das System der Nachrichtendienste (Motion 05.3001), S. 8. Der Bericht wurde an der Sitzung der SiK-N vom 13.2.2007 behandelt, aber nicht publiziert.

Sitzung der GPDel vom 28.3.2007. Am gleichen Tag nahm der Bundesrat den Bericht der UKI zur Kenntnis.

2559

tendienste des VBS zur Auftragserteilung an Onyx berechtigt sind, ist ein solches Zuwarten für die GPDel nicht notwendig. Die Delegation sieht auch keinen Grund, warum es anlässlich der dies- und letztjährigen Revision der VEKF nicht möglich war, die Auftraggeber von Onyx namentlich zu bezeichnen, und damit zu verhindern, dass Onyx weiterhin mit Rechtsgrundlagen betrieben wird, die nicht der EMRK genügen.

Empfehlung 1: Die GPDel fordert den Bundesrat auf, umgehend auf Verordnungsstufe die auftraggebenden Stellen von Onyx aufzuführen. Auch verlangt die GPDel vom Bundesrat, dass er ihr im Anschluss an die Behandlung des nächsten Jahresberichts der UKI Bericht erstattet, ob Onyx in Übereinstimmung mit der EMRK weiterbetrieben werden kann.

6

Rechtmässigkeit des Einsatzes von «Onyx»

6.1

Kontrollen der Rechtmässigkeit durch dieNachrichtendienste und die Unabhängige Kontrollinstanz

Die VEKF sieht eine zweistufige Kontrolle der Aufträge vor, welche die Nachrichtendienste an Onyx erteilen. Jeder auftraggebende Dienst ist verpflichtet, bei der Erteilung seiner Aufklärungsaufträge auf deren Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit zu achten. Grundsätzlich gilt diese Forderung für das Handeln aller Bundesstellen, verlangt doch Artikel 5 der Bundesverfassung, dass jedes staatliche Handeln verhältnismässig sowie auf der Grundlage und innerhalb der Schranken des Rechts zu erfolgen hat. Die VEKF führte zusätzlich eine nachgeordnete Verwaltungskontrolle in der Form der Unabhängigen Kontrollinstanz (UKI) ein. Die Nachrichtendienste müssen der UKI alle Onyx-Aufträge zur Kontrolle vorlegen. Die UKI prüft, ob die Aufträge den Kriterien von Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit entsprechen. Für Aufträge, die den Anforderungen nicht genügen, kann sie die Einstellung beim zuständigen Departement und die Löschung von allenfalls unrechtmässig erfassten Informationen beantragen.

Die Arbeitsaufnahme der UKI war von einem regen Austausch mit den Nachrichtendiensten über die anzuwendenden Kontrollverfahren begleitet. Die UKI unterstützte beratend den Aufbau der Selbstkontrolle, insbesondere bei den Diensten des VBS. Dabei wies die UKI die Dienste auf die Informationen hin, die ihr für die Kontrollarbeit zweckdienlich sein könnten.

Die Kontrollen der UKI veranlassten die Nachrichtendienste, sich systematisch mit der Anwendung des Rechts auseinanderzusetzen, welches neu mit der VEKF im November 2003 in Kraft getreten war. Dabei kamen Auslegungsschwierigkeiten an den Tag, beispielsweise inwiefern Schweizer im Ausland rechtmässig aufgeklärt werden dürfen.21 Die UKI unterstützte darauf das VBS bei der Teilrevision der VEKF, mit der im August 2006 diese Frage abschliessend geklärt wurde.

21

Vgl. Ziffer 5.2.

2560

Die UKI lieferte dem Sicherheitsausschuss des Bundesrates vier Monate nach ihrem Amtsantritt im Jahr 2004 eine allgemeine Beurteilung der Rechtmässigkeit der Auftragserteilung an die Funkaufklärung. Diese einmalige Auflage war der UKI bei ihrer Einsetzung gemacht worden.22 Seither verfasste die UKI über jedes Tätigkeitsjahr einen Bericht. Der Jahresbericht der UKI wurde jeweils zuhanden des SiA erstellt, bis der Bundesrat am 31. Januar 2007 beschloss, selber die Aufgaben des SiA gegenüber der UKI zu übernehmen. Demzufolge nahm der Bundesrat vom Jahresbericht 2006 der UKI Kenntnis. Der Bundesrat wählte am 24. Oktober 2007 die Mitglieder der neuen UKI, die anfangs 2008 ihre vierjährige Amtszeit antreten wird.

6.2

Beurteilung der Aufsicht über «Onyx» und der Rechtmässigkeit des Einsatzes durch die GPDel

Die GPDel nimmt ihre Oberaufsicht über die Rechtmässigkeit von Onyx in erster Linie wahr, indem sie das Funktionieren der Aufsicht des Bundesrats kontrolliert.

Für diese Aufsicht hat der Bundesrat die UKI eingesetzt. Für die GPDel ist es deshalb zentral, sich Gewissheit zu verschaffen, dass die UKI ihre Aufgabe korrekt wahrnimmt. Solange der Bundesrat über die UKI seiner eigenen Aufsichtsverantwortung nachkommt, kann sich die GPDel auf die Oberaufsicht konzentrieren, indem sie die Kontrolle über die Kontrolleure sicherstellt. Die GPDel hält deshalb die UKI für einen unverzichtbaren Teil ihres eigenen Aufsichtsdispositivs.

Die GPDel behält es sich aber vor, weiterhin mit punktuellen Stichproben den Betrieb von Onyx direkt auf seine Rechtmässigkeit hin zu kontrollieren. Zu diesem Zweck führte die GPDel im August 2005 und September 2007 bei den Betreibern von Onyx in Zimmerwald zwei angekündigte Besuche durch. Sie nahm zudem im Mai 2007 Einblick in das elektronische Informationssystem, mit dem der SND seine Funkaufklärungsaufträge verwaltet.

Die GPDel hat den ersten Zwischenbericht und die Jahresberichte der UKI erhalten und ihre Mitglieder jeweils zu einer Anhörung empfangen. Dabei kamen das Funktionieren der Aufsicht und die Erkenntnisse der UKI zur Rechtmässigkeit des Einsatzes von Onyx zur Sprache.

Die GPDel gewann den Eindruck, dass sich die Mitglieder der Kontrollinstanz erfolgreich in die Materie eingearbeitet haben. Die UKI unterzog nicht nur die bei ihrem Amtsantritt vorgefundenen Aufträge einer Prüfung, sondern ist heute in der Lage, neue Aufträge innert nützlicher Frist zu kontrollieren. Die UKI wird nie den Beweis erbringen können, dass jedes einzelne Aufklärungsresultat ihre Kontrollkriterien erfüllt. Die Arbeitsweise der UKI bietet aber ausreichend Gewähr, dass keine Aufträge oder Aufklärungsverfahren ohne ausreichende Rechtsgrundlage auf Dauer der Aufmerksamkeit der Kontrollinstanz entgehen. Die freiwillige Einstellung oder Anpassung von Aufträgen durch die Nachrichtendienste zeigt, dass die Kontrollen der UKI ihre Wirkung nicht verfehlen. Die erste Revision der VEKF ist zudem ein Beleg dafür, dass dank der Kontrollen der UKI der korrekten Anwendung der VEKF die notwendige Aufmerksamkeit geschenkt wird.

22

Beschluss des SiA zur Einsetzung der UKI vom 16.12.2003.

2561

Die UKI ist darauf angewiesen, dass die Nachrichtendienste auch in eigener Verantwortung auf die Rechtmässigkeit ihrer Nutzung von Onyx achten. Die UKI muss die Beurteilungen der Auftraggeber zur Kenntnis nehmen und erkennen, wo sie zusätzliche Abklärungen vornehmen muss. Seitens der Auftraggeber entstand damit ein Bedarf, die internen Kontrollen nachvollziehbar ausweisen zu können. Der dadurch entstandene Aufwand wird je nach Dienst unterschiedlich beurteilt. Insbesondere der SND macht wegen der Kontrollen der UKI einen anhaltend hohen administrativen Aufwand für die Auftragsverwaltung geltend.

Die GPDel ist sich bewusst, dass wegen den beschränkten Ressourcen der Dienste die Gefahr besteht, dass der Kontrollaufwand die Wirksamkeit von Onyx schmälert.

Sie konnte aber feststellen, dass die UKI bestrebt war, möglichst auf den bestehenden internen Kontrollen aufzubauen und zusätzlichen Aufwand zu vermeiden. Die Arbeit der UKI hat auch nachweislich dazu geführt, dass die Nachrichtendienste unproduktive Aufträge gestrichen haben.

Die GPDel sah vor Ort den grossen Aufwand, den der SND für die Verwaltung und Kontrolle seiner Onyx-Aufträge betreibt. Bei der Einsicht in verschiedene Aufträge stiess sie auf einen Auftrag, zu dessen Kontrolle sechs unterschiedliche Stellen begrüsst wurden und der erst nach vier Monaten an die Betreiber von Onyx zur Ausführung weitergeleitet wurde. Letztlich müssen die Nachrichtendienste des VBS selber den Aufwand bestimmen, der für die Einhaltung der VEKF unabdingbar ist.

Die GPDel gewann jedoch den Eindruck, dass der dort betriebene Aufwand nicht immer mit einem vergleichbaren Effizienzgewinn für die Arbeit der UKI zu Buche schlägt.

Die Qualität der Aufträge hängt stark von den Fähigkeiten der Fachspezialisten in der Auswertung der Dienste ab, Aufklärungschancen im Rahmen des rechtlich Möglichen zu identifizieren und die Verhältnismässigkeit der Aufklärungsaufträge anhand ihrer Resultate zu kontrollieren. Der Fachexperte, der sich aufgrund einer Vielzahl von Quellen mit den Aufklärungszielen befasst, kann anhand der Resultate auch am leichtesten entscheiden, ob der Einsatz von Onyx geeignet und notwendig ist.

Möglicherweise könnten die internen Kontrollen an Effizienz gewinnen, wenn sie sich stärker auf das vorhandene Wissen der Auswertespezialisten und weniger auf
eine nachgeschaltete und hauptsächlich administrative Kontrolle stützen. Die UKI sorgt ja bereits für eine Nachkontrolle und hat gegenüber der GPDel mehrfach betont, wie dienlich die Diskussion mit den direkt zuständigen Auswertern für die Beurteilung der Aufträge ist. Die GPDel erhielt selbst überzeugende Hinweise auf die Rechtmässigkeit der Aufklärungsarbeit, als sie Resultate aus erfolgreichen Aufklärungsaufträgen mit den zuständigen Auswertern im SND besprach.

Trotz der Bedeutung der UKI für die Oberaufsicht, wurde sie vor allem als Kontrollinstrument der zuständigen Departementsvorsteher und des Bundesrats geschaffen.

Die GPDel begrüsst deshalb die Praxis der beiden Vorsteher von VBS und EJPD, den Jahresbericht mit dem Präsidenten der UKI zu besprechen, bevor er im Bundesrat behandelt wird. Die Vorsteher von VBS und EJPD haben bisher alle Anregungen und Empfehlungen der UKI aufgenommen und deren Umsetzung in ihren Departementen durchgesetzt. Diese Bilanz belegt der GPDel, dass die politische Führung die UKI zur Wahrnehmung ihrer Verantwortung zu nutzen weiss.

2562

Im Jahresbericht 2006 wies die GPDel darauf hin, dass die Kontrollarbeit der UKI an die Grenzen ihrer personellen Kapazitäten stösst. Die Verfügbarkeit ihrer auf nebenamtlicher Basis agierenden Mitglieder ist beschränkt und deren Einarbeitung war zeitaufwändig. Deshalb hielt es die GPDel für wichtig, dass bei der 2007 fälligen Neubestellung der UKI das hohe Kompetenzniveau beibehalten und ausreichende personelle Kapazitäten sichergestellt wurden.23 Die GPDel hat von der Neubestellung der UKI durch den Bundesrat Kenntnis genommen und ist von den Qualifikationen der gewählten Personen überzeugt. Mit der Beibehaltung von zwei der drei bisherigen Mitglieder berücksichtigte der Bundesrat auch das Anliegen der GPDel, die erreichte Leistungsfähigkeit sicherzustellen.

7

Wirksamkeit von «Onyx»

7.1

Kontrolle der Wirksamkeit von «Onyx» im VBS

Seit der Aufnahme des Testbetriebs hat sich das VBS systematisch bemüht, intern und gegenüber der GPDel die Fähigkeiten von Onyx zu dokumentieren. Eine erste Sammlung von Resultaten belegte im Jahr 2002, dass Onyx technisch in der Lage war, sicherheitspolitisch relevante Informationen zu beschaffen. Seit 2004 wird der Vorsteher VBS regelmässig zur Wirksamkeit von Onyx informiert. Zu diesem Zweck erstellte der Direktor SND bisher fünf Leistungsausweise, die das Informationsaufkommen von Onyx in den wichtigsten Aufklärungsbereichen in quantitativer und teilweise auch qualitativer Hinsicht aufzeigten.

Das VBS stellte der GPDel jeweils umgehend die Leistungsausweise zu, den letzten zum zweiten Semester 2006. Den Leistungsausweis für das Jahr 2007 soll die GPDel im März 2008 erhalten. Die GPDel hat zu jedem Bericht einen Vertreter der FUBEKF und des SND angehört und mehrere Aussprachen über die Wirksamkeit von Onyx mit dem Vorsteher VBS geführt. Die UKI kontrolliert zwar nicht die Wirksamkeit von Onyx. Ihre Meinung war für die GPDel aber insofern von Bedeutung, dass sie neben der GPDel die einzige nicht direkt involvierte Stelle ist, die sich mit dem Einsatz von Onyx befasst. Der Nutzen der Onyx-Resultate kam auch wiederholt zur Sprache, als sich die GPDel bei ihren Besuchen beim SND und bei der FUBEKF mit Fragen der Informationsbeschaffung und Auswertung befasste.

Die ersten Leistungsausweise ergaben, dass technische Ursachen die Verfügbarkeit des Systems und damit auch die Anzahl Resultate beschränkten. Diese Probleme wurden mit dem Ausbau von Onyx in Richtung Vollbetrieb weitgehend behoben.

Ab Mitte 2004 stellte der SND fest, dass Onyx mehr Informationen lieferte, als verarbeitet werden können. Sukzessive zeigte sich, dass in der Auswertung die personellen Ressourcen fehlten, um systematisch alte Aufträge zu verbessern und neue zu erteilen. Heute stellt die GPDel weiterhin fest, dass ein Teil der Aufklärungsresultate nicht oder nicht in nützlicher Zeit bearbeitet werden kann.

Die Leistungsausweise betonten von Anfang an, dass Onyx-Informationen vor allem für Analysen zu konkreten, operativen Fragestellungen genutzt werden konnten. Für herkömmliche, strategische Lagebeurteilungen waren die Informationen von Onyx zu detailliert. Onyx-Informationen müssen auch über längere Zeit beschafft und 23

Jahresbericht 2006 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3055), S. 3159.

2563

analysiert werden. Erst dann ergeben verschiedene Einzelmeldungen ein aussagekräftiges Gesamtbild. Onyx ist deshalb nur selten dafür geeignet, allgemeine, strategische Informationsbedürfnisse der politischen Führung zu beantworten. Da der SND solche Anfragen vermehrt und zunehmend kurzfristiger erhält, kann das Potenzial von Onyx entsprechend weniger ausgenutzt werden.

Von Anfang an erwarteten die Leistungsausweise von Onyx ein grosses Potenzial für praktisch alle Aufklärungsgebiete. Im Einklang mit dieser Grundannahme sprachen die Leistungsausweise auch von einer Unternutzung von Onyx, die zwar in Aufklärungsgebieten mit geringem Resultatsaufkommen festzustellen sei, aber mit geeigneten Massnahmen behoben werden könne. In erster Linie sollten die zukünftigen Informationsbedürfnisse des SND aufs engste mit den technischen Fähigkeiten von Onyx abgeglichen werden. Die notwendigen Verbesserungsmassnahmen sollten im Rahmen einer Beschaffungsstrategie des SND erarbeitet werden, die ihrerseits zur Fünfjahresstrategie gehörte, welche VBS und EJPD aufgrund der Empfehlung 5 aus dem ersten Onyx-Bericht der GPDel zu erstellen hatten. Zusätzlich schlug der SND verschiedene administrative Massnahmen vor, um die Prozesse zwischen dem SND und den Betreibern von Onyx zu verbessern und damit Onyx wirksamer zu steuern.

Noch im Frühjahr 2006 bekräftigte der SND, dass das Potenzial von Onyx in allen wichtigen Aufklärungsgebieten nach wie vor als hoch eingeschätzt wurde. Der gleiche Bericht brachte aber auch zum Ausdruck, dass dieses Potenzial nicht für alle Aufklärungsgebiete restlos geklärt sei. Beim darauffolgenden Leistungsausweis kam erstmals die Notwendigkeit zur Sprache, die Möglichkeiten von Onyx systematisch abzuklären. Insbesondere sollte das Kommunikationsverhalten potentieller Aufklärungsziele besser verstanden werden.

Im November 2006 genehmigte der Bundesrat die Fünfjahresstrategie des VBS. Die Strategie erklärte Onyx zu einem prioritären Beschaffungsmittel für eine Reihe von Aufklärungsgebieten. Der kurz vorher erstellte Leistungsausweis des SND hatte jedoch angetönt, ein Teil dieser Aufklärungsgebiete müsse auf ihre Machbarkeit untersucht werden. Dieser Widerspruch veranlasste die GPDel, der Frage der Machbarkeit erhöhte Bedeutung zu schenken. Sie wollte nicht abwarten, bis der SND eine solche
Untersuchung in Auftrag geben würde, sondern verlangte selber vom VBS eine Studie über das Kommunikationsverhalten der Akteure in verschiedenen Aufklärungsgebieten. Die GPDel erhielt diese Studie termingerecht im August 2007.

Ein Vergleich der Studie, welche sich zu den Aufklärungsmöglichkeiten in einzelnen Gebieten äusserte, mit den Aufklärungszielen der Fünfjahresstrategie zeigte, dass Onyx für die Hälfte der als prioritär erklärten Aufklärungsgebiete nur wenig Resultate liefern dürfte.

7.2

Fünfjahresstrategie des Bundesrats für die Nachrichtendienste

Die GPDel verlangte in der Empfehlung 5 ihres ersten Onyx-Berichts vom Bundesrat, für die Nachrichtendienste eine Fünfjahresstrategie zu erarbeiten, welche die vom VBS und EJPD auf dem Gebiet ihrer Informationsquellen und deren Auswertung benötigten Ressourcen in materieller und personeller Hinsicht aufzeigt. Zu den Informationsquellen gehörte explizit die Funkaufklärung und damit insbesondere Onyx, das eigentliche Thema des GPDel-Berichts.

2564

Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Empfehlung entgegenzunehmen und die Umsetzung durch die zuständigen Departemente prüfen zu lassen. Er beauftragte das VBS beziehungsweise das EJPD, die Ausarbeitung einer Fünfjahresstrategie zu prüfen und gegenüber der GPDel bis spätestens Ende 2004 Bericht zu erstatten.24 Als Ende 2004 keine konkreten Resultate vorlagen, begründeten sowohl VBS als auch EJPD diese Verzögerungen damit, dass eine Fünfjahresstrategie erst nach dem Abschluss verschiedener laufender Reformprojekte zur Koordination und Zusammenarbeit der Nachrichtendienste an die Hand genommen werden könne.

Im Frühjahr 2006 wurde die GPDel erstmals über die Grundzüge der Arbeiten im VBS informiert. Dabei stellte die GPDel fest, dass die Strategieentwicklung im VBS und EJPD völlig unabhängig erfolgte. Die GPDel wies die verantwortlichen Departemente ausdrücklich darauf hin, dass sie eine gemeinsame, departementsübergreifende Strategie des Bundesrats verlangt hatte.25 Am 22. November 2006 genehmigte der Bundesrat trotzdem für den DAP und den SND eine separate Strategie.

Die VBS-Strategie definiert die Bedeutung eines jeden Beschaffungsmittels für die unterschiedlichen Bearbeitungsgebiete bis zum Jahr 2012. Zu den Beschaffungsmitteln gehören menschliche Quellen, Partnerdienste, Verteidigungsattachés und die Funkaufklärung. Die Funkaufklärung verwendet neben den Systemen zur Kurzwellenaufklärung hauptsächlich Onyx. Aus der Strategie ist nicht ersichtlich, welche technischen Investitionen in die Funkaufklärung notwendig sind, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Die Strategie enthält Angaben über die benötigten personellen Ressourcen im SND, lässt aber offen, wie diese gedeckt werden sollen. Die GPDel bemängelte dies und die Tatsache, dass VBS und EJPD keine gemeinsame Strategie erarbeitet hatten, bereits in ihrem Jahresbericht 2006.26 Überdies gilt Strategie nicht für die militärischen Nachrichtendienste des VBS, die auch Auftraggeber von Onyx sind.

Die Strategie des DAP basiert auf der Planung des EJPD, die wegen den neuen Kompetenzen zur Informationsbeschaffung im Rahmen der zweiten BWIS-Revision erstellt wurde. In diesem Zusammenhang steckt die Strategie die Bedeutung von Onyx und die dafür einzusetzenden Ressourcen ab. Bereits heute nutzt der DAP Onyx nur in geringem Umfang. Die Nutzung soll auch
im Vergleich zu den neuen Mitteln der besonderen Informationsbeschaffung, die direkt auf Kommunikationen im Inland zugreifen sollen, gering bleiben. Die Strategie des EJPD sieht 35 neue Stellen in der Beschaffung und Auswertung vor. Gemäss der Botschaft zum BWISII-Revisionspaket, die im 15. Juni 2007 vom Bundesrat verabschiedet wurde, soll die Schaffung dieser Stellen EJPD-intern kompensiert werden.27

24

25 26 27

Stellungnahme des Bundesrats vom 24.3.2004 zum Bericht der GPDel vom 10.11.2003 über das Satellitenaufklärungssystem des VBS (Projekt «Onyx») (BBl 2004 3115), S. 3118.

Brief der GPDel an den Vorsitzenden SiA vom 1.11.2006.

Jahresbericht 2006 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3055), S. 3159.

Gemäss der Stellungnahme des GS-EJPD zum vorliegenden Bericht vom 2.11.2007 hat das EJPD bisher gegenüber dem Parlament offen gelassen, wie die Stellen EJPD-intern kompensiert werden sollen.

2565

7.3

Beurteilung der Wirksamkeitskontrolle von «Onyx»

Die GPDel beurteilt das Resultat der Studie, die sie zum Kommunikationsverhalten potenzieller Aufklärungsziele in Auftrag gegeben hatte, als sehr nützlich. Darin liefert das VBS mit einer systematischen und nachvollziehbaren Methode Aussagen zur Machbarkeit der Aufklärung mittels Onyx. Die Studie beurteilt das Potenzial von Onyx für wichtige Aufklärungsgebiete grundsätzlich anders als die Leistungsausweise, die der Chef VBS in den Jahren 2004 bis 2006 erhielt. Damit machen die Erkenntnisse der Studie die Fünfjahrsstrategie des VBS für Onyx hinfällig.

Rückblickend stellt die GPDel fest, dass die Berichte des Direktors SND über Jahre hinweg wahrheitsgetreu den Vorsteher VBS über die unbefriedigenden Resultate in bestimmten Aufklärungsgebieten informierten. Die Leistungsausweise vermochten jedoch nicht die Ursache für das geringe Aufkommen in diesen Aufklärungsgebieten zu erklären. Trotzdem vermittelten die vorgeschlagenen Massnahmen den Eindruck, Onyx könne letztlich in diesen Bereichen die erwartete Leistung erbringen.

Eine Verbesserung der Personalsituation in der Auswertung hätte den Nutzen von Onyx in den produktiven Gebieten vergrössern können. Obwohl der zusätzliche Personalbedarf erkannt war, erfolgte eine Verstärkung nur punktuell.28 Der SND setzte vielmehr seine Erwartungen auf die Forderung, dass die FUB-EKF ihre technischen Investitionen noch besser auf die Bedürfnisse des SND ausrichten würde.

Dies sollte Onyx erlauben, auch in den weniger produktiven Aufklärungsgebieten bessere Resultate zu liefern. Die Berichterstattung an das VBS legte sich allerdings nie darauf fest, in welcher technischen Konfiguration Onyx die erwartete Leistung erbringen sollte. Zunehmend setzten die vorgeschlagenen Verbesserungsmassnahmen bei der FUB-EKF Investitionen voraus, die über die für den Vollbetrieb vorgesehene Konfiguration hinausgingen. Im Bestreben, für die weniger produktiven Aufklärungsgebiete zumindest in Zukunft ein besseres Potenzial zu belegen, gingen die Leistungsausweise nicht mehr vom System aus, das im Jahr 2006 den Vollbetrieb aufnehmen sollte. Vielmehr bezog sich das zukünftige Potenzial von Onyx auf eine Systemkonfiguration, die nicht ohne zusätzliche Investitionen auskommen würde und möglicherweise die Schaffung neuer gesetzlichen Grundlagen nach sich ziehen könnte.

Das VBS nahm diese
Berichterstattung zu Onyx während drei Jahren unkritisch entgegen. Das Departement hinterfragte auch den Nutzen der Verbesserungsmassnahmen nicht, als aufeinander folgende Berichte immer wieder die gleichen Mängel feststellten. Dabei wäre allein schon die andauernd geringe Wirksamkeit der Massnahmen Anlass gewesen, die Leistungsausweise und die Führungsprozesse zwischen dem SND und den Betreibern von Onyx zu hinterfragen.

Die GPDel kommt zum Schluss, dass die Leistungsausweise dem Vorsteher VBS nicht die notwendigen Informationen lieferten, um seine politische Verantwortung wahrzunehmen. Der Vorsteher VBS konnte deshalb auch dem Bundesrat kein realistisches Bild von Onyx vermitteln. Dies belegt beispielsweise ein Brief des Bundesrats an die Finanzdelegation vom 30. September 2005, der in Kopieform auch an die GPDel adressiert war. Darin schloss der Bundesrat aus dem bisherigen Leistungsausweis von Onyx, dass im Lichte der aktuellen Bedrohungen und Herausforderungen Onyx zu einem immer wichtigeren Informationsbeschaffungsmittel werde. Für 28

Vgl. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidgenössischen Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4312), S. 4386.

2566

über die Hälfte der Aufklärungsgebiete, die der Bundesrat nannte, rechnet jedoch die im Sommer 2007 erstellte Studie über das Kommunikationsverhalten nur mit einem beschränktem Aufklärungserfolg.

Die GPDel ist sich bewusst, dass der nutzbringende Einsatz eines Systems wie Onyx ein technisch und nachrichtendienstlich höchst anspruchsvolles Unterfangen ist. Bei einem Projekt mit solchen Risiken hätte deshalb die Aufsichtspflicht eines Departements nicht einfach an die betroffenen Ämter delegiert werden sollen. Eine amtsexterne Aufsichtsstelle hätte wohl kaum jahrelang ungenügende Resultate zur Kenntnis genommen, ohne die Wirkungslosigkeit der Verbesserungsmassnahmen zu hinterfragen. Sie hätte auch noch vor der GPDel die Dringlichkeit erkannt, die Machbarkeit der erwarteten Aufklärungsleistungen grundsätzlich abzuklären.

Empfehlung 2: Die GPDel empfiehlt dem Bundesrat, das VBS zu beauftragen, eine von den Nachrichtendiensten unabhängige Verwaltungskontrolle aufzubauen, welche die Wirksamkeit insbesondere von Onyx prüft.

7.4

Beurteilung der Führung und der Strategie für «Onyx»

Mit der von der GPDel verlangten Fünfjahresstrategie hat das VBS zum ersten Mal eine Gesamtplanung für die Informationsbeschaffung mit den verschiedenen nachrichtendienstlichen Mitteln erstellt. Insbesondere für die Beschaffungsmittel, deren Einsatz vollständig in der Hand des SND liegt, zeigt die Strategie auf nachvollziehbare und stufengerechte Art auf, welchen Beitrag sie zur nachrichtendienstlichen Arbeit erbringen können. Der Teil der Fünfjahresstrategie, der die Funkaufklärung betrifft, enthält jedoch unrealistische Ziele, wie nun die für die GPDel erstellte Studie über das Kommunikationsverhalten möglicher Aufklärungsziele belegt. In der Strategie fehlen für Onyx auch Angaben darüber, welche Investitionen für die nächsten fünf Jahre vorgesehen sind und welche personellen Ressourcen, insbesondere für die Auswertung der Aufklärungsresultate, zur Verfügung stehen werden.

Trotz diesen Mängeln wurde diese Strategie dem Bundesrat zur Genehmigung vorgelegt. Die GPDel vermisst deshalb die Aufsicht des zuständigen Departements über den Strategieschöpfungsprozess. Das VBS liess die Strategie erstellen, ohne zu prüfen, ob sie im Kern die Forderungen der GPDel erfüllte. Dass die Strategie für die Aufklärung mit Onyx keine Aussagen über die notwendigen technischen Investitionen machte, wäre seitens des Departements leicht zu entdecken gewesen. Ebenso hätte das Departement dafür sorgen müssen, dass entweder die notwendigen Ressourcen für die Auswertung zur Verfügung gestellt werden oder das Projekt mit den personellen Kapazitäten in Einklang gebracht wird.

Obwohl im ersten Halbjahr 2006 Zweifel an der Aufklärbarkeit wichtiger Aufklärungsgebiete aufgetaucht waren, hatte diese Erkenntnis keinen Einfluss auf die Erarbeitung der Fünfjahresstrategie. Eine vorgängige Abklärung zur Machbarkeit der prioritären Aufklärungsgebiete hätte die Aufnahme unrealistischer Ziele in der Strategie verhindern können. Die GPDel stellt nun fest, dass das VBS dem Bundes2567

rat im Herbst 2006 eine Fünfjahresstrategie für Onyx vorlegte, die den Kriterien der Empfehlung der GPDel nicht entsprach und deren Aufklärungsprioritäten bereits zu diesem Zeitpunkt als unrealistisch erkennbar gewesen wären.

Die GPDel ist weiterhin der Überzeugung, dass eine langfristige Strategie für die Nutzung von Onyx notwendig ist. Damit Onyx auch in Zukunft sicherheitspolitisch wertvolle Informationen liefert, werden weitere Investitionen notwendig sein. Nur wenn das System laufend an die veränderte Kommunikationstechnik angepasst wird, kann der Werterhalt des Systems gewährleistet werden. Die Veränderungen der internationalen Telekommunikationsinfrastruktur verlangen ebenfalls neue Aufklärungsansätze. Die GPDel hatte bereits in ihrem ersten Bericht auf zukünftige Herausforderungen wie den Ersatz von Satellitenverbindungen durch Glasfaserkabel hingewiesen.29 Die bestehende Konfiguration von Onyx basiert auf dem System, das sich während des ersten Berichts der GPDel im Aufbau befand. Die Strategie muss nun aufzeigen, welche Ausbauschritte das VBS bereit ist, politisch zu genehmigen. Gleichzeitig muss daraus ersichtlich sein, welche Aufklärungsmöglichkeiten der geplante Ausbau erlaubt. Die Strategie soll letztlich vorgeben, welcher technische und personelle Aufwand gerechtfertigt ist, um bestimmte Aufklärungsgebiete mit Onyx abdecken zu können. Falls die Einführung neuer technischer Fähigkeiten auch zusätzliche gesetzliche Kompetenzen bedingt, sollte die Strategie die notwendigen Rechtsetzungsarbeiten ausweisen.

Die Strategie, die zuhanden der GPDel erstellt wurde, beschränkte sich darauf, die Erwartungen des SND an die Funkaufklärung zu formulieren und überliess es den Systembetreibern, für die notwendigen technischen Investitionen zu sorgen. Diese Art von Planung stellt aber keineswegs sicher, dass weitere Investitionen in Onyx auch die Erwartungen des SND erfüllen werden. Nur wenn die Machbarkeit der Aufklärungsziele sorgfältig abgeklärt wird, kann verhindert werden, dass Aufklärungssysteme beschafft werden, die letztlich aus technischen oder anderen Gründen die ursprünglich verlangten Aufklärungsresultate gar nie liefern können. Die von der GPDel verlangte Studie zum Kommunikationsverhalten analysiert bereits für verschiedene Aufklärungsgebiete, welchen Nutzen mögliche Erweiterungen von
Onyx für Aufklärung dieser Gebiete haben könnten. Für eine Neuauflage der Strategie können die Nachrichtendienste des VBS und die FUB-EKF auf diesen Arbeiten aufbauen.

Die Delegation hat festgestellt, dass Onyx in gewissen Gebieten regelmässig gute Aufklärungsresultate liefert. Das Wissen um solche Resultate genügt jedoch nicht, um die Wirksamkeit von Onyx zu beurteilen. Für eine solche Beurteilung müsste auch eine Strategie für Onyx und seine Rolle im Verbund mit den anderen nachrichtendienstlichen Beschaffungsmitteln vorliegen. So ist wichtig zu wissen, wie die verschiedenen Beschaffungsmittel gegenseitig voneinander profitieren können. Nur eine Gesamtschau erlaubt es der Delegation, sich ein Bild darüber zu machen, ob die substantiellen Mittel, die in die Funkaufklärung fliessen, dort einen vertretbaren Nutzen bringen, oder ob nicht eine andere Verwendung dieser Mittel eine wirkungsvollere Gesamtleistung der Nachrichtendienste zur Folge hätte.

29

Bericht der GPDel vom 10.11.2003 zum Satellitenaufklärungssystem des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Projekt «Onyx») (BBl 2003 1499), S. 1532.

2568

Empfehlung 3: Die GPDel empfiehlt dem Bundesrat, das VBS mit der Überarbeitung seiner Fünfjahresstrategie für den Bereich Funkaufklärung im Sinne der ursprünglichen Empfehlung der GPDel zu beauftragen. Die Strategie soll die Aufträge des SND und der militärischen Dienste berücksichtigen und für alle geplanten Aufklärungsgebiete die Machbarkeit in Abhängigkeit der technischen und personellen Ressourcen abklären. Falls die Umsetzung der Strategie neue gesetzliche Grundlagen verlangt, ist dies auszuweisen.

8

Umsetzung der Empfehlungen aus dem ersten «Onyx»-Bericht der GPDel

Die GPDel richtete in ihrem ersten Onyx-Bericht vom 10. November 2003 sechs Empfehlungen an den Bundesrat. Im den vorhergehenden Ziffern äussert sich die GPDel dazu, wie der Bundesrat oder das VBS diese Empfehlungen umgesetzt haben. Untenstehende Tabelle fasst diese Feststellungen zusammen.

Umsetzungstand der Empfehlungen aus dem GPDel-Bericht von 2003 Empfehlung

Umsetzung

1

Explizite Rechtsgrundlagen für die Bundesrat erfüllte die Empfehlung mit dem Funkaufklärung im Militärgesetz Revisionspaket BWIS-II.

2

Prüfung der Konformität der Rechtsgrundlagen mit der EMRK und ihre Anpassung bei Bedarf.

BJ bestätigt Nichtkonformität mit der EMRK, die entsprechende Anpassung der Rechtsgrundlagen bleibt jedoch pendent.

3

Ausreichende Rechtsgrundlagen für die Funkaufklärung im BWIS

Bundesrat erfüllte die Empfehlung mit dem Revisionspaket BWIS-II.

4

Analyse der technischen und die finanziellen Risiken für die Realisierung des Projekts Onyx

VBS erfüllten die Empfehlung mit dem Bericht vom 16.12.2004.

5

Fünfjahresstrategie des Bundesrats Die Strategie des VBS erfüllte im Bereich für die Nachrichtendienste Funkaufklärung nicht die Vorgaben der Empfehlung.

6

Informationspolitik zu Onyx

VBS erfüllte die Empfehlung mit dem Kommunikationskonzept vom 13.12.2004

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9

Weiteres Vorgehen

Die Geschäftsprüfungsdelegation bittet den Bundesrat, zu diesem Bericht und den darin enthaltenen Empfehlungen bis Ende März 2008 Stellung zu nehmen.

9. November 2007

Im Namen der Geschäftsprüfungsdelegation Der Präsident: Hans Hofmann, Ständerat Der Sekretär: Philippe Schwab

Die Geschäftsprüfungskommissionen haben diesen Bericht am 13. und am 23. November 2007 zur Kenntnis genommen und seiner Veröffentlichung zugestimmt.

13. und 23. November 2007

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen Der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Ständerats: Hansruedi Stadler, Ständerat Der Präsident der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats: Jean-Paul Glasson, Nationalrat

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