06.414 Parlamentarische Initiative Änderung Bürgerrechtsgesetz. Nichtigerklärung.

Fristausdehnung Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 30. November 2007

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrte Damen und Herren, Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf für eine Änderung des Bürgerrechtsgesetzes vom 29. September 1952. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

30. November 2007

Im Namen der Kommission Der Präsident: Andreas Gross

2007-2944

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Übersicht Die Bundesbehörden führen derzeit rund 400 Verfahren zur Nichtigerklärung von Einbürgerungen, weil dringender Verdacht besteht, dass das Bürgerrecht durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist. Die meisten erhärteten Fälle von unrechtmässig erfolgten Einbürgerungen sind im Zusammenhang mit der 1992 eingeführten erleichterten Einbürgerung von ausländischen Ehepartnern von Schweizerinnen und Schweizern festzustellen.

Die Erfahrung zeigt, dass die geltende Regelung in Artikel 41 des Bürgerrechtsgesetzes (BüG), nach der eine Einbürgerung innert fünf Jahren nichtig erklärt werden kann, in einzelnen Fällen nicht zu greifen vermag. So kann es vorkommen, dass Missbrauchsfälle nach ihrem Bekanntwerden bereits verjährt sind oder noch vor dem Abschluss der behördlichen Untersuchungen verjähren.

Mit dem vorliegenden Erlassentwurf soll deshalb die Frist für die Nichtigerklärung von Einbürgerungen erstreckt werden. Ein neuer Artikel 41 Absatz 1bis BüG ermöglicht, dass eine Einbürgerung innerhalb von zwei Jahren, nachdem das Bundesamt vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, spätestens aber innert acht Jahren nach dem Erwerb des schweizerischen Bürgerrechts nichtig erklärt werden kann. Zudem beginnt nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen.

Während eines Beschwerdeverfahrens soll die Verjährungsfrist automatisch stillstehen.

Die Kommission unterbreitet der Bundesversammlung den vorliegenden Erlassentwurf, nachdem sich das Bundesamt für Migration in seinem Bericht über hängige Fragen des Bürgerrechts und nach ihm auch der Bundesrat für diese Lösung ausgesprochen haben. Nur eine konsequente Missbrauchsbekämpfung wird längerfristig zur Akzeptanz der Einbürgerungen in den Kantonen und Gemeinden beitragen können.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die parlamentarische Initiative

Am 24. März 2006 reichte Nationalrat Ruedi Lustenberger eine parlamentarische Initiative zum Bürgerrechtsgesetz (06.414 n Änderung Bürgerrechtsgesetz. Nichtigkeitserklärung. Fristausdehnung) in Form einer allgemeinen Anregung ein. Die Initiative verlangt, Artikel 41 des Bürgerrechtsgesetzes1 (BüG) so zu ändern, dass die fünfjährige Frist für die Nichtigerklärung einer Einbürgerung, die durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen wurde, ausgedehnt wird.

Der Initiant begründete sein Anliegen damit, dass das zuständige Bundesamt für Migration derzeit rund 400 Fälle prüft, bei denen ein Missbrauch vermutet wird.

Speziell in Fällen von so genannten Scheinehen kann der Beweis des Missbrauchs vielfach erst zu einem späten Zeitpunkt erbracht werden. Die Erfahrung zeigt, dass die nach geltendem Recht fünfjährige Frist, innerhalb welcher eine Nichtigerklärung verfügt werden kann, in einzelnen Fällen zu kurz ist. Eine Ausdehnung dieser Frist liegt deshalb im Interesse einer konsequenten Missbrauchsbekämpfung.

1.2

Vorprüfung und Umsetzung durch die Staatspolitischen Kommissionen

Die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates prüfte die parlamentarische Initiative an ihrer Sitzung vom 4. Juli 2006 vor und gab ihr mit 13 zu 8 Stimmen Folge. Am 30. Oktober 2006 stimmte die SPK des Ständerates dem Antrag ihrer Schwesterkommission ohne Gegenantrag zu.

Die Kommissionen fällten ihren Entscheid in Kenntnis der Anzahl Verfahren, die das Bundesamt für Migration (BFM) seit 2001 neu eröffnet, sowie der Anzahl von Nichtigerklärungen und Verfahrenseinstellungen, die das BFM in diesem Zeitraum verfügt hat. In Anbetracht der Fallzahlen und von Beispielen offensichtlicher Missbrauchsfälle erachteten es die Kommissionen für nötig, das Instrumentarium zur Missbrauchsbekämpfung durch die von der parlamentarischen Initiative verlangte Fristerstreckung zu erweitern.

An ihrer Sitzung vom 28. Juni 2007 schickte die Kommission einen durch das Kommissionssekretariat und die Verwaltung vorbereiteten Vorentwurf in die Vernehmlassung. Aufgrund der mehrheitlich positiven Vernehmlassungsantworten verabschiedete sie am 30. November 2007 ihren Entwurf mit 12 zu 7 Stimmen zuhanden des Nationalrates. Eine Kommissionsminderheit beantragt, auf die Vorlage nicht einzutreten. Die beabsichtigte Fristausdehnung sei unnötig, da die Missbrauchsrate sehr gering sei und die geltende Frist von 5 Jahren für die Nichtigerklärung in der Regel ausreiche. Eine weitere Kommissionsminderheit will ebenfalls die geltende Frist von 5 Jahren beibehalten. Sie ist jedoch mit der vorgeschlagenen neuen Bestimmung einverstanden, wonach als Folge jeder Untersu1

SR 141.0

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chungshandlung eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen beginnen soll und die Fristen während eines Beschwerdeverfahrens stillstehen sollen.

In Anwendung von Artikel 127 des Parlamentsgesetzes behandelte die Nationalratskommission zusammen mit der Initiative eine Petition (06-18 Pet. Sensogiovane.ch, Dottikon. Einbürgerungen: 10-jähriges Moratorium), die neben einem 10-jährigen Moratorium für Einbürgerungen eine Verdoppelung der Frist für die Nichtigerklärung von fünf auf zehn Jahre verlangt. Die Kommission verzichtete darauf, die Forderungen der Petition im Sinne eines Antrags aufzunehmen.

1.3

Absichten des BFM und des Bundesrates

Die parlamentarische Initiative artikuliert den Regelungsbedarf, auf den das BFM bereits 2005 in seinem im Internet publizierten Bericht über hängige Fragen des Bürgerrechts2 hingewiesen hat. Der Bericht beschreibt einerseits die verschiedenen Formen von Missbrauch und stellt andererseits die bestehenden sowie mögliche neue Massnahmen zur Missbrauchsbekämpfung vor. Im Gegensatz zur parlamentarischen Initiative Lustenberger, welche die Frage des Ausmasses einer Fristerstreckung offen gelassen hat, schlägt der Bericht des BFM bereits die durch diese Vorlage anvisierte Fristerstreckung für die Nichtigerklärung von fünf auf acht Jahre vor.

Durch seinen Beschluss über die Jahresziele 20073 der Departemente und der Bundeskanzlei sah der Bundesrat bereits im November 2006 seine Stellungnahme zur parlamentarischen Initiative Lustenberger vor. Indem er am 8. März 2007 den Bürgerrechtsbericht des BFM ohne Änderungen zur Kenntnis nahm, signalisierte er indirekt auch sein materielles Einverständnis mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf.

1.4

Art und Ausmass des Missbrauchs

1.4.1

Missbräuchliche erleichterte Einbürgerungen

Weitaus am häufigsten werden Missbräuche im Bereich der 1992 eingeführten erleichterten Einbürgerung ausländischer Ehepartner von Schweizerinnen oder Schweizern festgestellt. Ehepartner müssen nicht wie andere Einbürgerungsbewerber einen zwölfjährigen Wohnsitz in der Schweiz vorweisen, bis sie ein Einbürgerungsgesuch stellen können. Sie können unter vereinfachten Voraussetzungen (fünf Jahre Wohnsitz in der Schweiz, davon das letzte Jahr vor der Gesuchstellung, sowie drei Jahre eheliche Gemeinschaft mit dem Schweizer Bürger) ein Gesuch um erleichterte Einbürgerung nach Artikel 27 BüG stellen.

Ein kleiner, aber nicht vernachlässigbarer Teil dieser Ehen wird von Anfang an ausschliesslich zur Sicherung des Aufenthaltes und mit dem Ziel geschlossen, zu einem späteren Zeitpunkt durch eine erleichterte Einbürgerung das Schweizer Bür2 3

Bericht des Bundesamtes für Migration über hängige Fragen des Bürgerrechts vom 20. Dezember 2005, S. 61 f.

Jahresziele 2007 der eidgenössischen Departemente und der Bundeskanzlei (Bundesratsbeschluss vom 29. November 2006), S. 13

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gerrecht zu erlangen. Ein typischer Missbrauchsfall liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Asylbewerber, der kurz nach der Ablehnung seines Asylgesuches eine wesentlich ältere Schweizerin geheiratet hat und sich damit der Wegweisung entziehen konnte, sich nach drei Jahren Ehe und fünf Jahren Wohnsitzdauer in der Schweiz als ausländischer Ehegatte einer Schweizerin erleichtert einbürgern, kurz danach von seiner schweizerischen Ehefrau wieder scheiden lässt und sich bald darauf wieder mit einer Staatsangehörigen aus seinem Herkunftsland verheiratet.

Das Bundesgericht geht davon aus, dass eine eheliche Gemeinschaft im Sinne von Art. 27 BüG nicht nur das formelle Bestehen einer Ehe, sondern eine tatsächliche Lebensgemeinschaft voraussetzt. Eine solche Gemeinschaft kann nur bejaht werden, wenn der gemeinsame Wille zu einer stabilen ehelichen Gemeinschaft intakt ist (BGE 130 II 169 E. 2.3.1).

Vor jeder erleichterten Einbürgerung ausländischer Ehepartner von Schweizerinnen und Schweizern stellen die Behörden deshalb beiden Ehepartnern eine Erklärung betreffend die eheliche Gemeinschaft zu. Darin müssen beide Ehegatten bestätigen, dass sie in einer tatsächlichen, ungetrennten, stabilen ehelichen Gemeinschaft an derselben Adresse zusammenleben und dass weder Trennungs- noch Scheidungsabsichten bestehen. Dieses Vorgehen ermöglicht es dem Bund, die erleichterte Einbürgerung nicht vorzunehmen, wenn nicht beide Ehepartner die Erklärung unterschreiben können. In der Erklärung wird die Bewerberin oder der Bewerber zudem darauf aufmerksam gemacht, dass die Einbürgerung bei falschen Angaben innert fünf Jahren nach Artikel 41 BüG nichtig erklärt werden kann.

1.4.2

Zum Ausmass der Problematik

Das BFM hat zur Überprüfung der Rechtmässigkeit von Einbürgerungen in den letzten zehn Jahren durchschnittlich ca. 100 Verfahren pro Jahr eröffnet. Im Jahr 2006 waren es mehr als 130 Verfahren, welche eröffnet werden mussten. Überprüft werden somit zurzeit mehr als 1 Prozent der jährlich rund 10 000 erleichterten Einbürgerungen, wobei der Anteil der Nichtigerklärungen 2006 rund 0,5 % betrug.

Im Moment ist das BFM daran, ca. 500 mutmassliche Missbrauchsfälle zu überprüfen. Darunter gibt es rund 400 Fälle, in denen ein Verfahren nach Artikel 41 BüG eröffnet wurde oder nächstens eröffnet wird.

Eine genaue statistische Auswertung über die hängigen Verfahren ist beim BFM zurzeit noch nicht möglich, weil das Amt noch über kein EDV-System verfügt, welches eine präzise Erfassung und Auswertung sämtlicher Daten des Bundes erlauben würde. Deshalb sah das BFM bislang von der Publikation entsprechender offizieller Statistiken ab. Nichtigerklärungen, welche durch die Kantone verfügt wurden, werden dem BFM üblicherweise nicht gemeldet, weshalb es hierüber keine Statistiken gibt. Allerdings ist davon auszugehen, dass Nichtigerklärungen durch die Kantone sehr selten sind, da sie ordentliche Einbürgerungen betreffen, welche von Missbräuchen in der Regel nicht betroffen sind. Ein neues Informationssystem, das einen genaueren Überblick ermöglichen wird, kann voraussichtlich im Jahre 2008 in Betrieb genommen werden. Die Anzahl der vom Bundesamt selbst in den letzten Jahren eröffneten Verfahren und verfügten Nichtigerklärungen sowie der Verfahrenseinstellungen können indessen beziffert werden:

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Von 2003­2006 leitete das BFM insgesamt 638 Verfahren ein (2003: 140; 2004: 116; 2006: 133), wobei im Jahr 2005 der bisherige Höchststand von 249 neu eingeleiteten Verfahren erreicht wurde. Die markante Steigerung im Jahre 2005 ist darauf zurückzuführen, dass das Amt der Missbrauchsbekämpfung eine höhere Priorität einräumte. Da etliche Fälle zu verjähren drohten, setzte das BFM zusätzliches Personal ein, um gezielt zusätzliche Verfahren zu eröffnen. In den letzten vier Jahren verfügte das Amt 158 Nichtigerklärungen (2003: 41; 2004: 36; 2005: 29; 2006: 52).

Definitiv eingestellt wurden zwischen 2003 und 2006 insgesamt etwas mehr als 300 Verfahren, wovon ein Drittel auf das Jahr 2006 entfielen.

Wie die Zahlen zeigen, ist bei den erschlichenen Einbürgerungen nicht von einem Massenphänomen auszugehen. Dennoch bedarf die Missbrauchsbekämpfung besserer Instrumente, da eine konsequente Missbrauchsbekämpfung einen wichtigen Beitrag zur Akzeptanz der Einbürgerungen in den Kantonen und Gemeinden leistet.

1.5

Nichtigerklärung nach geltendem Recht

Nach dem heutigen Artikel 41 Absatz 1 BüG kann eine Einbürgerung vom Bundesamt mit Zustimmung der Behörde des Heimatkantons innert fünf Jahren nichtig erklärt werden, wenn sie durch falsche Angaben oder Verheimlichung erheblicher Tatsachen erschlichen worden ist. Die Bestimmung bezweckt die Bekämpfung von Missbräuchen im Bereiche des Erwerbs des Schweizer Bürgerrechts. Artikel 41 BüG ist als «Kann-Bestimmung» eine Ermessensbestimmung, die es erlaubt, den gesamten Umständen eines Falles Rechnung zu tragen.

Artikel 41 BüG findet jeweils insbesondere dann Anwendung, wenn ein Ausländer als Ehepartner einer Schweizerin oder eine Ausländerin als Ehegattin eines Schweizers nach Artikel 27 BüG erleichtert eingebürgert worden ist und sich im Nachhinein herausstellt, dass sich die eingebürgerte Person die Einbürgerung erschlichen hat. Die erleichterte Einbürgerung nach Artikel 27 BüG setzt aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung das Bestehen einer tatsächlichen, stabilen ehelichen Gemeinschaft voraus. Massgebend ist hiefür vor allem der auf die Zukunft gerichtete Wille des eingebürgerten Ehepartners, eine tatsächliche Ehe zu führen. Bestehen Anzeichen für eine Scheinehe oder eine Ehe, welche keine Lebensgemeinschaft mehr darstellt, kann die Einbürgerung nicht erfolgen. Werden solche Hinweise erst nach der Einbürgerung bekannt und sind sie glaubhaft, leitet das Bundesamt für Migration gegen die betroffene Person jeweils ein Verfahren betreffend Nichtigerklärung der Einbürgerung ein. Hinweise auf solche Fälle erhält der Bund im Regelfall vom Kanton selber, von der Einwohnergemeinde, dem Zivilstandsamt oder vom schweizerischen Ehepartner.

Nichtigkeitsverfahren sind sehr aufwändig, gilt es doch, den Beweis dafür zu erbringen, dass sich die eingebürgerte Person das Schweizer Bürgerrecht, beispielsweise in der Folge einer Scheinehe, erschlichen hat. Das Bundesamt nimmt hierzu in die Akten des Ehescheidungsverfahrens Einsicht. Beigezogen werden können bei Bedarf auch die Akten des kantonalen Migrationsamtes und eines allfälligen früheren Asylverfahrens der betroffenen Person. Sodann werden die schweizerischen Ex-Ehegatten und gegebenenfalls weitere Personen im Auftrag des Bundesamtes von den kantonalen Behörden befragt. Den von einer allfälligen Nichtigerklärung ihrer Einbürgerung betroffenen Personen wird im Verfahren mehrmals das rechtliche Gehör gewährt. Vor einer Nichtigerklärung holt das Bundesamt die Zustim1282

mung des jeweiligen Heimatkantons ein. Diese komplexen Verfahren können mehrere Jahre lang dauern.

Eine Nichtigerklärung wirkt so, als ob die Einbürgerung nie erfolgt wäre. Wird eine Einbürgerung nichtig erklärt, wird der oder die Betroffene somit nicht staatenlos, sondern erlangt die frühere Staatsangehörigkeit ­ falls er diese durch die Einbürgerung verloren hat ­ wieder. Nach dem bereits heute geltenden Artikel 41 Absatz 3 BüG erstreckt sich die Nichtigkeit auf alle Familienglieder, deren Schweizer Bürgerrecht auf der nichtigerklärten Einbürgerung beruht, sofern nicht ausdrücklich anders verfügt. In Härtefällen ist es somit möglich, die Kinder von der Nichtigerklärung auszunehmen, zum Beispiel dann, wenn diese seit sehr langer Zeit in der Schweiz wohnen, bestens integriert sind und die Mehrheit ihrer Schulbildung in unserem Land absolviert haben.

1.6

Neue Instrumente im Zivilgesetzbuch

Mit der Zustimmung zum neuen Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer4 in der Volksabstimmung vom 24. September 2006 haben die Stimmberechtigten gleichzeitig einer Teilrevision des Zivilgesetzbuches5 (ZGB) zugestimmt. Mit der neuen Regelung soll auch das Missbrauchspotenzial bei erleichterten Einbürgerungen verringert werden, indem die Behörden bereits missbräuchlichen Eheschliessungen zwischen schweizerischen und ausländischen Staatsangehörigen vorbeugen können.

So verpflichtet ein neuer Artikel die Zivilstandsbeamtinnen und -beamten, auf ein Ehegesuch nicht einzutreten, wenn das Brautpaar offensichtlich keine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Bestimmungen über den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländer umgehen will. Zur näheren Prüfung des Sachverhaltes können die Zivilstandsbeamten bei anderen Behörden oder bei Drittpersonen Auskünfte einholen (Art. 97a ZGB). Falls sich die Vermutung erhärtet, dass einer der Ehegatten nicht eine Lebensgemeinschaft begründen, sondern die Bestimmungen des Ausländerrechts umgehen will, liegt ein Ungültigkeitsgrund vor (Art. 105 Ziff. 4 ZGB). Die Wirksamkeit der neuen Bestimmungen in Bezug auf Missbräuche bei den erleichterten Einbürgerungen wird indessen erst in einigen Jahren beurteilt werden können.

1.7

Ergebnisse der Vernehmlassung

Von den sechsundzwangzig Kantonen sprach sich die überwiegende Mehrheit für die vorgeschlagene Änderung von Artikel 41 BüG aus. Lediglich fünf Kantone (BS, GE, NE, ZG und ZH) lehnten die beabsichtigte Gesetzesänderung ab. Von den fünf in der Bundesversammlung vertretenen Parteien, die sich zum Gesetzesentwurf äusserten, befürworteten drei Parteien (SVP, FDP und CVP) die Vorlage während sich zwei Parteien (SPS und GPS) dagegen aussprachen. Schliesslich befürworteten drei Dachverbände (Konferenz der kantonalen Aufsichtsbehörden für das Zivilstandswesen, Schweizerischer Verband für das Zivilstandswesen sowie Schweize4 5

SR 142.20 (Inkrafttreten: 1. Januar 2008) SR 210

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rischer Gemeindeverband) den Gesetzesentwurf, während ihn 13 weitere Verbände, Gewerkschaften und Organisationen ablehnten.

2

Grundzüge der Vorlage

Zwar erlaubt es das geltende Recht, eine Einbürgerung innert fünf Jahren nichtig zu erklären. Nicht gelöst ist aber die Problematik insbesondere derjenigen krassen Missbrauchsfälle, die erst kurz vor oder erst nach Ablauf dieser Frist bekannt werden. Wird dem Bundesamt ein Missbrauch erst mehrere Jahre nach der Einbürgerung bekannt, kann die Nichtigerklärung aufgrund des komplexen Verfahrens unter Umständen nicht mehr rechtzeitig ­ das heisst vor Ablauf der gesetzlichen Frist von fünf Jahren ­ erfolgen.

Insbesondere für solche Fälle will die SPK mit ihrer neuen Regelung die Möglichkeit schaffen, eine Einbürgerung auch über die heute vorgesehene Frist von fünf Jahren hinaus nichtig erklären zu können. Nach der Erfahrung des BFM erscheint eine Fristerstreckung auf acht Jahre, wie sie in seinem Bericht über hängige Fragen des Bürgerrechts vorgeschlagen und vom Bundesrat unterstützt wird, als sinnvoll.

Da die Kommission die im Bericht skizzierte Stossrichtung begrüsst, nimmt sie diesen Vorschlag in ihre Vorlage auf.

Flankierend zur Fristerstreckung schlägt die SPK die Einführung einer differenzierten Verjährungsregelung vor. Diese sieht vor, dass nach jeder Untersuchungshandlung die Verjährungsfrist neu beginnt und im Falle einer Beschwerde automatisch stillsteht.

3

Erläuterung der Gesetzesänderungen

Art. 41 Abs. 1 und 1bis Der heute geltende Artikel 41 Absatz 1 BüG soll im Grundsatz bestehen bleiben; die in dieser Bestimmung bisher enthaltene Fünfjahresfrist, innert welcher eine Einbürgerung annulliert werden kann, soll jedoch gestrichen werden. Neu soll Artikel 41 BüG um einen Absatz 1bis erweitert werden, der eine differenzierte Regelung der Verjährungsfrist enthält.

Der neue Artikel 41 Absatz 1bis hält fest, dass die Einbürgerung innert zwei Jahren, nachdem das Bundesamt vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, spätestens jedoch innert acht Jahren nach dem Erwerb des schweizerischen Bürgerrechts nichtig erklärt werden kann. Nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, beginnt eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen. Der Begriff «Untersuchungshandlung» umfasst jede durch die Behörde getroffene Instruktionsmassnahme im Hinblick auf die Untersuchung eines Falles. Da nur die der Partei eröffneten Untersuchungshandlungen massgebend sind, umfasst der Kreis der relevanten Handlungen vor allem die Massnahmen zur Feststellung des Sachverhalts (vgl. Art. 12 ff. des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG)6) sowie die Massnahmen, die es der 6

SR 172.021

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Partei ermöglichen, sich im Rahmen der Ausübung ihres rechtlichen Gehörs zu äussern. Damit eine Untersuchung durch eine allfällige Beschwerde (beispielsweise durch eine Aufsichtsbeschwerde) nicht verzögert werden kann, soll die Verjährungsfrist während des Beschwerdeverfahrens still stehen.

Die Bestimmung soll es Bund und Kantonen ermöglichen, Einbürgerungen in Zukunft nicht wie bisher innert fünf, sondern neu innert acht Jahren nach dem Erwerb des Schweizer Bürgerrechts nichtig erklären zu können. Damit wird es möglich, klare Missbrauchsfälle, von welchen die Behörden erst einige Jahre nach der Einbürgerung Kenntnis erhalten, auch dann noch ahnden zu können, wenn die heute im Gesetz vorgesehene Fünfjahresfrist verstrichen ist. Im Weiteren sollten Nichtigkeitsverfahren nicht unnötig verzögert werden. Das Bundesamt sollte allfällige Verfahren nach Möglichkeit innert zwei Jahren, nachdem es vom rechtserheblichen Sachverhalt Kenntnis erhalten hat, abschliessen. Wegen der Komplexität der Verfahren wird dies jedoch nicht immer möglich sein; aus diesem Grund beginnt nach jeder Untersuchungshandlung, die der eingebürgerten Person mitgeteilt wird, eine neue zweijährige Verjährungsfrist zu laufen.

Artikel 41 Absatz 1bis BüG gilt auch für Nichtigerklärungen von ordentlichen Einbürgerungen durch Kantone, da der diesbezügliche, geltende Artikel 41 Absatz 2 BüG festhält, dass die Einbürgerung nach den Artikeln 12­17 auch von der kantonalen Behörde nichtig erklärt werden kann.

4

Auswirkungen

4.1

Finanzielle und personelle Auswirkungen

4.1.1

Auf den Bund

Die Erstreckung der Verjährungsfrist bei Artikel 41 BüG von fünf auf acht Jahre wird eine gewisse Zunahme der Verfahren zur Folge haben, die jedoch zahlenmässig von geringer Bedeutung sein wird und somit keine finanziellen und personellen Auswirkungen zur Folge haben dürfte. Die Nichtigerklärung kann neu insbesondere in krassen Fällen auch nach Ablauf der heutigen Fünfjahresfrist verfügt werden.

Dabei dürfte es sich jedoch nicht um sehr viele zusätzliche Fälle handeln, da die weitaus meisten Fälle innert fünf Jahren nach erfolgter Einbürgerung abgehandelt werden können.

4.1.2

Auf die Kantone und Gemeinden

Was unter Ziffer 4.1.1 ausgeführt wurde, gilt sinngemäss auch für die Kantone und Gemeinden.

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5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Vorlage steht in Übereinstimmung mit dem europäischen Recht, insbesondere mit dem Europäischen Übereinkommen vom 6. November 1997 über die Staatsangehörigkeit, dem die Schweiz jedoch bisher nicht beigetreten ist.

6

Verfassungsmässigkeit

Die in dieser Vorlage vorgeschlagenen Änderungen des Bürgerrechtsgesetzes haben ihre verfassungsmässige Grundlage in Artikel 38 Absatz 1 BV.

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