08.004 Jahresbericht 2007 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 25. Januar 2008

«Die eigentliche Funktion einer Repräsentativversammlung besteht nicht darin, die Arbeit der Regierung selbst zu verrichten, (...) sondern darin, die Regierung zu überwachen und zu kontrollieren, die volle Öffentlichkeit aller Regierungshandlungen herzustellen, deren Offenlegung und Rechtfertigung zu erzwingen, sobald sie irgend jemandem bedenklich erscheinen, und sie zu kritisieren, falls sie sich als verurteilenswert herausstellen (...)» John Stuart Mill, Betrachtungen über die repräsentative Demokratie, 1862, S. 101.

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir beehren uns, Ihnen gestützt auf Artikel 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2007 zu unterbreiten und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Folgen, die den Empfehlungen der Kommissionen und der Delegation gegeben wurden. Dabei wird ebenfalls versucht, deren Wirkung zu beurteilen.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

25. Januar 2008

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Die Präsidenten: Pierre-François Veillon, Nationalrat Hans Hess, Ständerat

2008-0422

5061

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

5065

1 Einleitung

5071

2 Auftrag und Organisation 2.1 Aufgaben und Kompetenzen der GPKs 2.1.1 Aufgaben 2.1.2 Aufsichtsbereich 2.1.3 Informationsrechte und Zuständigkeiten 2.2 Organisation der Arbeiten und Überblick über die behandelten Geschäfte

5074 5074 5074 5075 5075

3 Ausgewählte Themen 3.1 Wirtschafts- und Finanzpolitik 3.1.1 Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr 3.1.2 Zugriff der amerikanischen Behörden auf die Daten der internationalen Finanztransaktionen der Swift 3.1.3 Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods 3.1.4 Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank 3.2 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.2.1 Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge 3.2.2 Jahresberichte über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG 3.2.3 Transparenz bei der Prämienfestsetzung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung 3.2.4 Die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG 3.2.5 Leistungsbestimmung und -überprüfung in der obligatorischen Krankenversicherung 3.3 Forschung, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft 3.3.1 Eidgenössische Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau 3.3.2 Steuerung der Ressortforschung des Bundes 3.4 Umwelt, Verkehr und Infrastruktur 3.4.1 Umsetzung des Artikels 84 der Bundesverfassung (alpenquerender Transitverkehr) 3.4.2 Umgang des Bundes mit Naturgefahren 3.4.3 Sicherheit in der Zivilluftfahrt 3.4.4 Luftraumbewirtschaftung Zürich 3.4.5 SAirGroup 3.5 Internationale Beziehungen und Aussenhandel 3.5.1 Kohärenz und strategische Führung der Tätigkeiten der Deza 3.5.2 Humanitäre Hilfe der Deza in Sri Lanka nach dem Tsunami 3.5.3 Visaerteilung durch die Auslandvertretungen der Schweiz 3.5.4 Personalpolitik in den Karrierediensten und Organisation des Aussendienstes im EDA 3.5.5 Konsularischer Schutz und Krisenmanagement im EDA

5083 5083 5083

5062

5077

5084 5087 5088 5089 5089 5092 5093 5093 5094 5095 5095 5096 5097 5097 5098 5099 5100 5101 5102 5102 5103 5103 5105 5106

3.6

3.7

3.8

3.9

3.5.6 Zivile Friedensförderung 3.5.7 Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung Staat und Verwaltung 3.6.1 Personalpolitik des Bundes 3.6.2 Corporate Governance 3.6.3 Verwaltungsreform 3.6.4 Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung 3.6.5 Geschäftsprüfungsaudit beim Bundesamt für Sport 3.6.6 Optimierungspotential beim Management der zivilen Immobilien des Bundes Justizwesen 3.7.1 Errichtung eines Controllingverfahrens am Bundesgericht 3.7.2 Informatik an den Eidgenössischen Gerichten 3.7.3 Konsultation zum Reglement des Bundesgerichts 3.7.4 Beschwerdeverfahren zur Vergabe der Bahntechnik für den Gotthard-Basistunnel (Neat) 3.7.5 Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht 3.7.6 Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes 3.7.7 Nachfolgeuntersuchung zur Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes Sicherheit 3.8.1 Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung 3.8.2 Verteidigungsattachés 3.8.3 Rüstungsbeschaffung im VBS Staatsschutz und Nachrichtendienste 3.9.1 Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel 3.9.2 Zusammenarbeit und Führung der Nachrichtendienste 3.9.3 Funkaufklärungssystem des VBS «Onyx» 3.9.4 Affäre um den Informanten im Islam-Zentrum Genf 3.9.5 Wirksamkeitskontrolle im Nachrichtendienst 3.9.6 Informationssysteme der Nachrichtendienste, der Polizei und der Armee 3.9.7 Bericht über die innere Sicherheit der Schweiz: Anwendung von Artikel 27 Absatz 1 BWIS 3.9.8 Informationen des DAP zum türkischen Verein «Graue Wölfe»

4 Geschäftsberichte 2006 und weitere Berichte 4.1 Geschäftsbericht 2006 des Bundesrats 4.2 Geschäftsbericht 2006 des Bundesgerichts 4.3 Geschäftsbericht 2006 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts 4.4 Geschäftsbericht 2006 des Bundesstrafgerichts 4.5 Weitere von den GPKs behandelte Berichte

5107 5109 5111 5111 5112 5113 5114 5117 5118 5120 5120 5121 5125 5127 5127 5129 5134 5136 5136 5138 5139 5141 5141 5143 5147 5150 5153 5155 5158 5160 5161 5161 5163 5164 5165 5166

5063

5 Weitere Arbeiten 5.1 Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat (Pa. Iv. 07.463) 5.2 Anforderungen der Geschäftsprüfungskommissionen an den jährlichen Geschäftsbericht des Bundesrats Anhang Jahresbericht 2007 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle

5064

5167 5167 5168

5171

Abkürzungsverzeichnis AB Abs.

AG AHV APK ARAMIS Art.

AS AsylG ATSG AufRBGer

AVO BAG Baspo Bazl BBl BBL BFM BFT BFU BGE BGer BGerR BGG BIT BJ BK BKB BKP BoeB

Amtliches Bulletin Absatz Aktiengesellschaft Alters- und Hinterlassenenversicherung Aussenpolitische Kommission Administration Research Action Management Information System Artikel Amtliche Sammlung des Bundesrechts Asylgesetz vom 26.6.1998 (SR 142.31) Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1) Reglement des Bundesgerichts vom 11.9.2006 betreffend die Aufsicht über das Bundesstrafgericht und das Bundesverwaltungsgericht (SR 173.110.132) Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (SR 961.011) Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Sport Bundesamt für Zivilluftfahrt Bundesblatt Bundesamt für Bauten und Logistik Bundesamt für Migration Bildung, Forschung und Technologie (Steuerungsausschuss) Büro für Flugunfalluntersuchungen Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts (Amtliche Sammlung) Bundesgericht Reglement vom 20.11.2006 für das Bundesgericht (SR 173.110.131) Bundesgesetz vom 17.6.2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, SR 173.110) Bundesamt für Informatik Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Beschaffungskommission des Bundes Bundeskriminalpolizei Bundesgesetz vom 16.12.1994 über das öffentliche 5065

BPG BPI BPV Bst.

BStGer BStP BSV BV BVG BVGer BWIS bzw.

CfRR CIG d.h.

DAP Deza DINT DSG EBK EDA EDÖB EDI EDV EFD EffVor EFK EFV eidg.

EJPD EMRK

EPA

5066

Beschaffungswesen (SR 172.056.1) Bundespersonalgesetz vom 24.3.2000 (SR 172.220.1) Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes vom 24.5.2006 (BBl 2006 5061) Bundesamt für Privatversicherungen Buchstabe Bundesstrafgericht Bundesgesetz vom 15.6.1934 über die Bundesstrafrechtspflege (SR 312.0) Bundesamt für Sozialversicherung Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (SR 101) Bundesgesetz vom 25.6.1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40) Bundesverwaltungsgericht Bundesgesetz vom 21.3.1997 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120) beziehungsweise Cash for Repair and Reconstruction Centre Islamique de Genève (Genfer Islam-Zentrum) das heisst Dienst für Analyse und Prävention Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Dienst für Informatik und neue Technologien Bundesgesetz vom 19.6.1992 über den Datenschutz (SR 235.1) Eidgenössische Bankenkommission Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössisches Departement des Innern Elektronische Datenverarbeitung Eidgenössisches Finanzdepartement Effizienzvorlage Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössische Finanzverwaltung eidgenössisch/(e) Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (Europäische Menschenrechtskonvention; SR 0.101) Eidgenössisches Personalamt

ESK etc.

ETH ETHZ EU EVD EVG fedpol f.

FAB FEKAR ff.

FG FinDel FK FK-N FKs FLAG GPDel GPK-N GPKs GPK-S GRN GRS GSK HGVAnG

IGE ISIS IT ITF IV IVG IWF JStG

Eidgenössische Sportkommission et cetera Eidgenössische Technische Hochschule Eidgenössische Technische Hochschule Zürich Europäische Union Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössisches Versicherungsgericht Bundesamt für Polizei folgende Functional Airspace Block (grenzüberschreitender funktionaler Luftraumblock) Föderation der Kurdischen Arbeiter- und Kulturvereine in der Schweiz fortfolgende Bundesgesetz vom 7.10.1983 über die Forschung (SR 420.1) Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Finanzkommission Finanzkommission des Nationalrates Finanzkommissionen Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget Geschäftsprüfungsdelegation Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats Geschäftsprüfungskommissionen Geschäftsprüfungskommission des Ständerats Geschäftsreglement des Nationalrats vom 3.10.2003 (SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerats vom 20.6.2003 (SR 171.14) Generalsekretärenkonferenz Bundesgesetz vom 18.3.2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische EisenbahnHochleistungsnetz (SR 742.140.3) Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem Informationstechnik Türkisch-Idealistische Islamvereine der Schweiz Invalidenversicherung Bundesgesetz vom 19.6.1959 über die Invalidenversicherung (SR 831.20) Internationaler Währungsfonds Bundesgesetz vom 20.6.2003 über das Jugendstrafrecht (SR 311.1) 5067

Kap.

KMG KMV KPA KRK KS-IO KVF-S KVFs KVG MG MIG MKG Mo.

N NAD NBG Neat NFA NLR OECD OKP Onyx PA ParlG PEK PublV PVK PVBger

5068

Kapitel Bundesgesetz vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (SR 514.51) Verordnung vom 25.2.1998 über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialverordnung; SR 514.511) Konferenz der Präsidien der Aufsichtskommissionen und delegationen Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom 20.11.1989 (Kinderrechtskonvention, SR. 0.107) Konzeptionsstudie über zukünftige Informationsoperationen der Armee Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen Bundesgesetz vom 18.3.1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10) Bundesgesetz vom 8.9.1993 über die Armee und die Militärverwaltung (SR 510.10) Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme (Entwurf des Bundesrats) Militärkassationsgericht Motion Nationalrat Neat-Aufsichtsdelegation Bundesgesetz vom 3.10.2003 über die Schweizerische Nationalbank (Nationalbankgesetz; SR 951.11) Neue Eisenbahn-Alpentransversale Neugestaltung des Finanzausgleichs Stichting Nationaal Lucht- en Ruimtevaartlaboratorium (niederländisches Luft- und Raumfahrtinstitut) Organisation für Wirtschaftszusammenarbeit und Entwicklung Obligatorische Krankenpflegeversicherung Satellitenaufklärungssystem des VBS Politische Abteilung Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Programm Evaluation in der Komplementärmedizin Verordnung vom 17.11.2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und des Bundesblatts (SR 170.512.1) Parlamentarische Verwaltungskontrolle Personalverordnung vom 27.8.2001 des Bundesgerichts (SR 172.220.114)

RIPOL RK-N Ruag RVOG s.

Safir SBB SECO SES SG SGG SGK-N SiA SiK SIL simap.ch SIS SNB SND SO SPK-S SR SR StGB Stv.

Swift Swissmedic u.a.

UAC-CH UKI UNO URA USA UVEK

Automatisiertes Fahndungsregister der Polizei Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats Rüstungsunternehmen des Bundes Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (SR 172.010) siehe Projekt «Safety First» zur Verbesserung der Luftfahrtsicherheit Schweizerische Bundesbahnen Staatssekretariat für Wirtschaft Single European Sky St. Gallen Bundesgesetz vom 4.10.2002 über das BStG (SR 173.71) Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats Sicherheitsausschuss des Bundesrats Sicherheitspolitische Kommission Sachplan Infrastruktur Luftfahrt Informationssystem über das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz Schengener Informationssystem Schweizerische Nationalbank Strategischer Nachrichtendienst Solothurn Staatspolitische Kommission des Ständerates Ständerat Systematische Rechtssammlung Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21.12.1937 (SR 311.0) Stellvertretende/r Socitey for Worldwide Interbank Financial Telecommunication Schweizerisches Heilmittelinstitut unter anderem Upper Area Control Center Switzerland (Projekt von Skyguide zur Zusammenführung des oberen Luftraums) Unabhängige Kontrollinstanz Vereinte Nationen Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt United States of America (Vereinigte Staaten) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation

5069

VAG VBS VE VEKF VGG VGR vgl.

VND

VP VPB VVWA VWIS VwOG

WAK-S WBKs z.B.

Ziff.

5070

Bundesgesetz vom 17.12.2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (SR 961.01) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport verdeckter Ermittler Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegführung (SR 510.292) Bundesgesetz vom 17.6.2005 über das Bundesverwaltungsgericht (SR 173.32) Geschäftsreglement vom 11.12.2006 für das Bundesverwaltungsgericht (SR 173.320.1) vergleiche Verordnung vom 26.9.2003 über die Nachrichtendienste im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung VBS; SR 510.291) Vertrauensperson/(en) Verwaltungspraxis der Bundesbehörden Verordnung vom 11.8.1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen (SR 142.281) Verordnung vom 27.6.2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120.2) Bundesgesetz über die Organisation und die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung vom 19. September 1978 (Verwaltungsorganisationsgesetz, VwOG; AS 1979 114, 1983 170 931 Art. 59 Ziff. 2, 1985 699, 1987 226 Ziff. II 2 808, 1989 2116, 1990 3 Art. 1 1530 Ziff. II 1 1587 Art. 1, 1991 362 Ziff. I, 1992 2 Art. 1 288 Anhang Ziff. 2 510 581 Anhang Ziff. 2, 1993 1770, 1995 978 4093 Anhang Ziff. 2 4362 Art. 1 5050 Anhang Ziff. 1, 1996 546 Anhang Ziff. 1 1486 1498 Anhang Ziff. 1) Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur zum Beispiel Ziffer

Bericht 1

Einleitung

Die zahlreichen Bilanzen, die zu Ende der Legislatur 2003­2007 erschienen, wiesen einstimmig auf die wachsende Polarisierung in der Politik und auf die Verhärtung der Beziehungen zwischen Legislative und Exekutive hin. Gleichzeitig wurde in dieser Legislatur das neue Parlamentsgesetz1 eingeführt, das mehrere materielle Innovationen beinhaltet. Laut dem Parlamentsgesetz erhalten die parlamentarischen Kommissionen insbesondere die Befugnis, auf Informationen des Bundesrates und der Bundesverwaltung zuzugreifen, sofern sie diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Bei den Aufsichtskommissionen bestimmt künftig die kontrollierende Stelle und nicht mehr die kontrollierte Stelle, welche Informationen für die Durchführung der Kontrolle notwendig sind. Dabei sei am Rande erwähnt, dass das Parlamentsgesetz zwar einen Rahmen für den Zugang der Geschäftsprüfungskommissionen (GPKs) zu den Informationen des Bundesrates und der Bundesverwaltung vorschreibt, dass aber die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) in dieser Hinsicht uneingeschränkte Befugnisse besitzt.

Im Rückblick ist festzustellen, dass die Legislatur zum einen durch die neue Dynamik mit der Einführung des Parlamentsgesetzes und zum anderen durch Spannungen wegen der Polarisierung in der Politik geprägt war. Aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht stellt sich die Frage, ob dieser Hintergrund Folgen hatte und wenn ja, auf welcher Ebene.

Der Überblick über den Zeitraum 2003­2007 zeigt, dass die GPKs ohne nennenswerte Probleme zahlreiche Inspektionen abgeschlossen und mehrere Berichte unter Dach und Fach gebracht haben. Die Untersuchung der Aufsichtsgeschäfte lässt Folgendes ersehen: Erstens wurde die parlamentarische Aufsicht über die Eidgenössischen Gerichte verschärft; das belegen die Einführung des Controlling-Verfahrens beim Bundesgericht und die Veranlassung einer Kontrolle der IT-Ausstattung der Gerichte in Zusammenarbeit mit den Finanzkommissionen. Heute sind die Befugnisse der GPKs gegenüber den Gerichten an einen Punkt angelangt, den sie bislang noch nie erreicht haben. Diese Entwicklung bedingt, dass die GPKs die Grenzen ihres Auftrags festlegen, weil eine zu strenge Aufsicht das Gleichgewicht zwischen den Gewalten beeinträchtigen kann. Zweitens ist festzustellen, dass die komplexesten Themen, mit denen sich die GPKs
befasst haben, nicht so sehr die öffentliche Politik, sondern überwiegend die Beziehungen zwischen dem Parlament und der Regierung betreffen. So widmeten sich die GPKs anlässlich des Seminars 2007 der Auslagerung von Aufgaben des Bundes und den diesbezüglichen Rollen von Parlament und Regierung: Wie versteht der Bundesrat seine Rolle als Eigentümer und wie verwaltet er die Unternehmen des 3. und des 4. Kreises, die sich puncto Merkmale und Aufgaben stark unterscheiden? Welche Rolle spielt das Parlament und in welchem Umfang ist es involviert? Wie lässt sich angesichts der heterogenen Organisations- und Betriebsstrukturen eine gerechte Oberaufsicht ausüben? Das Seminar der GPKs liess zwar zahlreiche Fragen unbeantwortet, aber erlaubte doch eine offene Diskussion mit den Vertretern des Bundesrates, die im Laufe des Jahres mehrmals fortgesetzt wurde. In einem Punkt herrscht offenbar Einstimmigkeit: Das 1

Bundesgesetz vom 13.12.2002 über die Bundesversammlung (ParlG; SR 171.10).

5071

Verfahren der Auslagerung von Bundesaufgaben schränkt den Zuständigkeitsbereich des Parlaments und der GPKs ein.

Das besondere Augenmerk, das den Regierungsthemen in der Oberaufsichtstätigkeit zukommt, zeigt sich in weiteren Geschäften, z. B. in der Verwaltungsreform und in mehreren Untersuchungen betreffend das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS): Verteidigungsattachés, Umsetzung der Armee XXI und Rüstungsbeschaffung. Im gleichen Zusammenhang sind auch die Inspektion über die Kohärenz und strategische Führung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza), die Beurteilung der Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach dem Krankenversicherungsgesetz2 oder die Untersuchung der Strafverfolgungsbehörden des Bundes zu nennen. Die GPDel beschäftigte sich besonders mit der Frage der Koordination des Inland- und Auslandnachrichtendienstes des Bundes.

Die Arbeit der GPKs zu diesen Themen stiess bei betroffenen Behörden nicht immer auf grosse Resonanz. So zeigten beispielsweise die Gespräche über die Verwaltungsreform zwischen den GPKs und dem bundesrätlichen Ausschuss, dass die von der Regierung beschlossenen Reformen trotz der guten Ergebnisse bei mehreren Projekten nicht den ursprünglichen Forderungen des Parlaments entsprachen. Die nachdrücklichen Plädoyers für eine echte Reform stiessen auf taube Ohren und die GPKs beurteilen die bislang vorgenommenen Veränderungen nach wie vor skeptisch.

Die Empfehlungen der GPDel zur Koordination des Inland- und Auslandnachrichtendienstes stiess beim Bundesrat wiederholt auf Widerstand. Schliesslich beschloss die GPDel, mit einer parlamentarischen Initiative tätig zu werden.

Die Schwierigkeiten bei der Ausübung der Oberaufsicht zu einem bestimmten Thema ergeben sich in der Regel aus den in Art und Umfang unterschiedlichen Erwartungen der verschiedenen Beteiligten. Deshalb ist es wesentlich, die Dialogbereitschaft zu wahren, damit sich die Überzeugungskraft gegen die Konfrontation durchsetzt und die übergeordneten Interessen des Staates über alle sonstigen Erwägungen die Oberhand gewinnen. Das Parlament und die Regierung müssen sich vor allem gegenseitig Vertrauen schenken. In dieser Hinsicht haben die jüngeren Erfahrungen gezeigt, dass das Verhältnis sich etwas angespannt hat. Deshalb sollten sich die
mit der Oberaufsicht beauftragten Parlamentsmitglieder fragen, welche Bedeutung erstens diese Feststellung besitzt und wie sie zweitens in der Ausübung der Kontrolle berücksichtigt werden kann.

Das oben erwähnte politische Klima ist zwar teilweise für diese Situation verantwortlich, aber andere ­ endogene ­ Faktoren fallen ebenfalls ins Gewicht. Die GPKs müssen unter allen Umständen klare Positionen beziehen und in der Lage sein, dem in bestimmten Angelegenheiten unausweichlichen Druck zu widerstehen. In diesem Sinn müssen sie sich um die Wahrung einer Konsenshaltung bemühen, weil sonst die Gefahr besteht, dass die Durchsetzungskraft der Oberaufsicht geschwächt wird.

Im Laufe der letzten Jahre hat jedoch die Mehrheitsbeschlussfassung zugenommen und ein für eine Aufsichtskommission grundlegendes Prinzip unterhöhlt. Die starke Mediatisierung der Arbeit der GPKs, begleitet von der ständigen Jagd nach Showeffekten und Personalisierung, bilden zusätzliche Gründe, die für eine Arbeits- und Sprachregelung sprechen. Obwohl nur sehr wenige Geschäfte von Indiskretionen 2

Bundesgesetz vom 18.3.1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10).

5072

betroffen waren, haben diese wiederholten und zahlreichen Indiskretionen dennoch der Glaubwürdigkeit der Oberaufsicht geschadet.

Trotz des schwierigeren Klimas beweisen die Tragweite und das Tempo der Arbeitsleistung der GPKs, dass die parlamentarische Aufsicht während der ganzen Legislatur nachhaltig und auf konstruktive Weise am Werke war. Die GPKs veröffentlichten im Jahr 2007 acht Berichte, für welche die Parlamentarische Verwaltungskontrolle (PVK) mit fünf Evaluationen beauftragt wurde. Die Berichte betrafen die Datenübermittlung im Rahmen von Swift3 (April 2007), die Visaerteilung in schweizerischen Vertretungen im Ausland (April 2007), das Immobilienmanagement des Bundes (September 2007), die Evaluation zum Umgang des Bundes mit Naturgefahren (September 2007), die Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes (September 2007), die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG (November 2007), die Berechnungsgrundlage der Legal Quote (November 2007) und die Rüstungsbeschaffung im VBS (November 2007).

Die GPDel veröffentlichte ihre Schlussfolgerungen über die Affäre betreffend den Informanten im Genfer Islam-Zentrum (Mai 2007) sowie den Bericht über das Satellitenaufklärungssystem Onyx (November 2007).

Daneben prüften die Kommissionen 25 Geschäftsberichte und Tätigkeitsberichte, führten sieben Besuche bei Dienststellen des Bundes durch und behandelten 23 Aufsichtseingaben. Im Zusammenhang mit den laufenden Inspektionen ist zu erwähnen, dass die GPKs erstmals ein Geschäftsprüfungsaudit durchgeführt haben.

Das neue von den GPKs im Jahr 2006 beschlossene Aufsichtsinstrument liess sich im Rahmen des Audits des Bundesamtes für Sport (Baspo) konkret beurteilen.

Im kommenden Jahr steht die Fortsetzung der laufenden Arbeiten im Vordergrund, besonders über die Führung und Beaufsichtigung der Arbeitslosenversicherung durch den Bund sowie über den Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung. Ausserdem werden die GPKs vier neue Untersuchungen durchführen: ­

Evaluation «Führungsinformation des Bundesrats und Rolle der Bundeskanzlei»

­

Evaluation «Politische und finanzielle Unabhängigkeit der NGOs als Dienstleister des Bundes»

­

Evaluation «Erfolgsbilanz des Bundespersonalgesetzes»

­

Geschäftsprüfungsaudit «Bundesamt für Veterinärwesen»

Der vorliegende Jahresbericht soll einen Überblick über die Tätigkeiten der parlamentarischen Aufsicht im Jahr 2007 bieten sowie Informationen über die Arbeitsmethoden und -prozesse, über die Probleme im Zusammenhang mit bestimmten Aufsichtsgeschäften und über die am Ende des Kalenderjahres erzielten Ergebnisse vermitteln. Trotz gewisser Mängel begrüssen die GPKs die ausgezeichnete Arbeit, die der Bundesrat, die Bundesverwaltung und die Eidgenössischen Gerichte geleistet haben. Besonders danken möchten sie all jenen, die zur ordentlichen Arbeitsweise der Verwaltung beitragen; Dank gebührt auch allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sekretariats der GPKs und der PVK.

3

Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (Genossenschaft der Finanzinstitute, die ein Telekommunikationsnetz für den Austausch von verschlüsselten Nachrichten zu den internationalen Finanztransaktionen ihrer Kunden unterhält).

5073

Die GPKs haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 25. Januar 2008 einstimmig gutgeheissen und beschlossen, ihn zu veröffentlichen. Der Berichtsentwurf wurde gemäss Artikel 157 des Parlamentsgesetzes den betroffenen Behörden zur Stellungnahme unterbreitet. Die abgegebenen Stellungnahmen wurden von den GPKs berücksichtigt.

2

Auftrag und Organisation

2.1

Aufgaben und Kompetenzen der GPKs

2.1.1

Aufgaben

Bei den GPKs handelt es sich um parlamentarische Kommissionen, die im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesverwaltung, der Eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahrnehmen. Diese Zuständigkeit ist in Artikel 169 der Bundesverfassung4 und in Artikel 52 Parlamentsgesetz (ParlG) festgelegt.

Die Aufgaben und Zuständigkeiten der GPKs werden hauptsächlich in den Artikeln 26­27, 52­55 und 153­158 ParlG sowie in weiteren Gesetzes-5 und Verordnungstexten6 definiert.

Bei der Ausübung ihres Auftrags überprüfen die GPKs hauptsächlich, ob die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und ob die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben richtig erfüllt worden sind (Überprüfung der Rechtmässigkeit). Zudem achten sie darauf, dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und dass die Bundesbehörden ihren Entscheidungsspielraum richtig nutzen (Überprüfung der Zweckmässigkeit). Schliesslich kontrollieren sie auch die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen mit Blick auf die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele.

Die GPKs erfüllen ihre Aufgaben, indem sie:

4 5

6

­

Inspektionen durchführen;

­

die PVK mit Evaluationen beauftragen;

­

den jährlichen Geschäftsbericht des Bundesrats und die Tätigkeitsberichte der Eidgenössischen Gerichte sowie die Jahresberichte anderer Organe des Bundes prüfen;

Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999 (BV; SR 101).

S. z.B. Art. 32 des Bundesgesetzes vom 13.12.1996 über das Kriegsmaterial (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24.3.2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vom 10.6.2004 über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen (SR 172.220.111.5), Art. 20 des Bundesbeschlusses vom 4.10.1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn- und Alpentransversale (Alpentransit-Beschluss; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18.3.2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGVAnG; SR 742.140.3).

S. z.B. die Handlungsgrundsätze der GPKs vom 29.8.2003 und 4.9.2003, die im Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004 veröffentlicht wurden (BBl 2004 1673 ff.).

5074

­

die Berichte behandeln, welche ihnen der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen in Anwendung des Gesetzes vorlegen müssen;

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

­

Empfehlungen an den Bundesrat, an die Departemente und an die Eidgenössischen Gerichte richten;

­

die Umsetzung früherer Empfehlungen kontrollieren.

Die GPKs können ausserdem für technische Fragestellungen zeitlich befristete Experten beiziehen.

Die GPKs erstatten dem Parlament einmal jährlich Bericht (Art. 55 ParlG), indem sie die Hauptergebnisse der Arbeit im Berichtsjahr beschreiben. In der Regel findet während der Frühlingssession nach der Vorlage des Berichts eine allgemeine Diskussion dazu statt.

2.1.2

Aufsichtsbereich

Der Aufsichtsbereich der GPKs ist äusserst umfangreich: Er umfasst sämtliche Tätigkeiten des Bundesrats und der Dienste der Bundesverwaltung sowie der Eidgenössischen Gerichte, wobei deren Rechtsprechung von der Aufsicht ausgenommen ist (Art. 30 Abs. 1 und Art. 191 BV, Art. 26. Abs. 4 ParlG).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, unterliegen einer etwas weniger direkten parlamentarischen Oberaufsicht. Die Kantone sind ebenfalls der Aufsicht der GPKs unterstellt, wenn sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

Die Geschäftsprüfungskommissionen können sich neben den Geschäften, die sie von Gesetzes wegen prüfen müssen, selbst mit Fragestellungen ihrer Wahl befassen. Die GPKs setzen ihre Arbeitsschwerpunkte frei nach eigenem Ermessen. Zu diesem Zweck erstellen sie jedes Jahr ein Programm, das die Prioritäten für die Aufsicht in jedem Verwaltungsbereich festlegt. Ab und zu erhalten die Geschäftsprüfungskommissionen Mandate von den eidgenössischen Räten oder von anderen parlamentarischen Kommissionen. Die Arbeitsplanung wird regelmässig aktualisiert, um im Laufe des Jahres unvorhergesehene Bedürfnisse abzudecken.

2.1.3

Informationsrechte und Zuständigkeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPKs über weit reichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG). Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle Behörden, Dienststellen und übrigen Träger von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Die Kommissionen bestimmen selbst, welche Personen sie anhören wollen ­ mit der einzigen Auflage, die politische vorgesetzte Behörde (Bundesrat, Eidgenössische Gerichte), vorgängig zu informieren. Letztere können verlangen, sich vor der Anhörung eines ihrer Unterstellten gegenüber den GPKs äussern zu können (Art. 153 Abs. 3 ParlG und Art. 162 Abs. 1 Bst. c ParlG).

5075

Bedienstete, die von den GPKs befragt werden, sind von ihrem Amtsgeheimnis entbunden. Die GPKs sind ausserdem berechtigt, sämtliche Dienststellen des Bundes mit oder ohne Vorankündigung zu besuchen. Ausserdem können sie alle sachdienlichen Akten verlangen und Experten beauftragen.

Es gibt zwei Einschränkungen bei den Informationsrechten der GPKs. Erstens haben die GPKs keinen Anspruch auf Unterlagen, die der Entscheidungsfindung des Bundesratskollegiums dienen. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Dokumente zu unmittelbar bevorstehenden Entscheidungen, mit denen sich der Bundesrat noch befasst. Dies betrifft in erster Linie die Dokumente des Mitberichtsverfahrens (Art. 15 RVOG7). Zweitens sind die GPKs nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim zu halten sind (Art. 150 Abs. 2 ParlG).

Diese beiden Vorbehalte gelten nicht für die GPDel: Letztere verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterworfenen Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern auch formelle Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG), und zwar ohne Rücksicht auf das Amts- oder Militärgeheimnis.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPKs und der GPDel erfordern im Gegenzug eine Vertraulichkeitspflicht. Deshalb bestehen für diese Organe Organisationsund Verfahrensregeln zur Gewährleistung des Geheimnisschutzes (Art. 150 Abs. 3 ParlG). Die Mitglieder der GPKs sind zudem hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG). Verletzungen des Amtsgeheimnisses können mit Disziplinarmassnahmen bestraft (Art. 13 Abs. 2 ParlG) oder strafrechtlich verfolgt werden (Art. 320 StGB8).

In Fällen, in denen die GPKs beschliessen, Informationen über Missstände oder Mängel in der Geschäftsführung zu veröffentlichen, erteilt das Gesetz den betroffenen Behörden eine Gelegenheit zum rechtlichen Gehör (Art. 157 ParlG). In der Praxis werden die Feststellungen der Kommissionen in Form eines vorläufigen Berichts den betroffenen Behörden unterbreitet, die generell schriftlich Stellung beziehen; die Behörden können indessen um eine Gelegenheit
zur Anhörung vor dem jeweils zuständigen Gremium der GPKs bitten. Die betroffenen Behörden können in ihrer Stellungnahme ihre eigenen Argumente ins Feld führen, die Beschreibung der Sachlage korrigieren oder neue Angaben hinzufügen. Ihre Erklärungen und Rechtfertigungen werden im Schlussbericht berücksichtigt. Dieser wird in der Regel veröffentlicht, sofern keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). Im Jahr 2007 war dies nicht der Fall; alle Berichte der GPKs wurden veröffentlicht.

Die Mittel, über die die GPKs gegenüber den beaufsichtigten Stellen verfügen, sind politischer Natur. Die Kommissionen teilen ihre Schlussfolgerungen in der Regel in Form von öffentlichen Berichten oder Beobachtungsschreiben mit, die Empfehlungen enthalten, zu denen die verantwortlichen Behörden Stellung beziehen müssen.

Mit ihrer Arbeit verpflichten die Kommissionen demnach die Behörden, Rechenschaft über ihre Tätigkeiten abzulegen. Dagegen sind die GPKs nicht befugt, die 7 8

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1937 (RVOG; SR 172.010).

Strafgesetzbuch vom 21.12.1997 (SR 311.0).

5076

beaufsichtigte Behörde zu Massnahmen zu zwingen, Entscheide aufzuheben bzw. zu ändern oder anstelle der beaufsichtigten Behörde einen Entscheid zu treffen (Art. 26 Abs. 4 ParlG). Die GPKs müssen allein mit ihren Argumenten überzeugen. Gegebenenfalls stehen ihnen die parlamentarischen Instrumente zur Verfügung (Einreichung einer Motion, eines Postulats oder einer parlamentarischen Initiative), insbesondere um eine Gesetzesänderung in die Wege zu leiten.

2.2

Organisation der Arbeiten und Überblick über die behandelten Geschäfte

Wie die übrigen parlamentarischen Kommissionen setzen sich die GPKs aus 25 Mitgliedern des Nationalrats und aus 13 Mitgliedern des Ständerates zusammen.

Die Mitglieder werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt; das Mandat ist verlängerbar. Die Zusammensetzung der Kommissionen und die Zuteilung der Präsidien und Vizepräsidien richten sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweiligen Rat (Art. 43 Abs. 3 ParlG). So weit wie möglich werden ausserdem die Amtssprachen und die Landesgegenden berücksichtigt.

Jede Kommission ist in mehrere ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 Geschäftsreglement des Nationalrates9 und Art. 11 Abs. 1 Geschäftsreglement des Ständerates10), welche alle Eidgenössischen Departemente, die Bundeskanzlei und die Eidgenössischen Gerichte abdecken.

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommission EDA/VBS:

Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

Subkommission EJPD/BK:

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) Bundeskanzlei (BK)

Subkommission EFD/EVD:

Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD) Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (EVD)

Subkommission EDI/UVEK:

Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) Eidgenössisches Departement für Umwelt, Energie und Kommunikation (UVEK)

Subkommission Gerichte:

Bundesgericht (BGer) Militärkassationsgericht (MKG) Bundesstrafgericht (BStGer) Bundesverwaltungsgericht (BVGer)

Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der Plenarkommissionen die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden mit. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z. B. Anhörungen, Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten den Ple9 10

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3.10.2003 (GRN; SR 171.13).

Geschäftsreglement des Ständerates vom 20.6.2003 (GRS; SR 171.14).

5077

narkommissionen ­ den Entscheidungsgremien ­ Bericht. Es obliegt den Plenarkommissionen, Beschlüsse zu fassen, Berichte zu genehmigen und den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Die GPKs können auch Arbeitsgruppen oder ad hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die besondere Fachkenntnisse erfordern. Im Jahr 2007 setzten die GPKs eine ad hoc-Arbeitsgruppe ein, die beauftragt wurde, die Form des Geschäftsberichts des Bundesrates zu prüfen (s. Ziff. 4.1). Ausserdem schufen sie zusammen mit den Finanzkommissionen (FKs) eine Arbeitsgruppe, die die Aufgabe hat, die Eidgenössischen Gerichte bei der Lösung ihrer Informatikprobleme zu unterstützen (s. Ziff. 3.7.2).

Die im Jahr 2003 gegründete Arbeitsgruppe BVG11 (Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge), die die Aufteilung der Überschüsse in der beruflichen Vorsorge prüfte, wurde Ende 2007 aufgelöst (s. Ziff.

3.2.1). Die 2006 eingerichtete gemeinsame Arbeitsgruppe «Controlling BGer» ist immer noch im Einsatz12.

Jede Kommission bestimmt zudem aus ihrer Mitte drei Mitglieder, welche die GPDel bilden. Diese befasst sich mit der Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Delegation verfügt gemäss Verfassung und Gesetz über sehr weitgehende Auskunftsrechte (für genauere Einzelheiten s. Ziff. 3.9).

Schliesslich bestimmt jede Kommission zwei Mitglieder für die Neat-Aufsichtsdelegation (NAD), die die parlamentarische Oberaufsicht über die Realisierung der neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) ausübt. Die NAD umfasst ausserdem vier Mitglieder aus den FKs sowie vier Vertreter der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVFs).

Während des Berichtsjahres kam es zu einigen Änderungen in der Zusammensetzung der GPK-N: Nationalrat Marc Frédéric Suter ersetzte Nationalrat Kurt Wasserfallen (g), Nationalrat Andy Tschümperlin löste Nationalrätin Josy Gyr-Steiner (g) ab, Brigitte Häberli-Koller wurde durch Ida Glanzmann-Hunkeler ersetzt. In der GPK-S gab es während des Berichtsjahres keine Änderungen.

Ende 2007 wurde die Zusammensetzung der GPKs infolge des Legislaturwechsels nach den Parlamentswahlen vom 21. Oktober 2007 stark verändert. Die neuen Mitglieder wurden während der
Wintersession 2007 von den Büros ernannt. Seit dem 3. Dezember versieht Nationalrat Pierre-François Veillon die Präsidentschaft der GPK-N (nach Nationalrat Jean-Paul Glasson, Präsident der GPK-N 2006/2007) und Ständerat Hans Hess amtiert als Präsident der GPK-S (nach Ständerat Hansruedi Stadler, Präsident der GPK-S 2006/2007). Nationalrat Hugo Fasel übernimmt die Präsidentschaft der GPDel von Ständerat Hans Hofmann.

Die namentliche Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen und der GPDel bis Ende der Legislatur 2003­2007, d. h. bis am 2. Dezember 2007, ist aus der Abbildung 1 zu ersehen, die Zusammensetzung ab Anfang der Legislatur 2008­2011, d.h. ab dem 3. Dezember 2007, aus Abbildung 2.

11 12

Bundesgesetz vom 25.6.1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (SR 831.40) S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte, 19.01.2007 (BBl 2007 3069).

5078

Abbildung 1 Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen und der GPDel bis Ende der Legislatur 2003­2007 GPK-N (Plenarkommission) Glasson Jean-Paul (Präsident), Veillon Pierre-François (Vizepräsident), Beck Serge, Binder Max, Brunner Toni, Cathomas Sep, Fasel Hugo, Daguet André, Gadient Brigitta M., Glanzmann-Hunkeler Ida, Glur Walter, Goll Christine, Graf-Litscher Edith, Hany Urs, Janiak Claude, Mathys Hans Ulrich, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Oehrli Fritz Abraham, Rossini Stéphane, RothBernasconi Maria, Schweizer Urs, Suter Marc Frédéric, Tschümperlin Andy, Waber Christian

GPK-S (Plenarkommission) Stadler Hansruedi (Präsident), Hess Hans (Vizepräsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Bonhôte Pierre, Briner Peter, Escher Rolf, Hofmann Hans, Kuprecht Alex, Leumann-Würsch Helen, Ory Gisèle, Saudan Françoise, Wicki Franz

Subkommission EDA/VBS Beck Serge (Präsident), Daguet André, Mathys Hans Ulrich, Meier-Schatz Lucrezia, Müller Geri, Oehrli Fritz Abraham, Rossini Stéphane, Schweizer Urs, Tschümperlin Andy, Veillon PierreFrançois, Waber Christian

Béguelin Michel (Präsident), Amgwerd Madeleine, Briner Peter, Escher Rolf, Kuprecht Alex, Ory Gisèle

Subkommission EJPD/BK Meier-Schatz Lucrezia (Präsidentin), Binder Max, Brunner Toni, Daguet André, Glanzmann-Hunkeler Ida, Glasson Jean-Paul, Glur Walter, GrafLitscher Edith, Janiak Claude, Müller Geri, Suter Marc Frédéric

Hess Hans (Präsident), Amgwerd Madeleine, Bonhôte Pierre, Escher Rolf, Leumann-Würsch Helen, Ory Gisèle

Subkommission EFD/EVD Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Fasel Hugo, Glasson Jean-Paul, Glur Walter, Goll Christine, Graf-Litscher Edith, Hany Urs, Oehrli Fritz Abraham, Roth-Bernasconi Maria, Schweizer Urs, Waber Christian

Briner Peter (Präsident), Amgwerd Madeleine, Béguelin Michel, Bonhôte Pierre, Kuprecht Alex, Saudan Françoise

5079

Subkommission EDI/UVEK Binder Max (Präsident), Beck Serge, Fasel Hugo, GlanzmannHunkeler Ida, Graf-Litscher Edith, Hany Urs, Mathys Hans Ulrich, Rossini Stéphane, Roth-Bernasconi Maria, Suter Marc Frédéric, Veillon Pierre-François, Waber Christian

Kuprecht Alex (Präsident), Béguelin Michel, Escher Rolf, Hofmann Hans, Saudan Françoise, Stadler Hansruedi

Subkommission Gerichte Janiak Claude (Präsident), Brunner Toni, Cathomas Sep, Daguet André, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul, Mathys Hans Ulrich, Müller Geri, Tschümperlin Andy

Wicki Franz (Präsident), Bonhôte Pierre, Briner Peter, Hess Hans, Ory Gisèle

GPDel Hofmann Hans (Präsident), Fasel Hugo (Vizepräsident), Glasson Jean-Paul, Janiak Claude, Leumann-Würsch Helen, Wicki Franz NAD (nur GPK-Mitglieder) Stadler Hansruedi (Präsident), Binder Max, Cathomas Sep, Hofmann Hans Arbeitsgruppe «BVG-Überschussverteilung» Fasel Hugo (Präsident), Beck Serge, Glur Walter, Goll Christine, Hany Urs, Mathys Hans Ulrich, Rossini Stéphane, Tschümperlin Andy Arbeitsgruppe «Controlling BGer» Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Glasson Jean-Paul, Hess Hans, Janiak Claude, Wicki Franz Arbeitsgruppe «Geschäftsbericht» Briner Peter (Präsident), Béguelin Michel, Fasel Hugo, Gadient Brigitta M., Glasson Jean-Paul Arbeitsgruppe «Informatik Bundesgericht» (nur GPK-Mitglieder) Cathomas Sep, Bonhôte Pierre

5080

Abbildung 2 Zusammensetzung der GPKs, der Subkommissionen und der GPDel ab dem Beginn der Legislatur 2007­2011, bzw. ab dem 3. Dezember 2007 GPK-N (Plenarkommission) Veillon Pierre-François (Präsident), Roth-Bernasconi Maria (VizePräsidentin), Bader Elvira, Baumann J. Alexander, Binder Max, Cathomas Sep, Daguet André, Eichenberger Corina, Fasel Hugo, Français Olivier, Frösch Therese, Gadient Brigitta M., Glanzmann-Hunkeler Ida, Glauser Alice, Glur Walter, Goll Christine, Graf-Litscher Edith, Hodgers Antonio, Lustenberger Ruedi, Miesch Christian, Moret Isabelle, Rossini Stéphane, von Siebenthal Erich, Wasserfallen Christian, Weibel Thomas

GPK-S (Plenarkommission) Hess Hans (Präsident), Janiak Claude (Vize-Präsident), Briner Peter, Cramer Robert, Graber Konrad, Hêche Claude, Imoberdorf René, Kuprecht Alex, Leumann-Würsch Helen, Lombardi Filippo, Reimann Maximilian, Seydoux-Christe Anne, Stadler Hansruedi

Subkommission EDA/VBS Lustenberger Ruedi (Präsident), Bader Elvira, Baumann J. Alexander, Daguet André, Eichenberger Corina, Frösch Therese, Graf-Litscher Edith, Hodgers Antonio, Miesch Christian, Rossini Stéphane, Veillon PierreFrançois, Wasserfallen Christian

Briner Peter (Präsident), Cramer Robert, Hêche Claude, Imoberdorf René, Reimann Maximilian, Seydoux-Christe Anne

Subkommission EJPD/BK Roth-Bernasconi Maria (Präsidentin), Baumann J. Alexander, Binder Max, Daguet André, Français Olivier, Glanzmann-Hunkeler Ida, Glur Walter, Graf-Litscher Edith, Hodgers Antonio, Lustenberger Ruedi, Moret Isabelle

Janiak Claude (Präsident), Cramer Robert, Graber Konrad, Hess Hans, Imoberdorf René, LeumannWürsch Helen

5081

Subkommission EFD/EVD Gadient Brigitta M. (Präsidentin), Fasel Hugo, Glanzmann-Hunkeler Ida, Glauser Alice, Glur Walter, Goll Christine, Graf-Litscher Edith, Moret Isabelle, Roth-Bernasconi Maria, von Siebenthal Erich, Wasserfallen Christian, Weibel Thomas

Leumann Helen (Präsidentin), Briner Peter, Graber Konrad, Lombardi Filippo, Reimann Maximilian

Subkommission EDI/UVEK Binder Max (Präsident), Bader Elvira, Fasel Hugo, Français Olivier, Goll Christine, Graf Litscher Edith, Miesch Christian, Rossini Stéphane, von Siebenthal Erich, Veillon Pierre-François, Wasserfallen Christian, Weibel Thomas

Kuprecht Alex (Präsident), Cramer Robert, Hêche Claude, Imoberdorf René, Lombardi Filippo, Seydoux-Christe Anne

Subkommission Gerichte Eichenberger Corina (Präsidentin), Cathomas Sep, Daguet André, Frösch Therese, Gadient Brigitta M., Glauser Alice, Roth-Bernasconi Maria

Stadler Hansruedi (Präsident), Briner Peter, Hess Hans, Janiak Claude, Leumann-Würsch Helen, SeydouxChriste Anne GPDel

Fasel Hugo (Präsident), Moret Isabelle, Veillon Pierre-François, Janiak Claude, Kuprecht Alex, Stadler Hansruedi NAD (nur GPK-Mitglieder) Binder Max, Cathomas Sep, Hess Hans, Stadler Hansruedi Arbeitsgruppe «Controlling BGer» Eichenberger Corina, Frösch Therese, Gadient Brigitta M., Roth-Bernasconi Maria, Briner Peter, Seydoux-Christe Anne Arbeitsgruppe «Informatik Bundesgericht» (nur GPK-Mitglieder) Cathomas Sep, Janiak Claude Während des Berichtsjahres traten die GPKs zu 16 Plenarsitzungen und zu 78 Subkommissionssitzungen zusammen. Davon waren 8 Termine Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel führte 16 Sitzungen durch. Insgesamt fanden 110 Sitzungen statt.

5082

Die GPKs erhielten zudem in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörden 33 Aufsichtseingaben, wovon 15 erledigt werden konnten. Im gleichen Zeitraum bearbeiteten die Kommissionen noch 8 Eingaben, die während des Vorjahres eingereicht worden waren.

Neben den in Ziffer 3­5 beschriebenen Arbeiten führten die GPKs und die GPDel mehrere Besuche bei Behörden und Dienststellen des Bundes durch: Gerichte

Bundesgericht Bundesstrafgericht Bundesverwaltungsgericht

EDA

Politische Abteilung VI

EDI

Meteo Schweiz

EJPD

Dienst für Analyse und Prävention (Bundesamt für Polizei)

VBS

Strategischer Nachrichtendienst Führungsunterstützungsbasis Mobile Militärpolizei

EFD

Swissmint Eidgenössische Alkoholverwaltung

EVD

Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung

UVEK

Dienst für besondere Aufgaben (Generalsekretariat) Skyguide AG

Sonstige

Informatives Treffen mit Vertretern der Unique Airport Zürich und der Kantone Zürich, Aargau, Thurgau und St. Gallen

3

Ausgewählte Themen

3.1

Wirtschafts- und Finanzpolitik

3.1.1

Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr

Die GPK-N stellte im Rahmen einer auf einer Evaluation der PVK basierenden Inspektion im Jahr 2004 fest,13 dass die Besonderheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs aufgrund der technologieneutralen Gesetzesbestimmungen zugunsten des Konsumentenschutzes den Schutz der Konsumentinnen und Konsumenten beeinträchtigen können. Sie forderte deshalb den Bundesrat auf, die notwendigen Massnahmen zu treffen, um auch für den elektronischen Geschäftsverkehr einen im Vergleich mit traditionellen Handelsformen gleichwertigen Konsumentenschutz zu gewährleisten. Der Bundesrat sah Ende 2005 trotz entsprechender Vorarbeiten in der Bundesverwaltung von den entsprechenden Gesetzesrevisionen ab.

Da die durch die Inspektion identifizierten Probleme nach wie vor ungelöst waren, 13

S. Bericht der GPK-N «Konsumentenschutz im elektronischen Geschäftsverkehr: Vertragliche Aspekte und Datenschutz» vom 9.11.2004 (BBl 2005 4967) und Schlussbericht der PVK zuhanden der GPK-N «E-Commerce: Evaluation des Konsumentenschutzes in der Schweiz» vom 13.5.2004 (BBl 2005 4987); s. auch Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3075 f.).

5083

reichte die GPK-N am 18. September 2006 die parlamentarische Initiative 06.457 («Verbesserung des Konsumentenschutzes im elektronischen Geschäftsverkehr») ein, womit sie folgende Punkte auf Gesetzesstufe verankern wollte: ­

eine Identifikationspflicht für inländische Internetanbieter,

­

ein nicht wegbedingbares Nachbesserungsrecht oder ein nicht wegbedingbares Recht auf Ersatzleistung bei Lieferung mangelhafter Ware,

­

spezifische Vorschriften für den Vertragsabschluss, die Artikel 1 ff. Obligationenrecht unter Berücksichtigung der Eigenheiten des elektronischen Geschäftsverkehrs konkretisieren,

­

ein der Europäischen Union (EU)-Gesetzgebung entsprechendes Widerrufsrecht.

Die zuständige Rechtskommission des Nationalrates (RK-N) behandelte die parlamentarische Initiative der GPK-N anlässlich ihrer Sitzung vom 13. September 2007.

Entgegen den der Initiative zugrunde liegenden Evaluationsergebnissen der PVK und den Schlussfolgerungen der GPK-N sah die vorberatende RK-N keinen Handlungsbedarf und beschloss mit elf zu sieben Stimmen bei zwei Enthaltungen, dem Nationalrat zu beantragen, der Initiative keine Folge zu geben.14 Der Nationalrat folgte am 20. Dezember 2007 dem Antrag seiner vorberatenden Kommmission und lehnte die parlamentarische Initiative der GPK-N mit 110 zu 66 mit einer Enthaltung ab.

3.1.2

Zugriff der amerikanischen Behörden auf die Daten der internationalen Finanztransaktionen der Swift

Die GPK-N konnte die im Jahr 2006 begonnene Inspektion15 über die Rolle der Bundesbehörden im Zusammenhang mit dem Zugriff amerikanischer Behörden auf Daten internationaler Finanztransaktionen von in der Schweiz ansässigen Finanzinstituten am 17. April 2007 mit einem an den Bundsrat gerichteten und in der Folge veröffentlichten Schlussbericht abschliessen.16 Zur Ausgangslage: Im Juni 2006 wurde über einen Artikel in der New York Times ein geheimes Programm der USA (United States of America) zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung bekannt. Im Rahmen dieses Programms erhielten die zuständigen amerikanischen Behörden seit dem Jahr 2001 Daten zu einem wesentlichen Teil der internationalen Finanztransaktionen, die über die belgische Genossenschaft Swift (Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) abgewickelt werden. Finanztransaktionen schweizerischer Finanzinstitute waren dementsprechend auch betroffen.

14 15 16

S. Medienmitteilung der RK-N vom 14.9.2007 (http://www.pd.admin.ch/mmmedienmitteilung.htm?m_id=2007-09-14_059_01&langId=).

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3080).

Bericht der GPK-N «Weitergabe von Daten internationaler Finanztransaktionen durch die Swift: Eine Beurteilung aus schweizerischer Perspektive» vom 17.4.2007 (BBl 2007 8391).

5084

Die GPK-N beschloss in der Folge, der Frage nachzugehen, ob und allenfalls welche Bereiche der schweizerischen Rechtsordnung durch die Weitergabe von Daten zu Finanztransaktionen in die Schweiz und aus derselben beeinträchtigt wurden. Sie prüfte die Bereiche Bankgeheimnis, Datenschutz, Aufsicht durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Eidgenössische Bankenkommission (EBK). Dabei musste sie sich ihren Kompetenzen entsprechend auf die Akteure des Bundes beschränken.

Die GPK-N konstatierte in ihrer Untersuchung als Erstes, dass sowohl der Bundesrat, das EFD wie auch die EBK in der Weitergabe der Transaktionsdaten an die amerikanischen Behörden keine Verletzung des Bankgeheimnisses feststellen konnten. Das Bankgeheimnis kann bei internationalen Transaktionen nicht gewährleistet werden. Dies zeigt aus Sicht der Kommission auf, wie beschränkt letztlich das schweizerische Bankgeheimnis ist.

Es fiel der Kommission auf, dass im Zusammenhang mit der Datenweitergabe an die amerikanischen Behörden seitens der schweizerischen staatlichen Akteure ­ ausser durch den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ­ kein unmittelbarer Handlungsbedarf erkannt wurde, sondern dass diese nur auf die Klagemöglichkeiten der Kunden der Finanzinstitute sowohl bezüglich einer allfälligen Verletzung des Datenschutzrechtes wie auch des Bankgeheimnisses verwiesen.

Aufgrund der nicht erfolgten Information der Kunden der Finanzinstitute, der nur potentiellen Betroffenheit des einzelnen Kunden und wohl auch wegen des durch den Klagenden zu tragenden Prozessrisikos dürfte das Interesse des einzelnen Kunden, die Einhaltung seiner Datenschutzrechte einzufordern, jedoch klein gewesen sein.

Es resultierte die unbefriedigende Situation, dass die vom EDÖB identifizierten Verletzungen des Datenschutzgesetzes (DSG)17 ­ erstens die fehlende Information der Kunden durch die schweizerischen Finanzinstitute über die Weitergabe der Daten (Art. 4 DSG) und zweitens die Weitergabe der Daten durch die Finanzinstitute an Swift, im Wissen, dass Swift die Daten in den USA bearbeitet und dort im Vergleich zur Schweiz kein gleichwertiger Datenschutz exisitiert (Art. 6 DSG) ­ nicht eingeklagt und somit auch nicht gerichtlich überprüft wurden. Da die Weitergabe der Transaktionsdaten weiterhin erfolgt, dauern diese
Rechtsverletzungen an.

Vor diesem Hintergrund kam die GPK-N zum Schluss, dass die Haltung des Bundesrates und des EFD zu passiv war. Nachdem der EDÖB Verletzungen des schweizerischen DSG und die europäischen Datenschutzbehörden entsprechende Verletzungen des europäischen Datenschutzrechtes festgestellt haben, müsste aus Sicht der GPK-N der Bundesrat die Lage neu beurteilen. Die alleinige Berufung auf die Möglichkeiten des EDÖB beziehungsweise auf das Klagerecht der betroffenen Kunden der Finanzinstitute greift zu kurz und wird der Verfassungsvorgabe des Schutzes der Privatsphäre (Art. 13 BV), aus der sich auch Gewährleistungspflichten für den Bundesrat und das EFD ableiten, nicht gerecht.

Die GPK-N teilte aber die Ansicht des EDÖB wie auch der europäischen Datenschutzbehörden, dass das Problem letztlich nur unter Einbezug der zwischenstaatlichen Ebene gelöst werden kann und deshalb auch der für die Aussenbeziehungen der Schweiz zuständige Bundesrat beziehungsweise das EDA in Zusammenarbeit mit dem EFD den Kontakt zu den europäischen und amerikanischen Behörden 17

Bundesgesetz vom 19.6.1992 über den Datenschutz (SR 235.1).

5085

suchen müssen, um eine auch mit der schweizerischen Rechtsordnung konforme Lösung zu finden. Sie forderte deshalb den Bundesrat auf, mit den zuständigen Behörden der EU aktiv eine Lösung für die Weitergabe der Transaktionsdaten der Swift zu suchen, welche die schweizerischen Datenschutzgrundsätze wahrt.

Die SNB ist Mitglied der Oversight Group ­ einen Zusammenschluss mehrerer Nationalbanken zwecks Beaufsichtigung der Swift unter dem Aspekt der Stabilität des Finanzsystems. Die darin federführende belgische Nationalbank kam allerdings zum Schluss, dass die Herausgabe der Transaktionsdaten an die amerikanischen Behörden die Stabilität des Finanzsystems nicht beeinträchtigt habe. Die GPK-N geht jedoch davon aus, dass die Weitergabe der Transaktionsdaten einen Einfluss auf die Stabilität der Finanzsysteme hätte haben können und es deshalb wünschenswert ist, in Zukunft datenschutzrechtliche Aspekte bei der Beurteilung der Stabilität der Finanzsysteme miteinzubeziehen. Die SNB hat aus Sicht der GPK-N aber richtig gehandelt, als der Präsident ihres Direktoriums, unmittelbar nachdem er über die Weitergabe der Transaktionsdaten orientiert wurde, den damaligen Vorsteher des EFD wie auch die EBK informierte.

Mit Befremden nahm die GPK-N davon Kenntnis, dass weder der amtierende Departementsvorsteher noch der Bundesrat vor Ende Juni 2006 von der Datenweitergabe durch die Swift wussten, obwohl der Präsident des Direktoriums der SNB den damaligen Vorsteher des EFD wie auch die EBK darüber im Jahr 2002 informiert hatte. Die Kommission ist der Ansicht, dass eine solche Information dem Bundesrat unmittelbar nach Erhalt hätte unterbreitet werden sollen und auch bei einem Wechsel des Departementsvorstehers nicht verloren gehen darf.

Bei der Beurteilung der Rolle der EBK stellte die Kommission fest, dass die EBK sich von 2002 bis Mitte 2006 im Spannungsfeld zwischen der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und der Überwachung der gesetzeskonformen Geschäftstätigkeit der Finanzinstitute befand. Nachdem seit Mitte 2006 das Programm zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung der Amerikaner nicht mehr geheim ist und sich unterdessen der EDÖB in seiner Stellungnahme zur datenschutzrechtlichen Verantwortung der Finanzinstitute äusserte, ist aus Sicht der GPK-N die Frage zu beantworten, ob die Wahrung der Informationspflicht
des DSG unter dem Aspekt der einwandfreien Geschäftsführung nicht aufsichtsrechtlich durchgesetzt werden sollte. Angesichts des engen Verhältnisses des Datenschutzgesetzes zum Bankgeheimnis ist für die GPK-N deshalb zu klären, ob die einwandfreie Geschäftsführung angesichts der beschriebenen Situation gewährleistet ist.

Der Bundesrat nahm am 14. November 2007 zum Bericht der GPK-N Stellung.18 Er stimmte den im Bericht der GPK-N gemachten Feststellungen grundsätzlich zu. Auf den Vorwurf seiner zu passiven Haltung erwiderte er, dass die primäre Verantwortung für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen bei den datenbearbeitenden Finanzinstituten liege. Dies wurde jedoch durch die GPK-N auch nie in Abrede gestellt. Der EDÖB hat in regem Kontakt mit Vertretern der Schweizer Banken erreicht, dass ein Informationsschreiben der Banken an ihre Kunden erstellt wurde, das den Ansprüchen des Artikels 4 DSG (Informationspflicht) genügt. Auf die Empfehlung der GPK-N, mit den zuständigen Behörden der EU und den USA aktiv eine datenschutzkonforme Lösung zu finden, reagierte der Bundesrat mit Kontakten zu den zuständigen EU-Vertretern und liess sich über die Gespräche 18

Stellungnahme des Bundesrates vom 14.11.2007 (BBl 2007 8411).

5086

zwischen den USA und der EU in Sachen Swift informieren. Seit der Verabschiedung des GPK-N-Berichts sei aber eine einvernehmliche Lösung zwischen der EU und den USA gefunden worden, die auch für die in der Schweiz ansässigen Finanzinstitute gelte. Einmal umgesetzt, sollten diese Zusicherungen aus Sicht des EDÖB auch dem DSG genügen. Dem Bundesrat erscheint es dennoch angebracht, sich von den USA schriftlich bestätigen zu lassen, dass die Zusicherungen für alle SwiftTeilnehmer gelten.

3.1.3

Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods

Der Bundesrat nahm im Rahmen der im Jahr 2006 eingeleiteten Nachkontrolle zur Inspektion der GPK-S zur Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods19 am 21. Januar 2007 Stellung. Der Praxis der Nachkontrollen entsprechend hatte die GPK-S ihn Ende 2006 ­ drei Jahre nach der Veröffentlichung des Inspektionsberichts ­ aufgefordert, zu den bisherigen Massnahmen beziehungsweise Entwicklungen in den von den Empfehlungen 2 ­ 4 betroffenen Bereichen Bericht zu erstatten.

In der Empfehlung 2 wurde der Bundesrat im Jahr 2003 eingeladen, organisatorische Vorkehrungen für die Ausarbeitung einer ausgewogenen schweizerischen Position zu treffen, die den sich überschneidenden Tätigkeiten des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe gebührend Rechnung tragen. Seit den Stellungnahmen des Bundesrates vom 18. Mai 200420 und vom 27. Oktober 200421 wurden gemäss der neusten Stellungnahme des Bundesrates weitere organisatorische Vorkehrungen getroffen22: So träfen sich u. a. die leitenden Personen der zuständigen Stellen bei der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV), dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und der Deza viermal im Jahr zu einem strukturierten Austausch über die Zusammenarbeit zwischen Weltbank und IWF. Daneben biete auch die gemeinsam von SECO und Deza organisierte jährliche Retraite mit den Schweizer Vertretern bei der Weltbank und den regionalen Entwicklungsbanken, an welcher auch die EFV teilnehme, Gelegenheit zur Diskussion von Fragen im Schnittpunkt von Weltbank und IWF.

In der dritten Empfehlung der GPK-S ging es darum, eine einheitliche und umfassende Übersicht über die Zahlungen und das Engagement der Schweiz bei den Institutionen von Bretton Woods zu schaffen und umzusetzen. Hier hielt der Bundesrat in seiner letzten Stellungnahme zu Recht fest, dass sich der gesamte Umfang der Zahlungen und des finanziellen Engagements der Schweiz in den BrettonWoods-Institutionen seit 2004 jeweils im jährlich erscheinenden Aussenwirtschaftsbericht wieder findet.

19

20 21 22

S. Bericht der GPK-S «Mitgliedschaft der Schweiz in den Institutionen von Bretton Woods» vom 14.10.2003 (BBl 2004 897 ff.). S. auch Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004, Ziff. 6.3 (BBl 2004 1700).

Stellungnahme des Bundesrates vom 18.5.2004 (BBl 2004 6695).

Stellungnahme des Bundesrates vom 27.10.2004 (BBl 2004 6701).

Zu den ersten beiden Stellungnahmen des Bundesrates s. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 21.1.2005 (BBl 2005 1912).

5087

Schliesslich hat der Bundesrat auch die Information über die Tätigkeiten der Schweiz in der Weltbank und dem IWF verbessert und stärker miteinander verknüpft. Dies forderte die GPK-S in ihrer Empfehlung 4.

Da die Problematik, welche der Empfehlung 1 zugrunde lag, in der Untersuchung der GPK-S zur Kohärenz und strategischen Führung der Aktivitäten der Deza wieder festgestellt wurde,23 wurde der Bundesrat aufgefordert, im Rahmen seiner Stellungnahme zu diesem Bericht die Situation und die von ihm ergriffenen Massnahmen zu erläutern. Es kann deshalb hier auf die Ziffer 3.5.1 zu dieser Inspektion verwiesen werden.

Die GPK-S zeigte sich mit den Antworten des Bundesrates zufrieden und begrüsste die ergriffenen Massnahmen. Sie erachtet ihre Nachkontrolle in der Folge als beendet.

3.1.4

Verwendung der überschüssigen Goldreserven der Nationalbank

Wie im Jahresbericht 2006 schon ausführlich ausgeführt wurde24, hat die GPK-N Anfang Februar 2006 ihren Bericht zur Rechtmässigkeit der Verteilung des Erlöses aus den überschüssigen Goldreserven der SNB an Bund und Kantone verabschiedet und veröffentlicht. Sie stellte darin fest, dass der Bundesrat mit seinem Beschluss, den Erlös aus den ausserordentlichen Goldverkäufen an Bund und Kantone zu verteilen, keine Rechtsverletzung begangen, sondern nur das geltende Recht gemäss Artikel 99 BV und Artikel 31 Nationalbankgesetz (NBG)25 angewendet hat.

Um Sicherheit für die Budgetierung und Rechnung der Kantone und des Bundes zu schaffen, sieht Artikel 31 Absatz 2 Nationalbankgesetz vor, dass die Auszahlung der Nationalbankgewinne an Bund und Kantone verstetigt ­ d. h. über einen gewissen Zeitraum verteilt ­ erfolgen muss. Die 21,1 Milliarden Franken wurden jedoch vollständig im zweiten Quartal 2005 ausbezahlt. Eine Mehrheit der GPK-N erachtete deshalb die Verstetigungsvorschrift als verletzt. Da die Höhe dieses ausserordentlichen Gewinns schon seit längerem in etwa bekannt war und gerade auch die Kantone mit ihrem Anteil rechneten, hielt eine Minderheit der GPK-N die vollständige Auszahlung in einer kurzen Zeitspanne für rechtmässig. Im Einklang mit der Minderheit der GPK-N wies der Bundesrat in seiner Stellungnahme darauf hin, dass durch dieses Vorgehen die Planungssicherheit für die Kantone gegeben gewesen sei.

Eine Verstetigung der Ausschüttung zwecks Reduktion von Unsicherheit sei in diesem Fall daher nicht nötig gewesen.

Mit der Einreichung der Motion 06.3010 («Zukünftige Ausschüttungen aus ausserordentlichen Goldverkäufen») am 7. Februar 2006 bezweckte die GPK-N in der Folge, die Situation für zukünftige Fälle zu klären, indem zwingend das Parlament im Falle eines ausserordentlichen Goldverkaufs über die Ausschüttung unter Einhaltung des verfassungsmässigen Verteilschlüssels zu entscheiden habe.

23 24 25

S. Bericht der GPK-S «Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der Deza» vom 8.12.2006 (BBl 2007 2859 ff.).

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3078).

Bundesgesetz vom 3.10.2003 über die Schweizerische Nationalbank (NBG; SR 951.11).

5088

Der Bundesrat lehnte die Motion mit der Begründung ab, dass die vorgeschlagene Ergänzung von Artikel 31 Absatz 2 NBG lediglich in anderen Worten umschreibe, was bereits im Gesetz stehe. Gemäss geltendem Recht würde der Bundesanteil eines ausserordentlichen Goldverkaufs eine ausserordentliche Einnahme darstellen. Diese müsste gemäss Finanzhaushaltgesetz für den Schuldenabbau verwendet werden, es sei denn, das Parlament würde auf dem Gesetzesweg eine anderweitige Verwendung beschliessen. Am 12. März 2007 wurde die Motion jedoch vom Nationalrat mit 106 zu 65 Stimmen angenommen.26 Die Motion ging in der Folge an den Zweitrat. Die zuständige Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-S) führte die Vorberatung am 10. September 2007 durch. Sie schloss sich der Haltung des Bundesrates an und beantragte dem Ständerat einstimmig die Ablehnung der Motion.27 Der Ständerat folgte am 17. Dezember 2007 dem Antrag seiner Kommission und lehnte die Motion einstimmig ab.28

3.2

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.2.1

Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge

Die GPK-N hat im Berichtsjahr die Nachkontrolle zur Umsetzung der Massnahmen in Folge ihrer Untersuchung über die Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge aus dem Jahr 200429 durchgeführt. In einem ersten Teil dieser Nachkontrolle konzentrierte sich die zuständige Arbeitsgruppe BVG-Überschussverteilung auf die Vollzugswirkung der Transparenzvorschriften. Nach Anhörungen von Vertretern des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV) sowie des Bundesamts für Privatversicherungen (BPV) bat die Kommission den Bundesrat am 30. April 2007 um einen Bericht über die Umsetzung der Empfehlungen ihrer Inspektion aus dem Jahr 2004 und die Vollzugswirkung der Transparenzvorschriften. Gleichzeitig sollte der Bericht auch ein Konzept des Bundesrates zur Aufsichtsorganisation über die berufliche Vorsorge enthalten, da die Kommission bereits 2006 Optimierungspotential in der Aufsicht der beruflichen Vorsorge geortet hatte.30 Die Kommission nahm den Bericht des Bundesrates «Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge seit 2003»31 an ihrer Sitzung vom 23. November 2007 zur Kenntnis. In einem Schreiben an den Bundesrat begrüsste sie, dass in Bezug auf die Transparenz bei der Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge massgebliche Fortschritte erzielt worden sind. Die Kommission stellte aber auch fest, dass die Aufgaben, welche die Kantone sowohl in der Umsetzung der Transparenzvorschriften wie auch in der Aufsicht über die Vorsorgeeinrichtungen inne haben, bis anhin nicht klar dargelegt wurden. Deshalb ersuchte die Kommission den Bundesrat, einen Zusatzbericht betreffend die Rolle der Kantone in der beruflichen Vorsorge bis im 26 27 28 29 30 31

AB 2007 N 189.

S. Medienmitteilung der WAK-S vom 11.9.2007 (http://www.pd.admin.ch/mmmedienmitteilung.htm?m_id=2007-09-11_076_01&langId=).

AB 2007 S 1125 S. Bericht der GPK-N «Problematik der Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge» vom 22.6.2004 (BBl 2005 609).

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3086).

Bericht des Bundesrates zuhanden der Arbeitsgruppe BVG-Überschussverteilung der GPK-N «Überschussverteilung in der beruflichen Vorsorge seit 2003» vom 29.8.2007 (http://www.news-service.admin.ch/NSBSubscriber/message/attachments/9389.pdf).

5089

Frühjahr 2008 zu verfassen. Zudem verabschiedete sie eine Kommissionsmotion32, die den Bundesrat beauftragt, die Transparenz bis auf Stufe der Versicherten durchzusetzen, indem die Vorsorgeeinrichtungen jedem Versicherten jährlich die allfällig erhaltenen Überschüsse auf dem persönlichen Versicherungsausweis ausweisen.

Diese Durchsetzung des Prinzips der Transparenz bis auf die unterste Stufe hatte die Kommission bereits mit den Empfehlungen zwei und fünf ihres Berichts von 2004 verlangt, um Missbräuchen bei der Verwendung der Mittel der beruflichen Vorsorge vorzubeugen. Der Bundesrat soll dazu dem Parlament einen Entwurf einer Ergänzung des Artikel 86b BVG vorlegen.

In einem zweiten Teil ihrer Nachkontrolle befasste sich die GPK-N vertieft mit der Berechnungsgrundlage der Mindestquote (auch Legal Quote genannt). Ihre Erkenntnisse zu diesem Untersuchungsgegenstand fasste sie im Bericht «Untersuchung zur Berechnungsgrundlage der Legal Quote»33 zusammen. Die Kommission ging in ihrer Untersuchung der Frage nach, anhand welcher Kriterien und geprüften Varianten der Entscheid für die heute angewandte Berechnungsmethode der Legal Quote gefällt worden war. Zudem klärte die GPK-N als Aufsichtskommission ab, ob die vom Bundesrat in Verordnungen erlassenen Vorschriften zur Verteilung und Ermittlung der Überschüsse dem Willen des Gesetzgebers entsprechen.

Die der Untersuchung zugrunde liegende Frage nach der Berechnungsgrundlage der Legal Quote ­ der Mindestbeteiligung der Versicherten an den in der beruflichen Vorsorge erwirtschafteten Überschüssen ­ stellt sich bei Sammeleinrichtungen mit Volldeckung sowie bei teilautonomen Sammeleinrichtungen, d. h. bei Vorsorgeeinrichtungen, welche alle oder nur gewisse Risiken bei Lebensversicherern rückdecken lassen.

Artikel 68a BVG bestimmt, dass Überschussbeteiligungen aus Versicherungsverträgen den Sparguthaben der Versicherten gutgeschrieben werden müssen. Mit Artikel 37 Absatz 4 des Bundesgesetzes betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (VAG)34 war die Mindestbeteiligung der Versicherten an den von den Lebensversicherern in der beruflichen Vorsorge erwirtschafteten Überschüssen vom Gesetzgeber auf mindestens 90 Prozent festgesetzt worden. In der Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (AVO)35 hatte der Bundesrat
im Grundsatz eine ertragsbasierte Berechnungsmethode (auch Bruttomethode genannt) der Mindestquote festgelegt.

Das Parlament hatte es mit Artikel 37 VAG dem Bundesrat überlassen, die Berechnungsweise der Legal Quote festzulegen. Mit ihrer Aufarbeitung der Entstehung des VAG kam die Kommission zum Schluss, dass sich anhand der Ratsdebatten kein klar formulierter Wille des Gesetzgebers in Bezug auf die Berechnungsgrundlage der Legal Quote feststellen lässt. Zur Ausarbeitung der Verordnungen hatte das BPV Ende 2003 ausländische Modelle der Überschussbeteiligung analysiert und Szenarienberechnungen erstellt, in denen es die ertragsbasierte Berechnungsweise 32 33

34 35

Mo. 07.3770 «Ausweisung der Überschussbeteiligung in der beruflichen Vorsorge auf dem persönlichen Versicherungsausweis».

Bericht der GPK-N «Untersuchung zur Berechnungsgrundlage der Legal Quote» vom 23.11.2007 (http://www.parlament.ch/SiteCollectionDocuments/ed-pa-gpk-nmindestquote-d.pdf).

Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen vom 17.12.2004 (VAG; SR 961.01).

Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen vom 9.11.2005 (AVO; SR 961.011).

5090

(Bruttomethode) der ergebnisbasierten (Nettomethode) gegenüber stellte. Das BPV folgerte daraus, dass nur die ertragsbasierte Berechnungsgrundlage der Legal Quote es den Versicherern ermöglichte, sowohl das nötige Solvenzkapital aufzubauen wie auch das übernommene Risiko angemessen zu versichern. Da die erste BVGRevision möglichst rasch in Kraft treten sollte, wurde auf eine externe Vernehmlassung zum Verordnungsentwurf verzichtet. Stattdessen wurde die BVG-Kommission einbezogen, welcher Vertreter der Kantone, der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, der Vorsorgeeinrichtungen, der Bundesverwaltung sowie anderer Organisationen angehörten. Zudem macht die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) von ihrem Recht auf Konsultation Gebrauch. In ihrem Schreiben an den Bundesrat zeigte sich die zuständige Subkommission «BVG» der SGK-N erstaunt darüber, dass der Bundesrat eine ertragsbasierte Berechnungsmethode der Legal Quote einführen wollte und nicht eine ergebnisbasierte.

Die GPK-N stellte in ihrem Bericht fest, dass der Bundesrat den Willen des Parlaments mit seinen erlassenen Vorschriften nicht verletzt hatte; nicht zuletzt da kein klar formulierter Wille des Gesetzgebers erkennbar war. Die Kommission wies deshalb darauf hin, dass für die Berechnungsgrundlage der Legal Quote verwendete Begriffe vorab definiert und hernach bewusst eingesetzt werden müssen, um künftige Umsetzungsprobleme zu vermeiden. Allfällige Forderungen des Gesetzgebers müssten präzise und exakt ausformuliert werden.

Nach Ansicht der Kommission wurde der durch die gesetzlichen Grundlagen vorhandene Spielraum jedoch vom Bundesrat mit der in der Verordnung erlassenen ertragsbasierten Berechnungsweise zugunsten der risikotragenden Versicherer bis an den Rand ausgeschöpft. Die GPK-N wies in ihrem Bericht darauf hin, dass der Bundesrat die ertragsbasierte Berechnungsmethode der Legal Quote mit dem Aufbau des den Lebensversicherern gesetzlich vorgeschriebenen Solvenzkapitals begründet und nahm zur Kenntnis, dass er keinen Handlungsbedarf für eine Änderung der Berechnungsgrundlage der Legal Quote sieht. Es läge deshalb in der Kompetenz des Gesetzgebers, allfällige gesetzliche Veränderungen in Bezug auf die Berechnungsgrundlage der Legal Quote vorzunehmen. Dazu müsste der Gesetzgeber insbesondere die gesetzliche
Grundlage der Legal Quote in Artikel 37 VAG enger fassen.

Die nötige Transparenz in der beruflichen Vorsorge und somit der verlangte Wettbewerb zwischen den in der beruflichen Vorsorge tätigen Versicherern kann nach Ansicht der GPK-N nur auf Basis von verständlichen Entscheidungsgrundlagen für die Arbeitgeber entstehen. Die Kommission hält die Lesbarkeit der Publikationen des BPV zu den Betriebsrechnungen der Versicherer in der beruflichen Vorsorgefür verbesserungswürdig36. Falls dem Gesetzgeber die zum jetzigen Zeitpunkt offen gelegten Angaben zu den Betriebsrechnungen und Bilanzen der Lebensversicherer in der beruflichen Vorsorge nicht genügen, müsste die gesetzliche Grundlage in Artikel 37 Absatz 2 VAG geändert werden.

Mit ihrer Empfehlung forderte die Kommission den Bundesrat auf zu präzisieren, anhand welcher Kriterien die Aufsichtsbehörde gemäss Artikel 147 Absatz 3 AVO eine von Artikel 147 Absatz 1 (ertragsbasierte Methode) und Absatz 2 (ergebnisbasierte Methode) abweichende Regelung verfügen kann. Absatz 3 ermächtigt die 36

Das BPV publizierte seit Inkrafttreten der Mindestquote zu den Betriebsrechnungen der Lebensversicherer in der beruflichen Vorsorge für die Geschäftsjahre 2005 und 2006 jeweils ein Offenlegungsschema sowie einen dazu gehörenden Bericht.

5091

zuständige Aufsichtsbehörde, in der geltenden Regelung das BPV, die Ausschüttungsquote anzuheben, falls die Zuweisung an den Überschussfonds in einem Missverhältnis zum Anteil des Versicherers steht. Im Falle eines ungenügenden Solvenzkapitals kann das BPV zudem die Ausschüttungsquote des betroffenen Versicherers unter die Mindestquote senken. Die Kriterien für eine allfällige Anhebung oder Senkung der Mindestquote sind in der Aufsichtsverordnung jedoch nicht festgelegt.

3.2.2

Jahresberichte über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG

Am 1. Januar 2003 trat das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts37 in Kraft. Gemäss Artikel 76 Absatz 1 ATSG überwacht der Bundesrat die Durchführung der Sozialversicherungen und erstattet hierüber regelmässig Bericht.

Die GPKs behandelten die seit dem gesetzlichen Auftrag erstellten drei Jahresberichte 2003, 2004 und 2005. Bereits in den vergangenen Jahresberichten wiesen die GPKs auf Mängel dieser Berichterstattung hin. So nahm die GPK-N 2006 eine vertiefte Prüfung des Berichts für das Jahr 2004 vor. Es ging insbesondere auch um die Frage der Fortführung der Berichterstattung, da der Bundesrat in seiner Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur 11. AHV-Revision38 vorschlägt, auf die in Artikel 76 ATSG vorgesehene Berichterstattungspflicht zu verzichten.

Zwar ist die GPK-N der Meinung, dass die Bedeutung der Berichterstattung gemäss Artikel 76 ATSG nicht sehr gross und deshalb immer noch ungenügend ist, spricht sich aber gegen eine Aufhebung der Berichterstattungspflicht aus, wie sie vom Bundesrat beantragt wurde. Für die Umsetzung der relevanten Bestimmung sei vom Bundesrat eine Form zu finden, die eine Gesamtübersicht über aktuelle Informationen aus den Sozialversicherungen bietet und Querbezüge zwischen den einzelnen Versicherungen herstellt. Zudem muss die Organisation der statistischen Grundlagen im Sozialversicherungsbereich und deren Auswertung weiterhin verbessert werden.

Bei der Behandlung des Jahresberichts 2005 setzte sich die GPK-S auch mit der Ansicht der GPK-N über die Fortführung der Berichterstattung in anderer Form auseinander. Sie teilt deren Meinung, dass die Organisation der statistischen Grundlagen im Sozialversicherungsbereich verbessert werden muss. Dazu gehört auch die Auswertung der Daten. Hingegen teilt die GPK-S die Ansicht des Bundesrats, wie er sie in der Botschaft zur 11. AHV-Revision ausdrückt, dass die in Artikel 76 ATSG vorgesehene Berichterstattungspflicht aufgehoben werden könne.

Der Entwurf des Bundesrates befindet sich zurzeit zur Prüfung bei der SGK-N.

Dieser wurde noch nicht durch den Nationalrat behandelt.

37 38

Bundesgesetz vom 6.10.2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1).

11. AHV-Revision) (Neufassung ­ Erste Botschaft des Bundesrats betreffend AHVAusgleichsfonds; einheitliches Rentenalter 65 für Männer und Frauen; Erweiterung der Vorbezugs- und Aufschubsregelungen; Aufhebung des Freibetrags für Erwerbstätige im Rentenalter; Massnahmen betreffend die Umsetzung der Versicherung, vom 21.12.2005 (BBl 2006 1957).

5092

3.2.3

Transparenz bei der Prämienfestsetzung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung

In der ersten Hälfte 2006 beschloss die GPK-S, auf eine Studie der PVK über die Transparenz bei der Prämienfestsetzung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu verzichten, da das Bundesamt für Gesundheit (BAG) gestützt auf ein Postulat aus dem Nationalrat39 einen ausführlichen Bericht erarbeitete. Auf Bitte der GPK-S an den Vorsteher des EDI wurden bei der Erarbeitung des Berichts auch zusätzlichen Fragen der Kommission Rechnung getragen. Der Bundesrat verabschiedete den Bericht40 am 22. September 2006.

In seinem Bericht legt der Bundesrat das Funktionieren der Prämiengenehmigung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung detailliert dar. Er erachtet die Prämiengenehmigung durch die Aufsichtsbehörde in Bezug auf die ihr zu Grunde liegenden Daten und deren Prüfung als transparent und zweckmässig. Die Prämienkontroll- und Genehmigungspraxis der Aufsichtsbehörde wurde seit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes im Jahre 1996 mehrfach von externen Experten überprüft und gestützt auf die entsprechenden Untersuchungsberichte weiterentwickelt. Aufgrund des wirksamen und pragmatischen Verfahrens sieht der Bundesrat keinen Handlungsbedarf bezüglich der diesem zu Grunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen. Auch die Transparenz der Finanzierung, der Prämienfestsetzung und der Prämienentwicklung hält der Bundesrat durch die Publikationen des BAG und der Versicherer als ausreichend. Aus diesen Gründen sieht er keinen Handlungsbedarf bezüglich der Informationen der Versicherten und schlägt keine organisatorischen oder gesetzgeberischen Massnahmen vor.

Die GPK-S prüfte den Bericht des Bundesrates vom 22. September 2006 im Detail und hörte dazu auch Experten der Aufsichtsbehörde an. Sie bat den Vorsteher des EDI, einige offene Fragen nach den Grenzen der im Bericht beschriebenen Ermessensspielräume der Versicherer und derjenigen der Aufsichtsbehörde in einem Zusatzbericht zu beantworten. Dieser Zusatzbericht ging am 29. März 2007 ein.

Gestützt auf diese schriftlichen Unterlagen und die mit den Vertretern der Aufsichtsbehörde geführten Gespräche kommt die GPK-S zum Schluss, dass die Aufsicht der zuständigen Behörden zweckmässig organisiert und durchgeführt wird. Die Datengrundlage und die Möglichkeiten des öffentlichen Zugangs zu den relevanten Berichten des BAG sind als gut zu bewerten. Die Kommission hat insgesamt keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf ausgemacht.

3.2.4

Die Rolle des Bundes bei der Qualitätssicherung nach KVG

Die Sicherstellung einer qualitativ hoch stehenden medizinischen Versorgung ist eines der Hauptziele des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung. Vor diesem Hintergrund beauftragte die GPK-S die PVK am 12. Februar 2007 mit einer Untersuchung zu den Aufgaben und der Aufgabenwahrnehmung des Bundes im Rahmen 39 40

Po. 05.3625 «Für eine verbesserte Information der Krankenversicherten» vom 6.10.2005.

Bericht des Bundesrates in Erfüllung des Postulats Robbiani (05.3625) «Prämienfestsetzung und -genehmigung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung» vom 22.9.2006.

5093

der Qualitätssicherung gemäss KVG. Einerseits wurde der rechtlich-normative Rahmen, den das KVG für die Qualitätssicherung vorsieht, auf seine Zweckmässigkeit hin beurteilt. Andererseits wurden die Massnahmen des Bundes inventarisiert und wurde geprüft, inwiefern dieser seine gesetzlichen Kompetenzen genutzt und ob er seine Aufgaben zweckmässig wahrgenommen hat.

Auf der Grundlage des Evaluationsberichts der PVK vom 5. September 2007 (s. Bericht im Anhang, Ziff. 2.1.4.) stellte die GPK-S fest, dass im Bereich der Qualitätssicherung noch beträchtliches Optimierungspotenzial besteht und dass der Bund seine gesetzlichen Kompetenzen nicht konsequent genug nutzt.

Die GPK-S teilte dem Bundesrat mit Schreiben vom 13. November 2007 ihre Folgerungen und Empfehlungen mit. Um den im internationalen Vergleich hohen Stand des Schweizer Gesundheitssystems zu wahren und weiter zu verbessern, forderte die GPK-S den Bundesrat auf, seine Führungsfunktion im Bereich der Qualitätssicherung verstärkt wahrzunehmen. Die Kommission hielt den Bundesrat ausdrücklich dazu an, die gesetzlichen Kompetenzen des Bundes konsequent und vollständig auszuschöpfen. Der Bundesrat soll namentlich eine klare und verbindliche Strategie erarbeiten, welche die Massnahmen, Verantwortlichkeiten und Fristen für die Umsetzung des im KVG verankerten Qualitätssicherungsauftrags definiert. Die Kommission verlangte auch eine verbesserte Nutzung bestehender Daten für die Zwecke der Qualitätssicherung und eine Überprüfung der vom Bund für die Qualitätssicherung eingesetzten Ressourcen. Weiter forderte sie eine verstärkte Berichterstattung über bestehende Qualitätsvereinbarungen und die Formulierung von Mindestanforderungen an die Inhalte von Qualitätsvereinbarungen. Dabei sollen die Tarifparteien dazu angehalten werden, die Differenzierung von Tarifen nach Qualitätskriterien zu prüfen. Sofern notwendig, soll der Bund auch eigene Vorschriften über Qualitätssicherung erlassen. Gegebenenfalls sind zudem weitergehende Massnahmen zu prüfen, welche die rasche Umsetzung der Qualitätssicherung im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung gewährleisten.

Die GPK-S erwartet vom Bundesrat eine Stellungnahme bis Mitte August 2008.

3.2.5

Leistungsbestimmung und -überprüfung in der obligatorischen Krankenversicherung

Am 19. Januar 2007 beauftragten die GPKs die PVK mit der Durchführung einer Untersuchung zur Leistungsbestimmung und -überprüfung in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Zudem lag der GPK-N ein Antrag vor, verschiedene Aspekte des «Programms Evaluation in der Komplementärmedizin» (PEK) zu überprüfen. Die für die Untersuchung und den Antrag zuständige Subkommission der GPK-N beschloss diesbezüglich, die Angemessenheit der Strukturen und Prozesse der Leistungsbestimmung unter Berücksichtigung der Komplementärmedizin durch die PVK abklären zu lassen.

Den Hintergrund der Untersuchung bilden Hinweise auf Probleme bei der Leistungsbestimmung und -überprüfung in der OKP, die nicht erst im Falle des PEK evident geworden sind. Sie betreffen einerseits die ärztlichen Leistungen des Leistungskatalogs, also Diagnosen und Behandlungsverfahren im Krankheitsfall, und andererseits die nichtärztlichen Leistungen, wie z. B. Arzneimittel oder in Laboratorien durchgeführte Analysen. Nebst dem Umfang des Leistungskatalogs für ärztliche 5094

Leistungen oder der Spezialitätenliste für Arzneimittel wurden in der Vergangenheit immer wieder die mangelnde Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Entscheidverfahren kritisiert. Vermutet wird zudem, dass im Leistungskatalog und in den übrigen Listen (Arzneimittel, Mittel und Gegenstände etc.) Methoden bzw. Mittel enthalten sind, welche die gesetzlich verankerten Kriterien der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit nicht erfüllen. Hinterfragt werden weiter das System der beratenden Kommissionen oder die Aufteilung der Mit- und Einspracherechte der involvierten Akteure.

Die PVK wird sich in ihrer Untersuchung auf die ärztlichen Leistungen konzentrieren und, fokussiert auf den Leistungskatalog der OKP, Fragen nach den Arrangements der Akteure, den Abläufen, den Entscheidgrundlagen und -kriterien stellen.

Ihr Schlussbericht wird für Sommer 2008 erwartet.

3.3

Forschung, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft

3.3.1

Eidgenössische Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Rau

2006 konnte die GPK-S ihre mehrjährige Untersuchung über die eidgenössische Stiftungsaufsicht beenden. Sie verabschiedete dazu im April 2006 einen Bericht41 und lud den Bundesrat ein, dazu Stellung zu nehmen. Dieser verabschiedete seine Stellungnahme am 23. August 2006.42 Anfangs 2007 befasste sich die GPK-S mit dieser Stellungnahme und stellte mit Befriedigung fest, dass sich der Bundesrat den beiden Empfehlungen der GPK-S betreffend Ressourcenfragen und einer systematischen Evaluation der Stiftungsaufsicht anschliesst. Hingegen teilt der Bundesrat die Ansicht der GPK-S in Bezug auf den Umgang mit beteiligten Parteien nicht. Die Kommission hält fest, dass es im Interesse eines glaubwürdigen Verfahrens ist, wenn sich die Aufsichtsbehörde Regeln über den Umgang mit beteiligten Parteien gibt. In diesem Sinne schloss die GPK-S das Dossier ab und kündigte dem Bundesrat eine Nachkontrolle in ungefähr zwei Jahren an.

Am 25. September 2006 beschloss der Ständerat Annahme der Motion der GPK-S43 betreffend die unverzügliche Verlegung der Stiftungsaufsicht in eine Verwaltungseinheit, deren Aufgabenbereich nicht mit den üblichen Tätigkeiten der gemeinnützigen Stiftungen verknüpft ist.

Als vorberatende Kommission des Zweitrats beschloss die GPK-N die Umwandlung der Motion in einen Prüfungsauftrag. Die Kommission prüfte die Motion eingehend und hörte den Vertreter des EDI an. Die GPK-N nahm zur Kenntnis, dass die GPKs bereits 1995 eine Empfehlung im gleichen Sinne abgegeben hatten, dies jedoch keine Wirkung zeigte. Sie zeigte deshalb Verständnis für das vom Ständerat vorgeschlagene Vorgehen. Gleichzeitig kam die GPK-N jedoch zum Schluss, dass eine Herauslösung der Frage der Verlegung der Stiftungsaufsicht aus dem umfassenden Reorganisationsprojekt der Verwaltungsreform nicht angebracht sei. Deshalb sei der 41 42 43

Bericht der GPK-S «Aspekte der Stiftungsaufsicht am Beispiel der Stiftungen von Dr. Gustav Rau» vom 7.4.2006 (BBl 2006 7707).

Stellungnahme des Bundesrates vom 23.8.2006 (BBl 2006 7737).

Mo. 06.3177 «Verlegung der Stiftungsaufsicht» vom 7.4.2006.

5095

Bundesrat zu beauftragen, die fragliche Verlegung bis Ende 2007 im Rahmen der Verwaltungsreform zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten. Der Nationalrat beschloss am 21. Juni 2007 die Annahme der Motion in geänderter Form44.

Am 2. Oktober 2007 schloss sich der Ständerat der Position des Nationalrates an.45 Der Bundesrat hat der GPK-S seinen Bericht Mitte Dezember 2007 überwiesen. Die Kommission wird diesen anfangs 2008 zur Kenntnis nehmen.

3.3.2

Steuerung der Ressortforschung des Bundes

Wie im letzten Jahresbericht46 nachzulesen ist, schloss die GPK-N eine Untersuchung zur Steuerung der Ressortforschung ab und forderte den Bundesrat auf, zum entsprechenden Bericht47 Stellung zu nehmen. Dieser verabschiedete seine Stellungnahme48 am 15. Dezember 2006.

Darin stimmt der Bundesrat dem ersten Teil der Empfehlung 1 über die rechtliche Verankerung der Ressortforschung zu und erklärt sich bereit, diese zu überprüfen.

Dies werde im Rahmen einer voraussichtlich auf 2010 geplanten Revision des Forschungsgesetzes49 erfolgen. Aus heutiger Optik stehe dabei die von der GPK-N genannte Option einer übergeordneten spezialgesetzlichen Regelung nicht im Vordergrund. Die GPK-N nahm diese Stellungnahme zur Kenntnis und informierte die Kommissionen für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBKs) über die Absichten des Bundesrates.

Auf die zweite Forderung der Empfehlung 1 nach einer klaren Definition der Ressortforschung möchte der Bundesrat nicht eintreten. Er werde jedoch den Steuerungsausschuss Bildung, Forschung und Technologie (Steuerungsausschuss BFT) damit beauftragen, die Begrifflichkeiten im Bereich der Ressortforschung betreffend Statistiken (F+E Statistik) zu klären. Die GPK-N wird diese Klärungen im Rahmen einer Nachkontrolle überprüfen und hält im Weiteren an der Empfehlung für eine klarere Definition der Ressortforschung fest.

In Bezug auf die Empfehlung 2, Rolle und Kompetenzen des Steuerungsausschusses, teilt der Bundesrat zwar die Auffassung der GPK-N, dass die amts- und departementsübergreifende Steuerung der Inhalte der Ressortforschung verbessert werden kann. Er ist aber im Gegensatz zur GPK-N der Meinung, dass die Steuerung bei den federführenden Ämtern anzusiedeln sei und lehnt auch eine ämter- und departementsübergreifende Steuerung der Ressourcen der Ressortforschung ab. Damit nimmt der Bundesrat praktisch die von ihm im Zusammenhang mit der Empfehlung 1 angekündigte Überprüfung der Kompetenzen und Aufgaben des Steuerungsausschusses BFT im Rahmen der Revision des Forschungsgesetzes (FG) vorweg. Aus diesem Grunde hält die GPK-N an ihrer Empfehlung 2 fest. Zudem ist die Kommission der Ansicht, dass im Sinne einer minimal verbesserten Koordination das Problem der 44 45 46 47 48 49

AB 2007 N 1066 f.

AB 2007 S 883.

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3096).

Bericht der GPK-N «Steuerung der Ressortforschung des Bundes» vom 23.8.2006 (BBl 2006 771).

Stellungnahme des Bundesrates vom 15.12.2006 (BBl 2007 847).

Bundesgesetz über die Forschung vom 7.10.1983 (Forschungsgesetz, FG; SR 420.1).

5096

Übertragung von Ressourcen zwischen den Ämtern bei gemeinsamen Projekten zu lösen ist.

Die GPK-N begrüsste den Willen des Bundesrates, die Ressortforschungskonzepte konsequenter auf die ämter- und departementsübergreifenden Politikbereiche auszurichten, wie dies in der Empfehlung 3 gefordert wird. Sie zweifelt hingegen aufgrund ihrer Erkenntnisse aus der Inspektion daran, dass die federführenden Ämter dazu in der Lage sein werden. Deshalb hält sie an ihrer Forderung nach einer übergeordneten Konzeption fest. Es gilt zudem inskünftig zu vermeiden, dass in zentralen Bereichen der Tätigkeit des Bundes Ressortforschungskonzepte fehlen.

In Bezug auf die Empfehlung 4 über die Qualitätssicherung nahm die GPK-N mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der Bundesrat sich bereit erklärt, die Umsetzung der Qualitätssicherung in der Ressortforschung zu evaluieren. Sie wird sich über die Resultate dieser Evaluation informieren lassen.

Im Rahmen ihrer Arbeiten zur Steuerung der Ressortforschung des Bundes stellte die GPK-N fest, dass ARAMIS (Administration Research Actions Management Information System)50 das in der entsprechenden Verordnung festgehaltene Ziel der Planung und Steuerung auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung noch nicht erreicht hat. Deshalb forderte sie den Bundesrat in der Empfehlung 5 dazu auf, das Informationssystem ARAMIS auf seine Zielsetzungen hin zu überprüfen. In seiner Stellungnahme nahm der Bundesrat die Empfehlung entgegen, machte aber gleichzeitig Vorbehalte bezüglich der möglichen Nutzung von ARAMIS für die Forschungsplanung der Ämter. Die GPK-N nahm von dieser Stellungnahme Kenntnis und wird sich zur gegebenen Zeit über die Überprüfung vom ARAMIS auf seine Zielsetzungen informieren lassen.

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass der Bundesrat keinen klaren Willen bekundet, die Ressortforschung des Bundes einer konsequenteren übergeordneten Steuerung zu unterziehen, wie dies in wesentlichen Teilen der Empfehlungen gefordert wird. Ihrer Praxis entsprechend wird sich die GPK-N deshalb im Rahmen einer Nachkontrolle in ungefähr drei Jahren nochmals mit der Umsetzung der Empfehlungen befassen.

3.4

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

3.4.1

Umsetzung des Artikels 84 der Bundesverfassung (alpenquerender Transitverkehr)

Mit Schreiben vom 21. Juni 2007 reichte der Verein Alpen-Initiative der Bundesversammlung eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Bundesrat ein. Darin fordert er das Parlament auf, den Bundesrat an seine verfassungsmässigen Pflichten bei der Umsetzung von Artikel 84 BV über den alpenquerenden Transitverkehr zu mahnen.

Diese Beschwerde wurde der GPK-N zur Behandlung zugewiesen. Die GPK-N beschloss, auf diese Aufsichtsbeschwerde nicht einzutreten. Ausschlaggebend für diesen Beschluss ist der Umstand, dass der Bundesrat am 8. Juni 2007 den eidgenös-

50

ARAMIS ist ein elektronisches Informationssystem, in welchem alle Forschungs- und Entwicklungsprojekte erfasst werden, die ganz oder teilweise vom Bund finanziert oder durchgeführt werden.

5097

sischen Räten die Botschaft zur Güterverkehrsvorlage51 einreichte. Diese Vorlage soll Artikel 84 BV umsetzen.

Die Güterverkehrsvorlage umfasst den gleichen Gegenstand wie die Aufsichtsbeschwerde des Vereins Alpen-Initiative. Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats (KVF-S) beschloss an ihrer Sitzung vom 4. Juli 2007 Eintreten auf diese Vorlage. Die GPK-N hält an ihrer Praxis fest, keine Aufsichtseingabe zu behandeln, deren Gegenstand zeitgleich in den eidgenössischen Räten anhängig ist. Es ist nicht das Ziel der parlamentarischen Oberaufsicht, mit der ordentlichen Gesetzesarbeit des Parlaments zu interferieren.

3.4.2

Umgang des Bundes mit Naturgefahren

2006 beschloss die GPK-N, eine Untersuchung im Bereich des Schutzes vor Naturgefahren durchzuführen. Diese Untersuchung geht unter anderem auf Fragen nach den Zuständigkeiten und der koordinierten und effizienten Verwendung der vom Bund für die Abwehr von Naturgefahren eingesetzten Mittel ein. In diesem Rahmen wurde die PVK beauftragt, eine Evaluation durchzuführen, die sich mit der Konzeption, Transparenz, Rechtmässigkeit, Aufsichtstätigkeit sowie mit der Wirkungsorientiertheit der subventionierten Massnahmen befasst.

Die PVK schloss ihre Arbeiten im ersten Halbjahr 2007 ab52. Die Kommission nahm davon Kenntnis, identifizierte einige offene Fragen und legte das weitere Vorgehen fest. Die offenen Fragen betreffen unter anderem die Risikoorientiertheit des geltenden Rechtes: Es bestehen keine quantitativen Sicherheitskriterien im Sinne maximal zulässiger Risiken, was einen einheitlichen Ansatz zur Gefahrenabwehr erschwert.

Die Neugestaltung des Finanzausgleichs (NFA) wird gewisse Änderungen im Bereich der Naturgefahrenabwehr herbeiführen. Dabei wird es insbesondere auch darum gehen, wie der Bundesrat und die Bundesverwaltung ihre Aufsichtsfunktion über die vom Bund finanzierten Massnahmen zur Gefahrenabwehr bzw. zur Wiederherstellung nach einem Naturereignis ausüben. In diesem Zusammenhang forderte die GPK-N den Bundesrat auf, einen Bericht über ein Aufsichtskonzept zu verfassen.

Der Bundesrat legte am 28. November 2007 seinen Bericht vor. Die Kommission wird Anfang 2008 davon Kenntnis nehmen.

51 52

Botschaft des Bundesrats zur Güterverkehrsvorlage vom 8.6.2007 (BBl 2007 4377).

S. Bericht der PVK «Evaluation zum Umgang des Bundes mit Naturgefahren» vom 18.6.2007, s. auch Ziff. 2.1.2 des Jahresberichts 2007 der PVK, veröffentlicht im Anhang des vorliegenden Berichts.

5098

3.4.3

Sicherheit in der Zivilluftfahrt

Bereits seit mehreren Jahren begleitete die GPK-S die Umsetzung der Massnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt.53 Ziel der verschiedenen Massnahmen und Projekte war der Aufbau eines umfassenden Sicherheitsmanagements sowie einer eigentlichen Sicherheitskultur.

Die begleitende Kontrolle der GPK-S wurde u. a. auf der Grundlage von halbjährlichen Standberichten des UVEK ausgeübt. Im Berichtsjahr nahm die Kommission jedoch den Nachaudit-Bericht54 des niederländischen Luft- und Raumfahrtinstituts (NLR) vom Dezember 2006, der den Stand der Umsetzung der Empfehlungen aus dem Jahr 2003 überprüft hatte, zur Kenntnis. Der Bericht attestierte einen beträchtlichen Fortschritt in der Entwicklung der Luftfahrtsicherheit in der Schweiz. So waren eine Mehrzahl der damaligen Empfehlungen umgesetzt worden oder standen kurz davor. Es waren jedoch noch vermehrt Bemühungen in den Bereichen Skyguide (Fluglotsenmangel und Zertifizierung der technischen Mitarbeitenden), Erstellung und Inkraftsetzung der Rechtsgrundlagen (straffreie Meldung von Vorfällen) und die Reorganisation des Büro für Flugunfalluntersuchungen (BFU) notwendig.

Gestützt auf die mehrheitlich positiven Folgerungen des NLR-Berichts 2006 löste der Vorsteher des UVEK die besondere Projektorganisation safety first, kurz «Safir», auf mit der Begründung, dass die restlichen Aufgaben in der Linie gelöst werden könnten. Zudem schlug er vor, auf die gesonderte Berichterstattung an das Parlament zu verzichten und stattdessen jeweils die ordentliche Geschäftsberichterstattung zu verwenden. Die GPK-S lehnte dies jedoch ab und forderte das UVEK auf, jährlich in einem gesonderten Bericht über den Stand der Entwicklung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt zu informieren.

Die zuständige Subkommission führte im Berichtsjahr zudem Gespräche mit dem Luftfahrtsicherheitsbeauftragten des UVEK und besuchte die Skyguide AG an ihren Standorten in Wangen bei Dübendorf und Genf. Bei ihren Dienststellenbesuchen thematisierte die Subkommission insbesondere folgende Themen: die Problematik des Fluglotsenmangels, die Ausbildung der Fluglotsen, den Stand des Projektes Upper Area Control Center (UAC) - einer einheitlichen Kontrolle des oberen Schweizer Luftraums -, sowie die Position von Skyguide im Prozess des Single European Sky (SES)55 ­ der Errichtung eines
einheitlichen europäischen Luftraums.

Den Mangel an Fluglotsen erklärte Skyguide mit unerwartet vielen Abgängen sowie der schlechten Erfolgsquote im Ausbildungsprozess. Die Vertreter von Skyguide betonten, dass der Mangel an Fluglotsen keinen Einfluss auf die Sicherheit habe, jedoch vermehrt zu Verspätungen führe. Als kurzfristige Massnahme konnte skyguide mit den Sozialpartnern vereinbaren, dass den Fluglotsen auf freiwilliger Basis zusätzliche Ruhetage abgekauft werden konnten. Mittelfristig arbeitet Skyguide daran, die Ausbildungseffizienz zu verbessern. Langfristig plant Skyguide bei der 53

54

55

S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 23.1.2004 (BBl 2004 1748); Jahresbericht 2004 vom 21.1.2005 (BBl 2005 1962); Jahresbericht 2005 vom 20.1.2006 (BBl 2006 4380) sowie Jahresbericht 2006 vom 19.1.2007 (BBl 2007 3105).

Post Implementation Audit of Aviation Safety Management in Switzerland: On the Way from the Myth of Perfection towards Excellence, National Aerospace Laboratory NLR, Amsterdam, December 2006 (NLR-Bericht 2006).

Ein von der Europäischen Kommission ausgearbeitetes Projekt der Neustrukturierung des europäischen Luftraums für grössere Sicherheit und Effizienz im Luftverkehr.

5099

Rekrutierung von auszubildenden Fluglotsen Synergien mit anderen im Luftraum Schweiz tätigen Organisationen zu nutzen.

Die Umsetzung des UAC in Genf bleibt ein Ziel von Skyguide. Die Flugsicherung hat jedoch anderen Projekten wie der Systemerneuerung in Zürich und dem Umzug von Kloten nach Dübendorf den Vorzug eingeräumt. Nach den positiven Ergebnissen einer Studie zu einem Functional Airspace Block (FAB) ­ einem grenzüberschreitenden funktionalen Luftraumblock ­ mit Frankreich wurde die binationale Machbarkeitsstudie um die Länder Deutschland, Belgien, Luxemburg sowie den Niederlanden erweitert. Die Bewirtschaftung eines Luftraumblocks über der Schweiz und dem angrenzenden Ausland durch Skyguide im Rahmen des SES stellt gemäss dem Bericht über die Luftfahrtpolitik der Schweiz 200456 ein übergeordnetes Ziel dar. Die Ergebnisse zur Machbarkeit eines solchen «FAB Mitteleuropa» werden voraussichtlich Mitte 2008 vorliegen.

Die GPK-S hat insgesamt wiederum feststellen können, dass alle beteiligten Kreise erhebliche Anstrengungen unternommen haben, um die Ziele zur Förderung der Luftfahrtsicherheit in der Schweiz zu erreichen, wie sie im Projekt Safir definiert worden sind. Die zuständige Subkommission wird die Weiterentwicklung des Projekts Safir nicht zuletzt anhand des weiterhin geforderten jährlichen Berichts zum Stand der Entwicklung der Sicherheit in der Zivilluftfahrt aufmerksam begleiten.

3.4.4

Luftraumbewirtschaftung Zürich

Anlässlich eines Dienststellenbesuchs bei der Skyguide AG am Flughafen Zürich vom 29. März setzte sich die zuständige Subkommission neben anderen Themen (s. Ziff. 3.4.3) vertieft mit der Luftraumbewirtschaftung Zürich auseinander. Bei dieser Gelegenheit traf die Subkommission auch Aerocontrol Switzerland57 zu einer Aussprache. Im Herbst 2006 hatte die zuständige Subkommission einen Brief von Aerocontrol Switzerland betreffend die Einführung des Instrumentenlandesystems auf der Piste 28 des Flughafens in Kloten erhalten. Die Vertreter von Aerocontrol machten gegenüber der Subkommission geltend, dass die Situation in Zürich nicht zuletzt durch die zunehmenden politischen Einschränkungen immer komplexer werde, worin sie ein Sicherheitsproblem befürchteten. Als Problemlösungsansatz nannten sie u.a., dass der Linienverkehr am Flughafen Zürich gegenüber dem Verkehr mit Privatflugzeugen privilegiert behandelt werden sollte.

Am 30. April 2007 beauftragte die zuständige Subkommission das UVEK, die Anflugprioritäten auf den Flughafen Zürich zu untersuchen und ihr über die Resultate Bericht zu erstatten. Am 11. Oktober 2007 nahm die Subkommission die Abklärungen des UVEK zur Kenntnis. Das UVEK wies in seinem Schreiben darauf hin, dass das gültige Betriebsreglement vom 31. Mai 2001 des Flughafens Zürich die Linienflüge gegenüber allen anderen Flugarten priorisiert. Das UVEK fügte hinzu, dass die Frage, welcher Mix von Verkehrsarten auf dem Flughafen Zürich sinnvoll ist, durchaus berechtig sei, und dass die Leichtaviatik auf einen interkontinentalen Hub eher einen Fremdkörper darstelle. Die zuständige Subkommission beschloss, 56 57

Bericht über die Luftfahrtpolitik der Schweiz 2004 (BBl 2005 1781), S. 1855.

Aerocontrol Switzerland ist der Berufsverband der zivilen deutschschweizerischen Flugverkehrsleiter und vertritt hauptsächlich die am Standort Zürich tätigen Flugverkehrsleiter der Flugsicherungsfirma Skyguide.

5100

das Thema erneut gegenüber dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) zur Sprache zu bringen.

Um auch einmal die Sicht der von der Luftfahrtpolitik betroffenen Institutionen, die nicht in den Aufsichtsbereich der GPK fallen, kennen zu lernen, traf sich die zuständige Subkommission am 11. Oktober 2007 zu Aussprachen über das Anflugregime auf den Flughafen Zürich mit Vertretern von Unique (Flughafen Zürich AG) sowie Vertretern der Kantone Zürich, Aargau, Thurgau und St. Gallen. Bei den Treffen mit den Kantonsvertretern kamen in erster Linie die unterschiedlichen Betriebsvarianten des Flughafens Zürich, wie sie im laufenden Prozess des Sachplans Infrastruktur Luftfahrt (SIL) diskutiert werden, zur Sprache. Der SIL ist das Planungs- und Koordinationsinstrument des Bundes für die zivile Luftfahrt. Er bildet die Grundlage für die Planung, die Bauten und den Betrieb eines Flugplatzes. Die Aussprachen machten die Schwierigkeiten deutlich, im SIL-Prozess zu einer einvernehmlichen Lösung zu kommen. Die Subkommission beschloss, diese Schwierigkeiten gegenüber dem UVEK sowie dem Bazl in der neuen Legislatur anzusprechen.

3.4.5

SAirGroup

Im Rahmen der strafrechtlichen Aufarbeitung des Niedergangs der Swissair machte ein ehemaliger Verwaltungsratspräsident der SAirGroup eine Aussage über ein Gespräch mit den damaligen Vorstehern des UVEK und des EDA betreffend einer Zahlung der SAirGroup im Jahre 2001 an die belgische Fluggesellschaft Sabena.

Diese Aussage liess die Frage nach einer politischen Einflussnahme auf Entscheidungen des damaligen Verwaltungsrates des Unternehmens aufkommen.

Deshalb führte die zuständige Subkommission der GPK-S ein Gespräch mit dem Vorsteher des UVEK und dem ehemaligen Vorsteher des EDA und liess sich von ihnen über die damaligen Kontakte zum Verwaltungsratspräsidenten informieren.

Die GPK-S kam zum Schluss, dass die betroffenen Bundesräte weder Einfluss auf den Verwaltungsrat der SAirGroup nahmen noch sonstwie ihren Kompetenzrahmen überschritten. Das Gespräch vom 2. Februar 2001 zwischen dem damaligen Verwaltungsratspräsidenten der SAirGroup und den beiden Bundesräten beinhaltete keine neuen wesentlichen Fakten, die eine Entscheidung des Verwaltungsrates der SAirGoup über die fragliche Zahlung hätte beeinflussen können. Folglich sieht die GPK-S keinen weiteren Handlungsbedarf in dieser Angelegenheit.

5101

3.5

Internationale Beziehungen und Aussenhandel

3.5.1

Kohärenz und strategische Führung der Tätigkeiten der Deza

Die GPK-S veröffentlichte im Dezember 2006 ihren Bericht zur Kohärenz und strategischen Führung der Aktivitäten der Deza.58 Die Arbeiten der GPK-S beruhten auf einer Evaluation der PVK59 sowie auf einer Studie der Organisation für Wirtschaftszusammenarbeit und Entwicklung (OECD)60. Ausserdem unterhielt sich die GPK-S mit der Vorsteherin des EDA, mit dem ehemaligen Vorsteher des EVD, mit dem Direktor der Deza und mit dem Chef des zuständigen Leistungsbereichs des SECO. Nach Abschluss ihrer Arbeiten61 war die GPK-S in der Lage, die Kritik, wonach die Tätigkeiten der Deza nicht den von Bundesrat und Parlament festgelegten Zielen und Prioritäten genügten, zurückzuweisen. Dagegen stellte die GPK-S einige Mängel in der strategischen Führung sowie eine fehlende thematische und geografische Fokussierung der Entwicklungszusammenarbeit fest.

Der Bericht der GPK-S enthält zwei Motionen: In der ersten Motion (06.3666)62 wird der Bundesrat beauftragt, die gesetzlichen Grundlagen und die Gesamtheit seiner strategischen Führungsinstrumente auf dem Gebiet der internationalen Zusammenarbeit einer kritischen Prüfung zu unterziehen; laut der zweiten Motion (06.3667)63 soll er das Tätigkeitsportefeuille der Deza und des SECO im Sinne einer geografischen und thematischen Konzentration neu überprüfen. Der Bericht enthält des Weiteren sechs Empfehlungen, die insbesondere darauf abzielen, die Koordination zwischen der Deza und dem SECO zu verbessern, die Transparenz in der Verwendung der Rahmenkredite zu steigern und die strategische Architektur der Deza zu vereinfachen.

Am Rande der Jahreskonferenz der Deza im Januar 2007 übte der Deza-Direktor scharfe Kritik am Bericht der GPK-S; er warf der Kommission und der PVK insbesondere vor, wissentlich falsche Zahlen verwendet zu haben. Diese Äusserungen wurden von verschiedenen Tageszeitungen aufgegriffen.

Nach diesem Zwischenfall führte die GPK-S im März 2007 ein Gespräch mit der EDA-Vorsteherin. Dabei trug die Kommission ihren Standpunkt unmissverständlich klar vor. Sie bezeichnete die Kritik des Deza-Direktors sowohl inhaltlich als auch mit Blick auf die Form als inakzeptabel und wies sie klar zurück. Die GPK-S sprach zudem der PVK erneut ihr uneingeschränktes Vertrauen aus. Die EDA-Vorsteherin rechtfertigte die Äusserungen ihres Direktors mit dem Argument, gewisse Punkte
seiner Kritik seien vielleicht nicht unbegründet und seine Aussagen müssten in einen grösseren Kontext gestellt werden. Allerdings räumte die EDA-Vorsteherin ein, dass der Deza-Direktor besser geschwiegen hätte. Zudem erklärte sie, der Bericht der GPK-S beinhaltete neue Elemente und hilfreiche Einschätzungen; sie zeigte sich 58 59 60 61 62 63

Bericht der GPK-S «Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der Deza» vom 8.12.2006 (BBl 2007 2859).

Bericht der PVK zuhanden der GPK-S «Kohärenz und strategische Führung der Aktivitäten der Deza» vom 5.4.2006 (BBl 2007 2897).

Studie der OECD, «DAC Peer Review of Switzerland», 2005.

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3111 ff.).

Mo. 06.3666 GPK-S «Instrumente des Bundesrates zur strategischen Führung und gesetzliche Grundlagen» vom 11.12.2006.

Mo. 06.3667 GPK-S «Thematische und geografische Konzentration» vom 11.12.2006.

5102

bereit, die Schlussfolgerungen des Berichts unvoreingenommen und in einem konstruktiven Dialog mit dem Parlament zu prüfen. In diesem Sinne kamen die GPK-S und die EDA-Vorsteherin überein, die vom Deza-Direktor entfachte unglückselige Polemik zu beenden.

Die GPK-S befasste sich im Mai 2007 mit der Stellungnahme des Bundesrates zu ihrem Bericht und stellte erfreut fest, dass der Bundesrat bereit ist, ihre beiden Motionen entgegenzunehmen und die Empfehlungen, die im Bericht enthalten sind, umzusetzen.

Die GPK-S wird die Umsetzung ihrer Empfehlungen gemäss der üblichen Praxis im Rahmen einer spezifischen Nachkontrolle überprüfen. Diese Kontrolle wird spätestens im Jahr 2009 stattfinden.

Anlässlich der Sommersession 2007 nahm der Ständerat die beiden Motionen der GPK-S einstimmig an.

Die GPK-N hat sich ihrerseits anlässlich ihrer Sitzung vom 23. November 2007 mit den beiden Motionen der GPK-S befasst, und beschloss dem Nationalrat die Annahme zu beantragen.

3.5.2

Humanitäre Hilfe der Deza in Sri Lanka nach dem Tsunami

Aufgrund einer Aufsichtseingabe, in der das Management der humanitären Hilfsprojekte durch die Deza in Sri Lanka nach dem Tsunami vom 26. Dezember 2004 in mehreren Punkten kritisiert wurde, und gestützt auf weitere Hinweise ähnlichen Inhalts beschloss die GPK-S, eine Untersuchung zu diesem Thema einzuleiten. Die Kritiken betreffen im Wesentlichen zwei Projekte, nämlich das Programm für den Wiederaufbau von individuellen Häusern namens «Cash for Repair and Reconstruction» (CfRR) und das Programm für den Wiederaufbau von Schulen im Distrikt Matara. Die GPK-S hat die zuständige Subkommission mit den erforderlichen Arbeiten beauftragt.

Die Subkommission unterhielt sich im Herbst 2007 mit dem Autor der Eingabe und mit Vertretern der Deza. Im Moment analysiert sie diese Gespräche und die ihr unterbreiteten Dokumente.

Die Subkommission informiert die GPK-S regelmässig über den Stand der Arbeit.

3.5.3

Visaerteilung durch die Auslandvertretungen der Schweiz

Wie bereits im Jahresbericht 200664 angekündigt, stellte die GPK-N im Jahr 2007 den Bericht über die Visaerteilung in schweizerischen Vertretungen im Ausland fertig und genehmigte dessen Veröffentlichung am 17. April 2007. Der Bericht folgt auf die Untersuchungen, die wegen Verdachts auf missbräuchliche Visaerteilungen

64

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3113 f.).

5103

durch einzelne Schweizer Auslandvertretungen eingeleitet worden waren65. Die Kommission hatte damals beschlossen, sich über die Hintergründe dieser «Affären» zu informieren, aber auch das Verfahren bei der Erteilung der Visa und deren Kontrolle allgemein zu überprüfen.

Für Personen, die sich unrechtmässig ein Visum beschaffen wollen, bietet sich praktisch auf jeder Stufe des Visaerteilungsverfahrens eine Gelegenheit. Die Missbrauchsrisiken lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen: Sie können einerseits mit Korruption oder gesetzwidrigen Handlungen durch Mitglieder des Vertretungspersonals zusammen hängen, oder sie können die Kontrolle der Visaerteilungsbedingungen betreffen, insbesondere die Überprüfung der Echtheit der Dokumente und der Reisezwecke.

Für die GPK-N besteht kein Grund, aufgrund der jüngsten Affären auf schwere Mängel systematischer Art bei der Visaerteilung oder bei der Aufsicht durch das EDA und das EJPD zu schliessen. Die Kommission ist jedoch der Ansicht, dass die Verfahren und deren Aufsicht beträchtlich verbessert werden können.

Bei der grossen Mehrheit der Fälle handelt es sich um Handlungen von Einzeltätern und/oder kriminellen Organisationen, die durch die unzulängliche Anwendung der Kontrollverfahren bei den schweizerischen Auslandvertretungen begünstigt wurden.

Die GPK-N stellte erfreut fest, dass das EDA diese Affären ernst genommen und seine Praktiken seit 2005 kritisch geprüft hat. So wurden rasch mehrere Korrekturmassnahmen ergriffen, um die Begleitumstände der Visumerteilung zu verbessern.

Die Kommission begrüsst insbesondere die Schaffung des spezialisierten VisaInspektorats innerhalb des EDA-Inspektorats. Sie ist überzeugt, dass das Inspektorat ein relevantes und nützliches Instrument bildet und dass die Einrichtung sorgfältig vorbereitet wurde.

In den letzten Jahren haben die Budgetkürzungen und Sparprogramme das EDA veranlasst, mehr lokales Personal auf Kosten des schweizerischen Personals zu beschäftigen. Heute stellen die etwa 1200 lokalen Angestellten rund 60 Prozent des Personalbestands der Botschaften und der Generalkonsulate dar. Die GPK-N anerkennt den hohen Wert der lokalen Angestellten; das in normalen Zeiten unentbehrliche lokale Personal ist im Krisenfall von unschätzbarem Wert. Es muss jedoch eingestanden werden, dass die Einstellung von
lokalem Personal besonders mit Blick auf die Sicherheit Grenzen hat. Lokale Angestellte sind wegen ihrer sozialen Beziehungen im Land und wegen ihres oft bescheidenen Lebensstandards Drohungen, Loyalitätskonflikten, Erpressungs- oder Korruptionsversuchen von Personen, die sich rechtswidrig ein Visum beschaffen wollen, besonders ausgesetzt. Weil die Ressourcen fehlen, bereitet die Kontrolle der Tätigkeiten des lokalen Personals besonders in kleineren Vertretungen häufig Probleme.

Die GPK-N erachtet eine Analyse der Bedürfnisse der einzelnen Vertretungen im konsularischen Bereich daher als dringend. Dabei müssen sowohl die Missbrauchsrisiken und der Aufgabenumfang als auch ein etwaiges Rationalisierungspotenzial und nach Möglichkeit die neuen Anforderungen im Zusammenhang mit dem Beitritt der Schweiz zum Schengen-Raum geprüft werden. Aufgrund dieser Analyse müsste gegebenenfalls das für das Aussennetz der Schweiz vorgesehene Budget angepasst werden.

65

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4335 ff.).

5104

In bestimmten Ländern erweist sich die Kontrolle der Dokumente und der Informationen als äusserst schwierig. Die Kommission fordert den Bundesrat auf, zu gewährleisten, dass die Auslandvertretungen der Schweiz über ausreichende Kompetenzen für die Betrugsbekämpfung verfügen. So wird vorgeschlagen, eine Spezialisierung im Rahmen der konsularischen Karriere zu schaffen, damit interessierte Bedienstete eine vertiefte Ausbildung im Bereich Betrugsbekämpfung absolvieren können.

Die Untersuchungen der Kommission haben zudem gezeigt, dass eine zentrale Schwäche des Systems im Zusammenhang mit der fehlenden Sensibilität und dem mangelnden Interesse zahlreicher Missions- und Kanzleichefs für Visafragen steht.

Die Kommission erachtet es als wichtig, dass letztere ihre Verantwortungen in Visafragen und allgemein im Bereich konsularischer Schutz künftig klarer und aktiver wahrnehmen. Die Stellenprofile sollten nach der effektiven Bedeutung und den damit verbundenen objektiven Anforderungen klassifiziert werden, nicht nur nach Faktoren wie Prestige oder Titeln.

Für Tourismusvisa und Aufenthalte bis zu drei Monaten nehmen die schweizerischen Vertretungen häufig Visaaufträge entgegen, die über Reiseveranstalter oder Unternehmen eingereicht werden. Die Visa-Affären in Islamabad und Jakarta, bei denen Intermediäre eine zentrale Rolle spielten, haben allerdings die hohen Risiken dieses Systems vor Augen geführt. Die Kommission gelangt am Ende ihrer Arbeiten zur Auffassung, dass es unzweckmässig und sehr kostspielig wäre, die Zusammenarbeit mit den Intermediären zu untersagen. Die GPK-N erachtet es jedoch als unumgänglich, die Kontrollen bei den von Intermediären eingereichten Visaanträgen zu verbesseren und zu intensivieren, erforderlichenfalls durch vermehrte persönliche Gespräche.

Die GPK-N hat am 7. September 2007 die Stellungnahme des Bundesrates vom 27. Juni 2007 zu diesem Bericht zur Kenntnis genommen und stellt erfreut fest, dass der Bundesrat bereit ist, alle Empfehlungen umzusetzen. Die GPK-N begrüsst die bereits ergriffenen Massnahmen, z. B. die Neubewertung der Stellenprofile gemäss der effektiven Bedeutung und den objektiv verlangten Kompetenzen und Erfahrungen sowie die langfristige Sicherung der dem EDA 2007 gewährten zusätzlichen Mittel zur Aufstockung des Visabereichs. Die Kommission begrüsst
auch die angekündigten Massnahmen, die in die richtige Richtung zielen.

Sie wird gemäss ihrer üblichen Praxis die Umsetzung ihrer Empfehlungen im Rahmen einer spezifischen Nachkontrolle überprüfen. Diese Kontrolle wird bis spätestens Ende 2009 stattfinden.

3.5.4

Personalpolitik in den Karrierediensten und Organisation des Aussendienstes im EDA

Die GPK-N veröffentlichte am 22. August 2002 einen Bericht zur Personalpolitik in den Karrierediensten und die Organisation des Aussendienstes im EDA. Gemäss ihrer Praxis informierte sich die Kommission Anfang 2005 über die Umsetzung ihrer Empfehlungen. Der Bundesrat und das EDA nahmen am 4. Mai bzw. am 24. März 2005 Stellung. Das EDA übermittelte der GPK-N am 17. Februar 2007 ausserdem zusätzliche Informationen über den Stand der Realisierung bestimmter Empfehlungen, die im Rahmen des oben erwähnten Berichts formuliert wurden.

5105

Die GPK-N hat den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen anlässlich der Sitzung vom 17. April 2007 weitgehend geprüft und stellt mit Genugtuung fest, dass die im Bericht verlangten Massnahmen im Wesentlichen konkretisiert und umgesetzt wurden. Die Kommission begrüsst die zahlreichen Verbesserungen, darunter insbesondere die Einführung von regelmässigen Berufsbilanzen, das neue funktionale Bewertungssystem, die Ausschreibungspflicht für Stellen des versetzbaren Personals, die höhere Vertretung von Frauen in der Diplomatenkarriere und die Neuorganisation des konsularischen und diplomatischen Netzes.

Der Besuch der zuständigen Subkommission beim EDA-Inspektorat am 7. November 2006 verschaffte der GPK-N die Gewissheit, dass die Fusion des diplomatischen Inspektorats mit dem konsularischen und Finanzinspektorat Synergien freigesetzt und die Inspektionsmittel des EDA gefestigt hat. Im Übrigen begrüsst die Kommission die Neuerung, dass das Inspektorat nicht mehr von einem der Versetzungsdisziplin unterstellten Bediensteten geleitet wird.

Die GPK-N weist allerdings bei bestimmten Punkten auf Verbesserungspotenzial hin. So beharrte sie in ihrem Bericht über die Visaerteilung durch die Auslandvertretungen der Schweiz vom 23. Mai 2007 (s. Ziff. 3.5.3) auf einer neuen Prüfung der Stellen- und Funktionenhierarchie. Ausserdem wurde nach Auffassung der GPK-N die Forderung nach einer Annäherung der Deza und der politischen Abteilung nicht erfüllt. Die GPK-N bedauert es insbesonders, dass der Personalaustausch nur eine Randerscheinung bildet. Sie hat den Bundesrat und das EDA aufgefordert, freiwillige Massnahmen zu ergreifen, um die Tätigkeiten, das Personal und die Kulturen der beiden Dienststellen einander näher zu bringen.

Angesichts der insgesamt positiven Feststellungen hat die Kommission beschlossen, ihre Arbeiten über die Personalpolitik in den Karrierediensten und die Organisation des Aussendienstes zu beenden.

3.5.5

Konsularischer Schutz und Krisenmanagement im EDA

Die GPK-N hatte anfangs 2005 beschlossen, im Rahmen ihres Oberaufsichtsauftrags über das EDA die Organisation des konsularischen Schutzes zu untersuchen. Sie beauftragte die zuständige Subkommission mit dieser Untersuchung. Die Subkommission hatte das EDA um einen Bericht über die Funktionsweise des konsularischen Schutzes und um eine Würdigung der Massnahmen des konsularischen Schutzes während der Ereignisse in der Elfenbeinküste im Jahr 2004 und anlässlich des Tsunami in Asien im Dezember 2004 gebeten.

Um einige der in diesem Bericht behandelten Fragen zu vertiefen, stattete die zuständige Subkommission der Politischen Abteilung VI (PA VI) am 1. März 2007 einen Besuch ab. Die Gespräche betrafen insbesondere die jüngsten Entwicklungen im Bereich des konsularischen Schutzes, das Krisenmanagement im Libanon im August und Juli 2006 sowie die Umsetzung der vom EDA im erwähnten Bericht formulierten Massnahmen zur Verbesserung des Krisenmanagements.

Die GPK-N stellt nach Abschluss der Arbeiten mit Genugtuung fest, dass das EDA seine Lehren aus den verschiedenen Krisen gezogen hat, mit denen die Schweiz seit rund einem Jahrzehnt konfrontiert war. Die Organisation und die Instrumente des konsularischen Schutzes wurden weiter entwickelt und die nach dem Tsunami und 5106

nach den Ereignissen in der Elfenbeinküste beschlossenen Verbesserungsmassnahmen wurden weitgehend verwirklicht und umgesetzt. Die Kommission erwähnt insbesondere die Schaffung der regionalen Krisenzentren und des Kriseneinsatzpools, die Verbesserung der Weiterbildung, die Vervollständigung der Weisung 726-0 und die Verbesserung der Unterstützung der Auslandvertretungen durch die Zentrale bei den Krisenvorbereitungen.

Allerdings stellt die GPK-N auch fest, dass das EDA vor sehr vielen Herausforderungen steht, z. B. der Überprüfung und kontinuierlichen Aktualisierung der Krisendispositive und des Informationsmanagements. Vor dem Hintergrund der steigenden Erwartungen der Öffentlichkeit und der neuen Technologien, die immer schwerer kontrollierbare Informationsflüsse übertragen, plädiert die GPK-N dafür, die Bürger stärker zur Verantwortung zu ziehen, indem Informationen über die Risiken von Reisen und über die (besonders finanziellen) Konsequenzen von Problemen bei Auslandaufenthalten vermittelt werden.

Zudem bemerkt die Kommission, dass die PA VI ihre Aufgaben mit ­ gemessen an anderen Ländern ­ begrenzten Personalressourcen erfüllt. Die GPK-N begrüsst den pragmatischen Ansatz, der diese Situation ermöglicht. Einerseits sind die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten dezentral organisiert. Andererseits werden im Krisenfall zusätzliche Ressourcen mit Ad-hoc-Lösungen und nach dem Freiwilligkeitsprinzip bereitgestellt. Allerdings sind dazu einige Vorbehalte anzumelden. Die Kommission erkennt, dass die Ressourcen der PA VI auf einem Tiefstand sind und dass die Mobilisierung von EDA-Mitarbeitenden im Krisenfall von den bereits knappen Personalreserven der Zentrale zehrt. Unter diesen Bedingungen ist die GPK-N nicht gänzlich davon überzeugt, dass das EDA im Stande wäre, eine Verkettung von Unglücksereignissen befriedigend zu bewältigen. Die Kommission hat deshalb die EDA-Vorsteherin ersucht, die Entwicklungen im Bereich des konsularischen Schutzes und des Krisenmanagements aufmerksam zu verfolgen und gegebenenfalls die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen.

Allgemein stellt die GPK-N im diplomatischen Corps ein gewisses Umdenken fest.

Gemäss dem Eindruck der GPK-N haben verschiedene Einsätze im Rahmen des konsularischen Schutzes und des Krisenmanagements (Tsunami, Elfenbeinküste, Libanon) aufgezeigt,
dass die konsularischen Aufgaben eine bedeutende politische Tragweite besitzen und die Missionschefs vor beträchtliche Herausforderungen stellen können (s. auch Bericht der GPK-N vom 23.5.2007 über die Visaerteilung durch die Auslandvertretungen der Schweiz, Ziff. 3.5.3). Die Kommission begrüsst die Sensibilisierung und fordert das EDA auf, diese Entwicklung zu unterstützen.

Angesichts der insgesamt positiven Feststellungen hat die Kommission beschlossen, ihre Arbeiten betreffend den konsularischen Schutz und das Krisenmanagement im EDA zu beenden.

3.5.6

Zivile Friedensförderung

In den letzten Jahren hat die zivile Friedensförderung in den Instrumenten der Aussen- und der Sicherheitspolitik wachsende Bedeutung erlangt. Für die Koordination der Massnahmen in diesem Bereich ist die Politische Abteilung IV (PA IV) des EDA zuständig. Diese Aufgabe erweist sich allerdings als schwierig, weil über 40 Dienststellen des Bundes betroffen sind.

5107

Die GPK-S hatte im Rahmen ihrer Oberaufsicht beschlossen, die Koordination und Umsetzung der zivilen Friedensförderung des Bundes im Jahr 2007 zu untersuchen.

Sie hat die zuständige Subkommission mit dieser Untersuchung betraut.

Nachdem indessen die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ) im November 2006 zuhanden des Zentrums für Analyse und prospektive Studien des EDA einen Bericht66 zu einem ähnlichen Thema verfasst hatte, beschloss die Subkommission, fürs erste von einer eigenen Untersuchung abzusehen. Dagegen vereinbarte sie, die Schlussfolgerungen des erwähnten Berichts zu prüfen, die vom EDA getroffenen Massnahmen zu beurteilen und abzuklären, ob weiterer Handlungsbedarf bestehe.

Zu diesem Zweck traf sich die zuständige Subkommission an ihrer Sitzung vom 13. April 2007 mit dem Verfasser des oben erwähnten Berichts und mit dem Leiter der PA IV des EDA. Die GPK-S wollte daraufhin bestimmte Aspekte der zivilen Friedensförderung vertiefen und sprach das Thema mit der EDA-Vorsteherin und mit dem VBS-Vorsteher im Rahmen der Prüfung des Geschäftsberichts 2006 des Bundesrates an. Die Gespräche drehten sich vor allem um die Koordination der zivilen und der militärischen Friedensförderung.

Die GPK-S unterstützt die Empfehlungen im Bericht der ETHZ; sie misst der Verbesserung der Koordination und der Zusammenarbeit der beteiligten Bundesstellen sowie der Ausarbeitung einer Gesamtstrategie für die Friedensförderung grosse Bedeutung bei. Diese Strategie sollte die zivile und militärische Friedensförderung sowie die Entwicklungszusammenarbeit umfassen.

Im Übrigen muss die Spezialisierung auf einzelne Themen innerhalb der zivilen Friedensförderung weiter verfolgt werden und zur Definition von langfristigen thematischen Schwerpunkten führen, die den spezifischen Stärken der Schweiz und den internationalen Bedürfnissen angepasst sind.

Die GPK-S vertritt zudem die Auffassung, dass die Erfolge der Schweiz in der zivilen Friedensförderung gerade in unserem Land oft verkannt werden. Die Kommission ist sich sehr wohl bewusst, dass die Vertraulichkeit in diesem Bereich eine grosse Rolle spielt, vor allem bei der Vermittlung zwischen Konfliktparteien. Dennoch besteht ihrer Meinung nach in der Kommunikation ein grosses Verbesserungspotenzial, weshalb sie der Ausarbeitung einer profilierten Strategie
in diesem Bereich grosse Bedeutung beimisst.

Die Kommission stellt erfreut fest, dass das EDA bereit ist, die Empfehlungen im Bericht der ETHZ zu befolgen, und bereits Massnahmen ergriffen hat, die in die richtige Richtung zielen.

Die GPK-S wird die Umsetzung dieser Empfehlungen gemäss der üblichen Praxis im Rahmen einer spezifischen Nachkontrolle überprüfen. Diese Kontrolle wird spätestens Ende 2008 stattfinden.

66

ETH, Center for Security Studies: Zivile Friedensförderung als Tätigkeitsfeld der Aussenpolitik. Eine vergleichende Studie anhand von fünf Ländern. Zürich 2006.

5108

3.5.7

Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung

Nachdem der Bundesrat am 29. Juni 2005 vier Beschlüsse in Bezug auf Kriegsmaterialexporte in den Irak und nach Indien, Pakistan und Südkorea gefasst hatte, überprüfte die GPK-N in den Jahren 2005/2006 aufgrund einer Aufsichtseingabe die Rechtmässigkeit dieser Beschlüsse.67 Im Berichtsjahr erhielt die Kommission die verlangte Stellungnahme des Bundesrats zu ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen ihrer Inspektion.68 Die GPK-N hat im Frühling 2007 diese Stellungnahme des Bundesrats behandelt. Sie vermochte aus der Sicht der Kommission nicht zu befriedigen, wurden doch die Empfehlungen der GPK-N grösstenteils nicht berücksichtigt.

So führte der Bundesrat zur Empfehlung 1 der GPK-N aus, dass er dem Aspekt der Menschenrechtssituation auch in Zukunft entgegen der Empfehlung kein stärkeres Gewicht bei der Beurteilung der Gesuche beimessen und auf die bisherige Unterscheidung zwischen einzelnen Behörden als Empfänger des Kriegsmaterials nicht verzichten wolle. Aus der Stellungnahme erhielt die GPK-N den Eindruck, dass das Kriterium der Haltung der Länder, die sich zusammen mit der Schweiz an internationalen Exportkontrollregimes beteiligen, ein verhältnismässig grosses Gewicht bei der Beurteilung der Ausfuhrgesuche hat. Die GPK-N ist jedoch der Ansicht, dass das Kriterium der Menschenrechte dem Kriterium der Haltung anderer Exportländer vorgehen sollte. Deshalb hielt sie an ihrer Empfehlung fest.

In der Empfehlung 2 forderte die GPK-N den Bundesrat auf, seine Praxisänderung von Ende Juni 2005 bezüglich der Ausfuhr von Kriegsmaterial nach Südkorea vertieft zu begründen und klare Kriterien für die Berücksichtigung der Neutralitätspolitik bei den Bewilligungsentscheiden zu definieren. In seiner Antwort verwies der Bundesrat auf die Änderungen im aussen- und sicherheitspolitischen Umfeld der Schweiz nach dem Ende des Kalten Krieges. Er erläuterte jedoch nicht, warum er die Lage Ende Juni 2005 wesentlich anders beurteilte als in seinen Berichten der Jahre 2000­2004 zur jährlichen Kriegsmaterialausfuhr, in denen er selbst als einen der Ablehnungsgründe den de iure noch vorherrschenden Kriegszustand zwischen den beiden Korea anführte. In seinem Bericht zur Kriegsmaterialausfuhr im Jahr 2002 ging der Bundesrat noch davon aus, dass die Lieferung von Waffen an eine der beiden Konfliktparteien mit Sicherheit
Zweifel an der Unparteilichkeit der Schweiz und an der Glaubwürdigkeit ihres Engagements und ihrer guten Dienste auf der Halbinsel aufkommen lassen würde.» Der Praxiswechsel des Bundesrates war deshalb für die GPK-N nach wie vor nicht nachvollziehbar.

Im Weiteren forderte die GPK-N in ihrer Empfehlung 3 den Bundesrat auf, bei Verletzungen von Nichtwiederausfuhrerklärungen entsprechende Konsequenzen für die betreffenden Staaten vorzusehen. Die Kommission anerkannte die vom Bundesrat anfangs März 2006 getroffenen Massnahmen zwecks Verbesserung des Systems der Nichtwiederausfuhrerklärungen sowie die im konkreten Fall erfolgte Sistierung der Kriegsmaterialausfuhr in die Vereinigten Arabischen Emirate während eines Jahres. Auch wenn solche Massnahmen gemäss der Stellungnahme des Bundesrates nicht notwendigerweise in erster Linie das Empfängerland beeinträchtigen, stellt die 67

68

S. Bericht der GPK-N «Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung: Entscheide des Bundesrats vom 29.6.2005 sowie die Wiederausfuhr von Panzerhaubitzen nach Marokko» vom 7.11.2006 (BBl 2007 2117); s. auch Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3114 ff.).

Stellungnahme des Bundesrats vom 21.2.2007 (BBl 2007 2137).

5109

Sistierung der Bewilligung von Kriegsmaterialausfuhren in das Land, das die Nichtwiederausfuhrerklärung verletzt hat, in den Augen der GPK-N eine wichtige Massnahme für die Glaubwürdigkeit des Systems der Nichtwiederausfuhrerklärung dar.

Deshalb hält die GPK-N auch an dieser Empfehlung fest.

Im Zusammenhang mit der Weitergabe der Panzerhaubitzen durch die Vereinigten Arabischen Emirate an Marokko und der dadurch erfolgten Verletzung der Nichtwiederausfuhrerklärung erörterte die GPK-N auch den Bericht der Ruag-Verwaltungsräte der Eidgenossenschaft zur Rolle der RUAG bei dieser Weitergabe. Die GPK-N war von diesem Bericht nicht überzeugt, nahm er doch eine stark formalistische Haltung ein. Er beantwortete aus Sicht der Kommission insbesondere nicht, ob die Ruag nicht gewisse Sorgfaltspflichten missachtet hatte und wie sich der Bund als Eigentümer der Ruag in solchen Situationen positionieren will. Die für die Ruag zuständige Subkommission der GPK-N erörterte in der Folge den Bericht der RuagVerwaltungsräte und die Überlegungen der GPK-N bei ihrem jährlichen Gespräch mit der RUAG und erhielt die Zusicherung vom Vertreter des VBS, dass der Bundesrat für weitere Auskünfte zur Verfügung stünde.

Der Bundesrat beschloss am 10. März 2006 überschüssiges Kriegsmaterial in erster Wahl an das ursprüngliche Herkunftsland zurück zu geben. In zweiter Wahl soll solches Material soweit möglich an ein Land gemäss Anhang 2 der Kriegsmaterialverordnung69 verkauft werden. Als dritte Möglichkeit beschloss der Bundesrat, das Material in der Schweiz zu lagern und allenfalls zu verwerten. Die GPK-N forderte den Bundesrat in ihrer Empfehlung 4 auf, die Variante der Lagerung bzw. Verwertung des überschüssigen Kriegsmaterials vorrangig zu behandeln, ausser es bestünde Gewähr, dass das Herkunftsland das Kriegsmaterial nicht weitergebe. Der Bundesrat hielt in seiner Stellungnahme jedoch an seiner ursprünglichen Prioritätenordnung fest, wobei er bemerkte, dass die Praxis kaum stark von der Stossrichtung der GPKEmpfehlung abweichen würde, da bisher seitens der Herstellungsländer wenig Interesse an überschüssigem Kriegsmaterial aus der Schweiz gezeigt wurde. Diese Feststellung des Bundesrates spricht aus Sicht der GPK-N jedoch zugunsten der Umsetzung ihrer Empfehlung.

Die vom Bundesrat beschlossene Prüfung der Konkretisierung
der Bewilligungskriterien des Artikels 5 der Kriegsmaterialverordnung wurde durch die GPK-N begrüsst, wobei den Feststellungen der GPK-N aus ihrer Inspektion bei der Konkretisierung Rechnung zu tragen sein wird.

Die GPK-N hat die hier erläuterten Feststellungen zur Stellungnahme des Bundesrates demselben zur Kenntnis gebracht. Sie wird im Rahmen ihrer in ein bis zwei Jahren erfolgenden Nachkontrolle zur Inspektion auf ihre Feststellungen und Empfehlungen zurückkommen.

69

Verordnung des Bundesrates vom 25.2.1998 über das Kriegsmaterial (KMV, SR 514.511).

5110

3.6

Staat und Verwaltung

3.6.1

Personalpolitik des Bundes

Wie bereits in den Vorjahren beschäftigte sich die GPK-N im Jahr 2007 wieder mehrfach mit der Personalpolitik des Bundes. Anfang 2007 führte sie mit dem Vorsteher EFD eine Aussprache über die Dezentralisierung der Bundespersonalpolitik, welche im Jahr 2006 durch den Bundesrat initiiert worden war. Dabei wurden insbesondere Themen wie die Effizienz eines solchen Systems, die Gewährleistung einer einheitlichen Personalpolitik des Bundes, die Arbeitsmarktfähigkeit der Bundesangestellten, allfällige Änderungen des Lohnsystems und der Kündigungsbedingungen sowie die Nutzung von Skaleneffekten erörtert. Der Vorsteher EFD führte bei dieser Gelegenheit u. a. aus, dass neu die operative Personalpolitik durch die Departemente, Ämter oder so genannte Shared Service Centers erfolgen soll, während sich das Eidgenössische Personalamt (EPA) auf die strategische Ebene und die Kaderausbildung konzentriert.

Die GPKs nahmen die anfangs 2007 angeschnittenen Themen bei ihrer jährlichen Behandlung des Personalreportings des Bundesrates in Anwesenheit von Vertretern des EPA, der Departemente und der BK im April 2007 wieder auf. Zusätzlich wurden die demografische Entwicklung in der Bundesverwaltung wie auch der Primatswechsel bei Publica, der Pensionskasse der Bundesangestellten, diskutiert. Die GPKs stellten fest, dass die Personalsituation in der Bundesverwaltung unter gewissen Aspekten nach wie vor schwierig ist und Handlungsbedarf besteht. Die GPKs beschlossen in der Folge, die Personalpolitik des Bundes bei der Behandlung des Geschäftsberichts 2006 des Bundesrates mit dem Vorsteher EFD zur Sprache zu bringen, um auch die Bedeutung dieses Bereichs für das gute Funktionieren der Verwaltung hervorzuheben. Der Vorsteher des EFD führte bei dieser Gelegenheit aus, dass er sich der Unsicherheit beim Bundespersonal aufgrund der verschiedenen Reformprojekte durchaus bewusst sei und es jetzt darum gehe, möglichst bald Klarheit für die Arbeitnehmenden zu schaffen. Im Weiteren bestehe eine Tendenz, dass die Bundesverwaltung vermehrt hochqualifizierte Spezialisten benötige, jedoch gerade in den entsprechenden Lohnklassen seien die Löhne zum Teil wesentlich tiefer als bei vergleichbaren Institutionen. Der Vorsteher EFD erläuterte folgende Prioritäten: Umsetzung der Totalrevision Publica, Teilrevision des Bundespersonalgesetzes
bezüglich Auflösung bzw. Umwandlung von Arbeitsverträgen, Personalmanagement (u.a. Absenkung des Personalquotienten), Neu-Positionierung der Ausund Weiterbildung und Personalcontrolling.

Die GPK-N liess sich im Weiteren im Herbst 2007 über die Resultate der Personalbefragung 2007 durch das EPA orientieren. Sie stellte dabei fest, dass die Resignation in der Bundesverwaltung seit der letzten Befragung im Jahr 2005 gesunken ist, wobei gewisse Probleme fortbestehen. Insbesondere nahm sie mit Erstaunen zur Kenntnis, dass nur ein relativ geringer Prozentsatz der befragten Bundesangestellten von Massnahmen Kenntnis hatten, die aufgrund der Personalbefragung 2005 eingeleitet wurden. Alles in allem musste die GPK-N feststellen, dass viele der im Personalbereich identifizierten Probleme über Jahre fortbestehen, obwohl gegenüber den Aufsichtskommissionen immer wieder Massnahmen zur Verbesserung der Situation in Aussicht gestellt werden. Die zuständige Subkommission der GPK-N ortete deshalb Handlungsbedarf seitens der parlamentarischen Oberaufsicht und beantragte der GPK-N im Hinblick auf das Jahresprogramm 2008 eine Evaluation der Personalpolitik des Bundes zu prüfen. Die GPK-N beauftragte in der Folge die PVK mit 5111

der Ausarbeitung eines entsprechenden Evaluationsvorschlags. Das Jahresprogramm 2008 wird anfangs 2008 festgelegt. Zu diesem Zeitpunkt werden die GPKs über die durchzuführenden Evaluationen beschliessen.

3.6.2

Corporate Governance

Am 13. September 2006 hat der Bundesrat den eidgenössischen Räten den Bericht zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Bericht über die Corporate Governance)70 zur Kenntnisnahme unterbreitet. Dieser Bericht bildet die Antwort auf verschiedene von der GPK-S und von der FK-N eingereichte parlamentarische Vorstösse71. Der Bericht wurde der GPK-N und der FK-N zur Vorprüfung zugewiesen.

Der Bericht des Bundesrates über die Corporate Governance legt erstmals einheitlich anwendbare Kriterien für die Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben fest. Ausserdem enthält er 28 Leitsätze, anhand derer in Zukunft die geeigneten Strukturen für die ausgelagerten Einheiten des Bundes bestimmt werden können.

Die GPKs der beiden Räte haben sich anlässlich des Jahresseminars vom Januar 2007 mit dem Thema Corporate Governance befasst. Dabei haben sie die Meinung des EFD-Vorstehers, des Direktors der Eidgenössischen Finanzverwaltung, mehrerer Experten sowie mehrerer Vertreter der betroffenen Einheiten des 3. und 4. Kreises der Bundesverwaltung eingeholt.

Die GPK-N wünschte weitere Klarstellungen zu den institutionellen Aspekten der Corporate Governance und hörte deshalb anlässlich ihrer Sitzungen vom 2. März und 17. April 2007 zwei Staatsrechtsprofessoren an.

Die GPK-N setzte die Prüfung dieses Geschäfts anlässlich ihrer Sitzung vom 6. Juli 2007 fort. Sie beschäftigte sich eingehend mit der Frage, ob die 28 Leitsätze durch eine Verankerung im Gesetz zwingender gestaltet werden sollten, sah aber schliesslich davon ab.

Anlässlich der Sitzung vom 23. November 2007 beendete die Kommission die Prüfung des Berichts. Sie begrüsste den Bericht an sich, da er einem vom Parlament mehrmals geäusserten Wunsch entspricht und einen deutlichen Fortschritt gegenüber der früheren Situation darstellt. Allerdings müssen nach Auffassung der GPK-N mehrere Punkte noch vertieft werden. Die Kommission beschloss deshalb, dem Nationalrat einerseits die Kenntnisnahme des Berichts zu beantragen und andererseits vier Postulate einzureichen.

Das erste Postulat72 beauftragte den Bundesrat, für die verselbstständigten Einheiten spezifische Regelungen zur Beschränkung der Haftung des Bundes zu prüfen. Dieses Postulat ist von der GPK-N zurückgezogen worden, da es bereits als erfüllt

70 71

72

Bericht des Bundesrates zur Auslagerung und Steuerung von Bundesaufgaben (Corporate-Governance-Bericht) vom 13.9.2006 (BBl 2006 8233).

S. folgende parlamentarische Vorstösse: Empfehlung der GPK-S vom 19.9.2002: Überprüfung der Beteiligungen des Bundes an privatwirtschaftlichen Unternehmen (02.3464), Po. der GPK-S vom 13.9.2004: Verwaltungsführung im dritten Kreis (04.3441), Mo. der FK-N vom 15.2.2005: Sogenanntes Vierkreisemodell (05.3003).

Po. 07.3771 «Corporate-Governance-Bericht. Spezifische Regelungen zur Beschränkung der Haftung des Bundes» vom 23.11.2007.

5112

betrachtet wird. Das zweite Postulat73 beauftragt den Bundesrat, in einem Zusatzbericht vertieft darzulegen, mit welchen rechtlichen Problemen die Entsendung instruierbarer Bundesvertreter in Verwaltungsräten von (insbesondere privatrechtlichen) Aktiengesellschaften verbunden sein kann. Gemäss dem dritten Postulat74 soll der Bundesrat überprüfen, ob der Leitsatz Nr. 5 über das Anforderungsprofil für Mitglieder von Verwaltungsräten oder Instituten mit den Kriterien der angemessenen Vertretung der Geschlechter und der Sprachregionen zu ergänzen ist. Das vierte Postulat75 beauftragt schliesslich den Bundesrat zu prüfen, ob ergänzende Leitsätze zum Personal, zur Personalpolitik und zu den Pensionskassen auszuarbeiten sind.

Im Laufe der Sitzung vom 23. November 2007 nahm die GPK-N auch den Mitbericht zur Kenntnis, den die FK-N für sie erstellt hatte. Die beiden Kommissionen beschlossen, ein gemeinsames Postulat76 einzureichen, das die Ausarbeitung von drei zusätzlichen Leitsätzen über die gesetzliche Verankerung der Controllingbefugnis des Bundesrates, die Berücksichtigung seiner Rolle als Gewährleister der öffentlichen Aufgaben und als Eigner der verselbständigten Einheit bei der Festlegung der strategischen Ziele sowie die Massnahmen, die der Bundesrat im Rahmen seines Controllings treffen kann, bezwecken soll.

Der Nationalrat wird den Bericht über die Corporate Governance und die damit verbundenen parlamentarischen Vorstösse anlässlich der Frühjahrssession 2008 behandeln.

3.6.3

Verwaltungsreform

Im Jahr 2005 hatte die GPK-S beschlossen, das Projekt Verwaltungsreform von Anfang an eng zu begleiten. Es ging darum, ausreichenden politischen Druck auf die Regierung auszuüben, damit das Projekt zu Ergebnissen führt.77 Die Kontrollarbeiten der GPK-S im Jahr 2006 mündeten jedoch in der Feststellung, dass die Erwartungen des Parlaments und die Vorstellungen des Bundesrats zur Verwaltungsreform stark auseinander gingen.78 Nach Dafürhalten der Kommission soll die Verwaltungsreform als zukunftsträchtiges und ehrgeiziges Projekt einen wesentlichen Beitrag zur ordentlichen Funktionsweise der Bundesbehörden leisten; der Bundesrat dagegen beurteilt das Projekt nicht als strategisch.

Die GPK-S teilte dem Ständerat diese Feststellung im Rahmen der Vorlage des Jahresberichts der GPKs während der Frühjahrssession 2007 mit. Mehrere Mitglieder der Kommission wiesen darauf hin, dass die Erwartungen des Parlaments enttäuscht worden seien, weil der Bundesrat nur zu zweitrangigen Themen und nicht zu 73 74

75 76 77 78

Po. 07.3772 «Corporate-Governance-Bericht. Zusatzbericht zur Interessenvertretung des Bundes in privatrechtlichen Aktiengesellschaften» vom 23.11.2007.

Po. 07.3773 «Corporate-Governance-Bericht. Angemessene Vertretung der Geschlechter und Sprachregionen im Anforderungsprofil von Verwaltungs- und Institutsräten» vom 23.11.2007.

Po. 07.3774 «Corporate-Governance-Bericht. Ergänzende Leitsätze zu Personalpolitik und Pensionskassen» vom 23.11.2007.

Po. 07.3775 «Leitsätze des Bundesrates im Corporate-Governance-Bericht» vom 23.11.2007.

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006 (BBl 2006 4330 f.).

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3121 f.).

5113

den Kernpunkten der Reform, z. B. die Vereinheitlichung der Führung, Beschlüsse gefasst habe.

Die Kommission setzte ihre Arbeit im Jahr 2007 fort und unterhielt sich in diesem Zusammenhang erneut mit dem EFD-Vorsteher, der den bundesrätlichen Ausschuss für die Verwaltungsreform leitet. Die GPK-S erkundigte sich insbesondere nach dem Fortschrittsstand der verschiedenen Projekte und nach der Auffassung des Bundesrats zu den Überschneidungen zwischen dem Projekt der Verwaltungsreform und dem Projekt der Reorganisation der Departemente.

Die GPK-S stellte mit Genugtuung fest, dass mehrere Projekte auf gutem Wege sind, insbesondere jenes zur Vereinfachung des Beschaffungswesens, wo die Zahl der Einkaufsstellen von 42 auf 2 reduziert wurde. Trotzdem musste sie betonen, dass zwischen den Erwartungen der Kommission und den Reformvorstellungen des Bundesrates nach wie vor Diskrepanzen bestehen.

Für die GPK-S sollte die Verwaltungsreform ein Mittel bilden, mit welchem die Staatsleitungsreform gemäss dem Auftrag des Parlaments vom 10. März 2004 umgesetzt werden kann. Dieses Mandat beauftragte den Bundesrat, neue Vorschläge zur Stärkung der politischen Führung, zur Entlastung des Bundesrats von Verwaltungsaufgaben und zur Effizienzsteigerung in der Bundesverwaltung auszuarbeiten.

Nach Meinung der Kommission werden diese Forderungen mit den Reformprojekten des Bundesrates jedoch nicht erfüllt. Ebenso wenig kann die Kommission nachvollziehen, weshalb die Reorganisation der Departemente nicht Teil der Verwaltungsreform bildet. Die Kommission hält es für sinnlos, die beiden Projekte separat und nach unterschiedlichen Zeitplänen durchzuführen. Im Jahr 2006 hatte die GPK-S den Bundesrat bereits gebeten, die Verwaltungsreform besser mit den anderen laufenden Reformprogrammen zu koordinieren (zum Beispiel: Überprüfung der Aufgaben des Bundes).

Aus diesen Gründen ersuchte die GPK-S den Bundesrat, ihr bis Ende 2007 einen Bericht zur Bilanz der Verwaltungsreform zu unterbreiten und das Parlament darüber zu informieren, wie er die Staatsleitungsreform umzusetzen gedenke. Die GPK-S wird ­ wie sie dem Bundesrat angekündigt hat ­ gemäss diesen Informationen beurteilen, ob gesetzgeberische Massnahmen notwendig sind.

Der Bundesrat hat seinen Schlussbericht am 14. Dezember 2007 der GPK-S übermittelt und veröffentlicht. Bereits
mit Datum vom 7. November 2007 hat der Bundesrat die SPK-S sowie die GPK-S über die Umsetzung der Staatsleitungsreform informiert. Die GPK-S wird diese Dokumente anfangs 2008 behandeln.

3.6.4

Beizug von externen Experten in der Bundesverwaltung

Der von der GPK-S am 13. Oktober 2006 verabschiedete Bericht zum Expertenbeizug in der Bundesverwaltung79 zeigte, dass der Beizug von externen Experten des Bundes ein erhebliches Ausmass angenommen hat. Nach einer Evaluation der PVK gab die Bundesverwaltung im Jahr 2004 für über 6100 Expertenmandate rund 490 Millionen Franken aus. Nach konservativer Schätzung der PVK dürfte die 79

S. Bericht der GPK-S «Umfang, Wettbewerbsorientierung und Steuerung des Expertenbeizugs in der Bundesverwaltung» vom 13.10.2006 (BBl 2007 1661).

5114

Bundesverwaltung (ohne FLAG-Ämter; FLAG = Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget) im Jahr 2004 insgesamt 600 bis 700 Millionen Franken für Expertenmandate ausgegeben haben.80 Am 14. Februar 2007 nahm der Bundesrat zum Bericht und den darin enthaltenen zehn Empfehlungen Stellung.81 In ihrer Antwort an den Bundesrat vom 29. Juni 2007 begrüsste die GPK-S, dass der Bundesrat inzwischen einige Massnahmen getroffen hat, um den Expertenbeizug in der Bundesverwaltung zu systematisieren und bei den Vergaben mehr Transparenz zu schaffen. Die Kommission zeigte sich jedoch noch nicht in allen Punkten befriedigt und verlangte zu einzelnen Empfehlungen ergänzende Massnahmen sowie einen Zusatzbericht.

Die GPK-S hatte in ihrem Bericht festgestellt, dass allein für Mandate im Bereich der politischen Beratung und Forschung 144 Millionen Franken ausgegeben wurden.

Dazu äusserte sie die Ansicht, es könne sich eine gewisse Problematik dadurch ergeben, dass allfällige externe Politikberater, die regelmässig massgeblichen Einfluss auf die Politikgestaltung ausüben, im Gegensatz zu Amtsdirektoren und Bundesstellen weder einer parlamentarischen Kontrolle unterstehen, noch einer durch die Medien hergestellten Öffentlichkeit unterliegen. Die GPK-S verlangte deshalb vom Bundesrat in einer Empfehlung, dass er über externe Politikberater, die direkten und massgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen und Ausrichtungen der Departemente und Ämter ausüben, sowie über ihre Mandate Transparenz herstellt (Empfehlung 1). In seiner Stellungnahme erklärte sich der Bundesrat bereit, die Empfehlung entgegen zu nehmen, und verwies zu deren Umsetzung insbesondere auf die Möglichkeiten des Öffentlichkeitsgesetzes82 sowie vor allem auf das Informationssystem über das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz (simap.ch), das eine geeignete Plattform zur Förderung der Transparenz im gesamten Bereich der öffentlichen Beschaffung darstelle. Dieses System werde demnächst durch simap2 abgelöst, welches die gesamte Prozesssteuerung für die ausschreibenden Stellen der öffentlichen Hand (Bund, öffentlich-rechtliche Betriebe des Bundes, Kantone, Gemeinden, Sektorenunternehmen und weitere dem öffentlichen Beschaffungsrecht unterliegende Auftraggeber) ermögliche. In ihrer Antwort begrüsste die GPK-S den Ausbau des Internetportals,
bezweifelte jedoch, dass dieses umfangreiche Internetnetzwerk der besonders bei externen Politikberatungen im engeren Sinn geforderten Transparenz genüge, und ersuchte den Bundesrat zu prüfen, ob ihre Forderung im Rahmen des «Strategischen Beschaffungs-Controllings» (Antwort auf Empfehlung 10) erfüllt werden könnte, indem die Beratungsmandate thematisch kategorisiert würden und somit ein Überblick über die externen Politikberatungen im engeren Sinn ohne grösseren Aufwand ermöglicht würde.

In ihrer zweiten Empfehlung hatte die GPK-S den Bundesrat ersucht, die Expertenmandate in seine Personalplanung und ­politik mit einzubeziehen und sicher zu stellen, dass Expertenmandate nur dort vergeben werden, wo sie einen Mehrwert gegenüber angestelltem Personal darstellen. Der Bundesrat nahm die Empfehlung in dem Sinne entgegen, dass er die Beschaffungskommission des Bundes (BKB) anweisen werde, ein Merkblatt zur Vergabe von Expertenmandaten zu verabschieden. Im Weiteren verwies der Bundesrat darauf, die Verantwortung für die Perso80 81 82

S. auch Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3126).

Stellungnahme des Bundesrates vom 14.2.2007 (BBl 2007 1649).

Bundesgesetz vom 17.12.2004 über die Öffentlickeit der Verwaltung (BGÖ; SR 152.3).

5115

nalplanung liege primär bei den Verwaltungseinheiten. In ihrer Antwort erklärte die GPK-S die Stellungnahme des Bundesrates in diesem Punkt als unzureichend. Auch die Begründung des Bundesrates, dass die Verantwortung für die Personalplanung bei den Verwaltungseinheiten liege, vermochte die Kommission nicht zu überzeugen. Die GPK-S wies darauf hin, dass der Bundesrat die Verantwortung für die Personalpolitik des Bundes trage, und ersuchte den Bundesrat erneut, ihrer Empfehlung nachzukommen.

In Empfehlung 4 hatte die GPK-S den Bundesrat ersucht, künftig die Aufwendungen für Personalstellungsverträge in der Zusatzdokumentation des EPA zu den Personalausgaben des Bundes auszuweisen. Der Bundesrat erklärte sich in seiner Stellungnahme nicht bereit, die Empfehlung entgegen zu nehmen, da sich die Situation mit der Überführung des vor allem betroffenen Bundesamtes für Informatik (BIT) in ein FLAG-Amt entspannen werde. Die GPK-S hielt dagegen an ihrer Empfehlung fest, da ihrer Meinung nach die Ausgaben für Personalstellungen mit rund 100 Millionen Franken ins Gewicht fallen und über die tatsächlichen Kosten für Personalleistungen Transparenz hergestellt werden müsse. Die GPK-S behielt sich vor, den parlamentarischen Weg zu beschreiten, falls der Bundesrat ihrer Empfehlung nicht nachkomme.

In ihrem Bericht hatte die GPK-S im Weiteren darauf hingewiesen, dass laut der Evaluation der PVK im Jahr 2004 15 Dienststellen Zahlungen von insgesamt gut fünf Millionen Franken für 39 Mandate geleistet hätten, mit deren Erfüllung erst im Jahr 2005 begonnen worden sei. In Empfehlung 5 hatte die GPK-S den Bundesrat ersucht, die festgestellten Fälle von Vorauszahlungen vertieft abzuklären. Die Antwort des Bundesrates, dass sich die Vorauszahlungen «in der Regel» sachlich begründen liessen, genügte der GPK-S nicht. Sie bat deshalb den Bundesrat in ihrer Antwort, ihr über die Ergebnisse seiner internen Abklärungen der 39 Fälle einen detaillierten Bericht zu erstellen. Namentlich ersuchte die GPK-S den Bundesrat abzuklären, ob einzelne Fälle von Vorauszahlungen eine strafrechtliche Verzeigung rechtfertigen würden, weil solche Dritten einen unrechtmässigen Vorteil zu Lasten des Bundes verschafft haben könnten.

Der Bundesrat beauftragte in der Folge die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) mit einer Überprüfung der 39
konkreten Fälle von Vorauszahlungen. Am 31. Oktober 2007 überwies der Bundesrat der GPK-S den verlangten Zusatzbericht der EFK vom 22. Oktober 2007.83 Die GPK-S nahm an ihrer Sitzung vom 13. November 2007 vom Zusatzbericht Kenntnis und teilte dem Bundesrat mit, sie erachte es als positiv, dass die 39 fraglichen Fälle (offenbar handelte es sich in Wirklichkeit um 37 Fälle) durch die EFK anhand von Vertrags- und Rechnungskopien sowie der Buchhaltungsauszüge detailliert abgeklärt wurden. Aufgrund der Ergebnisse könne davon ausgegangen werden, dass keine gravierenden Einzelfälle vorliegen würden.

Die GPK-S wies jedoch gleichzeitig darauf hin, dass es unter den untersuchten Geschäften einige Problemfälle von nicht branchenüblichen Vorauszahlungen gab, die mit der Absicht der Budgetausschöpfung getätigt wurden und zu Zinsverlusten führten. Über diesen Umstand solle der Bundesrat nicht leichtfertig hinweggehen.

Die GPK-S ersuchte den Bundesrat im Weiteren darum, sicher zu stellen, dass künftig keine vertraglich nicht vereinbarten oder branchenunüblichen Vorauszahlungen mehr vorkommen. Im Weiteren wies die GPK-S den Bundesrat nochmals mit 83

Bericht der EFK an den Bundesrat zu Handen der GPK-S «Expertenbeizug in der Bundesverwaltung» vom 22.10.2007.

5116

Nachdruck darauf hin, dass das in ihrem Bericht vom 13. Oktober 2006 beschriebene Phänomen des «Dezemberfiebers» weit über die vorliegend diskutierten 39 Fälle hinausgeht und die Kommission in einer Nachkontrolle die Umsetzung ihrer Empfehlungen durch den Bundesrat überprüfen werde.

3.6.5

Geschäftsprüfungsaudit beim Bundesamt für Sport

Am Ende der Legislatur 1999­2003 zogen die GPKs eine kritische Bilanz zu ihren Tätigkeiten und ihren Kontrollinstrumenten.84 Wie bereits im Jahresbericht 2006 erwähnt,85 zeigte sich, dass ein Instrument mittlerer Reichweite fehlt, das eine Bewertung der politischen und betrieblichen Führung einzelner Dienststellen des Bundes (z. B. eines Bundesamtes) aus der Warte der parlamentarischen Oberaufsicht erlaubt. Um diese Lücke zu schliessen, beschlossen die GPKs zu prüfen, ob es zweckmässig sei, ein neues Instrument ­ das Geschäftsprüfungsaudit ­ einzuführen.

Die GPKs beauftragten die PVK im Rahmen der Jahresplanung 2006/2007, die Machbarkeit und den Nutzen eines Geschäftsprüfungsaudits in einem Pilotprojekt beim Baspo zu prüfen.

Die PVK legte der GPK-S vor der Sommerpause 2007 einen Bericht vor.86 Der Hauptteil dieses Dokuments ist dem Instrument des Geschäftsprüfungsaudits gewidmet, der Anhang beschreibt die Ergebnisse des Audits beim Baspo.87 Die GPK-S beschloss nach der gründlichen Prüfung des Berichts einstimmig, ihr Kontrollinstrumentarium um das Instrument des Geschäftsprüfungsaudits zu ergänzen. Während der Prüfung gelangte sie zur Überzeugung, dass das Geschäftsprüfungsaudit eine nützliche Rolle spielt und die bestehenden Instrumente sinnvoll ergänzt.

Vereinfacht gesagt lassen sich die bisherigen Instrumente der GPKs in zwei Kategorien einteilen: Am einen Ende des Spektrums befinden sich die Analyse der Geschäftsberichte und die Dienststellenbesuche; diese Instrumente sind relativ kostengünstig, aber oberflächlich und zur Untersuchung komplexer Probleme nicht geeignet. Am anderen Ende des Spektrums sind die Inspektionen und die Evaluationen der PVK anzusiedeln; diese eignen sich hervorragend zur Prüfung komplexer Situationen, erfordern aber viel Zeit und ermöglichen nicht immer eine rechtzeitige Reaktion. Die GPKs werden mit dem Geschäftsprüfungsaudit künftig über ein Instrument verfügen, das auf der Kostenkurve und bei der Untersuchungstiefe im Zwischenbereich liegt. Der Einsatz des Audits wird zur Früherkennung von Lücken und Missständen in der Verwaltung beitragen.

84 85 86

87

S. Jahresbericht 2002/2003 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte, 23.1.2004 (BBl 2004 1761 ff.).

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte, 19.1.2007 (BBl 2007 3134).

Bericht der PVK «Pilotprojekt Geschäftsprüfungsaudit EDA/VBS» vom 18.6.2007 (http://www.parlament.ch/D/kommissionen/ko-kommissionen/ko-au-pvk/ ko-au-pvk-veroeffentlichungen/Documents/ko-gpk-n-s-bericht-projekt.pdf).

Bericht der PVK «Geschäftsprüfungsaudit des Bundesamts für Sport» vom 18.6.2007 (http://www.parlament.ch/D/kommissionen/ko-kommissionen/ko-au-pvk/ ko-au-pvk-veroeffentlichungen/Documents/ko-gpk-n-s-bericht-anhang.pdf); vgl. auch Ziff. 2.1.5 des Berichts im Anhang.

5117

Das Geschäftsprüfungsaudit soll ein summarisches, aber systematisches StärkenSchwächen-Profil einer einzelnen Dienststelle des Bundes einschliesslich ihrer Schnittstellen zu den politischen Führungsinstanzen erlauben. Während die übrigen Instrumente in der Regel die Evaluation einer Politik oder einer Massnahme des Bundes bezwecken, bringt das Audit zusätzlichen Nutzen, weil es die zugrunde liegende politische und betriebliche Führung einzelner Dienststellen des Bundes beurteilen soll.

Die GPK-S stellt mit Genugtuung fest, dass die Ergebnisse des Audits beim Baspo (Fallstudie des Pilotprojekts) mehrheitlich positiv ausgefallen sind. Sie hebt besonders die folgenden Merkmale des Baspo hervor: vorbildlicher interner Strategieprozess, hohe Kundenorientierung, ausgezeichnete betriebliche Führungsinstrumente, von klar definierten Werten geprägte, positive Betriebskultur. Angesichts dieser Ergebnisse vertritt die GPK-S die Meinung, dass kein Anlass für eine Intervention der parlamentarischen Oberaufsicht besteht.

Die GPK-S weist nichtsdestotrotz auf Verbesserungsspielraum in bestimmten Punkten hin. So erwähnt die Kommission besonders die unklare Rolle der Eidgenössischen Sportkommission (ESK), der Nichteinbezug des Subventionsbereichs in das Globalbudget, das komplexe bis diffuse Profil des Amtes (gleichzeitig Verwaltungsstelle, Hochschule und Dienstleistungszentrum) sowie das ungenutzte Potenzial im Bereich Kosten- und Zeitmanagement. Die Kommission hat den VBS-Vorsteher in einem Schreiben auf diese Fragen aufmerksam gemacht und ihn gebeten, ihr mitzuteilen, welche Verbesserungsmassnahmen er im Anschluss an das Audit erwäge.

Anlässlich der Sitzung vom 23. November 2007 hat auch die GPK-N einstimmig beschlossen, das Instrument des Geschäftsprüfungsaudits anzunehmen.

Das neue Instrument wird demnach ab 2008 in das Portfolio der Kontrollinstrumente der GPKs aufgenommen.

3.6.6

Optimierungspotential beim Management der zivilen Immobilien des Bundes

Die anfangs des Jahres 2006 eingeleitete Inspektion zum Management der zivilen Immobilien des Bundes konnte am 7. September 2007 durch die GPK-N mit einem an den Bundesrat gerichteten und in der Folge publizierten Schlussbericht88 abgeschlossen werden. Im Fokus ihrer Untersuchung zum zivilen Immobilienmanagement des Bundes, die auf einer Evaluation der PVK basierte,89 stand die Führung und Konzeption dieses Bereichs, die Kompetenzverteilung zwischen den Akteuren, deren Koordination sowie ein Vergleich mit dem Immobilienmanagement bundesverwaltungsexterner Organisationen. Das zivile Immobilienportefeuille des Bundes enthält rund 2800 Objekte, in denen 22 000 Arbeitsplätze untergebracht sind. Der Wiederbeschaffungswert der Immobilien im Eigentum des Bundes beträgt gegen 88

89

Bericht der GPK-N «Optimierungsmöglichkeiten beim Management der zivilen Bauten des Bundes» vom 7.9.2007 (http://www.pd.admin.ch/homepage/ed-berichte-parl-org/ ed-pa-berichte-parlament-aufsichtskommission/ed-pa-berichte-parlamentaufsichtskommission-2007.htm).

Bericht der PVK zuhanden der GPK-N «Evaluation zum Immobilienmanagement des Bundes (ziviler Bereich)» vom 16.4.2007 (http://www.pd.admin.ch/homepage/ ko-kommissionen/ko-au-pvk/ko-au-pvk-berichte-2007.htm); s. auch Ziff. 2.1.1 des Berichts im Anhang.

5118

5 Milliarden Franken. Die Eidgenossenschaft gehört somit zu den grossen Bauherren der Schweiz.

Die GPK-N ortete in verschiedenen Bereichen Handlungsbedarf: So stellte die Kommission eine Kluft zwischen den strategischen und operativen Zielen fest. Zwar existieren klare strategische Vorgaben für das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL), das mit dem zivilen Immobilienmanagement des Bundes betraut ist, es fehlt jedoch teilweise die operative Konkretisierung dieser Ziele. Für die Beurteilung der Zielerreichung sind aus Sicht der GPK-N auch vermehrt Indikatoren beizuziehen.

Auf der Ebene der Prozesse und Strukturen sind stufengerechte Verfahren und Verantwortlichkeiten zu definieren, die bei Meinungsverschiedenheiten zwischen dem BBL und den Benutzerorganisationen (Dienststellen der Bundesverwaltung, welche die Immobilien nutzen) zur Anwendung gelangen sollten. Im Weiteren ist das Qualitätsmanagement des BBL zu verbessern. Die GPK-N stellte fest, dass die betrieblichen Aspekte der Immobilienprojekte des BBL ­ wie der Unterhalt der Gebäude ­ und damit auch die Benutzeranforderungen nicht immer ausreichend berücksichtigt werden. Dies kann über den Lebenszyklus einer Immobilie zu Mehrkosten führen, die allenfalls hätten verhindert werden können. Die zukünftigen Betriebskosten sind generell verstärkt zu berücksichtigen und gegenüber dem Parlament im Rahmen der entsprechenden Kreditanträge gebührend auszuweisen.

Ganz allgemein brachte die Untersuchung der GPK-N eine ungenügende Ausrichtung des BBL auf die Benutzerorganisationen zu Tage. Diese Erkenntnis ist für die GPK-N von zentraler Bedeutung. Sie forderte dementsprechend den Bundesrat auf, die Kundenorientierung des BBL zu verbessern.

Aber auch seitens der Benutzerorganisationen muss gehandelt werden. Die GPK-N verlangte vom Bundesrat, deren Rechte und Pflichten zu klären sowie deren Strukturen und Instrumente im Bereich des Immobilienmanagements zu vereinheitlichen.

Die Kommission verspricht sich davon einen Effizienzgewinn.

Schliesslich ortet die GPK-N auch Optimierungsbedarf beim Informationsfluss zwischen den beteiligten Akteuren (BBL, Benutzerorganisationen, betroffene Generalsekretariate). Teilweise werden wichtige Informationen nicht an die Benutzerorganisationen weitergeleitet oder sie gelangen nicht von den Benutzerorganisationen zum BBL.
Die GPK-N hat zu den identifizierten Optimierungspotentialen zehn Empfehlungen an den Bundesrat gerichtet und ihn zur Stellungnahme bis Mitte Januar 2008 aufgefordert. Der Bundesrat hat am 14. Dezember 2007 seine Stellungnahme der GPK-N übermittelt und veröffentlicht. Diese wird die Stellungnahme im ersten Quartal 2008 behandeln.

5119

3.7

Justizwesen

3.7.1

Errichtung eines Controllingverfahrens am Bundesgericht

Im Hinblick auf die Zusammenlegung des Bundesgerichts mit dem Eidgenössischen Versicherungsgericht (EVG) und die Inkraftsetzung des neuen Bundesgerichtsgesetzes90 auf den 1. Januar 2007 hat die Bundesversammlung in der Richterstellenverordnung91 die Richterzahl auf 38 ordentliche und 19 nebenamtliche Richterinnen und Richter festgesetzt (Art. 1 Richterstellenverordnung). Die Verordnung ist bis zum 31. Dezember 2011 befristet. Auf diesen Zeitpunkt muss die Bundesversammlung die Anzahl der Richterinnen und Richter erneut festlegen. Artikel 2 der Richterstellenverordnung bestimmt, dass das Bundesgericht ein Controllingverfahren einrichtet, das dem Parlament als Grundlage für die Oberaufsicht und für die Festlegung der Zahl der Richterinnen und Richter dient (Abs. 1), und dass das Bundesgericht sich in seinem Geschäftsbericht jeweils zur Entwicklung der Geschäftslast und in allgemeiner Weise zu den Ergebnissen des Controllings äussert (Abs. 2).

Sowohl im Ständerat als auch vom Bundesgericht her wurde der Wunsch geäussert, dass die GPKs als Oberaufsichtsbehörde über das Bundesgericht die Einrichtung eines Controllingverfahrens begleiten und im Rahmen ihrer Geschäftsprüfung die Controllingergebnisse jeweils prüfen.

An ihren Sitzungen vom 26. Juni 2006 und vom 30. Juni 2006 beschlossen die GPKs, eine gemeinsame Arbeitsgruppe «Controlling Bundesgericht» einzusetzen, die zusammen mit dem Bundesgericht ein Controllingverfahren erarbeiten sollte, welches dem Parlament als Grundlage für die Oberaufsicht und für die Festlegung der Zahl der Richter und Richterinnen dient. Die Arbeitsgruppe bestand aus drei Mitgliedern der GPK-N und zwei Mitgliedern der GPK-S.

Am 15. August 2006 führte die Arbeitsgruppe eine erste Aussprache mit dem Bundesgerichtspräsidenten und der Präsidentin des EVG. Es wurden Grundsatzfragen und auch die ursprünglichen Vorschläge des Ständerates diskutiert, die u. a. Auskünfte über die Leistungen der einzelnen Richter (Anzahl der behandelten Fälle) vorsahen. Man einigte sich auf den Grundsatz, dass zwischen der Verwendung von Controlling-Daten für die Beurteilung der erforderlichen Anzahl Richter und Richterinnen und den Angaben zur Leistung einzelner Richter und Richterinnen im Hinblick auf die Wahlen eine Trennung gemacht werden sollte. Das Bundesgericht stellte in Aussicht, Vorschläge
für Messgrössen des Controllingverfahrens und für die statistische Erfassung der Daten sowie zur Berichterstattung an die GPKs zu unterbreiten.

Am 22. Dezember 2006 unterbreitete das Bundesgericht der Arbeitsgruppe ein Konzept «Controlling Bundesgericht», das die Arbeitsgruppe mit der neuen Verwaltungskommission des Bundesgerichts am 14. Februar 2007 eingehend diskutierte und bereinigte.

Gemäss dem Konzept «Controlling Bundesgericht» soll es eine Berichterstattung über das Controlling auf zwei Stufen geben: Im veröffentlichten Geschäftsbericht wird in allgemeiner Weise über das Controlling berichtet. Die GPKs erhalten zusätz90 91

Bundesgesetz vom 17.6.2005 über das Bundesgericht (BGG; SR 173.110).

Verordnung der Bundesversammlung vom 23.6.2006 über die Richterstellen am Bundesgericht (SR 173.110.1).

5120

liche Berichte und Statistiken auf Stufe Abteilungen, Richter, Gerichtsschreiber und Justizverwaltung. In der Berichterstattung an die GPKs werden zusätzliche Indikatoren wie durchschnittliche Fallkosten pro Abteilung und Gesamtgericht, von Verhältnis Zeitaufwand Rechtsprechung zu Administration und Rechtsmittelhäufigkeit und Urteilsbeständigkeit nach Kantonen und Rechtsmaterien aufgenommen.

Eine Berichterstattung soll zudem über die Spruchkörperbildung erfolgen. Das Bundesgericht erklärte sich auch bereit, einen besonderen Bericht an die GPKs abzuliefern, wenn signifikante, für die Wiederwahl möglicherweise relevante Defizite bei einem Richter oder einer Richterin vorliegen. Das Bundesgericht hatte vorerst vorgesehen, solche Berichte an die Gerichtskommission zu liefern. Die Arbeitsgruppe war jedoch der Meinung, dass diese Berichterstattung an die GPKs erfolgen soll, die ihrerseits gemäss Parlamentsgesetz verpflichtet ist, der Gerichtskommission Feststellungen, welche die fachliche oder persönliche Eignung von Richterinnen und Richtern ernsthaft in Frage stellen, zur Kenntnis zu bringen (Art.

40a Abs. 6 ParlG). Der Grund liegt einerseits darin, dass es wenig Sinn macht, die Gerichtskommission z. B. zu Beginn einer Wahldauer von sechs Jahren über Probleme mit einem Richter zu informieren, da die Gerichtskommission erst im Hinblick auf die Wiederwahlen aktiv wird. Hingegen können die GPKs während der Wahldauer vermittelnd oder lösungsorientiert einwirken.

Im Weiteren wird das Bundesgericht ein noch detaillierteres internes Controlling aufbauen, das vor allem als internes Steuerungsinstrument der Gerichtsleitung und der Abteilungspräsidenten dient. Die GPKs können bei Bedarf auch hierzu gezielte Informationen verlangen.

Das Bundesgericht kann das Konzept «Controlling Bundesgericht» nicht aus dem Stand heraus realisieren. Die Statistiken müssen teilweise neu gestaltet werden, und die entsprechenden Informatikprogramme müssen entwickelt werden. Das Bundesgericht will die entsprechenden Grundlagen bis Ende 2007 bereitstellen. Die zuständigen Subkommissionen werden die Realisierung begleiten und überprüfen. Allenfalls werden sie mit dem Bundesgericht auch die Frage diskutieren, ob das Bundesgericht im Jahr 2011 aufgrund der Controlling-Daten eine Evaluation zu Handen des Parlamentes durchführen sollte.

3.7.2

Informatik an den Eidgenössischen Gerichten

Am 12. Oktober 2006 teilte die provisorische Gerichtsleitung des Bundesverwaltungsgerichts anlässlich einer Anhörung den zuständigen Subkommissionen der beiden GPKs mit, dass ihr die Zusammenarbeit mit dem Bundesgericht im IT-Bereich Sorgen bereite. Die Informatik stelle aus ihrer Sicht ein erhebliches Projektrisiko für den Start des Bundesverwaltungsgerichts dar. Einerseits seien der provisorischen Gerichtsleitung im Laufe des Jahres Zweifel erwachsen, ob der IT-Dienst des Bundesgerichts als IT-Leistungserbringer für das Bundesverwaltungsgericht in der Lage sein würde, die vereinbarten Termine einzuhalten, und zweitens befürchte man, dass die Geschäftskontrolle und der Zugriff auf die Präjudiziensammlung der Vorgängerorganisationen auf den Stichtag nicht funktionieren könnten, weshalb man für die Bereiche Asylrecht und Ausländerrecht eine Notfallplanung vorsehe. Man habe auch Befürchtungen, dass mit dieser IT-Umgebung kein modernes Gerichtsmanagement und Controlling möglich sei. Eine herbe Enttäuschung sei für die provisorische Gerichtsleitung und ihre Mitarbeitenden dann der 5121

Wechsel ab Juli 2006 auf die IT-Umgebung des Bundesgerichts gewesen. Man habe sich in den Anwendungen um EDV-Generationen zurückversetzt gefühlt.

Die zuständigen Subkommissionen haben mit Schreiben vom 19. Oktober 2006 an die Verwaltungskommission des Bundesgerichts um Informationen über die Lagebeurteilung des Bundesgerichts in Bezug auf seine Informatik, zur Informatikstrategie sowie zur Zusammenarbeit mit dem Bundesverwaltungsgericht gebeten. Mit Schreiben vom 15. November 2006 hat die Verwaltungskommission die Fragen der Subkommissionen einlässlich beantwortet. In Bezug auf die Integration des Bundesverwaltungsgerichts in die IT-Plattform des Bundesgerichts geht aus der Antwort hervor, dass sich die Verwaltungskommission durchaus bewusst war, dass es sich hierbei um ein bedeutendes Projekt mit entsprechenden Risiken handelte, dass die Zeitreserven aufgebraucht und die Ressourcen angespannt waren. Die fristgerechte Inbetriebnahme der wesentlichen Funktionen am Bundesverwaltungsgericht auf den 1. Januar 2007 könne aber gewährleistet werden.

Die zuständigen Subkommissionen haben in der Folge den Chef des Dienstes für Informatik und neue Technologien (DINT) der Parlamentsdienste um eine allgemeine Einschätzung des IT-Problems der beiden Gerichte aus fachlicher Sicht gebeten.

Zur Frage nach möglichen Lösungsansätzen, beschrieb der Experte drei Szenarien: 1.

Das Bundesgericht stellt sein System völlig um, was erhebliche Kosten und Risiken verursachen und eine Änderung der gesamten Strategie und auch der Kultur bedeuten würde. Diese Variante hätte ebenfalls Auswirkungen auf das IT-Personal des Bundesgerichts.

2.

Das Bundesverwaltungsgericht passt sich dem IT-System des Bundesgerichts an. Das bedeutet, dass es seine Erwartungshaltung erheblich herunterschrauben müsste. Allenfalls macht das Bundesgericht einzelne Anpassungen, um der Erwartungshaltung des Bundesverwaltungsgerichts entgegen zu kommen. Allerdings müssten hier auch die Kosten und die längerfristigen Folgen der Entwicklung evaluiert werden.

3.

Man strebt eine Hybridlösung (Mischbetrieb) an. Man unterzieht die Systeme einer eingehenden Prüfung und schaut, in welchem Bereich sich welches System anpassen muss. Dann könnte eine Strategie festgelegt werden, in welchen Teilschritten welche Teilsysteme angepasst werden sollen. Dabei sollte man den grössten gemeinsamen Nenner definieren. Besondere Beachtung muss der Datenhaltung geschenkt werden: Diese Daten müssen kompatibel bleiben und von den Gerichten gemeinsam gehalten werden. Daneben sind Hybridlösungen denkbar.

Am 14. Februar 2007 führte die Verwaltungskommission des Bundesgerichts mit Mitgliedern aus den beiden zuständigen Subkommissionen eine Aussprache zur Integration des Bundesverwaltungsgerichts in die IT-Plattform des Bundesgerichts.

Die Verwaltungskommission brachte ihre Besorgnis über einzelne Publikationen zur Informatiksituation am Bundesverwaltungsgericht zum Ausdruck und betonte, dass die Gerichte bestehende Differenzen nicht in der Öffentlichkeit austragen sollten.

Die Verwaltungskommission wies darauf hin, dass das Bundesgericht im Jahr 2004 die Aufgabe, die Informatik für die erstinstanzlichen Bundesgerichte bereitzustellen, nach einigem Hin und Her übernommen habe. Man habe die Informatik der Bundesgerichte «aus einem Guss» als eine Aufgabe betrachtet, und das Parlament habe seinerzeit diese Idee mitgetragen, wenn nicht gar initiiert.

5122

Im Weiteren stellte die Verwaltungskommission in Aussicht, ihre Informatik durch ein externes Audit einer Prüfung nach verschiedenen Gesichtspunkten zu unterziehen. Schliesslich äusserte die Verwaltungskommission den Wunsch, von der Oberaufsicht zu erfahren, welche Haltung sie einnimmt, wenn es darum geht, vom Prinzip der Informatik «aus einem Guss» abzurücken bzw. dieses aufzugeben.

Mit Schreiben vom 22. März 2007 teilten die beiden GPKs dem Bundesgericht, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesstrafgericht ihre Erwägungen und Empfehlungen zur derzeitigen IT-Situation an den Gerichten mit, deren wesentlichste im Folgenden wiedergegeben werden: «6.1

Die Geschäftsprüfungskommissionen begrüssen die Absicht des Bundesgerichts, ihre Informatik einer externen Überprüfung zu unterziehen.

Gleichzeitig sollte auch die Informatiksituation am Bundesverwaltungsgericht geprüft werden. Diese Überprüfung sollte so bald als möglich an die Hand genommen werden. Dabei ist das Bundesverwaltungsgericht in geeigneter Weise einzubeziehen.

6.2

Die Geschäftsprüfungskommissionen legen dem Bundesgericht nahe, bei der Auftragserteilung der Überprüfung (Audit) folgende Aspekte in seine Überlegungen mit einzubeziehen: a) Die Überprüfung sollte in Bezug auf den strategischen Entscheid über die weitere Entwicklung der Informatik des Bundesgerichts grösstmögliche Offenheit gewährleisten.

b) Gewichtung der voraussichtlichen mittel- und längerfristigen Entwicklung und des Betriebes einer reinen Open-Source-Umgebung im Vergleich zu Anwendungen nach Industriestandard (mögliche Vergrösserung der Diskrepanz in der Funktionalität für die Anwender, allgemeiner Trend hinsichtlich Einkauf von Industriestandard-Produkten, Abbau von Eigenentwicklungen) c) Mögliche Entwicklungen eines modernen Gerichtsmanagements mit seinen Anforderungen an die Informatik (Geschäftsverwaltungssystem und Controlling) d) Mittel- und längerfristige Entwicklung des Anwenderprofils: Die kommende Generation von Bundesrichterinnen und Bundesrichtern und von Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreibern wird voraussichtlich anders arbeiten (wollen) als die heutige e) Attraktivität der Gerichte als Arbeitgeber f) Datenhaltung: Gewährleistung der langfristigen Kompatibilität (Geräte-, Programm- und Personenunabhängigkeit) eines immer grösser werdenden Datenbestandes g) Informatik- und Datensicherheit h) Abhängigkeiten: Abhängigkeit von Industrieprodukten (Microsoft) einerseits, Abhängigkeit von eigenen IT-Entwicklern als Wissensträger, beschränktes Reservoir von entsprechendem Personal auf dem Markt andererseits i) Kurz-, mittel- und langfristige Kosten-/Nutzenüberlegungen j) Rolle des Bundesgerichts als IT-Leistungserbringer: Gehört diese zu den Aufgaben des obersten Gerichts?

5123

k)

Rolle des Bundesgerichts als Aufsichtsbehörde über die erstinstanzlichen Gerichte: Inwiefern kommt das Bundesgericht allenfalls in die Lage, bei der Überprüfung einer effizienten Geschäftsführung der erstinstanzlichen Gerichte seine eigenen IT-Dienstleistungen zu überprüfen?

6.3

Die Geschäftsprüfungskommissionen gehen davon aus, dass nach der soeben erfolgten Integration des Bundesverwaltungsgerichts in die IT-Plattform des Bundesgerichts vorderhand ein Zusammengehen zwischen den beiden Gerichten gegeben ist und ein allfälliger anderer Entscheid erst mittelfristig in Frage kommen könnte. Die Geschäftsprüfungskommissionen erwarten deshalb von allen eidgenössischen Gerichten, dass sie in bestmöglicher Art und Weise zusammenarbeiten. Von gegenseitigen Schuldzuweisungen ist Abstand zu nehmen.

6.4

Die Geschäftsprüfungskommissionen erwarten vom Bundesgericht und vom Bundesverwaltungsgericht, dass sich der Wille zur gegenseitigen Zusammenarbeit auch im Abschluss der noch offenen Vereinbarung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der IT in der Betriebsphase ab 2007 ausdrücken wird.

6.5

Die Geschäftsprüfungskommissionen haben mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass das Bundesgericht mit einer superprovisorischen Weisung neue Entscheidstrukturen im Bereich der Informatik erlassen hat. Dieses Vorgehen wird dem Klima und der künftigen Zusammenarbeit zwischen den eidgenössischen Gerichten kaum förderlich sein.

6.6

Zur Frage der Informatik aus einem Guss nehmen die Geschäftsprüfungskommissionen wie folgt Stellung: [...]

92 93 94

95

Bundesgesetz vom 17.6.2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32).

Bundesgesetz vom 4.10.2002 über das Bundesstrafgericht (SGG; SR 173.71).

Gemäss der Botschaft des Bundesrates zur Totalrevision der Bundesrechtspflege vom 28. Februar 2001 (BBl 2001 4386, zu Art. 24 E-VGG) gehört zur Selbstverwaltung der Gerichte namentlich die Bestellung der Informatik (EDV).

BBl 2002 7639.

5124

» In Absprache mit den beiden Finanzkommissionen (FKs) wurde am 11. Juni 2007 eine Arbeitsgruppe «IT am Bundesgericht», bestehend aus je einem Mitglied der beiden GPKs und der beiden FKs, eingesetzt. Die Arbeitsgruppe hat den Auftrag, das weitere Vorgehen der Eidgenössischen Gerichte im Bereich der gemeinsamen IT-Plattform des Bundesgerichts und insbesondere die Vorbereitung und Durchführung eines externen Audits sowie die sich daraus ergebenden Massnahmen begleitend zu beaufsichtigen.

Am 22. August 2007 beschloss die Arbeitsgruppe «IT am Bundesgericht», eine Studie in Auftrag zu geben, die die Frage klären soll, ob das Bundesgericht weiterhin Leistungserbringer für das Bundesverwaltungsgericht bleiben soll oder ob eine Trennung der Informatik die bessere und kostengünstigere Lösung wäre. Einig waren sich die Arbeitsgruppe und die Gerichte darin, dass die bestehende Vereinbarung über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten zumindest bis zum Umzug des Bundesverwaltungsgerichts im Jahr 2010 nach St. Gallen bestehen bleiben soll.

3.7.3

Konsultation zum Reglement des Bundesgerichts

Die zuständigen Subkommissionen ersuchten das Bundesgericht am 13. Oktober 2006, zum Reglement für das Bundesgericht (BGerR)96 in zwei Punkten konsultiert zu werden. Die Konsultation betraf die Nebenbeschäftigungen der Bundesrichter sowie die Bildung der Spruchkörper am Bundesgericht. In ihrer Konsultation vom 5. März 2007 machten die Subkommissionen Gerichte gegenüber dem Bundesgericht folgende Feststellungen: Nebenbeschäftigungen der ordentlichen Richter und Richterinnen (Art. 18­23 BGerR) In den Artikeln 18­23 BGerR hat das Bundesgericht die Bewilligungspflicht, das Bewilligungsverfahren, die interne Kontrolle und die Ablieferungspflicht von Entschädigungen für Nebenbeschäftigungen geregelt. Die zuständigen Subkommissionen anerkennen grundsätzlich den Anspruch der ordentlichen Richter und Richterinnen des Bundesgerichts, in einem moderaten Umfang Nebenbeschäftigungen, die im öffentlichen Interesse sind oder wissenschaftlichen Zwecken dienen, ausüben zu können. Mit der Ablieferungspflicht für Entschädigungen, soweit sie 10 000 Fran96

Reglement vom 20.11.2006 für das Bundesgericht (BGerR; SR 173.110.131).

5125

ken pro Jahr übersteigen, werden die Nebenbeschäftigungen auf ein vertretbares Mass begrenzt. Mit der Führung einer Liste der erteilten Bewilligungen und der Auskunftspflicht über die zeitliche Beanspruchung und die erhaltenen Entschädigungen wird der Verwaltungskommission des Bundesgerichts eine angemessene Kontrolle der Nebenerwerbstätigkeiten der Richter und Richterinnen ermöglicht.

Die in Artikel 19 BGerR aufgeführten Nebenbeschäftigungen, die bewilligt werden können, decken ein relativ breites Spektrum ab. Dabei wiederholt das Reglement die gesetzliche Voraussetzung, dass die Nebenbeschäftigung keinem Erwerbszweck dienen darf, nicht explizit, während die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen gemäss Artikel 7 BGG in Artikel 18 BGerR genannt werden. Es wird Sache der Bewilligungspraxis des Bundesgerichts sein, dem Kriterium der Erwerbszwecklosigkeit nebst den übrigen Kriterien Beachtung zu schenken.

Bildung der Spruchkörper (Art. 40­42 BgerR) Nach Artikel 22 BGG hat das Bundesgericht die Bildung der Spruchkörper in einem Reglement zu regeln. Die GPKs haben in ihrem Bericht vom 6. Oktober 2003 zur Untersuchung von besonderen Vorkommnissen am Bundesgericht97 die Praxis des Bundesgerichts bei der Bildung der Spruchkörper näher untersucht (Ziff. 4.3.2.1.1) und dabei ausdrücklich eine generell-abstrakte Regelung in einem Reglement begrüsst und gleichzeitig einige Hinweise zu den Anforderungen einer solchen Normierung gemacht (vgl. Ziff. 4.3.2.4.). Im Weiteren haben die GPKs empfohlen, im Rahmen dieser Normierung eine angemessene Mitsprache der Mitrichter zu prüfen, um einem Ungleichgewicht innerhalb des Spruchkörpers zugunsten des Präsidenten entgegen zu wirken (Empfehlung 8).

Die zuständigen Subkommissionen stellten fest, dass die in Artikel 40 BGerR getroffene Regelung zur Bildung der Spruchkörper einer weitgehenden Festschreibung der bisher geübten Praxis des Bundesgerichts entspricht. Der Antrag der Arbeitsgruppe BGG des Bundesgerichts vom 23. Oktober 2006, in den Sechserabteilungen bei Grundsatzentscheiden den Spruchkörper nach einer Endlosliste nach dem Zufallsprinzip zu bilden, wurde vom 41er-Plenum nicht übernommen. Die zuständigen Subkommissionen stellten weiter fest, dass demgegenüber das Bundesverwaltungsgericht in seinem Geschäftsreglement (VGR)98 eine Spruchkörperbildung auch bei
Dreierentscheiden nach einem im Voraus festgelegten Schlüssel vorsieht (Art. 24 und 25 VGR).

Die zuständigen Subkommissionen haben beschlossen, die neue Regelung der Spruchkörperbildung des Bundesgerichts mit dem Bundesgericht zu thematisieren.

Sie möchten sich insbesondere diese Regelung genauer erläutern lassen und von der Verwaltungskommission erfahren, wie die in Artikel 42 BGerR vorgesehene Statistik über die Bildung der Spruchkörper ausgestaltet wird und nach welchen Kriterien die Verwaltungskommission eine Kontrolle der Spruchkörperbildung vornimmt.

97 98

Bericht der GPKs «Untersuchung von besonderen Vorkommnissen am Bundesgericht» vom 6.10.2003 (BBl 2004 5647).

Geschäftsreglement vom 11.12.2006 für das Bundesverwaltungsgericht (VGR; SR 173.320.1).

5126

3.7.4

Beschwerdeverfahren zur Vergabe der Bahntechnik für den Gotthard-Basistunnel (Neat)

Die zuständigen Subkommissionen der GPKs haben mit dem Bundesverwaltungsgericht am 26. November 2007 zur hängigen Beschwerde zur Vergabe der Bahntechnik für den Gotthard-Basistunnel eine Aussprache geführt. Durch das Beschwerdeverfahren wird der Beginn des Baus der bahntechnischen Anlagen verzögert.

Dadurch entstehen beträchtliche Mehrkosten. Die Subkommissionen erachteten es deshalb als im öffentlichen Interesse wichtig, die Frage zu klären, ob das Bundesverwaltungsgericht organisatorisch und personell in der Lage ist, im hängigen Beschwerdeverfahren innert nützlicher Frist einen Entscheid zu fällen, und ob beim Bundesverwaltungsgericht die dazu notwendigen organisatorischen Vorkehrungen getroffen worden sind. Aufgrund der Aussprache stellten die Subkommissionen fest, dass das Vorgehen des Bundesverwaltungsgerichts im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erfolgte. Sie haben zur Kenntnis genommen, dass das Bundesverwaltungsgericht in Kürze einen Zwischenentscheid über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde fällen werde. Im Weiteren erörterten sie mit dem Bundesverwaltungsgericht allgemeine Fragen zur Behandlung von umfangreichen Beschwerden im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens. In diesem Zusammenhang wiesen die Subkommissionen auf die Bedeutung der Bestimmung im Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen hin, wonach der Beschwerde ­ anders als im übrigen Bundesverwaltungsrecht ­ grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 28 BoeB99).

Die zuständigen Subkommissionen, die bei ihren Abklärungen im Rahmen der Oberaufsicht über die eidgenössischen Gerichte der Einhaltung der Gewaltenteilung stets grosse Beachtung schenken, setzten sich nicht mit der materiellen Beurteilung des konkretes Falles auseinander. Sie beschränkten ihre Abklärung auf organisatorische Fragen.

3.7.5

Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht

Im Anschluss an eine Untersuchung zur Anwendung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht verabschiedete die GPK-N am 7. November 2006 einen Bericht zum Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht.100 Im Bericht fasste die GPK-N Resultate einer Umfrage bei allen Kantonen zu ihrer Anwendung der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft bei Minderjährigen zusammen und richtete dazu fünf Empfehlungen an den Bundesrat. Am 16. März 2007 nahm der Bundesrat zum Bericht und den Empfehlungen Stellung.101 In ihrer Antwort an den Bundesrat auf seine Stellungnahme vom 23. November 2007 erklärte sich die GPK-N teilweise befriedigt und ergänzte und bekräftigte in einzelnen Punkten ihre Empfehlungen.

99

Bundesgesetz vom 16.12.1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BoeB; SR 172.056.1).

100 S. Bericht der GPK-N «Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht» vom 7.11.2006 (BBl 2007 2521).

101 Stellungnahme des Bundesrates vom 16.3.2007 (BBl 2007 2539).

5127

Die GPK-N begrüsste in ihrer Antwort die Bereitschaft des Bundesrates, die im GPK-Bericht erläuterten Untersuchungsergebnisse im 2. und 3. Staatenbericht der Schweiz zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention (KRK)102 an den UNOAusschuss (Ausschuss der Vereinten Nationen) für die Rechte des Kindes mit einzubeziehen, und bat gleichzeitig darum, die einige Jahre alten Daten auf den neuesten Stand zu bringen.

Die GPK-N hatte aufgrund der Umfrage in den Kantonen in ihrem Bericht festgestellt, dass die Zahl der längeren Haftdauern bei Minderjährigen im Vergleich zur Haftdauer der Gesamtzahl der Ausschaffungshäftlinge hoch erscheint. Aufgrund der Vorgabe der Kinderrechtskonvention, wonach die Freiheitsentziehung bei einem Kind nur als letztes Mittel und für die «kürzeste angemessene Zeit» angewendet werden darf (Art. 37 Bst. b KRK), würde man eine gegenläufige Tendenz erwarten.

Die GPK-N hatte deshalb den Bundesrat ersucht, insbesondere die Gründe abzuklären, die zu längeren Haftdauern bei Minderjährigen als bei Volljährigen führen, und gegebenenfalls Massnahmen zur Sicherstellung der Einhaltung der Kinderrechtskonvention zu treffen (Empfehlung 2). In seiner Stellungnahme verwies der Bundesrat darauf, dass im Rahmen der Umsetzung der Teilrevision des Asylgesetzes103 eine Bestimmung aufgenommen wurde, wonach die zuständigen kantonalen Behörden dem Bundesamt für Migration (BFM) regelmässig die Daten über die Anordnung von Zwangsmassnahmen übermitteln müssen (Art. 15e VVWA104). Diese Daten betreffen insbesondere die Zahl der Haftanordnungen und die Dauer der einzelnen Haft sowie die Nationalität, das Geschlecht und das Alter der betroffenen Personen.

Die GPK-N begrüsste in ihrer Antwort die Aufnahme dieser Bestimmung, drückte jedoch ihre Erwartung aus, dass der Bundesrat bei der Auswertung dieser Daten ein besonderes Augenmerk auf die Haftdauer bei Minderjährigen richtet.

In ihrem Bericht hatte die GPK-N dem Bundesrat empfohlen, bei den Kantonen auf eine vermehrte Harmonisierung ihrer Vollzugspraxis im Bereich der Ausschaffungshaft bei Minderjährigen hinzuwirken (Empfehlung 3). In seiner Stellungnahme wies der Bundesrat auf die bereits bestehenden Koordinationsinstrumente sowie auf den im Februar 2004 vom EJPD eingesetzten paritätischen Fachausschuss Rückkehr und Wegweisungsvollzug hin, der sich insbesondere
auch der Koordination im Bereich der Zwangsmassnahmen annehme. Zudem werde das Zwangsanwendungsgesetz noch weitere rechtliche Instrumente bereitstellen. In ihrer Antwort betonte die GPK-N, dass der Bundesrat im Fachausschuss sowie im Rahmen der neuen Instrumente des Zwangsanwendungsgesetzes insbesondere darauf hinwirken solle, dass die Kantone bei der Gewährleistung der Kinderrechtskonvention zusammenarbeiten, indem Inhaftierungsstrukturen eines Kantons, die den Konventionsanforderungen genügen, auch durch andere Kantone genutzt werden können.

Die GPK-N hatte im Weiteren dem Bundesrat empfohlen, die Frage zu klären, ob sich aus der Kinderrechtskonvention besondere Haftbedingungen und insbesondere ein Trennungsgebot für Minderjährige vom Erwachsenen in der Ausschaffungshaft ableiten lassen, und zusammen mit den Kantonen nach praktischen Lösungen zu suchen (Empfehlung 4). In seiner Stellungnahme erklärte der Bundesrat, die von der Kinderrechtskonvention in Artikel 37 Buchstabe c geforderten besonderen Haft102

Übereinkommen vom 20.11.1989 über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention KRK, SR 0.107).

103 Asylgesetz vom 26.6.1998 (AsylG; SR 142.31).

104 Verordnung vom 11.8.1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen (VVWA; SR 142.281).

5128

bedingungen für Minderjährige würden auch für die Ausschaffungshaft als Administrativhaft gelten. Die heutige Praxis, wonach die Trennung zwischen Jugendlichen und Erwachsenen im Freiheitsentzug nicht ausnahmslos gewährleistet ist, werde vom Vorbehalt der Schweiz zu Artikel 37 Buchstabe c KRK gedeckt. Artikel 48 des Jugendstrafgesetzes105 räume den Kantonen zur Errichtung der notwendigen Einrichtungen eine zehnjährige Frist ein. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre es wünschenswert, wenn sich die schweizerischen Behörden mit der Frage der Unterbringung von Minderjährigen in Ausschaffungshaft auseinandersetzen würden. Diese Antwort vermochte die GPK-N nicht zu befriedigen. Sie forderte den Bundesrat in ihrer Antwort vom 23. November 2007 auf, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um entsprechende Veränderungen bei den Kantonen zu bewirken.

Aufgrund ihrer Erhebung hatte die GPK-N in ihrem Bericht festgestellt, dass der von der Kinderrechtskonvention geforderte umgehende Zugang zu einem Rechtsbeistand, insbesondere im Bereich des Ausländerrechts, nicht überall in ausreichendem Mass gewährleistet ist. Sie hatte deshalb dem Bundesrat empfohlen, bei den Kantonen darauf hinzuwirken, dass sie eine aktive Rolle bei der Sicherstellung der Rechtsvertretung und allfälliger vormundschaftlicher Massnahmen (Errichtung einer Vormundschaft oder einer Beistandschaft) übernehmen (Empfehlung 5). In seiner Stellungnahme hielt der Bundesrat fest, eine Untersuchung zur entsprechenden Praxis in den einzelnen Kantonen bestehe nicht. Ein einheitliches Vorgehen der Kantone sei jedoch auch im Ausländerbereich anzustreben. Der Bundesrat erklärte sich bereit, die Problematik im Rahmen der vorgesehenen Datenerhebung zu überprüfen. Dazu hielt die GPK-N in ihrem Antwortschreiben fest, es sei für sie nicht ersichtlich, wie aus der Datenerhebung gemäss Artikel 15e VVWA, der keine Datenerfassung zur Rechtsvertretung bzw. zu vormundschaftlichen Massnahmen vorsieht, Rückschlüsse auf die Situation in den Kantonen gezogen werden könnten.

Sie forderte deshalb den Bundesrat auf, die entsprechende Verordnungsbestimmung so zu erweitern, dass solche Rückschlüsse möglich sind. In der fraglichen Bestimmung solle im Weiteren, um der Empfehlung 2 des Berichts der GPK-N gerecht zu werden, auch eine Berichterstattungspflicht über die Haftgründe
aufgenommen werden.

Die GPK-N kündigte dem Bundesrat im Weiteren an, zur Umsetzung ihrer fünf Empfehlungen ihres Berichts in ca. zwei Jahren eine Nachkontrolle durchzuführen.

3.7.6

Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes

Die Strafverfolgungsbehörden des Bundes und insbesondere die Bundesanwaltschaft wurden im Laufe des Jahres 2006 insgesamt vier Untersuchungen unterzogen. Die GPK-N, die während der letzten fünf Jahre den Ausbau der Bundesstrafbehörden begleitend kontrollierte, hat Anlass, Durchführung und Ergebnisse der vier Untersuchungen überprüft. Bei der vertieften Untersuchung rückten Fragen des Zusammenwirkens zwischen dem EJPD und der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts als administrative und fachliche Aufsichtsbehörden über die Bundesanwaltschaft sowie Fragen zum Rücktritt des Bundesanwalts im Sommer 2006 in den Vorder105

Bundesgesetz vom 20.6.2003 über das Jugendstrafrecht (Jugendstrafgesetz, JStG; SR 311.1).

5129

grund. Aufgrund der anhaltenden öffentlichen Kritik an der Rolle des Bundesanwalts im Zusammenhang mit der Vertrauensperson Ramos hat die GPK-N auch damit zusammenhängende Fragen detailliert abgeklärt. Am 5. September 2007 verabschiedete und veröffentlichte die GPK-N einen Bericht über ihre Untersuchungen106. Zusammengefasst gelangt der Bericht zu folgenden Ergebnissen: Die vier Untersuchungsberichte 1.

Der unveröffentlichte Aufsichtszwischenbericht «Anklagen» der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 14. Juli 2006 befasste sich mit der Frage der bis zu diesem Zeitpunkt geringen Anzahl von Klageerhebungen durch die Bundesanwaltschaft an das Bundesstrafgericht. Im Vorfeld der Untersuchung liess sich der Beschwerdekammerpräsident vom EJPD einen Auftrag erteilen, auch administrativaufsichtsrechtlich relevante Aspekte abzuklären und dem EJPD anschliessend Bericht zu erstatten. In einer Vorabinformation an das EJPD im Hinblick auf allfällige administrative Konsequenzen wies der Beschwerdekammerpräsident ohne sachliche Grundlage auf einen angeblichen dramatischen Mangel an effektiver operativer Führung sowie auf einen mangelhaften Umgang der Bundesanwaltschaft mit den bestehenden Ressourcen hin. Zu diesem Zeitpunkt war das EJPD daran, Varianten zu prüfen, wie der Bundesanwalt aus seinem Amt entfernt werden könnte. Diese Vorabinformation griff dem Beschluss der Beschwerdekammer vor und präjudizierte diesen. Der Aufsichtszwischenbericht «Anklagen» wirft in seiner Schlussfolgerung dem Bundesanwalt Uninformiertheit und persönliche Führungsmängel vor und weist ihm im Wesentlichen die Verantwortung für «das klar ungenügende Resultat» hinsichtlich der Anzahl bisher erfolgter Anklagen zu.

Die GPK-N stellte aufgrund ihrer Überprüfung fest, dass der Aufsichtszwischenbericht «Anklagen» Beurteilungen von Fragen der Effizienzvorlage und von Führungsfragen vornahm, die nicht zur fachlichen, sondern zur administrativen Aufsicht gehören, womit die Beschwerdekammer ohne gesetzliche Grundlage im Bereich der administrativen Aufsicht tätig geworden ist. Für die persönlichen Vorwürfe an den Bundesanwalt finden sich zudem keine sachlichen Grundlagen im Untersuchungsbericht. Weiter stellte die GPK-N fest, dass bei der Entstehung des Berichts Verfahrensrechte wie insbesondere das Recht auf rechtliches Gehör verletzt wurden. Aufgrund der verfahrensmässigen und inhaltlichen Mängel des Aufsichtszwischenberichts «Anklagen» konnte die GPK-N aus den Ergebnissen des Berichts keine ausreichenden Schlüsse in Bezug auf die Funktionsweise der Bundesanwaltschaft ableiten. Das Ergebnis des Berichts stand im Weiteren im Widerspruch zu den Ergebnissen der Berichte «Lüthi» und «Uster».

2.

106

Der bisher unveröffentlichte Aufsichtszwischenbericht «Ramos» der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 18. September 2006 untersuchte Fragen der Rechtmässigkeit des Einsatzes der Vertrauensperson Ramos durch die Bundeskriminalpolizei (BKP). Die Bundesstrafrichter Bernard Bertossa und Andreas J. Keller wurden mit der Untersuchung beauftragt, nachdem aufgrund eines Artikels in der Weltwoche vom 1. Juni 2006

Bericht der GPK-N «Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes» vom 5.9.2007 (http://www.parlament.ch/SiteCollectionDocuments/ ed-gpk-strafverfolgung-bund-2007.pdf).

5130

schwere Vorwürfe gegen den Bundesanwalt im Zusammenhang mit dem ehemaligen kolumbianischen Drogenhändler Ramos und seiner Rolle im laufenden Strafverfahren gegen den Zürcher Bankier H. laut geworden waren und der Vorsteher EJPD sowie der Präsident der Beschwerdekammer am Pfingstmontag, 5. Juni 2006, vereinbart hatten, im Rahmen ihrer administrativen und fachlichen Aufsichtsfunktion eine ausserordentliche Überprüfung der Tätigkeit der Bundesanwaltschaft vorzunehmen.

Der Aufsichtszwischenbericht «Ramos», der im Untersuchungsbericht der GPK-N zu einem grossen Teil wiedergegeben wird, gelangte zum Schluss, dass die BKP und die Bundesanwaltschaft das geltende Recht nicht verletzt haben, indem sie die Existenz von Ramos verschwiegen und dessen Rolle in den Strafakten nicht offen gelegt haben. Die von Ramos eingeholten Informationen wurden weder im gegen H. laufenden Verfahren noch in den anderen Fällen als Beweismittel gegen die betroffenen Angeschuldigten verwendet. Weiter stellte der Bericht fest, dass der Auftrag an Ramos zur Informationsbeschaffung nicht gegen schweizerisches Recht verstiess und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass beim konkreten Einsatz von Ramos Gesetzesverletzungen stattgefunden haben. Insbesondere deutet gemäss dem Bericht nichts darauf hin, dass Ramos mit Wissen der BKP oder der Bundesanwaltschaft das Verbot, als Lockspitzel bzw. «agent provocateur» aufzutreten, nicht eingehalten und durch sein Verhalten Dritte zu Gesetzesverletzungen angestiftet hätte. Weiter ist dem Bericht zu entnehmen, dass die Bundesanwaltschaft keine Gesetzesverletzungen begangen hat, indem sie Ermittlungsverfahren aufgrund der von Ramos gelieferten Informationen eröffnete.

Die GPK-N hat zusätzliche Fragen zu dem in den Medien geäusserten Vorwurf, Ramos sei ein «Doppelagent» gewesen bzw. habe mit amerikanischen Behörden zusammen gearbeitet, zur Rolle des Bundesanwalts sowie zu den Verantwortlichkeiten der Bundesanwaltschaft und der BKP bei der Engagierung und Führung der Vertrauensperson Ramos abgeklärt. Zur Frage der «Doppelagentschaft» lagen der GPK-N aufgrund der Abklärungen keine Hinweise vor, dass Ramos während seines Aufenthaltes in der Schweiz mit amerikanischen Strafverfolgungsbehörden zusammenarbeitete oder in deren Auftrag tätig war. In diesem Zusammenhang liess die GPK-N auch anonyme
amerikanische Akten, die mehreren Medien zugespielt und von einem Nationalrat dem Beschwerdekammerpräsidenten zu Handen der Untersuchung zu Ramos übergeben worden waren, von zwei Seiten analysieren. Die Analysen kamen zum Schluss, dass die Akten Privatrecherchen über Ramos im Auftrag eines anonymen Auftraggebers enthalten, der am Strafverfahren gegen H. interessiert war. Im Weiteren kamen die Analysen zum Schluss, dass die Akten keine Belege dafür enthalten, dass Ramos während seiner Zeit in der Schweiz für die amerikanischen Strafverfolgungsbehörden tätig war.

Erstaunt zeigte sich die GPK-N über den Umstand, dass die Beschwerdekammer in ihrem Aufsichtszwischenbericht «Ramos» aufgrund dieser anonymen amerikanischen Akten die Aussage in ihrem Bericht einfügte, die Vermutung lasse sich nicht von der Hand weisen, dass Ramos während seines Aufenthaltes in der Schweiz insbesondere auch für die Strafverfolgungsbehörden der USA gearbeitet habe. Die Bundesanwaltschaft und die BKP konnten zu den anonymen Akten und die darauf gestützte Bewertung im 5131

Bericht nicht Stellung nehmen. Mit dieser unbelegten Aussage des Berichts wurden nach Meinung der GPK-N weitere Spekulationen über eine angebliche «Doppelagentschaft» genährt.

In Bezug auf die persönliche Rolle des Bundesanwalts im Zusammenhang mit Ramos stellte die GPK-N fest, dass dieser Initiant für die Übernahme von Ramos aus den USA und dessen Einsatz in der Schweiz als Vertrauensperson der BKP war. Für die Führung und den konkreten Einsatz von Ramos im Rahmen von Vorermittlungen übernahm die BKP jedoch die alleinige Verantwortung. Ob der Einsatz von Ramos opportun war, konnte die GPK-N nicht beurteilen; dies sei eine Frage des Ermessens und der Prioritätensetzung im Rahmen der Strafverfolgung. Die GPK-N stellte fest, dass der Spielraum und die Einsatzmöglichkeiten für Vertrauenspersonen (VP) heute weit seien. Nach Meinung der GPK-N genüge die Regelung des Einsatzes und der Kontrolle von Vertrauenspersonen in einer Weisung der BKP nicht. Es solle eine formell-gesetzliche Grundlage geschaffen werden, die die Vertrauensperson vom verdeckten Ermittler (VE) abgrenzt und deren Einsatzmöglichkeiten und Kontrolle klärt.

3.

Die im Auftrag des Vorstehers EJPD von Fürsprecher Rolf Lüthi durchgeführte Administrativuntersuchung in der Bundesanwaltschaft vom 15. September 2006 (veröffentlichter Bericht «Lüthi») klärte einerseits den Einsatz und die Arbeitsweise der Task force Guest der BKP, welche die Vertrauensperson Ramos geführt und betreut hat, sowie Fragen zur Organisation und Führung der Bundesanwaltschaft ab. Der Bericht hielt fest, dass die Führung von Ramos durch die BKP nach deren Weisungen erfolgte. Der Bundesanwalt habe bei der BKP den Antrag gestellt, Ramos als Vertrauensperson einzusetzen. Er habe beim Grundsatzentscheid nach den Abklärungen durch die BKP mitgewirkt und der BKP einen Staatsanwalt für die allfällige juristische Beratung zur Verfügung gestellt. Die Bundesanwaltschaft habe im Übrigen im Zusammenhang mit Ramos keine weitere Funktion mehr gehabt und auch kein Geld bezahlt. Der Bericht hielt weiter fest, der rasche Aufbau der Bundesanwaltschaft und der BKP sowie der nachfolgende Marschhalt habe zu gewissen Problemen geführt. Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen könne aber festgestellt werden, dass die Bundesanwaltschaft grundsätzlich ordnungsgemäss funktioniere und heute so organisiert sei, dass sie in der Lage sei, ihre Aufgaben richtig wahrzunehmen. Gleichzeitig zeigte der Bericht das vorhandene Verbesserungspotential auf.

4.

Die Situationsanalyse Effizienzvorlage (EffVor) vom 31. August 2006 (veröffentlichter Bericht «Uster») kam in ihrer Ist-Analyse zu ähnlichen Schlüssen wie der Bericht «Lüthi» und bescheinigte den Bundesstrafbehörden, dass sie im Bereich der neuen Kompetenzen funktionierten und dass wesentliche Aufbauarbeit geleistet worden sei. Für die weitere Entwicklung schlug der Bericht eine «Konzentration der Kräfte» auf der Basis des heutigen Budgets vor. Die Umsetzung der Vorschläge wurde inzwischen im Rahmen des Projekts «EffVor2» konkretisiert und vom Bundesrat gutgeheissen. Die GPK-N gab hinsichtlich der Ressourcenbeschränkung und der Absicht, Verfahren vermehrt zu priorisieren, zu bedenken, dass eine reine Ressourcensteuerung mit der in der Strafverfolgung geltenden verfassungsmässigen Offizialmaxime und dem Legalitätsprinzip in Konflikt geraten kann. Die GPK-N forderte vom Bundesstrafgericht vermehrte Anstrengungen zu einem raschen

5132

Abbau der Pendenzen beim Eidgenössischen Untersuchungsrichteramt (URA) und ersucht den Bundesrat, künftig bei der Ressourcenzuteilung der Pflicht der Strafverfolgungsbehörden, in den zwingenden Bundeskompetenzen mit der erforderlichen Tiefe tätig zu werden, Rechnung zu tragen. Die GPK-N stellte in Aussicht, die Umsetzung von EffVor2 weiterhin begleitend zu kontrollieren.

Umstände des Rücktritts des Bundesanwalts Die GPK-N veröffentlichte in ihrem Bericht Einzelheiten und Hintergründe, die zum Rücktritt des Bundesanwalts vom 5. Juli 2006 führten (Ziff. 3). Das umfangreiche, der GPK-N vorliegende Aktenmaterial zeigte, dass der Rücktritt des Bundesanwalts nicht freiwillig erfolgte. Im November 2004 erteilte der Vorsteher EJPD dem Bundesanwalt eine erste schriftliche Ermahnung und drohte ihm im Wiederholungsfall mit einer möglichen Kündigung, weil er im Fall «Achraf» seinen Mediensprecher einen Point de presse durchführen liess, obwohl der Vorsteher EJPD ihm eine Medienkonferenz untersagt hatte. Drei Tage nach dem Pfingstwochenende 2006, an dem der Vorsteher EJPD und der Präsident der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts auf Schloss Rhäzüns gemeinsam ausserordentliche Untersuchungen in der Bundesanwaltschaft aufgrund von Vorwürfen in der Weltwoche im Zusammenhang mit der Vertrauensperson Ramos beschlossen hatten, teilte der Vorsteher EJPD dem Bundesanwalt mit, dass für ihn eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr in Frage komme und er das Arbeitsverhältnis mit ihm beenden wolle. Er erteilte dem Bundesanwalt eine schriftliche «Abmahnung und scharfe Rüge» wegen Informationsverweigerung, Nichterreichbarkeit, Gesprächsverweigerung und unloyalem Verhalten, verbunden mit einer Kündigungsandrohung. Im Weiteren erteilte er dem Bundesanwalt die Weisung, ohne Rücksprache mit dem Departement keinerlei Presseauftritte mehr zu organisieren.

Die Unterlagen im Personaldossier des Bundesanwalts zeigten, dass das EJPD zu diesem Zeitpunkt Abklärungen über die Möglichkeiten einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Bundesanwalt prüfte, wobei man sich bewusst war, dass keine Kündigungsgründe gegen den Bundesanwalt vorlagen. In der Folge wurden Verhandlungen mit dem Bundesanwalt über einen Rücktritt im Rahmen einer Vereinbarung mit Abgangsentschädigung aufgenommen. Nach den Erkenntnissen der GPK-N informierte
der Vorseher EJPD den Bundesrat nicht über die erteilten Rügen und Kündigungsandrohungen.

Die GPK-N gelangte zum Schluss, dass der Vorsteher EJPD das Arbeitsverhältnis mit dem Bundesanwalt durch eine Vereinbarung auflöste, ohne dass Kündigungsgründe im Sinne des Personalgesetzes vorlagen. Die dem Bundesanwalt ausbezahlte Abgangsentschädigung erfolgte ohne entsprechende gesetzliche Grundlage. Dieses Vorgehen bezeichnete die GPK-N in Anbetracht der unabhängigen Stellung und Funktion des Bundesanwalts in rechtsstaatlicher Hinsicht als problematisch. Der Vorsteher EJPD habe mit seinem Vorgehen gegen den Bundesanwalt den Bundesrat, der als Wahlbehörde allein für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Bundesanwalt zuständig sei, umgangen und damit seine Kompetenzen überschritten.

Im Bereich der Medieninformation über laufende Ermittlungsverfahren habe der Vorsteher EJPD dem Bundesanwalt unerlaubte Weisungen erteilt. Mit der personalrechtlichen Sanktionierung der Nichtbeachtung dieser Weisungen habe er in die Unabhängigkeit des Bundesanwaltes eingegriffen. Der Bundesrat habe seine Verantwortung als Wahl- und Aufsichtsbehörde des Bundesanwalts nicht wahrgenom5133

men, obwohl es seit längerem Anzeichen für Konflikte zwischen dem Vorsteher EJPD und der Bundesanwaltschaft gab.

Die GPK-N empfahl dem Bundesrat, sich des Dossiers Bundesanwaltschaft unverzüglich aktiv anzunehmen und Massnahmen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft in institutioneller und personeller Hinsicht zu treffen. Im Weiteren solle der Bundesrat dafür sorgen, dass die Abgrenzung zwischen unabhängiger Informationstätigkeit der Bundesanwaltschaft und der Koordination mit der Informationstätigkeit des EJPD als administrativ vorgesetzte Behörde geklärt wird.

Probleme der administrativen und fachlichen Aufsicht über die Bundesanwaltschaft Die GPK-N würdigte aufgrund der im Bericht thematisierten Fragen das heutige System der geteilten Aufsicht über die Bundesanwaltschaft, welches die Unabhängigkeit der Bundesanwaltschaft sicherstellen soll (Ziff. 4). Sie kam zum Schluss, dass die gesetzlichen Grundlagen teilweise lückenhaft und zu wenig klar seien. Es erscheine der GPK-N deshalb notwendig, dass die Abgrenzung und die Koordination zwischen den Aufsichtsbehörden sowie der Umfang der administrativen bzw.

der fachlichen Aufsicht geklärt und gesetzlich geregelt werden. Die im Bericht gemachten Feststellungen seien sinngemäss in der Neuregelung der Aufsicht über die Bundesanwaltschaft, die sich zurzeit in Arbeit befindet, zu berücksichtigen.

Stellungnahmen des Bundesstrafgerichts und des Bundesrates Die GPK-N hat den Bundesrat sowie das Bundesstrafgericht eingeladen, zu ihrem Bericht und den darin enthaltenen Empfehlungen Stellung zu nehmen. Im Weiteren hat sie den Bericht gemäss Artikel 40a Absatz 6 ParlG der Gerichtskommission der beiden Räte zur Information zugestellt. Die GPK-N wird sich im Laufe des Jahres 2008 mit den Stellungnahmen des Bundesstrafgerichts vom 7. November 2007 und des Bundesrates vom 28. November 2007 sowie mit dem Gutachten des vom Bundesrat eingesetzten unabhängigen Rechtsexperten, Prof. Dr. Georg Müller, befassen.

3.7.7

Nachfolgeuntersuchung zur Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes

In der Schlussphase der Inspektion der GPK-N zur Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes erhielt unter anderen die Bundesanwaltschaft als eine der betroffenen Dienststellen am 10. Juli 2007 den Berichtsentwurf der zuständigen Subkommission der GPK-N zur Konsultation (s. Ziff. 3.7.6). Bei der Durchsicht dieses Berichtsentwurfs stellte sie inhaltliche Parallelen zwischen einzelnen Kapiteln des Entwurfs und Dokumenten fest, die im Rahmen eines Strafverfahrens wegen Amtsgeheimnisverletzung erhoben wurden. Wie sich in der Folge herausstellte, handelte es sich bei diesen Dokumenten um Kopien von Flipcharts und einem Plan, der möglicherweise die Absetzung beziehungsweise Destabilisierung des damaligen Bundesanwalts bezweckte. Diese Dokumente wurden bei einer Anhaltung von Herrn H. Ende März 2007 durch die deutsche Polizei sichergestellt und später auf Verlangen des eidgenössischen Untersuchungsrichters, der eine Voruntersuchung wegen Verdachts auf Geldwäscherei gegen Herrn H. führt, im Rahmen der Rechtshilfe an die schweizerischen Strafverfolgungsbehörden übergeben.

5134

Die Bundesanwaltschaft wies den GPK-Präsidenten wie auch die Präsidentin der Subkommission mit Brief vom 25. Juli 2007 auf diese neuen Informationen hin und bezeichnete diese aufgrund erster Erkenntnisse als für die Untersuchung der GPK-N von erheblichem Interesse. Die Bundesanwaltschaft präsentierte in der Folge einen Teil dieser Dokumente zuerst am 8. August 2007 dem GPK-Präsidenten und der Präsidentin der zuständigen Subkommission und danach am 14. August 2007 der zuständigen Subkommission. Dabei wurden die Parallelen zum Berichtsentwurf der Subkommission einerseits und zu Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen andererseits aufgezeigt. Insbesondere führte die Bundesanwaltschaft auch aufgrund der unterschiedlichen Schriftbilder aus, dass mehrere Personen die Flipcharts beschriftet haben. Die Subkommission erhielt den Eindruck, dass die Informationen der Bundesanwaltschaft auf vertieften Analysen der Bundesanwaltschaft beziehungsweise der BKP beruhten und informierte am 5. September 2007 die GPK-N über diese neuen Informationen. Eine erneute Präsentation der Dokumente durch die Bundesanwaltschaft vor der GPK-N konnte aufgrund der Rechtshilfebedingungen der deutschen Behörden nicht durchgeführt werden.

An ihrer Sitzung vom 5. September 2007 verabschiedete die GPK-N ihren Untersuchungsbericht zur Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes. Die Information über die neuen Dokumente veranlasste die GPK-N, eine neue Untersuchung zwecks Analyse derselben zu beschliessen und ihre zuständige Subkommission mit der Durchführung zu beauftragen. Der Untersuchungsauftrag der GPK-N lautete, die von der Bundesanwaltschaft präsentierten Dokumente (Flipcharts und der so genannte H-Plan) zu analysieren, um deren Tragweite zu beurteilen und der Plenarkommission Bericht zu erstatten.107 Aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht galt es in diesem Zusammenhang abzuklären, ob Vertreter von Bundesbehörden in einen allfälligen Plan zur Absetzung beziehungsweise zur Destabilisierung des Bundesanwalts involviert waren. Gemäss Beschluss der GPK-N wurde noch am 5. September 2007 der Schlussbericht der GPK-N zur Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes der Öffentlichkeit präsentiert. Im Auftrag der GPK-N informierten der Präsident der GPK-N wie auch die
Präsidentin der zuständigen Subkommission die Öffentlichkeit ebenfalls über die neuen Informationen.

Die Arbeiten der zuständigen Subkommission sind noch im Gang und die GPK-N konnte deshalb ihre Untersuchung in dieser Legislatur nicht mehr abschliessen. Sie beschloss jedoch, dass ihre zuständige Subkommission den Zwischenstand der Untersuchungen in einem Bericht zusammenzufassen solle,108 damit die in der nächsten Legislatur neu konstituierte GPK-N auf dieser Grundlage die weiteren Arbeiten in Angriff nehmen kann.

Die GPK-N hat im Weiteren im Rahmen dieser Nachfolgeuntersuchung auch die Frage geprüft, ob die Bundesanwaltschaft durch ihre Information an die GPK-N über die Existenz dieser Dokumente und durch die Weiterleitung der Kopien der Flipcharts an die GPK-N, welche nach einer entsprechenden formellen Aufforderung durch die Kommission erfolgte, rechtmässig gehandelt hat. Diese Überprüfung 107

S. Medienmitteilung der GPK-N vom 7.9.2007 (http://www.parlament.ch/D/Medienmitteilungen/Pages/mm-gpk-n-2007-09-07.aspx).

108 S. Zwischenbericht der Subkommission EJPD/BK vom 28.11.2007 (http://www.parlament.ch/d/kommissionen/ko-kommissionen/ ko-au-aufsichtskommissionen/kom_3_16/seiten/untersuchungendergpk-nstrafverfolgungsbehoerdendesbundesdokumenteoholenweger.aspx).

5135

war notwendig geworden, nachdem der Vorsteher EJPD gegenüber dem Bundesstrafgericht diese Frage aufgeworfen hatte und dieses in der Folge die GPK-N zur Stellungnahme aufforderte. Die GPK-N kam in der daraufhin erstellten und veröffentlichten Stellungnahme109 klar zum Schluss, dass die Bundesanwaltschaft gemäss Artikel 156 Absatz 1 ParlG verpflichtet war, die GPK-N über die Dokumente von Herrn H. zu informieren. Sie hielt darin auch fest, dass gegenüber der GPK kein Amtsgeheimnis geltend gemacht werden kann und somit keine Verletzung desselben vorliegen kann. Das Einfordern der Dokumente durch die GPK-N stützt sich auf ihre Informationsrechte, über deren Tragweite sie im Rahmen des Gesetzes abschliessend befindet (Art. 153 Abs. 4 ParlG). Die GPK-N kam dementsprechend zum Schluss, dass aus ihrer Sicht keine Rechtsverletzung vorliegt. Mit ihrem Entscheid vom 18. Dezember 2007 stellte die erste Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts jedoch eine Verletzung des Untersuchungsgeheimnisses durch die Bundesanwaltschaft fest.110 Die GPK-N konnte diesen Entscheid im Berichtsjahr nicht mehr erörtern. Sie wird ihn anfangs 2008 behandeln.

3.8

Sicherheit

3.8.1

Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung

Die GPK-N hat im Oktober 2006 einen Bericht zur Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung verabschiedet.111 Die GPK-N brachte im Lauf ihrer Arbeit112 die gravierenden Probleme der Berufsmilitärs und der im Ausbildungsbereich eingesetzten Zeitmilitärs zur Sprache. Sie stellte fest, dass die Berufsmilitärs heute praktisch ununterbrochen eine sehr hohe Arbeitsbelastung tragen. Die Arbeitslast wird durch das Problem der gravierenden Unterbesetzung erschwert und muss im Zusammenhang mit der Kürzung der Lohnund Sozialleistungen und mit fehlenden Berufsperspektiven gesehen werden. Wie die GPK-N zudem feststellte, sind die Zeitmilitärs zusätzlich zu den schwierigen Arbeitsbedingungen mit Problemen bei der Wiedereingliederung in den Zivilbereich konfrontiert. Deshalb hat die GPK-N den Bundesrat aufgefordert, Massnahmen zu treffen, um die Situation der Berufsmilitärs rasch zu verbessern (Empfehlung 1), für eine bessere berufliche Begleitung der Zeitmilitärs zu sorgen (Empfehlung 2), Vorschläge vorzulegen, welche die Attraktivität des Militärberufs erhöhen (Empfehlung 3) und Massnahmen aufzuzeigen, welche gewährleisten, dass genügend Berufspersonal im Bereich der Ausbildung zur Verfügung steht und dass eine detaillierte Einsatzplanung für das Militärpersonal erstellt wird (Empfehlung 4).

109

S. Brief der GPK-N vom 23.11.2007 zum Entscheid vom 24.10.2007 der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (http://www.parlament.ch/d/kommissionen/kokommissionen/ko-au-aufsichtskommissionen/kom_3_16/seiten/untersuchungendergpknstrafverfolgungsbehoerdendesbundesdokumenteoholenweger.aspx).

110 S. Entsscheid vom 18.12.2007 der I. Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts (AU.2007.1; http://bstger.weblaw.ch/?method=news&ul=de&k=BK).

111 Bericht der GPK-N «Umsetzung der Armee XXI im Bereich der Ausbildung» vom 10.10.2006 (BBl 2007 2987).

112 S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.01.2007 (BBl 2007 3148 f.).

5136

Generell äusserte die GPK-N in Anbetracht der vor Ort gemachten Feststellungen ernsthafte Skepsis an der Nachhaltigkeit des heutigen Systems, welches durch das Missverhältnis zwischen den Aufgaben, der Grösse und den Mitteln der Armee geprägt ist. Deshalb ersuchte die Kommission den Bundesrat, die Armee XXI einer kritischen materiellen Prüfung zu unterziehen, die Schlussfolgerungen in einem Bericht an das Parlament niederzulegen und Alternativen zum geltenden System vorzuschlagen (Empfehlung 5).

Schliesslich forderte die GPK-N den Bundesrat auf, den Praktischen Dienst der Offiziersanwärter bereits ab der ersten Woche der Rekrutenschule zu starten (Empfehlung 6) und zu prüfen, ob für gewisse Waffengattungen auf eine der drei jährlichen Rekrutenschulen verzichtet werden soll (Empfehlung 7).

Der Bundesrat bezog am 28. März 2007 Stellung113 zu den Empfehlungen der GPK-N. Die Kommission prüfte diese Stellungnahme anlässlich ihrer Sitzung vom 17. April 2007 mit grosser Aufmerksamkeit und stellte erfreut fest, dass der Bundesrat bereit ist, ihre Empfehlungen umzusetzen.

Der Bundesrat anerkennt in seiner Stellungnahme die schwierige Lage des Militärpersonals. Die GPK-N begrüsst es, dass der Vorsteher des VBS und der Chef der Armee Massnahmen zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit und zur Entlastung des Militärpersonals ergriffen haben. Als Beispiele einer Massnahme erwähnt die GPK-N die künftig unbefristete Einplanung eines Zusatzkontingents von 40 Berufsoffiziersstellen und 60 Berufsunteroffizierstellen für den Bereich der Ausbildung.

Der Bundesrat anerkennt, dass Massnahmen zur Optimierung und Verbesserung der Integration der Zeitmilitärs in das Militärpersonal ergriffen werden müssen. Die GPK-N befürwortet zwar die getroffenen Massnahmen (Einführung einer zentralisierten und einheitlichen Grundausbildung, Sensibilisierung der Schulkommandanten und der Kurskommandanten), vertritt aber die Auffassung, dass die Konzepte Rekrutierung, Einsatz und berufliche Entwicklung der Zeitmilitärs noch gründlich untersucht werden müssen. Deshalb begrüsst die GPK-N das vom VBS-Vorsteher angeforderte interne Audit; sie wird die Ergebnisse dieser Untersuchung und die entsprechenden Schlussfolgerungen des Departements aufmerksam mitverfolgen.

Daneben hat die GPK-N zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat das VBS
beauftragt hat, die Empfehlungen 1 bis 4 vertieft zu behandeln und einen diesbezüglichen Bericht zu erstellen. Die Kommission hat den Bundesrat gebeten, ihr diesen Bericht zu gegebener Zeit zu unterbreiten.

Die GPK-N stellt ausserdem mit Genugtuung fest, dass der Bundesrat bereit ist, die Empfehlung 5 (künftige Entwicklung der Armee) umzusetzen. Sie schliesst sich der Auffassung des Bundesrates an, dass diese Untersuchung erst erfolgen soll, wenn die Debatte um den Entwicklungsschritt 2008/11 abgeschlossen ist.

Schliesslich teilt die GPK-N die Auffassung des Bundesrates, wonach Empfehlung 6 (Ausbildung der Milizkader) und Empfehlung 7 (Verzicht auf eine Rekrutenschule) mit dem optimierten Ausbildungsmodell, das am 1. Januar 2008 in Kraft tritt, umgesetzt werden soll. Zur Frage der Streichung einer Rekrutenschule für bestimmte Waffengattungen hat der Bundesrat nach Meinung der Kommission überzeugend bewiesen, dass die unterschiedlichen Alternativen geprüft und dass die offensichtlich relevanten Massnahmen ergriffen worden sind.

113

Stellungnahme des Bundesrates vom 28.3.2007 (BBl 2007 3015).

5137

Die GPK-N wird die Umsetzung ihrer Empfehlungen gemäss der üblichen Praxis im Rahmen einer spezifischen Nachkontrolle überprüfen. Diese Kontrolle ist ab Erhalt des Berichts zu den Empfehlungen 1 bis 4, spätestens aber im Laufe des ersten Quartals 2009 geplant.

3.8.2

Verteidigungsattachés

Die GPK-N schloss im Jahr 2006 eine gründliche Untersuchung zu den Verteidigungsattachés ab.114 In ihrem im Mai 2006 veröffentlichten Bericht115 betonte die Kommission, dass sich schwer beurteilen lasse, worin der konkrete Mehrwert der Arbeit der Verteidigungsattachés gegenüber anderen Informationsquellen bestehe.

Die GPK-N ersuchte den Bundesrat in ihren Schlussfolgerungen, das aktuelle System der Verteidigungsattachés hinsichtlich der Aufgaben, Organisation, Effizienz, Zweckmässigkeit und des internationalen sicherheitspolitischen Nutzens für die Schweiz zu überprüfen und darüber Bericht zu erstatten.

Die GPK-N nahm die Stellungnahme des Bundesrates116 zu ihrem Bericht am 10. Oktober 2006 zur Kenntnis. Nach sorgfältiger Prüfung stellte die Kommission eine Diskrepanz zwischen der Stellungnahme des Bundesrates und ihren eigenen Beobachtungen fest. Der Bundesrat hatte die Argumente der Kommission nicht materiell geprüft und war nicht auf ihre Wünsche eingegangen. Da der Bundesrat trotzdem einige Massnahmen zur Verbesserung des Systems in Aussicht stellte, beschloss die GPK-N, die geleisteten Fortschritte im ersten Quartal 2007 zu kontrollieren.

Anfangs 2007 forderte die zuständige Subkommission den VBS-Vorsteher auf, einen Zwischenbericht über den Umsetzungsstand der angekündigten Massnahmen zu erstatten. Sie befasste sich anlässlich der Sitzung vom 16. April 2007 mit diesem Bericht und führte ein Gespräch mit dem Chef Internationale Beziehungen Verteidigung.

Der Bundesrat unterbreitete der GPK-N Ende September 2007 seinen Bericht über die Verteidigungsattachés.117 Die Kommission setzte sich anlässlich ihrer Sitzung vom 23. November 20007 eingehend damit auseinander.

Die GPK-N stellt mit Genugtuung fest, dass das System der Verteidigungsattachés in mehrfacher Hinsicht verbessert wurde. Sie begrüsst insbesondere die Massnahmen, die im Bereich der Karriereplanung und der Wiedereingliederung der Verteidigungsattachés nach Auslandseinsätzen ergriffen wurden. Zudem befürwortet die GPK-N die Reduktion der Seitenakkreditierungen und die Verbesserungen im Bereich der Führung (spezifische Jahreszielsetzungen für jeden Posten, halbjährliche Mitarbeitergespräche usw.).

Trotz dieser positiven Ergebnisse muss die Kommission leider auch feststellen, dass zwischen den Erwartungen der GPK-N und der Stellungnahme des Bundesrates eine Diskrepanz besteht. Der Bericht des Bundesrates lässt zwar den Willen erkennen, 114

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3149 ff.).

115 Bericht der GPK-N «Die Verteidigungsattachés» vom 23.5.2006 (BBl 2006 8683).

116 Stellungnahme des Bundesrates vom 29.9.2006 (BBl 2006 8709).

117 Bericht des Bundesrates an die GPK-N über die Verteidigungsattachés vom 21.9.2007 (BBl 2007 6759).

5138

das heutige System der Verteidigungsattachés zu verbessern; grundsätzliche Überlegungen über den Nutzen dieses Systems, wie sie die GPK-N in ihrem Bericht von Mai 2006 verlangt hat, werden darin aber keine angestellt. In den Augen der Kommission ist namentlich festzuhalten, dass der Mehrwert des Systems der Verteidigungsattachés gegenüber anderen Instrumenten der Informationsbeschaffung und Interessenswahrung immer noch nicht überzeugend aufgezeigt wurde.

Aus diesen Gründen wird die GPK-N die Entwicklung dieser Thematik genau im Auge behalten. Sie hält es weiterhin für vordringlich, das System der Verteidigungsattachés einer tief greifenden Reform zu unterziehen, und hat den Bundesrat aufgefordert, die entsprechenden Arbeiten fortzusetzen.

Die GPK-N wird die Umsetzung ihrer Empfehlungen gemäss der üblichen Praxis im Rahmen einer spezifischen Nachkontrolle überprüfen. Diese Kontrolle wird spätestens Ende 2008/Anfang 2009 stattfinden.

3.8.3

Rüstungsbeschaffung im VBS

Nachdem die Rüstungsbeschaffung im VBS wiederholt Kontroversen auslöste, beauftragte die GPK-N die PVK im Mai 2006 mit der Durchführung einer Evaluation dieses Bereichs.118 Auf der Basis mehrerer von der PVK vorgeschlagenen Evaluationsvarianten erteilte die GPK-N ihr den Auftrag, die Analyse auf die eigentliche Phase der Rüstungsbeschaffung ­ d. h. die Phase der Evaluation und Auswahl des Rüstungsmaterials durch die Armasuisse ­ zu konzentrieren.

Gestützt auf den Evaluationsbericht der PVK vom 18. Oktober 2007 (s. Ziff. 2.1.5) verabschiedete und veröffentlichte die GPK-N am 23. November 2007 einen Bericht und acht Empfehlungen an die Adresse des Bundesrates.119 Anlässlich derselben Sitzung genehmigte sie zudem die Veröffentlichung des Evaluationsberichts der PVK.

Die GPK-N kommt in ihrem Bericht zum Schluss, dass klare strategische Weisungen im Bereich der Rüstungsbeschaffung fehlen.

Für die Kommission zeigt sich dieser Mangel insbesondere dann, wenn es sich um die Einfuhr von Rüstungsmaterial aus Ländern handelt, die sich im Kriegszustand befinden oder systematisch die Menschenrechte verletzten.

Bis anhin gibt es keinerlei Weisungen, die definieren würden, an welchen Kriterien die «aussenpolitische Verträglichkeit» eines Anbieters oder seines Herkunftslands gemessen wird; ebensowenig gibt es eine Länderliste. Die Prüfung der Verträglichkeit eines Anbieters erfolgt deshalb von Fall zu Fall. Im Weiteren fehlen Weisungen darüber, in welchen Situationen die Interessen der inländischen Industrie aus sicherheitspolitischen Gründen bevorzugt behandelt werden sollten, insbesondere um eine ausreichende schweizerische Industriebasis zu erhalten. Für die GPK-N ist die aktuelle Situation nicht zufriedenstellend. Deshalb hat sie den Bundesrat ersucht, unter Berücksichtigung der erwähnten Elemente eine Strategie für die Rüstungsbeschaffung auszuarbeiten und sie den zuständigen parlamentarischen Kommissionen

118 119

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte, 19.01.07 (BBl 2007 3151).

Bericht der GPK-N «Rüstungsbeschaffung im VBS» vom 23.11.2007 (http://www.parlament.ch/SiteCollectionDocuments/ed-gpk-n-ruestung-d.pdf).

5139

zu unterbreiten (Sicherheitspolitische Kommissionen (SiK), Aussenpolitische Kommissionen (APK), GPK).

Der Bericht der PVK hat gezeigt, dass die grundlegenden Prinzipien des Beschaffungsrechts in den internen Vorschriften und im Geist der Armasuisse fest verankert sind. Dagegen müssen einige Aspekte hinsichtlich der Auswahl der Vergabeverfahren noch geklärt werden. Die GPK-N hat den Bundesrat aufgefordert, die genauen Voraussetzungen für das Einladungsverfahren zu klären und zudem dafür zu sorgen, dass die Armasuisse den zuständigen parlamentarischen Kommissionen (SiK, FK, GPK) regelmässig Statistiken der Beschaffungen mit bezifferten Angaben zu den abgeschlossenen und laufenden Beschaffungsvorhaben, den ausgewählten Vergabeverfahren, dem Auftragswert, den Anbietern und den betroffenen Ländern vorlegt.

Die GPK-N stellte in der Untersuchung fest, dass die Armasuisse in allen von der PVK geprüften wettbewerblichen Verfahren objektive Kriterien und strukturierte Bewertungsinstrumente angewandt hat. Hingegen wurden die Anbieter nicht immer ausreichend über den Verfahrensverlauf, namentlich die verschiedenen Schritte im Auswahlverfahren sowie die Bewerbungskriterien und ihre Gewichtung, informiert.

Die GPK-N legt grossen Wert auf die Einhaltung des Transparenzgrundsatzes und hat den Bundesrat folglich gebeten, die notwendigen Schritte zur Verbesserung der Lage zu ergreifen.

Im Übrigen zeigte der PVK-Evaluationsbericht, dass über 95 Prozent des Auftragsvolumens im Rahmen von Verfahren vergeben werden, die den Anbietern keine Rekursmöglichkeiten eröffnen. Angesichts des erheblichen Finanzvolumens und angesichts der festgestellten Unregelmässigkeiten bei der Umsetzung des Beschaffungsrechts durch die Armasuisse hat die GPK-N den Bundesrat aufgefordert, die laufende Revision des Beschaffungsrechts zu nutzen, um zu prüfen, inwieweit und gegebenenfalls in welcher Form der Rechtsschutz der Anbieter im Bereich der Rüstungsbeschaffung verbessert werden kann.

Auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht herrscht in den Praktiken der Armasuisse Verbesserungsbedarf. Um eine wichtige Lücke zu schliessen, soll der Bundesrat gemäss der Forderung der GPK-N dafür sorgen, dass die Armasuisse eine explizite Strategie bei den Beschaffungsprozessen ausarbeitet, welche der unterschiedlichen strategischen Bedeutung und
Komplexität der Projekte Rechnung trägt. Nach Auffassung der GPK-N würden klare und strategische Grundlagen die Armasuisse besser gegen Monopolsituationen wappnen; zudem würden differenzierte Beschaffungsstrategien für die unterschiedlichen Warengruppen zu einer besseren Verteilung der verfügbaren Ressourcen führen.

Die GPK-N hat des Weiteren in einer Empfehlung verlangt, die Kostendimension bei der Ausarbeitung der Pflichtenhefte und bei den Evaluationen stärker einzubeziehen. Die Pflichtenhefte sind derzeit durch ein sehr hohes Spezifikationsniveau geprägt, was nicht nur die Kosten erhöht, sondern auch die Gefahr eines Monopols verschärft. Zudem werden die Pflichtenhefte erst sehr spät im Prozess definitiv festgelegt, so dass neue Anforderungen des Bereichs Verteidigung kontinuierlich einbezogen werden können. Mit dem Argument der Truppentauglichkeit kann der Nutzer überdies noch zu einem sehr fortgeschrittenen Zeitpunkt des Beschaffungsprozesses einen entscheidenden Einfluss nehmen. In diesem Zusammenhang sollte geprüft werden, ob es sinnvoll wäre, die Pflichtenhefte früher im Prozess «einzufrieren» und den Einfluss der Nutzer auf die erste Projektphase zu beschränken.

5140

Die Studie der PVK hat zudem aufgezeigt, dass die Lieferanten direkt mit dem Nutzer und dem Planungsstab Kontakt aufnehmen, um für ihre Produkte zu werben.

Diese Praxis steht im Widerspruch zur Vereinbarung TUNE; wonach die Zuständigkeit für die Lieferantenkontakte bei der Armasuisse liegt; Dies würde immer wieder dazu führen, dass die vom Bereich Verteidigung gestellten Anforderungen stark auf ein bestimmtes Produkt zugeschnitten wären.

Daneben ist auf der Führungsebene der Armasuisse im Management und Controlling eine stärkere Kostenorientierung anzustreben. Der PVK-Bericht gelangt zum Schluss, dass die Armasuisse-Führung keine klaren projektspezifischen Vorgaben zur Optimierung der Laufzeit und Verringerung der Kosten besitzt.

Die GPK-N ist sich bewusst, dass viele der oben genannten Praktiken auch auf Gewohnheiten und auf eine Unternehmenskultur zurückgehen, die nicht über Nacht geändert werden können. Die GPK-N erkannte in einem Gespräch mit dem VBSVorsteher, dass dieser bereit ist, entsprechende Massnahmen zu ergreifen, um einen Wandel in der Unternehmenskultur herbeizuführen.

Die GPK-N erwartet bis Ende März 2008 eine Stellungnahme des Bundesrats zu ihren Schlussfolgerungen und Empfehlungen.

3.9

Staatsschutz und Nachrichtendienste

3.9.1

Aufgaben, Rechte und Organisation der GPDel

Die GPDel hat die Aufgabe, im Auftrag des Parlaments die Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste detailliert zu überwachen (Art. 53 Abs. 2 ParlG).

Unter «Staatsschutz» versteht die Delegation präventive und repressive Massnahmen der Behörden gegenüber Handlungen, welche gegen die Gebietshoheit, Neutralität oder Volkswirtschaft der Schweiz gerichtet sind oder allgemein eine ernsthafte Gefährdung des Bestandes, der Stabilität und Integrität der verfassungsmässigen demokratischen Grundordnung der Schweiz darstellen. Unter diese Definition fallen insbesondere die Bekämpfung des Terrorismus, des gewalttätigen politischen Extremismus, des organisierten Verbrechens, des verbotenen Nachrichtendienstes und der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen (Proliferation).

Unter nachrichtendienstlichen Aktivitäten versteht die GPDel alle Tätigkeiten, die darauf abzielen, Informationen zur sicherheitspolitischen Situation sowohl im In- wie auch im Ausland zu sammeln und auszuwerten.

Die GPDel erfüllt ihre Kontrollaufgaben, indem sie: ­

Untersuchungen über die Arbeit und die Methoden der für den Staatsschutz zuständigen Stellen, der Nachrichtendienste sowie anderer unterstützender Stellen durchführt;

­

von den betroffenen Dienststellen des Bundes Berichte und Unterlagen anfordert;

­

Anhörungen von Bediensteten des Bundes oder von privaten Dritten als Auskunftspersonen oder als Zeugen durchführt;

5141

­

bei den betroffenen Dienststellen des Bundes Besuche mit oder ohne Vorankündigung durchführt;

­

von Dritten (z. B. von den Kantonen) eingereichte Aufsichtseingaben behandelt;

­

Experten mit spezifischen Mandaten beauftragt;

­

die Umsetzung ihrer an den Bundesrat gerichteten Empfehlungen gewährleistet.

Die GPDel untersucht die geheimen Tätigkeiten des Bundes laufend und gründlich, um Bereiche, die eine politische Intervention erfordern, rechtzeitig zu erkennen.

Dabei legt sie grossen Wert darauf, Probleme frühzeitig aufzudecken. In der Praxis untersucht die GPDel sowohl die strategischen Aspekte wie die operationellen Fragen, wobei die Führung der Dienste zur vollen Verantwortung des Bundesrates gehört.

Die Arbeit der GPDel ist heikel. Ziel ist es, dem Parlament und der Öffentlichkeit die Zusicherung zu geben, dass die Dienste, die in geheimen Bereichen tätig sind, sich an das Gesetz halten. Ausserdem überprüft die GPDel, ob die Tätigkeiten dieser Dienste die Grundsätze der Zweckmässigkeit und der Wirksamkeit erfüllen (Art. 52 Abs. 2 ParlG).

Die GPDel verfügt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG). Die Delegation hat das uneingeschränkte Recht, sämtliche für die Aufgabenerfüllung zweckdienlichen Informationen zu verlangen; das gilt auch für Unterlagen, die der unmittelbaren Entscheidungsfindung des Bundesrats gedient haben, sowie für Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste geheim gehalten werden müssen (Art. 154 Abs. 2 Bst. a ParlG). Die GPDel kann zudem alle Amtsstellen, Behörden oder Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, anhören. Ausserdem kann sie Personen als Zeuginnen oder Zeugen einvernehmen (Art. 154 Abs. 2 Bst. b ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Wegen des breiten Zuständigkeitsbereichs und wegen ihres Milizcharakters kann die Delegation nicht alle ihrer Aufsicht unterstellten Bereiche systematisch kontrollieren; dies ist im Übrigen auch nicht ihre Rolle. Deshalb muss sie eine Auswahl treffen. Neben den Geschäften, die die GPDel kraft des Gesetzes prüfen muss,120 erstellt sie jedes Jahr ein Arbeitsprogramm mit den verschiedenen Prüfungsschwerpunkten für die einzelnen Dienste. Die GPKs können der GPDel auch spezifische Aufträge ausserhalb der Bereiche gemäss Artikel 53 Absatz 2 ParlG erteilen. Die GPK-S hat diese Möglichkeit im Jahr 2007 nur ein Mal wahrgenommen.

Die GPDel wird von den GPKs ernannt. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der beiden Kommissionen zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihren Präsidenten für zwei Jahre.

120

S. z. B. Art. 11 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 21.3.1997 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) und Art. 8 der Verordnung vom 17.11.2004 über die Sammlungen des Bundesrechts und des Bundesblatts ( PublV; SR 170.512.1).

5142

Im Berichtsjahr bestand die GPDel aus den folgenden Mitgliedern: ­

Hans Hofmann, Ständerat, Präsident

­

Hugo Fasel, Nationalrat, Vizepräsident

­

Jean-Paul Glasson, Nationalrat

­

Claude Janiak, Nationalrat

­

Helen Leumann-Würsch, Ständerätin

­

Franz Wicki, Ständerat.

Der vorliegende Bericht ist der letzte der GPDel in ihrer heutigen Zusammensetzung.

Die Mitglieder der Delegation sind an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG).

Die Delegation misst deshalb der vertraulichen Behandlung der ihr offenbarten klassifizierten Informationen unbedingte Priorität bei und trifft besondere Vorkehrungen, um die Geheimhaltung zu garantieren. Die im vorliegenden Bericht geschilderten Fälle vermitteln einen Überblick über die Geschäfte, die die Delegation im Jahr 2007 behandelt hat, wobei präzisiert werden muss, dass in einigen Fällen zu bestimmten Fragen keine näheren Angaben gemacht werden können.

Die GPDel hat die Pflicht, im Rahmen ihrer Prüfungen und ihres Auftrags streng vorzugehen. Dies bedeutet indessen nicht, dass die Arbeit der Bundesstellen systematisch Angriffsfläche für Kritik bietet. Im vorliegenden Bericht wird die grosse Anzahl der Fälle, die die Delegation positiv beurteilen konnte, gar nicht oder zu wenig erwähnt. Die GPDel möchte dieses Versäumnis wettmachen und den Chefs der betroffenen Departemente und Dienststellen ihren Dank aussprechen.

3.9.2

Zusammenarbeit und Führung der Nachrichtendienste

Die GPDel stellte bereits vor Jahren grundlegende Mängel bei der politischen Führung der Nachrichtendienste und derer Zusammenarbeit fest. Seit längerer Zeit verlangte sie deshalb eine stärkere und klarere Führung der Nachrichtendienste.121

121

S. Jahresbericht 2004 der GPKs und der GPDel vom 21.1.2005 (BBl 2005 1943), Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel vom 20.1.2006 (BBl 2006 4354ff.) und Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel vom 19.1.2007 (BBl 2007 3152ff.).

5143

Im Juni 2005 schaffte der Bundesrat den Nachrichtenkoordinator ab und setzte im Gegenzug auf eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den zivilen Nachrichtendiensten im EJPD und VBS. Insbesondere sollten der Dienst für Analyse und Prävention (DAP)122 des EJPD und der Strategische Nachrichtendienst (SND) 123 des VBS grenzüberschreitende Bedrohungen gemeinsam bearbeiten. Zu diesem Zweck beschloss der Bundesrat den Aufbau so genannter Plattformen für den Informationsaustausch und die gemeinsame Auswertung in den Bereichen Terrorismus, Organisierte Kriminalität und Proliferation.

Nach einer Aussprache mit den zuständigen Bundesräten anerkannte die GPDel dies als einen pragmatischen, ersten Reformschritt.124 Gleichzeitig hielt die GPDel fest, dass diese Massnahmen die politische Führung der Nachrichtendienste nicht verbesserten. Sie blieb deshalb bei ihrer Forderung, dass die Nachrichtendienste einem einzigen Departement zugeordnet und möglichst rasch einer gemeinsamen Leitung unterstellt werden sollten. Die GPDel erklärte sich aber auch bereit, zuvor die Umsetzung der Massnahmen des Bundesrats zu begleiten und bis Ende 2006 die Wirkung dieser Reformen abzuwarten.

Am 31. Januar 2007 kam der Bundesrat zum Schluss, dass sich die eingeführten Kooperationsmechanismen zwischen den Nachrichtendiensten grundsätzlich bewährt hätten.125 VBS und EJPD müssten einzig noch offene Fragen zum Informationsaustausch zwischen DAP und SND bereinigen. Überdies beschloss der Bundesrat, dass sein Sicherheitsausschuss (SiA) keine Kompetenzen mehr gegenüber den Nachrichtendiensten haben sollte, und verabschiedete ein Dokument über die Grundsätze einer Politik für die Nachrichtendienste (s. Ziff. 3.9.5).

Die GPDel konnte den Schlussfolgerungen des Bundesrats vom 31. Januar 2007 zur politischen Führung und zur Zusammenarbeit der Nachrichtendienste in den wesentlichen Punkten nicht folgen.126 Aufgrund ihrer eigenen Abklärungen127 blieb sie der Ansicht, dass die bundesrätlichen Massnahmen die Zusammenarbeit zwischen DAP und SND nur ungenügend verbessert hatten. Für die nachrichtendienstliche Auswertung standen deren Mitarbeitenden weiterhin nicht alle benötigten nachrichtendienstlichen Informationen aus beiden Diensten zur Verfügung. Die mageren Resultate der gemeinsamen Analysearbeit standen in keinem Verhältnis zum administrativen Aufwand der Plattformen. Das Verhältnis der Dienste blieb von einer unproduktiven Konkurrenz geprägt. Der Bundesrat hatte zudem die Behandlung der Motion

122

123

124 125 126 127

Der DAP ist der schweizerische Nachrichtendienst, der die Aufgaben des Staatsschutzes erfüllt. Er arbeitet eng mit den Polizeiorganen der Kantone und mit der BKP zusammen.

Die Tätigkeiten des DAP sind im Wesentlichen im Bundesgesetz vom 21. 3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120) sowie in mehreren Vollzugsverordnungen geregelt.

Beim SND handelt es sich um den schweizerischen Auslandsnachrichtendienst, der für das Nachrichtenwesen mit dem Ausland zuständig ist und die politischen, militärischen, technologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen im Ausland untersucht. Der SND wird in Art. 99 des Bundesgesetzes vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10) und in der Verordnung über die Nachrichtendienste im VBS geregelt.

S. Medienmitteilung der GPDel vom 30.8.2005.

S. Medienmitteilung des Bundesrats vom 31.1.2007.

S. Medienmitteilung der GPDel vom 31.1.2007.

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3055), S. 3157.

5144

05.3001128 nicht dazu genutzt, die notwendigen Korrekturen am heutigen System der Nachrichtendienste vorzunehmen.

Die GPDel sah deshalb einen dringenden Handlungsbedarf. Die Zusammenarbeit von In- und Auslandnachrichtendienst sollte nicht mehr dem Gutdünken zweier Departemente überlassen bleiben. Vielmehr sollte ein einziges Departement für die Tätigkeit der beiden Nachrichtendienste zuständig sein. Die GPDel beschloss einstimmig, mit einer parlamentarischen Initiative die Aufgaben der beiden zivilen Nachrichtendienste einem einzigen Departement zu übertragen. Im Auftrag der Delegation reichte der Präsident der GPDel am 13. März 2007 die Pa. Iv. 07.404 mit dem Titel «Übertragung der Aufgaben der zivilen Nachrichtendienste an ein Departement» ein.

Die Initiative verlangt die Ausarbeitung eines Erlasses, der die zivile inland- und auslandnachrichtendienstliche Tätigkeit, wie sie heute von DAP und SND wahrgenommen werden, einem Departement überträgt. Dabei sei der Informations-, Quellen- und Datenschutz zu gewährleisten und ein kohärenter Auftritt gegenüber den ausländischen Nachrichtendiensten sowie eine systematische Aufsicht durch das zuständige Departement sicherzustellen.

Der Beschluss des Bundesrats vom 31. Januar 2007, der die Zusammenarbeit zwischen DAP und SND grundsätzlich als gut beurteilte, war mit einer Verpflichtung von EJPD und VBS verbunden, bis Ende Mai 2007 die verbleibenden Differenzen über den Informationszugang der Plattformen zu bereinigen. Massgebend sollte dafür das Gutachten sein, das die GPDel im Herbst 2006 bestellt hatte, um allfällige rechtliche Einschränkungen zu identifizieren, die für den Austausch von Informationen ausländischer Partnerdienste zwischen dem DAP und SND gelten.129 In einem zweiten Gutachten sollte das Bundesamt für Justiz den Zugang der Plattformen zu Personendaten des Inlandnachrichtendienstes abklären. Dieses Gutachten130 lag am 3. April 2007 vor und wurde im Juni 2007 der GPDel zugestellt.

Im ersten Gutachten belegen das Bundesamt für Justiz und die Völkerrechtsdirektion, dass keine bilateralen oder multilateralen Verträge den Informationsaustausch zwischen DAP und SND einschränken. Allenfalls könnten sich rechtliche Einschränkungen aus den Vereinbarungen der Schweizer Nachrichtendienste mit ihren ausländischen Partnern ergeben. Aus dem Gutachten
geht hervor, dass die beiden Nachrichtendienste die im internationalen Austausch als «Third-Party-Rule» bekannten Austauschmodalitäten sehr unterschiedlich auslegen. Der DAP geht davon aus, dass Informationen eines ausländischen Partnerdienstes dem SND in ihrer Originalform und unter Angabe der Herkunft nur weitergeleitet werden dürfen, wenn der ausländische Dienst diese Weiterleitung explizit genehmigte. Der SND vertritt ­ so das Gutachten ­ die Ansicht, dass die «Third-Party-Rule» im Wesentlichen den Austausch zwischen Diensten unterschiedlicher Staaten regelt. Das heisst, dass Informationen eines ausländischen Dienstes zuhanden eines schweizerischen Dienstes unter den hiesigen Nachrichtendiensten ausgetauscht werden dürfen, sofern der ausländische Dienst dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. In Bezug auf 128

Mo. 05.3001 «Umfassende Gesetzesgrundlage für das System der Nachrichtendienste» vom 11.1.2005.

129 Rechtsgutachten der Direktion für Völkerrecht und des Bundesamts für Justiz zuhanden der GPDel mit dem Titel «Rechtliche Einschränkungen im Austausch von Informationen ausländischer Nachrichtendienste zwischen dem DAP und dem SND» vom 22.12.2006 (VPB 2007.3.1, Seite 76­97).

130 Brief des Bundesamts für Justiz an den Stab SiA vom 3.4.2007.

5145

den Quellenschutz geht der SND davon aus, dass ausländische Nachrichtendienste andere Schutzbedürfnisse als Privatpersonen haben und dass die Dienste intern als Quelle genannt werden dürfen, sofern sie dies nicht ausdrücklich selbst ausgeschlossen haben ­ dies insbesondere, weil die Herkunft der Information für deren Bewertung selbst eine wichtige Rolle spielen kann.

Der GPDel erscheint die Interpretation des SND zumindest für die Informationen ausländischer Dienste, mit denen DAP und SND beide Kontakte haben, stichhaltig.

Im Jahr 2006 hatten nämlich die beiden Schweizer Dienste ihre gemeinsamen Partner über die Schaffung der Plattformen informiert und gegenüber dem Ausland dabei explizit die Interpretation des SND vertreten.

Aus Sicht des Gutachtens besitzt der Bundesrat schon heute alle notwendigen rechtlichen Kompetenzen, auf Verordnungsebene verbindliche Bestimmungen für den Informationsaustausch der beiden Dienste mit dem Ausland und den Schutz der dabei erhaltenen Informationen zu erlassen. Dabei könnte der Bundesrat zwischen dem Informationsaustausch zwischen den Schweizer Diensten und den besonderen Schutzbedürfnissen der jeweiligen Quelle differenzieren und die entsprechenden Austauschbedingungen festlegen.

Das zweite Gutachten untersucht, ob rechtliche Einschränkungen den DAP daran hindern, Personendaten für die Plattformen zur Verfügung zu stellen und damit auch Mitarbeitern des SND zugänglich zu machen. Dazu führt das BJ aus: «Der DAP kann dem SND gestützt auf Artikel 18 Absatz 1 und Anhang 2 Ziffer 12 der Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (VWIS)131 Personendaten weitergeben, wenn sie Informationen im Zuständigkeitsbereich des SND erhalten. Im Übrigen stellt die Kann-Bestimmung die allfällige Weitergabe nicht ins Belieben des DAP, sondern schliesst pflichtgemässes Ermessen ein»132. Die Frage, ob eine konkrete Information einen Bezug zum Zuständigkeitsbereich des SND besitzt, sei aber einzelfallweise zu prüfen. Das Gutachten schlägt deshalb vor, für die jeweiligen Sachgebiete Prüfungskriterien festzulegen, um seitens des DAP eine adäquate und durchgehende Praxis der Informationsweiterleitung sicherzustellen.

Aus den beiden Gutachten zieht die GPDel den Schluss, dass es Aufgabe der zuständigen Departemente und des Bundesrats wäre, den Informationsfluss
zwischen den Diensten mit einer tauglichen Regelung sicherzustellen. Insbesondere wäre seitens des EJPD dafür zu sorgen, dass der DAP zur Erfüllung seiner Informationspflicht den gesetzlichen Rahmen ausschöpft.

Die GPDel musste im Herbst 2007 feststellen, dass die Differenzen zwischen EJPD und VBS nicht wie geplant bereinigt worden waren. Konkret bestanden weiterhin unterschiedliche Vorstellungen über die eigentliche Aufgabe der Plattformen und über die gemeinsame Verwendung von Informationen ausländischer Partnerdienste.

Die weiterhin ungelösten Probleme mit dem Informationsaustausch zwischen DAP und SND bestätigten die Delegation in ihrem Vorhaben, mit einer parlamentarischen Initiative eine gemeinsame Führung für die zivilen Nachrichtendienste vorzuschreiben.

131

Verordnung vom 27.6.2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (VWIS; SR 120.2).

132 Brief des Bundesamts für Justiz an den Stab SiA vom 3.4.2007, Seite 2.

5146

Gemäss Artikel 109 ParlG muss jede parlamentarische Initiative eine Vorprüfung durchlaufen. Die Prüfung der Pa. Iv. 07.404 wurde den GPKs zugewiesen. Nachdem die GPK-S der Initiative Folge gegeben hatte, ersuchte sie am 18. Juni 2007 ihre Schwesterkommission, diesem Geschäft ebenfalls zuzustimmen. Deren Zustimmung erfolgte am 6. Juli 2007 und war ebenfalls einstimmig. Darauf begann die GPDel im Auftrag der GPK-S mit der Ausarbeitung eines Erlassentwurfs.133 Für den Gesetzesentwurf untersuchte die GPDel rechtsetzungstechnisch unterschiedliche Varianten und zog dazu einen externen Juristen bei. Sie diskutierte auch, wie weit der Regelungsgegenstand gefasst werden musste, um das Ziel der Initiative zu erreichen, ohne den Gestaltungsspielraum und die Organisationskompetenz des Bundesrates unnötig einzuschränken. Aus den Arbeiten kristallisierten sich zwei Varianten heraus, die sich gesetzestechnisch und in Bezug auf den Regelungsgegenstand unterschieden. Die erste Variante beschränkte sich auf die Änderungen im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS)134 und im Militärgesetz (MG)135, die notwendig sind, damit der Bundesrat künftig die Aufgaben von DAP und SND dem Departement seiner Wahl zuweisen kann. Die zweite Variante sah ein Spezialgesetz für die zivilen Nachrichtendienste vor, das auf den geltenden Bestimmungen des Militärgesetzes und des BWIS aufbaute und eine kleine Anzahl Bestimmungen enthielt, um eine gemeinsame Unterstellung und eine funktionierende Zusammenarbeit der Dienste zu gewährleisten.

An ihrer Sitzung von 8. November 2007 lud die GPDel Vertreter von VBS und EJPD ein, die zwei vorgelegten Erlassvarianten zu kommentieren. Dieses Gespräch zeigte der Delegation, dass sie mit ihrer zweiten Variante eine gesetzgeberisch gangbare und problemgerechte Lösung erarbeitet hatte. Sie beschloss deshalb einstimmig, diese Variante weiterzuverfolgen. Die weiteren Arbeiten wurden so geplant, dass eine Behandlung des Geschäfts in der GPK-S vor der Frühjahrssession 2008 möglich war.

3.9.3

Funkaufklärungssystem des VBS «Onyx»

Für das Jahr 2007 hatte die GPDel beschlossen, einen zweiten Bericht über das System Onyx zur Aufklärung von Satellitenkommunikationsverbindungen zu verfassen. Ihr erster Bericht aus dem Jahr 2003136 hatte sich vor allem mit den Rechtsgrundlagen für den Einsatz von Onyx befasst. Die GPDel hatte damals dem Bundesrat sechs Empfehlungen abgegeben. Die Hälfte davon betraf offene Rechtsfragen wie die Vereinbarkeit der Rechtsgrundlagen von Onyx mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK)137 sowie den Rechtsetzungsbedarf auf Gesetzesstufe. Die anderen Empfehlungen verlangten eine Abschätzung der technischen Risiken, eine Fünfjahresstrategie für alle nachrichtendienstlichen Beschaffungsmittel

133 134

S. Medienmitteilung der GPK-N vom 9.7.2007.

Bundesgesetz vom 21.3.1997 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS; SR 120).

135 Bundesgesetz vom 3.2.1995 über die Armee und die Militärverwaltung (MG; SR 510.10).

136 Bericht der GPDel «Satellitenaufklärungssystem des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Projekt )» vom 10.11.2003 (BBl 2004 1499).

137 Europäische Konvention vom 4.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; SR 0.101).

5147

­ inklusive Onyx ­ und die dazu benötigten Ressourcen sowie eine offene Informationspolitik über das Projekt.

In ihrem neuen Bericht «Rechtmässigkeit und Wirksamkeit des Funkaufklärungssystems Onyx» vom 9. November 2007138 stellt die GPDel fest, dass vier von sechs Empfehlungen ihres ersten Berichts umgesetzt wurden. Das VBS hatte Ende 2004 eine Informationspolitik zu Onyx verabschiedet, der seither mit verschiedenen Medienmitteilungen nachgelebt wurde. Ebenfalls hatte die GPDel vom VBS den verlangten Bericht über die technischen und finanziellen Risiken des Projektes Onyx erhalten.

Aus Sicht der GPDel hat der Bundesrat mit der Verabschiedung des BWIS-IIRevisionspakets139 auch ihre zwei Empfehlungen zur Schaffung ausreichender gesetzlicher Grundlagen für den Einsatz von Onyx umgesetzt. Der Entwurf zur Änderung des Militärgesetzes nennt explizit die Funkaufklärung ­ mit Onyx oder anderen Systemen ­ als Mittel zur Informationsbeschaffung über das Ausland und präzisiert damit wie gefordert die gesetzlichen Grundlagen für Onyx. Der Bundesrat schlägt auch vor, im BWIS eine gesetzliche Grundlage für Aufträge des DAP an Onyx zu schaffen. Die GPDel hatte dies als notwendig erachtet, falls der DAP auf permanenter Basis Onyx nutzen sollte.

Der neue Bericht stellt fest, dass die geltenden Rechtsgrundlagen für Onyx nicht mit der EMRK vereinbar sind und dass das VBS damit der zweiten Empfehlung der Delegation nicht nachgekommen ist. Ein Gutachten des BJ vom 31. August 2004 untersuchte die Vereinbarkeit der Rechtsgrundlagen von Onyx mit der EMRK und kam zum Schluss, dass die Nachrichtendienste, die Aufträge an Onyx erteilen, auf Verordnungsstufe namentlich aufgeführt werden sollten. Anfang 2005 stellte das VBS entsprechende Rechtsetzungsarbeiten in Aussicht. Als sich die GPDel im Sommer 2007 nach dem Stand der Arbeiten erkundigte, schrieb ihr das VBS, dass die Prüfung der Frage, ob die Auftraggeber von Onyx in der Verordnung über die elektronische Kriegsführung (VEKF)140 ausdrücklich genannt werden sollten, bis zum Abschluss der BWIS-II-Revision pendent bleibe.141 In ihrem Bericht fordert die GPDel nun den Bundesrat auf, umgehend die auftraggebenden Stellen von Onyx auf Verordnungsstufe aufzuführen.

Für die Kontrolle der Rechtmässigkeit des Einsatzes von Onyx hat der Bundesrat die Unabhängige Kontrollinstanz
(UKI) geschaffen. Im Rahmen ihrer Oberaufsicht kontrolliert die GPDel, ob die UKI ihre Arbeit korrekt erfüllt. Gemäss dem Bericht der GPDel bietet die Arbeitsweise der UKI ausreichend Gewähr, dass keine Aufträge oder Aufklärungsverfahren ohne ausreichende Rechtsgrundlage auf Dauer ihrer Aufmerksamkeit entgehen. Die Vorsteher von VBS und EJPD haben bisher alle Anregungen und Empfehlungen der UKI in ihren Departementen umgesetzt. Die GPDel begrüsst die Praxis der beiden Departementsvorsteher, den Jahresbericht der UKI mit ihrem Präsidenten zu besprechen, bevor er vom Bundesrat zur Kenntnis genommen wird. Die GPDel ist auch befriedigt über die Neubestellung der UKI, die bereits am 24. Oktober 2007 vom Bundesrat gewählt wurde. Ihre drei Mitglieder 138

Bericht der GPDel «Rechtmässigkeit und Wirksamkeit des Funkaufklärungssystems Onyx» vom 9.11.2007 (http://www.parlament.ch/SiteCollectionDocuments/ed-pa-gpdel-onyx-07-d.pdf).

139 Vorentwurf zur Revision des BWIS ­ neue Mittel der Informationsbeschaffung (BWIS II-Revisionspaket).

140 Verordnung vom 15.10.2003 über die elektronische Kriegsführung (VEKF; SR 510.292) 141 Brief des VBS an die GPDel vom 14.8.2007.

5148

werden anfangs 2008 ihre vierjährige Amtszeit antreten. Mit der Beibehaltung von zwei der bisherigen Mitglieder berücksichtigte der Bundesrat das Anliegen der GPDel, die aufgebaute Kompetenz zu sichern.142 Der letzte Teil des GPDel-Berichts ist der Wirksamkeitskontrolle von Onyx innerhalb des VBS gewidmet. Seit 2004 erstattet der Direktor SND regelmässig dem Departement Bericht über die Resultate von Onyx. Diese Berichterstattung, die auch an die GPDel ging, stellte von Anfang an fest, dass Onyx nicht in allen Aufklärungsgebieten die erwarteten Resultate lieferte. Gleichzeitig attestierte der SND dem System Onyx ein grosses Potenzial in allen Aufklärungsgebieten. Um dieses Potenzial zu realisieren, wurden verschiedene Massnahmen vorgeschlagen, deren Umsetzung jedoch auch Investitionen voraussetzten, die über das ursprünglich geplante System hinausgingen. Als die GPDel vom SND eine Studie über das Kommunikationsverhalten von potenziellen Aufklärungszielen verlangte, zeigte deren Schlussfolgerungen im August 2007, dass die vorhergehende Berichterstattung des SND das Leistungspotenzial verschiedener Aufklärungsgebiete nicht realistisch eingeschätzt hatte. Die Studie erklärte auch, warum verschiedene Verbesserungsmassnahmen keine Wirkung gezeigt hatten.

Die GPDel stellt in ihrem Bericht fest, dass die Wirksamkeitskontrollen des SND nicht in der Lage gewesen waren, dem Vorsteher VBS die notwendigen Informationen für die Wahrnehmung seiner politischen Verantwortung zu liefern. Bei einem Projekt mit einer Komplexität wie dem Aufbau von Onyx hätte die Aufsichtspflicht eines Departements nicht an die betroffenen Ämter delegiert werden sollen. Eine amtsexterne Instanz hätte wohl die Annahmen über das Potenzial von Onyx und die vorgeschlagenen Verbesserungsmassnahmen eher hinterfragt als die direkt involvierten Dienste. Die GPDel empfiehlt deshalb dem Bundesrat, das VBS zu beauftragen, eine von den Nachrichtendiensten unabhängige Verwaltungskontrolle aufzubauen, welche die Wirksamkeit von Onyx prüft.

Bereits in ihrem letzten Jahresbericht hatte die GPDel festgestellt, dass die Fünfjahresstrategie für die Nachrichtendienste des VBS, die am 22. November 2006 vom Bundesrat genehmigt worden war, in Bezug auf das Informationsbeschaffungsmittel Onyx nicht der Empfehlung der GPDel entsprochen hatte.143 Die Strategie
machte insbesondere keine Angaben zu den notwendigen technischen Investitionen und dem verfügbaren Personal für die Auswertung der Aufklärungsresultate. Überdies zeigte nun die Studie über das Kommunikationsverhalten in potenziellen Aufklärungsgebieten, dass nur die Hälfte der prioritären Ziele, welche die Strategie für Onyx nannte, realistisch waren.

Damit Onyx auch in Zukunft sicherheitspolitisch wertvolle Informationen liefert, werden weitere Investitionen notwendig sein. Eine langfristige Strategie muss vorgeben, welcher technische und personelle Aufwand gerechtfertigt ist, um bestimmte Aufklärungsgebiete mit Onyx abdecken zu können. Die von der GPDel verlangte Studie zum Kommunikationsverhalten analysierte bereits den Nutzen möglicher Erweiterungen von Onyx für verschiedene Aufklärungsgebiete. Eine Neuauflage der Fünfjahresstrategie kann auf diesen Arbeiten aufbauen.

142

S. Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3159).

143 Jahresbericht 2006 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 19.1.2007 (BBl 2007 3159).

5149

In ihrem Bericht empfiehlt die GPDel dem Bundesrat, das VBS mit der Überarbeitung seiner Fünfjahresstrategie für den Bereich Funkaufklärung zu beauftragen. Die Strategie soll unter anderem für alle geplanten Aufklärungsgebiete die Machbarkeit in Abhängigkeit der technischen und personellen Ressourcen abklären und allfälligen neuen Rechtsetzungsbedarf ausweisen.

3.9.4

Affäre um den Informanten im Islam-Zentrum Genf

Hintergrund Zwischen Ende Februar und Ende Mai 2006 wurde in zahlreichen Presseartikeln ein gewisser Christian erwähnt, der für den DAP gearbeitet haben soll. Er habe den Auftrag erhalten, das Islam-Zentrum Genf (CIG) zu infiltrieren und dessen Leiter Hani Ramadan zu kompromittieren. In diesen Artikeln behauptete Christian zudem, er sei mit Zustimmung des DAP nach Syrien gereist und habe für den SND mehrere Auslandsmissionen unternommen. Ausserdem habe er dazu beigetragen, einen Attentatsversuch gegen ein Flugzeug der israelischen Luftfahrtgesellschaft in Genf zu vereiteln. Christian gab sogar Interviews und detaillierte Auskünfte über seine Zusammenarbeit mit den schweizerischen Nachrichtendiensten. Der Medienwirbel um diese Person, die bald den Beinamen «Moschee-Spion» oder «Maulwurf im Islam-Zentrum» erhielt, und die schwerwiegenden, öffentlich gegen den DAP erhobenen Anschuldigungen bildeten Gegenstand mehrerer parlamentarischer Interventionen.

Am 13. März 2006 begann sich die GPDel im Rahmen ihres parlamentarischen Oberaufsichtsauftrags mit der Angelegenheit zu befassen.

Ziele der Untersuchung und Arbeitsmethode Die Untersuchung der GPDel verfolgte drei bestimmte Ziele. Erstens wollte die Delegation überprüfen, ob Christian (der richtig Claude Covassi heisst) für den DAP und für den SND gearbeitet hatte; zweitens untersuchte die GPDel, ob die schweizerischen Nachrichtendienste sich in der mutmasslichen Zusammenarbeit mit Claude Covassi rechtswidriger Methoden bedient hatten; drittens prüfte die GPDel gestützt auf ihre Schlussfolgerungen, ob es zweckmässig sei, dem Bundesrat Massnahmen vorzuschlagen. Um ihre Ziele zu erreichen, führte die GPDel Anhörungen durch, darunter auch mit Claude Covassi. Sie prüfte zahlreiche Berichte und Arbeitsdokumente des DAP und des SND sowie spontan von Journalisten ausgehändigte Unterlagen. Darüber hinaus stattete sie dem DAP einen unangemeldeten Besuch ab.

Die GPDel hielt die Ergebnisse ihrer Untersuchung und ihre Beurteilung in einem Bericht fest, der am 15. Mai 2007 veröffentlicht wurde.144 Zusammenarbeit zwischen Claude Covassi und dem DAP Claude Covassi verkehrte seit Februar 2004 im CIG. Damals stand er in Verbindung mit einem Inspektor der Genfer Polizei, den er im Rahmen anderer Angelegenheiten kennen gelernt hatte. Covassi bot dem Inspektor an, ihm
Informationen über die Familie Ramadan zu liefern. Im März 2004 informierte er den Inspektor mehrmals über das CIG. Ausserdem erwähnte er, er habe vor, Korankurse zu besuchen und 144

Bericht der GPDel «Affäre um den Informanten im Genfer Islam-Zentrum» vom 15.5.2007 (BBl 2007 6869).

5150

sich zum Islam zu bekehren; tatsächlich konvertierte er formell einige Wochen später. Angesichts der bisher vorliegenden Elemente ersuchte der Inspektor der Genfer Polizei den DAP um eine Stellungnahme zur Person von Claude Covassi und um eine Evaluation seines Potenzials.

Anfang April 2004 fand ein Treffen zwischen einem Kommissar des DAP, Claude Covassi und dem Inspektor der Genfer Polizei statt. Im Juli startete der DAP die Operation «Memphis». Im Visier standen Hani Ramadan und Organisationen oder ihnen nahestehende Personen, die auf der Beobachtungsliste gemäss Artikel 11 Absatz 2 Bst. b BWIS stehen. Bei dieser Operation hatte Claude Covassi den Status eines Informanten, d. h. einer Privatperson, die der Polizei oder einem Nachrichtendienst aus freien Stücken Informationen liefert. Covassi war operationell dem DAP unterstellt. Der Inspektor der Genfer Polizei blieb aber sein Kontaktmann vor Ort.

Bis Ende 2004 fanden regelmässige Treffen zwischen dem Führungsoffizier des DAP, Claude Covassi und dem Inspektor der Genfer Polizei statt. Claude Covassi legte dabei jeweils die Ergebnisse seiner Arbeit vor. Im Februar 2005 reiste Claude Covassi nach Syrien. Hani Ramadan habe ihm den Syrienaufenthalt nahegelegt, um die Konversion zum Islam glaubwürdig zu machen. Der Kommissar des DAP billigte zwar diesen Schritt nicht, beauftragte aber Claude Covassi, einen detaillierten Bericht über seine Beobachtungen anlässlich dieser Reise zu verfassen. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz legte Claude Covassi dem DAP zwei Berichte vor. Zudem vertraute er dem Inspektor der Genfer Polizei an, dass die Zusammenarbeit mit seinem Führungsoffizier beim DAP problematisch sei, weil er sich schlecht begleitet und beraten fühle. Einen Monat später ­ im April 2005 ­ brach er die Zusammenarbeit mit dem DAP ohne nähere Erklärungen ab. Der Führungsoffizier des DAP bemühte sich bis im Januar 2006 mehrmals vergeblich, wieder mit Claude Covassi in Kontakt zu treten.

Zusammenarbeit zwischen Claude Covassi und dem SND sowie parallele Tätigkeiten für den DAP Im Mai 2005 richtete Claude Covassi ein Bewerbungsschreiben an den SND.

Einige Tage nach seiner Bewerbung traf Claude Covassi einen Führungsoffizier des SND. Der Führungsoffizier des SND schlug Claude Covassi vor, von Juni bis Juli 2005 in ein afrikanisches Land zu reisen
und dort Informationen über eine bestimmte Gruppierung zu beschaffen. Der SND benutzte diese Mission als Test.

Claude Covassi stimmte dem Vorschlag zu. Die beiden Männer beschlossen, dem DAP die Zusammenarbeit zu verschweigen. Nachdem die Ergebnisse der Afrikareise positiv beurteilt wurden, plante der SND im Januar 2006 eine zweite Mission in ein anderes afrikanisches Land. Zu jenem Zeitpunkt wandte sich Claude Covassi nach mehreren Monaten Funkstille erneut an seinem ehemaligen Führungsoffizier beim DAP. Er übermittelte ihm Informationen über seinen Afrikaaufenthalt und erklärte, er wolle nicht mehr mit dem Inspektor der Genfer Polizei zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit mit dem SND erwähnte er allerdings nicht. Der SND verzichtete seinerseits auf die zweite Afrikamission, weil eine frühere Kontaktperson von Claude Covassi Zweifel an dessen Zusammenarbeit mit den Nachrichtendiensten äusserte.

Im Februar 2006 erklärte Claude Covassi dem SND, er fühle sich bedroht und habe die Absicht, die Schweiz zu verlassen. Der SND bezahlte Claude Covassi ein Flugbillet nach Spanien und gab ihm Geld. Einige Tage später schickte Covassi seinem SND-Führungsoffizier mehrere beleidigende SMS und war überzeugt, der SND 5151

habe ihm eine Falle gestellt. Gleichzeitig wurde die Zusammenarbeit zwischen Claude Covassi und dem DAP in den Medien enthüllt. Claude Covassi warf dem DAP u.a. vor, er habe versucht, Hani Ramadan mit der Rekrutierung von Kämpfern für den Irak in Verbindung zu bringen, und bezeichnete das Verhalten seines Führungsoffiziers beim DAP als «mafiös». Ausserdem wurde eine Pressemitteilung von Hani Ramadan veröffentlicht, der behauptete, er besitze schriftliche Entschuldigungen von Claude Covassi. Die abgedruckten E-Mails stimmten nicht mit den von den Nachrichtendiensten dokumentierten E-Mails überein. Auf Empfehlung des SND verliess Claude Covassi die Schweiz und traf im März 2006 in Kairo ein. Kurz nach seiner Ankunft bat er den SND mehrmals um finanzielle Hilfe, die ihm jedoch verweigert wurde. Der letzte Kontakt zwischen Claude Covassi und dem SND fand am 21. April 2006 statt. Einige Tage später berichtete die Presse über die Zusammenarbeit zwischen Claude Covassi und dem SND. Claude Covassi kehrte im Oktober 2006 in die Schweiz zurück.

Ergebnisse der Untersuchung der GPDel Der erste Kontakt zwischen Claude Covassi und der GPDel fand auf Betreiben von Claude Covassi im März 2006 statt. Dieser wollte der Delegation Unterlagen und Aufzeichnungen über seine Zusammenarbeit mit dem DAP aushändigen. Die Delegation lud Claude Covassi zweimal zu einer Anhörung ein, zu der der Betroffene aber nicht erschien. Ebensowenig übermittelte er der GPDel keines der Dokumente, die er angeblich besass. Nach seiner Rückkehr aus Ägypten wandte sich Claude Covassi erneut an die GPDel und wurde von ihr am 12. Dezember 2006 und am 16. Januar 2007 angehört.

Nach der Untersuchung war die GPDel in der Lage, aufzuzeigen, dass Claude Covassi als Informant für den DAP und für den SND gearbeitet hatte, aber dass kein beweiskräftiger Hinweis für die Anwendung rechtswidriger Methoden durch die Nachrichtendienste vorlag. Der DAP beauftragte Claude Covassi u.a. nicht, das CIG zu infiltrieren und entsandte ihn ebensowenig zu einer gemeinsamen Mission mit einem ausländischen Nachrichtendienst nach Syrien; die vom SND angeordnete Afrikareise erfolgte in Übereinstimmung mit der Gesetzgebung; laut den Informationen, die die Bundesanwaltschaft der Delegation lieferte, spielte Claude Covassi überdies bei der Vereitelung des Attentatsversuchs
gegen ein Flugzeug der Fluggesellschaft El-Al keinerlei Rolle.

Die GPDel begrüsste es zwar, dass die Nachrichtendienste von gravierenden Anschuldigungen befreit werden konnten, stellte aber bei ihrer Untersuchung grosse Mängel sowohl bei der Rekrutierung als auch bei der Führung von Claude Covassi durch den DAP und durch den SND fest. Das Fehlen einer eingehenden Prüfung der Persönlichkeit von Claude Covassi, die fehlende Zusammenarbeit zwischen dem DAP und dem SND sowie die Mängel in der Zusammenarbeit zwischen den Bundesstellen und der Genfer Polizei bei der Bearbeitung von offiziellen klassifizierten Informationen ermöglichten es Claude Covassi, die Nachrichtendienste gegeneinander auszuspielen. Nach Auffassung der GPDel zeigte der Fall Covassi die Unzulänglichkeit der Gesetzesgrundlagen im Bereich der Führung von Informanten auf.

Dieses juristische Vakuum lässt den Nachrichtendiensten einen gewissen operationellen Spielraum, der jedoch mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit schwer vereinbar ist. Die GPDel richtet in ihrem Bericht mehrere Empfehlungen an den Bundesrat mit dem Ziel, die Führung von Informanten und die Behandlung von vertraulichen Informationen zu verbessern. Die GPDel begrüsst die nächste Revision 5152

des BWIS145, welche eine Gesetzesgrundlage für den Einsatz von Informanten durch den DAP schaffen wird. Schliesslich bedauert die Delegation die Instrumentalisierung dieser Angelegenheit durch die Medien, die keine Bedenken hatten, Informationen zu veröffentlichen ohne sie vorher zu verifizieren, und die Nachrichtendienste damit in eine schwierige Situation brachten.

Der Bundesrat äussert in seiner Stellungnahme vom 29. August 2007146 Genugtuung darüber, dass die GPDel die Anschuldigungen des Genfer Informanten gegen die Bundesbehörden zurückgewiesen hat. Der Bundesrat anerkennt, dass die Informationsbeschaffung in Bereichen wie Terrorismus, Proliferation, gewalttätiger Extremismus, Spionage und auch organisierte Kriminalität eine riskante Aufgabe darstellt und dass unvorhergesehene Entwicklungen sich nicht von vornherein ausschliessen lassen. Allerdings räumte der Bundesrat ein, dass bestimmte Aspekte der Zusammenarbeit mit Informanten im Bereich der Nachrichtendienste verbesserungswürdig sind. Deshalb sollen diesbezügliche Massnahmen getroffen werden; die GPDel wird deren Umsetzung genau verfolgen.

3.9.5

Wirksamkeitskontrolle im Nachrichtendienst

Bei ihrer Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes147 war die GPDel im Jahr 2003 zum Schluss gekommen, dass die intensiven nachrichtendienstlichen Kontakte zu Südafrika keinen nennenswerten Gewinn an sicherheitsrelevanten Informationen für die Schweiz erbracht hatten. Die gewonnenen Informationen standen auch in keinem vertretbaren Verhältnis zu den politischen Kosten, die ihre Beschaffung letztlich verursacht hatten. Deshalb empfahl die GPDel in Ziffer zur Effizienz- und Qualitätskontrolle dem Bundesrat, «eine Kosten-Nutzen-Analyse der nachrichtendienstlichen Tätigkeit im Allgemeinen durchzuführen [und] die erforderlichen Vorkehrungen in die Wege zu leiten, damit der vom Schweizer Nachrichtendienst für die Sicherheitsinteressen des Landes geschaffene Mehrwert und insbesondere dessen Effizienz bemessen werden kann»148.

In seiner Stellungnahme vom 19. Dezember 2003149 erachtete der Bundesrat die Empfehlung der GPDel als prüfenswert. Zu untersuchen sei, inwieweit die Forderungen in die Praxis umgesetzt werden könnten. Konkret zeigte sich der Bundesrat bereit, die Frage der Effizienz der Nachrichtendienste im Sinne einer KostenLeistungsrechung zu verfolgen. Mit dem Hinweis auf die Einführung des neuen Rechnungsmodells des Bundes deutete der Bundesrat bereits an, dass die Möglichkeiten der Kosten-Nutzen-Analyse schwerpunktmässig im pekuniären Sinne abzuklären seien.

145

146 147 148 149

S. Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) (Besondere Mittel der Informationsbeschaffung) vom 15.6.2007 (BBl 2007 5037).

Stellungnahme des Bundesrates vom 29.8.2007 (BBl 2007 6943).

S. Bericht der GPDel «Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes» vom 18.8.2003 (BBl 2004 2393).

S. Bericht der GPDel «Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes» vom 18.8.2003 (BBl 2004 2393).

Stellungnahme des Bundesrats vom 19.12.2003 (BBl 2004 3105).

5153

Der Sicherheitsausschuss des Bundesrats informierte die GPDel im August 2006 erstmals über den Stand der Abklärungen.150 Der Zwischenbericht kam zum Schluss, dass wohl die Kosten der Nachrichtendienste einigermassen messbar sein mögen, der Nutzen aber nur bedingt. Insbesondere wurde die Schwierigkeit ins Feld geführt, den finanziellen Nutzen für die Schweiz zu beziffern, falls aufgrund nachrichtendienstlicher Informationen die Schweiz vor Schaden bewahrt worden sei. Da die Bezifferung des Nutzens die Hauptschwierigkeit darstellte, wurde der GPDel in Aussicht gestellt, einen Sollzustand zu bestimmen, an welchem der Nutzen der nachrichtendienstlichen Tätigkeit gemessen werden könne. Diese Vorgaben würde der Bundesrat in einer noch zu verabschiedenden Nachrichtendienstpolitik (s. Ziff.

3.9.2) bestimmen.

Die vom Bundesrat am 31. Januar 2007 genehmigten und publizierten Grundsätze für eine Nachrichtendienstpolitik151 blieben jedoch hinter dem Ziel zurück, das der GPDel in Aussicht gestellt worden war. Die Grundsätze beschreiben hauptsächlich die heute geltende Organisation und die Zuständigkeiten der Nachrichtendienste und überlassen den Departementen die Kontrolle der Nützlichkeit ihrer Dienste. Vorgaben, an denen die Effizienz und die Qualität der nachrichtendienstlichen Informationsbeschaffung gemessen werden könnten, finden sich jedoch keine in den bundesrätlichen Grundsätzen. Die GPDel erhielt bisher auch keine Hinweise, dass die Nachrichtendienstpolitik eine Rolle bei der Leistungskontrolle der Dienste gespielt haben könnte.

Im Frühjahr 2007 stimmte die GPDel einem Antrag des SiA152 zu, eine finanzielle Kosten-Nutzen-Analyse für die Nachrichtendienste nicht mehr weiterzuverfolgen.

Dem Antrag des SiA gingen Abklärungen des VBS voraus, die zum Schluss kamen, dass der Nutzen des Nachrichtendienstes für eine solche Analyse nicht quantifizierbar sei. Bestenfalls sei der Nutzen qualitativ mittels Umfragen bei den Informationsbezügern der Nachrichtendienste zu erheben.

Für die GPDel sind die Schwierigkeiten nachvollziehbar, die sich bei einer KostenLeistungsrechnung stellen, wie sie vom Bundesrat bei der Annahme der ursprünglichen Empfehlung der GPDel vorgeschlagen wurde. Auch wenn der Nutzen der Nachrichtendienste nicht bezifferbar ist, bleibt die GPDel der Ansicht, dass der Bundesrat beurteilen
können muss, ob die Dienste die Informationsbedürfnisse des Landes ausreichend abdecken.

Für die GPDel bleibt insbesondere die Frage von Bedeutung, ob die Nachrichtendienste ihre verfügbaren Ressourcen so einsetzen, dass damit die wichtigsten Informationsbedürfnisse so weit wie möglich erfüllt werden können. Die Nachrichtendienste können ihre beschränkten Ressourcen aber nicht sinnvoll auf die verschiedenen Beschaffungsmittel verteilen, ohne vorher die Wirkung beurteilt zu haben, den diese Mittel auf die Leistung der Dienste haben. Der Bundesrat und die zuständigen Departemente kommen deshalb auch im Bereich der Nachrichtendienste letztlich nicht um eine nachvollziehbare Wirksamkeitskontrolle herum.

150

Zwischenbericht des SiA zur Effizienz- und Qualitätskontrolle der Nachrichtendienste an die GPDel vom 24.8.2006.

151 Grundsätze der Politik des Bundesrates für die Nachrichtendienste der Schweiz vom 31.1.2007 (BBl 2007 1489).

152 Brief des SiA an die GPDel vom 20.2.2007.

5154

3.9.6

Informationssysteme der Nachrichtendienste, der Polizei und der Armee

Gesetz über die militärischen Informationssysteme Das Projekt Armee XXI zog in verschiedener Hinsicht eine Anpassung der datenschutzrechtlichen Gesetzgebung nach sich. Das VBS wollte die entsprechenden Bestimmungen nicht im revidierten Militärgesetz unterbringen, weil dies zu einem Missverhältnis zwischen den Normen über den Datenschutz und den übrigen Inhalten geführt hätte. Für die Datenschutzregelungen wurde deshalb in Analogie zum Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme (BPI)153 ein eigenständiges Bundesgesetz über die militärischen Informationssysteme (MIG) vorgeschlagen.

Das MIG soll unter anderen auch die gesetzlichen Grundlagen für den Einsatz von Aufklärungsdrohnen der Armee zugunsten des Grenzwachtkorps schaffen, deren Fehlen vom EDÖB kritisiert worden war.

Die Revision 09 des Militärgesetzes und die damit verbundene Schaffung des MIG war im August 2006 in die Vernehmlassung gegeben worden und das VBS begann im Dezember 2006 mit der Auswertung der Stellungnahmen. Im Zusammenhang mit dem Gesetzesentwurf tauchten verschiedene Fragen im Zuständigkeitsbereich der GPDel auf. So sprach der Gesetzesentwurf von der Erhebung von besonders schützenswerten Personendaten, deren Beschaffung auch mit dem verdeckten Einsatz von Überwachungssystemen der Armee möglich sein sollte. Aus den Vernehmlassungsunterlagen war zudem nicht ersichtlich, welche Überwachungssysteme neben Drohnen und Helikoptern zum Einsatz kommen würden.

Die GPDel liess sich deshalb im Februar 2007 vom VBS über die verschiedenen Überwachungsgeräte und deren Einsatzmöglichkeiten informieren. Das VBS legte dar, dass die Drohnen nicht in der Lage sind, Gesichter oder Autonummern zu erkennen. Zugleich nahm die GPDel zur Kenntnis, dass private Firmen MiniDrohnen anbieten, deren Kameras einen weit grösseren Einblick in die Privatsphäre des Bürgers ermöglichen. Das VBS erläuterte auch, dass fest installierte Überwachungssysteme der Armee, die mit optischen und akustischen Sensoren ausgerüstet sind, nicht auf öffentlichem Grund aufgestellt werden sollen. Vorgesehen ist hingegen der Einsatz auf armeeeigenen Anlagen oder die Installation auf anderen Objekten, mit deren Schutz die Armee beauftragt wurde.

Die Resultate der Vernehmlassung haben das VBS bewogen, die Einsatzbestimmungen für die Überwachungssysteme im Vergleich
zum Vernehmlassungsentwurf zu präzisieren. Beispielsweise sollen zu Ausbildungszwecken keine Daten aufgezeichnet werden dürfen. Das MIG soll auch nicht als Rechtsgrundlage für den Einsatz von Überwachungsmitteln zugunsten der Nachrichtendienste oder der Funkaufklärung dienen. Für Letzteres gelten die Bestimmungen der VEKF.

Informationsoperationen Im Jahr 2005 verfasste das VBS eine vertrauliche Konzeptionsstudie über zukünftige Informationsoperationen der Armee (KS-IO). Informationsoperationen haben zum Ziel, den Entscheidungsfindungsprozess eines Gegners zu stören, zu beeinflussen oder zu verunmöglichen. Unter anderem untersuchte die KS-IO, welche Rolle Computer Network Operations in den verschiedenen Einsatzarten der Armee spielen 153

Botschaft des Bundesrats zum Bundesgesetz über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes vom 24.5.2006 (BBl 2006 5061).

5155

könnten. Darunter fällt das Eindringen in fremde Computersysteme, sei dies zur reinen Informationsbeschaffung über den Gegner oder zur Manipulation seiner Informationen. Ziel des Eindringens kann es auch sein, das Funktionieren dieser Systeme zu stören.

Die GPDel hat die Studie erhalten und dazu auch Vertreter des Führungsstabs und der Führungsunterstützungsbasis der Armee angehört. Zur Sicherung der Netzwerke der Armee baut das VBS ein militärisches Computer Emergency Response Team auf. Dieses soll mit präventiven Massnahmen die Wahrscheinlichkeit eines Computerangriffs minimieren, einen erfolgten Angriff möglichst frühzeitig feststellen und das Schadensausmass durch geeignete Gegenmassnahmen begrenzen.

In Bezug auf das Eindringen in fremde Computersysteme stellte die GPDel allerdings fest, dass die Frage der dazu notwendigen Rechtsgrundlagen noch nicht geklärt ist. So stellt Artikel 143 bis StGB das unbefugte Eindringen in ein fremdes Datenverarbeitungssystem unter Strafe. Zudem stellt sich die Frage nach einer rechtlichen und kompetenzmässigen Abgrenzung zwischen möglichen Informationsoperationen der Truppe und der Tätigkeit der Nachrichtendienste. So verlangt die BWIS-II-Revisionsvorlage für den Inlandnachrichtendienst (DAP) ebenfalls die Kompetenz, Datenverarbeitungssysteme ohne das Wissen des Eigentümers durchsuchen zu dürfen.

Die Notwendigkeit einer rechtlichen Klärung wurde auch in der Konzeptionsstudie von 2005 erkannt. Der GPDel liegen bisher noch keine Ergebnisse dazu vor. Die Delegation betrachtet es als wichtig, dass der Aufbau von personellen und technischen Kapazitäten für Computer Network Operations erst dann erfolgt, wenn die dazugehörenden rechtlichen Fragen beantwortet und ein allfälliger Gesetzgebungsbedarf bekannt ist. Insbesondere soll geklärt werden, wie weit Informationsoperationen im Rahmen der verschiedenen, vom Militärgesetz vorgegebenen Einsatzarten der Armee unter den gegebenen Rechtsgrundlagen gehen dürfen. Deshalb hat die GPDel beim VBS eine Reihe von rechtlichen Fragen in Abklärung gegeben.

Informationssysteme des SND Die GPDel hat im Rahmen ihrer Oberaufsicht regelmässig verschiedene Datenbanken des Bundes überprüft. In den vergangenen Jahren kontrollierte die GPDel insbesondere die ISIS-Datenbank (Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem) des DAP.154
Dieses Jahr unterzog die GPDel erstmals die Informationssysteme des SND einer Inspektion. Aufgrund von Artikel 2 Absatz 1 MG sind die Nachrichtendienste des VBS befugt, Personendaten, mit Einschluss von besonders schützenswerten Personendaten und von Persönlichkeitsprofilen, soweit und solange zu bearbeiten, wie es seine Aufgaben erfordern. Gemäss Artikel 9 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung über den Nachrichtendienst (VND) 155 geht es dabei insbesondere um Informationen über Vorgänge im Ausland, die von sicherheitspolitischer Bedeutung für die Eidgenossenschaft sind.

154

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006, (BBl 2006 4419).

155 Verordnung vom 4.12.2000 über den Nachrichtendienst im Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (Nachrichtendienstverordnung; SR 510.291).

5156

Gemäss Artikel 9 Absatz 3 VND werden die Datensammlungen des SND nicht im Register der Datensammlungen nach dem Artikel 11 DSG aufgeführt, wenn dies die Informationsbeschaffung gefährden würde. Die Nachrichtendienste informieren den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten in einer allgemeinen Form über diese Datensammlungen. In ihrem Jahresbericht 2005 stellte die GPDel fest, dass der EDÖB über die im SND vorhandenen Datensammlungen informiert ist.156 Die Auslegung der Informationssysteme des SND ist konzeptionell und technisch mit dem neuen Datenbank-System ISIS-NT des DAP vergleichbar. Die einzelnen Bearbeitungsgebiete werden in separaten Datensammlungen gehalten. Aus Sicherheitsgründen wurde diese Lösung einem einzigen System vorgezogen. Eine Verbindung der einzelnen Datensammlungen wäre aber aufgrund des gemeinsamen technischen Konzeptes einfach zu realisieren.

Die GPDel nahm Einblick in die Daten der Informationssysteme des SND und befragte die dafür zuständigen Auswerter. Sie kam zum Schluss, dass diese Informationssysteme ein unverzichtbares institutionelles Gedächtnis bilden, ohne das der SND seine Aufgaben in wichtigen Bereichen nicht erfüllen könnte. Die GPDel stellte auch fest, dass der SND bei der Qualitätskontrolle einem anderen Leitgedanken als der DAP folgt. Dem DAP schreibt die ISIS-Verordnung157 vor, dass seine Staatsschutzinformationen nach Herkunft, Übermittlungsart, Inhalt und bereits vorliegenden Erkenntnissen bewertet und entsprechend als gesicherte oder ungesicherte Meldung markiert werden (Art. 10 Abs. 3). Diese Qualitätskontrolle erfolgt als parallele Verwaltungstätigkeit zur eigentlichen nachrichtendienstlichen Analysearbeit.

Im SND hingegen stellen die Informationssysteme dem Auswerter alle Meldungen zu einer bestimmten Person oder einen Sachverhalt zur Verfügung. Erst dies ermöglicht dem Auswerter, die Zuverlässigkeit einer Information aufgrund der aktuellen Gesamtsicht aller verfügbaren Informationen zu bewerten. Das System zeigt das Datum und die Quelle einer Information an und erlaubt es, Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Meldungen zu erkennen. Erst diese Gesamtsicht bringt Widersprüche zwischen einzelnen Informationen an den Tag. Bei zwei widersprüchlichen Meldungen ist nicht immer erkennbar, welche von beiden, oder ob überhaupt eine,
die richtige ist. Insbesondere wenn nur wenige Meldungen zu einem Sachverhalt vorliegen, können die Zusatzinformationen fehlen, um einen begründeten Entscheid zugunsten der Glaubwürdigkeit der einen oder anderen Meldung zu fällen. In so einem Fall besteht keine Gewähr, dass die Löschung einer Meldung die Verlässlichkeit des Datenbestandes erhöht. Für die Qualitätskontrolle ist allerdings entscheidend, dass die Auswerter des SND sich aufgrund ihrer Gesamtsicht dieser unklaren Datenlage bewusst sind und dies in ihren Analysen berücksichtigen.

Im Informationssystem des SND können Meldungen mit Hinweisen auf einmal festgestellte Widersprüche versehen werden. Diese Widersprüche können Anlass zur Informationsbeschaffung geben, die unter Umständen Informationen liefert, welche eine Neubewertung der vorhandenen Daten erlaubt. Eine frühzeitige Löschung

156

S. Jahresbericht 2005 der GPKs und der GPDel der eidg. Räte vom 20.1.2006, (BBl 2006 4342), S. 4421.

157 Verordnung vom 30.11.2001über das Staatsschutz-Informationssystem (ISIS-Verordnung; SR 120.3).

5157

hingegen könnte unter Umständen eine spätere Erkenntnis verhindern und die Ursache von Fehlbeurteilungen werden.

Die GPDel erhielt den Eindruck, dass dieses Vorgehen eine hohe Zuverlässigkeit der Beurteilungen des SND gewährleisten kann und mit den für den SND geltenden Datenschutzbestimmungen konform ist. Dabei ist sich die GPDel jedoch bewusst, dass letztlich das Personal des SND der entscheidende Faktor für die Qualität der Datenbearbeitung darstellt. Diese ist jedoch nur gesichert, wenn die Leitung des SND darum bemüht bleibt, dass für die Pflege und Nutzung dieser Informationssysteme ausreichend und kompetentes Personal zur Verfügung steht.

Verfügbarkeit von RIPOL (Automatisiertes Fahndungsregister der Polizei) Das Fahndungssystem RIPOL (Recherches Informatisées de Police) stand am Wochenende vom 11. August 2007 für Datenabrufe nur begrenzt zur Verfügung.

Dies erschwerte unter anderem die Personenkontrollen an der Grenze, als viele Personen für die Street-Parade 2007 in die Schweiz einreisten. Ursache für die Schwierigkeiten mit RIPOL soll der Verbund mit dem Fahndungssystem von Interpol in Lyon gewesen sein, der über das Wochenende unterbrochen war.

Aufgrund dieser Information beschloss die GPDel, abzuklären, ob es sich bei diesem Ereignis um einen Einzelfall handelte, oder ob die Ursachen dafür grundlegender Natur waren. Die Delegation gab deshalb beim EJPD einen Bericht über die Verfügbarkeit von RIPOL in Auftrag. Die Abklärungen des EJPD ergaben, dass am in Frage kommenden Wochenende die Daten von Interpol nicht verfügbar waren, aber auf die Schweizer RIPOL Daten zugegriffen werden konnte. Insgesamt stellt das EJPD für das System RIPOL eine sehr hohe Verfügbarkeit fest. Darüber hinaus erkundigte sich die GPDel auch über die Risiken des Anschlusses der Schweiz an das Schengener Informationssystem (SIS), der über eine Schnittstelle zu RIPOL erfolgen soll. Das EJPD informierte die GPDel dahingehend, dass mit dem von den eidgenössischen Räten bewilligten Verpflichtungskredit ausreichend finanzielle Ressourcen zur Verfügung stehen. Auf der personellen Seite ist jedoch eine Verstärkung durch externe Personalressourcen unabdingbar, um den Anschluss an das SIS wie geplant für Ende 2008 zu bewerkstelligen.158

3.9.7

Bericht über die innere Sicherheit der Schweiz: Anwendung von Artikel 27 Absatz 1 BWIS

Das BWIS sieht vor, dass der Bundesrat die eidgenössischen Räte, die Kantone und die Öffentlichkeit jährlich oder nach Bedarf über seine Beurteilung der Bedrohungslage und über die Tätigkeiten der Sicherheitsorgane des Bundes orientiert (Art. 27 Abs. 1 BWIS). Auf dieser Grundlage veröffentlicht das Bundesamt für Polizei (fedpol) seit 2002 jedes Jahr einen Bericht über die innere Sicherheit der Schweiz.

Dieser Bericht wird von der GPDel bei der Ausübung ihrer parlamentarischen Befugnisse geprüft.

Der Bericht des fedpol ist sehr aufschlussreich, gut dokumentiert und zeichnet ein breites Bild der Risiken, welche die Sicherheit der Schweiz bedrohen.

158

Schreiben des Vorstehers EJPD an die GPDel vom 19.12.2007.

5158

Nach Auffassung der Delegation entspricht der Bericht jedoch trotz der sorgfältigen Redaktionsarbeit des Bundesamtes insofern nicht dem Mandat des Gesetzgebers, als er lediglich die Situation aus der Sicht einer administrativen Polizeibehörde beschreibt. Der Bericht enthält keine politische Würdigung des Bundesrates und lässt ebensowenig die diesbezüglichen Prioritäten des Bundesrates ersehen. Überdies sind die Ziffern inhaltlich ungleich und spiegeln nicht alle Aktivitäten der Sicherheitsorgane des Bundes wider. Der Bericht konzentriert sich im Wesentlichen auf die Tätigkeiten der Dienststellen des EJPD, lässt aber die Rollen der übrigen Departemente (EDA, VBS, EFD, EVD) im Sicherheitsbereich ausser Acht.

Angesichts der anhaltenden Bedrohung im Sicherheitsbereich vertritt die Delegation die Auffassung, dass der gesetzliche Auftrag derzeit nicht korrekt umgesetzt wird; deshalb hat sie den Bundesrat am 3. Mai 2007 ersucht, seine bisherige Praxis in Bezug auf seine Berichterstattungspflicht zu überprüfen. Nach Dafürhalten der Delegation müsste der Bericht formell vom Bundesrat genehmigt werden, um die Anforderungen des BWIS zu erfüllen.

Der Bundesrat hielt in seiner Antwort vom 27. Juni 2007 fest, dass Artikel 27 BWIS vor dem Hintergrund zweier parlamentarischer Postulate aus dem Jahr 1990159 bzw.

1992160 entstand. Auf dieser Basis veröffentlichte das EJPD ab 1995 jedes Jahr einen Bericht über den Staatsschutz. Diese Praxis ­ Erstellung eines Berichts durch das EJPD ­ dauerte auch nach dem Inkrafttreten des BWIS am 1. Juli 1998 an, ohne dass geprüft wurde, ob dies der Gesetzesvorschrift entsprach. Seit 2002 wird der Bericht über die innere Sicherheit, der den Staatsschutzbericht abgelöst hat, unter der alleinigen Verantwortung des fedpol veröffentlicht. Für den Bundesrat ist die heutige Berichtform vorteilhaft, weil es möglich ist, den Polizeiorganen freie Hand zu lassen und eine Fülle von Details zu beschreiben, was in einem Bericht des Bundesrates nicht machbar wäre. Zusätzlich würde ein formeller Bericht des Bundesrates aufgrund der verschiedenen politischen Meinungen an Substanz und Objektivität verlieren.

Der Bundesrat hat indessen eingeräumt, dass die aktuelle Berichtform weder Buchstabe noch Geist des Gesetzes entspricht. Im Übrigen verwies die Botschaft zum BWIS ausdrücklich auf die
Veröffentlichung eines Jahresberichts durch den Bundesrat, damit «das Vertrauen der Räte und der Bevölkerung» in die Staatsschutzorgane «wiedergewonnen und bewahrt werden soll.»161 Der Bundesrat teilte der Delegation in seinem zweiten, vom 14. November 2007 datierten Schreiben mit, dass er künftig im Geschäftsbericht seine Beurteilung der Bedrohungslage und der Tätigkeiten der Sicherheitsorgane des Bundes veröffentlichen werde. Dieser besondere Bericht des Bundesrates wird den Bericht des fedpol ergänzen, welcher weiterhin in der gegenwärtigen Form erscheint. Es ist vorgesehen, dass der Bundesrat seinen ersten Bericht im Frühjahr 2008 publiziert.

Die Delegation äusserte Genugtuung über die vom Bundesrat geplanten Massnahmen; sie wird die Umsetzung im Laufe des Jahres 2008 überprüfen.

159 160 161

Po. 90.399 «Jährlicher Staatsschutzbericht» vom 8.3.1990.

Po. 92.3593 «Periodische Extremismusberichte» vom 18.12.1992.

S. Botschaft des Bundesrats zum Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit und zur Volksinitiative «SoS Schweiz ohne Schnüffelpolizei» vom 7.3.1994 (BBl 1994 II 1192).

5159

3.9.8

Informationen des DAP zum türkischen Verein «Graue Wölfe»

Der DAP führte in einem Schreiben vom 18. September 2006 an die Einwohnergemeinde Wangen bei Olten (SO) im Zusammenhang mit dem dort tätigen Türkisch Kulturellen Verein aus, der Verein gehöre der Türkischen Föderation Schweiz (ausgeschrieben: Föderation der Türkisch-Idealistischen Islamvereine der Schweiz; ITF) an, einer rechtsextremistischen Organisation, die nach ihrem Wappentier auch «Graue Wölfe» genannt wird. Dieser Föderation gehörten laut DAP diverse Vereine in Heerbrugg (SG), St. Gallen (SG) und Wil (SG) an.

Der Brief des DAP wurde einem sankt-gallischen Kantonsrat zugeleitet, der dazu am 25. Januar 2007 im Parlament eine einfache Anfrage stellte mit dem Titel «Der Kanton St. Gallen als Hochburg von extremistischen, islamischen Organisationen?».

Der Parlamentarier wollte wissen, ob die St. Galler Regierung von den Informationen des DAP über die Präsenz von radikalen ITF-Ablegern im Kanton St. Gallen Kenntnis habe.

Da die Informationen des DAP mit dem Erkenntnisstand der St. Galler Kantonspolizei nicht übereinstimmten, verlangte der Kanton beim DAP zusätzliche Angaben.

Der Chef DAP räumte in seinem Antwortschreiben ein, dass die auf den Kanton St. Gallen bezogenen Aussagen im Brief an die Einwohnergemeinde Wangen bei Olten zu absolut formuliert gewesen seien. Es bestünden zu wenig gesicherte Fakten, um an diesen Aussagen heute noch festzuhalten. In der Tat zeigten die Abklärungen des DAP und der Kantonspolizei St. Gallen, dass im Kanton St. Gallen zwar mehrere türkische Vereinigungen bestehen, dass diese aber aufgrund der polizeilichen Erkenntnisse nicht der ITF bzw. den «Grauen Wölfen» zugeordnet werden können.

Die GPDel bat den Vorsteher EJPD Ende Mai 2007 um eine Stellungnahme zu den Ereignissen und zur Auskunftspraxis des DAP.

Der Antwort des Vorstehers EJPD vom 3. Juli 2007 ist zu entnehmen, dass die Informationen des DAP über die ITF, die der Gemeinde Wangen bei Olten (SO) offiziell kommuniziert wurden, aus einem Presseartikel der Zeitschrift FACTS aus dem Jahr 1996 stammten, der nur teilweise mit anderen Informationen des DAP verglichen bzw. verifiziert wurde. Durch die parlamentarische Anfrage im Kanton St. Gallen wurde die Information des DAP hinterfragt und richtig gestellt.

Der Vorsteher des EJPD sprach in seinem Brief von einer Fehlleistung des DAP und von Mängeln in der
Qualitätskontrolle: «Um in Zukunft solche Fehlleistungen zu vermeiden, wird der DAP die Mängel in der Qualitätskontrolle beheben und bei öffentlichen Anfragen zur inneren Sicherheit, die offensichtlich eine politische Dimension haben, zurückhaltende oder gar keine Aussagen mehr machen. Insbesondere dann, wenn die Informationslage dafür zu dürftig ist.» Aus der Sicht der GPDel grenzte das Verhalten des DAP an grobe Fahrlässigkeit. Im Kontext mit dem Bau eines Minaretts durch die türkische Gemeinschaft in Wangen bei Olten verursachte der DAP mit seinen nicht verifizierten Informationen unnötigen öffentlichen Wirbel in einem heiklen Bereich. Die GPDel stellte auch fest, dass die Weitergabe bzw. Veröffentlichung nicht oder nur begrenzt erhärteter Informationen durch den DAP in der Vergangenheit schon verschiedentlich vorkam (z. B.

5160

Äusserungen zu unbescholtenen Organisationen im Extremismus-Bericht des Bundesrates vom 25.8.2004162).

Der Vorsteher des EJPD erteilte dem DAP den Auftrag, seine Informationspraxis zu überprüfen und die interne Weisung betreffend Form und Inhalt der Kommunikation gestützt auf die vorliegenden Erkenntnisse zu überarbeiten.

Die «Weisung des Chefs DAP betreffend die Bearbeitung von Bürgerbriefen und Schreiben mit unklaren Anliegen» wurde am 25. September 2007 angepasst. Demnach hat sich der DAP inskünftig an folgende Kriterien zu halten: ­

Die Antworten orientieren sich nach bestehenden offiziellen Sprachregelungen.

­

Auf die Verwendung von Dokumenten mit einem Klassifizierungsvermerk ist zu verzichten.

­

Die Antworten enthalten nur dann Personendaten, wenn das für das Verständnis unentbehrlich ist.

­

Für die Antworten massgebliche öffentliche Quellen sind zu nennen, sofern diese vorgängig auf ihre Vertrauenswürdigkeit und Aktualität geprüft worden sind.

Aus der Sicht der GPDel hat der DAP die vom Vorsteher EJPD angeordneten Verbesserungsmassnahmen hinsichtlich seiner Auskunftspraxis zufrieden stellend vollzogen.

4

Geschäftsberichte 2006 und weitere Berichte

4.1

Geschäftsbericht 2006 des Bundesrats

Die GPKs haben im Mai 2007 während vier Tagen zusammen mit allen Mitgliedern des Bundesrates und mit der Bundeskanzlerin die Geschäftsführung des Bundesrates geprüft. Die Arbeit der GPKs besteht hauptsächlich in der Überprüfung der vom Bundesrat festgelegten Ziele. Von den 17 Zielen, die der Bundesrat für 2006 gesetzt hat, konnten zwei vollständig, sechs überwiegend und neun teilweise erreicht werden. Der Zielerreichungsgrad der Jahresplanung liegt bei rund 70 Prozent. Wie aus dem Geschäftsbericht des Bundesrates 2006 hervorgeht, bildeten die Bildungs- und Forschungspolitik, die Wachstumspolitik, die Bundesfinanzen, die staatliche Handlungsfähigkeit, die Europapolitik und die Sicherheitspolitik die sechs Schwerpunkte seiner Arbeit.

Die GPKs haben einstimmig beschlossen, den Geschäftsbericht des Bundesrates gutzuheissen.

Für die Aussprache mit den Mitgliedern des Bundesrates setzten die GPKs verschiedene Schwerpunkte. Die GPKs besprachen folgende Hauptthemen mit dem Bundesrat:

162

Extremismusbericht des Bundesrates (in Erfüllung des Postulats 02.3059 der Christlichdemokratischen Fraktion vom 14.3.2002) vom 25.8.2004 (BBl 2004 5011), Korrigendum vom 7.12.2004 (BBl 2004 6962) und Korrigendum vom 15.6.2007 (BBl 2007 5265).

S. auch BGE 1A.28/2007, Urteil vom 26.3.2007.

5161

­

Umsetzung des neuen Asyl- und Ausländerrechts,

­

Eignerrolle des VBS bezüglich der RUAG,

­

Schnittstellen zwischen dem EDA und dem VBS bei der zivilen und militärischen Friedenförderung,

­

Anflugregime auf dem Flughafen Zürich,

­

Luftfahrtsicherheit,

­

Obligatorische Krankenversicherung und Komplementärmedizin,

­

Museumspolitik des Bundes,

­

Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips,

­

Personalpolitik des Bundes,

­

Vereinfachung des unternehmerischen Alltags.

Neben den spezifischen Themenbereichen wurden die Mitglieder des Bundesrates und die Bundeskanzlerin auch mit departementsübergreifenden Fragen konfrontiert.

Dieses Jahr waren es die Rolle der Generalsekretariate und die Funktion der Generalsekretärenkonferenz (GSK).

Mit der Revision des Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG)163 im Jahre 1978 wurde die Möglichkeit eingeführt, in jedem Departement ein Generalsekretariat als Stabstelle zu schaffen. Die Generalsekretäre haben die Funktion eines Stabschefs/einer Stabschefin und nehmen folgende Aufgaben wahr: die Planung auf Departementsstufe, die Koordination innerhalb des eigenen Departementes und die Koordination zwischen den Departementen, die Vorbereitung der Entscheide des Departementsvorstehers/der Departementsvorsteherin und dessen bzw. deren Unterstützung, die Information der Chefin oder des Chefs sowie der Öffentlichkeit; zudem üben sie auch bestimmte Aufsichtsfunktionen aus. Darüber hinaus nehmen einige Generalsekretäre auch Linienfunktion wahr. So ist z. B. dem Generalsekretär des EDI die Stiftungsaufsicht oder dem Generalsekretär des EVD die Vollzugsstelle für den Zivildienst unterstellt. Die GPKs konnten grundsätzlich feststellen, dass alle Departementschefs der Meinung sind, die Generalsekretäre seien in der Lage, die ihnen vom Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Mit Ausnahme des Generalsekretariats des EDA, in dem Koordination und Planung der Aussenpolitik dem Staatssekretär übertragen sind, schätzen alle Generalsekretariate ihre Rolle und Funktion als Stabsstelle gleich ein. Die GPKs haben den Eindruck gewonnen, die Generalsekretäre haben über den administrativ-technischen Bereich hinaus Einfluss auf die politische Leitung des Departementes gewonnen. Für die GPKs ist es wichtig, dass die Departementschefs ihre Entscheide unter Wahrung einer kritischen Distanz zu den von der Verwaltung gelieferten Arbeiten treffen können. Aufgabe des Generalsekretariates ist es, die zu treffenden Entscheide durchaus auch in einen politischen Kontext zu bringen, um so das Primat der Politik über die Verwaltung garantieren zu können. Damit übernehmen die Generalsekretariate eine Scharnierfunktion zwischen der Verwaltung und der Politik.

163

Bundesgesetz über die Organisation und die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung vom 19.9.1978 (Verwaltungsorganisationsgesetz, VwOG; AS 1979 114, 1983 170 931 Art. 59 Ziff. 2, 1985 699, 1987 226 Ziff. II 2 808, 1989 2116, 1990 3 Art. 1 1530 Ziff. II 1 1587 Art. 1, 1991 362 Ziff. I, 1992 2 Art. 1 288 Anhang Ziff. 2 510 581 Anhang Ziff. 2, 1993 1770, 1995 978 4093 Anhang Ziff. 2 4362 Art. 1 5050 Anhang Ziff. 1, 1996 546 Anhang Ziff. 1 1486 1498 Anhang Ziff. 1).

5162

Gemäss Artikel 53 des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes (RVOG)164 ist die GSK das oberste Koordinationsorgan in der Bundesverwaltung.

Sie wirkt bei der Planung, Vorbereitung und beim Vollzug von Bundesratsgeschäften sowie bei der Bereinigung von Differenzen mit. Sie verfügt über keine Entscheidungsbefugnisse, kann jedoch im Auftrag des Bundesrates Beschlüsse fassen; dies geschah zum Beispiel im Rahmen des Risikomanagements des Bundes. Die GPKs gewannen den Eindruck, die GSK als Instrument sei für die Bundesrätinnen und die Bundesräte weit von diesen weg, sie haben von dessen Funktionieren wenige Kenntnisse. Alle Mitglieder des Bundesrates sind der Ansicht, die GSK solle nicht gestärkt werden. Etwas anders sieht es die Bundeskanzlerin. Nach Ansicht der GPKs sollte der Bundesrat prüfen, ob die GSK nicht wirksamer als Instrument des Bundesrates eingesetzt werden kann. So wäre sie eine ideale Plattform, um das heute grassierende departementale Gärtchendenken zu überwinden und eine ganzheitliche und überdepartementale Sichtweise zu schärfen.

4.2

Geschäftsbericht 2006 des Bundesgerichts

Bei der Prüfung des Geschäftsberichts 2006 des Bundesgerichts stellten die GPKs fest, dass die Eingänge zum vierten Mal in Folge zunahmen, und zwar um 203 Fälle (+ 4 %) auf 5210 Fälle (im Vorjahr um 177 auf 5007 Fälle). Die höchste Zunahme war im Kassationshof für Strafsachen zu verzeichnen (+ 217 Fälle). Die durchschnittliche Prozessdauer betrug 104 Tage (Vorjahr 98 Tage). Somit hat die durchschnittliche Behandlungsdauer pro Fall in den letzten vier Jahren um 25 Prozent zugenommen. In den Jahren zuvor hatte das Bundesgericht grosse Anstrengungen unternommen, die Behandlungsdauer zu senken. In diesem Bereich wird die Folge der zunehmenden Geschäftslast für die Rechtsuchenden zunehmend spürbar. Die Zahl der Erledigungen konnte zwar gesteigert werden, hielt jedoch ein weiteres Mal nicht mit den Eingängen Schritt. Das Bundesgericht erledigte 5110 Fälle (Vorjahr 4827 Fälle, 2004 4738, 2003 4597 Fälle). Entsprechend nahmen die Pendenzen erneut zu und betrugen Ende Jahr 1579 (Vorjahr 1482 Fälle, Ende 2004 1302, Ende 2003 1215 Fälle). Diese Entwicklung wurde vom Bundesgericht noch nicht als besorgniserregend beurteilt. Es hofft, dass sich das neue Bundesgerichtsgesetz, das auf Anfang 2007 in Kraft getreten ist, künftig positiv auswirken wird.

Das Bundesgericht hat sich im Berichtsjahr stark mit sich selbst beschäftigt, da die Fusion der beiden Gerichte (Bundesgericht und EVG) sowie die Inkraftsetzung der neuen Gesetzgebung vorbereitet werden mussten. Das Bundesgericht hat entsprechende Verordnungen erlassen, so unter anderem das Reglement für das Bundesgericht (BGerR) und das Reglement betreffend die Aufsicht über die erstinstanzlichen Gerichte (AufRBGer)165 sowie Änderungen in der Personalverordnung166. Das Bundesgericht hat zudem im Rahmen des 41er-Plenums (Vereinigung aller Richterinnen und Richter des Bundesgerichts und des EVG vor der Fusion) die Neuorganisation des fusionierten Bundesgerichts festgelegt. Neu besteht das Bundesgericht aus 7 Abteilungen, wovon die 2 Abteilungen für das Sozialrecht dem bisherigen EVG entsprechen und weiterhin in Luzern stationiert sind. Gemäss dem Beschluss des 164 165

Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21.3.1997 (RVOG; SR 172.010).

Reglement des Bundesgerichts vom 11.9.2006 betreffend die Aufsicht über das Bundesstrafgericht und das Bundesverwaltungsgericht (AufRBGer; SR 173.110.132).

166 Personalverordnung vom 27.8.2001 des Bundesgerichts (PVBger; SR 172.220.114).

5163

Parlamentes umfasst das Bundesgericht neu 38 Richterinnen und Richter (bisher 41).

Vorgesehen ist die Reduktion um eine Richterstelle in Lausanne und um zwei Richterstellen in Luzern.

Die Subkommissionen Gerichte der GPKs haben anlässlich ihrer jährlichen Aussprache mit der Verwaltungskommission des Bundesgerichts im Frühling des Berichtsjahres im Weiteren Fragen der Informatik am Bundesgericht (s. Ziff. 3.7.2) und der Aufsicht des Bundesgerichts über die erstinstanzlichen Gerichte erörtert.

4.3

Geschäftsbericht 2006 des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Das EVG, das per 2007 mit dem Bundesgericht zum vereinigten Bundesgericht fusioniert wurde, legte seinen letzten Geschäftsbericht vor. Nach leichten Rückgängen in den Jahren 2001­2003 und einem leichten Anstieg 2004 war im Berichtsjahr beim EVG zum zweiten Mal eine markante Zunahme der Eingänge zu verzeichnen.

Sie stiegen um 175 Fälle (+ 7,1 %) auf 2650 (Vorjahr: Steigerung um 242 Fälle oder +10,8 % auf 2475 Fälle). Damit wurde der Rekord aus dem Jahr 2000 mit 2521 Eingängen übertroffen. Stark zugenommen haben insbesondere die Fälle im Bereich der Invalidenversicherung (+ 141) sowie in der Unfallversicherung (+ 107). Die Pendenzen per Ende 2006 stiegen um 137 (Vorjahr + 155) auf 1876 (Vorjahr 1739) an. Das EVG konnte aber seine Erledigungen um 193 Fälle oder + 8,3 Prozent auf 2513 Erledigungen steigern. Die mittlere Prozessdauer erhöhte sich um 0,7 Monate auf 9 Monate. Die starke Zunahme der Geschäftslast gab am EVG Anlass zur Sorge.

Angesichts dieser Situation bedeutete es für Luzern einen «Wermutstropfen», dass das 41er-Plenum (Vereinigung aller Richterinnen und Richter des Bundesgerichts und des EVG vor der Fusion) entschieden hat, dass zwei von drei abzubauenden Richterstellen in Luzern gestrichen werden sollen. In Luzern werden somit 9 statt bisher 11 Bundesrichter tätig sein. Eine der beiden sozialrechtlichen Abteilungen besteht somit künftig nur noch aus vier Mitgliedern. Die Viererabteilung wird nicht mehr in der Lage sein, die Grundsatzentscheide, die in Fünferbesetzung erfolgen, in ihrem Zuständigkeitsbereich mit eigenen Kräften zu fällen.

Die Verwaltungskommission des vereinigten Bundesgerichts ist sich des Problems bewusst und will bis Ende 2008 Entlastungsmassnahmen treffen. Per 1. Januar 2009 soll im Zusammenhang mit den Neu- und Wiederwahlen des Bundesgerichts eine Neuordnung und Neuverteilung der Ressourcen angegangen werden.

Neben der Vorbereitung der Fusion mit dem Bundesgericht war das Geschäftsjahr 2006 am EVG von der Anwendung des neuen Verfahrensrechtes aufgrund der Revision des IV-Gesetzes167 zur Straffung des Verfahrens geprägt. Mit diesen neuen gesetzlichen Bestimmungen wurde für Streitigkeiten über Leistungen der Invalidenversicherung (IV) per 1. Juli 2006 eine moderate Kostenpflicht eingeführt und die Überprüfungsbefugnis des EVG eingeschränkt. Das Gericht sah sich mit einem unvorhergesehenen zusätzlichen Aufwand durch zahlreiche Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege konfrontiert.

167

Bundesgesetz vom 19.6.1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20).

5164

4.4

Geschäftsbericht 2006 des Bundesstrafgerichts

Der Geschäftsbericht des Bundesstrafgerichts wurde zum letzten Mal direkt von den GPKs behandelt. Die administrative Aufsicht über die Geschäftsführung des Bundesstrafgerichts obliegt seit Anfang 2007 dem Bundesgericht. Künftig wird das Bundesstrafgericht seinen Geschäftsbericht zuhanden der Bundesversammlung dem Bundesgericht unterbreiten. Die zuständigen Subkommissionen der GPKs werden diesen jeweils anlässlich ihrer Treffen mit dem Bundesgericht prüfen.

Die Strafkammer verzeichnete im Berichtsjahr eine deutliche Zunahme an Fällen.

Am Jahresbeginn waren 2 Straffälle bei der Strafkammer hängig (Vorjahr 4). In 19 Straffällen wurde Anklage erhoben (Vorjahr 7), und 4 Fälle wurden vom Bundesgericht zur Neubeurteilung an die Strafkammer zurückgewiesen. Die Strafkammer konnte 15 Fälle erledigen (Vorjahr 10). Am Jahresende waren 10 Straffälle noch hängig (Vorjahr 2).

Bei der Beschwerdekammer zeichnete sich eine Konsolidierung der Tätigkeit ab. Es gingen im Berichtsjahr 302 Fälle ein (Vorjahr 296). Es wurden 304 Fälle erledigt (Vorjahr 302). Die Pendenzen betrugen zu Beginn des Jahres 49 (Vorjahr 46) Fälle.

Der Anteil der innert drei Monaten erledigten Geschäfte konnte von 62 auf 82 Prozent gesteigert werden.

Das URA eröffnete im Berichtsjahr 35 Voruntersuchungen (Vorjahr 23) und schloss 28 Voruntersuchungen ab (Vorjahr 18). Die Zahl der hängigen Voruntersuchungen einschliesslich der sistierten Voruntersuchungen erhöhte sich von 55 auf 62. Die zuständigen Subkommissionen bemängelten bei der dem Geschäftsbericht des Bundesstrafgerichts beigefügten Fallstatistik des URA fehlende Transparenz und Übersichtlichkeit. Nach Meinung der Subkommissionen Gerichte ist die hohe Zahl der hängigen Voruntersuchungen, die einem Arbeitsvolumen von zwei Jahren entspricht, besorgniserregend (s. dazu auch den Bericht der GPK-N vom 5.9.2007168).

Die zuständigen Subkommissionen haben im Frühjahr 2007 mit dem Bundesstrafgericht weitere Themen vertieft erörtert, so den weiteren Aufbau des Gerichts, das Projekt EffVor 2 und dessen Einfluss auf die Tätigkeit des Bundesstrafgerichts, die Aufsicht des Bundesstrafgerichts über die Bundesanwaltschaft und das URA, sowie die Aufsicht des Bundesgerichts über die erstinstanzlichen Gerichte. Thema war ebenfalls die Problematik der IT-Infrastruktur aus der Sicht des Bundesstrafgerichts,
welches heute noch nicht auf der IT-Plattform des Bundesgerichts arbeitet (s. auch Ziff. 3.7.2). Als Fazit für das Jahr 2006 führte der Präsident des Bundesstrafgerichts aus, das Gericht habe wichtige Schritte in die richtige Richtung machen können. Das gelte sowohl für die Rechtsprechung, bei der man nun drei Jahre habe eine Praxis etablieren können, als auch für die organisatorischen Abläufe, die sich mittlerweile gut eingespielt hätten. Die Dreisprachigkeit bilde nach wie vor eine grosse Herausforderung beim Bundesstrafgericht. Weiter betonte er, die Betriebsgrösse von 45 Personen sei und bleibe in diesem Zusammenhang kritisch.

168

Bericht der GPK-N «Überprüfung der Funktion der Strafverfolgungsbehörden des Bundes» vom 5.9.2007 (http://www.parlament.ch/SiteCollectionDocuments/ed-gpkstrafverfolgung-bund-2007.pdf).

5165

4.5

Weitere von den GPKs behandelte Berichte

Wie jedes Jahr behandelten die GPKs auch 2006 eine grosse Anzahl von Berichten, sei dies im Rahmen des Geschäftsberichts des Bundesrats oder unabhängig davon.

Folgende Berichte wurden geprüft: Bundeskanzlei -

Bericht des Bundesrats über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2006 (teilweise)

EDI -

Rechenschaftsbericht 2006 zum Bereich der eidgenössichen technischen Hochschulen (ETH)

-

Jahresbericht 2005 des Bundesamts für Sozialversicherung nach Artikel 76 ATSG

-

Reporting im Personalwesen von ETH und Swissmedic nach Artikel 5 BPG

EJPD ­

Geschäftsbericht 2006 der Eidgenössischen Rekurskommissionen

­

Jahresbericht 2006 der Eidgenössischen Spielbankenkommission

-

Rechenschaftsbericht 2006 des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE)

-

Personalreporting des IGE nach Artikel 5 BPG

VBS -

Bericht zur Eignerstrategie des Bundesrats für die Rüstungsunternehmen des Bundes 2006

-

Geschäftsbericht und Finanzbericht 2006 der RUAG

EFD -

Jahresbericht 2006 der EBK

-

Geschäftsbericht 2006 der Publica

-

Jahresbericht 2006 des EPA zur Umsetzung des Bundespersonalgesetzes

-

Evaluationsbericht über die Personalbefragung 2006 (Bundesverwaltung)

-

Personalreporting 2006 der Publica nach Artikel 5 BPG

EVD -

Bericht über Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr im Jahr 2006

UVEK -

Berichte 2006 über die Erreichung der strategischen Ziele von SBB AG, Post und Swisscom

-

Geschäftsbericht 2006 der SBB

-

Geschäftsbericht 2006 der Post

5166

-

Geschäftsbericht 2006 der Swisscom

-

Geschäftsbericht 2006 der Skyguide

-

Controlling-Bericht 2006 zur Bahn 2000

-

Standberichte 2006 der Neat

-

Standbericht über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz

Verschiedenes -

Rechenschaftsbericht 2006 der SNB

5

Weitere Arbeiten

5.1

Anwesenheit der Mitglieder des Bundesrates bei der Behandlung des Geschäftsberichts im Nationalrat (Pa. Iv. 07.463)

Gemäss ParlG vertritt die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident den Geschäftsbericht des Bundesrates in den Räten (Art. 145 Abs. 1 ParlG). Diese Art der Behandlung des Geschäftsberichtes wurde seit dem Jahr 2000 praktiziert. Zuvor mussten alle Bundesratsmitglieder in Randstunden der Session einzeln diejenigen Kapitel des Geschäftsberichts in den Räten vertreten, für die sie als Departementsvorsteher zuständig waren.

Durch die Abwesenheit von sechs Bundesratsmitgliedern hat das Geschäft seit dem Jahr 2000 in den Räten an Stellenwert verloren. Die Debatte wurde oberflächlich und folgt heute einem festen Zeremoniell. Dem präsidierenden Bundesratsmitglied werden in erster Linie die selben Fragen gestellt, welche die Bundesratsmitglieder den GPKs im Rahmen der Vorberatung bereits beantwortet haben. Präzisere Fragen zu Entwicklungen in den Departementen kann das präsidierende Bundesratsmitglied, das den Geschäftsbericht über das Amtsjahr seines Vorgängers vertritt, nicht beantworten. Die Ratsdebatte über die Geschäftsführung des Bundesrates stösst deshalb bei den Mitgliedern des Nationalrates auf geringes Interesse und erfolgt vor fast leeren Reihen. Dieser Bedeutungsverlust höhlt die Oberaufsicht des Nationalrates über die Geschäftsführung des Bundesrates aus.

Der unbefriedigende Ablauf der Debatten sorgte in beiden Räten für Unmut. Die GPK des National- und des Ständerates analysierten seit 2005 die Behandlung des Geschäftsberichtes in den Räten und diskutierten Massnahmen zur Aufwertung der Debatten.

Am 8. Februar 2006 fragten die Geschäftsprüfungskommissionen den Bundesrat an, ob er freiwillig in corpore an den Beratungen seines Geschäftsberichtes in den Räten teilnehmen würde. Nach Kenntnisnahme der ablehnenden Antwort des Bundesrates entschied die GPK-N am 25. August 2006 mit 17 zu einer Stimme bei einer Enthaltung eine Kommissionsinitiative zu ergreifen, die die Anwesenheit des jeweiligen Bundesratsmitglieds, dessen Departementsgeschäfte gerade anhand des Geschäftsberichtes beraten werden, verlangt. Die GPK-S äusserte sich skeptisch zum Anliegen ihrer Schwesterkommission und sprach sich dafür aus, im Ständerat den Status quo beizubehalten. Das ParlG soll deshalb dahingehend geändert werden, dass das 5167

Anliegen der GPK-N umgesetzt werden kann, während der Ständerat beim bestehenden System bleibt. Am 29. Juni 2007 gab die GPK-S ihrer Schwesterkommission die Zustimmung zur Ausarbeitung einer Kommissionsinitiative mit dieser Stossrichtung.

Mit der vorgeschlagenen Änderung des ParlG wird ein Mindeststandard der Berichterstattung des Bundesrates zu seinem Geschäftsbericht in den Räten festgeschrieben.

Gleichzeitig wird den unterschiedlichen Informationsbedürfnissen der beiden Räte Rechnung getragen, indem sie in ihren Reglementen eine vom Mindeststandard abweichende Behandlung des Geschäftes festlegen können. Indem der Ständerat auf eine Änderung seines Reglements verzichtet, gilt hier weiterhin, dass die Bundespräsidentin oder der Bundespräsident den Geschäftsbericht im Rat vertritt.

Für die Beratung des Geschäftsberichts im Nationalrat wird eine Änderung des Geschäftsreglements des Nationalrates vorgeschlagen, wonach alle Bundesrätinnen und Bundesräte sowie die Bundeskanzlerin oder der Bundeskanzler nacheinander an der Debatte im Rat teilnehmen und sich damit sowohl als Mitglied des Gesamtbundesrats wie auch für ihre Arbeit als Vorsteher eines Departements oder der Bundeskanzlei verantworten. Der Fokus auf die politische und strategische Führung durch den Gesamtbundesrat nach dem Kollegialitätsprinzip bleibt auch im Nationalrat erhalten, da die Behandlung des Geschäftsberichtes in Zukunft gemäss der bei allen anderen Geschäften angewandten Praxis in der Regel an einem Tag anzusetzen ist.

Dies im Unterschied zum bis 1999 bestehenden System, wo das Geschäft in Randstunden der Session an verschiedenen Tagen beraten worden war.

An ihrer Plenarsitzung vom 19. Oktober 2007 hiess die GPK-N den Entwurf der Gesetzestexte sowie die Botschaft zu ihrer Kommissionsinitiative einstimmig gut.

5.2

Anforderungen der Geschäftsprüfungskommissionen an den jährlichen Geschäftsbericht des Bundesrats

Ein Querschnittprojekt der Verwaltungsreform überprüfte mögliche Vereinfachungen von Verfahren, Abläufen und Dokumenten. Ein Resultat dieses Querschnittsprojekts mündete in den Vorschlag des bundesrätlichen Ausschusses für die Verwaltungsreform, das Dokument über die bundesrätlichen Jahresziele abzuschaffen, den Band I des jährlichen Geschäftsberichts des Bundesrats entsprechend zu kürzen und den Band II mit den departementalen Jahreszielen und ihrem Umsetzungsstand abzuschaffen.

Die GPKs setzten für die vertiefte Prüfung dieses Vorschlags eine Arbeitsgruppe ein, wobei auch die Bundeskanzlei einbezogen wurde. Basierend auf dieser Prüfung kamen die beiden GPKs zu folgenden Schlussfolgerungen, die sie anfangs September 2007 an den Bundesrat richteten: Die GPKs unterstützen grundsätzlich die Stossrichtung des erwähnten Querschnittsprojekts der Verwaltungsreform, doch sehen sie sowohl im Bereich der Jahresziele des Bundesrats, der Departemente und der Bundeskanzlei wie auch beim jährlichen Geschäftsbericht des Bundesrats wenig Spielraum für Vereinfachungen. Der gesetzlich vorgesehene Geschäftsbericht des Bundesrats stellt aus Sicht der GPKs ein zentrales Instrument dar, um ihnen eine umfassende Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrats zu ermöglichen. Diese Berichterstattung ist des-

5168

halb eine notwendige Rechenschaftsablage des Bundesrats und der Bundesverwaltung gegenüber dem Parlament und der Öffentlichkeit.

Die aktuelle Berichterstattung des Bundesrats im Rahmen seines Geschäftsberichts entspricht den Minimalanforderungen der GPKs und bildet einen wesentlichen Bestandteil für die Gewährleistung der in Artikel 169 BV verankerten Oberaufsicht des Parlaments. Sie kann deshalb in ihrer Substanz nicht verringert werden. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick auf den Parlamentsbeschluss vom 22. Juni 2007 zum Artikel 144 ParlG, der die Berichterstattungspflicht des Bundesrats explizit auf den Umsetzungsstand der Legislaturplanung, der generellen Lagebeurteilung und der Zielerreichungsindikatoren erweitert.

Sowohl die bundesrätlichen und die departementalen Jahresziele wie auch die Berichterstattung über deren Umsetzung sind für die GPKs wichtig. Der Band I des Geschäftsberichts des Bundesrats wurde in den letzten Jahren unter anderem auch auf Anregung der GPKs (Ergänzung um die Übersicht über die Wirksamkeitsüberprüfungen in Anhang 4) laufend verbessert und hat dadurch an Aussagekraft gewonnen. Für die Wahrnehmung der Oberaufsicht durch die GPKs sind die Informationen des Bands II von besonderer Bedeutung. Die GPKs haben sich in den letzten Jahren schon verschiedentlich kritisch zu einzelnen Zielsetzungen bzw. zu den Umsetzungsmassnahmen des Bands II des Geschäftsberichts geäussert. Sie regten deshalb dem Bundesrat in ihrer Antwort auf den Vorschlag des bundesrätlichen Ausschusses an, dass die Zielsetzungen des Bands II kritisch hinterfragt werden, damit in die Berichterstattung nur die Ziele, die sich auf der politisch-strategischen Ebene bewegen, berücksichtigt werden, wobei vermehrt über die bei der Umsetzung der Ziele erzielte Wirkung informiert werden sollte. Im Weiteren muss die Berichterstattung über die Geschäftsführung des Bundesrats und der Bundesverwaltung konsequenter auf Indikatoren basieren, die nebst der Beurteilung der Wirkung der bundesrätlichen und departementalen Massnahmen auch möglichst Aussagen zu deren Effizienz erlauben sollten. Die GPKs sind überzeugt, dass durch die Konzentration auf die wichtigen Ziele und deren Umsetzungsmassnahmen im Band II eine gewisse Vereinfachung im Sinne der Stossrichtung des bundesrätlichen Ausschusses «Verwaltungsreform»
resultieren wird.

Die Überprüfung des jährlichen Geschäftsberichts des Bundesrats durch die GPKs ergab, dass diese Berichterstattung auf die Tätigkeiten der Einheiten des 2., 3. und 4. Kreises ab dem Geschäftsbericht 2008 erweitert werden sollte (unter Berücksichtigung des Corporate-Governance-Berichts des Bundesrats, s. Ziff. 3.6.2). Diese Erweiterung hat im Hinblick auf die parlamentarische Oberaufsicht stufengerecht, nach einheitlichen Kriterien und systematisch zu erfolgen. Insbesondere ist die Berichterstattung auf die Rolle und Verantwortung des Bundesrats gegenüber diesen Einheiten, Organisationen und Unternehmungen ausgerichtete Berichterstattung auszurichten.

Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die GPKs die eingangs erwähnten Vorschläge des bundesrätlichen Ausschusses in dieser Form ablehnen und dass die bundesrätliche Berichterstattung anhand oben genannter Erwägungen kritisch überprüft und ergänzt werden sollte.

Die GPKs gehen davon aus, dass die Informationen, welche dem Geschäftsbericht des Bundesrats zugrunde liegen, nicht eigens für die Erstellung des Geschäftsberichts gewonnen werden müssen, sondern auf den aktuellen Führungsinformationen des Bundesrats beruhen.

5169

5170