05.463 Parlamentarische Initiative Scheinehen unterbinden Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates vom 31. Januar 2008

Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Mit diesem Bericht unterbreiten wir Ihnen den Entwurf für eine Änderung des Zivilgesetzbuches, des Partnerschaftsgesetzes vom 18. Juni 2004 sowie des Bundesgesetzes über das Informationssystem für den Ausländer- und den Asylbereich vom 20. Juni 2003. Gleichzeitig erhält der Bundesrat Gelegenheit zur Stellungnahme.

Die Kommission beantragt, dem beiliegenden Entwurf zuzustimmen.

31. Januar 2008

Im Namen der Kommission Der Präsident: Gerhard Pfister

2008-0478

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Übersicht Bei den Zivilstandsbehörden besteht heute eine gewisse Unsicherheit, wie vorzugehen ist, wenn sich eine oder beide der heiratswilligen Personen während des Ehevorbereitungsverfahrens rechtswidrig in der Schweiz aufhalten. Kantone und Gemeinden kennen in dieser Frage eine teilweise unterschiedliche Praxis.

Mit dem vorliegenden Erlassentwurf will die Staatspolitische Kommission (SPK) des Nationalrates zwei neue Vorschriften einführen, die bezüglich des Aufenthaltstitels der Verlobten während des Vorbereitungsverfahrens Klarheit schaffen sollen. Mittels einer Teilrevision des Schweizerischen Zivilgesetzbuches sollen einerseits ausländische Brautleute verpflichtet werden, ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachzuweisen. Andererseits sollen die Zivilstandsämter in die Pflicht genommen werden, der zuständigen Ausländerbehörde die Identität von Verlobten mitzuteilen, die ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nicht nachgewiesen haben. Konsequenterweise sollen dieselben Bestimmungen sinngemäss im Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare verankert werden, weil dieses neue Institut ähnliche Rechtswirkungen entfaltet wie eine Heirat.

Durch die beiden neuen Vorschriften soll sichergestellt werden, dass eine Heirat oder Eintragung einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft nur dann stattfindet, wenn die Beteiligten sich rechtmässig in der Schweiz aufhalten. Insbesondere rechtskräftig abgewiesene Asylsuchende und illegal anwesende Ausländerinnen und Ausländer, die die Schweiz verlassen müssen, sollen sich durch die neuen Bestimmungen künftig nicht mehr durch die Einleitung eines Vorbereitungsverfahrens der Ausreise entziehen können, wie dies oftmals der Fall ist.

Zur Erfüllung dieser neuen Aufgaben benötigen die Zivilstandsbehörden einen erweiterten Zugriff auf das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS). Sie sollen insbesondere Daten über die Aufenthaltsregelung von Ausländerinnen und Ausländer sowie über Wegweisungsentscheide einsehen können. Das Bundesgesetz über das Informationssystem für den Ausländer- und Asylbereich (BGIAA) soll entsprechend angepasst werden.

Mit ihrem Gesetzesentwurf will die Kommission eine Lücke schliessen, die im neuen Ausländergesetz offen geblieben ist. Ein widersprüchliches Verhalten der Zivilstands- und
Ausländerbehörden wird verhindert und damit die Kohärenz des staatlichen Handelns gestärkt. Schliesslich können klare ausländerrechtliche Regelungen auch dazu beitragen, die Zahl der Scheinehen zu reduzieren.

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Bericht 1

Entstehungsgeschichte

1.1

Die parlamentarische Initiative Brunner Toni vom 16. Dezember 2005

Die von Nationalrat Toni Brunner am 16. Dezember 2005 eingereichte Initiative fordert, Artikel 98 des Zivilgesetzbuchs (ZGB)1 so zu ergänzen, dass Verlobte ohne Schweizerische Staatsbürgerschaft bei der Eröffnung des Vorbereitungsverfahrens im Besitz einer gültigen Aufenthaltserlaubnis oder eines gültigen Visums sein müssen. Dadurch will die Initiative sicherstellen, dass rechtskräftig abgewiesene Asylsuchende und illegal anwesende ausländische Staatsangehörige, welche die Schweiz verlassen müssen, sich nicht durch ein Ehevorbereitungsverfahren der Ausreise entziehen können.

Gemäss Begründung der Initiative besteht durch die mit dem neuen Bundesgesetz vom 16. Dezember 20052 über die Ausländerinnen und Ausländer (AuG) einhergehende Teilrevision des ZGB keine Gewähr, dass die Zivilstandsbeamtinnen und -beamten Scheinehen verhindern können. So überlassen die neuen Regelungen den Zivilstandsämtern einigen Ermessensspielraum, da nicht weiter ausgeführt wird, in welchen konkreten Fällen von einer Scheinehe auszugehen ist und nach welchen Kriterien ein Vorbereitungsverfahren verweigert werden kann. Mit der Verankerung des Grundsatzes des rechtmässigen Aufenthaltes im Zivilgesetzbuch will die parlamentarische Initiative zur Klärung dieser Kriterien beitragen.

1.2

Vorprüfung durch die Staatspolitischen Kommissionen

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates (SPK) gab der parlamentarischen Initiative am 4. Juli 2006 mit 13 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung Folge. Die ständerätliche Schwesterkommission stimmte diesem Beschluss am 30. Oktober 2006 mit 6 zu 4 Stimmen zu.

Die Kommissionen kamen zum Schluss, dass durch eine entsprechende Ergänzung des Zivilgesetzbuches eine präventive Wirkung gegen Scheinehen mit und zwischen ausländischen Brautleuten erzielt werden kann und gleichzeitig auch ein konkreter praktischer Nutzen für die Zivilstands- und Ausländerbehörden entsteht. Die SPK erachteten eine solche Teilrevision des ZGB auch für geeignet, die Zahl der jährlich 500-1000 Ehen zu verringern, die gemäss einer 2004 veröffentlicheten Schätzung des eidgenössischen Amtes für das Zivilstandswesen3 lediglich zur Umgehung der Bestimmungen des Ausländerrechtes geschlossen werden.

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SR 210 SR 142.20 IMES, BFF, fedpol und Grenzwachtkorps (EZV), Bericht zur illegalen Migration vom 23. Juni 2004, Ziff. 1.2.2; die aktuelle Schätzung des BFM geht von jährlich 3000­5000 entsprechenden Eheschliessungen aus.

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1.3

Umsetzung durch die SPK des Nationalrates

An ihrer Sitzung vom 19. April 2007 beriet die SPK im Beisein des Initianten ein Arbeitspapier der Verwaltung, in dem der Wortlaut der Initiative aus fachlicher Sicht analysiert und Variantenvorschläge zur Umsetzung vorgestellt wurden.

Die Kommission nahm zur Kenntnis, dass die Initiative nach ihrem Wortlaut auch nicht-visumspflichtige Personen (insbesondere Personen aus EU- und EFTAStaaten) ohne Aufenthaltsbewilligung von einer Eheschliessung in der Schweiz ausschliesst. So wäre die Heirat einer Schweizerin mit einem Deutschen, der in Deutschland lebt, bei einer wörtlichen Auslegung des Textes nicht mehr möglich.

Auch Touristen, die kein Visum benötigen, könnten in der Schweiz nicht mehr heiraten (vgl. Art. 43 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 19874 über das Internationale Privatrecht, IPRG). Die Kommission und der Initiant kamen deshalb überein, dass ein neuer Wortlaut zu wählen ist.

Die SPK gab einem Formulierungsvorschlag der Verwaltung den Vorzug, wonach ausländische Heiratswillige während des Vorbereitungsverfahrens den Nachweis für die Rechtmässigkeit ihres Aufenthalts erbringen müssen, der auch den voraussichtlichen Zeitpunkt der Trauung umfasst. Weiter beschloss die Kommission zur Verstärkung der Wirksamkeit dieser Bestimmung, eine zweite Regelung vorzusehen, welche die Zivilstandsämter verpflichtet, die zuständige Ausländerbehörde zu informieren, wenn sich eine heiratswillige Person illegal im Land aufhält.

Im Sinne einer kohärenten Rechtsetzung entschied die SPK, die beiden Regelungen in Ergänzung der geltenden Bestimmungen zum Vorbereitungsverfahren im ZGB und zusätzlich in Ergänzung der Bestimmungen zum Vorverfahren im Bundesgesetz vom 18. Juni 20045 über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (PartG) zu verankern.

An ihrer Sitzung vom 28. Juni 2007 schickte die Kommission die Vorlage in die Vernehmlassung und verabschiedete sie am 31. Januar 2008 mit 15 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung zuhanden ihres Rates. Die Minderheit der Kommission beantragt, auf die Vorlage nicht einzutreten. Die vorgeschlagene Revision des ZGB und des PartG sei eine Scheinlösung, da sie nur bei einem kleinen Teil der effektiv geschlossenen Scheinehen wirksam werde. Die Zivilstandsbeamten verfügten durch die im Rahmen des neuen Ausländergesetzes im ZGB verankerten Bestimmungen
gegen Scheinehen bereits über genügend neue Sanktionsmöglichkeiten. Vor der Einführung neuer Regelungen gelte es, zur Wirksamkeit der neuen Bestimmungen erste Erfahrungen zu sammeln.

1.4

Das geltende Recht

Die zivile Trauung ist ein staatlicher Gestaltungsakt, der den Personenstand ändert und insofern weitere Wirkungen privat- und öffentlichrechtlicher Natur u.a. im ausländerrechtlichen Bereich entfaltet, als dabei dem ausländischen Gatten von einer Person, die schweizerischer Staatsangehörigkeit oder im Besitz einer Aufenthaltsoder Niederlassungsbewilligung ist, das Recht gewährt wird, beim Ehepartner oder

4 5

SR 291 SR 211.231

2470

der Ehepartnerin in der Schweiz zu bleiben. Eine sinngemässe Regelung gilt für die Eintragung einer Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare.

Heute hat das Zivilstandsamt, das die Eheschliessung vorbereitet, keinerlei gesetzliche Verpflichtung, sich um den ausländerrechtlichen Status der Heiratswilligen zu kümmern. Vorbehalten sind dabei Eheschliessungen, die offensichtlich nicht zur Gründung einer ehelichen Gemeinschaft geschlossen werden, sondern nur, um die Vorschriften über die Zulassung und den Aufenthalt von Ausländern zu umgehen6.

Der illegale Aufenthalt kann nämlich ein Missbrauchsindiz sein, das zusammen mit anderen Tatbeständen (finanzielle Abgeltung als Gegenleistung für die Eheschliessung, Drogenhandel usw.) das Zivilstandsamt veranlassen kann, die Eheschliessung zu verweigern.

Das Zivilstandsamt hat im Rahmen der Eheschliessungsvorbereitung die Identität und die Ehefähigkeit der Brautleute zu überprüfen (Art. 94 und 98 ZGB) und sich zu vergewissern, dass keine Ehehindernisse vorliegen (Art. 95ff. ZGB). Das Zivilstandsamt hat zudem sicherzustellen, dass es für das Vorbereitungsverfahren zuständig ist. Auf internationaler Ebene sind die schweizerischen Zivilstandsbehörden für die Eheschliessung zuständig, wenn die Braut oder der Bräutigam in der Schweiz wohnt oder das Schweizer Bürgerrecht hat (Art. 43 Abs. 1 IPRG). Auf Landesebene ist das Zivilstandsamt des Wohnortes der Braut oder des Bräutigams für dieses Verfahren zuständig (vgl. Art. 98 Abs. 1 ZGB). Im Gegensatz zu anderen Ländern, wo Eheschliessungen den Staatsangehörigen oder Einwohnern vorbehalten sind, ist es nach unserer Rechtsordnung ausländischen Verlobten, die beide nicht in der Schweiz wohnen, möglich, sich in der Schweiz zu trauen. Auf eine solche sogenannte Touristenheirat besteht allerdings kein Rechtsanspruch und sie muss zuvor von der kantonalen Zivilstandsaufsicht bewilligt werden. Im Gegensatz dazu sind «Touristenpartnerschaften», d.h. die Eintragung von Partnerschaften zwischen zwei ausländischen Personen, die beide nicht in der Schweiz wohnhaft sind, nicht zulässig (vgl. Art. 43 Abs. 2 und Art. 65a IPRG und Art. 73 Zivilstandsverordnung; ZStV7).

Wie die Ehevoraussetzungen muss auch der Wohnsitz mit einem Dokument belegt werden (vgl. Art. 98 ZGB und Art. 64 ZStV). Welche Art von Dokumenten von den Verlobten
im konkreten Fall verlangt werden, liegt im Ermessen des zuständigen Zivilstandsamtes. Bei ausländischen Brautleuten reicht normalerweise ein gültiger Ausländerausweis, da sich damit sowohl die Identität als auch der Wohnsitz der betreffenden Personen überprüfen lässt. Gewisse Zivilstandsämter verlangen lediglich, dass einer der beiden Brautleute den Wohnsitz nachweist. Andere wollen von beiden Verlobten eine Bestätigung des gegenwärtigen Wohnsitzes, was zur Folge hat, dass Eheschliessungen von ausländischen Verlobten verweigert werden, die nicht im Besitz einer gültigen Aufenthaltsbewilligung sind. Die Praxis kann somit von Kanton zu Kantone variieren.8

6

7 8

Ein solcher Missbrauch in Zusammenhang mit dem Ausländerrecht ist Gegenstand von Artikel 97a des Zivilgesetzbuchs, der am 1. Januar 2008 gleichzeitig mit dem neuen Ausländergesetz in Kraft getreten ist.

SR 211.112.2 Vgl. 06.3341 Ip. Menétrey-Savary. Hindernisse für binationale Eheschliessungen, und Antwort des Bundesrates.

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1.5

Ergebnisse der Vernehmlassung

Die vorgeschlagenen Änderungen des ZGB und des PartG wurden von der überwiegenden Mehrheit der Vernehmlassungsadressaten begrüsst. So sprachen sich von den sechsundzwanzig Kantonen einundzwanzig für und lediglich deren fünf (BE, GE, NE, SH und VD) gegen die Vorlage aus. Von den sieben in der Bundesversammlung vertretenen Parteien, die eine Stellungnahme abgaben, befürworteten fünf Parteien (CVP, EVP, FDP, LPS und SVP) die Gesetzesvorlage, während zwei Parteien (SPS und GPS) diese ablehnten.

Befürwortend äusserten sich weiter die Konferenz der kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandsdienst (KAZ), der Schweizerische Verband für das Zivilstandswesen (SVZ) und der Schweizerische Gemeindeverband. Die übrigen gesamtschweizerischen Verbände und Gewerkschaften äusserten sich mehrheitlich ablehnend. Dreizehn nicht formell begrüsste Vernehmlassungsteilnehmer lehnten die Gesetzesvorlage allesamt ab.

Mehrere Kantone (SG, SO, SZ, TG, UR, ZH) wünschten, dass die Zivilstandsbehörden zur einfacheren Prüfung der Aufenthaltsregelung von ausländischen Verlobten einen erweiterten Zugriff auf das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS) erhalten.

2

Grundzüge der Vorlage

2.1

Nachweis des rechtmässigen Aufenthaltes im Vorbereitungsverfahren

Kümmert sich ein Zivilstandsamt nicht um den ausländerrechtlichen Status, so erwerben illegal anwesende Personen mit dem Antrag auf Eheschliessung indirekt ein faktisches Anwesenheitsrecht, zumindest während des Eheschliessungsverfahrens. Der vorliegende Gesetzesentwurf soll diesen Automatismus unterbinden und bezüglich des ausländerrechtlichen Status die nötige Klarheit schaffen.

Das Zivilgesetzbuch muss festlegen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ausländische Staatsangehörige in der Schweiz den staatlichen Gestaltungsakt der Eheschliessung beanspruchen können. Die SPK schlägt deshalb vor, im ZGB (Art. 98 Abs. 4) ausdrücklich den Grundsatz festzulegen, dass ausländische Verlobte ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen müssen.

Die gleichen Vorschriften sind in das PartG (Art. 5 Abs. 4) aufzunehmen. Dies rechtfertigt sich dadurch, dass dieses neue Institut für gleichgeschlechtliche Paare die Entsprechung zur Heirat bildet und im Wesentlichen ähnliche Rechtswirkungen wie die Eheschliessung entfaltet.

Durch die Verpflichtung der Zivilstandsbeamten, sich mit dem ausländerrechtlichen Status der Verlobten auseinanderzusetzen, wird die Übereinstimmung der Entscheide der Zivilstandsbehörden mit denjenigen der Ausländerbehörde gefördert und damit ein widersprüchliches Verhalten von Seiten des Staates verhindert.

Das im Vernehmlassungsverfahren vorgebrachte Anliegen eines erweiterten Zugriffs der Zivilstandsbehörden auf das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS) wird berücksichtigt. Die Zivilstandsämter und ihre Aufsichtsbehörden sollen insbesondere Daten über die Aufenthaltsregelung von Ausländerinnen und Ausländern 2472

sowie über allfällige Wegweisungsentscheide einsehen können. Dadurch werden die neuen Aufgaben der Zivilstandsbehörden beim Eheschliessungsverfahren wesentlich vereinfacht. Es wird eine entsprechende Anpassung des Bundesgesetzes über das Informationssystem für den Ausländer- und Asylbereich (BGIAA) vorgeschlagen.

2.2

Meldepflicht für die Zivilstandsämter

Eine zweite Bestimmung im ZGB (Art. 99 Abs. 4) auferlegt den Zivilstandsämtern die Pflicht, die Ausländerbehörden unverzüglich über den allfälligen rechtswidrigen Aufenthalt eines oder beider Brautleute zu benachrichtigen. Diese Gesetzesnorm soll in erster Linie die Zusammenarbeit zwischen Ausländerbehörde und Zivilstandsbehörden verstärken. Auch diese Vorschrift ist aus den oben genannten Gründen gleichzeitig im Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (Art. 6 Abs. 4) zu verankern.

3

Erläuterungen zu den einzelnen Bestimmungen

3.1

Zivilgesetzbuch

Art. 98 Abs. 4 (neu) Der Randtitel sowie die Absätze 1 bis 3 von Artikel 98 bleiben unverändert. Der Artikel legt wie bisher fest, dass die Zuständigkeit für das Vorbereitungsverfahren beim Zivilstandsamt des Wohnorts der Braut oder des Bräutigams liegt (Abs. 1), dass die Brautleute angesichts der Bedeutung der Eheschliessung persönlich vor dem Zivilstandsamt zu erscheinen haben (Abs. 2) und dass sie ihre Identität nachweisen sowie erklären müssen, dass sie die Ehevoraussetzungen erfüllen (Abs. 3).

Der neue Absatz 4 sieht vor, dass ausländische Verlobte ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen müssen. Dieser Nachweis ist während des Vorbereitungsverfahrens zu erbringen und muss auch den mutmasslichen Zeitpunkt der Trauung umfassen. Welche Dokumente vorzuweisen sind, wird in der zu ergänzenden Zivilstandsverordnung näher zu umschreiben sein (vgl. Art. 64 ZStV). Das Eidgenössische Amt für das Zivilstandswesen wird nach Bedarf und im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Migration die entsprechenden Vollzugsweisungen erlassen können (vgl. Art. 84 Abs. 3 Bst. a ZStV).

Der Aufenthalt ist rechtmässig, wenn die Bestimmungen der Ausländer- und Asylgesetzgebung eingehalten werden. Ein rechtmässiger Aufenthalt liegt demnach vor, wenn die betreffenden Ausländerinnen und Ausländer: ­

nicht der Visumpflicht unterstehen und sich im Rahmen des bewilligungsfreien Aufenthalts in der Schweiz aufhalten (d.h. bis zu drei Monaten ohne Erwerbstätigkeit). Der Visumpflicht nicht unterstellt sind u.a. die Angehörigen der EU- und EFTA-Staaten;

­

ein notwendiges Visum besitzen und sich im Rahmen des bewilligungsfreien Aufenthalts in der Schweiz aufhalten (d.h. bis zu drei Monaten ohne Erwerbstätigkeit);

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­

eine gültige Kurzaufenthalts-, Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung besitzen (Ausweise L, B und C);

­

sich im Rahmen eines Asylverfahrens oder einer vorläufigen Aufnahme in der Schweiz aufhalten (Ausweise N und F).

Wurde der betreffenden Person eine Frist zur Ausreise angesetzt (z.B. nach der Ablehnung eines Asylgesuchs), besteht der rechtmässige Aufenthalt bis zum Ablauf dieser Frist.

Ausländerinnen und Ausländer, die sich im Ausland aufhalten und sich in der Schweiz verheiraten wollen, können ein entsprechendes Visumsgesuch einreichen (wenn sie der Visumpflicht unterstehen). Sie erhalten zur Vorbereitung der Ehe ein Visum und nach der Einreise eine Kurzaufenthaltsbewilligung, wenn das Verfahren nicht innerhalb von drei Monaten abgeschlossen werden kann. Ein gesetzlicher Anspruch auf eine Visumerteilung oder auf eine Kurzaufenthaltsbewilligung besteht nicht. Die Behörden haben jedoch beim Entscheid das verfassungsmässige Recht auf Ehe (Art. 14 der Bundesverfassung; BV9) und das Recht auf Achtung der Privatsphäre und des Familienlebens (Art. 8 der Konvention vom 4. November 195010 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten; EMRK) zu wahren.

Angehörige der EU- und EFTA-Staaten, für die das Freizügigkeitsabkommen gilt, können sich auch während der Vorbereitung einer Heirat in der Schweiz auf dieses Abkommen berufen, wenn sie in der Schweiz erwerbstätig sind oder über genügende finanzielle Mittel für einen Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit verfügen.

Personen, die sich rechtswidrig in der Schweiz aufhalten und sich hier verheiraten wollen, müssen ihren Aufenthalt zuerst legalisieren. Während der Behandlung des Gesuchs müssen sie sich grundsätzlich im Ausland aufhalten. Ausnahmen sind aber möglich, wenn die Zulassungsvoraussetzungen nach der Heirat offensichtlich erfüllt sind und keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch der Bestimmungen über den Familiennachzug vorliegen (analog Art. 17 AuG). Zur Vermeidung eines überspitzten Formalismus und zur Wahrung der Verhältnismässigkeit kann in diesen Fällen eine Ausreisefrist angesetzt werden, während der die Heirat und die Regelung des Aufenthalts in der Schweiz zu erfolgen hat. Die Behörden haben auch hier das verfassungsmässige Recht auf Ehe (Art. 14 BV) und das Recht auf Achtung der Privatsphäre und des Familienlebens (Art. 8 EMRK) zu wahren.

Gemäss den allgemeinen Bestimmungen (vgl. Art. 1 Schlusstitel ZGB) wird die neue Regelung umgehend auf die hängigen Vorbereitungsverfahren anwendbar sein.

Wie aus den obigen Ausführungen hervorgeht, müssen die Verlobten
ihren rechtmässigen Aufenthalt nachweisen und das Zivilstandsamt muss die zuständige Behörde in allen Verfahren, die im Sinne von Artikel 99 Absatz 2 ZGB nicht formell abgeschlossen sind, über Brautleute benachrichtigen, die sich rechtswidrig in der Schweiz aufhalten.

Art. 99 Abs. 4 (neu) Auch bei Artikel 99 bleiben der Randtitel sowie die Absätze 1 bis 3 unverändert.

Der Artikel führt aus, was das Zivilstandsamt zu prüfen hat (Abs. 1). Das Zivilstandsamt teilt darauf den Verlobten den Abschluss des Vorbereitungsverfah9 10

SR 101 SR 0.101

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rens sowie die gesetzlichen Fristen für die Trauung mit (Abs. 2) und legt mit ihrem Einvernehmen den Zeitpunkt der Trauung fest oder stellt eine Ermächtigung zur Trauung in einem andern Zivilstandskreis aus (Abs. 3).

Gemäss einem neuen Absatz 4 soll das Zivilstandsamt die zuständige Behörde benachrichtigen, wenn sich die Brautleute nicht rechtmässig in der Schweiz aufhalten. Die Norm wird die Zusammenarbeit zwischen Ausländer- und Zivilstandsbehörden weiter verstärken. Letztere sind bereits gestützt auf Artikel 97 Absatz 3 Buchstaben c AuG (und die entsprechenden vorgesehenen Ausführungsbestimmungen) verpflichtet, den zuständigen Behörden die Eheschliessung beziehungsweise deren Verweigerung zu melden. Nach der neuen Vorschrift müssen die Zivilstandsbehörden die Ausländerbehörde bereits aufgrund der Einreichung eines Gesuchs um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens benachrichtigen, falls sich die Braut oder der Bräutigam nicht rechtmässig in der Schweiz aufhalten. Die Kohärenz staatlichen Handelns wird dadurch verstärkt.

Was die Anwendung der Bestimmung für die hängigen Vorbereitungsverfahren betrifft, sei auf die obigen Ausführungen zu Artikel 98 Absatz 4 ZGB verwiesen.

3.2

Änderung bisherigen Rechts

Bundesgesetz vom 20. Juni 200311 über das Informationssystem für den Ausländer- und Asylbereich (BGIAA) Das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS) löst die bestehenden Datenbanken im Migrationsbereich ab; es wird voraussichtlich im März 2008 eingeführt.

Die Zivilstandsbehörden besitzen gestützt auf Artikel 9 und 10 der ZEMIS ­ Verordnung12 lediglich einen eingeschränkten Zugriff auf die Stammdaten der Ausländerinnen und Ausländer (v.a. Namen, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Zivilstand, Personennummern). Für einen weitergehenden Zugriff der Zvilstandsämter und ihrer Aufsichtsbehörden insbesondere auf Daten über die Aufenthaltsregelung von Ausländerinnen und Ausländern sowie über Wegweisungsentscheide ist eine formelle gesetzliche Grundlage im BGIAA erforderlich. In der ZEMIS-Verordnung werden die Zugriffsrechte der Zivilstandsbehörden genau festzulegen sein.

Bundesgesetz vom 18. Juni 200413 über die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare (PartG) Art. 5 Abs. 4 Der Randtitel und die Absätze 1 bis 3 bleiben unverändert. Artikel 5 PartG ist als Entsprechung zu Artikel 98 ZGB ebenfalls mit einem neuen Absatz 4 zu ergänzen, der vorsieht, dass die ausländischen Partner ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz während des Vorverfahrens nachweisen müssen. Auch hier wird in den Ausführungsbestimmungen ­ in der Zivilstandsverordnung oder gegebenenfalls in den Weisungen des Eidgenössischen Amtes für das Zivilstandswesen ­ festzulegen sein, welche Dokumente beizulegen sind (vgl. Ziff. 3.1 oben).

11 12 13

SR 142.51 SR 142.513 SR 211.231

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Art. 6 Abs. 4 Der Randtitel und die Absätze 1 bis 3 bleiben unverändert. Ein neuer Absatz 4 übernimmt mit den entsprechenden Anpassungen Absatz 4 von Artikel 99 ZGB (vgl.

Ziff. 3.1 oben).

4

Finanzielle und personelle Auswirkungen

Die Revision dürfte kaum finanzielle oder personelle Auswirkungen haben. Sie wird einige punktuelle Änderungen der Zivilstandsverordnung oder gegebenenfalls die Ausarbeitung von Vollzugsweisungen mit sich bringen (vgl. Ziff. 3.1 oben); diese Arbeiten lassen sich mit dem Personal des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes bewältigen.

Die Erweiterung des Zugriffs der Zivilstandsbehörden auf das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS) lässt sich ebenfalls mit den bestehenden Mitteln umsetzen.

5

Verhältnis zum europäischen Recht

In Europa kennen folgende vier Staaten eine vergleichbare Regelung: Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Grossbritannien.

Dänemark: Gemäss Artikel 11a des dänischen Ehegesetzes vom 15. Januar 2007 ist in Dänemark eine Trauung nur möglich, wenn die Brautleute dänische Staatsangehörige oder im Besitz einer laut dänischem Ausländergesetz gültigen Aufenthaltsbewilligung sind. Bei Zweifeln über den rechtmässigen Aufenthalt eines Verlobten können beim Einwanderungsbüro Auskünfte eingeholt werden.

Norwegen: Laut Artikel 5a und 7 des norwegischen Ehegesetzes vom 24. Juni 1994 müssen sich ausländische Staatsangehörige, die in Norwegen heiraten wollen, rechtmässig im Land aufhalten. Die Rechtmässigkeit des Aufenthalts muss von den Verlobten so wie die andern Ehevoraussetzungen mit entsprechenden Dokumenten belegt werden.

Niederlande: Artikel 44 des ersten Buches des niederländischen Zivilgesetzbuches sieht vor, dass bei Heirat oder Registrierung einer Partnerschaft dem Zivilstandsamt eine Bestätigung des Chefs der Ausländerbehörde über die Rechtmässigkeit des Aufenthalts des künftigen Ehegatten oder der künftigen Partnerin bzw. des künftigen Partners vorgelegt werden muss. Diese Bestätigung ist nicht erforderlich, wenn die Ehegatten oder die Partnerinnen oder Partner nach der Heirat bzw. der Registrierung im Ausland wohnen werden. Sie wird auch nicht verlangt bei Personen, die aus einem Mitgliedstaat der EU oder der EFTA stammen.

Die Rechtsmässigkeit des Aufenthaltes wird von der Ausländerbehörde abgeklärt.

Die übrigen Dokumente, die für die Heirat oder die Registrierung einer Partnerschaft erforderlich sind, prüft das Zivilstandsamt.

Grossbritannien: Nach Artikel 19 des Gesetzes über Asyl und Einwanderung (Asylum and Immigration Act 2004) muss eine Person, die nicht aus einem Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraums stammt, im Besitz eines «Visums zur Heirat» oder eines «Visums für Brautleute» sein oder über eine Heiratserlaubnis (certificate 2476

of approval) des Home Office verfügen, bevor im Vereinigten Königreich die Erklärung, eine Ehe schliessen zu wollen, abgegeben werden kann. Diese Erklärung erfolgt auf dem zuständigen Zivilstandsamt.

In England und Wales sind diese Bestimmungen nicht anwendbar, wenn die Eheschliessung nach den Riten der anglikanischen oder walisischen Kirche erfolgt, denen eine Verkündung vorausgeht.

6

Verfassungs- und Gesetzmässigkeit

Diese Vorlage stützt sich auf Artikel 122 Absatz 1 BV. Die Pflicht der Zivilstandsämter, die zuständige Behörde zu benachrichtigen, wenn sich Brautleute rechtswidrig in der Schweiz aufhalten, stützt sich auf Artikel 121 Absatz 1 BV.

Die vorgeschlagene Regelung bildet insofern eine Einschränkung des in Artikel 14 BV gewährleisteten Rechts auf Ehe, als sie eine zusätzliche Formalität einführt. Ihre Verfassungsmässigkeit ist somit den Erfordernissen von Artikel 36 BV unterstellt.

Die vorgeschlagene Bestimmung ist zwar verfassungskonform; allerdings muss zur Erfüllung der damit einhergehenden Erfordernisse, insbesondere desjenigen der Verhältnismässigkeit, auch dafür gesorgt werden, dass die Bestimmung auf eine Weise umgesetzt wird, dass das verfassungsmässig garantierte Eherecht gewahrt bleibt.

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