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Bundesblatt 100. Jahrgang.

Bern, den 7. Oktober 1948.

Band III.

Erscheint wöchentlich. Preis US Franken im Jahr, 15 franken im Halbjahr, zuzüglich Nachnahme-und Postbestellungsgebühr Einrückungsgebühr 50 Rappen die Petitzeile oder deren Raum. -- Inserate franko an & de. in Bern.

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Bericht des

Bundesrates an die Bundesversammlung über das Postulat des Nationalrates betreffend die Durchführung einer allgemeinen Betriebszählung im Jahre 1949 (Vom 1. Oktober 1948)

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. Herr Präsident !

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: Hochgeehrte Herren!

Am 26. März 1947 reichten Herr Nationalrat Dr. P. Gysler und 18 Mitunterzeichner im Nationalrat eine Motion ein, die am 17. Juni 1947 vom Bundesrat als Postulat entgegengenommen wurde und folgenden Wortlaut hat: Mehr denn je ist die schweizerische Volkswirtschaft in voller Entwicklung und tiefgreifenden Strukturwandlungen begriffen. Nun ist es eine uumgängliche Voraussetzung jeder erfolgreichen Wirtschaftspolitik und Konjunkturpolitik, dass man diese Entwicklung und diese Wandlung kennt. Deshalb liegt es im allgemeinen wie im besonderen gewerbepolitischen Interesse, über diese Vorgänge möglichst zuverlässigen zahlenmässigen Aufschluss zu erhalten. Diesen Aufschluss ermitteln am besten, die Betriebszählungen, wie sie schon in den Jahren 1929 und 1939 zur Durchführung gelangten. Allerdings ist die Tatsache nicht zu übersehen, dass die Wirtschaft nach sechs Jahren intensiver Einflussnahme des Staates der Ausfüllung von Fragebogen überdrüssig geworden ist. Im Hinblick auf die Wichtigkeit der zu gewinnenden Unterlagen wird der Bundesrat dennoch ersucht, zu prüfen, ob nicht den Bäten innert kurzer Frist Bericht und Antrag über eine weitere Betriebszählung im Jahre 1949 vorzulegen sei.

Damit sei der Wunsch verbunden, dass bei der Anlage dieser Statistik im Einvernehmen mit den zuständigen Verbänden auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ebenfalls Bücksicht genommen werde. , Wir beehren uns, Ihnen im folgenden den gewünschten Bericht zu erstatten.

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I.

Die erste eidgenössische Betriebszählung fand im Jahre 1905 statt. Damals sah man vor, die Zählung 1915 und nachher alle zehn Jahre zu wiederholen; im Jahre 1913 lag sogar ein gedruckter Entwurf des Departementes des Innern Bundesblatt.

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vor für ein «Bundesgesetz betreffend die periodische Wiederkehr einer allgemeinen Betriebszählung in der Schweiz». Der erste Weltkrieg und die nachfolgende Wirtschaftskrise verhinderten die Ausführung dieses Planes, so dass die zweite Betriebszählung erst im Jahre 1929 folgte. Die dritte allgemeine Betriebszählung wurde im Jahre 1989. einige Tage vor Kriegsausbruch durchgeführt. Die Betriebszählung ist also nicht, wie die Volkszählung, eine gesetzlich festgelegte, periodisch wiederkehrende Zählung. Ebensowenig kann bei den bisherigen Erhebungen von einem eigentlichen Turnus gesprochen werden.

Im Jahre 1946 legte die Organisation für Ernährung und Landwirtschaft der Vereinigten Nationen (FAO) den Eegierungen aller Länder die Durchführung einer landwirtschaftlichen Betriebszählung um das Jahr 1950 im Rahmen eines landwirtschaftlichen Weltzensus nahe. Da die Schweiz Mitglied der FÀO ist, richtet sich die Empfehlung auch an sie. Eine Keihe von Ländern hat im Sinne dieser Aufforderung bereits eine landwirtschaftliche Betriebszählung beschlossen. Doch sei ausdrücklich betont, dass hiefür keine internationale Verpflichtung besteht.

II.

Herr Nationalrat Gysler begründet die Notwendigkeit einer Betriebszählung im Jahre 1949 mit den tiefgreifenden Strukturwandlungen, die sich seit 1939 in unserem Wirtschaftsleben vollzogen haben, sowie mit der für eine erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeitsbeschaffungspolitik unbedingt erforderlichen Kenntnis der Bedeutung der einzelnen Komponenten unserer Volkswirtschaft.

Zweifelsohne haben während der Kriegs- und Nachkriegszeit wesentliche Umschichtungen im schweizerischen Wirtschaftsaufbau stattgefunden. So lassen auf dem Gebiete der Landwirtschaft die in den letzten Jahren durchgeführten Viehzählungen und die Berichte kantonaler Familienausgleichskassen erkennen, dass sowohl die Zahl der Betriebsinhaber und der in der Landwirtschaft tätigen Familienangehörigen; als auch der Bestand der fremden Arbeitskräfte zurückgegangen sind. Dagegen haben Mechanisierung und Motorisierung erhöhte Bedeutung erlangt. Diese Tatsachen und ihre Ursachen sind bekannt, doch weiss man nichts über das Ausmass vieler dieser Veränderungen und deren Auswirkungen auf die einzelnen Betriebsgrössenklassen und Bodennutzungssysteme.

Für die Industrie weisen die Fabrikzählungen, die etwa einen Drittel der von einer gewerblichen Betriebszählung ermittelten berufstätigen Bevölkerung erfassen, eine ungewöhnliche Erhöhung der Personalbestände aus. Auch,hier haben also Umschichtungen in der Zahl und Grössengliederung der Betriebe stattgefunden.

, Besitzt .man für die Landwirtschaft und die Industrie wenigstens allgemeine Hinweise über die strukturellen Veränderungen in den letzten Jähren, so fehlen solche für das Gewerbe und den Handel. Vor allem vermisst man

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zahlenmassige Auskünfte über den Einfluss der Hochkonjunktur in der Industrie auf den Bestand der Beschäftigten im Gewerbe und Handel sowie auf die Betriebsgrössen in diesen wichtigen Wirtschaftsgruppen.

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Sicher waren die Veränderungen in der schweizerischen Volkswirtschaft während des letzten Krieges und der Nachkriegszeit so bedeutend, dass eine Betriebszählung im Jahre 1949 wünschbar wäre. Mehr als je spielen aber heute die Kosten einer solchen Erhebung eine bedeutsame :Eolle. Bei den jetzigen Gehaltsansätzen und Druckkosten würde eine allgemeine Betriebszählung im bisherigen Umfange den Bund mindestens 2,8 Millionen Franken kosten, von denen 2,4 Millionen Franken auf Gehälter sowie Zählerentschädigungen und 400 000 Franken auf den Druck der Formulare und Ergebnisse sowie auf die: Miete der Zählmaschinen entfielen. Die Frage stellt sich also so, ob die Durchführung einer Betriebszählung im Jahre 1949 so notwendig sei, dass sich bei der gegenwärtigen Finanzlage des Bundes eine solche Ausgabe rechtfertigen liesse. ] , · , , . . . -: · Der Sparexperte des Statistischen 'Amtes, Herr Dr. Marbach, Professor an der Universität Bern, hat diese Frage verneint und beantragt, die nächste Betriebszählung auf das Jahr 1959 zu verschieben. Er begründete seinen Vor. schlag damit, dass eine Zählung im Jahre 1949 Ergebnisse zeitigen würde, die nach der Auswertung der ·Zahlung urn nichts wirklichkeitsnäher wären als die Zahlen von 1939. Auch Herr Professor Marbach gibt zu, «dass es an und für sich interessant wäre, die Betriebsstruktur schon nach zehn Jahren neu zu erfassen, aber diese Überlegung wiege nicht schwer genug, um das Argument der Vorwichtigkeit der Bückbildung der Staatsausgaben für diesen Fall zu entkräften».

Herr Professor Marbach lehnt also die Durchführung einer Betriebszählung im Jahre 1949 aus finanziellen Gründen ab.

Herr Nationalrat Gysler führte in seinem Postulat aus, dass die Wirtschaft nach sechs Jahren intensiver Einflussnahme des Staates der Ausfüllung von Fragebogen überdrüssig geworden sei. Diese Tatsache darf beim Entscheid der Frage, ob nächstes Jahr eine Betriebszählung vorzunehmen sei, nicht ausser acht gelassen werden. Nicht nur die Behörden müssen von der absoluten Notwendigkeit einer neuen Bestandesaufnahme unserer Wirtschaft überzeugt sein, sondern auch die Bevölkerungskreise, die die umfangreichen Erhebungsbogen zu beantworten hätten. Die Frage ist sicher der Überlegung wert, ob nicht auch auf 'dem Gebiete der amtlichen Befragung der Bevölkerung ein Marschhalt eingeschaltet werden sollte.

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Alle diese Fragen wurden am 26. Januar 1948 einer Konferenz von Vertretern der Spitzenverbände der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisa.tionen

324 sowie der an .einer Betriebszählung interessierten Abteilungen der Bundesverwaltung vorgelegt. Das Resultat dieser Aussprache kann wie folgt zusammengefasst werden: 1. Der Wert einer Betriebszählung wurde allgemein anerkannt.

2. Einstimmig sprach sich die Konferenz gegen eine Verschiebung der Betriebszählung bis zum Jahre 1959 aus.

3. Geteilt waren die Meinungen darüber, ob die nächste Betriebszählung im Jahre 1949 oder einige Jahre später, zwischen 1952 und 1955, stattfinden soll.

Mit Ausnahme des Schweizerischen Gewerbeverbandes sprachen sich alle Arbeitgeberorganisati'onen gegen eine Betriebszählung im Jähre 1949 aus.

Der Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen begründete seine Auffassung, dass auf eine Betriebszählung im Jahre 1949 zu verzichten sei, damit, dass mit dem Sparen wirklich ernst gemacht werden sollte. Die gegenwärtige Konjunkturlage lasse es nicht zu, dass ein eidgenössisches Amt für eine statistische Erhebung eine grosse Zahl provisorischer Angestellter in den Dienst nehme. Zudem seien die Arbeitgeber auchheute noch in ungewöhnlichem Masse mit administrativen Arbeiten belastet, so dass jede neue Zumutung an die Arbeitgeberseite ernstlich daraufhin geprüft werden müsse, ob sie wirklich unerlässlich sei und im jetzigen Augenblick den Avifwand lohne.

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Der Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrievereins kam nach einer Umfrage bei den Unterverbänden zum eindeutigen Ergebnis, dass in der Industrie ein besonderes Bedürfnis für eine Betriebszählung im Jahre 1949 nicht bestehe. Neben Bedenken darüber, dass der Zeitpunkt sachlich falsch gewählt wäre, wird vom Vorort, der für eine Verschiebung auf das Jahr 1954 eintritt, der daraus entstehenden Einsparung die grösste Bedeutung beigemessen.

Der.Vertreter des Schweizerischen B a u e r n v e r b a n d e s erklärte, vom Standpunkt der Landwirtschaft aus könne mit Bücksicht auf die Kosten die Verschiebung um einige Jahre, vielleicht bis 1954, verantwortet werden, um so mehr, als es nicht zweckmässig sei, Betriebs- und Volkszählung fast gleichzeitig durchzuführen.

Sprachen sich die Arbeitgeberverbände mit Ausnahme des Gewerbeverbandes gegen eine Betriebszählung im Jahre 1949 aus, so setzten sich drei der fünf Arbeitnehmerverbände für eine möglichst rasche Wiederholung der Betriebszählung ein.

Der Schweizerische
G e w e r k s c h a f t s b u n d wies darauf hin, dass die Ergebnisse der Betriebszählung die Grundlage bildeten für die Verhandlungen mit den Unternehrnerverbänden sowie für die Erörterung sozialpolitischer Fragen und dass eine Bestandesaufnahme der schweizerischen Wirtschaft während einer Periode der Hochkonjunktur für eine künftige Konjunkturpolitik besonders wertvoll wäre.

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Die Vereinigung Schweizerischer A n g e s t e l l t e n v e r b ä n d e erachtete die Betriebszählung besonders im Hinblick auf das künftige Bundesgesetz über die Arbeit im Handel und Gewerbe und die Eevision · des Fabrikgesetzes als dringlich.

Der Vertreter des. Schweizerischen Verbandes evangelischer Arbeiter und Angestellter hob das grosse Bedürfnis des Gewerbes nach neuen wissenschaftlichen Unterlagen für die Wirtschaftspolitik hervor und kam zum Ergebnis, die Durchführung einer Betriebszählung im nächsten Jahr dürfte trotz der hohen Kosten verantwortet werden.

Während sich der L a n d e s v e r b a n d f r e i e r Schweizer A r b e i t e r weder für noch gegen eine sofortige Betriebszählung aussprach, schlug der Vertreter des Christlich-Nationalen G e w e r k s c h a f t s b u n d e s der Schweiz vor allem aus psychologischen Gründen -- Überlastung des Kleingewerbes mit Formalitäten aller Art -- eine Verschiebung der Betriebszählung um zwei bis drei Jahre y or.

Für die Durchführung einer Betriebszählung im Jahre 1.949 hat sich in einer Eingabe .an das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement auch die Schweizerische Konj unk turfo-eobacht ungskommission ausgesprochen.

Von den eidgenössischen Amtsstellen nahm die Finanzverwaltung aus sachlichen und finanziellen Erwägungen entschieden gegen eine Betriebszählung schon in nächster Zeit Stellung, ohne sich darüber zu äussern, ob bis 1959 oder nur bis ungefähr 1954 zuzuwarten sei. Für eine neue Erhebung im Jahre 1949 setzten sich die hauptsächlichsten amtlichen Benutzer der Ergebnisse der :Betriebszählung -- Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, Abteilung für Landwirtschaft -- ein, hinweisend auf die Notwendigkeit zahlenmässiger Unterlagen für die schweizerische Wirtschaftspolitik, für die Vorbereitung der Krisenwirtschaft, für die Beteiligung am Marshall-Plan und an der wirtschaftlichen Organisation von Westeuropa. Doch erklärten nach^ träglich beide Abteilungen, sich nötigenfalls mit einer Verschiebung um einige .wenige Jahre abfinden zu können. Der Delegierte für Arbeitsbeschaffung empfahl, die nächste Betriebszählung auf das Jahr 1955 festzusetzen.

Der Zeitpunkt der nächsten1 Betriebszählung wurde auch an der Jahresversammlung des . V e r b a n d e s Schweizerischer Statistischer Ämter besprochen, wobei fast einstimmig die Auffassung
zum Ausdruck kam, es sei auf eine .Erhebung im Jahre 1949 zu verzichten.

V.

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: Zu den wichtigsten Mitarbeitern an der Erhebung und den Hauptbeiiützern, der Ergebnisse der Betriebszählung gehören die kantonalen und kommunalen Verwaltungen, die auch finanziell bedeutsam in Anspruch genommen werden.

Der Kanton Basel-Stadt beispielsweise schätzt die ihm aus einer Betriebs-; Zahlung erwachsenden Kosten auf 55 000--60 000 Franken. Kantone und Gemeinden sind also an einer Betriebszählung in verschiedener Hinsicht stark

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interessiert. Dies veranlasste das Departement des Innern, auch die Eegierungen der K a n t o n e um ihre Meinung darüber befragen zu lassen, ob die aus wirtschafts- und sozialpolitischen Gründen wünschbare Wiederholung der Betriebszählung im Jahre 1949 aus finanziellen und psychologischen Gründen verantwortet werden dürfe.

Mit wenigen Ausnahmen haben sich die kantonalen Eegierungen gegen eine Betriebszählung im Jahre 1949 ausgesprochen. Nur vier -- Basel-Land, Tessin, Neuenburg, Genf -- von den 24 Ständen, die antworteten, setzten sich vorbehaltlos für eine sofortige Erhebung ein. Von den übrigen 20 Kantonen und Halbkantonen befürworteten vier eine Verschiebung bis zum Jahre 1959, einer bis 1955, acht auf unbestimmte Zeit und sieben weitere um einige Jahre.

Die Gründe, die gegen eine sofortige Betriebszählung angeführt wurden, sind im grossen ganzen dieselben, wie sie bereits dargelegt wurden: Notwendigkeit des Sparens bei Bund und Kantonen, Überdruss gegenüber amtlichen Befragungen und administrativen Arbeiten, Schwierigkeit, für die Durchführung der Zählung überall das geeignete Personal zu finden. Einige Regierungen bemerkten, dass eine Periode der wirtschaftlichen Hochkonjunktur sich für eine Bestandesaufnahme nicht eigne und normalere Verhältnisse abgewartet werden sollten, eine Auffassung, die im Gegensatz zu jener des Schweizerischen .Gewerbeverbandes steht, der ausdrücklich eine Betriebszählung während der Vollbeschäftigung des Schweizervolkes wünscht. Diese sieh widersprechenden Anschauungen über die Wahl des Zeitpunktes mögen darauf zurückzuführen sein, dass die einen von der Betriebszählung ein Bild über normale wirtschaftliche Verhältnisse verlangen, die andern aber die Wirtschaftsstruktur im Zeitpunkt der Voll- oder Überbeschäftigung festhalten möchten. Früher neigte man eher zur Ansicht, die Zählungen seien in normalen Zeiten durchzuführen.

Doch soll nicht verschwiegen werden, dass namentlich im Hinblick auf allfällige Massn ahmen zur Bekämpfung von Krisen bei einer Verschlechterung der Wirtschaftslage der Standpunkt des Gewerbeverbandes gute Gründe für sich hat.

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Bei den Diskussionen über den Zeitpunkt der nächsten Betriebszählung sind einige Fragen allgemeiner Art aufgeworfen worden, auf die hier ebenfalls eingetreten werden soll.

Wäre es nicht möglich und weniger kostspielig, die nächste Betriebszählung zusammen mit der im Jahre 1950 stattfindenden Volkszählung vorzunehmen?

Vorerst ist festzustellen, dass die gemeinsame Durchführung, dieser beiden grössten schweizerischen statistischen Erhebungen keine wesentliche Einsparung bedeuten würde, da die Fragestellung bei den beiden Zählungen nicht die gleiche ist. Eine gewisse Vereinfachung wäre bei den Hilfsformularen möglich, die dazu dienen, die lückenlose Erfassung aller Personen und Betriebe zu gewährleisten. Ferner naüsste der ganze Zählapparat nur einmal anstatt zweimal in Bewegung gesetzt werden, wobei jedoch die Beanspruchung der Zähler und somit auch deren Entschädigung grösser wäre als bei einer Erhebung.

327 Abgesehen davon, dass eine Zusammenlegung der Volks- und Betriebszählung keine wesentlichen Einsparungen bringen würde, stehen ihr so schwerwiegende Nachteile entgegen, dass von der Durchführung dieses Vorschlages abzuraten ist. Das gesetzlich festgelegte Datum der Volkszählung, der 1. Dezember, kommt für eine Betriebszählung kaum in Frage. Wäre doch beispielsweise eine Anbauerhebung um diese Jahreszeit mit den allergrössten Mühen verbunden. Aber auch die Verlegung der Volkszählung auf den Sommer würde nicht nur die Vergleichbarkeit mit früheren Zählungen, die stets im Winter stattfanden, verunmöglichen und somit deren Ergebnisse entwerten, sondern auch auf grosse' technische Hindernisse stossen. Ist doch der Sommer und ganz besonders der Hochsommer -- die bisherigen Betriebszählungen fanden im1 August statt --- die Zeit, da sich sehr viele Personen nicht an ihrem Wohnort aufhalten. Nicht nur würde die Ermittlung der Wohnbevölkerung bei der grossen Zahl der von zu Hause abwesenden Personen wesentlich erschwert und verzögert, auch die vollständige Erfassung aller Personen und Betriebe wäre in: Frage gestellt. .Ferner würde die gleichzeitige Aufarbeitung des Zählmaterials von zwei, und falls, wie das Herr Nationalrat Schmid*0berentfelden in seinem Postulat vom 8. Juni 1946 wünscht, noch eine Wohnungszählung hinzukäme, sogar von drei Erhebungen personellen und räumlichen Schwierigkeiten begegnen, die sich in der Qualität der Eesultate und in einer Verzögerung der Bekanntgabe der Ergebnisse nachteilig auswirken müssten.

Vom Standpunkt der Aufarbeitung der Ergebnisse und der personellen Organisation des Statistischen Amtes aus betrachtet, wäre die ideale Lösung die, dass in den Zehnerjahreii eine Volkszählung und in den Fünferjahren eine Betriebszählung durchgeführt würde. Diese Periodizität würde es gestatten, mit dem gleichen eingearbeiteten leitenden Personal die nicht einfache Auswertung des Zählmaterials rationeller und zuverlässiger zu besorgen, als dies bei einem Zusammenlegen oder bei einer zu raschen Aufeinanderfolge der beiden Zahlungen der Fall ist.

Da eine Betriebszählung hauptsächlich von Gewerbekreisen gewünscht wird, ist auch der Gedanke zu prüfen, die nächste Volkszählung zu ergänzen durch einige Fragen über die Betriebsgrösse der Gewerbebetriebe, die an die selbständig Erwerbenden
zu richten wären. Doch ist daran zu erinnern, dass der Spärexperte des Statistischen Amtes für die nächste Volkszählung eine Einsparung von mindestens 600000 Franken gegenüber jener ! von 1941 verlangt hat, was jede Erweiterung des Frageschemas von vorneherein ausschliesst.

Der erwähnte Ausbau der Volkszählung würde aber auch auf technische Schwierigkeiten stossen. Doch soll hier über die Möglichkeit der Verbindung einer einfachen Gewerbezählung mit der nächsten Volkszählung noch kein endgültiges Urteil abgegeben werden. Das Statistische Amt wird diese Frage noch eingehender prüfen und bis zur nächsten Volkszählung abklären.

, Bei allen Überlegungen über eine Vereinfachung und. Verbilligung der Betriebszählung muss inan.sich bewusst bleiben, dass nur eine allgemeine,, alle Wirtschaftsgruppen umfassende Betriebszählung ein Gesamtbild der schwei-

328 zerischen A^olkswirtschaft zu vermitteln vermag. Nur sie deckt die Zusammenhänge und Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Wirtschaftsgruppen auf, und nur sie erfasst alle, auch die kleinsten Betriebe, ihre personelle Zusammensetzung, ihre maschinelle Ausstattung, die Art ihrer Erzeugnisse und ihre. wirtschaftliche Bedeutung im Eahmen der Gesamtwirtschaft.

Die Anwendung der repräsentativen Methode, also die Erfassung nur eines gewissen Prozentsatzes aller Betriebe, wurde vom Schweizerischen Gewerbei verband abgelehnt, was bei der ausserordentlichen Vielgestaltigkeit unserer Volkswirtschaft verständlich ist. Dieses Verfahren vermöchte wahrscheinlich auch alle jene zahlreichen Benutzer der Ergebnisse nicht zu befriedigen, die an eingehenden Angaben über j einzelne Gemeinden und Landesteile interessiert sind. Ferner ist daran zu erinnern, dass die Ergebnisse der Betriebszählung von den. Gemeindebehörden oft als Grundlage für praktische Massnahmen verwendet werden, was aber nur dann möglich ist, wenn sie mit den tatsächlichen Verhältnissen genau übereinstimmen.

VII.

. Mit Ausnahme des Schweizerischen Gewerbeverbandes haben sich alle Vertreter jener Kreise, die die Fragebogen zu beantworten hätten, gegen eine Betriebszählung im Jahre 1949 ausgesprochen. Auf eine überzeugte Unterstützung oder gar eine Propaganda durch den Bauernverband, den Zentralverband Schweizerischer Arbeitgeber-Organisationen und den Schweizerischen Handels- und Industrieverein könnte man also nicht rechnen.

Auch die kantonalen Eegierungen, auf deren Mitarbeit eine Betriebszählung angewiesen ist, lehnen mit wenigen Ausnahmen eine Zählung schon im nächsten Jahre ab.

Wichtigste Voraussetzungen für das Gelingen einer allgemeinen Betriebszählung, die Unterstützung seitens der Arbeitgeberverbände und der kantonalen Behörden sowie die Überzeugung der Bevölkerung von der Notwendigkeit der Erhebung, sind also offenbar heute nicht .vorhanden.

Auf Grund aller dieser Erwägungen sind wir der Ansicht, es sei bei der gegenwärtigen Finanzlage des Bundes von der Durchführung einer allgemeinen Betriebszählung im Jahre 1949 abzusehen. Da aber mit der nächsten Erhebung kaum bis 1959 zugewartet werden kann, beabsichtigen wir, anfangs der fünfziger Jahre die Frage einer allgemeinen Betriebszählung erneut zu prüfen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 1. Oktober 1948.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Celio Der Bundeskanzler: Leimgruber

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Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über das Postulat des Nationalrates betreffend die Durchführung einer allgemeinen Betriebszählung im Jahre 1949 (Vom 1.

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07.10.1948

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