zu 05.463 Parlamentarische Initiative Scheinehen unterbinden Bericht vom 31. Januar 2008 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates Stellungnahme des Bundesrates vom 14. März 2008

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht vom 31. Januar 2008 der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) nachfolgend Stellung.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

14. März 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-0578

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Stellungnahme 1

Ausgangslage

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrates hat der von Herrn Nationalrat Toni Brunner am 16. Dezember 2005 eingereichten parlamentarischen Initiative (05.463 n Scheinehen unterbinden) zugestimmt und in der Folge eine Vorlage erarbeitet, die sie am 28. Juni 2007 einem Vernehmlassungsverfahren unterziehen liess.

Die überwiegende Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer begrüsst die Vorlage.

Einundzwanzig Kantone sprechen sich dafür aus, während sich fünf Kantone dagegen wenden (BE, GE, NE, SH und VD); fünf Parteien (CVP, EVP, FDP, LPS und SVP) stimmen zu, zwei Parteien (SP und GPS) lehnen ab; die Konferenz der kantonalen Aufsichtsbehörden im Zivilstandsdienst (KAZ), der Schweizerische Verband für Zivilstandswesen und der Schweizerische Gemeindeverband begrüssen die Vorlage. Sie sieht vor, im Zivilgesetzbuch (SR 210) eine Verpflichtung festzuschreiben, wonach ausländische Verlobte im Ehevorbereitungsverfahren ihren rechtmässigen Aufenthalt in der Schweiz nachweisen müssen. Gemäss Vorlage ist die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte verpflichtet, die Identität von Verlobten, die ihren rechtmässigen Aufenthalt nicht nachweisen, der zuständigen Behörde zu melden. Entsprechende Regelungen sind für das Partnerschaftsgesetz vom 18. Juni 2004 (SR 211.231) vorgesehen. Wie von verschiedenen Kantonen (SG, SO, SZ, UR und ZH) im Vernehmlassungsverfahren angeregt, hat die Kommission die Vorlage ergänzt, indem die Zivilstandsbehörden Zugriff auf das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS) des Ausländer- und Asylbereichs bekommen sollen. An ihrer Sitzung vom 31. Januar 2008 hat die Kommission schliesslich beschlossen, die Vorlage unter dem Titel «Unterbindung von Ehen bei rechtswidrigem Aufenthalt» weiter zu führen.

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Stellungnahme des Bundesrates

Gemäss Vorlage müssen ausländische Staatsangehörige ihren Aufenthalt regeln, bevor sie in der Schweiz heiraten oder eine eingetragene Partnerschaft eingehen können. Weiter ist vorgesehen, dass die Zivilstandsbeamtin oder der Zivilstandsbeamte Zugriff auf das zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS) hat und der zuständigen Behörde Verlobte und Partner mit rechtswidrigem Aufenthalt meldet.

Mit der grossen Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer ist der Bunderat der Ansicht, dass die vorgeschlagenen Änderungen gerechtfertigt sind. Einerseits wird durch sie die heute unterschiedliche Praxis der Kantone und Zivilstandsämter vereinheitlicht1. Andererseits verbessern die Vorschläge die Kohärenz staatlichen Handelns der Behörden, welche mit dem Vollzug der ausländerrechtlichen Vorschriften betraut sind, und des Zivilstandswesens, das für die Eheschliessung und die Beurkundung von eingetragenen Partnerschaften zuständig ist. Dies erhöht die Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit des Rechts (Art. 5 der Bundesverfassung; SR 101).

1

Vgl. dazu die Antwort des Bundesrates auf die Interpellation Menétrey-Savary «Hindernisse für binationale Eheschliessungen» (06.3341).

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Ehe und eingetragene Partnerschaft können Personen vorbehalten werden, die sich rechtmässig in der Schweiz aufhalten. Das Kindesrecht unterscheidet seit langem nicht mehr zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern, weshalb die vorgeschlagenen Massnahmen nicht zu ihren Lasten gehen.

Die Vorlage ist verfassungs- und EMRK-konform (SR 0.101). Wie der Bericht der Kommission festhält, wird bei der Anwendung der vorgeschlagenen Massnahmen im Einzelfall darauf zu achten sein, dass das verfassungsmässig garantierte Recht auf Ehe und Familie (Art. 14 BV; Art. 12 EMRK) sowie das Recht auf Schutz der Privatsphäre (Art. 13 BV; Art. 8 EMRK) gewahrt bleiben und dass keine unüberwindbaren Hindernisse für das Eingehen einer Ehe oder eingetragenen Partnerschaft eingeführt werden.

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