08.035 Botschaft zum Bundesgesetz über die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die finanzielle Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland vom 23. April 2008

Sehr geehrter Herr Nationalratspräsident Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf eines Bundesgesetzes über die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die finanzielle Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland.

Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Nationalratspräsident, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

23. April 2008

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Pascal Couchepin Die Bundeskanzlerin: Corina Casanova

2008-0587

3551

Übersicht Mit dem vorliegenden Mantelerlass sollen zwei zeitlich befristete, unmittelbar auf der Verfassung basierende Verordnungen über die direkte bzw. indirekte finanzielle Unterstützung von Schweizerinnen und Schweizern im Ausland in dauerhaftes Recht überführt werden. Beide Erlasse haben sich seit Jahren bewährt und sollen als Daueraufgabe weitergeführt werden. Das bestehende Verordnungsrecht soll deshalb materiell im Vergleich zur heutigen Praxis nicht verändert werden, sondern lediglich eine Grundlage in einem formellen Gesetz erhalten.

Inhaltlich geht es im ersten Teil der Vorlage um die finanzielle Unterstützung von Institutionen, die sich hauptsächlich mit den Anliegen von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern befassen. Diese Institutionen erleichtern unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern, den Bezug zur Schweiz aufrechtzuerhalten und insbesondere ihre politischen Rechte auszuüben.

Im zweiten Teil der Vorlage geht es um Vorschüsse an Schweizerinnen und Schweizer, die sich vorübergehend im Ausland befinden und dort in eine Notlage geraten.

3552

Botschaft 1

Grundzüge der Vorlage

1.1

Ausgangslage

Zurzeit existieren zwei Verordnungen, die direkt oder indirekt Schweizer Staatsangehörige im Ausland betreffen. Es sind dies die Verordnung vom 26. Februar 20031 über die finanzielle Unterstützung von Auslandschweizer Institutionen und die Verordnung vom 3. Juli 20022 über die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige (sog. Touristenverordnung), die die Verordnung aus dem Jahre 1973 ersetzte. Beide Verordnungen sind zeitlich befristet, da sie sich direkt auf die Verfassung stützen, nämlich auf Artikel 184 Absatz 3 BV, wonach der Bundesrat ermächtigt ist, zur Wahrung der Interessen des Landes befristete Verordnungen zu erlassen.

Beide Verordnungen regeln Aufgaben des Bundes, die dauerhaft weitergeführt werden sollen. Materiell hat sich das geltende Recht bewährt. Die Verordnungen wurden deshalb bereits verschiedentlich verlängert. Dieser Zustand ist rechtlich nicht befriedigend. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2007 hat der Bundesrat die Geltungsdauer der Verordnung über die finanzielle Unterstützung von Auslandschweizer Institutionen bis 31. Dezember 2011 verlängert und das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beauftragt, eine formellgesetzliche Grundlage zu erarbeiten und so die Rechtslage zu sanieren, damit die Verordnung unbefristet gelten kann. Die «Touristenverordnung» galt ursprünglich bis zum 31. August 2007. Die Geltungsdauer wurde am 4. Juli 2007 verlängert bis zum 31. Dezember 2011 und mit einem Sanierungsauftrag an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) verbunden.

1.1.1

Verordnung über die finanzielle Unterstützung von Auslandschweizer Institutionen

Die Verordnung vom 26. Februar 20033 über die finanzielle Unterstützung von Auslandschweizer Institutionen regelt die Finanzierung von Organisationen und Einrichtungen, die im Sinne von Artikel 40 BV die Beziehungen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer untereinander und zur Schweiz fördern. Sie wurde seinerzeit als Übergangslösung geschaffen. Die Verordnung besteht aus fünf Artikeln und regelt detailliert, zu welchem Zweck Beiträge ausgerichtet werden können.

1 2 3

SR 195.11 SR 191.2 SR 195.11

3553

1.1.1.1

Die unterstützten Institutionen

Gestützt auf die Verordnung richtete das EDA, das dafür zuständig ist, in den Jahren 2005 bis 2007 folgende Beiträge aus (Angaben in Franken): 2005

Auslandschweizer-Organisation (ASO) (Grundbeitrag)

2006

2007

910 000

920 000

920 000

1 736 063

1 769 484

1 785 300

Jugenddienst der ASO

140 000

145 000

150 500

Stiftung für junge Auslandschweizer

105 000

114 000

114 000

Komitee für Schweizerschulen im Ausland

135 000

120 000

120 000

12 000

13 000

13 0005

70 000

70 000

70 000

3 108 063

3 151 484

3 172 800

«Schweizer Revue»4

Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein Schweizerische Hilfsgesellschaften im Ausland Total

Die Höhe der Finanzhilfen wird jeweils mit dem Voranschlag der Eidgenossenschaft festgelegt.

Auslandschweizer-Organisation Die Auslandschweizer-Organisation ist eine privatrechtliche Stiftung und vertritt die Interessen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer gegenüber den Behörden und dem Parlament. Sie wird von rund 750 Schweizer Vereinen und schweizerischen Institutionen in aller Welt getragen und von den Behörden als Sprachrohr der «Fünften Schweiz» anerkannt. Oberstes Organ der ASO ist der 150 Mitglieder zählende Auslandschweizerrat, das eigentliche Parlament der «Fünften Schweiz». Er trifft sich mindestens zweimal im Jahr in der Schweiz. Rund zwei Drittel der Mitglieder sind Delegierte anerkannter Schweizer Vereine im Ausland. Mindestens ein Viertel der Mitglieder des Auslandschweizerrates sind Inlandmitglieder, wovon viele den Eidgenössischen Räten angehören. Die ASO ist auch in verschiedenen Eidgenössischen Kommissionen und Institutionen vertreten wie beispielsweise in der Auslandschweizer-Ausbildungskommission des Eidgenössischen Departements des Innern, im Publikumsrat swissinfo/SRI und in der «Präsenz Schweiz».

Stabsstelle der ASO ist das Auslandschweizer-Sekretariat. Dieses bietet unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern im Ausland eine Vielzahl von Dienstleistungen an.

Dazu gehören u. a. Information, Betreuung und Rechtsberatung von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern sowie die Organisation des jährlich stattfindenden Auslandschweizerkongresses und der Versammlungen des Auslandschweizerrates.

Ferner werden zahlreiche Anfragen in rechtlichen und fürsorgerischen Belangen 4 5

Zusätzlich zu diesen Beiträgen leistet das BBL pro Jahr Beiträge von rund 700 000 Franken an die Druckkosten der «Schweizer Revue».

Betrag für 2007 geschätzt.

3554

durch das Auslandschweizer-Sekretariat beantwortet. Diese Dienstleistungen stehen im Interesse der Eidgenossenschaft, welche sonst gewisse dieser Aufgaben mit allen finanziellen und personellen Konsequenzen selbst zu tragen hätte.

«Schweizer Revue» Die «Schweizer Revue» ist das wichtigste Informationsorgan für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Sie wird von der ASO redigiert, vertrieben und allen bei einer schweizerischen Vertretung gemeldeten Haushalten sechs Mal pro Jahr kostenlos zugestellt (Auflage: gut 370 000 Exemplare). Diese Zeitschrift erscheint in deutscher, französischer, spanischer, englischer und, in etwas abgeänderter Form, auch in italienischer Sprache. Sie soll die Adressatinnen und Adressaten möglichst objektiv und vielfältig über das politische, wirtschaftliche und kulturelle Geschehen in der Schweiz und über Wahlen und Abstimmungen informieren.

Der Bund finanziert mit seinem Beitrag hauptsächlich Redaktion und Versand.

Die «Schweizer Revue» enthält amtliche Seiten, welche durch den Auslandschweizerdienst des EDA verfasst werden. Diese sind sozusagen das Amtsblatt für die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer und enthalten Erläuterungen über Gesetze, Rechte und Pflichten, die von Bedeutung sind. Regelmässig werden dabei auch Fristen publiziert, die es einzuhalten gilt.

Jugenddienst der ASO Das Auslandschweizer-Sekretariat der ASO veranstaltet jährlich eine Anzahl von Winter- und Sommerlagern in der Schweiz, um die Beziehungen von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern im Alter zwischen 15 und 35 Jahren zur Schweiz zu fördern.

Seit Anfang 2001 werden Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern im Alter zwischen 15 und 35 Jahren vom Auslandschweizer-Sekretariat auch Ferienaufenthalte von einer bis sechs Wochen bei schweizerischen Gastfamilien angeboten und vermittelt. Junge Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer können sich auch für Sprachkurse, Schnupperlehren sowie verschiedene Seminare anmelden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer leisten einen individuellen Beitrag.

Stiftung für junge Auslandschweizer Die Stiftung für junge Auslandschweizer kümmert sich um Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im Alter von 7 bis 15 Jahren. Sie bringt Auslandschweizer Kinder und Jugendliche aus verschiedenen Ländern und Kulturen zusammen und fördert den Kontakt
zur Heimat durch Ferienlager in der Schweiz. Während der letzten 80 Jahre hat diese Stiftung über 90 000 Schweizer Kindern aus aller Welt ermöglicht, Ferien in der Schweiz zu verbringen. Dazu haben zahlreiche Freiwillige mit Spenden und anderer Hilfe beigetragen. Seit 1996 ist diese Stiftung dem Auslandschweizer-Sekretariat der ASO angegliedert.

Komitee für Schweizerschulen im Ausland Das Komitee hat die Rechtsform eines Vereins, der die Förderung der vom Bund anerkannten 16 Schweizerschulen im Ausland bezweckt. Die Geschäftsstelle des Komitees ist administrativ dem Auslandschweizer-Sekretariat der ASO angeschlossen. Funktion des Komitees ist, die Schulen zu betreuen, deren Interessen im Inland zu wahren und sie in betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Fragen zu beraten.

3555

Ferner wird der Kontakt unter den verschiedenen Schulen gefördert. Jährlich wird eine Präsidenten- und Schulleiterkonferenz organisiert.

Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein Der Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein übernimmt gewisse Aufgaben, die normalerweise von einer schweizerischen Vertretung im Ausland wahrgenommen werden wie z.B. die Immatrikulation. Für die quasi-konsularische Tätigkeit zugunsten der Schweizer Kolonie in Liechtenstein (wo es keine konsularische Vertretung der Schweiz gibt) erhält der Verein eine Entschädigung von gegenwärtig 13 000 Franken.

Schweizerische Hilfsgesellschaften Mit einem jährlichen Beitrag an die schweizerischen Hilfsgesellschaften sowie an Schweizer Institutionen und Schweizer Altersheime im Ausland sollen vor allem kranke, betagte und einsame Mitbürgerinnen und Mitbürger im Ausland finanziell unterstützt werden.

1.1.1.2

Gesetzliche Grundlage

Für vier der erwähnten Bundesbeiträge besteht bereits heute eine formell-gesetzliche Grundlage: ­

Auf Artikel 10 Absatz 2 des Auslandschweizer-Ausbildungsgesetzes vom 9. Oktober 19876 abstützen lassen sich die Finanzhilfen an das Komitee für Schweizerschulen im Ausland, an den Jugenddienst der ASO und an die Stiftung für junge Auslandschweizer.

­

Auf Artikel 4 Absatz 2 des Bundesgesetzes vom 21. März 19737 über die Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer (ASFG) abstützen lassen sich die Beiträge an schweizerische Hilfsgesellschaften.

Ohne formell-gesetzliche Grundlagen erfolgt indessen die Unterstützung: ­

der ASO,

­

der «Schweizer Revue» und

­

des Schweizer Vereins im Fürstentum Liechtenstein.

Diese Beiträge werden ausschliesslich gestützt auf Artikel 1 Absatz 2 Buchstaben a, b und c der befristeten Verordnung über die finanzielle Unterstützung von Auslandschweizer Institutionen gewährt.

6 7

SR 418.0 SR 852.1

3556

1.1.2

Verordnung über die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige

Im Jahr 1973 wurde das ASFG8 erlassen. Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige wird vom Bund ebenfalls seit jenem Jahr gewährt.

Die entsprechende Verordnung von 1973 wurde vor einigen Jahren ersetzt durch die Verordnung vom 3. Juli 20029 über die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige («Touristenverordnung»). Die «Touristenverordnung» ermöglicht die Auszahlung von Vorschüssen an Schweizer Staatsangehörige, die während einer Auslandreise in Not geraten sind (Art. 1 und 2).

Vorschüsse werden ausgerichtet zur Finanzierung der Heimreise in die Schweiz, als Überbrückungshilfe oder für die Übernahme von Spital- und Arztkosten (Art. 3).

Die gesuchstellende Person hat sich schriftlich zu verpflichten, innert 60 Tagen den in der jeweiligen Landeswährung ausbezahlten Betrag in Schweizer Franken zurückzuzahlen (Art. 7). Der Entscheid über das Gesuch liegt in einfachen Fällen bzw. für geringe Beträge bei der schweizerischen Vertretung, in den übrigen Fällen und für das Inkasso beim Fachbereich Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer des Bundesamts für Justiz (Art. 5 und 10).

Die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige entspricht auch heute noch einem Bedürfnis. Obwohl die Geldbeschaffung im Ausland und die Kommunikation dank neuer Möglichkeiten (Bezahlung mit EC-, Post- und Kreditkarten, Geldüberweisung durch Institutionen wie Western Union, Kontakte per Internet und Mobiltelefon) einfacher geworden sind, ist die Zahl der hilfesuchenden Schweizer Touristinnen und Touristen im Ausland in den letzten Jahren nur leicht gesunken. Die ausbezahlten Summen fluktuieren, bewegen sich aber in etwa gleicher Grössenordnung:

Anzahl Fälle Kosten total (in Franken) durchschnittliche Fallkosten (in Franken)

2004

2005

2006

165

156

145

73 488

99 825

60 395

445

640

417

Insgesamt handelt es sich um eine kleine Gruppe von Personen, die in Not geraten und auf Unterstützung angewiesen sind; für die Betroffenen ist die Gewährung von Vorschüssen indessen nach wie vor äusserst willkommen, da sie sich mit diesen Vorschüssen aus einer misslichen Lage befreien können.

1.2

Die beantragte Neuregelung

Die Zahl der Schweizer Staatsangehörigen im Ausland steigt kontinuierlich. Die Schweiz hat ein Interesse daran, dass Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im Interesse des gesellschaftlichen Zusammenhalts ihre Beziehung zur Schweiz 8 9

SR 852.1 SR 191.2

3557

aktiv pflegen. Die Auslandschweizer Institutionen erfüllen mit ihren Dienstleistungen eine wichtige Aufgabe, indem sie diese Kontaktpflege einschliesslich der Ausübung der politischen Rechte in der Schweiz erleichtern. Es ist offensichtlich, dass die Unterstützung dieser Institutionen eine Daueraufgabe bildet. Sie soll deshalb in einem unbefristeten Gesetz verankert werden, wobei die Finanzhilfen zugunsten der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im Rahmen der vom Parlament bewilligten Kredite auch in Zukunft durch das EDA ausgerichtet werden sollen.

Auch die kurzfristige Unterstützung von Schweizerinnen und Schweizern, die sich vorübergehend im Ausland aufhalten, erweist sich als Daueraufgabe; das Bedürfnis nach Hilfe besteht auch in der heutigen Zeit und trotz der heutigen technischen Möglichkeiten der Kommunikation und des Geldtransfers weiterhin. Es ist deshalb auch in diesem Bereich zweckmässig, die befristete Rechtsgrundlage durch eine dauerhafte Regelung abzulösen.

Gemäss Artikel 164 Absatz 1 Buchstabe e der Bundesverfassung müssen wichtige rechtsetzende Bestimmungen über Aufgaben und Leistungen des Bundes in einem formellen Gesetz verankert werden. Mit andern Worten:In einem formellen Gesetz muss der Grundsatz der Gewährung einer Finanzhilfe oder einer Abgeltung enthalten sein und deren Zweck umschrieben werden. Auch grundlegende Bestimmungen über Rechte und Pflichten von Personen müssen in einem Gesetz verankert sein (Art. 164 Abs. 1 Bst. c BV).

Der einfachste Weg zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine dauerhafte Weiterführung der Verordnungen besteht darin, auf Gesetzesstufe die noch fehlenden Normen zu schaffen.

Der Bundesrat schlägt vor, in einem Mantelerlass mit dem Titel «Bundesgesetz über die Schaffung gesetzlicher Grundlagen für die finanzielle Unterstützung von Schweizer Staatsangehörigen im Ausland» die beiden notwendigen Gesetzesrevisionen zusammenzulegen und gemeinsam dem Referendum zu unterstellen. Dieses Vorgehen drängt sich auf, weil es materiell in beiden Vorhaben um die Unterstützung von Schweizerinnen und Schweizern im Ausland geht, in beiden Bereichen das gleiche Ziel verfolgt wird, nämlich die Ablösung des bisher befristeten durch unbefristetes Recht, der gleiche Lösungsweg eingeschlagen wird und mit den Änderungen keine nennenswerten materiellen Neuerungen verbunden sind.

1.2.1

Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte der Auslandschweizer

Die Unterstützung der ASO und der «Schweizer Revue» sowie des Schweizer Vereins im Fürstentum Liechtenstein soll im Bundesgesetz vom 19. Dezember 197510 über die politischen Rechte der Auslandschweizer verankert werden. Dieses Gesetz regelt die Ausübung der politischen Rechte durch Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer. Es stützt sich auf Artikel 40 BV.

Wie oben ausgeführt, tragen die ASO und die ihr angeschlossenen Institutionen durch ihre Tätigkeit massgeblich dazu bei, die Beziehung der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer zur Schweiz zu stärken und zu fördern. Die ASO fördert 10

SR 161.5

3558

den politischen Meinungsbildungsprozess unter und mit den Landsleuten im Ausland durch deren regelmässige Information über die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen in der Schweiz.

In ihrem dafür wichtigsten Informationsorgan, der «Schweizer Revue», werden die Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer überdies über die Schaffung und Änderung von Gesetzen sowie von anderen sie direkt betreffenden Rechten und Pflichten orientiert. Die «Schweizer Revue» vermittelt ihnen ebenfalls einen regelmässigen Überblick über aktuelle Abstimmungsvorlagen und Initiativen. Mit der Verankerung der «Schweizer Revue» in einer formell-gesetzlichen Grundlage sollen die Art und Weise der Information der Auslandschweizer nicht auf die bisherige Form der Zeitschrift reduziert und für alle Zukunft festgeschrieben werden. Wandelnde Bedürfnisse der Auslandschweizerinnen und -schweizer und die Berücksichtigung der fortschreitenden technischen Entwicklung sollen in die Gestaltung der Zeitschrift einfliessen können, so dass diese in Zukunft auch in elektronischer Version mit einem völlig anderen Erscheinungsrhythmus erscheinen könnte.

Die ASO leistet mit dieser Informationsarbeit und als Diskussionsforum für die Anliegen der Auslandschweizerinnen und -schweizer einen wesentlichen Beitrag, damit die Landsleute im Ausland ihre politischen Rechte auf der Basis fundierter Kenntnisse über die Schweiz und die aktuellen schweizerischen Entwicklungen ausüben können. Sie stärkt damit die Mitwirkungsrechte der Auslandschweizer und Auslandschweizerinnen, die im Zuge derer wachsender politischen Bedeutung immer wichtiger werden.

Der sich daraus ergebende enge sachliche Zusammenhang zwischen der Unterstützung der Auslandschweizerorganisationen und der Ausübung der politischen Rechte der Auslandschweizerinnen und -schweizer legt die Integration der neuen Bestimmung in das Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer nahe.

Ein neuer Artikel 7a soll dementsprechend den Bundesrat ermächtigen, auf Verordnungsstufe die finanzielle Unterstützung von Organisationen und Institutionen zu regeln, die die Beziehung der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer untereinander und zur Schweiz fördern.

Wie oben dargelegt, erbringt der Schweizer Verein im Fürstentum Liechtenstein quasi-konsularische Dienstleistungen. Zu
diesen Tätigkeiten gehört auch die Immatrikulation von Auslandschweizerinnen und Auslandschweizern, die eine Voraussetzung für deren Ausübung der politischen Rechte darstellt. Mit der Ergänzung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte der Auslandschweizer wird eine gesetzliche Grundlage für die Abgeltung dieser Dienstleistungen geschaffen (Art. 7a Abs. 3).

1.2.2

Änderung des Bundesgesetzes über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer

Die Unterstützung vorübergehend im Ausland weilender Schweizer Staatsangehöriger, die in Not geraten sind, soll im ASFG11 verankert werden.

11

SR 852.1

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Inhaltlich ist die heutige Verordnung über die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige unbestritten, wie die kürzlich vorgenommene Verlängerung zeigt. Der persönliche Geltungsbereich erfasst ausdrücklich auch anerkannte Flüchtlinge und Staatenlose mit Wohnsitz in der Schweiz, die sich beim Aufenthalt im Ausland in einer vergleichbaren Situation wie Schweizer Staatsangehörige befinden: sie können im Notfall von keiner anderen Landesvertretung als jener der Schweiz Hilfe erwarten. Zudem ist die Schweiz aufgrund des internationalen Rechts dazu verpflichtet, diese Personen gleich wie die eigenen Staatsangehörigen zu behandeln (vgl. Ziff. 5.2). Hingegen soll die Hilfe nicht auf andere in der Schweiz wohnhafte Ausländerinnen und Ausländer ausgedehnt werden. Diesen kann ihr Heimatland beziehungsweise deren Vertretung weiterhelfen.

Der einfachste Weg zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für eine dauerhafte Weiterführung der «Touristenverordnung»besteht darin, auf Gesetzesstufe die wichtigsten Aspekte zu regeln.

Das ASFG regelt die Fürsorge an Schweizer Bürgerinnen und Bürger, die im Ausland Wohnsitz haben oder sich seit mehr als drei Monaten dort aufhalten (Art. 2). Die Verordnung über die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige begünstigt einen andern Personenkreis, nämlich Schweizer Staatsangehörige, die sich seit weniger als drei Monaten im Ausland aufhalten und dort keinen Wohnsitz haben (Art. 2 der Verordnung). Die finanzielle Hilfe an Touristen ist jedoch inhaltlich und von den Abläufen her eng mit der Auslandschweizerfürsorge verwandt: ­

In beiden Fällen liegt eine Notlage im Ausland vor.

­

Die Touristenhilfe bildet sachlich einen Spezialfall der Sozialhilfe an im Ausland weilende Schweizerinnen und Schweizer: Sie ist auf einen finanziellen Vorschuss beschränkt und wird Personen gewährt, die bald wieder in die Schweiz zurückkehren.

­

Das Verfahren ist gleich ausgestaltet wie bei der Sozialhilfe für Auslandschweizerinnen und -schweizer: Die Unterstützung erfolgt durch die Vertretungen im Ausland in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Justiz.

Wegen der inhaltlichen Nähe zur Auslandschweizerfürsorge ist es sinnvoll, die Norm für die «Touristenhilfe» ins ASFG zu integrieren.

Weil damit gewissermassen ein neuer Zweig der Sozialhilfe an Auslandschweizerinnen und -schweizer in das Gesetz eingefügt wird, der seine verfassungsrechtliche Grundlage nicht in Artikel 40 BV (Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer), sondern in Artikel 54 BV (auswärtige Angelegenheiten) findet, müssen allerdings der Titel und die Struktur des bisherigen Gesetzes angepasst werden. Dies ist ohne grossen Aufwand möglich, weil das ASFG heute in Abschnitte gegliedert ist und somit problemlos eine Kapitelüberschrift eingefügt werden kann. Die bisherige Nummerierung und Gliederung des ASFG bleiben unverändert; das Gesetz wird lediglich durch ein zweites Kapitel betreffend die Touristenhilfe ergänzt.

3560

2

Erläuterungen zu einzelnen Artikeln

2.1

Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer

Ingress Der Ingress wird an die neue Bundesverfassung angepasst.

Art. 7a

Finanzhilfen

Diese Subventionsbestimmung ist als Kann-Vorschrift formuliert. Es liegt im Ermessen des Bundes, Institutionen und Organisationen finanziell zu unterstützen, die die Förderung der Beziehungen der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer zur Schweiz und untereinander verfolgen. Zweck, Beitragsempfängerinnen und -empfänger sowie die Voraussetzungen zur Ausrichtung der Beiträge werden in der Verordnung näher umschrieben. Der Bundesrat kann die Unterstützung im Rahmen der bewilligten Kredite ausrichten.

2.2

Bundesgesetz über Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer

Titel und Ingress Weil die Touristenhilfe nicht Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im Sinne von Artikel 40 BV betrifft, müssen Titel und Ingress des heutigen Gesetzes erweitert werden.

Ersatz von Ausdrücken Die vorliegende Revision wird zum Anlass genommen, die alte Terminologie den heutigen Sprachgewohnheiten anzupassen: Der Begriff «Fürsorge» wird durch «Sozialhilfe» ersetzt.

Art. 22a

Geltungsbereich

Artikel 2 ASFG definiert, welche Personen als Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer im Sinne dieses Gesetzes zu betrachten sind. Im Unterschied zu dieser Bestimmung erfasst Artikel 22a in zeitlicher Hinsicht nur Personen, die sich seit weniger als drei Monaten im Ausland aufhalten. Zur Rechtsstellung der anerkannten Flüchtlinge und der Staatenlosen vgl. Ziff. 1.2.2.

Art. 22b

Voraussetzungen

Die neue Bestimmung hält die Grundsätze der heutigen Verordnung über die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige fest. Sie stellt klar, dass der Betrag der gesuchstellenden Person ausgerichtet wird und dass diese verpflichtet ist, ihn zurückzuerstatten. Auf eine Verzinsung der Darlehen wird verzichtet. Die Darlehen setzen eine Notlage voraus und werden nur für die im Gesetz festgehaltenen Zwecke gewährt.

3561

3

Auswirkungen

3.1

Auswirkungen auf den Bund

Gestützt auf die beiden Bestimmungen können künftig unbefristete Verordnungen erlassen werden.

Die Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte der Auslandschweizer hat weder zusätzliche Ausgaben noch einen grösseren Personalaufwand zur Folge, da sich materiell nichts ändert.

Die Änderung des ASFG bringt ebenfalls weder zusätzliche Ausgaben noch zusätzlichen Personalaufwand, da die geltende «Touristenverordnung» materiell unverändert beibehalten werden kann.

3.2

Auswirkungen auf die Kantone und die Gemeinden

Die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen im Bundesgesetz über die politischen Rechte der Auslandschweizer und im Bundesgesetz über die Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer dient der Fortführung der beiden bereits existierenden Verordnungen und hat keinerlei Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden.

3.3

Volkswirtschaftliche Auswirkungen

Beide Änderungen haben keine Auswirkungen auf die Volkswirtschaft.

4

Verhältnis zur Legislaturplanung

Die Vorlage ist in der Botschaft über die Legislaturplanung 2007­2011 angekündigt12.

5

Rechtliche Aspekte

5.1

Verfassungsmässigkeit

Die Änderungen des Bundesgesetzes über die politischen Rechte der Auslandschweizer stützen sich auf Artikel 40 Absatz 1 BV.

Das Bundesgesetz über die Fürsorgeleistungen an Auslandschweizer stützt sich auf Artikel 40 Absatz 2 BV. Mit der Verordnung über die finanzielle Hilfe an vorübergehend im Ausland weilende Schweizer Staatsangehörige wird Personen Hilfe geleistet, die keine Auslandschweizerinnen und -schweizer im Sinne dieser Verfassungsnorm sind, da sie keinen Wohnsitz im Aufenthaltsstaat haben13.

12 13

BBl 2008 824 Botschaft vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung (Botschaft BV), BBl 1997 I 1 ff., S. 225; Kellerhals, St. Galler Kommentar BV zu Art. 40, Rz. 6.

3562

Die neue Bestimmung im ASFG lässt sich jedoch auf Artikel 54 BV (auswärtige Angelegenheiten) abstützen. Zu den auswärtigen Angelegenheiten, für die der Bund zuständig ist, gehören auch innerstaatliche Massnahmen wie rechtsetzende Erlasse, sofern sie einen genügenden Aussenbezug aufweisen14.

5.2

Vereinbarkeit mit internationalen Verpflichtungen der Schweiz

Das Völkerrecht steht der finanziellen Unterstützung eigener Staatsangehöriger im Ausland und Sozialhilfeleistungen an diese nicht entgegen. Ausländische Staatsangehörige können sich an ihren Heimatstaat wenden. Die Ungleichbehandlung beruht auf einer objektiven und sachlichen Rechtfertigung und entspricht damit einem allgemeinen Grundsatz des internationalen Rechts. Die Unterstützung stellt demnach keine unzulässige Diskriminierung ausländischer Staatsangehöriger dar.

Die hier zur Diskussion stehenden Regelungen stehen in keinerlei Widerspruch zu den Sozialhilferegeln und -abkommen zwischen der Schweiz und anderen Staaten.

In der Europäischen Gemeinschaft (EG) gehört die konsularische Hilfe primär in die Domäne des nationalen Rechts. Mitgliedstaaten der EG sind zwar verpflichtet, anderen Unionsbürgerinnen und -bürgern unter gewissen Voraussetzungen konsularischen Schutz unter denselben Bedingungen wie eigenen Staatsangehörigen zu gewähren. Das Recht auf diesen Schutz fliesst aber aus der Unionsbürgerschaft und ist nicht Teilgehalt der Personenenfreizügigkeit. Das Freizügigkeitsabkommen Schweiz-EG15 sieht denn auch keine entsprechende Bestimmung vor. Daher steht die finanzielle und fürsorgerische Unterstützung eigener Staatsangehöriger im Ausland im Einklang mit den Verpflichtungen, die die Schweiz im Rahmen der bilateralen Abkommen mit der EG eingegangen ist.

Die Gleichstellung der in der Schweiz wohnhaften Flüchtlinge und Staatenlosen mit Schweizer Staatsangehörigen wird vom internationalen Recht verlangt (Art. 23 des Abkommens vom 28. Juli 195116 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, für die Schweiz in Kraft getreten am 1. April 1955, bzw. Art. 23 des Übereinkommens vom 28. September 195417 über der Rechtsstellung der Staatenlosen, für die Schweiz in Kraft getreten am 1. Oktober 1972).

14 15

16 17

Botschaft BV, S. 230; Ehrenzeller, St. Galler Kommentar BV zu Art. 54, Rz. 3 a.E.

Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (SR 0.142.112.681).

SR 0.142.30 SR 0.142.40

3563

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