11.4

Beilage 11.4 Teil IV:

2007-2834

Beilage nach Artikel 13 Absätze 1 und 2 Zolltarifgesetz (zur Genehmigung)

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11.4

Botschaft zu Änderungen der Schweizer WTO-Verpflichtungsliste LIX im Bereich pharmazeutischer Stoffe vom 16. Januar 2008

11.4.1 11.4.1.1

Allgemeiner Teil Einführung

Die WTO-Verpflichtungsliste LIX-Schweiz-Liechtenstein (in der Folge: Liste LIX) ist dem Protokoll von Marrakesch (SR 0.632.20, Anhang 1A.2) zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen von 1994 (GATT 94, SR 0.632.29, Anhang 1A.1) beigefügt1. Sie bildet einen integralen Bestandteil der von der Schweiz im Rahmen der WTO eingegangenen völkerrechtlichen Verpflichtungen. Änderungen dieser Liste unterliegen den einschlägigen Verfahrensbestimmungen der WTO und machen landesrechtlich entsprechende Anpassungen des schweizerischen Generaltarifs erforderlich, der in den nicht veröffentlichten Anhängen 1 und 2 des Zolltarifgesetzes (ZTG; SR 632.10) enthalten ist.

Der Bundesrat hat die Verhandlungsergebnisse der dritten Revision der sektoriellen Pharma-Initiative am 8. Juni 2007 unter Vorbehalt ihrer Genehmigung gutgeheissen und beschlossen, die Änderungen der Liste LIX ab 1. Juli 2007 vorläufig anzuwenden. Zur Umsetzung dieser Ergebnisse hat er in Anwendung von Artikel 9a ZTG eine Verordnung2 erlassen, welche die Beseitigung der Zollansätze auf den 1. Juli 2007 für die relevanten pharmazeutischen Produkte umsetzt. Diese Massnahme wird den Eidgenössischen Räten im Rahmen des Berichts über zolltarifarische Massnahmen (Ziff. 11.3.2.1.3) unterbreitet.

Mit der vorliegenden Botschaft unterbreite der Bundesrat dem Parlament wir die Änderungen der Liste LIX im Bereich pharmazeutischer Stoffe zur Genehmigung.

11.4.1.2

Erfolgte Änderungen der Liste LIX

Bei den Verhandlungen über den Marktzutritt der Uruguay-Runde kamen grundsätzlich zwei Verhandlungsarten zur Anwendung: Einerseits wurden bilaterale Verhandlungen geführt, die den gegenseitigen Austausch von Konzessionen für die wichtigsten Exportgüter zwischen zwei GATT-Vertragsparteien zum Inhalt hatten.

Andererseits fanden sektorielle Verhandlungen zwischen den Hauptexporteuren statt, mit dem Ziel, in bestimmten Sektoren Zölle schrittweise zu senken oder zu 1

2

Die Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein wurde in der Amtlichen Sammlung nicht veröffentlicht. Ein Separatdruck (Stand 1. Januar 2007) kann bei der Eidgenössischen Zollverwaltung (Oberzolldirektion, Hauptabteilung Zolltarif, 3003 Bern, Fax: 031/322 78 72) bezogen oder eingesehen werden.

Verordnung vom 8. Juni 2007 über die Änderung des Zolltarifs in Anhang 1 des Zolltarifgesetzes und über die Anpassung einer Verordnung im Zusammenhang mit dieser Änderung (AS 2007 2885)

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beseitigen (sogenannte Sektorinitiativen). Aufgrund der im GATT-/WTO-Abkommen vorgesehenen Meistbegünstigungsklausel musste das Ergebnis bei beiden Verhandlungsarten allen WTO-Mitgliedern zugute kommen.

Die Schweiz hat sich an der Sektorinitiative zur Beseitigung der Zölle und Abgaben für pharmazeutische Stoffe (sog. Pharma-Initiative) beteiligt. Beim Abschluss der Verhandlungen haben sich die betroffenen Mitglieder3 verpflichtet, regelmässig, mindestens alle drei Jahre, den Produkteumfang der Pharma-Initiative zu revidieren (Evolutivklausel), damit Innovationen erfasst werden können (vgl. GATT-Botschaft 1 vom 19. September 1994, BBl 1994 IV 136, Ziff. 2.2.2.3). Bei den Beitrittsverhandlungen zur WTO hat die Slowakei 1995 diese Initiative ebenfalls gutgeheissen.

Macao ist im Juli 1997 Mitglied geworden.

Die erzielten Resultate wurden gemäss der Meistbegünstigungsregel allen WTOMitgliedern eingeräumt. Die an der Sektorinitiative beteiligten Mitglieder haben die Resultate direkt in ihre jeweiligen Verpflichtungslisten aufgenommen.

Die Schweizer Zollsenkungsverpflichtung ist in den Anhängen I-IV ihrer Liste LIX sowie im schweizerischen Zolltarifgesetz entsprechend aufgeführt. Dem Produkteumfang der Pharma-Initiative (über 6000 Produkte) sowie der darin enthaltenen Evolutivklausel haben die eidgenössischen Räte mit Bundesbeschluss vom 16. Dezember 1994 (SR 632.105.16) zugestimmt (siehe auch GATT-Botschaft 1 vom 19. September 1994, BBl 1994 IV 136).

Die erste und die zweite Revision des Produkteumfangs der Pharma-Initiative (Pharma II und Pharma III), die zwischen November 1995 und Juli 1996 bzw. zwischen Oktober 1997 und Oktober 1998 erfolgten, haben die Aufnahme von rund 1200 neuen Produkten in die Liste der zollfreien Produkte ermöglicht. Das Parlament hat diesen beiden Revisionen zugestimmt: der ersten mit dem Bundesbeschluss vom 21. März 1997 betreffend Änderungen der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein (AS 1997 2256) und mit der Änderung vom 30. April 1997 des Zolltarifgesetzes (AS 1997 2236); der zweiten mit dem Bundesbeschluss vom 15. Juni 2000 betreffend Änderungen der Liste LIX-Schweiz-Liechtenstein im Bereich pharmazeutischer Stoffe (BBl 2000 3669) und dem Bundesbeschluss betreffend die vorläufige Anwendung von Zollkonzessionen im Bundesbeschluss vom 15. Juni 2000 über die Genehmigung von
zolltarifarischen Massnahmen (BBl 2000 3649), der im Rahmen des Berichtes über zolltarifarische Massnahmen im 2. Halbjahr 1999 (BBl 2000 1789) unterbreitet wurde.

Die schrittweise Liberalisierung nach Massgabe dieser Revisionen bedeutet für die Schweiz die Vornahme von periodischen Anpassungen ihrer Liste LIX und damit auch des schweizerischen Zolltarifs.

Mit der nun vereinbarten Erweiterung der Pharma-Initiative wird 1290 zusätzlichen pharmazeutischen Produkten Zollfreiheit gewährt. Die Änderungen sind nachfolgend (Ziff. 11.4.2.1) detailliert beschrieben.

3

An der Pharma-Initiative haben sich neben der Schweiz die folgenden WTO-Mitglieder beteiligt: Europäische Union, Japan, Kanada, Norwegen, Tschechien, Slowakei und die Vereinigten Staaten von Amerika.

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11.4.2 11.4.2.1

Besonderer Teil Änderung der Liste LIX

Der ersten Vorbereitungen für die dritte Revision der Pharma-Initiative wurden im März 2000 aufgenommen, doch die eigentliche Revision begann erst im April 2004.

Sie dauerte bis 20. Oktober 2006 und verlief in Übereinstimmung mit der unter Ziffer 11.4.1.2 erwähnten Evolutivklausel. Die Position der Schweiz wurde in Abstimmung mit der Pharma- und der Chemiebranche festgelegt.

Das Verhandlungsergebnis wurde am 12. März 2007 im WTO-Sekretariat hinterlegt.

Es stellt einen Konsensentscheid unter den Mitgliedern der Pharma-Initiative dar und wird von der Schweizer Industrie vollumfänglich mitgetragen.

Das Ergebnis der Verhandlungen, das die Anhänge I-IV der Liste LIX betrifft, kann wie folgt zusammengefasst werden: ­

Anhang I (INN-Stoffe = «International Non-Proprietary Names») wird mit 820 Produkten aus den WHO-Listen 79­93 ergänzt.

­

Anhang II (Präfixe und Suffixe für Salze, Ester und Hydrate von INN des Anhangs I) wird vereinfacht und ersetzt den alten Anhang II.

­

Anhang III (Salze, Ester und Hydrate aktiver INN-Substanzen, die nicht nach derselben HS-Position klassifiziert sind) wird nicht geändert.

­

Anhang IV (zollfrei zugelassene Zwischenprodukte, d.h. Verbindungen, die bei der Herstellung von pharmazeutischen Fertigprodukten verwendet werden) wird mit 470 neuen Zwischenprodukten ergänzt.

11.4.3 11.4.3.1

Auswirkungen Bund

Die Beseitigung der Zölle für 1 290 pharmazeutische Stoffe wird zu einem Zollausfall von höchstens 20 000 Schweizerfranken führen.

Diese Änderung hat keine Auswirkungen auf den Personalbestand.

11.4.3.2

Kantone und Gemeinden

Die Anpassung des Produkteumfangs im Verlauf der dritten Revision der PharmaInitiative hat keine Auswirkungen auf Kantone und Gemeinden.

11.4.3.3

Volkswirtschaft

Die Beseitigung der Zölle führt zu einer Verbesserung der Marktzutrittsmöglichkeiten der schweizerischen Exportindustrie, da die übrigen Teilnehmer der Sektorinitiative ihrerseits die Zölle auf den von der dritten Revision betroffenen Produkten eliminiert haben. Die Preise verschiedener pharmazeutischer Produkte dürften leicht sinken, da die Zölle für über 470 Zwischenprodukte abgeschafft wurden.

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11.4.4

Legislaturplanung

Da die Vorlage aus einer Verhandlung hervorgeht, welche die Uruguay-Runde des GATT ergänzt, ist sie in der Legislaturplanung 2003­2007 nicht spezifisch erwähnt.

Sie entspricht jedoch dem Ziel 8 (Die internationale Verantwortung wahrnehmen ­ Chancen für schweizerische Exporte wahren) dieser Planung (BBl 2004 1149).

11.4.5

Verhältnis zum europäischen Recht

Die Änderung der Liste LIX hat keinen Bezug zum europäischen Recht. Im Rahmen der Beziehungen Schweiz-EFTA und Schweiz-EU unterliegen die Pharmaprodukte seit langem dem Freihandel.

11.4.6

Gültigkeit für das Fürstentum Liechtenstein

Die Änderung des Generaltarifs und der Liste LIX hat auch für das Fürstentum Liechtenstein Gültigkeit, solange dieses durch eine Zollunion mit der Schweiz verbunden ist.

11.4.7 11.4.7.1

Rechtsgrundlagen WTO-rechtliche Grundlagen für die Änderungen der Liste LIX

Das Eingehen von zusätzlichen Zollsenkungsverpflichtungen, wie dies im Rahmen dieser dritten Revision der Pharma-Initiative geschehen ist, stellt WTO-rechtlich einen Liberalisierungsschritt dar, der jederzeit vorgenommen werden kann.

Es ist vorgesehen, die Änderungen der Liste LIX über pharmazeutische Stoffe beim WTO-Sekretariat zu hinterlegen. Die geänderte Liste LIX erlangt endgültig Rechtskraft, sofern innert einer Frist von 90 Tagen keine Einsprachen anderer WTOMitglieder beim WTO-Sekretariat eingehen.

Nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c des Bundesgesetzes über das Vernehmlassungsverfahren (VlG; SR 172.061) ist bei völkerrechtlichen Verträgen, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert, ein Vernehmlassungsverfahren durchzuführen. Da die interessierten Wirtschaftskreise von Anfang an aktiv an der dritten Revision der PharmaInitiative beteiligt waren, wurde auf eine Vernehmlassung im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe c VlG verzichtet.

11.4.7.2

Verfassungsgrundlage

Die Verfassungsgrundlage für den Bundesbeschluss betreffend die Änderung der Liste LIX bildet Artikel 54 Absatz 1 der Bundesverfassung (BV; SR 101). Dieser ermächtigt den Bund, völkerrechtliche Verträge abzuschliessen. Die Zuständigkeit der Bundesversammlung ergibt sich aus Artikel 166 Absatz 2 BV.

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Gemäss Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d BV unterliegen diejenigen Staatsverträge dem Referendum, die unbefristet und unkündbar sind, die den Beitritt zu einer internationalen Organisation vorsehen, die wichtige rechtsetzende Bestimmungen enthalten oder deren Umsetzung den Erlass von Bundesgesetzen erfordert. Als Anhang zum GATT 1994 ist die Liste LIX kündbar (vgl. Protokoll von Marrakesch zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen 1994; SR 0.632.20, Anhang 1A.2, Ziff. 1). Mit der vorgeschlagenen Änderung dieser Liste ist kein Beitritt zu einer internationalen Organisation verbunden4, da die Schweiz bereits seit 1995 Mitglied der Welthandelsorganisation ist. Die Umsetzung der Änderungen der Liste LIX, die erga omnes anwendbar sind, erfordert die Änderung der im Anhang des ZTG enthaltenen Zolltarife. In Übereinstimmung mit Artikel 9a ZTG wurde diese Änderung vom Bundesrat am 8. Juni 2007 auf dem Verordnungsweg5 vorläufig gutgeheissen.

Wenn Massnahmen nach den Artikeln 4­7 und 9a ZTG getroffen werden, erstattet der Bundesrat gemäss Artikel 13 Absatz 1 Buchstabe b ZTG der Bundesversammlung jährlich Bericht, damit Letztere die vorläufigen Änderungen der Liste LIX genehmigt. Da die im Bundesbeschluss enthaltenen Änderungen die Änderung eines Bundesgesetzes (Zolltarifgesetz) nach sich ziehen, unterliegt der Bundesbeschluss dem fakultativen Staatsvertragsreferendum nach Artikel 141 Absatz 1 Buchstabe d Ziffer 3 BV.

4 5

Vgl. dazu auch GATT-Botschaft 1 vom 19. September 1994 (BBl 1994 IV 1), Ziff. 8.3.2 (S. 419 der Botschaft).

AS 2007 2885

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