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Bundesratsbeschluss betreffend

die Allgemeinverbindlicherklärung des Gesamtarbeitsvertrages für das schweizerische Sattler- und SattlerTapezierergewerbe . (Vom 2. März 1948)

Der schweizerische B u n d e s r a t , auf Gesuch interessierter Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände, gestützt auf Art. 3, Abs. 2, des Bundesbeschlusses vom 23. Juni 1943/ 30. August 1946 betreffend die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen beschliesst :

Art. l 1

Dieser Bundesratsbeschluss erstreckt sich auf die gesamte schweizerische Eidgenossenschaft.

2 Es werden von ihm alle Betriebe des Sattler- und Sattler-Tapezierergewerbes erfasst. Ausgenommen sind Betriebe, die Sattler- und Sattler-Tapeziererarbeiten nicht auf dem Markte anbieten.

3 Dem Beschluss unterstehen alle gelernten Sattler und SattlerTapezierer. Ausgenommen sind Arbeitnehmer, welche eine Lehrabschlussprüfung auf Grund der vom eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement erlassenen Reglemente über die Lehrlingsausbildung und die Mindestanforderungen der Lehrabschlussprüfung im Tapezierer-DekorateurBerufe bestanden haben.

4 Für die Arbeitnehmer günstigere gesetzliche Vorschriften und vertragliche Abmachungen bleiben vorbehalten.

Art. 2 Aus dem Gesamtarbeitsvertrag vom 17. Mai 1947 für das schweizerische Sattler- und Sattler-Tapezierergewerbe werden folgende Bestimmungen allgemeinverbindlich erklärt :

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Ziff. II Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt für Fabrikbetriebe 48 Stunden, Arbeitszeit für die übrigen Betriebe 48 bis höchstens 52 Stunden." Am Samstag ist spätestens um 16 Uhr Arbeitsschluss.

2 Überzeit ist extra zu entschädigen und zwar bis 20 Uhr abends mit 25% Zuschlag; Nacht- und Sonntagsarbeit mit 50% Zuschlag. Die Überzeit kann auf Wunsch des Arbeiters in dem Fabrikgesetz nicht unterstellten Betrieben durch entsprechende Freizeit ausgeglichen werden.

1

Ziff. III Für die Einteilung der Ortschaften gilt das Verzeichnis der Lohn- Lohn und Verdienstersatzordnung, ausgenommen die Städte über 100 000 Einwohner.

2 Es werden folgende Minimalstundenlöhne inklusive Teuerungszulage festgesetzt, die auch als Minimalgrundlagen für Akkordarbeiten gelten : 1

b Städtische Verhältnisse c Halbstädtische und ländliche Verhältnisse Jungarbeiter erhalten nach der Lehre im 1.

Fr.

2.

Fr.

1.90

» 2 . 20 » 2.05 3. Jahre Fr.

2 d. Großstädte und städtische Verhältnisse 1.80 e . Halbstädtische und ländliche Verhältnisse 1.65 1.75 1.85 3 In Härtefällen kann die paritätische Kommission für einzelne Betriebe von der oben festgelegten Einteilung abweichen.

4 In Betrieben in ländlichen Verhältnissen mit ausschliesslicher Bauernkundschaft kann der Mindestlohnansatz der Kategorie c um höchstens 20 Rp., der Kategorie e um je höchstens 10 Rp. unterschritten werden.

5 Minderleistungsfähige können nach Vereinbarung entlöhnt werden.

6 Für die Gewährung von Kost und Logis kann der Arbeitgeber pro Tag folgende Ansätze anrechnen: Kost Fr. 4.70 Logis Fr.--.80 Total Fr. 5.50.

7 Die Lohnauszahlung hat monatlich wenigstens zweimal zu erfolgen.

Die Auszahlung soll mit Schluss der Arbeitszeit beendet sein.

8 Jedem Arbeitnehmer kann der Lohn von höchstens zwei Arbeitstagen als Standgeld zurückbehalten werden. Das Standgeld verfällt als Konventionalstrafe, wenn das Dienstverhältnis vom Arbeiter vertragsoder gesetzwidrig ohne Beachtung der Kündigungsfrist gelöst wird.

Ziffer IV.

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf bezahlte Ferien, und zwar: Ferien im 1. bis und mit 6. Dienstjahr 6 Arbeitstage, im 7. bis und mit 12. Dienstjahr 10 Arbeitstage, nach 12 Dienstjahren 12 Arbeitstage.

Die Ferien werden bei angebrochenen Dienstjahren pro rata temporis vergütet.

2 Beträgt der Arbeitsausfall infolge Krankheit oder Unfall pro Jahr weniger als 30 Tage, so erfolgt kein Abzug an den Ferien. Bei grösserem 1

1182 Arbeitsausfall erfolgt ein Abzug nach Massgabe der ausgefallenen Arbeitszeit. 3 Pro Ferientag wird der normale Tagesverdienst von 8 Arbeitsstunden einschliesslich Teuerungszulagen vergütet. Die Ausrichtung einer Entschädigung in irgendwelcher Form anstelle der tatsächlichen Feriengewährung ist nicht statthaft.

4 Während den Ferien ist jede Erwerbstätigkeit verboten. Zuwiderhandelnden wird die Ferienentschädigung entzogen.

Bezahlte Feiertage

Ziff. V Es werden jährlich 4 Feiertage (Wahl nach Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer) wie folgt vergütet: Verheiratete mindestens Fr. 10, Ledige mindestens » ' 8.

Die Auszahlung erfolgt jeweilen am nächsten Zahltag.

Ziff. VI 1 UnfallDer Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Arbeitnehmer gegen Betriebsversicherung Unfälle zu versichern. Verlangt der Arbeitnehmer auch die Versicherung der Nichtbetriebsunfälle, so hat er die Mehrprämie selbst zu bezahlen.

2 KrankenSofern der Arbeitgeber dem versicherungsfähigen Arbeitnehmer Versicherung einen Beitrag von mindestens Fr. 3 pro Monat an die Kosten einer Krankenversicherung mit Taggeldunterstützung ausrichtet, anerkennen die Vertragsparteien diese Leistung als Ablösung des Anspruches des Arbeitnehmers aus Art. 335 OR, womit der Arbeitgeber bei Krankheit des Arbeitnehmers jeder Lohnzahlung enthoben ist. Die einen solchen Krarikenkassen-Prämienbeitrag entgegennehmenden Arbeitnehmer sind verpflichtet, sich bei einer anerkannten schweizerischen Krankenkasse gegen die Folgen einer Krankheit und auch für ein genügendes Taggeld zu versichern.

Ziff. VII 1 Für unbrauchbare und verpfuschte Arbeit haftet der Arbeitnehmer Entschädifür die Selbstkosten.

gungen 2 Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer Seife, Handtuch 3und Waschgelegenheit zur Verfügung zu stellen.

Das Handwerkzeug ist nach bisherigem Brauch vom Arbeitnehmer zu stellen. Die Kosten für das Schleifen von Schere und Messer übernimmt der Arbeitgeber.

Ziff. VIII Verbot der Den Arbeitnehmern ist es untersagt, Berufsarbeit für Drittpersonen Schwarzauszuführen. Zuwiderhandelnde können nach einmaliger Warnung mit arbeit sofortiger Wirkung entlassen werden.

Ziff. IX x Probezeit und 3Die ersten 14 Tage gelten als Probezeit, während der das ArbeitsKündigung Verhältnis jederzeit auf das Ende des Arbeitstages gelöst werden kann.

2 Die Kündigungsfrist beträgt im ersten Dienstjahr 8 Tage, im überjährigen Dienstverhältnis 14 Tage. Die Kündigung hat auf einen Samstag zu erfolgen.

1183 Ziff. XI Die Arbeitgeber sind verpflichtet, über die Arbeit und den Lohn Kontrolle ihrer Arbeitnehmer Buch zu führen. Aus dieser Buchführung sollen Arbeitszeit und Lohn der einzelnen Arbeitnehmer ersichtlich sein.

2 Die in Ziff. XII des Gesamtarbeitsvertrages vorgesehene paritätische Kommission ist ermächtigt, sich über die Einhaltung der allgemeinverbindlich erklärten Bestimmungen zu vergewissern und die zu diesem Zwecke erforderlichen Kontrollen bei den von der Allgemeinverbindlicherklärung erfassten Arbeitgebern und Arbeitnehmern durchzuführen oder durch3 von ihr bezeichnete Personen durchführen zu lassen.

Die sich aus der Durchführung der Kontrollen ergebenden Kosten werden von den beteiligten Verbänden getragen. Sie können der schuldigen Partei teilweise oder ganz Überbunden werden.

1

Ziff. XII Zur Schlichtung der sich aus diesem Vertrag ergebenden Diffe- Paritätische renzen wird eine paritätische Kommission von mindestens 6 Mitgliedern Kommission bestimmt (3 Vertreter des Arbeitgeber-Verbandes und 3 Vertreter der Arbeitnehmer-Verbände). Als Obmann kann eine neutrale Person bezeichnet werden. Diese Kommission wird zusammenberufen, wenn Differenzen in der Auslegung des Vertrages bestehen. Wenn Änderungen des Vertragsinhaltes erforderlich werden, ist die Kommission so zu ergänzen, dass alle Vertragsparteien vertreten sind. Wo wünschbar, sollen auch regionale paritätische Kommissionen geschaffen werden.

2 Es liegt in der Aufgabe dieser Kommission, von Zeit zu Zeit zusammenzutreten, um über die Verhältnisse im Gewerbe zu sprechen.

Im Jahr soll mindestens eine Sitzung stattfinden.

3 Für Streitigkeiten, die sich zwischen einzelnen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aus diesem Gesamtarbeitsvertrag ergeben undjdie nicht durch eine paritätische Kommission geschlichtet werden können, sind die ordentlichen Gerichte zuständig.

1

Art. 3 Dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement steht das Recht zu, zur Wahrung der Interessen der Nichtmitglieder der vertragschliessenden Verbändegegen über der paritätischen Kommission die erforderlichen Anordnungen zu treffen. Diese Nichtmitglieder haben gegen Massnahmeii der Kommission ein Beschwerderecht an das genannte Departement.

Art. 4 Dieser Beschluss tritt mit seiner amtlichen Veröffentlichung in Kraft und dauert bis 80. September 1948.

B e r n , den 2. März 1948.

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Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Cello Der Bundeskanzler: Leimgruber

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1948

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11.03.1948

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