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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Fonds für gewerbliche Hilfseinrichtungen (Vom 19. März 1948)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Durch den Bundesbeschluss vom 24. März 1947 über die Errichtung von besonderen Fonds aus den Einnahmen der zentralen Ausgleichsfonds der Lohnund Verdienstersatzordnung (A. S. 63,228) sind dem bereits bestehenden «Fonds zur Unterstützung von Hilfseinrichtungen für das Gewerbe» (gemäss dem vorliegenden Entwurf hinfort «Fonds für gewerbliche Hilfseinrichtungen» genannt) 6 Millionen Franken zugewiesen worden. Nach Art. 3 des genannten Beschlusses ist über die Verwendung der einzelnen Fonds auf dem Wege der ordentlichen Gesetzgebung zu bestimmen. Wir beehren uns, Ihnen hiemit, nach Anhörung des schweizerischen Gewerbeverbandes, im Sinne der angeführten Vorschrift den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über den Fonds für gewerbliche Hilfseinrichtungen zu unterbreiten und dessen Bestimmungen wie folgt zu erläutern, und zu begründen.

I.

Ein Betrag von 3% Millionen Franken der durch den Bundesbeschluss vom 24. März 1947 für die Unterstützung von Hilfseinrichtungen im Gewerbe bestimmten Mittel soll den gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften zugute kommen (Art. l, lit. a, des Entwurfes). Die restliehen 2% Millionen Franken sind vorgesehen für die berufliche Weiterbildung nach abgeschlossener Lehresowie für das schweizerische Institut für gewerbliche Wirtschaft an der Handelshochschule St. Gallen und die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik des schweizerischen Gewerbeverbandes, wobei die Verteilung auf dieso verschiedenen Verwendungszwecke im Beschluss offen gelassen wird (Art. l, lit.b)..

Die Begehung dieser Frage ist den von uns zu erlassenden Ausführungsvorschriften vorbehalten (Art. 3, Abs. 1). Mit Eücksicht auf die wechselnden Verhältnisse, die im Laufe der Zeit zu verschiedenen Anforderungen führen können, ist es angezeigt, die Aufteilung der 2% Millionen Franken nicht schonimm Bundesbeschluss festzulegen. Auch in unserer Verordnung werden wir bei aller

1311 Sicherstellung einer zweekmässigen und folgerichtigen Verwendung auf eine elastische Eegelung Bedacht nehmen. Es ist übrigens auch vorgesehen, bei der Festsetzung der für die verschiedenen Zwecke in Betracht fallenden Anteile ongstes Einvernehmen mit den beteiligten Kreisen des Gewerbes herzustellen, wie dies auch bei der Vorbereitung des vorliegenden Beschlusses der Fall war.

Ohne den Ausführungsvorschriften vorgreifen zu wollen, sei immerhin angemerkt, dass die 2% Millionen Franken in erster Linie für die berufliche Weiterbildung eingesetzt werden sollen, während das Institut für gewerbliche Wirtschaft an der Handelshochschule St. Gallen und namentlich die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik des schweizerischen Gewerbeverbandes mit kleineren Anteilen auskommen sollten.

Die in Art. l des Entwurfes festgelegten Verwendungszwecke, über die wir weiter unten im einzelnen noch berichten werden (II), bilden die Hauptstücke einer im wesentlichen vom Grundsatz der Selbsthilfe getragenen Gewerbeförderung, die sich im Eahmen der Handels- und .Gewerbefreiheit bewegt.

Es handelt sich denn auch um Massnahmen, die schon bisher im Mittelpunkt der Gewerbepolitik stunden und deshalb auch von staatlicher Seite im Eahmen des Möglichen gefördert wurden. Es sei namentlich an die Bestimmungen in den Bundesbeschlüssen über Krisenbekämpfung und Arbeitsbeschaffung aus den Jahren 1934 und 1936 erinnert, durch die wir zur Unterstützung von gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften und anderer «Hilfseinrichtungen füdas Gewerbe» ermächtigt wurden*). Im Zusammenhang mit diesen Massnahmen wurde im Jahre 1937 ein «Fonds zur Unterstützung von Hilfseinrichtungen iim Gewerbe» gebildet, dem insbesondere die Beiträge an die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften und die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik jeweils entnommen wurden. Die Mittel dieses Fonds, der seit dem Jahre 1941 nicht mehr geäufnet wurde, werden bald aufgebraucht sein. Da durch den Bundesbeschluss vom 24. März 1947 neue Mittel zur Verfügung gestellt wurden, sollen die bisher durchgeführten Massnahmen mit Hilfe dieser Mittel weitergeführt und teilweise ausgebaut werden. Um einen Ausbau bisheriger Bestrebungen handelt es sich insbesondere bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung nach abgeschlossener Lehre, während die Unterstützung
der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften, des Institutes für gewerbliche Wirtschaft und der Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik auf Grund des neuen Bundesbeschlusses zum Teil an die Stelle staatlicher Zuschüsse zu treten hat, die im Zusammenhang mit der allgemeinen Herabsetzung der Bundessubventionen in absehbarer Zeit ohnehin gekürzt werden oder gar ganz wegfallen müssten. Unter diesen Umstanden scheint uns die vorgeschlagene Verwendung der 6 Millionen Franken, ·unter Vorbehalt der noch anzuführenden Ausführungen im einzelnen, ohne weiteres gegeben zu sein. Andere Massnahmen, die miteinzubeziehen wären, *>) BB vom 21. Dezember 1984, Art. 17, A. S. 50, 1411; BB vom 23. Desember 1986, Art. 14, A. S. 52, Î049.

'1312 fallen nicht in Betracht: abgesehen davon, dass mit Absicht besonderes Gewicht ·darauf gelegt wird, die verfügbaren Mittel nicht zu zersplittern, sondern diese für einige wichtige zentrale Zwecke möglichst wirksam einzusetzen.

Neben der Aufstellung des grundsätzlichen Verteilungsschlüssels für die ·6 Millionen Franken enthält der Entwurf überdies einen Hauptgrundsatz für die Verwendung der verfügbaren neuen Mittel. Nach Art. 2 des Entwurfes sollen nur die Zinsen des Fonds in Anspruch genommen werden. Dies entspricht dem allgemeinen Charakter der hier in Frage stehenden Massnahmen zur Förderung ·des Gewerbes, die dauernde Vorkehren darstellen und deshalb eines ständigen finanziellen Bückhaltes bedürfen. Lediglich in bezug auf die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften ist eine Ausnahme zu machen, weil bei allfälligen Bürgscbaftsverhisten, die aus dem Zinsertrag nicht gedeckt werden können, die In-' anspruchnahme des Kapitals zulässig sein muss.

Wenn wir im Art. 3 wie gewohnt vorsehen, dass der Bundesrat mit dem Vollzug beauftragt werden soll, so hat es dabei die Meinung, dass diese Behörde ..in die Lage versetzt werden soll, die schon bisher ausgerichteten Beiträge zu Lasten des Fonds fût gewerbliche Hilfseinrichtungen weiterhin gewähren zu können. Die gesetzliche Eegelung, wie sie mit Bezug auf die gewerblichen ISürg.Schaftsgenossenschaften schon in Vorbereitung ist (vgl. II, 1) oder im Zusammenhang mit der verfassungsmässigen Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes noch notwendig werden kann, ist dabei natürlich vorbehalten.

II.

Im einzelnen ist zu den verschiedenen Verwendungszwecken folgendes auszuführen.

1. Im Mittelpunkt der Förderungsmassnahmen stehen die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften, namentlich mit Eücksieht auf die nicht unerheblichen finanziellen Mittel, die für diesen Zweck notwendig sind. Aus diesem Grund ist vorgesehen, mehr als die Hälfte der 6 Millionen Franken dem gewerblichen Bürgschaftswesen dienstbar zu machen.

Die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften gewähren selbst keine .Kredite, sondern übernehmen die Bürgschaft für Darlehen, die seitens der Banken Kleingewerbetreibenden eingeräumt werden. Die so verbürgten Darlehen dürfen Fr. 10 000 und im Fall der Stellung von Sicherheiten Fr. 15 000 nicht überschreiten. Die Bürgschaftsgenossenschaften treten
an die Stelle der .Einzelbürgschaft, die bekanntlich in zahlreichen Fällen unheilvolle Folgen nach sich zieht. Diese Genossenschaften, die in den zwanziger und dreissiger Jahren entstanden sind, haben sich in kurzer Zeit gut entwickelt und Erhebliches zur Lösung der kleingewerblichen Kreditprobleme beigetragen. Der besondere Charakter der Bürgschaftsgenossenschaften besteht nicht allein in der kollektiven Bürgschaftsgewährung, sondern, vor allem in der Förderung einer gesunden Geschäftsführung der gewerblichen Betriebe. Die Kreditnehmer, die die Hilfe der Bürgschaftsgenossenschaften in Anspruch nehmen, müssen über eine ein-

1813: wandfreie Buchhaltung verfügen. Bei nicht einwandfreier Buchhaltung wird diese bis zur Tilgung des Kredites durch eine Buchhaltungsstelle geführt, die der · Bürgschaftsgenossenschaft selbst angehört oder von ihr anerkannt worden ist..

Überdies kann die Genossenschaft die Buchführung jederzeit überprüfen. DieBürgschaftsnehmer unterstehen so der unmittelbaren Aufsicht der Bürgschafts-Genossenschaft, die nicht nur den Geschäftsgang überwacht, sondern nötigenfalls im Interesse des Schuldners selber einschreitet und ihm mit fachmännischen.

Batschlägen zur Seite steht.

Die Eigenart der gewerblichen Bürgschaftsgenossensehaften, die ihrebesondere Stärke ausmacht, bedingt aber anderseits erhebliche Mittel, die von den beteiligten Kreisen, insbesondere von den Bürgschaftsnehmern, nicht aufgebracht werden können, worauf wir schon in unserer Botschaft vom 9. Oktober1934 über Arbeitsbeschaffung und andere Krisenmassnahmen hingewiesen haben*). Aus diesem Grunde wurden schon seit dem Jahre 1932 die Bürgschaftsgenossenschaften mit staatliehen Beiträgen unterstützt, die weniger derDeckung von Bürgschaftsverlusten, sondern vor allem der Bestreitung der Verwaltungs- und Treuhandkosten dienten. Die Vermittlung der Beiträge au dieeinzelnen Genossenschaften erfolgt durch den schweizerischen Verband der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften, der unter Mithilfe des Bundes im Jahre 1935 gegründet wurde. Während die ersten Beiträge des Bundes auf Grund eines Bundesratsbeschlusses aus dem Jahre 1932 ausgerichtet wurden,, sind 'die späteren Subventionen, wie erwähnt, gestützt auf die Vorschriften .

über die Arbeitsbeschaffung und die Krisenmassnahmen gesprochen worden**)..

Die Bürgschaftsgenossenschaften könnten ihre verdienstlichen Be-rnühungen, die im Interesse der Erhaltung eines gesunden Gewerbestandes und damit im Interesse der gesamten Volkswirtschaft liegen, nicht weiterführen, wenn nicht auch in Zukunft Bundesbeiträge ausgerichtet würden. Wir sind derAuffassung, dass die Bürgschaftsgenossenschaften wie bisher weiterhin x,u fördern sind. Es ist im übrigen vorgesehen, die Unterstützung der gewerblichwi Bürgschaftsgenossensehaften nächstens in einem Bundesbeschluss oder Bundes-gesetz neu zu regeln. Namentlich sollen die bisherigen Beitragsleistungen, auch diejenigen der Kantone, gesetzlich verankert
werden. Dabei wird es nicht «u umgehen sein, dass die bisherigen Bundesbeiträge herabgesetzt werden. Die'künftige Kürzung der Bundesbeiträge soll wenigstens teilweise durch die Inanspruchnahme der im Entwurf vorgesehenen 3% Millionen Franken ausgeglichen werden. Wir haben im Interesse der Entlastung des Bundes darauf Bedacht genommen, dass für die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften, ein mögliehst grosser Anteil der 6 Millionen Franken vorgesehen wird-. Ein grösserer Betrag lässt sich für die Bürgschaftsgenossenschaften nicht ausscheiden, ohne dass dadurch die Durchführung der übrigen ebenfalls wichtigen Hassnahmen allzusehr beeinträchtigt würde.

*) BEI. 1934 III, 373.

**\ Der Bund hat den Bürgschaftsgenossenschaften bisher gegen 2 Millionen *'*)

SYanken zukommen lassen.

...

. . .

1314 Abgesehen von der bereite angeführten Bestimmung über die allfällige Inanspruchnahme des Kapitals bei Bürgschaftsverlusten (Art. 2), die im Zusammenhang mit der im übrigen unerlässlichen Unantastbarkeit des Kapitals aufgenommen werden musste, soll die Eegelung dem vorgesehenen Beschluss über die Unterstützung der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften vorbehalten bleiben. Dio Vorbereitungen hiezu sind im Gang, jedoch noch nicht so weit gediehen, dass nähere Angaben über die künftige Ordnung gemacht werden könnten. Immerhin dürfte sich diese weitgehend an die bisherige Regelung anlehnen. Über die Zuweisung der 3% Millionen Pranken für das gewerbliche Bürgschaftswesen kann ohne Rücksichtnahme auf die künftige Regelung der Unterstützung der gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften, über dio Sie zu gegebener Zeit zu beraten und Beschluss zu fassen haben, entschieden werden.

2. Die berufliche Ausbildung bis zur Lehrabschlussprüfung wird im wesentlichen aus den Mitteln der Gemeinden, der Kantone und des Bundes bestritten.

Dies ist auch für die Weiterbildung nach bes tandener Lehre weitgehend der Fall, da die mit öffentlichen Mitteln unterhaltenen Berufs- und Fachschulen sich in steigendem Masse für die Förderung der Weiterbildung einsetzen. Dabei steht den Berufsverbänden in der Regel durch ihre Vertretungen in den zuständigen Behörden und Fachkommissionen ein weitgehendes Mitspracherecht zu.

Mit dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die berufliche Ausbildung am 1. Januar 1983 wurde den Berufsverbänden die Durchführung höherer Fachprüfungen (Meisterprüfungen) unter der Aufsicht des Bundes übertragen. Bis Ende 1947 genehmigte das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement 55 Réglemente mit 68 geschützten Titeln. Die Zahl der höheren Fachprüfungen stieg von Jahr zu Jahr und erreichte im Jahre 1947 die bisherige Höchstzahl von 92 Prüfungen; davon entfielen deren 85 auf 38 Berufe des Gewerbes und de« Detailhandels. Auf Grund dieser 85 Prüfungen konnten 1212 Meisterdiplorno ausgestellt werden. Die Gesamtzahl der bis Ende 1947 erteilten Diplome beläuft sich auf 11 557.

Die Erfahrungen, die mit dem Vollzug des Bundesgesetzes über die berufliche Ausbildung auf dem Gebiete der höheren Fachprüfungen in den verflossenen 14 Jahren gesammelt wurden, sind als sehr gut zu bezeichnen. Die Zusammenarbeit
der Organe des Bundes mit den Berufsverbänden hat sich bewährt. Die höheren Fachprüfungen werden von den bestellten Prüfungskommissionen gewissenhaft und unparteiisch durchgeführt. Die an die Kandidaten gestellten Anforderungen stehen durchwegs auf einem hohen Niveau. Dio höheren Fachprüfungen, insbesondere die Meisterprüfungen im Gewerbe, dürfen aber niemals Selbstzweck werden. Sie müssen vielmehr folgerichtig auf dio Hebung der Leistungsfähigkeit des einzelnen abzielen. Der Förderung der beruflichen Weiterbildung, unter angemessener Berücksichtigung der Vorbereitung auf die Meisterprüfungen, kommt deshalb besondere Bedeutung ?;u.

Sie trägt wesentlich zur Stärkung des Gewerbes bei und ist ein wichtiges Element

1315 cinto: konstruktiven Gewerbepolitik, die Selbsthilfebestrebungen in den Mittelpunkt stellt und einen gesunden Gewerbestand im Ganzen der Volkswirtschaft erstrebt.

Die Aufgaben, welche den Berufsverbänden mit der Durchführung der Meisterprüfungen übertragen wurden, verlangen also nicht nur den Einsatz finanzieller Mittel für die Prüfungen selbst; die Verbände müssen zudem, in Ergänzung zu den an Berufs- und Fachschulen geführten Kursen, auch Gelegenheit für die fachliche Weiterbildung, namentlich in zahlenmässig schwach vertretenen Berufen, schaffen. Die Beitragsleistung des Bundes an solche Veranstaltungen kommt jedoch nur in Frage, wenn die Aufnahme in die Kurse nicht nur Verbandsmitgliedern zusteht, sondern auch allen andern Berufstätigen, die die Anforderungen hinsichtlich ihrer berufb'chen Vorbildung erfüllen. Da sowohl die Zulassung zu den Meisterprüfungen als auch zu den vom Bund subventionierte]! Kursen für die Weiterbildung Nichtverbandsmitgliedern imd insbesondere auch Arbeitnehmern in gleicher Weise wie Verbandsnütgliedern offensteht, sind den betreffenden Berufsverbänden finanzielle Verpflichtungen im weitesten Kahmen ihres Berufes Überbunden. Die verfügbaren Mittel, namentlich kleiner und finanzschwacher Berufsverbände, reichen denn auch auf die Dauer nicht aus, um die .ihnen zukommenden Aufgaben in wünschenswerter Weise lösen zu können. Es sei bemerkt, dass zum Beispiel von den im Jahre 1947 ausgestellten Diplomen der Meisterprüfungen 48 % an Arbeitnehmer abgegeben wurden. Was im übrigen die Bestreitung der Kosten für die Meisterprüfungen betrifft, werden nicht nur den Verbänden, sondern auch den Kandidaten verhältnismässig hohe Opfer zugemutet. Die Kandidaten haben an die Gesamtkosten der 85 Meisterprüfungen im Jahre 1947 von Fr. 328 400 insgesamt Fr. 161 400 beigetragen, während auf die Verbände Fr. 85 600 und auf den Bund Fr. 81 400 entfallen. Werden ferner die Aufwendungen der Kandidaten, namentlich aus abgelegenen Gegenden, für den Besuch von Kursen, den Verdienstausfall und die Unterhaltskosten während der Prüfungen in Berücksichtigung gezogen, so erhöhen sich ihre Leistungen noch um das Mehrfache.

Das Bundesgesetz vom 26. Juni 1930 über die berufliche Ausbildung regelt die Beitragsleistung des Bundes auf diesem Gebiet abschliessend. Es hat sich indessen gezeigt, dass
insbesondere die berufliche Weiterbildung nach abgeschlossener Lehre wegen der beschränkten Mittel, die den Berufsverbänden wie auch den Kandidaten zur Verfügung stehen, damit nicht immer auszukommen vermag. Wir erachten es daher für angezeigt, die rechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung weiterer Beiträge auf diesem Gebiet zu schaffen und dafür den Ertrag eines Teiles der auf Grund des Bundesbeschlusses vom 24. März 1947 verfügbaren Mittel zur Deckung in Aussicht zu nehmen.

In unseren Ausführungsvorschriften sollen die zu unterstützenden Massuahmen klar umschrieben werden. Dabei werden wir darauf Bedacht nehmen, dass die Arbeitsprogramme der Weiterbildungskurse bestimmten Anforderungen entsprechen und mit den Veranstaltungen der Berufs^ und Fachschulen auf diesem Gebiete der Bernfsbildiing im Einklang stehen.

J316 3. In den letzten Jahren zeigte sich immer deutlicher, dass eine Gewerbepolitik im Interesse der gesamten Volkswirtschaft Kenntnisse und Einblicke voraussetzt, die in der Praxis nicht ohne weiteres zu gewinnen sind und durch die bisherige volkswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche und juristische Forschung nur teilweise zur Verfügung gestellt werden. Nach längeren Vorarbeiten des schweizerischen Gewerbeverbandes wurde deshalb im Herbst 1946 das der Handelshochschule in St. Gallen angeschlossene schweizerische I n s t i t u t für gewerbliche W i r t s c h a f t geschaffen. Dieses Institut hat vor allem die Aufgabe, die volkswirtschaftlichen, betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und soziologischen Probleme von Handwerk, Gewerbe und Detailhandel wissenschaftlich zu untersuchen und die Forschungsergebnisse der Wirtschaft und dem Staat, der gewerbepolitische Massnahmen zu treffen hat, zur Verfügung zu stellen. Ausserdem soll die für eine fruchtbare Tätigkeit erforderliche Dokumentation beschafft und allen interessierten Kreisen zugänglich gemacht werden. Welches Vertrauen das junge Institut bereits geniesst; ergibt sich daraus, dass es kürzlich von der Ende des letzten Jahres gegründeten Internationalen Gewerbe-Union zum Dokumentationszentrum bestimmt und mit der Durchführung eines regelmäßigen Dokumentationsaustausches zwischen den beteiligten Landesorganisationen betraut wurde. Schon anlässlich der Eröffnung des Institutes bekundete das Ausland reges Interesse, indem zahlreiche ausländische Vertreter die mit der Eröffnung verbundene internationale Arbeitstagung über Fragen der Handwerkswirtschaft und des Detailhandels besuchten.

Da die Handelshochschule St. Gallen, das Gewerbe und ostschweizerische Interessenten den Aufwand des Institutes (bisher ca. Fr. 30 000 pro Jahr) nicht allein bestroiten können, hat der Bund mit Bücksieht auf die .Bedeutung der wissenschaftlichen Erforschung der gewerblichen Wirtschaft aus Arboitsbeschaffungskrediten im Eahmen eines einmaligen Gesamtbetrages von Fr. 50 000 einen jährlichen Beitrag von Fr. 10000 zugesprochen. Dabei ging man davon aus, dass diese Beitragsleistung -- gegebenenfalls vor Erschöpfung der bereitgestellten Fr. 50 000 -- durch dauernde Zuschüsse auf Grund einer gesetzlichen Gewerbeförderung abgelöst werden soll. Gestützt auf den Bundesbeschluss
vom 24. März 1947 besteht nunmehr die Möglichkeit, dem "Institut für gewerbliche Wirtschaft dauernde Zuwendungen in angemessenem Umfang (ca. Fr. 10 000 bis Fr. 15 000) zu erschliessen. Da die wissenschaftliche Durchdringung der Probleme der gewerblichen Wirtschaft zu einer den Gosamtintere'ssen Kechnung tragenden Gewerbepolitik beiträgt und allfällige staatliche Massnahmen sich auf zuverlässige Unterlagen stützen müssen, liegt die Förderung des Institutes für gewerbliche Wirtschaft an der Handelshochschule St. Gallen vor allem auch im Interesse des Bundes.

4. Die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik des schweizerischen Gewerbeverbandes, die im Jahre 1946 ausgebaut und neu organisiert wurde, ist aus Anfängen herausgewachsen, die bis ins Jahr 1932 zurückreichen.

1317 Während sich der schweizerische Gewerbeverband zunächst auf die Beschaffung von statistischen Unterlagen beschränkte, die unter dem Titel «Statistische > Berichte des schweizerischen Gewerbeverbandes über dio Buchhaltungserhebungen im Jahre . . . . » in besonderen Publikationen herausgegeben wurden, hat er später namentlich der Auswertung der Betriebswirtschaftslehre für die gewerblichen Betriebe seine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik hat neben dem Ausbau der Gewerbestatistik vor allem die Aufgabe, das Verständnis für Betriebswirtschaft bei den dem. schweizerischen Gewerbeverband angeschlossenen Verbänden und den Mitgliedern zu fördern und die betriebswirtschaftlichen Erkenntnisse praktisch auszuwerten. Die Gewerbetreibenden sollen zu. einer betriebswirtschaftlich richtigen Führung ihrer Betriebe veranlasst werden, was wiederum zur Hebung der Leistungsfähigkeit des Gewerbes beiträgt. Die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik liess es sich vor allem angelegen sein, eine geeignete Buchführung zu propagieren, damit die Gewerbetreibenden, den nötigen Überblick über die Vorgänge ihres Betriebes erhalten und so auch ihre Selbstkosten richtig kalkulieren können. Um. die betriebswirtschaftlichen. Erkenntnisse praktisch zu verwerten und die Bemühungen im Zusammenhang mit dein Selbsthilfebestrebungen des Gewerbes koordinieren zu können, wurde «im Buchführung nach einheitlichen Gesichtspunkten angestrebt. So hat die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik im Jahr 1947 in Zusammenarbeit mit bekannten Fachleuten der Betriebswirtschaftslehre einen « Kontenrahmen für Gewerbetreibende» veröffentlicht, der an den verschiedensten Orten sehr gut aufgenommen wurde.

Der Bund hat seit dem Jahre 1932 diese Bestrebungen des schweizerischen Gewerbeverbandes auf dem Gebiet der Gewerbestatistik und Betriebswirtschaf); unterstützt und für diesen Zweck bereits gegen Fr. 250 000 aufgewendet. Diese Aufwendungen gingen nach Schaffung des Fonds zur Unterstützung von Hilfeinrichtungen im Gewerbe wie die Beiträge an die Bürgschaftsgenossenschaften zu Lasten dieses Fonds. Es ist nach unserem Dafürhalten gerechtfertigt, dass auch die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik, welche die Tätigkeit; des Institutes für gewerbliche Wirtschaft nach der Seite
der praktischen Auswertung in wertvoller Weise ergänzt, dauernd mit einem angemessenen Zuschuss unterstützt wird (ca. Fr. 10 000 pro Jahr). Wie das Institut für gewerbliche Wirtschaft kann auch die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik ihre Tätigkeit ohne Zuschüsse aus dem Fonds für gewerbliche Hilfseinrichtungen nicht weiterführen. Der Beitragsleistung durch das Gewerbe selbst, sind gewisse Grenzen gesetzt, weil die Gewerbetreibenden selbst ihr Interesse an der Arbeit solcher Institutionen erfahrungsgemäss nur in beschränktem Mass durch ensprechende finanzielle Zuwendungen beweisen. Im übrigen ist es nicht angängig, dass die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik eine eigene erwerbsmässig Begutachtungstätigkeit betreibt, weil dadurch die allseitige Beschaffung objektiver Unterlagen beeinträchtigt würde.

1318 Die vorstehenden Ausführungen über die einzelnen Massnahmen dio auf Grund des Bundesbeschlusses vom 24. März 1947 gefördert werden sollen, bestätigen die eingangs gemachte Feststellung, dass es sich um wesentliche Stücke .

einer konstruktiven Gewerbepolitik handelt, die von den eigenen Bemühungen und Anstrengungen des Gewerbes selbst ausgeht und ihre vornehmste Aufgabe larin erblickt, die Selbsthilfebestrebungen im Rahmen der Handels- und Gewerbefreiheit nach Möglichkeit zu stützen und zu fördern. Wir möchten Ihnen deshalb aus den angeführten Gründen empfehlen, den beiliegenden Entwurf gutzuheissen und zum Beschluss zu erheben.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung miserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 19. März 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident : Celio Der Bundeskanzler: Leimgruber

1319 (Entwurf)

Bundesbeschluss über

den Fonds für gewerbliche Hilfseinrichtungen Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Art. 31bis, Abs. 2, der Bundesverfassung, nach Einsichtnahme in eine Botschaft des Bundesrates vom 19. März 1948, bescbliesst:

Art. l Die dem Fonds für gewerbliche Hilfseinrichtungen gemäss Bundesbeschluss vom 24. März 1947 über die Errichtung von besonderen Fonds aus den Einnahmen der zentralen Ausgleichsfonds der Lohn- und Verdienstersatzordnung zugewiesenen 6 Millionen Franken werden mit 3 % jährlich verzinst und-folgenden Zwecken dienstbar gemacht: a. 3 1/2 Millionen Franken für die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften; b. 2% Millionen Franken für die berufliche Weiterbildung nach abgeschlossener Lehre sowie für das Schweizerische Institut für gewerbliche Wirtschaft an der Handelshochschule 8t. Gallen und die Abteilung für Betriebswirtschaft und Statistik des .Schweizerischen Gewerbeverbandes.

Art. 2 Es dürfen nur die Fondszinsen beansprucht werden. Vorbehalten bleibt die Inanspruchnahme des für die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften ausgeschiedenen Kapitals bei allfälligen Bürgschaftsverlusten.

Art. 3 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt. Er erlässt die erforderlichen Ausführungsvorschriften und kann die ihm zustehenden Befugnisse dem eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement übertragen. Vor Erlass der Vorschriften sind die zuständigen Organisationen der Wirtschaft anzuhören.

Dieser Beschluss ist gemäss Art. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse zu veröffentlichen.

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesbeschlusses über den Fonds für gewerbliche Hilfseinrichtungen (Vom 19. März 1948)

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25.03.1948

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1310-1319

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