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2723 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des am 2l. August 1931 unterzeichneten Abkommens über die Niederlassung des Spezialfonds in der Schweiz.

(Vom 28. August 1931.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit dem Abkommen über die Niederlassung des Agrarfonds in der Schweiz, genannt Fonds A, über das Ihnen gleichzeitig eine Botschaft unterbreitet -wird, ist am gleichen Tage ein inhaltlich völlig gleichlautendes Abkommen über die Niederlassung eines zweiten Fonds in der Schweiz, des Spezialfonds, genannt Fonds B, geschlossen worden.

Auch dieser Fonds beruht auf den Pariger Abmachungen vom 28. April 1930. Er hat zum Zwecke, gewisse aus Anwendung der Art. 68, 191 und 250 des Friedensvertrages von Trianon vom 4. Juni 1920 sich ergebende Streitfälle zwischen Staatsangehörigen von Ungarn einerseits und Staatsangehörigen von Eumänien, der Tschechoslowakei und Jugoslawien anderseits, die auf eine andere Ursache als auf die Bodenrefprmgesetzgebung der drei letzterwähnten Staaten zurückzuführen sind, beizulegen. Die angeführten Artikel enthalten Bestimmungen, nach denen, unter dort näher bezeichneten Umständen, ungarisches Vermögen, das auf dem Gebiete der an die übrigen Sukzessionsstaaten übergegangenen Teile der frühern Doppelmonarehie sich befindet, den Eigentümern nicht entzogen werden darf. Über die Tragweite dieser Vorschriften haben, wenn keine gütliche Einigung zustande kommt, die gemäss Vertrag von Trianon eingesetzten Schiedsgerichte zu urteilen.

Der Spezialfonds soll ein Kapital von 100 Millionen Goldkronen erhalten, das gebildet wird durch jährliche Einzahlungen Grossbritanniens, Frankreichs und Italiens in den Jahren 1933 bis 1943 und Ungarns in den Jahren 1944 bis 1966. Auch von diesem Fonds sollen Obligationenanleihen herausgegeben und Entschädigungen in Obligationen geleistet werden. Das Verwaltungskomitee wird gebildet durch sechs Mitglieder, die von den Regierungen von Grossbritan-

160 nien, Frankreich, Italien, Rumänien, der Tschechoslowakei und Jugoslawien ernannt werden. Es kommen diesem Komitee ungefähr die gleichen Befugnisse zu wie der Verwaltungskommission des Agrarfonds, weshalb hier auf die den letztern betreffende Botschaft verwiesen werden darf.

Dem Speziali'onds wird wie dem Agrarfonds die Eigenschaft einer juristischen Person verliehen, und es ist für ihn ebenfalls als Sitz die Stadt Basel in Aussicht genommen worden.

Da die Vertreter Grossbritanniens, Frankreichs und Italiens in der Verwaltungskommission des Agrarfonds gleichzeitig dem Verwaltungskomitee des Spezialfonds angehören, -war es möglich, in die Verhandlungen der schweizerischen Delegation mit der Verwaltungskommission des Agrarfonds auch den Spezialfonds einzubeziehen. Es wurde vereinbart, dass hinsichtlich der Niederlassung der beiden Fonds in der Schweiz zwei verschiedene Verträge abgeschlossen werden sollten, indem die vertragschliessenden Staaten bei den beiden Abkommen nicht identisch sind, dass hingegen der Inhalt der zwei Abkommen vollkommen gleich lauten solle. Das Abkommen über die Niederlassung des Spezialfonds in der Schweiz ist am 21. August 1931 mit den Unterschriften der bevollmächtigten Vertreter von Grossbritannien, Frankreich, Italien, Eumänien, der Schweiz, der Tschechoslowakei und Jugoslawien versehen worden.

Um unnötige Wiederholungen über den Vertragsinhalt zu vermeiden, möchten wir nochmals auf die Ausführungen unserer heutigen Botschaft über den Agrarfonds hinweisen. Wir sind überzeugt, dass Sie, in Würdigung der dort angeführten Erwägungen, auch dem vorliegenden Abkommen Ihre Genehmigung nicht versagen werden.

Wir benützen den Anlass, um Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, erneut unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

Bern, den 28. August 1981.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, · Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Häberlin.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

161 :(Entwurf.)

Buiulesfoeschluss betreffend

die Genehmigung des am 21. August 1931 unterzeichneten Abkommens über die Niederlassung des Spezialfonds in der Schweiz.

Die Buhdesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 28. August 1931, beschliesst ; Art.l.

Das am 21. August 1931 unterzeichnete Abkommen über die Niederlassung des Spezialfonds in der Schweiz wird genehmigt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

162 (Übersetzung.)

Abkommen über die Niederlassung des Spezialfonds in der Schweiz.

Die Regierungen des Vereinigten Königreiclis von Grossbritannien und Nordirland, der Französischen Republik, Seiner Majestät des Königs von Italien, Seiner Majestät des Königs von Rumänien, der Tschechoslowakischen Republik und Seiner Majestät des Königs von Jugoslawien, welche die Kegierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft von der Inkraftsetzung der am 28. April 1930 in Paris unterzeichneten Abkommen über die aus dem Vertrage von Trianon entspringenden Verpflichtungen und namentlich des Abkommens IV unterrichtet haben, worin die Bildung eines durch die Haager Abkommen vom 20. Januar 1980 geschaffenen Spezialfonds, Fonds B genannt, vorgesehen ist, und die Regierung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die diese Abkommen zur Kenntnis genommen hat, willens, die Bedingungen für die Niederlassung des Spezialfonds in der Schweiz festzusetzen, sind durch Vermittlung ihrer hierzu befugten endesgefertigten Bevollmächtigten über folgendes übereingekommen: Artikel I.

Die Schweizerische Eegierung anerkennt die Eechtspersönlichkeit Spezialfonds.

Artikel II.

Der Spezialfonds hat seinen Sitz in Basel.

des

Artikel III.

Die Schweizerische Regierung anerkennt, dass der Gegenstand, die Bildung, die Organisation, die Geschäftsführung und die Liquidation des Spezialfonds durch die Pariser Vereinbarungen vom 28. April 1930 geregelt und bestimmt werden.

Die Bestimmungen des schweizerischen Eechts finden ergänzende Anwendung, insoweit sie den erwähnten Vereinbarungen nicht widersprechen.

Artikel IV.

Unter Vorbehalt des zweiten Absatzes werden die Steuern und Abgaben nachfolgender Art nicht erhoben werden:

163 o. Steuern und Abgaben auf allen Urkunden und andern Schriftstücken, die sieh auf die Niederlassung des Spezialfonds in Basel oder auf die Liquidation des Fonds beziehen; b. Steuern und Abgaben auf der Ausgabe von Obligationen durch den Fonds sowie Steuern und Abgaben auf den Coupons der vom Fonds ausgegebenen Obligationen; c. Steuern und Abgaben auf dem Kapital des Fonds, auf seinen Reserven,.

Guthaben, Einlagen und Forderungen sobrie auf seinen Einkünften, ohne Rücksicht darauf, wie und wann solche Steuern und Abgaben.bezogen werden; d. Steuern und Abgaben auf der Übertragung des Eigentums an Titeln,, insoweit die auf diese Übertragung bezüglichen Rechtsgeschäfte vom Fonds mit der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich oder, durch deren Vermittlung, mit einer Gegenpartei ausserhalb der Schweiz getätigt werden, auf allen kurz- oder langfristigen Einlagen des Fonds bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich und auf den Zinsen dieser Einlagen; e. Steuern und Abgaben auf dem Geschäftsumsatze; /. Steuern und Abgaben auf irgendwelchen Urkunden oder Schriftstücken, die sich auf die Verteilung des Fonds und, im allgemeinen, auf Zahlungen an die Berechtigten beziehen.

Die Bestimmungen des vorhergehenden Absatzes beeinträchtigen das Eecht der Schweiz nicht : a, andere Rechtssubjekte als den Fonds, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, zu besteuern ; b. vom Fonds die Entrichtung der Stempelabgaben auf denjenigen seiner Obligationen zu verlangen, die auf dem schweizerischen Kapitalmarkte begeben werden, und auf den Zinsen, der in der Schweiz umlaufenden Obligationen.

Artikel V.

Die vorstehenden Befreiungen beziehen sich auf gegenwärtige und künftigewie immer bezeichnete Steuern, gleichgültig, welche Behörde sie auferlegt.

Unbeschadet obgenannter Befreiungen dürfen überdies weder der Fonds noch seine Geschäfte mit irgendwelcher Steuer belegt werden, die nicht allgemeinen Charakter hat.

Artikel VI.

Der Fonds, seine Vermögenswerte und alle durch den Fonds oder zu seinem Nutzen ausgeführten Überweisungen aus Geschäften, die er in Ausübung seiner normalen Wirksamkeit getätigt hat, dürfen weder in Friedens- noch in Kriegszeiten irgendwelchen Verwaltungsmassnahmen wie Eequisitionen, Sequester, Beschlagnahme, Einziehung, Verbot oder Beschränkung des Zahlungsverkehrs mit dem Ausland oder andern .ähnlichen Massnahmen unterworfen werden.

164 Artikel VII.

Allfällige Streitigkeiten -über die Auslegung oder Anwendung des vorliegenden Abkommens -werden im gemeinsamen Einvernehmen zwischen der Schweiz einerseits und den übrigen vertragschliessenden Mächten oder einer ·oder mehreren von ihnen andererseits schiedsgerichtlich ausgetragen werden.

Es herrscht Einverständnis darüber, dass der Schiedsspruch von allen vertragschliessenden Teilen als verbindlich anerkannt wird, auch wenn er "bloss in einem Schiedsverfahren zwischen einem Teile der vertragschliessenden Staaten ergangen sein sollte.

Mangels Einigung über die Bezeichnung eines Einzelschiedsrichters oder ·über die Umschreibung der im Schiedsverfahren zu entscheidenden Fragen, .kann jede Partei den Streitfall durch einfaches Begehren vor den Standigen .Internationalen Gerichtshof bringen.

Artikel VIII.

Das vorliegende Abkommen wird für die Dauer von fünfzehn Jahren abgeschlossen. Wird es nicht ein Jahr vor Ablauf dieser Frist gekündigt, so .gilt es als für eine weitere Dauer von zehn Jahren verlängert, und so fort.

Das Abkommen wird von der Schweizerischen Regierung unter Vorbehalt der Ratifikation abgeschlossen; es wird in Kraft gesetzt werden, sobald es von der Schweiz ratifiziert ist.

Die Ratifikationsurkunde ist in Paris, bei der Französischen Regierung, zu hinterlegen, die den vertragschliessenden Mächten den Tag der Hinterlegung, mit dem das Abkommen in Kraft erwächst, bekanntgeben wird.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten das vorliegende Abkommen mit ihren Unterschriften versehen.

Geschehen in Bern, am einundzwanzigsten August neunzehnh ändert einunddreissig, in einfacher Ausfertigung, die in den Archiven der Schweizerischen Eidgenossenschaft hinterlegt bleibt und wovon den andern vertragschliessenden Mächten beglaubigte Abschriften zugestellt werden.

Für das Vereinigte Königreich, von Grossbritannien und Nordirland: Charles Peake.

Für Frankreich: H. de Marcilly.

Für Italien: Giovanni Marchi.

Für Rumänien: M, B. Bö er es co.

Für die Schweiz: · Motta".

Für die Tschechoslowakei: .

Dr. Prochazka.

.Für Jugoslawien: M. G. Miloyevitch.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Genehmigung des am 2l. August 1931 unterzeichneten Abkommens über die Niederlassung des Spezialfonds in der Schweiz. (Vom 28. August 1931.)

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2723

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02.09.1931

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