682 # S T #

2687

) Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der zwei in der Volksabstimmung vom 14./15. März 1931 angenommenen Verfassungsgesetze des Kantons Genf.

(Vom 1. Juni 1931.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Mit Schreiben vom 17. März 1931 sucht der Staatsrat des Kantons Genf die eidgenössische Gewährleistung für die zwei in der Volksabstimmung vom 14./15. März 1931 angenommenen Verfassungsgesetze nach. Diese beiden Verfassungsgesetze und die durch sie abgeänderten oder aufgehobenen Bestimmungen haben folgenden Wortlaut (Übersetzung) : 1. Verfassungsgesetz vom 21. Februar 1981 betreffend Aufhebung und Ersetzung durch neue Bestimmungen des Verfassungsgesetzes vom 9. März 1927 über das obligatorische Finanzreferendum.

Einziger Artikel. Das Verfassungsgesetz; vom 9. März 1927 über das obligatorische Finanzreferendum ist aufgehoben und durch folgende Bestim-mungen ersetzt: Alter Text.

Neuer Text.

Art. 1. Der obligatorischen VolksArt. 1. Dem fakultativen Eeabstimmung unterliegen: ferendum (Gesetze vom 26. April ... G , 1879 und 18. Februar 1905) unterd t a. Alle Gesetze oder gesetzge- liegen obligatorisch alle Gesetze oder berischen Beschlüsse welche für den t eberischen Beschlüsse, welche Kanton und den gleichen Gegenstand für den Kanton und den leichen einGesamtausgabee v o n mehr 6 h r . als Fr 125,000 oder eine j ä h r l i 0 h e ^ Ausgäbe von mehr als Fr. 80,000 zur Folge haben.

Gegenstand eine Gesamtausgabe von 125,0005)000 eine einß jähr.

lich Ausgabe von mehr als Fr. 30,000

Dem Volke müssen diese Gesetze oder Beschlüsse gleichzeitig mit den Vorschlägen über ihre -finanzielle

Falle das Referendum ergriffen wird, müssen diese Gesetze oder Beschlüsse gleichzeitig mit den Vor-

mealsr

zur Folge haben.

683

Deckung zur Abstimmung vorgelegt werden.

b. Alle Gesetze über Staatsanleihen von mehr als einer Million Franken, mit Ausnahme solcher, die zur Bückzahlung bestehender Anleihen bestimmt sind (Konversionsanleihen).

Art. 2. Die in Art. l vorgesehenen Gesetze und Beschlüsse können nicht dringlich erklärt werden.

Art. 8. Die Volksabstimmung hat, von der Schlussabstimmung im Grossen Bäte an gerechnet, längstens innert Jahresfrist zu erfolgen.

Die absolute Mehrheit der Stimmenden entscheidet über die Annahme oder die Verwerfung.

Art. 4. Der Staatsrat -wird mit der Vollziehung dieses Verfassungsgesetzes beauftragt.

schlagen über ihre finanzielle Deckung dem Volke zur Abstimmung vorgelegt werden.

Art, 2. Mit Ausnahme von Gesetzen über Anleih en,'deren Dringlichkeit jederzeit ausgesprochen werden kann, können die in Art. l vorgesehenen Gesetze und Beschlüsse vom Grossen Bäte nicht dringlich erklärt werden.

Art. 8. Der Staatsrat -wird mit der Vollziehung dieses Verfassungsgesetzes beauftragt.

Übergangsbestimmungen. Der Conseil" administratif der Stadt Genf ist ermächtigt, unter Berücksichtigung der in dem vom Staatsrat am 21. Februar 1981 genehmigten Gemeindebeschluss der Stadt Genf vom 20. Februar 1931 gestellten Bedingungen und für die dort genannten Zwecke ein Anleihen von 48 Millionen Franken aufzunehmen.

Allfällige Abänderungen des Emissionspreises dieses Öffentlichen Anleihens bedürfen der Genehmigung des Staatsrates.

Der Staatsrat ist mit der Bekanntmachung des Vorstehenden in der vorgeschriebenen Form und Frist beauftragt.

684 2. Verfassiingsgesetz vom 28. Februar 1931 betreffend Abänderung des Art. 106 des Verfassungsgesetzes vom 18. Mai 1930 über die Organisation der Gemeinden.

Alter Text.

Art. 106. Ausgenommen in der Stadt Genf werden die Mitglieder der Gemeinderäte in jeder Gemeinde durch Listenwahl von der Gesamtheit der Stimmberechtigten der Gemeinde gewählt : in den Gemeinden mit mehr als 1500 Einwohnern nach dem Grundsatz der Verhältniswahl unter Vorbehalt eines Quorums von 7 %, in Gemeinden mit 1500 und weniger Einwohnern nach dem Grundsatz der Mehrheit.

Neuer Text.

Art. 106. Ausgenommen in der Stadt Genf werden die Mitglieder der Geraeinderäte in jeder Gemeinde durch Listenwahl von der Gesamtheit der Stimmberechtigten der Gemeinde gewählt : in den Gemeinden mit mehr als 800 Einwohnein nach dem Grundsät?, der Verhältniswahl unter Vorbehalt eines Quorums von 7 %, in Gemeinden mit 800 und weniger Einwohnorn nach dem Grundsatz der Mehrheit.

I.

Der Kanton Genf hat das fakultative Referendum mit Verfassuugsgesetü vom 26. April 1879 eingeführt. Dieses unterstellt die Gesetze oder gesetzgeberischen Beschlüsse des Grossen Eates mit einigen Ausnahmen der Volksabstimmung, sofern sie von mindestens 3500 stimmfähigen Einwohnern binnen 80 Tagen vom Datum der Veröffentlichung dieser Gesetze oder Beschlüsse an gerechnet verlangt wird. Das Verfassungsgesetz vom 18. Februar 1905 änderte die Bestimmungen des Gesetzes von 1879 dahin ab, dass die Zahl der für die Ausübung des Referendums erforderlichen Unterschriften von 3500 auf 2500 herabgesetzt wurde. Endlich erweiterte das Verfassungsgesetz vom 9. März 1927 über das obligatorische Mnanzreferendum die Volksrechte noch in dem Sinne, dass alle Gesetze oder gesetzgeberischen Beschlüsse über Ausgaben oder Anleihen, die über das im Gesetz festgelegte Minimum hinausgehen, der obligatorischen Volksabstimmung unterstellt wurden. In der Praxis erwies sich dieses Gesetz indessen mehrmals als wirkungslos, für eine geordnete Verwaltung sogar als nachteilig. Daher hebt das neue Verfassungsgesetz vom 21. Februar 1931 die Verpflichtung wieder auf, Gesetze und gesetzgeberische Beschlüsse, die für den Kanton beträchtliche Ausgaben zur Folge haben, der Volksabstimmung zu unterstellen, und führt «las fakultative Referendum ein. Mit Ausnahme der Gesetze über Konversionsanleihen konnten nach dem Verfafisungsgesetz vom 9. März 1927 weder Gesetze und Beschlüsse, die beträchtliche Ausgaben zur' Folge hatten, noch Gesetze über Anleihen von mehr als l Million Franken dringlich erklärt werden. In Zukunft dagegen ist die Dring licherklärung für alle Gesetze zulässig, die sich auf ein Anleihen beziehen.

Deren sofortige Vollziehung erscheint in der Tat ratsam.

685Am 20. Februar 1981 genehmigte der Gemeinderat der Stadt Genf den vom Conseil administratif ausgearbeiteten Entwurf zur Aufnahme eines Konversionsund Eückzahlungsanleihens im Betrage von 48 Millionen Pranken. Dank den günstigen Abschlussbedingungen dürfte dieses Anleihen wesentlich zur Gesundung der Finanzlage der Stadt Genf beitragen. Hätte es aber erst nach der Volksabstimmung vom 14./l 5. März 1931 über das Verfassungsgesetz vom 21. Februar 1931 dem Grossen Eat zur Genehmigung vorgelegt werden müssen, so wäre der erfolgreiche Abschluss vielleicht gefährdet gewesen.

Um dieses Eisiko auszuschalten, wurden dem genannten Verfassungsgesetz Übergangsbestimmungen beigefügt, dio den Conseil administratif der Stadt Genf ermächtigten, das von ihm beabsichtigte Anleihen aufzunehmen, U.

Das Verfassungsgesetz vom 28. Februar 1931 betreffend Abänderung des Art. 106 des Verfassungsgesetzes vom 18. Mai 1930 über die Organisation der Gemeinden bezweckt die Ausdehnung des Grundsatzes der Verhältniswahl für die Wahl der Mitglieder der Gemeinderäte. Nach dem bisherigen Art. 6 kam, ausgenommen in der Stadt Geni, in Gemeinden mit mehr als 1500 Einwohnern das System der Verhältniswahl unter Vorbehalt eines Quorums von 7 % zur Anwendung. Der neue Art. 106 dagegen bestimmt, dass in Zu» kunft in Gemeinden mit mehr als 800 Einwohnern die Mitglieder der Gemeinderate nach diesem Grundsatz gewählt werden. Wie bisher in Gemeinden mit 1500 und weniger Einwohnern, werden diese Wahlen jetzt in Gemeinden mit 800 und ·weniger Einwohnern nach dem Grundsatz der Mehrheit stattfinden.

Die beiden neuen Verfassungsgesetze des Kantons Genf entsprechen offensichtlich den Bestimmungen des Art. 6 der Bundesverfassung. Wir beantragen Ihnen daher, ihnen durch Annahme des beiliegenden Beschlussesentwurfes die Gewährleistung des Bundes zu erteilen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, sehr geehrte Herren, die Versicherungunserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 1. Juni 1931.

Im Xarnen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Häberlin.

Der Bundeskanzler: Kaeslin.

·686 {Entwurf.)

Bundesbeschlus8 über

die Gewährleistung der zwei in der Volksabstimmung vom 14.15. März 1931 angenommenen Verfassungsgesetze des Kantons Genf.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art. 6 der Bundesverfassung ; nach Kenntnisnahme einer Botschaft des Bundesrates vom 1. Juni 1981; in Erwägungj dass die zwei in der Volksabstimmung vom 14./15. Mai 1981 angenommenen Verfassungsgesetze des Kantons Genf nichts den Vorschriften der Bundesverfassung Zuwiderlaufendes enthalten, besehliesst :

Art. 1.

Den Verfassungsgesetzen des Kantons Genf: 1. vom 21. Februar 1931 betreffend Aufhebung und Ersetzung durch neue Bestimmungen des Verfassungsgesetzes vom 9. März 1927 über das obligatorische Enanzreferendum ; 2. vom 28. Februar 1981 betreffend Abänderung des Art. 106 des Verfassungsgesetzes vom 18. Mai 1980 über die Organisation der Gemeinden, wird die Gewährleistung des Bundes erteilt.

Art. 2.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

->-c~

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Gewährleistung der zwei in der Volksabstimmung vom 14./15. März 1931 angenommenen Verfassungsgesetze des Kantons Genf. (Vom 1. Juni 1931.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1931

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

22

Cahier Numero Geschäftsnummer

2687

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.06.1931

Date Data Seite

682-686

Page Pagina Ref. No

10 031 365

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.