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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1948 und 1949.

(Vom

11.Februar 1948.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir haben die Ehre, Ihnen mit dieser Botschaft den Entwurf zu einem Bundesbeschluss über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1948 und 1949 zu unterbreiten.

I. Die zusätzlichen Bundesbeiträge für die Jahre 1944 bis 1947.

1. Mit Bundesbeschluss vom 28. März 1945 über vorübergehende zusätzliche Beitragsleistung des Bundes an anerkannte Krankenkassen wurden die in Art. 85, Abs. l und 2, des Bundesgesetzes über die Kranken- und Unfallversicherung vom 18. Juni 1911 (KUVG) festgesetzten Beiträge für die Kinder um 2 Franken und die für Krankenpflege (ärztliche Behandlung und Arznei) versicherten Frauen um 2 Franken 50 Eappen erhöht. Die Ausrichtung dieser erhöhten Bundesbeiträge war auf die Jahre 1944 und 1945 beschränkt. Durch Bundesbeschluss vom 28. Juni 1946 wurde dieselbe Begelung auch für die Jahre 1946 und 1947 getroffen. Für die Jahre 1944 bis 1947 betrugen deshalb die jährlichen Bundesbeiträge für Kinder und die für Krankenpflege versicherten Frauen absolut und im Verhältnis zu den im KUVG festgesetzten Beiträgen:

Bundesblatt.

100. Jahrg. Bd. I.

50

766 0

Bundesbeiträge nach KUVG Versicherte

Bundesbeiträge nach BB vom 28. März 1945 und 28. Juni 1946

Erhöhung

180/3601) | 380/5401) in'% der in % der 180/360 360/540 180/360 360/540 BundesBundesl l) !)

) ') absolut beiträge absolut beiträge nach nach KUVG KUVG Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

Fr.

% % £ 2 3.50 5.50 6.-- 2.-- 50,0 57,1

Kinder Frauen : Pflege allein . . 4.-- Pflege und Geld 5.--

4.50 5.50

6.50 7.50

Y aU.

2.50

2.50

62,5 50,0

2.50 2.50

55,6 45,5

!) 180/360 bzw. 360/540 bedeutet eine Versicherungsdauer von 180 bzw. 360 Tagen innerhalb 360 bzw. 540 aufeinanderfolgenden Tagen.

Im gesamten beliefen sich die zusätzlichen Bundesbeiträge für das Jahr 1944 auf 2 925 388.Franken, für 1945 auf 3 080 667 Franken und für 1946 auf 3 204 868 Franken. Die ständige Zunahme dieser Beiträge ist auf den Zuwachs an Versicherten zurückzuführen. Für das Jahr 1947 werden die zusätzlichen Bundesbeiträge infolge dieser Zunahme der Versicherten ca. 3 345 000 Franken betragen.

Für die Krankenversicherung überhaupt wurden für das Jahr 1946 folgende Bundesbeiträge angefordert : Art der Bundesbeiträge

Beiträge für Männer, Frauen und Kinder gemäss Art. 35, Abs. lund2KUVG Zusätzliche Beiträge gemäss Bundesbeschluss vom 28. Juni 1946 Wochenbettbeiträge und Stillgelder gemäss Art. 35, Abs. 3 KUVG Gebirgszuschläge gemäss Art. 37, Abs. l KUVG Beiträge an die Tuberkuloseversicherung Beiträge an Kantone oder Gemeinden, die in dünn bevölkerten Gebirgsgegenden mit geringer Wegsamkeit Einrichtungen unterstützen, welche die Verbilligung der Krankenpflege oder der Geburtshilfe bezwecken gemäss Art. 37, Abs. 2 KUVG Beiträge an die von Kantonen oder Gemeinden übernommenen Versicherungsprämien für dürftige, obligatorisch versicherte Kassenmitglieder gemäss Art. 38 KUVG . .

Total der für das Jahr 1946 angeforderten Bundesbeiträge

Beträge in Franken

11 215 398

3 204 868 l 766 360 755 951 l 699 840

235 262 233 484 19 111163

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2. Dio Ausrichtung ausserordentlicher Bundesbciträge fur die Frauen- noci Kinderversicherung erwies sich, wie wir in den frühern Botschaften ausführten (Bbl. 1945,1, 225 und 1946,1, 676), mit Rücksicht auf die vor allem seit Kriegsausbruch eingetretene wesentliche Kostensteigerung in der KrankenpflegeVersicherung als nötig. Diese trat namentlich in der Frauen- und Kinderversicherung in Erscheinung. Da sich die versicherten Frauen und Kinder nicht gleichmässig auf die Kassen verteilen, wirkt sich die Kostensteigcrung in vielen Kassen -- mangels eines genügenden Ausgleichs mit der Männerversicherung -- besonders stark aus, ganz abgesehen davon, dass sich eine Reihe von Kassen nur mit der Schüler- oder Kinderversicherung befassen.

II. Die Ausrichtung zusätzlicher Bundesbeiträge für die Jahre 1948 und 1949.

1. Im Hinblick darauf, dass die Ausrichtung der zusätzlichen Bundesbeiträge mit dem Jahre 1947 zu Ende geht, gelangte das Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen mit einer Eingabe vom 17. Mai 1947 an das Bundesamt für Sozialversicherung, in welcher es nicht nur um die Weitergewährung der bisherigen zusätzlichen Beiträge, sondern um eine namhafte Erhöhung derselben nachsuchte. Die Kassen begründeten ihr Begehren mit dem Hinweis auf die andauernd prekäre finanzielle Lage der Krankenversicherung, vor allem der Krankenpflegeversicherung, und machten geltend, dass die Kosten der letzteren seit der im Jahre 1946 beschlossenen Verlängerung der Ausrichtung zusätzlicher Bundesbeiträge erneut beträchtlich gestiegen seien. Den Krankenpflegekassen falle es deshalb trotz der inzwischen vorgenommenen Erhöhung der Mitgliederbeiträge immer schwerer, das finanzielle Gleichgewicht aufrecht zu erhalten.

Der Vorschlag des Konkordates ging dahin, die Bundesbeiträge an die anerkannten Kassen unter Änderung des in Art. 35 KUVG enthaltenen Beitragssystens neu festzusetzen und beträchtlich zu erhöhen. Er hätte für den Bund im Verhältnis zu den Beiträgen des Jahres 1947, also gegenüber den bisherigen ordentlichen und ausserordentlichen Beiträgen, eine Mehrbelastung von rund 10 Millionen Franken zur Folge gehabt.

Schon in unseren früheren Botschaften hatten wir ausgeführt, dass eine Änderung des in Art. 35 KUVG enthaltenen Beitragssystems nur im Rahmen der Totalrevision der Krankenversicherung erfolgen könne. Im Hinblick darauf und mit Rücksicht auf die geschilderten finanziellen Konsequenzen des Vorschlages des Konkordates der Schweizerischen Krankenkassen fanden zwischen dem Bundesamt für Sozialversicherung und den drei grossen Krankenkassenverbänden, nämlich dem «Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen», der «Fédération des sociétés de secours mutuels de la Suisse romande» und der «Federazione ticinese delle casse-malati» Besprechungen, über die Frage der Ausrichtung zusätzlicher Bundesbeiträge über das Jahr 1947 hinaus statt.

Diese führten dazu, dass das Konkordat auf seinen ursprünglichen Vorschlag zurückkam und, zusammen mit den andern Verbänden, in einer Eingabe vom

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2. Dezember 1947 an das Bundesamt für Sozialversicherung um folgende Erhöhung und Ergänzung der bisherigen ausserordentlicheri Bundessubventionen ab 1. Januar 1948 im Sinne einer Übergangslösung bis zur Durchführung der sofort an die Hand zu nehmenden Eevision der Krankenversicherung ersuchte : a. eine Erhöhung der bisherigen Beiträge um 2 Franken für jedes End und für jede für Krankenpflege versicherte Frau; b. Einführung einer neuen ausserordentlicheri Subvention von l Franken für jeden für Krankenpflege versicherten Mann; c. Einführung eines zusätzlichen Wochenbettbeitrages von 20 Franken.

Dieser Vorschlag hätte für den Bund gegenüber den Aufwendungen für das Jahr 1947 eine Mehrbelastung von 5,6 Millionen Franken zur Folge.

2. Zu diesem Begehren der Kassen kann festgestellt werden, dass die seit dem Kriege eingetretene Kostensteigerung in der Krankenpflegeversicherung, die zur Ausrichtung der bisherigen Bundesbeiträge geführt hat, nicht nur andauert, sondern dass die Kosten seit dem Erlass des Bundesbeschlusses vom 28. Juni 1946 weiter gestiegen sind.

In der Botschaft vom 8. März 1946 haben wir die Entwicklung der Kosten der Krankenpflegeversicherung bei 555 Kassen bis zum Jahre 1944 dargestellt.

Diese Untersuchungen sind nun auch für das Jahr 1945 durchgeführt worden.

Die betreffenden Kassen urnfassten im Jahre 1945 durchschnittlich l 578 687 Pflegeversicherte (1944 = l 510 929). Die Kostenentwicklung in der Krankenpflegeversicherung pro Mitglied berechnet ergab 'folgendes Bild (ohne Wochenbett) : Beträge in Franken Kosten i)

Versicherte

Männer . . .

Frauen . . . .

Kinder

. .

; .

Durchschnitt . . . .

1944

1945

Veränderung

83.58 48.84 32.82

35.57 50.94 31.86

4- 2.60 -- 1.46

89.84

41.28

+ 1.44

+

1.99

i) Inkl. Zahnpflegeleistungen v on rund 40 Kp. jro Versicherten.

Dieser Übersicht ist zu entnehmen, dass die Kosten in der Krankenpflegeversicherung bei den Männern und Frauen wiederum gestiegen sind. Bei den Frauen, die die grossie Kostensteigerung in der reinen Pflegeversicherung verzeichnen, kommt dazu noch eine Zunahme der Wochenbettkosten. Letztere stiegen je pflegeversicherte Frau von 8.74 Franken im Jahre 1944 auf 8.91 Franken im Jahre 1945. Bei den Kindern ist im Gegensatz zu früher ein leichter

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Rückgang der durchschnittlichen Kosten je versichertes Kind festzustellen, der aber im Verhältnis zur Kostenzunahme seit 1988, d. h. dem letzten Vorkriegsjahr, gering ist.

Die Zunahme der Kosten bei den einzelnen Versichertengruppen von 1988--1945 beträgt (ohne Wochenbett) : Beträge in Franken Kosten i)

Männer .

. . . .

1938

1945

Zunahme

26.28

35.57 50.94

31.36

+ 9.29 +13.32 + 8.91

41.28

+ 10.92

Frauen Kinder

37.62 22.45

Durchschnitt . . . .

30.36

!) InM. Zahnpflegeleistungen v an rund 40 Bp. pro Versicherten.

Dazu kommt nun aber als ganz wesentlicher Umstand, dans die für das Jahr 1945 ermittelten Zahlen infolge der Kostenentwicklung in den Jahren 1946 und 1947 bereits überholt sind.

Die Betriebsergebnisse für das Jahr 1946 konnten allerdings bis jetzt noch nicht abschliessend verarbeitet werden, weil die Abrechnungen von den Kassen dem Bundesamt für Sozialversicherung bis am 1. Juli des nächstfolgenden Jahres eingereicht werden können und die Bearbeitung dieser Unterlagen längere Zeit erfordert. Mit Sicherheit kann aber jetzt schon gesagt werden, dass im Jahre 1946 namentlich in der Krankenpflegeversicherung eine weitere Kostensteigerung eingetreten ist. Das gleiche gilt für das Jahr 1947. Bereits 1946 hat von Seiten der schweizerischen Ärzteschaft eine starke Bewegung auf eine weitere Anpassung der von den Kantonsregierungen gemäss Art. 22 KUVG aufzustellenden Tarife der ärztlichen Leistungen an die gesteigerten Praxisund Lebenshaltungskosten eingesetzt. Die dadurch herbeigeführte Steigerung der Kosten für ärztliche Behandlung und Arznei (Krankenpflege) bewegt sich gegenüber dem Stand von 1989 zwischen 10--20%. Die auf den kantonalen Arzttarifen seit 1939 eingetretenen Erhöhungen gehen damit insgesamt bis zu 30%.

Eine ähnliche Entwicklung fand bei den Spitalkosten statt.

Es besteht demnach kein Zweifel, dass wir uns gegenwärtig einer ganz wesentlichen neuen Steigerung der Kranfeenpflegekosten gegenübersehen.

3. Die von uns in den früheren Botschaften geschilderte ungleichmässige Verteilung der die Kassen besonders belastenden Frauen und Kinder auf dio einzelnen Kassenarten besteht weiter.

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Die Zahl der am 31. Dezember 1945 genussberechtigten Versicherten betrug 2 524 599 Personen = 57,3% (1944 = 55,7%) der Wohnbevölkerung.

Von diesen Versicherten entfallen nach wie vor zwei Fünftel auf die Männer und drei Fünftel auf die Frauen und Kinder. Die meisten Frauen und Kinder weisen die öffentlichen, die wenigsten die Betriebskassen auf.

4. Von den 1151 anerkannten Krankenkassen des Jahres 1945 erreichten 341 (1944 = 313) die minimale Eeserve einer durchschnittlichen Jahresausgabe nicht. Dabei können allerdings die Eeserven für die Krankenpflege- und die Krankengeld Versicherung nicht auseinandergehalten werden, da nicht sämtliche Kassen eine Ausscheidung vornehmen. Seit dem Jahre 1941 hat sich die Vermögenslage der anerkannten Kassen wie folgt entwickelt: Vermögen je versichertes Mitglied, wenn Bestand 1941 = 100 (Fr. 51.78) Jahr

Prozent

1941 1942 1943 1944 1945

100,0 98,5 88,9 85,7 86,2

Die geringfügige Vermögenzunahme des Jahres 1945 darf wegen der geschilderten Kostenzunahme in den Jahren 1946 und 1947 nicht überschätzt werden. Sie hat ihren Grund vor allem darin, dass das Bundesamt für Sozialversicherung die Kassen im Rahmen des Möglichen anhält, das finanzielle Gleichgewicht durch vermehrte Selbsthilfe zu finden. Die Prämien sind dadurch allerdings in vielen Fällen so hoch geworden, dass sie für wenig bemittelte Versicherte, .zu denen der grösste Teil der Kassenmitglieder gehört, nur schwer tragbar sind.

5. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Behauptung der Krankenkassenverbände, die Kosten in der Krankenpflegeversicherung seien seit der letzten Beschlussfassung über die Gewährung zusätzlicher Beiträge weiter gestiegen, richtig ist. Die Krankenpflegekassen befinden sich nach wie vor in einer finanziell schwierigen Lage. Es rechtfertigt sich deshalb, die Ausrichtung zusätzlicher Bundesbeiträge nicht nur zu verlängern, sondern auch die Ansätze in einem gewissen Umfange zu erhöhen.

III. Erhöhung des Gebirgszuschlages.

1. In dünn bevölkerten Gebirgsgegenden mit geringer Wegsamkeit leistet der Bund an die Kassen neben den allgemeinen Beiträgen einen Gebirgszuschlag, auf das ganze Jahr gerechnet, bis auf 7 Franken für jedes versicherte Mitglied. Als Gebirgsgegenden wurden vom Bundesrat in wiederholten Be-

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Schlüssen, auf Grund der offiziellen topographischen Karte der Schweiz, jene Gebiete der Alpen und Voralpen bezeichnet, auf welche die vom Gesetz verlangten Anforderungen, nämlich dünne Besiedelung und geringe Wegsamkeit, zutreffen. Die Gebirgsgegenden im Sinne des KUVG liegen vorzugsweise in Graubünden, Tessin, Wallis, dann auch in Appenzell, St. Gallen, Glarus, Schwyz, Uri, Unterwaiden, Bern, Freiburg und Waadt.

Der Gebirgszuschlag wird, gleich wie der allgemeine Bundesbeitrag, auf das Mitglied ausgerichtet. Seine Höhe wird innerhalb des gesetzlichen Maximums durch das Bundesamt für Sozialversicherung je nach den besonderen Verhältnissen in dem als Gebirgsgegend bezeichneten Gebiete abgestuft. Bei der Abstufung fallen speziell die Wegverhältnisse und die leichtere oder schwerere Erreichbarkeit des Arztes in Betracht.

2. Das Sanitätsdepartement des Kantons Graubünden hat in einer Eingabe vom 25. Oktober 1947 an das Bundesamt für Sozialversicherung um eine sofortige Anpassung des Gebirgszuschlages an die heutigen Verhältnisse ersucht.

Mit dem Hinweis auf die allgemein gestiegenen Krankenpflegekosten, wobei die auf Mitte 1947 für den Kanton Graubünden in Kraft getretenen Teuerungszuschläge der Ärzte besonders hervorgehoben werden, wird eine Erhöhung des Maximalansatzes von 7 auf 10 Franken vorgeschlagen.

. 3. Die Ausführungen in Abschnitt II über die Verteuerung der Krankcnpflegekosten gelten auch für die Gebirgsgegenden. Speziell belastet werden die Kassen der Gebirgsgegenden durch die Wegentschädigungen an die Ärzte (Auto, Fuhrwerke usw.). Diese sind heute bedeutend höher als vor dem Kriege. Die Abgelegenheit einzelner Talschaften, die weite Distanz von Arztdomizil zu Arztdomizil, von Spital zu Spital, verteuert die Krankenpflegeversicherung ausserordentlich. So kostet z. B. ein einziger Arztbesuch in Samnaun 120 Franken, ein solcher in Avers im Sommer 48 Franken und im Winter 98 Franken, in Safien 40 Franken, in Feldis im Sommer 32 Franken, im Winter 40 Franken, in Vais 50 bis 80 Franken, in Obersaxen 30 bis 35 Franken, in Panix 32 Franken, in Sapin 27.60 Franken, in Tschiertschen 16 bis 40 Franken (Angaben der Sanitätsdirektion des Kantons Graubünden). Ähnliche Verhältnisse bestehen auch in den andern Gebirgskantonen.

4. Die Gebirgskassen werden infolge der geschilderten Umstände durch die
Kostensteigerung in der Krankenpflegeversicherung ganz besonders betroffen. Vor allem haben darunter die Kassen in sehr abgelegenen und wenig besiedelten Gebieten, die bereits jetzt das Maximum des Gebirgszuschlages gemäss Art. 37, Abs. l KUVG von 7 Franken pro Mitglied erhalten, zu leiden.

In diesen Gegenden ist die Durchführung der Krankenversicherung durch die eingetretene Kostensteigerung gefährdet. Die Bevölkerung kann hier kaum mehr mit weiteren Beitragserhöhungen belastet werden. Eine besondere Hilfe für solche Kassen durch Erhöhung der maximalen Grenzen des Gebirgszuschlages drängt sich deshalb auf, um so mehr, als diese Hilfe durch entsprechende Abstufung des Beitragsansatzes den besondern Verhältnissen jedes einzelnen Falles angepasst werden kann.

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IV. Dauer, Höhe und finanzielle Auswirkung der ausserordentlichen Bundesbeiträge.

1. Das Problem der Beitragsleistung an die Krankenversicherung ·wird, wie wir früher ausführten, im Rahmen der Revision der Bundesgesetzgebtmg über die Krankenversicherung einer grundsätzlich neuen Lösung entgegengeführt werden müssen. Die Totalrevision ist bereits in die Wege geleitet. Das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement hat eine Expertenkommission ernannt, die anfangs 1948 erstmals zusammentritt. Die Gesetzesrevision dürfte zwei bis drei Jahre beanspruchen.

Für die Zwischenzeit muss, angesichts der bestehenden und zum Teil weiter ansteigenden Verteuerung der Krankenpflegeversicherung eine Übergangslösung gefunden werden. Als solche schlagen wir Ihnen vor, die in Art. 35, Abs. l und 2 KUVG für die Krankenversicherung vorgesehenen Bundesbeiträge wie folgt zu erhöhen: a. für Kinder um Fr. 2.50 (bisheriger zusätzlicher Beitrag Fr. 2.--), b. für Frauen, die für ärztliche Behandlung und Arznei versichert sind, um Fr. 3.50 (bisheriger zusätzlicher Beitrag Fr. 2.50), c. für Männer, die für ärztliche Behandlung und Arznei versichert sind, um Fr. 1.-- (bisher keine Erhöhung).

Hinsichtlich der Frauen haben wir dargelegt, dass die Belastung der Kassen durch sie, ohne Einrechnung der Wochenbettkosten, ungefähr anderthalbmal so gross ist wie diejenige für Männer. Die vorstehenden Ansätze ergeben zusammen mit den ordentlichen Bundesbeiträgen für Frauen mindestens Fr. 7.50 und für Männer mindestens Fr. 4.50. Damit ist der Buhdesbeitrag für Frauen etwas höher als das Anderthalbfache des Männerbeitrages, wodurch das Wochenbettrisiko und die früher erwähnte ungleichmässige Verteilung der Frauen auf die Kassen berücksichtigt ist. Wenn wir im Gegensatz zur bisherigen Regelung nun auch für die Männer einen zusätzlichen Bundesbeitrag vorsehen, so geschieht dies deshalb, weil die Kosten in der Männerversicherung inzwischen ebenfalls derart gestiegen sind, dass auch hier eine vermehrte Leistung des Bundes sich rechtfertigt. Auch für die Kinderversicherung drängt sich im Hinblick auf die in den Jahren 1946 und 1947 eingetretene Kostensteigerung eine Erhöhung des Beitrages auf.

2. Durch eine Erhöhung des Gebirgszuschlages von 7 Franken auf 10 Franken je versichertes Mitglied dürfte genügend Spielraum für eine den jeweiligen
Bedürfnissen entsprechende Unterstützung der durch die gegenwärtigen Verhältnisse besonders schwer betroffenen Gebirgskassen geschaffen sein.

3. Die in Art. l des Entwurfes vorgesehene Erhöhung der Bundesbeiträge wird auf die Mitgliederzahl des Jahres 1946 berechnet gegenüber den Beiträgen aus Art. 35 KUVG für den Bund folgende jährliche Mehrausgaben bringen:

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Versicherte

Zahl der bundesbeitragsbereohtigten Pflegeveraicherteu 1946

Zusätzlicher Bundesbeittag Fr.

Männer . . . .

Frauen . . . .

Kinder . . . .

752000 889000 496 000

Total

2 137 000

752000

3 111 500 1 240 000 5 103 500

Durch die Erhöhung des Gebirgszuschlages ist mit einer Mehrausgabe von 37 000 Franken jährlich zu rechnen.

Die gesamte Mehrbelastung des Bundes beträgt im Verhältnis zu den Aufwendungen aus den Art. 35 und 37, Abs. l KUVG, auf der Basis von 1946 gerechnet jährlich 5 140 500 Franken. Wird die seither eingetretene Zunahme der Versichertenzahl mitberücksichtigt, so ergibt sich gegenüber den Leistungen aus Art. 35 und 37, Abs. l KUVG für die Jahre 1948 und 1949 eine Mehraufwendung von rund 5,5 Millionen Franken jährlich. Im Verhältnis zu den Leistungen des Bundes für das Jahr 1947 wird sich eine jährliche Mehrbelastung von rund 2 Millionen Franken ergeben.

Den Begehren der Krankenkassen wird damit nur teilweise entsprochen.

Ein weiteres Entgegenkommen des Bundes ist jedoch im Hinblick auf dessen Finanzlage nicht möglich. Es muss allenfalls den Kantonen und Gemeinden überlassen werden, weitere zusätzliche Massnahmen zugu.nsten der Krankenkassen zu treffen, soweit die Versicherten nicht in der Lage sind, die nötigen Beiträge aufzubringen.

V. Bemerkungen zu den einzelnen Artikeln des Entwurfes.

Art. l hat den gleichen Wortlaut wie der erste Artikel der Bundesbeschlüsse vom 28. März 1945 und 28. Juni 1946 unter entsprechender Änderung hinsichtlich der Beitragsansätze und der Subventionsjahre. Die bisherige Formulierung hat sich in der Praxis bewährt und kann deshalb beibehalten werden.

Art. 2 enthält den erweiterten Eahmen für den Gebirgszuschlag und bildet damit eine Ergänzung des Art. 37, Abs. l KUVG.

Art. 3 ist aus den früheren Bundesbeschlüssen herübergenommen worden und hat den gleichen Wortlaut wie bisher. Er bildet die Handhabe, um die Kassen zu der notwendigen Selbsthilfe zu verhalten.

774

Art. 4. Da auch dieser Bundesbeschiuss wieder allgemeine Bestimmungen enthält, die praktisch auf eine Abänderung des KUVG hinauslaufen, ist der Eeferendumsvorbehalt anzubringen.

Wir beehren uns, Ihnen den beigelegten Entwurf zu einem Bundesbeschiuss zur Annahme zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 11. Februar 1948.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Cello.

Der Bundeskanzler: Leimgruber.

775

(Entwurf)

Bundesbeschluss über

zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1948 und 1949

Die Bundesversammlung der schweizerischen E i d g e n o s s e n s c h a f t , gestützt auf Art. 34bis der Bundesverfassung und nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 11. Februar 1948, beschliesst: Art. 1

Die in Art. 35, Abs. 1, lit. a und b, und Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 13. Juni l. Bundesbeiträge 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung festgesetzten Bundesbeiträge werden für die Jahre 1948 und 1949 erhöht: a. für Kinder um Fr. 2Ì50; b. für Frauen, welche für Krankenpflege (ärztliche Behandlung und Arznei) versichert sind, um Fr. 3.50; , c. für Männer, welche für Krankenpflege (ärztliche Behandlung und Arznei) versichert sind, um Fr. 1.

Art. 2

Der in Art. 37, Abs. 1, des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Krankenund Unfallversicherung festgesetzte Gebirgszuschlag an Kassen in dünn bevölkerten Gebirgsgegenden mit geringer Wegsamkeit kann in besonderen Fällen bis auf Fr. 10 für jedes versicherte Mitglied erhöht werden.

n. GebirgsZuschlag.

Art. 3 1

Mit der Gewährung der erhöhten Bundesbeiträge können besondere An- in. Bedingungen.

Ordnungen über die finanzielle Sicherheit der Kasse, die Beteiligung der Mitglieder an den Krankenpflegekosten, die Verwaltung, die Rechnungsführung und Bilanzierung verbunden und es kann der Wegfall sowohl der zusätzlichen als auch der ordentlichen Bundesbeiträge verfügt werden, wenn die Kasse den ergangenen Weisungen nicht nachkommt.

776 3 Oie Kassen haben den Aufsichtsbehörden die erforderlichen Unterlagen über den Geschäftsgang und die nötigen Statistiken einzureichen.

Art. 4 IV. Ausrührungsvorschriften.

Inkrafttreten.

1

Der Bundesrat ist mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt und erlässt die hiezu erforderlichen Ausführungsvorschriften.

2 Er wird beauftragt, auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 1874 betreffend Volksabstimmung Über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Bundesbeschlusses zu veranlassen und den Zeitpunkt seines Inkrafttretens festzusetzen.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung über zusätzliche Beiträge des Bundes an anerkannte Krankenkassen für die Jahre 1948 und 1949. (Vom 11.Februar 1948.)

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Jahr

1948

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

06

Cahier Numero Geschäftsnummer

5349

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

12.02.1948

Date Data Seite

765-776

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10 036 141

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