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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Gesuch der Regierung von Tessin um Reduktion der Zahl der nach der Militärorganisation zu stellenden Infanteriebataillone.

(Vom 23. Juni 1875.)

Tit. !

Der Staatsrath des Kantons Tessin sucht mit Schreiben vom 15. Juni d. J. um eine Reduktion der von ihm nach Art. 32 der Militärorganisation je für Auszug und Landwehr zu stellenden Infanteriebataillone von 4 auf 3 nach.

Er begründet dieses Gesuch durch die faktische Unmöglichkeit, in welcher sich der Kanton Tessin befinde, außer den von ihm verlangten Spezialwaffen noch vier Infanteriebataillone in reglementarischem Bestand stellen zu können. Der Staatsrath von Tessin weist dabei auf die bekannten Auswanderungsverhältnisse hin, infolge welcher eine große Zahl der im wehrpflichtigen Alter befindlichen Männer, theils auf längere Zeit nach Amerika, Australien England und Frankreich auswandern, theils vorübergehend ur.d zwar gerade in der Jahreszeit, während welcher sie Dienst thun sollten, in der übrigen Schweiz und in Italien sich aufhalten. Bö sei es gekommen, daß im Jahr 1870 troz aller Anstrengungen,

575 welche gemacht wurden, um die auswärts wohnenden Tessiner beizuziehen, die vier Bataillone, welche Tessin schon unterm frühem Geseze zu stellen hatte, nur auf 600 Mann gebracht werden konnten, obschon damals 13 Altersklassen einberufen waren. Aehnliche Uebelstände haben sich beim lezten Truppenzusammenzug gezeigt, wo die Bataillone troz der Einberufung von 13 Jahrgängen nur auf 520 Mann gebracht werden konnten.

Die schweizerischen Militärbehörden haben die eigentümlichen Verhältnisse im Tessin wiederholt zum Gegenstande ihrer Untersuchung gemacht und haben daraus die Ueberzeugung gewonnen, wie schwer es dem Kanton Tessin wird, die von ihm verlangten Truppen vollzählig zu stellen. In den Verhandlungen der Kommissionen, welche die neue Militärorganisation vorzuberathen hatten, wurde dann auch gegenüber der Tendenz, die Zahl der Bataillone von Graubünden zu vermindern, eine Reduktion der Tessiner Bataillone befürwortet, jedoch ohne Erfolg. Wir glauben daher, nach den bereits gemachten Erfahrungen die Reduktion der Infateriebataillone auf drei als eine durchaus gerechtfertigte Maßregel empfehlen zu sollen.

Es ist zwar nicht zu verkennen, daß mit den ernsten Maßregeln, welche der Bund theils bereits in's Werk gesezt hat, theils in diesem Jahre noch durchführen wird, um den Grundsaz der allgemeinen Wehrpflicht zur Durchführung zu bringen, auch im Tessin weniger Leute dein Dienst entgehen werden, als dies bisher deiFall war Zu diesen Maßregeln rechnen wir die Einführung eines geordneten Kontrolwesens, die Einführung von Dienstbüchlein und die damit für den einzelnen Wehrpflichtigen verbundene Verpflichtung, vom Wohnortswechsel an die militärischen Behörden jeweilen Kenntniss zu geben, ferner die Mitwirkung bei derRekrutirung, die Piketstellung dertessinischenn Rekruten anläßlich der Rekruirungg und die Abhaltung der Rekrutenschule im Monat März.

Alle diese Maßregeln werden eine größere Zahl, als das bisher der Fall war, veranlaßen, die Schulen und Wiederholungskurse zu besuchen; die Auswanderung aber können und wollen sie nicht verhindern, und immer wird daher der in einem gegebenen Momente vorhandene Mannschaftsstand ein so geringer sein, daß die Truppen nicht in feldmässiger Stärke ausrüken könnten.

Die Erhebungen, welche anläßlich des lezten eidgenössischen Truppenzusammenzuges gemacht worden siud, haben die Anwesenheit von 5143 Mann im wehrpflichtigen Alter ergeben.

576 Der Kanton Tessin hat aber nach der neuen Militärorganisatioi..

zu stellen : 8 Infanteriebataillone à 774 = .

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. 6,192 Manu 1 Ausxügerbatterie und l Positionskoinpaguie der Landwehr 282 ,, 2 Kompagnien Seh uzen .

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370 ,, Vorn Bund rekrutirte Guiden und Genie zirka 180 ,, 7,024 Mann.

Die diesjährige Rekrutirung hätte nach den Listen folgendes Erträgiiiß liefern sollen: 1855 geboren 1,030 Manu Aeltere Jahrgänger, welche zwar in den Mannschaftlisten stehen, aber bisher sich nicht gestellt hatten .

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. 3,596 ,, 4,626 Mann, Davon waren außer Landes abwesend: 1855ger .

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4 9 0 Mann Aeltere .

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. 3,241 ,, "5'-'l

V)

895 Manu.

Nach den ärztlichen Entlassungen, nach Abzug der aus verschiedenen Gründen zu den Schulen nicht Eingerükten und uiich Ausscheidung der Spezialwaffen blieben für Füsiliere und Schüze» nur noch zirka 400 Mann übrig, welche instruirt wurden. 400 Rekruten, s e l b s t w e n n sie im L a n d e b l e i b e n , reichen nun nicht aus, um vier Bataillonen und einer Kompagnie Schüzeri ÌLI Auszug den uöthigen Zuwachs zu bringen. Aber auch ein gan/.

erheblicher Zuwachs an Rekruten, der nach Anwendung der obe.i angedeuteten Maßregeln nicht ausbleiben wird, ist nicht genügend, die von Tessin verlangten Korps vollzählig zu erhalten.

Diese Ziffern erklären es, warum der Kanton Tessin bis je/t nicht eine eigentlich feste Eintheilung der Mannschaft nach Truppenkörpern hatte, sondern bei Aufgeboten die Leute zusammensuchte, wie er sie fand, und bei größern Aufgeboten immer in Verlegenheit war.

Ein solch' militärisch falsches System darf unter der neuen Militärorganisation nicht fortdauern. Wir brauchen sowohl zum Zweke einer raschen Mobilisirung, als des innern Zusammenhängt's der Truppenkörper wegen zum Voraus fest und bleibend organtsirte Korps.

577 Drei Bataillone im Auszug wird nun der Kanton Tessin stellen können und daher bei partiellen Aufgeboten nicht nöthig haben.

in die Organisa ion der nicht aufgebotenen Korps einzugreifen.

Diese drei Bata Hone würden zusammen ein Regiment bilden, während ein viertes Bataillon entweder einem deutschen Regiment zugethcilt, also mit Truppen anderer Kantone vereinigt oder überzählig gelassen werden muß.

Die Formation eines vierten Bataillons im Kanton Graubünden ermöglichte es bei der Armeeeintheilung zu lezterm, weniger nachtheiligem Mittel zu greifen. Wir thaten dies um so lieber, als wir die Notwendigkeit voraussehen mußten, das vierte Tessinerbataillon im Falle eines größern Aufgebotes aufzulösen und auf die drei andern zu vertheilen.

Reduziren Sie nach unserm Vorschlage die Auszügerbataillone auf drei, so wird eine solche jederzeit unangenehme Maßregel nicht nothwcitdig werden, und sollten auch in Folge Zuströmens von auswärtigen Aufenthaltern die Tessinerbataillone stark überzählig werden, so liegt darin keineswegs ein Uebelstand, da unsere Bataillone ohnedies nicht stark sind und im Felde ja bekanntermaßen der Abgang nur zu rasch eintritt.

Schließlich ist nicht zu verkennen, daß bei Verhältnissen, wie sie im Kanton Tessin walten, das Aufbringen der Cadres für eine größere Zahl von Truppenkörpern eine schwierige Sache ist.

Werden die Bataillone auf drei reduzirt, so werden die Cadres und mit ihnen auch die Truppenkörpcr qualitativ um so besser werden.

Wir empfehlen Ihnen daher den nachstehenden Beschlußentwurf zur gefälligen Annahme und benuzen diesen Anlaß, Sie.

Tit., unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 23. Juni 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Sehern1.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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{Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

die Infanteriebataillone des Eantons Tessin.

Die Bundesversammlung der s c h w e i z e r i s c h e n E i d g e n o s s e n s c h a f t , in Anwendung des Art. 36 der Militärorganisation vom 13. Novembe 1874; nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 23. Juni 1875, beschließt: 1. Der Kanton Tessin hat statt der im Artikel 32 der MilitärOrganisation vom 13. November 1874 zu stellenden vier Auszügerund vier Landwehr-Infanteriebataillone nur je drei Infanterie bataillone für Auszug und Landwehr zu stellen.

2. Dieser Beschluß tritt sofort in Kraft. Der Bundesrath ist mit der weitern Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Abschluss einer Vereinbarung zwischen dem Bundesrathe, Namens der Eidgenossenschaft, und dem Einwohnergemeinderathe der Stadt Bern über die Feststellung der abschliesslichen Leistungen der lezteren an den Bundessiz.

(Vom 24. Juni 1875.)

Tit.!

In unserm Berichte über die Geschäftsführung des Departements des Innern im Jahre 1874 (Bundesblatt 1875, Band II, Seite 286 bis und mit 289) haben wir bereits in ziemlich eingehender Weise über die Angelegenheit betreffend die Beschaffung weiterer Lokalitäten für die Centralbundes Verwaltung, so weit sie zu Anfang dieses Jahres gediehen war Bericht erstattet, indem wir mittheilten, welche Schritte von uns gethan worden seien, einerseits um möglichst annähernd zu ermitteln, wie viele Räumlichkeiten für die verschiedenen Verwaltungsabtheilungen, namentlich mit Rüksicht auf die aus der Durchführung der neuen Bundesverfassung erwachsenden Mehrbedürfuisse, erforderlich seien, und andererseits um die Gemeinde Bern zur Erfüllung der ihr diesfalls obliegenden Leistungen zu veranlaßen.

Bundesblatt Jahrg. XXVII. Bd. III.

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend das Gesuch der Regierung von Tessin um Reduktion der Zahl der nach der Militärorganisation zu stellenden Infanteriebataillone. (Vom 23. Juni 1875.)

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1875

Année Anno Band

3

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28

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.07.1875

Date Data Seite

574-579

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10 008 690

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