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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über Verschmelzung des Post- und Telegraphendienstes.

(Vom 7. April 1875.)

Tit.!

Mit Postulat Nr. 11 vom 25. Juni 1874 wurde der Bundesrath eingeladen, die Frage zu prüfen, ob nicht eine vollständige Verschmelzung des Post- und Telegraphendienstes, der Verwaltung und der Inspektionen thunlich und im fiskalischen Interesse des Bundes sei.

Zur Beleuchtung dieser Frage glaubt der Bundesrath vorerst darauf hinweisen zu sollen, daß dieselbe, wenn auch in etwas anderer Form, bereits durch das ständeräthliche Postulat vom 22. Dezember 1863 aufgeworfen wurde. Dabei war freilich nur die Aufhebung der Kreisinspektionen, beziehungsweise deren Verschmelzung mit den Kreispostdirektionen, in's Auge gefaßt; da indessen, wie in Nachstehendem dargethan werden soll, in Bezug auf die übrigen Verwaltungsorgane die Verschmelzung, insoweit sie überhaupt mit den dienstlichen Interessen vereinbar erscheint, bereits thatsächlich besteht, so fällt jenes Postulat mit dem heute vorliegenden so ziemlich zusammen.

In seinem bezüglichen Berichte vom 1. Juli 1864 (Bundesblatt 1864, II, S. 805) hat der Bundesrath nachgewiesen, daß die angeregte Maßregel weder den fiskalischen, noch den dienstlichen

536 Interessen entsprechen würde, und es hat dann auch der Ständerath auf den einstimmigen Antrag seiner Kommission (s. deren Bericht, Bundesblatt 1864, II, S. 814) am 22. September des gleichen Jahres erklärt, daß für einmal kein Grund vorhanden sei, die Organisation der Telegraphenverwaltung in diesem Sinne abzuändern, und daß somit das dahinzielende Postulat fallen gelassen werde.

Der fragliche Bericht hat vorerst die damalige, der Hauptsache, nach noch jezt bestehende Organisation der Verwaltung, sowie die den Kreisinspektoren obliegenden Dienstverrichtungen auseinandergesezt, und dann namentlich darauf Gewicht gelegt, daß diese Verrichtungen vorzugsweise technischer Natur sind und somit spezielle Kenntnisse und Erfahrungen erfordern, welche die Kreispostdirektoren nicht besizen und bei ihrer sonstigen Arbeitslast auch nichi; erlangen können, ohne ihre Thätigkeit dem Postdienste großentheilw zu entziehen. Es müßten daher jeder Kreispostdirektion die nöthigen Telegraphenbeamten beigegeben werden, deren Besoldung allerwenigstens so hoch ansteigen würde, als diejenige des gegenwärtigen Inspektionspersonals. Die Folge wäre somit nur die, daß in die gegenwärtige, höchst einfache Organisation der Verwaltung ein ganz unnöthiges, den Geschäftsgang hemmendes und unter Umständen sogar dem Dienste nachtheiliges Zwischenglied eingefügt würde. Denn entweder müßte der Kreispostdirektor den ihm zugetheilten Telegraphenbeamten ganz oder größtentheils freie Hand lassen oder selbst handelnd eingreifen, was ihm nur auf Unkosten der Postgesehäfte, welche auch in den kleinem Postkreisen dui v o l l e Thätigkeit und Arbeitskraft eines Beamten in Anspruch nehmen, oft aber auch zum Nachtheil des Telegraphendienstes, mit welchem er sich höchstens nach längerer Erfahrung genügend vertraut machen könnte, möglich wäre. Statt sechs Kreisinspektionen hätten wir deren eilf, was insofern nicht vom Guten wäre, als gerade die Telegraphen einer möglichst einheitlichen und gleichartigen Verwaltung absolut bedürfen. Aus diesem Grunde haben wir auch im Jahre 1873, als es sich um die Vermehrung des Inspektionspersonals handelte, der Errichtung von Adjunktenstellen gegenübe.der Vermehrung der Kreise den Vorzug gegeben. Aus dem gleichen Grunde wurden den Telegrapheninspektionen von Anfang au nicht so weitgehende Kompetenzen eingeräumt,
wie den Kreispostdirektionen, sondern man stellte sie unter die Oberleitung einer Centraldirektion, welcher allein eine gewisse Selbstständigkeit zukommt.

Wollte man nun aber die Geschäfte der Inspektionen an die Postdirektionen übertragen, so würden diese nach und nach auch fuiden Telegraphendienst die gleichen Kompetenzen in Anspruch nehmen, welche ihnen für den Postdienst wegen der großen Mannigfaltigkeit und Ausdehnung des Betriebes mit Recht zugewiesen

537 ·wurden, welche aber für die Telegraphenverwaltung nicht nur überflüssig, sondern bei der Nofhwendigkeit einer einheitlichen Geschäftsführung eher nachtheilig wären. Bei Verschmelzung der Telegrapheninspektionen mit den Kreispostdirektionen würden in e i n e Hand Verwaltungsaufgaben für zwei Dienstzweige vereinigt, welche ihrem Wesen nach ganz verschieden sind und auch ver.schieden behandelt werden müssen.

Ferner wurde in unserm Berichte darauf hingewiesen, daß die Organisation der sämmtlichen auswärtigen Verwaltungen die nämliche ist und daß sich diejenigen, welche früher mit der Post verschmolzen waren, nach dem Muster der schweizerischen umgestalteten, ohne es seither bereut zu haben. Soll nun die Schweiz, der eigenen und auswärtigen Erfahrung zum Troz, ihren bisherigen berechtigten Standpunkt aufgeben und auf ein System zurükkommeu, welches sich überall als unhaltbar erwies ? und dies bloß um einer nicht nur zweifelhaften, sondern ganz unwahrscheinlichen und zudem unerheblichen Ersparniß willen?

Wir fügen noch bei, daß in Frankreich, wo die beiden Verwaltungen sogar unter verschiedeneu Ministerien stehen, im Jahre 1872 ein ähnlicher Anzug gestellt, nach reiflicher Prüfung jedoch wieder fallen gelassen wurde.

Was die Reisekosten anbelangt, auf welchen man durch die Verschmelzung vielleicht etwelche Ersparnisse zu erzielen hofft, so bilden dieselben schon an und für sich einen verhältnißmäßig sehr kleinen Theil der Verwaltungsausgaben, und die Kosten für Büreauinspektionen, welche hier allein in Betracht fallen, erreichen bei der Telegraphenverwaltung vielleicht etwa Fr. 4000 per Jahr.

Dabei wäre es immer noch irrig, anzunehmen, diese Summe würde in Folge der Verschmelzung wirklich erspart.

Die Telegraphenbüreaux bedürfen unbedingt regelmäßiger periodischer Inspektionen zur Reinigung und Regulirung der Apparate, Prüfung und eventueller Reparatur der Zimmer- und Erdleitungen, Verifikation des vorhandenen Materials etc. Nach den bestehenden Vorschriften werden die Telegraphenbüreaux jährlich wenigstens Ä w e i Mal inspizirt. Es ist dies das Minimum des Nothwendigen, und im Auslande finden die Inspektionen zweimonatlich, monatlich oder sogar noch häufiger statt. Bei der Postverwaltung sind wir -- nicht ohne große Anstrengungen -- dazu gelangt, daß die rechnuugkpflichtigen Poststellen
durchschnittlich wenigstens l Mal jährlich einer Inspektion unterworfen werden. Bei den kleineren Poststellen dagegen ist eine öftere Inspektion unnöthig, und sie werden daher nur gelegentlich besucht, währenddem gerade die kleinsten Telegrapheubüreaux wegen Mangel au Uebung der Nachhilfe und Uebervvachunc am meisten bedürfen.

538 Es ergibt sich hieraus, daß eine gleichmäßige Behandlung der beiden Dienstzweige in Bezug auf die Inspektionen nicht angeht und somit von einer Erspamiß an den daherigen Kosten keine Rede sein kann.

Und wer sollte nun diese gemeinschaftlichen Inspektionen vornehmen ? Gründliche Kenntnisse in beiden Dienstzweigen werden sich wohl selten in der gleichen Person vereinigt finden, und die Inspektion würde sich daher, je nach Umständen, mehr auf den einen oder andern dieser Dienstzweige richten, d. h. ungenügend und unvollständig sein. Man würde somit nicht nur nichts ersparen,, sondern mit den gleichen Kosten einen geringern Erfolg erzielen.

Sodann darf nicht außer Acht gelassen werden, daß eine Anzahl Telegraphenbüreaux an Orten bestehen, wo keine Poststelleu sind und eine Menge Poststelleu ohne Telegraphenbüreaux. Filiali e diese Fälle trifft der erwähnte Grund ohnehin nicht zu.

Indem wir noch hervorheben, daß im Schöße des Nationalrathes selbst zugegeben wurde, die beabsichtigte Verschmelzung werde sich mit Bezug auf die Kreisiuspektionen kaum mit Vorthei, durchführen lassen, bleibt uns übrig, diese Maßregel hinsichtlich der andern Verwaltungsorgane in's Auge zu fassen.

Es sei uns jedoch gestattet, hier noch die allgemeine Bemerkung einzuschalten, daß die oft geäußerte Ansicht, die beiden Verwaltungen seien vollkommen analog, gehören ihrer Natur nach zusammen und können daher auch von den gleichen Persönlichkeiten geleitet werden, gänzlich auf Irrthum beruht. Die beiden Verwaltungen haben nichts mit einander gemein als den Zwek, und auch diesen nur zu einem kleinen Theile. Die Mittel zur Erreichung dieses Zwekes sind dagegen in ihrem iiiuern Wesen vollständig von einander verschieden und müssen daher auch in verschiedener Weise beschafft, angewendet und unterhalten werden. In der That lassen sich weder zwischen den beidseitigen Beförderungsmitteln, noch zwischen den den beidseitigen Beamten obliegenden Funktionen irgend welche Analogien herausfinden, und die Telegraphen können überhaupt nicht als Transportmittel im eigentlichen Sinne des Wortesbetrachtet werden.

Was nun vorerst die Centralverwaltung anbetrifft, so können wir uns wirklich nicht denken, wie eine weitergehende Verschmelzung möglich sein sollte.

Wie die Generalpostdirektion in mehrere Abtheilungen und Unterabtheilungen
(Sekretariat, Kontrole. Kursbüreau, Personalinspektion und Material bureau) zerfällt, so muß um so mehr auch für das seiner Natur nach ganz verschiedene Telegraphenwesen eine solche Abtheilung bestehen, und damit kommt man ziemlich genau auf die

539 gegenwärtige Organisation zurük. Der Unterschied besteht (abgesehen etwa von den Titulaturen der Beamten) lediglich darin, daß der Telegraphenabtheilung gewisse Kompetenzen eingeräumt sind, welche ihr gestatten, die meisten laufenden Geschäfte selbstständig zu behandeln, währenddem bis vor ganz kurzer Zeit die postdienstlichen Abtheilungen die Erledigung aller an das Departement gelangenden Geschäfte dem Vorsteher desselben zu unterbreiten hatten. Bei der fortwährenden Zunahme derselben sah sich aber der Departementsvorstand genöthigt, deren Behandlung zum guten Theil den betreffenden Abtheilungsvorständen zu überlassen und sich somit dem bei der Telegraphenverwaltung bestehenden System zu nähern.

Daß nun aber mit Bezug auf diesen leztern Dienstzweig, welcher sich vermöge seiner vorwiegend technischen Natur am allerwenigsten dazu eignet, nicht der umgekehrte Weg eingeschlagen werden kann, bedarf wohl keines weitern Beweises.

Es dürfte dagegen den Anschein haben, die mit dem Telegraphenwesen zusammenhängenden Geschäfte könnten den analogen Abtheilungen der Generalpostdirektion übertragen werden. Aber gerade für die wichtigsten' Dienstzweige, das Linien- und Apparatenwesen finden sich gar keine Analogien vor, und auch die übrigen Geschäfte zeigen mehr oder weniger wesentliche Verschiedenheiten.

Abgesehen hievon aber wäre das Resultat einer solchen Verschmelzung ein sehr zweifelhaftes. Vor Allem ergäbe sich da.raus keinerlei Ersparniß, denn diese Arbeiten müssen nun einmal besorgt und nach Maßgabe der dafür benöthigten Fähigkeiten bezahlt werden, ob nun die damit betrauten Beamten so oder anders heißen, ob sie in diesem oder jenem Lokale arbeiten. Die dienstlichen Folgen wären dagegen ungefähr die gleichen, wie sie oben hinsichtlich der Kreisinspektioncn auseinandergesezt wurden. Das Telegraphenwesen würde entweder als bloße Nebensache behandelt, oder könnte nur auf Unkosten der Postge.schäfte die nöthige Berüksichtigung finden.

Uebrigens greifen die verschiedenen Geschäftszweige des Telegraphenwesens so mannigfach in einander, daß eine getrennte Behandlung derselben durchaus nicht angeht ; vielmehr bedarf es unbedingt einer einheitlichen Oberleitung, welche in den vorliegenden Fragen erst nach allseitiger Prüfung entscheidet.

Endlich haben wir die angeregte Maßregel noch in Bezug auf die
eigentlichen Telegraphenbüreaux zu besprechen und werden dabei vorerst die größern, von besondern Telegraphisten bedienten Bureaux ins Auge fassen. Als im Dezember 1852 der Telegraphendienst offiziell eröffnet wurde, war die Verschmelzung mit dem Postdienst, insoweit es wenigstens die Lokalverhältnisse gestatteten, eine vollständige, wurde aber schon nach wenigen Wochen, wo

540 auf keinem Bureau mehr als 4 Apparate waren, durchaus unhaltbar, weil die Post- und Telegraphenbeamten, weit entfernt, sieb gegenseitig unterstüzen zu können, sich im Gegentheil nur hinderte!

im Wege standen. Mit Anfang des Jahres 1853 wurden daher die größern Bureaux abgetrennt und unter die Leitung besonderer Bureauchefs gestellt. Heute nun, wo es sich um Bureaux mit 10, 20 und mehr Apparaten und einer entsprechenden Beamtenzahl handelt, wird von einer Wiedervereinigung mit dem Postdienste kaum ernstlich die Rede sein können.

Es gibt nun freilich unter den abgetrennten Bureaux, den so genannten Spezialbüreaux, ein/eine, wo die Zahl des Personals und der Apparate nicht sehr groß ist. Dabei kommt aber in Anschlag, daß die Thätigkeit dieser Bureaux nicht bloß auf die Bedienung der eigenen Apparate und auf die Bewältigung des Lokalverkehrs beschränkt bleibt; es liegt ihnen noch ob, den Verkehr zwischen den einmündenden Linien zu vermitteln, die umliegenden Bureaux und Linion zu überwachen, etwa eintretende Störungen zu lokalisiren und deren Hebung zu veranlaßen. Hiezu bedarf es einer unausgesezten Aufmerksamkeit, welche einem Postbeamten seiner anderweitigen Beschäftigung wegen nicht zugemuthet werden darf.

Diese Spezial oder Kontrolebüreau sind die Hauptstüzen der dienstlichen Ordnung, und jemehr das Telegraphennez sich ausdehnt, in desto größerer Anzahl müssen dieselben errichtet werden, wenn das Institut seiner Aufgabe entsprechen soll.

Was nun die kleinern Telegraphenbüreaux anbetrifft, so sind dieselben bereits so weit mit der Post vereinigt, als die dienstlichen Interessen es gestatten. Die Vereinigung wurde bis zum Jahre 1867 konsequent durchgeführt, mußte aber aufgegeben werden, weil viele Postbeamte sich entweder zur Erlernung des Telegraphendienst.es nicht eigneten oder denselben aus irgend welchen Gründen sonst nicht übernehmen wollten, so daß sie vom Postdienste zurüktreten mußten oder sich dem Zwang nur mit Widerwillen fügten und dann auch den Dienst demgemäß besorgten. In beiden Fällen wurde die eine oder andere Verwaltung benachtheiligt, und der Bundesrath beschloß daher am 1. März 1867 die grundsäzliche Trennung der beiden Dienstzweige wobei immerhin die Vereinigung für diejenigen Palle vorbehalten blieb und auch wirklich stattfand, wo das dienstliche oder finanzielle Interesse
dieselbe, wünschbar erscheinen ließ.

Der Bericht des Departements über die gleichzeitige, Reduktion (.er Gemeindeleistungen und der Besoldungen sagt in Betreff der Diensttrenuung Folgendes : ,,Es werden sich in jeder Gemeinde mit größter Bereitwilligkeit geeignete Personen finden, welche diesen Verdienst auch bei redu-

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zirter Besoldung acceptiren werden, und es sind nach dem Bericht der Kreisinspektionen die Erfahrungen^ namentlich mit Telegraphisten weiblichen Geschlechts, welche ohnehin an das Haus gebunden sind, durchgängig der Art, daß sie zu weiterer Verwendung ermuthigen.

,,Um aber in dieser Weise vorschreiten zu können, muß die jezige Verbindung zwischen Post und Telegraph gelöst und beiden Thcilen die Freiheit gegeben werden, sich nach ihrer KOL venienz in einer Gemeinde entweder zu verbinden oder selbstständig zu etabliren. Von Seite der Telegraphen wird diese Emanzipation lebhaft gewünscht, und auch von Seite der Post werden ihr keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt; denn auch die Postbehörden haben bei näherer Untersuchung gefunden, daß sie durch die Befreiung von Rüksichten auf das Telegrapheniustitut in eine bessere Stellung kommen, bei der Auswahl der Postangestellten weniger beengt seien und sogar ökonomisch sich günstiger stellen werden, da die Hauptgründe für das Verlangen nach Besoldungscrhöhung gewöhnlieh aus der durch den Telegraphendienst entstehenden Gebundenheit hergenommen werden. Da ohnehin die Bundesversammlung der allzu engen Verbindung von Posten und Telegraphen nicht gewogen zu sein scheint, so ist es nur konsequent, wenn man anstatt des bisherigen Systems einer halben Ehe, die doch keine ganze worden darf, das andere System der beiderseitigen freien Bewegung sezt."

In Folge dessen findet sich nun ungefähr der dritte Theil der kleinern Telegraphenbüreaux vom Postdienste abgetrennt, ohne daß sich daraus auch nur der geringste Nachtheil weder für den Dienst, noch für das Publikum ergeben hätte.

Wie schon angedeutet, liegt die Vereinigung nicht immer im allgemeinen Interesse, weil sie eben sehr oft den beiden Verwaltungen in gewissen Beziehungen Schwierigkeiten bietet, namentlich bei den nur von einer Person bedienten Poststellen. Da treten sich die beiden Dienstzweige zu gewissen Stunden störend in den Weg, z. B. bei Ankunft oder Abfertigung der Postsendungen, bei lebhaftem Schalterverkehr etc., wo der Beamte mit dem besten Willen nicht vermeiden kann, entweder dringende Telegramme oder Postsendungen zu verspäten oder das Publikum am Schalter warten zu lassen. Und in der Regel ist es eben der Telegraphendienst, welcher darunter zu leiden hat, obschon derselbe seiner Natur nach
gerade die prompteste Bedienung verlangt. Eine Privatperson dagegen, welche irgend einen Nebenberuf betreibt, ist in der Regel jedeu Augenblik zum Antworten bereit uni kann nötigenfalls mit

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bessern Erfolge dazu angehalten werden, was die Erfahrung zur Genüge bewiesen hat.

Bei den kleinern Poststellen macht sich dieser Uebelstand in weniger hohem Grade fühlbar; dagegen zeigt sich eine Schwierigkeit anderer Art. Der Postdienst nimmt die Beamten meistens nur während einiger Stunden täglich in Anspruch und in der Zwischenzeit können dieselben ihren anderweitigen Geschäften nachgehen.

Kommt dann aber der Telegraphendienst dazu, durch welchen wie den ganzen Tag an das Bureau gebunden sind, so muß manent-weder eine unverhältnissmäßige Besoldung aussezen oder dann Persönlichkeiten beiziehen, welche den beidseitigen Anforderungen nicht gewachsen sind.

Diese Uebelstände, zu welchen sich noch andere, weniger ins Gewicht fallende gesellen, zeigen sich nun freilich nicht in allen Fällen, kommen aber doch so häufig vor, daß es zu bedauern wäre wenn deren Vermeidung von vornherein verhindert würde,.

Es darf sodann nicht außer Acht gelassen werden, daß die Interessen der beiden Verwaltungen auch in Bezug auf die Auswahl der Lokale sehr oft auseinandergehen Beispielsweise findet die 'Postverwaltung gewisse Vortheile darin, ihre Bureaux in die Nähe der Bahnstationen zu bringen und sie kann dies füglieh thun weil das Publikum an die Post gewissermaßen gebunden ist, und weil sie durch Anbringung von Aufgabestellen oder Briefeinwürfen den aus der Entfernung der Lokale erwachsenden Unbequemlichkeiten abhelfen kann. Ganz anders verhält es sich aber mit den Telegraphen, deren Benuzung mehr fakultativ ist, deren sich das Publikum in der Regel nur in dringenden Fällen bedient, wo die Erreichung des Zwekes oft von wenigen Minuten abhängt und wo die Natur des Dienstes keine Kompensation gestattet, wie bei der Post. Hier scheint es sowohl im Interesse der Verwaltung als auch in demjenigen des verkehrenden Publikums absolut geboten, das Institut möglichst zugänglich zu machen, und es kann nicht auffallen , wenn die Gemeinden, welche für die Telegraphenbüreaux gewisse Opfer bringen, gegen deren Verlegung auf die Bahnstationen Einsprache erheben, wie es in der That schon vorgekommen ist.

Es wurde im Schöße des Nationalrathes anläßlich der Diskussion über die Sonntagsruhe darauf hingewiesen, daß die Verschmelzung der beiden Dienstzweige die Gewährung dieser Wohlthat erleichtern würde. Man hat dabei aber übersehen,
daß die Dienstvereinigung nur auf größern Bureaux eine Personalvermehrung bedingt und daß die Beamten dieser Bureaux ohnehin schon durch gegenseitige Ablösung der nöthigen Ruhe genießen können. Auf den kleinern Bureaux dagegen wird des Telegraphendienstes wegen

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nur höchst selten eine Personalvermehrung eintreten müssen, und die Dienstvereiuigung, weit entfernt die Gewährung der Sonntagsruhe zu erleichtern, kann dieselbe nur erschweren, ja sogar unmöglich machen. Denn die Postdienststunden müssen sich nothwendig nach den jeweiligen Post- und Eisenbahnkursen richten, währenddem es für den Telegraphendienst durchaus geboten ist, allen Bureaux die nämlichen Dienststunden zuzutheilen, wenn der Dienst überhaupt nicht illusorisch werden soll. Diese Stunden fallen nun aber natürlich'nur selten zusammen, ergänzen sich dagegen öfters der Art, daß den Beamten wenig oder gar keine freie Zeit bleibt, Dieser Uebelstand macht sich übrigens vielerorts auch an den Wochentagen bemerkbar, indem die Beamten gerade in denjenigen Stunden durch den Postdienst gebunden sind, welche der Telegraphendienst frei gibt, und umgekehrt, so daß die Essens- und Ruhezeit dem einen der beiden Dienste (und selbstverständlich dem Telegraphendienste) entzogen werden muß.

Die Verwaltung ermöglicht allerdings den Beamten der Postbüreaux III. Klasse, mit oder ohne Telegraphendienst, den Genuß der Sonntagsruhe überdies noch durch Verabfolgung einer Entschädigung behufs Beiziehung eines Stellvertreters. Es ist jedoch einleuchtend, daß die Stellvertretung für die beiden vereinigten Dienstzweige weit schwieriger zu finden ist, als für den Postdienst allein.

In Bezug auf die finanzielle Seite dieser Frage scheint man sich ebenfalls einer Täuschung hinzugeben, indem man ganz besonders hervorhob, der Bundesrath habe bei der lezten Besoldungsrevision die den Postbeamten aus der Telegraphenkasse zufallenden Gehalte in Berüksichtigung gezogen und dadurch auf den Postbesoldungen eine namhafte Ersparniß erzielt, welche bei vollständiger Verschmelzung noch erheblich gesteigert werden könnte. Diese Ersparniß ist aber, im Allgemeinen genommen, eine bloß scheinbare, weil, wie schon oben angedeutet, die Postverwaltung in gewissen Fällen des Telegraphendienstes wegen das Personal vermehren muß und sich durch die erwähnten Abzüge einfach für die ihr hieraus erwachsenden Mehrauslagen dekt. -- Würde beispielsweise in Burgdorf der Dienst abgetrennt ^ so könnte ganz füglich einer der dortigen Postbeamten entbehrt werden und die demselben aus der Postkasse zugefallene Besoldung würde mehr als ausreichen, um die übrigen
für den Wegfall der Telegraphenbesoldung zu entschädigen. In diesem Falle, welcher bei den meisten Postbureaux H. Klasse zutrifft, würde somit die Postverwaltung durch die Abtrennung gewinnen. Der gegenteilige Fall kommt nun freilich auch

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vor; aber im großen Ganzen wird sich weder auf der einen, nocli auf der andern Seite ein namhafter Ueberschuß ergeben.

Nachdem wir nun in Vorstehendem nachgewiesen haben, daß die angeregte vollständige Verschmelzung des Post- und Telegrapendienstes weder mit Bezug auf die Zentralverwaltung und die Kreisiuspektionen, noch auch hinsichtlich der eigentlichen Telegraphenbüreaux irgend welche Ersparnisse, wohl aber gewichtige dienstliche Nachtheile zur Folge haben müßte und überdies in vielen Fällen gar nicht durchführbar wäre, wollen wir nicht unterlassen, noch darauf hinzuweisen, daß die Einnahmen und Ausgaben der beiden, ihrer Natur nach ganz verschiedenen Verwaltungen kaum mehr genau auseinandergehalten werden könnten und somit ein richtiger Einblik in ihre Finanzlage und ihre Betriebsverhältnisse, sowie d:,e Beurtheilung der hierauf beruhenden Aeuderungeu unmöglich gemacht würde.

Wenn die angeführten Gründe vor 10 Jahren stichhaltig befunden wurden, um eine ähnliche Anregung fallen zu lassen, KO muß dies heute, nachdem sich die Telegraphenverwaltung in einer kaum geahnten Weise ausgedehnt und die Bundesversammlung wiederholt die Vermehrung des Direktions- und Inspektionspersonal» bewilligt hat, in noch viel höherm Maße der Fall sein. Die stattgehabte Entwiklung ergibt sich aus folgenden Zahlen: 1863.

1873.

Länge der Linien, Kilometer .

.

.

3,192 5,843 ,, ,, Drähte, ,, .

.

.

4,960 14,1 ('.& Zahl der Apparate 308 955 ,, ,, Bureaux 200 800 ,, ,, Beamten 322 1,327 ,, ,, Depeschen 468,394 2,422,009 Einnahmen, Franken 671,885 1,711,597 Ausgaben, ,, 570,864 1,750,640 Der Geschäftsverkehr hat sich daher wenigstens verdreifacht, und es wird kaum ernstlich behauptet werden wollen, daß je mehr eine Verwaltung sich ausdehne, desto leichter und vorteilhafter sie mit einer andern verschmolzen werden könne.

Der in der Jahresrechnung von 1873 zu Tage getretene, sowie der im Budget pro 1874 vorgesehene Ausgabenüberschuß, welcher diese Anregung zum Theil veranlaßt haben mag, steht mit der Organisation der Verwaltung in gar keinem Zusammenhang, sondern erklärt sich ganz natürlich durch die Besoldungs- und Lohnerhöhungen bei gleichbleibenden, theilweise sogar ermäßigten Taxen, sowie durch das Entstehen einer übermäßigen Anzahl unrentabler Bureaux. Dieses Ergebniß wird, wir hoffen es zuversichtlich, ein

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vorübergehendes sein, und wir können ,mit Befriedigung darauf hinweisen, daß bereits das Jahr 1874 statt des büdgetirten PassivSaldos von Fr. 169,000 eine annähernde Ausgleichung zwischen Einnahmen und Ausgaben ergeben hat.

Wir finden es daher bedenklich, aus diesem Grunde an einem System zu rütteln, welches sich durch seine Einfachheit und Zwekmäßigkeit sowohl in der Schweiz als im Auslande vollkommen bewährt hat und die beiden Verwaltungen von vornherein zu einer Vereinigung zu zwingen, welche in vielen Fällen weder der einen, noch der andern konvenirt, unter Umständen sogar ganz unausführbar ist und nicht im allgemeinen Interesse des Verkehrs liegt.

Wenn in einem gegebenen Falle die Vereinigung im dienstlichen oder finanziellen Interesse der Verwaltungen und in demjenigen des Publikums liegt, so wird der Bundesrath nicht ermangeln, das Geeignete zu verfügen, wie es bis dahin geschehen ist.

Wir schließen mit dem Antrage, die hohe Bundesversammlung wolle dem in Frage stehenden Postulate Nr. 11 keine Folge geben.

B e r n , den 7. April 1875.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Schiess.

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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend den Meter vertrag vom 20. Mai 1875.

(Vom 10. Juni 1875.)

Tit.!

Wir beehren uns, Ihnen den Metervertrag, d. h. den internationalen Maß- und Gewichtsvertrag, welcher an der unlängst in Paris gehaltenen diplomatischen Meterkonferenz unterm 20. Mai abhin zwischen den Vertretern von 17 Staaten abgeschlossen worden ist, nebst dem zudienenden Reglement und den Uebergangsbestimmungen zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen.

Es sei uns vergönnt, im Folgenden die E n t s t e h u n g dieses Vertrags, seine M o d a l i t ä t e n , die f i n a n z i e l l e n V e r p f l i c h t u n g e n und Lasten, welche aus demselben für die Schweiz erwachsen, und die B e d e u t u n g , welche ebenderselbe für die Schweiz hat, in Kürze zu erörtern.

Was vorerst die E n t s t e h u n g des vorliegenden Vertrags betrifft, so ist derselbe das Endergebniß von internationalen Verhandlungen, die bereits im Jahr 1870 ihren Anfang genommen haben.

In denselben sind zwei Phasen, eine vorbereitende und eine abschließende, zu unterscheiden. Erstere begann mit der von der französischen Regierung schon im Jahr 1869 angeregten und im Jahr 1870 in Paris gehaltenen Konferenz einer internationalen Meter-

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Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über Verschmelzung des Postund Telegraphendienstes. (Vom 7. April 1875.)

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Jahr

1875

Année Anno Band

3

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28

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

03.07.1875

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535-546

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10 008 686

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