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Schweizerisches Bundesblatt.

XXVII. Jahrgang. HL

Nr. 32.

24. Juli 1875.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Bp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden.

Druk nnd Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Bundesgesez über

Mass und Gewicht.

(Vom 3. Juli 1875.)

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Ausführung des Art. 40 der Bundesverfassung vom 29. Mai 1874, beschließt:

Titel I.

Das Mass- und Gewichtsystem.

Art. 1. Das schweizerische Maß- und Gewichtsystem hat den Meter zur Grundlage.

Art. 2. Als Urmaß für die Längeneinheit gilt der auf der eidgenössischen Eichstätte deponirte, durch eine Expertenkommission von schweizerischen Gelehrten in den Jahrein 1863 bis 1867 mit den Urmaßen der Archive zu Paris verglichene Meterstab à bout von Messing, dessen Endflächen durch ebene Goldstifte von 8,5 Millimeter Durchmesser gebildet werden. Die Distanz zwischen den Mitten der Goldstifte beträgt bei der Temperatur des schmelzenden Eises 0,99999801 Meter ; die lineare Ausdehnung für l Grad des hunderttheiligen Thermometers ist 0,0000180870.

Bundesblatt. Jahrg. XXVII. Bd. III.

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Sobald die Schweiz die von der internationalen Meterkommission anzufertigende identische Kopie des neuen internationalen Meterprototyps (Strichmaß) erhalten haben wird, tritt diese an die Stelle des oben beschriebenen Urmaßes.

Art. 3. Das Urmaß für das Gewicht (ebenfalls durch die genannte Kommission verglichen und auf der eidgenössischen Eichstätte deponirt) ist ein fein polirter Cylinder von Platin. Verglichen mit dem Platinkilogramm der Archive zu Paris ist das wahre Gewicht dieses Urmaßes im leeren Raum 1000,00088 Gramm, oder es ist dasselbe um 0,88 Milligramme schwerer als das erstere. Dasspezifische Gewicht dieses Platinkilogrammes bei 0 Grad, bezogen auf destillirtes Wasser von 4 Grad des hunderttheiligen Thermometers, ist 20,5478, die kubische Ausdehnung desselben für l Grad 0,00002580.

Sobald die Schweiz die von der internationalen Meterkommission zu erstellende Kopie des internationalen Kilogramms erhält,, tritt diese an die Stelle des obigen Urkilogramms.

Art. 4. Die rein metrischen, in der Schweiz gesezlich erlaubten Maße und Gewichte sind folgende: a. L ä n g e n m a ß e .

Der Meter. Er ist die Grundeinheit des ganzen Systems.

Seine Länge wird durch ein von der internationalen Meterkommission hergestelltes und im internationalen Maß- und Gewichtsbüreau deponirtes Prototyp festgestellt. Dasselbe ist ein Strichmeter aus Platin-Iridium, welches mit sämmtlichen, den einzelnen Ländern ausgelieferten identischen Urmaßen, sowie mit dem bisherigen ,,mètre des archives" in Paris genau verglichen ist.

Demnach sind die Längenmaße: l Kilometer = 1000 Meter.

l Hektometer = 1 0 0 ,, l Dekameter = 10 ,, l Meter = l ,, l Decimeter = 1/10 ,, l Centimeter = l/ioo ,, l Millimeter -- ^moo ,,

b. F l ä c h e n m a ß e .

Die Hektare = 10,000 Quadratmeter.

Diü Are = 100 ,, Der Quadratmeter = l Quadrat von l Meter Seite.

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c. K ö r p e r m a ß e .

I. Raummaße.

Die Einheit ist der Stère. Er ist gleich einem Kubikmeter.

Die Raummaße sind: \ Dekastere = 10 Kubikmeter.

l Stere = 1 l Decistere = 1/io ·n u. Hohlmaße für trokene und flüssige Körper.

Die Einheit ist der Liter, welcher einem Rauminhalt von l Kubikdecimeter entspricht und genau l Kilogramm destillirten Wassers bei 4° Celsius enthält.

Folgendes sind die Hohlmaße: 1 Kiloliter = 1000 Liter.

1 Hektoliter -- 100 "f> 1 Dekaliter = 10 ·fl -- 1 Liter 1 ·fj 1 Deciliter -- YIO 5} 1 Centiliter = YIOO }} 1 Milliliter = /10QO 7) 1

d. Gewichte.

Die Gewichtseinheit ist das Gramm. Dasselbe ist gleich dem Gewicht von l Kubikcentimeter destillirten Wassers im Zustand seiner größten Dichtigkeit bei 4° Celsius.

Die Gewichte sind: l Tonne = 1,000,000 Gramm (= 1000 Kilogramm).

l metrischer Centner = 100,000 ,, (= 100 ,, ).

l Myriagramm = 10,000 (= 10 ).

l Kilogramm = 1000 ,, l Hektogramm = 100 ,, Ì Dekagramm = 10 ,, l Gramm =r l .n l DeciaTrimm ö l Centigramm l Milligramm

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Titel II.

Ausführungs- und Strafbestimmungen.

Art. 5. Die Oberaufsicht über Ausführung und Handhabung der Maß- und Gewichtsordnung steht bei dem Bundesrathe.

Er veranstaltet durch die unter dem eidgenössischen Departemente des Innern stehende eidgenössische Eichstätte regelmäßige und iu vorkommenden Fällen besondere Inspektionen in den Kantonen, welche jeweilen in einer Periode von 10 Jahren die ganze Schweiz umfassen sollen.

Art. 6. Der Bundesrath sorgt dafür, daß in der eidgenössischen Eichstätte die erforderlichen Kopien der Urmaße und die geeigneten Hilfsinstrumente vorhanden sind, um damit die NormalProbemaße und Gewichte der schweizerischen Eichstatten möglichst genau nach den Urmaßen vergleichen und verifiziren zu können.

Art. 7. Der Bundesrath läßt ferner behufs möglichst genauer Uebereinstimmung der Verkehrsmaße und Gewichte durch die eidgenössische Eichstätte den Kantonen gegen Vergütung der Erstelluugskosten die erforderliche Anzahl von Normal- und Gebrauchsprobemaßen und Gewichten zustellen, welche möglichst genau mit den Urmaßen übereinstimmen sollen.

Art. 8. Die direkte Aufsicht über Maß und Gewicht liegt in jedem Kauton der Regierung ob. Jede Kantonsregierung bezeichnet diejenigen Behörden und Beamten, welchen diese Beaufsichtigung und die Kontrole der Verkehrsmaße übertragen ist. Die Beamten handeln nach einer gemeinsamen, vom Bundesrathe durch Vermittlung der Kantone erlassenen Instruktion. Die Regierung überwacht deren Beobachtung, bestimmt die Zahl der Eichstätten, wählt sachkundige Eichmeister, welche beeidigt werden, und sorgt dafür, daß wenigstens alle drei Jahre eine allgemeine Nachschau abgehalten werde, für welche die Eichmeister ein von der Regierung bestimmtes Taggeld erhalten.

Für die amtliche Stempelung von Maßen, Gewichten und Wagen beziehen die Eichmeister die in der Eichmeisteranleitung festgesezten Gebühren.

Kantone, in welchen der Amtseid nicht mehr in Uebung ist, verhalten ihre Eichmeister zur Pflichterfüllung nach den Bestimmungen ihrer eigenen Gesezgebung.

Art. 9. Die Regierungen der Kautone haben mit möglichster Strenge darauf zu achten, daß im Verkehr keine andern, als mit

845 diesem Geseze und mit dessen Vollziehimgsverordnung übereinstimmende geeichte Maße und Gewichte und nur solche Wagen gebraucht werden, welche gehörig gestempelt sind.

Art. 10. Sie sorgen ferner dafür, daß für Materialien, wie Torf, Holzkohle, Kalk, Gyps u. s. w., welche nach dem Maße verkauft werden wollen, so weit thunlich, in den verschiedenen Gemeinden die zur Messung erforderlichen geeigneten Kubik- und Hohlmaße dem Publikum zur Verfügung stehen, und daß beeidigte oder sonst in Pflicht genommene Personen bestellt werden, welche gegen eine bestimmte Gebühr diese Messung vornehmen.

Die gleiche Bestimmung gilt auch für die bereits vorhandenen oder erst noch zu errichtenden Siiinanstalten zum Eichen der Fässer und dergleichen.

O Das Brennholz soll, besondere Vereinbarung vorbehalten, eine Scheiterlänge von einem Meter haben. Für den Verkauf desselben auf Holzlegpläzen und in Magazinen sind besondere Meßrahmen erforderlich, über deren Größe und Konstruktion die Vollziehungsverorduung die nähern Aufschlüsse ertheilt.

Art. 11. Die Gas- und Wassermesser (Gas- und WasserUhren) sollen den Verbrauch an Leuchtgas und Wasser in Kubikmetern angeben und geeicht sein. Der Bundesrath wird den Zeitpunkt des Beginnes der Eichung bestimmen und bekannt machen.

Art. 12. In den Apotheken sollen in Zukunft ausschließlich die Maße und Gewichte des metrischen Systems zur Anwendung kommen.

Art. 13. Die von irgend einer schweizerischen Eichstätte nach den Vorschriften der Vollziehungsverordnung vorgenommene amtliche Eichung und Steinpclung von Maßen. Gewichten und Wagen hat in allen Kantonen -- nachgewiesene Unrichtigkeit vorbehalten -- gesezliche Gültigkeit.

Art. 14. In neuen Verträgen dürfen Angaben über Maß oder Gewicht nur nach den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesezes gemacht werden.

Art. 15. Wer im Verkehr ungeeichte oder unbezeichnete Maße, Gewichte und Wagen gebraucht, verfällt, wenn der Fall nicht durch wissentliche Täuschung und Schädigung als Betrug erscheint, in eine Buße von zwei bis zwanzig Franken.

Art. 1(5. Der Gebrauch geeichter und bezeichneter, aber unrichtiger Maße und Gewichte, insofern die Uebertretung nicht ein schwerer zu bestrafendes Vergehen enthält, ist mit einer Buße

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von zwei bis vierzig Franken zu belegen, ßükfall wird als wesentlicher Erschwerungsgrund angesehen und behandelt. Kann bewiesen werden, daß die Unrichtigkeit einzig der Schuld des Eichmeisters beizumessen ist, so ist nur der Leztere zu bestrafen.

Ueberdies sollen Maße, Gewichte und Wagen, welche diesem Geseze und dessen Vollziehuugsverordnung nicht entsprechen, wenn sie im Verkehre gebraucht werden sollten, auf Kosten des Eigenthümers berichtigt oder, wo dieses nicht geschehen kann, konfis/irt und der zuständigen Behörde abgeliefert werden.

"a"Art. 17. Die Uebertreiungen des Gesezes werden durch die zuständigen kantonalen Behörden bestraft.

Art. 18. Die Buße fällt demjenigen Kanton zu, in dessen Gebiet die Uebertretung stattgefunden und die Untersuchung gewaltet hat.

Art. 19. Die durch gegenwärtiges Gesez aufgestellte Maßund Gewichtsordnung soll unter Vorbehalt der Bestimmungen des Art. 89 der Bundesverfassung am 1. Januar 1877 im ganzen Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft eingeführt und in Wirksamkeit sein.

Art. 20. Von diesem Zeitpunkte an sind aufgehoben : a. das Bundesgesez vom 23. Dezember 1851 (A. S. III, 84); b. das Bundesgesez vom 14. Juli 1868 (IX, 368), betreffend Abänderung desjenigen über die Maß- und Gewichtsordnung vom 23. Dezember 1851.

Art. 21. Der Bundesrath ist mit der Bekanntmachung dieses Gesezes, sowie mit Erlassung aller für die Vollziehung desselben erforderlichen Verordnungen und Réglemente beauftragt, welche die Verhältnißangaben der bisherigen Maße und Gewichte mit den metrischen und die nöthigen Bestimmungen über Organisation des Maß- und Gewichtwesens, Zahl, Kontrole und Zuläßigkeit der verschiedenen Arten von Normal- und Verkehrsmaßen, Gewichten und Wagen zu enthalten haben.

Spezielle Verordnungen über den Verkauf der Lebensmittel, Brennmaterialien etc. werden dagegen von den Kantonsregierungen erlassen.

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Also beschlossen vom Ständerathe, B e r n , den 3. Juli 1875.

Der Präsident: Bingier.

Der Protokollführer : J. L. Lutscher.

Also beschlossen vom Nationalrathe, B e r n , den 3. Juli 1875.

Der Präsident: Stämpfli.

Der Protokollführer: Schiess.

Der schweizerische Bundesrath beschließt: Aufnahme des vorstehenden Bundesgesezes in das Bundesblatt.

B e r n , den 5. Juli 1875.

Der Bundespräsident: Scherer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schiess.

N o t e . Datum der Publikation: 24. Juli 1875; Ablauf der Einspruchsfrist: 22. Oktober 1875.

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Instruktion für

Waffenkontroleure der Divisionen.

(Vom 2. Juli 1875.)

D e r s c h e i z e r i s c h e Bundesrath, in Vollziehung der Artikel 153--161 der Militärorganisation vom 13. November 1874, beschließt folgende Instruktion für die Divisionswaffenkontroleure :

§ 1.

Ernennung und Domizil.

Zur Aufsicht über den gehörigen Unterhalt der persönlichen Bewaffnung, und in erster Linie der Handfeuerwaffen, wird für jeden Divisionskreis ein Waffenkontroleur ernannt. (Art. 158 der Militärorganisation.)

Die Ernennung der Divisionswaffenkontroleure geschieht durch den Bundesrath und gleich den übrigen Beamten auf eine Amtsdauer von 3 Jahren.

Es kann ihnen ein bestimmtes Domizil im Divisionskreise angewiesen werden.

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Bundesgesez über Mass und Gewicht. (Vom 3. Juli 1875.)

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32

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24.07.1875

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