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Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung,

betreffend

Erweiterung des Waffenplazes in Thun.

(Vom 10. Mai 1878.)

Tit.!

Unterm M. Dezember 1875 (II n. F., 47) bewilligte die Bundesversammlung zum Zweke der Erweiterung der Schußlinie des Waffenplazes in Thun einen Kredit von Fr. 420,000, vertheilbar auf die Jahre 1875--1880 in Raten von je Fr. 70,000. Infolge dieser Krediteröffnung erwarb die Eidgenossenschaft im Ueltschiaker und sogenannten Hasliholz -- zwischen dem Glütschbach und Wahlenbach gelegen -- 14 Grundstüke, worunter 5 Heimwesen mit einem Flächeninhalt von 153 Jucharten und 10,000 = 45 Hektare und 18 Are im Betrage von Fr. 243,844. 80. Die die Kommunikation zwischen Amsoldingen und Thierachern sichern: sollende Straßenverlegung wurde mit einem Kostenaufwand von beiläufig Fr. 125,000 ausgeführt. Dieses Werk darf als ein gelungenes bezeichnet werden. Ferner kamen 63 neue Servitutsverträge zu Stande, nämlich für eine Anzahl zwischen dem Wahlenbach und dem Uebeschisee gelegener, den Geschoßen ausgesezter Landparzellen, wofür indessen die jährliche Entschädigung per Parzelle nur Fr. 15 beträgt. Von oben erwähnter Kreditsumme ist zur Zeit noch eine kleine Restanz vorhanden, welche jedoch für telegraphische Sicherheitsvorrichtungen, Weganlagen und andere

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noch rükständige kleine Landerwerbungen u. dgl. vollständig in Anspruch genommen wird.

Die auf eingehende Studien und Vorlagen einer gemischten hermachen und eidgenössischen Expertenkommission basirenden Maßnahmen haben sich in großem Maße als wirksam erwiesen, jedoch noch nicht alle Reklamationen zu beseitigen vermocht, wie es anfänglich in Aussicht o*gestellt worden war.

Infolge Verlegung der Schußlinie und Einführung neuer Geschüze mit verstärkter Ladung wurde namentlich das dem Herrn Jakob Hiltbrand angehörende Heimwesen -- Schmiede genannt -- gefährdet. Für den größern Theil dieses Bésizthums besteht zwar ein Servitutsvertrag, nicht aber für das den Geschößen am meisten ausgesezte Stük, weil dasselbe erst seit dem Vertragsabschluß hinzugekauft worden ist. Der Besizer der Schmiede hatte im Laufe des verflossenen Sommers zirka 40 Geschoße, worunter ein 15omGeschoß von 26VB Kilos, gesammelt und wies sie den zur Untersuchung seiner Reklamation bezeichneten Experten vor.

Wenn auch einige Zweifel walten, ob alle die genannten Stüke auf jener Liegenschaft eingeschlagen haben, so geben doch die vielen, theilweise noch jezt sichtbarea Schürfungen Zeugniß von dem häufigen Einschlagen von Geschößen, und unbestrittene Thatsache ist, daß das 15om Geschoß im Monat September v. J. hart hinter dem Hause des Eigenthümers einschlug und einige Tage später ein Granatstük die mit dem Wohnhaus verbundene Scheuer erreichte.

Zur nähern Orientirung über die Sachlage theilen wir aus den bezüglichen Erperteubefinden Folgendes mit: ,,Um beßern Einblik in alle Verhältnisse der vorliegenden Frage zu gewinnen, begibt sich die Versammlung sofort zu einem Augenschein an Ort und Stelle und dehnt denselben nicht bloß über das Hiltbrand'sche Heimwesen, sondern über die ganze in der Verlängerung des Schießplazes liegende gefährdete Zone aus.

,,Dieser Augenschein, zusammen mit den dabei eingezogenen Erkundigungen und den vor und während desselben gepflogenen Erörterungen, ließ die Versammlung Folgendes erkennen : ,,Der noch sichtbare Aufschlag der in lezter Zeit nordwestlich, hart neben dem Hiltbrand'schen Wohngebäude eingefallenen 15om Granate bezeichnet die äußerste Grenze, bis zu welcher Geschoße sich nach rechts oder in nordwestlicher Richtung verirrt haben.

Weder vom Hiltbrand'schen, noch von benachbarten Gruudstüken

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sind Einschläge noch weiter nach rechts verirrter Geschoße bekannt geworden.

,,Die westlich neben dem Hiltbrand'schen Wohnhause eingefallene 15cm-Granate kann zurükgeführt werden auf einen Schießversuch, der mit kurzem 15cm und verstärkter Ladung auf der Schußlinie ,,Küherhütte" gemacht worden, wobei das Geschüz auf dem Steine 3000 aufgestellt war.

,,Von den ungefähr 40 Geschoßen, welche Hiltbrand, als auf seinem Heimwesen eingefallen, gesammelt und aufgehoben hat, läßt sich nicht mehr genauer nachweisen, wann und wo sie eingefallen sind. Einige sind wahrscheinlich gar nicht auf eigenem Grund und Boden, sondern in der Nähe auf von dem Bunde wegen gefährderter Lage bereits angekauften oder mit Servitut belegten Grundstüken aufgehoben worden; eine ziemliche Anzahl ist jedenfalls nur auf dem zweiten, südöstlichen Theile des Hiltbrand'schen Besizthums eingefallen; ebenso sicher ist aber auch, daß andere Geschoße auf dem ersten Theile desselben, und zwar wiederholt bis in größte Nähe des Hauses eingeschlagen haben. Die gesammelten Geschoße sind größtentheils von 8,4cm Kaliber, scharf und blind geladene Granaten, darunter sind viele solche erkennbar, die von Schieb versuchen mit neuen Geschüzen und verstärkten Ladungen herrühren. Besonders diejenigen Geschoße, von welchen sich noch mit einiger Sicherheit nachweisen ließ, daß sie nahe dem Wohnhause eingeschlagen hatten, können auf Schießversuche mit neuen Versuchsgeschüzen (Krupp'sche 8,4cm) zurükgeführt werden, die auf der Schußlinie Küherhütte gemacht worden sind."

Es darf unter den obwaltenden Umständen nicht auffallen, wenn der dem Herrn Hiltbrand angebotene erweiterte Servitutsvertrag verweigert und entweder Sicherstellung gegen die permanent drohende Gefahr oder aber Ankauf der Besizung in kategorischer Weise, d. h. unter Androhung gerichtlichen Vorgehens im Weigerungsfalle verlangt wurde.

Bei dieser Sachlage und in Anbetracht, daß auch der Waffenchef der Artillerie die Erklärung abgegeben, die Schießübungen können nicht so eingerichtet werden, um unbedingte Sicherheit für genanntes Heimwesen zu erzielen, ertheilte der Bundesrath bereits im Monat Oktober 1877 die Ermächtigung zur Anknüpfung von Kaufsunterhandlungen, welche aber wegen der übertriebenen Forderung, welche der Veräußerer anfänglich stellte, erst Ende Februar lezthin zum Abschluß gebracht werden konnten.

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Der Kaufpreis für die ganze, 28 Jucharten und 33^000^]' -- 10 Hektare und 10 Are haltende Besizung -- einschließlich des Verzichtes auf jeglichen Schadenersaz -- wurde festgesezt auf Fr. 70,045. Die Gebäulichkeiten bestehen aus einem geräumigen Wohnhaus nebst angebauter Scheune und einer zweiten freistehenden Scheune. Diese sowohl als das Land befinden sich in gutem Zustande. Bei'm Wegzug, welcher am 1. Mai stattgefunden, hat der Verkäufer die Hälfte des erzeugten Düngers zurükzulassen.

Im Vorbeigehen mag bemerkt werden, daß außer einem ansehnlichen Fruchtertrag Sommer- und Winterfütterung für 8 Kühe auf dem angekauften Objekte jedenfalls gewonnen wird. Eine Verzinsung von 2--3°/o des Anlagekapitals wird sich finden lassen.

Der Kaufvertrag ist selbstverständlich unter Ratifikationsvorbehalt der kompetenten Behörde abgeschlossen worden. Der Bundesrath unterbreitet nun das Instrument der h. Bundesversammlung mit dem Gesuch um eine Krediteröffnung von Fr. 70,045, in der Meinung, daß diese Summe vorschußweise der Kasse zu entheben sei und im Jahre 1881, nachdem die unterm 14. Dezember 1875 (II, 47) für die Erweiterung der Schußlinie in Thun bewilligten, auf 6 Jahre zu vertheilenden Fr. 420,000 verausgabt sein werden,, zur Verrechnung kommen soll.

Außer der Hiltbrand'schen Besizung sind gegenwärtig noch einige wenige andere Grundstüke gefährdet, deren Erwerbung schließlich auch zur zwingenden Notwendigkeit werden dürfte.

Der Bundesrath ist aber zur Zeit nicht in der Lage, in dieser Richtung einen bestimmten Antrag zu hinterbringen, einerseits, weil noch keine abschließlichen Verhandlungen vorliegen, und andererseits, weil die Wirkungen der diesjährigen Schießübungen, welche nun zum ersten Male durch einen eigens bestellten Offizier überwacht werden sollen, abzuwarten sind. Möglich ist es, daß durch eine verschärfte Kontrole in Bezug auf Geschüzaufstellung und Schußlinierichtung die häufigen und verderblichen Abweichungen der Geschoße, wenn auch vielleicht nicht ganz verhindert, so doch auf ein Minimum reduzirt werden können und auf diese Weise die äußerst lästigen Besizstörungen größtenteils vermieden werden können, oder daß wenigstens an der Stelle der Landerwerbung Servitutsverträge auszureichen vermögen.

Auf vorstehende Ausein and ersezungen gestüzt, unterbreitet der Bundesrath der h. Buiidesversammlung den nachstehenden Beschlußentwurf zur Genehmigung.

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Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlaß die Versicherung unserer vollkommensten Hochachtung.

B e r n , 10. Mai 1878.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Schenk.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft r Schiess.

(Entwurf)

Bundesbeschluss betreffend

Erweiterung des Waffenplazes in Thun.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrathes vom 10. Mai 1878, beschließt: Art. 1. Dem Bundesrath wird zur Erweiterung des Waffenplazes in Thun ein fernerer Kredit von Fr. 70,045 in der Meinung bewilligt, daß diese Summe erst im Jahre 1881, nachdem die unterm 14. Dezember 1875 angewiesenen Fr. 420,000 verausgabt sein werden, zur Verrechnung kommen soll.

Unterdessen ist der Bundesrath ermächtigt, diese Summe vorschußweise aus der eidgenössischen Staatskasse zu erheben.

Art. 2. Dieser Beschluß wird als dringlich erklärt und der Bundesrath ist mit dessen Vollziehung beauftragt.

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Botschaft des

Bundesrathes an die h. Bundesversammlung, betreffend Fristverlängerung für die Touristenbahnen im Berner-Oberland.

(Vom 10. Mai 1878.)

Tit.!

Mit Bundesbeschluß vom 24. September 1873 ist der schweizerischen Baugesellschaft der Jurabahnen in Bern die Konzession für den Bau und Betrieb folgender Eisenbahnen ertheilt worden : 1} Thalbahnen : Bönigen - Gsteig - Zweilütschinen-Lauterbrunuen und Zweilütschinen-Grindelwald-Grindelwaldgletscher ; 2) Bergbahn: Lauterbrunnen-Wengernalp-Grindelwald, mit der Vorschrift, daß binnen einer Frist von 10 Monaten für die Thalbahnen und von 20 Monaten für die Bergbahn dem Bundesrath die technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft eingereicht und sodann vor dem 1. April 1875 die Erdarbeiten für die Erstellung der Thal bahnen und vor dem 1. April 1876 diejenigen für die Bergbahn in Angriff genommen und von den Linien des Nezes die Thalbahnen bis am 1. Juni 1877 und die Bergbahn bis zum 1. Juni 1878 dem Betrieb übergeben werden sollen.

Am 26. Juni 1874 wurden diese Fristen je um l Jahr, am 19. Juli 1875 um l weiteres Jahr und am 20. Dezember 1876 nochmals, und zwar um 2 Jahre erstrekt, in der Meinung, daß

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Botschaft des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend Erweiterung des Waffenplazes in Thun. (Vom 10. Mai 1878.)

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1878

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18.05.1878

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765-770

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