. 777 #ST#

4784 Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die zusätzliche Subventionierung von Gewässerverbauungen und-korrektionen in den im Jahre 1944 von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten, sowie von schwer finanzierbaren Gewässerverbauungen und -korrektionen.

(Vom 29. Juni 1945.)

Herr Präsident!

Hochgeehrte Herren!

Wir beehren uns, Ihnen folgendes zu berichten: I.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1944 wurden durch schwere Unwetter in unserem Lande ausserordentliche Schäden angerichtet, wobei die Gebirgsgegenden ganz besonders betroffen wurden. An verschiedenen Gewässern sind Ufer und Sohle stark in Mitleidenschaft gezogen worden; bestehende Verbauungen wurden zerstört und Brücken weggerissen; grosse Landflächen wurden überschwemmt und Kulturen vernichtet. Um weitergreifende Schäden zu verhüten und die Bevölkerung auf ihren Siedlungen zu erhalten, ist die Durchführung von Verbauungen und von Wiederherstellungsarbeiten unbedingt notwendig. Bedeutende Schäden sind namentlich an Gewässern der Kantone Bern, Luzern, Glarus, Graubünden, Waadt und Wallis entstanden.

Eine vorläufige Schätzung der Baukosten, die einzig und allein für Verbauungsund Wiederherstellungsarbeiten im Sinne des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1877 über die Wasserbaupolizei erforderlich werden, ergibt folgendes Bild:

Kanton Bern: Sioherungsarbeiten und Verbauungen der Simme und Zuflüsse

Fr. 2000000

Übertrag

Fr. 2000000

778

Übertrag Kanton Luzern: Rekonstruktion- und Ergänzungsarbeiten im Gebiete der Ilfis Kanton Glarus: Verbauung des Durnagel- und Furbaches Kanton Graubünden: Wiederherstellungs- und Ergänzungsarbeiten: Hinterrheintal Misoxertal .

Calancatal .

Engadin Bergeil

Fr. 2000000

Fr. l 300 000 Fr. 2 500 000

Fr.

76000 »3066600 » 888 000 » 370000 » 165000 Fr. 4565600

Kanton W a a d t : Wiederherstellungsarbeiten an der Broye Kanton Wallis: Wiederherstellungsarbeiten im Vispertal an der Lonza an der Dala an den Bächen von Siders und Granges .

an der Sionne an der Dranse an den Bächen von Collombey, Vionnaz und Vouvry .

an verschiedenen andern kleinen Bächen .

Fr. 3 560 000

Fr.

» » » » »

110 000 250000 185 000 350 000 500 000 335 000

» »

395000 135 000 .

Fr. 2 210 000

Total

Fr. 16 135 600

. Im Hinblick auf diese hohen Kosten und die damit verbundene schwere finanzielle Belastung der betroffenen Gegenden ist die Mehrzahl der vorerwähnten Kantone bereits mit Gesuchen an die Bundesbehörden gelangt, es möchten an die auszuführenden Verbauungen neben den ordentlichen Bundesbeiträgen auch noch ausserordentliche Beiträge gewährt werden. Das Bundesgesetz vom Jahre 1877 über die Wasserbaupolizei sah hinsichtlich des Beitrages des Bundes an die Kosten von Gewässerkorrektionen irn Hochgebirge einen Maximalansatz von 50 % vor. In Anwendung der eidgenössischen Finanzprogramme müssen die ordentlichen Bundesbeiträge nunmehr um 40, mindestens aber um 25 % reduziert werden. Es kann daher heute an solche Arbeiten

779 ein ordentlicher Bundesbeitrag von maximal 87,5 % gewährt werden. Dass es aber angesichts der bedeutenden angeführten Kosten und der meistens finanzschwachen Lage der Perimeterpflichtigen bei einer auf diese Weise beschränkten Hilfe des Bundes nur in den wenigsten Fällen möglich wäre, auch nur die allerdringlichsten Bauten zur Behebung der entstandenen Schäden auszuführen, kann nicht bezweifelt werden.

Das Oberbauinspektorat hat sich über den Umfang der entstandenen wasserbaupolizeilichen Schäden an Ort und Stelle Rechenschaft geben können; es bestätigt deren aussergewöhnliches Ausmass.

Nach den heute geltenden gesetzlichen Bestimmungen könnte dem berechtigten Gesuch der Kantone nicht entsprochen werden. Wohl wurde dem Bundesrat auf Grund des Bundesbeschlusses vom 6. April 1939 betreffend den weitern Ausbau der Landesverteidigung und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein ausserordentlicher Kredit von 5 Millionen Pranken für wasserbauliche Arbeiten zur Verfügung gestellt. Dieser Kredit war in der Botschaft vom 7. Juli 1938 unter anderem ausdrücklich mit der Notwendigkeit begründet worden, im Interesse der Bundesfinanzen selber zur Verhinderung wachsender Schäden in dringlichen Fällen von Wüdbachverbauungen und Gewässerkorrektionen eine zusätzliche Hilfe gewähren zu können, wo ohne solche die Finanzierung nicht möglich wäre. Dieser Kredit ist in der Folge für derartige Fälle mehrfach verwendet worden. Das Militärdepartement als Arbeitsbeschaffungsdepartement, sowie das Finanz- und Zolldepartement sind aber heute der Ansicht, dass zu Lasten des Arbeitsbeschaffungskredites von 5 Millionen Franken -- von dem übrigens nur ein Betrag von Fr. 500 000 noch verfügbar ist -- keine weitem ausserordentlichen Bundesbeiträge mehr für die Gewässerkorrektionen zugesichert werden sollten. Damit entfällt auch die Möglichkeit, durch ausserordentliche Beiträge aus diesem Titel den Kantonen entgegenzukommen.

Dem Bundesrate müsste hiefür, also ein besonderer Kredit eingeräumt werden. In ähnlicher Weise wurde nach der Hochwasserkatastrophe vom September 1927 im Tessin- und Eheingebiet von den Bäten zugunsten der Kantone Graubünden und Tessin mit Beschluss vom 27. Juni 1928 ein ausserordentlicher Kredit von 2,5 Millionen Franken für die notwendig gewordenen bau- und forsttechnischen Arbeiten gewährt, womit zu den
gesetzlichen Höchstbeiträgen des Bundes von 50 % Zuschläge bis zu 25 % an die Gewässerkorrektionen und Verbauungen bewilligt wurden. Da sowohl die Baukosten als auch die Beitragshöhen heute noch nicht genau angegeben werden können, lässt sich die Höhe des gegenwärtig allenfalls in Betracht kommenden Kredites nur schätzungsweise bestimmen. Vor der weiteren Behandlung der finanziellen Frage ist indessen noch die rechtliche Seite der Angelegenheit zu behandeln; wir werden daher im nachfolgenden Abschnitt III auf die Finanzfragen zurückkommen.

780

IL Was für die Finanzierung der durch die Hochwasser vom Jahre 1944 verursachten Korrektionsarbeiten gilt, trifft noch für viele andere Gewässerverbauungen, hauptsächlich im Hochgebirge, zu, die unter den dortigen Verhältnissen an sich sehr schwer finanzierbar sind.

Die Frage, ob für zusätzliche Beiträge an derartige Verbauungen und Korrektionen weiterhin Arbeitsbeschaffungskredite herangezogen werden können, ist nach dem Vorangehenden bereits negativ entschieden. Im übrigen aber ist es angezeigt, in grundsätzlicher Hinsicht noch auf folgende Tatsachen hinzuweisen.

Das Bundesgesetz vom Jahre 1877 über die Wasserbaupolizei war ursprünglich ausdrücklich für die Schadensabwehr im Hochgebirge geschaffen worden. Erst durch Volksabstimmung vom 11. Juli 1897 über den Artikel 24 der Bundesverfassung betreffend die Oberaufsicht des Bundes über die Wasserbau- und Forstpolizei ist der Gültigkeitsbereich dieses Bundesgesetzes ebenfalls auf die ganze Schweiz ausgedehnt worden. Die Praxis ging in den folgenden Jahrzehnten dahin, dass für reine Schutzbauten im Hochgebirge im allgemeinen Beiträge von 40 bis 50 % gewährt wurden, für Gewässerkorrektionen in der Ebene dagegen, mit denen in der einen oder andern Form noch ein landwirtschaftlicher oder siedlungstechnischer Mehrwert verbunden war, Beiträge von 80 bis SS^a %. Das Gesetz liess somit eine Differenzierung der Beitragssätze zu, die einigermassen den Verhältnissen -- im ersten Falle dem blossen Schutz des bestehenden Bodens und der geringeren finanziellen Leistungsfähigkeit der Beteiligten, im zweiten Falle den allfälligen Mehrwerten und der günstigeren wirtschaftlichen Lage der Beitragspflichtigen -- gerecht zu werden erlaubte.

Diese gesetzliche Ordnung ist durch die eidgenössischen Finanzprogramme, die einen generellen Abbau der ordentlichen Bundesbeiträge um 40, mindestens aber um 25 % verfügt haben, in einer Weise abgeändert worden, die zu Härten führt, deren Folgen schjiesshch gegen die ö f f e n t l i c h e n Finanzen selber sich auswirken.

Niemand bestreitet die Notwendigkeit, im besondern bei der heutigen Finanzlage des Bundes, alle möglichen Einsparungen zu erzielen, allein es muss dies in angemessener Weise geschehen. Ein Unternehmen im Flachlande, das mit Mehrerträgen oder andern Mehrwerten infolge flussbaulicher Massnahmen rechnen kann, vermag
einen Abbau um 40 %, d. h, beispielsweise von einem Subventionssatz von SS^g auf 20 %, viel leichter zu ertragen und auch wettzumachen als ein kleinbäuerlicher Kreis von Pflichtigen im Gebirge, für den selbst ein Abbau um blöss 25 %, d. h. von 50 auf 87% %, eine dringende, naturbedingte Schutzaufgabe finanziell unlösbar gestalten kann. Man beachte, dass im ersten Fall der 40 %ige Abbau eine Verminderung des Bundesbeitrages um IS^a % bewirkt; im zweiten Fall bringt selbst der minimale 25 %ige Abbau schon eine Herabsetzung des maximalen Bundesbeitrages um 12% %. Können

781 aber dringende Verbauungen und Korrektionen nicht finanziert und ausgeführt werden, so nehmen die Schäden zu, um eines Tages den Bund und die Kantone vor die zwingende Notwendigkeit zu stellen, mit erhöhten Opfern einer untragbar gewordenen Situation zu begegnen.

Diese Ordnung der wasserbaupolizeilichen Subventionierung wirkt unter den heutigen aussergewöhnlichen Verhältnissen noch stossender. Wenn auch aus diesen Verhältnissen kein allgemein gültiges Kriterium für die Notwendigkeit der Verbesserung der durch die Finanzprogramme bedingten Folgen hergeleitet werden soll, so darf doch darauf hingewiesen werden, dass die unter dem Zwange des Mehranbaues während der Kriegsjahre erforderlich gewordene zusätzliche Subventionierung von Vorfluterkorrektionen zugunsten von Meliorationen im schweizerischen Mittellande das Missverhältnis der Beitragssätze zwischen Flachland und Gebirge heute noch weiter, und erheblich, verschärft.

Für Vorfluterkorrektionen können zur Zeit, je nach der Bedeutung des Gresamtunternehmens, entsprechend den Beitragssätzen, die für ausserordentliche Meliorationen gelten, maximale (d. h. ordentliche + ausserordentliche) Bundesbeiträge bis zu 60 % gewährt werden. Mit einziger Ausnahme der höheren Subventionierung der Verbauung der Bündner Wildbäche Schraubach, Nolla und Glenner gemäss Bundesbeschluss vom 17. Dezember 1948, welches Beispiel zufolge der speziell gelagerten Motivierung ausserhalb des Rahmens dieser Betrachtungen fällt, liegt das Maximum der Unterstützung reiner Schutzbauten unter dem Regime der Finanzprogramme ordentlicherweise bei 37% und mit Gewährung eines bisherigen ausserordentlichen Beitrages bei 50 %.

Soll auch, wie gesagt, die ausserordentliche Subventionierung von Gewässerkorrektionen im Zusammenhang mit dem Mehranbau nicht grundsätzlich hinsichtlich der Beitragssätze zum Vergleich mit der heutigen Subventionierung von wasserbaupolizeilichen Schutzbauten herangezogen werden, so ist doch eine materielle Parallele zwischen den Zielen dieser beiden Tätigkeitsbereiche des Bundes festzuhalten. Genau so sehr wie im einen Falle, demjenigen der Förderung der Produktivität unseres Bodens in der Form des Mehranbaues, gilt im andern, jenem der Verbauungen und Korrektionen im Gebirge, die Aktivität des Bundes der Wahrnehmung einer Grundfrage unseres nationalen Seins :
dort der möglichsten Sicherung unserer Ernährungsgrundlage durch Gewinnung von Neuland und intensivere Bewirtschaftung ungenügend genutzter Flächen, hier dem Schutz der vorhandenen Scholle, ohne deren Pflege unserer Gebirgsbevölkerung Haus und Herd nicht erhalten bleiben können.

Soll dieser siedlungspolitische Gesichtspunkt ausreichende Förderung erfahren, so ist es beim Vorliegen geringer finanzieller Leistungsfähigkeit der Pflichtigen, also in Notfällen, unerlässlich, durch eine zu den abgebauten ordentlichen Beiträgen zu gewährende zusätzliche Bülfe die Lasten des durchzuführenden Werkes tragbar zu gestalten.

Zu einem derartigen Vorgehen haben sich auf Grund der Einsichtnahme in Verhältnisse konkreter Fälle die eidgenössischen Räte mehrfach veranlasst

782

gesehen. Wir beschränken uns darauf, in diesem Zusammenhang lediglich auf drei Beispiele hinzuweisen, nämlich: Bundesbeiträge ordentlich ausserordentlich

1. Bundesbeschluss vom 30. März 1938 betreffend die Korrektion der Grossen Schliere und der Sarneraa, Kanton ObBälden ; . .

2. Bundesbeschluss vom 28. September 1938 betreffend den Widenbach/Altstätten, Kanton St. Gallen 8. Bundesbeschluss vom 22. Juni 1944 betreffend die Beckenrieder Wildbäche, Gemeinde Beckenried, Kanton Nidwaiden

37y 2 %

+

7y2%

37%%

+

12%%

37% %

+

12% %

In besonders schwer finanzierbaren Fällen wird daher auch in Zukunft, selbst wenn es sich nicht um spezifische Hochwasserschäden handelt, eine ergänzende Bundeshilfe in Erwägung gezogen werden müssen.

III.

Die Ausführungen der Abschnitte I und II zeigen die Notwendigkeit einer zusätzlichen Bundeshilfe. Hierbei bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten: entweder die grundsätzliche Ergänzung des Finanznotrechts des Bundes im Sinne der Aufhebung des Abbaues der ordentlichen Bundesbeiträge für derartige Fälle oder die Bewilligung von Sonderkrediten, Die prinzipielle Lösung der Frage in der Form der erwähnten Ergänzung des Finanznotrechtes mag bei der heutigen Finanzlage des Bundes als inopportun erscheinen. Ausserdem ist dieser Massnahmo entgegenzuhalten, dass, wenn sie für die Fälle des Abschnittes II als genügend betrachtet werden kann, die Wiederherstellung eines Beitragsmaximums von 50 % für die im Abschnitt I erwähnten Katastrophenwirkungen zum Teil nicht ausreichen wird; eine zusätzliche Massnahme würde daher gleichwohl nötig.

Zugunsten des Vorgehens mittels Bereitstellung besonderer Kredite kann ergänzend angeführt werden,, dass Schadenswirkungen der im Abschnitt I erwähnten Art immerhin Ereignisse darstellen, die in dem Sinne als einmalig angesprochen werden dürfen, als sie glücklicherweise nur in grösseren zeitlichen Intervallen einzutreten pflegen, während die an sieh schwer finanzierbaren wasserbaupolizeilichen Arbeiten, die den Gegenstand unserer Ausführungen des Abschnittes II bilden, doch nicht die Eegel darstellen. Auch kann mit einem solchen auf die Besonderheit konkreter Verhältnisse abgestimmten Vorgehen eher eine weitergreifende präjudizielle Wirkung ausgeschlossen werden.

783

Der Bundesrat gelangt daher dazu, Ihnen die Bewilligung besonderer Kredite zu empfehlen. Zur Begründung der in Betracht fallenden Höhe derartiger Kredite führen wir folgendes an.

Hinsichtlich der im Abschnitt I genannten Unwetterschäden ist für deren Behebung eine vorläufige Bausumme von rund 16 Millionen Franken aufgeführt worden. Geht man von der Annahme aus, dass durch zusätzliche Beiträge der durch das Finanzprogramm vorgeschriebene Abbau von 50 auf 37% % Bundesbeitrag rückgängig gemacht werden soll, so müsste ein Kredit von 2 Millionen Franken hierfür auggesetzt werden. Ein derartiger Antrag bleibt also wesentlich unter dem Höchstmass der Bundeshilfe, das die eidgenössischen Bäte für die Behebung der Schäden aus der Hochwasserkatastrophe vom September 1927 als erforderlich betrachteten. Der Bxindesrat möchte jedoch im allgemeinen, angesichts der heutigen Finanzlage des Bundes, die ursprünglich durch das Bundesgesetz über die Wasserbaupolizei festgesetzte Höchstgrenze von 50 % Bundesbeitrag nicht überschreiten, verhehlt sich jedoch nicht, dass in einzelnen, besonders schweren Fällen, namentlich bei Gemeinden, die schon bisher bedeutende Verbauungslasten auf sich zu nehmen hatten, diese Bundeshilfe, zusammen mit der Kantonshüfe, die Finanzierung noch nicht erlauben wird. Zum Zwecke der Ermöglichung einer ausreichenden Hilfe auch in derartigen Fällen und mit Eücksicht auf die Tatsache, dass die oben angeführten Kosten zum Teil nur auf rohen vorläufigen Schätzungen beruhen, beantragt Ihnen der Bundesrat, den in Frage stehenden Kredit, statt auf 2 Millionen Franken, auf 8 Millionen Franken zu bemessen. Je nach der Zuständigkeit im einzelnen Falle würde die Beitragszusicherung dann auf Grund erfolgter Würdigung aller Verhältnisse durch den Bundesrat oder durch die eidgenössischen Eäte zu erfolgen haben; hierbei wird sich die Zuständigkeit nach bisheriger Praxis auf Grund des in Betracht fallenden ordentlichen Beitrages beurteilen.

Die Ausführung der hier in Frage stehenden wasserbaupolizeilichen Arbeiten würde, soweit möglich, auf die Arbeitsmarktlage Eücksicht nehmen; doch steht schon heute fest, dass dies nur in beschränktem Masse wird erfolgen können, da, entsprechend den durch die Natur gegebenen Verhältnissen, in den meisten vorliegenden Fällen die wasserbauliche Dringlichkeit der Arbeiten
für den Zeitpunkt ihrer Ausführung entscheidend sein wird.

Wenn die Bewilligung des Hilfskredites von 2,5 Millionen Franken im Jahre 1928, zur Zeit noch nicht abgebauter ordentlicher Bundesbeiträge, als unbedingt notwendig erachtet wurde, so bedarf ein analoger Antrag unter der Finanzordnung der abgebauten Bundesbeiträge bestimmt keiner weiteren Begründung mehr.

In bezug auf die im Abschnitt II erwähnten, an sich schwer finanzierbaren Fälle ist vorweg darauf hinzuweisen, dass die im Bundesbeschluss vom 6. April 1939 in diesem Zusammenhang ausgesetzten 5 Millionen Franken (wovon 2 Millionen der Förderung der Verbauungstätigkeit in Graubünden und 3 Millionen der übrigen Schweiz zugedacht waren), wie oben gesagt, bis

784

auf eine halbe Million schon in Anspruch genommen sind. Um für einige Zeit die Behandlung derartiger Vorlagen zu ermöglichen, möchten wir Ihnen, daher beantragen, hierfür einen Kredit von 8 Millionen Pranken zu eröffnen.

Hierbei hätte es die Meinung, dass der gesamte Bundesbeitrag die ursprüngliche bundesgesetzliche Grenze von 50 % nicht überschreiten soll.

Rechtlich kann für die in Frage stehenden Unwetterschäden der zu fassende Beschluss auf Art. 23 der Bundesverfassung gegründet werden, wie dies bei der Bewilligung des ausserordentlichen Kredites für die bau- und forsttechnischen Arbeiten im Gebiet der Hochwasserkatastrophe vom September 1927 geschah. Hinsichtlich der Begründung erlauben wir uns, die Ausführungen unserer Botschaft vom 28. März 1928 wiederzugeben: «Was die rechtlichen Grundlagen des zu fassenden Beschlusses betrifft, wurde, wie oben bemerkt, schon in den Verhandlungen mit der Bündner Regierung auf Art. 28 der Bundesverfassung hingewiesen. In der Tat halten wir die Bundesversammlung für befugt, gestützt auf diese Bestimmung eine einmalige Subvention an die Ausführung von Arbeiten zu beschliessen, welche über den durch die Wasserbaupolizei und die Porstpolizei (Art. 24 der Bundesverfassung) gezogenen Rahmen hinausgehen. Art. 23 verleiht dem Bunde das Recht, auf seine Kosten im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils derselben öffentliche Werke zu errichten oder die Errichtung derselben zu unterstützen. Unter solche Werke fallen ohne Zweifel auch bauliche Arbeiten, die von Kantonen und Gemeinden zur Sicherung gegen katastrophale Naturereignisse unternommen werden. Bei enger Auslegung der Bestimmung nach ihrem Wortlaut könnte allerdings in Zweifel gezogen werden, ob die Ausführung der hier geplanten Werke geradezu im Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils derselben liege, ob ihnen nicht trotz der Schwere der Ereignisse bloss Örtlich beschränkte Bedeutung zukomme.

Allein die Praxis hat, gewiss mit Hecht, der Anwendung des Verfassungsartikels nicht enge Schranken gezogen. Wird der Bund auch in der Erstellung eigener Werke in dieser Hinsicht zurückhaltend sein, so würde es sich doch nicht rechtfertigen, wenn er unter Berufung auf den Mangel eines hinreichenden eidgenössischen Interesses seine finanzielle Hilfe an andere öffentliche Werke von solcher
Bedeutung versagen und die zunächst betroffenen Kantone und Gemeinden mit der schweren, ihnen daraus erwachsenden Last allein lassen würde. Es scheint uns denn auch bezeichnend, dass das auf dem nämlichen Art. 23 (Abs. 2) beruhende und formell an die nämliche Voraussetzung geknüpfte eidgenössische Expropriationsrecht in weitem Umfang für Werke erteilt worden ist, die auf das öffentliche Interesse Anspruch machen konnten, ohne dass aber stets vom Interesse der Eidgenossenschaft oder eines grossen Teils derselben hätte gesprochen werden können.

Die Bundesversammlung hat demgemäss öfters Unterstützungen an Werke ausgerichtet, die nur auf dem Gebiete eines Kantons lagen (wie Bahnund Strassenbauten). Sie hat es insbesondere auch getan in Fällen, wo die drohende Wiederholung von Naturkatastrophen den Ruf nach eidgenössischer

785 Hilfe laut werden liess; wir erinnern an die Arbeiten zur Sicherung der Stadt Zug gegen weiteres Versinken im See und am Sasso Eosso bei Airolo zur Verhütung weiterer Bergstürze (Gesetzsammlung 10, 648, und 17, 876). Auch heute stehen wir ähnlichen, in ihren möglichen Folgen jedoch noch schwerer einzuschätzenden Ereignissen gegenüber. Die Behörden werden im Sinne der öffentlichen Meinung handeln, wenn sie auch heute von ihrer Befugnis Gebrauch machen und aus Bundesmitteln einen Beitrag gewähren, um eine möglichste Sicherung für die Zukunft erreichen zu helfen.» Für die schwer finanzierbaren Fälle gemäss Abschnitt II sind die eidgenössischen Bäte zweifellos befugt, das von ihnen erlassene Finanznotrecht hinsichtlich des Abbaues der ordentlichen Bundesbeiträge im Sinne der angeführten Bewilligung von Sonderkrediten zu mildern. Zur Begründung der Finanznotverordnungen wurde auf die Wahrung höchster Landesinteressen und der Solidarität aller Volksteile Bezug genommen. Dieselben Gründe, die die eidgenössischen Eäte veranlassten, allgemeine Sparmassnahmen anzuordnen, sprechen auch für die in Frage stehenden Milderungen von in der Anwendung dieser Massnahmen zutage getretenen Härten. Es kann deshalb motivierend auf die Bundesbeschlüsse über die Durchführung der Übergangsordnung des eidgenössischen Finanzhaushaltes hingewiesen werden.

Sie hätten somit über die Bewilligung folgender Kredite zu befinden: o, Kredit zur Ermöglichung der ausserordentlichen Subventionierung in den Gebieten der im Jahre 1944 entstandenen Hochwasserschäden Fr. 8 000 000 &. Kredit zur Ermöglichung der ausserordentlichen Subventionierung schwer finanzierbarer Gewässerverbauungen und -korrektionen Fr. 3 000 000 Gesamtkredit Fr. 6 000 000 Wir erlauben uns daher, Ihnen den beigefügten Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Wir versichern Sie, Herr Präsident, hochgeehrte Herren, unserer vollkommenen Hochachtung.

Bern, den 29. Juni 1945.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Ed. v. Steiger.

Der Bundeskanzler:

Leimgruber.

786

(Entwurf.)

Bundestoeschluss über

die zusätzliche Subventionierung von Gewässerverbauungen und -korrektionen in den im Jahre 1944 von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten, sowie von schwer finanzierbaren Gewässerverbauungen und -Korrektionen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, in Anwendung von Art. 28 der Bundesverfassung, nach Einsicht einer Botschaft des Bundesrates vom 29, Juni 1945, beschliesst:

Art. 1.

Zur zusätzlichen Subventionierung von unter das Bundesgesetz vom 22, Juni 1877 über die Wasserbaupolizei fallenden Gewässerkorrektionen in Hochwasserkatastrophengebieten und von andern unter das erwähnte Bundesgesetz fallenden, schwer finanzierbaren Gewässerkorrektionen wird ein Kredit von 6 Millionen Pranken zur Verfügung gestellt.

Hiervon .sind 8 Millionen Franken für die zusätzliche Subventionierung der Behebung von Unwetterschäden des Jahres 1944 und 8 Millionen Franken für die zusätzliche Subventionierung schwer finanzierbarer anderer Gewässerkorrektionen bestimmt.

Art. 2.

Der gesamte aus abgebauter ordentlicher und aus. zusätzlicher Bundessubvention sich ergebende Bundesbeitrag soll für die Fälle der Behebung von Unwetterschäden des Jahres 1944 in der Hegel, für die Unterstützung schwer finanzierbarer anderer Gewässerkorrektionen überhaupt nicht über die im Bundesgesetz vom 22. Juni 1877 über die Wasserbaupolizei vorgesehenen ordentlichen maximalen Ansätze hinausgehen.

787

Ein zusätzlicher Bundesbeitrag wird nur unter der Bedingung gewährt, dass auch der Kanton über seinen ordentlichen Beitrag hinaus einen zusätzlichen Beitrag von mindestens der Hälfte des zusätzlichen Bundesbeitrages zuspricht. Wenn .besondere Verhältnisse es rechtfertigen, kann die zusätzliche Kantonsleistung ausnahmsweise zum Teil erlassen werden. Allfällige zusätzliche Leistungen von Gemeinden und andern öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die nicht selbst Träger der Arbeit sind, können auf die Leistungen des Kantons angerechnet werden.

Art. 3.

Der Bundesrat wird mit der Vollziehung dieses Bundesbeschlusses beauftragt.

Die Zuständigkeit zur Verfügung über den eröffneten Kredit richtet sich nach den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen.

Der Bundesrat ist ermächtigt, nötigenfalls den Kredit auch für die Behebung von Unwotterschäden in Anspruch zu nehmen, die nach Erlass des gegenwärtigen Bundesbeschlusses eintreten würden.

Der Bundesrat wird nach Verbrauch des Kredites über dessen Verwendung der Bundesversammlung Bericht erstatten.

Art. 4.

Soweit es mit der Dringlichkeit der in Präge stehenden Arbeiten vereinbar erscheint, soll bei deren Durchführung auch die Arbeitsmarktlage mitgewürdigt werden.

.

.

Art. 5.

Dieser Bundesbeschluss tritt als nicht allgemein verbindlich sofort in Kraft.

5322

--W--

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die zusätzliche Subventionierung von Gewässerverbauungen und -korrektionen in den im Jahre 1944 von Unwetterkatastrophen heimgesuchten Gebieten, sowie von schwer finanzierbaren Gewässerver...

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1945

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

14

Cahier Numero Geschäftsnummer

4784

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

05.06.1945

Date Data Seite

777-787

Page Pagina Ref. No

10 035 325

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.