13.004 Jahresbericht 2012 der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte vom 24. Januar 2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin Sehr geehrter Herr Präsident Sehr geehrte Damen und Herren Wir unterbreiten Ihnen gestützt auf Artikel 55 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10) den Bericht über die Tätigkeit der Geschäftsprüfungskommissionen und der Geschäftsprüfungsdelegation im Jahr 2012 und bitten Sie, davon Kenntnis zu nehmen.

Dieser Bericht gibt Auskunft über die wichtigsten während des Berichtsjahrs vorgenommenen Kontrollen sowie über ihre Ergebnisse und die daraus zu ziehenden Lehren. Ein besonderes Augenmerk gilt auch den Folgen, die den Empfehlungen der Kommissionen und der Delegation gegeben wurden.

Wir versichern Sie, sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

24. Januar 2013

Im Namen der Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Der Präsident der GPK-N: Ruedi Lustenberger, Nationalrat Der Präsident der GPK-S: Paul Niederberger, Ständerat

2013-0240

3513

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

3517

1 Einleitung 1.1 Jahresprogramm 2012 und wichtige Geschäfte des Berichtsjahrs 1.2 Veröffentlichte Berichte und Briefe an den Bundesrat

3522 3522 3523

2 Auftrag und Organisation 2.1 Aufgaben und Kompetenzen der Geschäftsprüfungskommissionen 2.1.1 Aufgaben 2.1.2 Aufsichtsbereich 2.1.3 Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten 2.2 Organisation der Arbeiten und Überblick über die behandelten Geschäfte

3524 3524 3524 3525 3526

3 Ausgewählte Themen der Geschäftsprüfungskommissionen 3.1 Wirtschafts- und Finanzpolitik 3.1.1 Evaluation der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit und deren Wirkungen 3.1.2 Eingaben zur Untersuchung der FINMA betreffend den Verkauf von Lehman-Brothers-Produkten durch die Credit Suisse 3.1.3 Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung» 3.1.4 Einsatz von Schweizer Handgranaten im Syrienkonflikt 3.2 Soziale Sicherheit und Gesundheit 3.2.1 Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat 3.2.2 Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie 3.2.3 Neufestsetzung der Labortarife; Nachkontrolle und Monitoring 3.2.4 Reserven der Krankenversicherer: Antrag der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates 3.3 Internationale Beziehungen und Aussenhandel 3.3.1 Vollzug des Abkommens von Schengen 3.3.2 Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht und 2., 3. und 4. Bericht der Schweiz zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention 3.4 Staat und Verwaltung 3.4.1 Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom 3.4.2 ETH-Rat: Probleme bei der Personalführung 3.4.3 Reorganisation des Bundesamts für Statistik: Dienststellenbesuch 3.4.4 Reorganisation des Bundesamts für Migration 3.4.5 Unbehandelte Botschaftsasylgesuche irakischer Staatsangehöriger 3.4.6 Anhörungs- und Vernehmlassungspraxis des Bundes 3.4.7 KAV-Modernisierung 3.4.8 Präventive Rechtskontrolle und internationale Rechtshilfe: Dienststellenbesuch beim Bundesamt für Justiz

3533 3533

3514

3528

3533 3535 3538 3540 3541 3541 3543 3545 3547 3548 3548 3549 3551 3551 3552 3554 3554 3556 3557 3558 3560

3.5 Justizwesen und Bundesanwaltschaft 3.5.1 OpenJustitia des Bundesgerichts 3.5.2 Aufsichtseingabe betreffend eine fristlose Kündigung beim Bundesverwaltungsgericht 3.6 Sicherheit 3.6.1 Teilnahme an Wiederholungskursen unter falschem Namen 3.6.2 Nachkontrolle zur Untersuchung der Umstände der Ernennung des Armeechefs 3.6.3 Erwerbsersatzordnung: Unregelmässigkeiten bei der Abrechnung von freiwilligen Militärdienstleistungen 3.6.4 Jahresbericht fedpol 3.6.5 Jahresbericht der Schweizerischen Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK) 3.6.6 Armeelogistikcenter Grolley: Dienststellenbesuch 3.6.7 Arbeitsmethoden des Inspektorats VBS anhand des Beispiels FIS Heer 3.7 Umwelt, Verkehr und Infrastruktur 3.7.1 Zweite Nachkontrolle zur Inspektion betreffend die Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) 3.7.2 Unzureichende Informationspolitik der Bundesbehörden: Aufsichtseingabe der Geschäftsprüfungskommission des Kantons Basel-Stadt 3.7.3 Nachkontrolle zur Inspektion «Konzeption und Umsetzung von RUMBA ­ eine Zwischenbilanz» 4 Staatsschutz und Nachrichtendienste 4.1 Aufgaben, Rechte und Organisation der Geschäftsprüfungsdelegation 4.1.1 Zuständigkeit und Informationsrechte 4.1.2 Aufsicht über die Kontrollorgane der Exekutive 4.1.3 Überprüfung der Beobachtungsliste des Bundesrates 4.1.4 Prüfung des Genehmigungsverfahrens für neue Auslandkontakte von NDB und MND 4.2 Zwanzig Jahre Geschäftsprüfungsdelegation 4.2.1 Die Bildung der Delegation 4.2.2 Die Organisation des neuen Organs 4.2.3 Die ersten Fälle 4.2.4 Der «Geheimbereich» des Staates als Aufgabengebiet der GPDel 4.3 Nachkontrolle zum ISIS-Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation 4.3.1 Erledigung der Pendenzen in der Qualitätskontrolle und weitere Reduktion des Datenbestandes 4.3.2 ISIS-Kennzahlen 4.3.3 Arbeit des ISIS-Datenschutzbeauftragten 4.3.4 Neuauflage des präventiven Fahndungsprogramms «Fotopass» 4.3.5 Einbezug der Auswertung und der Kantone in die Qualitätssicherung 4.3.6 Überprüfung der Ressourcenaufteilung bei der Bearbeitung von ISIS-Daten

3561 3561 3562 3563 3563 3564 3565 3566 3566 3567 3568 3568 3568 3569 3570 3572 3572 3572 3573 3574 3575 3576 3576 3579 3580 3581 3582 3582 3583 3584 3586 3588 3589 3515

4.3.7 Trennung von Staatsschutz- und Verwaltungsdaten 4.3.8 Keine Erfassung von Daten ohne Beurteilung ihrer Relevanz 4.3.9 Auskunftsrecht 4.3.10 Aufstockung der ND-Aufsicht 4.3.11 Pendenzen für das Nachfolgesystem von ISIS-NT 4.4 Pilotversuch mit dem Informationssystem äussere Sicherheit ISAS 4.5 Sicherheitspolitische Führung des Bundesrates 4.5.1 Vorgeschichte 4.5.2 Empfehlungen der parlamentarischen Oberaufsicht 4.5.3 Reformen des Bundesrates 4.5.4 Anhaltende Kritik der GPDel 4.5.5 Beschluss des Bundesrates vom 24. Oktober 2012

3590 3591 3591 3592 3593 3595 3597 3597 3598 3599 3601 3603

5 Geschäftsberichte 2011 und weitere Berichte 5.1 Geschäftsbericht 2011 des Bundesrates 5.2 Geschäftsbericht 2011 des Bundesgerichts 5.3 Berichte ausgelagerter Einheiten: Briefwechsel mit dem Bundesrat

3603 3603 3607 3608

Anhang Jahresbericht 2012 der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle

3611

3516

Abkürzungsverzeichnis AB-BA AHV ALC-G APK-N ARE ArG AS ASTRA AsylG ATSG BA BAFU BAG BAK BAKOM BAR BBl BEHG BFM BFS BFT BGer BJ BK BKP BLN BLW BöB BPG BPI BPV BStGer BStP BSV

Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft Alters- und Hinterlassenenversicherung Armeelogistikcenter Grolley Aussenpolitische Kommission des Nationalrates Bundesamt für Raumentwicklung Bundesgesetz vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (SR 822.11) Amtliche Sammlung Bundesamt für Strassen Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (SR 142.31) Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (SR 830.1) Bundesanwaltschaft Bundesamt für Umwelt Bundesamt für Gesundheit Bundesamt für Kultur Bundesamt für Kommunikation Schweizerisches Bundesarchiv Bundesblatt Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (SR 954.1) Bundesamt für Migration Bundesamt für Statistik Bildung, Forschung und Technologie Bundesgericht Bundesamt für Justiz Bundeskanzlei Bundeskriminalpolizei Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung Bundesamt für Landwirtschaft Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (SR 172.056.1) Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1) Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (SR 361) Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3) Bundesstrafgericht alt Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934 (BBl 1934 Band 2 617) Bundesamt für Sozialversicherungen 3517

BV BVGer BWIS CS DAP DBA DEZA DSG EBK EDA EDI EDÖB EFD EFK EFV EGK EHB EJPD EMD ENSI EO EPA ESA ESBK ESTV ETCS ETH ETH-Rat EU EVD EZV Fedpol FIFG FinDel FINMA FIS Heer FK FLAG

3518

Bundesverfassung (SR 101) Bundesverwaltungsgericht Bundesgesetz vom 21. März 1997 über die Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (SR 120) Credit Suisse Dienst für Analyse und Prävention Doppelbesteuerungsabkommen Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (SR 235.1) Eidgenössische Bankenkommission Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten Eidgenössisches Departement des Innern Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter Eidgenössisches Finanzdepartement Eidgenössische Finanzkontrolle Eidgenössische Finanzverwaltung Eidgenössische Gesundheitskasse Eidgenössisches Hochschulinstitut für Berufsbildung Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement Eidgenössisches Militärdepartement Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat Erwerbsersatzordnung Eidgenössisches Personalamt Eidgenössische Stiftungsaufsicht Eidgenössische Spielbankenkommission Eidgenössische Steuerverwaltung European Train Control System Eidgenössische Technische Hochschulen Rat der Eidgenössischen Technischen Hochschulen Europäische Union Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement Eidgenössische Zollverwaltung Bundesamt für Polizei Bundesgesetz über die Förderung der Forschung und der Innovation, Teilrevision vom 25. September 2009 (Forschungsund Innovationsförderungsgesetz; AS 2010 651) Finanzdelegation der eidgenössischen Räte Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Führungsinformationssystem Heer Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte Führen mit Leistungsauftrag und Globalbudget

GPDel GPK GPK-N GPK-S GRN GRS GVG GWK IASA IGE ISAS ISIS ISIS-NT ISV-NDB IV KAG KAV KGSi KKJPD KOBIK KV KVV KVF KVG LBA LGSi MDV MG MKG MND MoU

Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates Geschäftsprüfungskommission des Ständerates Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Oktober 2003 (SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (SR 171.14) Bundesgesetz vom 23. März 1962 über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse (AS 1992 641) Grenzwachtkorps Informatisiertes Analyse- und Auswertungstool Eidgenössisches Institut für Geistiges Eigentum Informationssystem Äussere Sicherheit Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem Informatisiertes Staatsschutz-Informationssystem ­ Neue Technologie Verordnung vom 4. Dezember 2009 über die Informationssysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (SR 121.2) Invalidenversicherung Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (SR 951.31) Kompetenzzentrum für amtliche Veröffentlichungen Kerngruppe Sicherheit Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und direktoren Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität Krankenversicherung Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (SR 832.102) Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen der eidgenössischen Räte Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10) Logistikbasis der Armee Lenkungsgruppe Sicherheit Verordnung vom 19. November 2003 über die Militärdienstpflicht (SR 512.21) Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz; SR 510.10) Militärkassationsgericht Militärischer Nachrichtendienst Memorandum of Understanding 3519

NAD ND-Aufsicht NDB Neat NGO OAK OKP OLS OR Pa.Iv.

ParlG PolAG PSP PUK PVK RAB RD EFD ResV-EDI RK-N RK-S RUMBA RVOG SBB SBVg SECO SERV SGK-S SiA SIF SNB SND SPK SPK-N SR STEP StGB 3520

Aufsichtsdelegation der eidgenössischen Räte über den Bau der neuen Eisenbahn-Alpentransversale Nachrichtendienstliche Aufsicht des VBS Nachrichtendienst des Bundes Neue Eisenbahn-Alpentransversale Nichtregierungsorganisation(en) Oberaufsichtskommission des Grossen Rates des Kantons Bern Obligatorische Krankenpflegeversicherung Offenlegungsstelle der SIX Swiss Exchange AG Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) vom 30. März 1911 (SR 220) Parlamentarische Initiative Bundesgesetz vom 13. Dezember 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Polizeiliche Aufgaben des Bundes Personensicherheitsprüfung Parlamentarische Untersuchungskommission Parlamentarische Verwaltungskontrolle Eidgenössische Revisionsaufsichtsbehörde Rechtsdienst des Eidgenössischen Finanzdepartements Verordnung des EDI vom 18. Oktober 2011 über die Reserven in der sozialen Krankenversicherung (SR 832.102.15) Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates Kommission für Rechtsfragen des Ständerates Ressourcen- und Umweltmanagement der Bundesverwaltung Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (SR 172.010) Schweizerische Bundesbahnen Schweizerische Bankiervereinigung Staatssekretariat für Wirtschaft Schweizerische Exportrisikoversicherung Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates Sicherheitsausschuss des Bundesrates Staatssekretariat für internationale Finanzfragen Schweizerische Nationalbank Strategischer Nachrichtendienst Staatspolitische Kommissionen der eidgenössischen Räte Staatspolitische Kommission des Nationalrates Systematische Sammlung des Bundesrechts Strategisches Entwicklungsprogramm Bahninfrastruktur Schweizerisches Strafgesetzbuch (SR 311.0)

STIB Swissmedic UBS UKI UR URA UVEK VAE VAZ VBS VEKF VlG VISV V-NDA V-NDB VVWA VWIS WAK-N WBK-N WEKO WHO ZAS ZEMIS ZEO ZNDG

Sicherheitsrelevante Technologie- und Industriebasis Schweizerisches Heilmittelinstitut Union de banques suisses Unabhängige Kontrollinstanz Untersuchungsrichter/in Eidgenössisches Untersuchungsrichteramt Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation Vereinigte Arabische Emirate Vertrauensarbeitszeit Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport Verordnung vom 15. Oktober 2003 über die elektronische Kriegführung (SR 512.292) Bundesgesetz vom 18. März 2005 über das Vernehmlassungsverfahren (SR 172.061) Verordnung vom 6. Juni 2011 über das zentrale VisaInformationssystem (SR 142.512) Verordnung vom 4. Dezember 2009 über den Nachrichtendienst der Armee (SR 510.291) Verordnung vom 4. Dezember 2009 über den Nachrichtendienst des Bundes (SR 121.1) Verordnung vom 11. August 1999 über den Vollzug der Wegund Ausweisung von ausländischen Personen (SR 142.281) alt Verordnung vom 27. Juni 2001 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (AS 2001 1829) Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates Wettbewerbskommission Weltgesundheitsorganisation Zentrale Ausgleichsstelle Zentrales Migrationsinformationssystem Zentrum für Elektronische Operation Bundesgesetz vom 3. Oktober 2008 über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (Ziviles Nachrichtendienstgesetz; SR 121)

3521

Bericht 1

Einleitung

Der vorliegende Jahresbericht bietet einen Überblick über die Tätigkeit der parlamentarischen Aufsicht der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) im Jahr 2012. Er enthält überdies Informationen über die Arbeitsmethoden und -prozesse, über die Probleme im Zusammenhang mit bestimmten Aufsichtsgeschäften und über die erzielten Ergebnisse. Der Jahresbericht enthält zum Teil Informationen, die bisher noch nicht veröffentlicht wurden.

Die GPK haben den vorliegenden Bericht an der Plenarsitzung vom 24. Januar 2013 einstimmig gutgeheissen und beschlossen, ihn zu veröffentlichen. Der Berichtsentwurf wurde gemäss Artikel 157 Parlamentsgesetz (ParlG1) den betroffenen Behörden zur Stellungnahme unterbreitet. Die abgegebenen Stellungnahmen wurden von den GPK und der GPDel geprüft und soweit als möglich berücksichtigt.

1.1

Jahresprogramm 2012 und wichtige Geschäfte des Berichtsjahrs

Anlässlich der Verabschiedung des Jahresprogramms am 27. Januar 2012 beschlossen die GPK, zu folgenden Themen Untersuchungen gestützt auf vorgängig durchzuführende Evaluationen der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK) durchzuführen: Interdepartementale Zusammenarbeit in der Schweizer Aussenpolitik (Bericht PVK im Anhang, Ziff. 2.3.1), Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern unter dem Personenfreizügigkeitsabkommen (Bericht PVK im Anhang, Ziff. 2.3.2), Zulassung und Überprüfung kassenpflichtiger Medikamente (Bericht PVK im Anhang, Ziff. 2.3.5), Externe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Bundesverwaltung (Bericht PVK im Anhang, Ziff. 2.3.4).

Überdies beschlossen die GPK, die Evaluation betreffend die Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat wieder aufzunehmen. Die PVK war mit der Evaluation bereits im Januar 2009 beauftragt worden. Die Arbeiten wurden in ihrem Anfangsstadium unterbrochen.2 Die Inspektion wird alle Wahlgeschäfte des Jahres 2012 und allenfalls noch Wahlgeschäfte im Jahr 2013 beinhalten (Bericht PVK im Anhang, Ziff. 2.3.3).

Die PVK wird ihre Evaluationen mit einem Bericht abschliessen, der der federführenden Subkommission unterbreitet wird. Die zuständige Subkommission wird sodann ihre Beurteilungen aus der Perspektive der parlamentarischen Oberaufsicht vornehmen und ihrer Plenarkommission Bericht erstatten und Antrag stellen.

Im Weiteren beschloss die GPK-N, eine Untersuchung zu den Umständen der Beschlüsse des Bundesrates vom 18. Januar und 4. April 2012 zur Übergabe von Bankund Mitarbeiterdaten an die US-Behörden durchzuführen. Die Untersuchung hat 1 2

Bundesgesetz vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung (Parlamentsgesetz; SR 171.10) Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012 (BBl 2012 6791 f.)

3522

zum Ziel, Transparenz darüber zu schaffen, wie es zu den Bundesratsbeschlüssen gekommen ist, und die Zweckmässigkeit und Angemessenheit des Vorgehens der involvierten Bundesbehörden zu überprüfen (Medienmitteilung GPK-N vom 12.11.2012). Die GPK-N hat ihre Subkommission EFD/EVD mit der Untersuchung beauftragt.

Die GPDel hat ausserdem nach einleitenden Untersuchungen zum Datendiebstahl im Nachrichtendienst des Bundes (NDB) vom Mai 2012 am 16. Oktober 2012 beschlossen, ihre bisherigen und laufenden Abklärungen in eine formelle Inspektion überzuführen (Medienmitteilung der GPDel vom 16.10.2012).

Erstmals haben die beiden GPK und die beiden Finanzkommissionen (FK) beschlossen, gemeinsam eine umfangreiche Inspektion durchzuführen: Sie haben am 6. Dezember 2012 eine gemeinsame Arbeitsgruppe zur Untersuchung des Informatiksystems «Insieme» der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) seit seinem Beginn im Jahr 2001 eingesetzt (Medienmitteilung der GPK und der FK vom 6. Dez. 2012). Die vier Aufsichtskommissionen haben die Arbeitsgruppe beauftragt, den Untersuchungsgegenstand und das Vorgehen zu konkretisieren. Sie werden das definitive Untersuchungskonzept im ersten Quartal 2013 genehmigen.

Die GPK konnten im Berichtsjahr zwei Inspektionen abschliessen: Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat (Ziff. 3.2.1; Bericht PVK im Anhang, Ziff. 2.2.1) und Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom (Ziff. 3.4.1; Bericht PVK im Anhang, Ziff. 2.2.2).

Der vorliegende Jahresbericht informiert teilweise auch über weitere Abklärungen und Untersuchungen, die nicht separat veröffentlicht wurden, so etwa über Abklärungen zur Untersuchung der FINMA betreffend den Verkauf von LehmanBrothers-Produkten durch die Credit Suisse (Ziff. 3.1.2), zu den unbehandelten Botschaftsasylgesuchen irakischer Staatsangehöriger (Ziff. 3.4.5), zur Modernisierung des Systems KAV (Ziff. 3.4.7), zur präventiven Rechtskontrolle und zur internationalen Rechtshilfe (Ziff. 3.4.8), zum Projekt «OpenJustitia» des Bundesgerichts (Ziff. 3.5.1), zu einer Aufsichtseingabe bereffend eine fristlose Kündigung beim Bundesverwaltungsgericht (Ziff. 3.5.2) und zu einer Aufsichtseingabe des Kantons Basel-Stadt betreffend die Informationspolitik des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) (Ziff. 3.7.2). Ebenfalls
bisher unveröffentlichte Informationen zu den Aktivitäten der GPDel finden sich unter Ziffer 4 (so zum Zusammenspiel zwischen der Aufsicht im VBS und der parlamentarischen Oberaufsicht, Ziff. 4.1.2, zur Verbesserung des Genehmigungsverfahrens für neue Auslandkontakte der Nachrichtendienste, Ziff. 4.1.4, zur Nachkontrolle zur ISIS-Inspektion, Ziff. 4.3, sowie über ihre begleitenden Aktivitäten zur Verbesserung der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrats, Ziff. 4.5).

1.2

Veröffentlichte Berichte und Briefe an den Bundesrat

Gemäss ihren Handlungsgrundsätzen publizieren die GPK in der Regel ihre Untersuchungsresultate. Nebst ihren Medienmitteilungen veröffentlichten die GPK im Berichtsjahr folgende acht Berichte bzw. Briefe (Kurzbericht in Form des Briefs):

3523

­

Jahresbericht 2011 der GPK-S/N und der GPDel vom 27. Januar 2012

­

Bericht der GPK-S vom 30. März 2012 «Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat»

­

Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012 «Teilnahme an Wiederholungskursen unter falschem Namen»

­

Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012 «Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom»

­

Stellungnahme der GPK-N vom 8. Mai 2012 zur Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der GPK-N «Evaluation der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit und deren Wirkungen»

­

Bericht der GPK-N vom 19. Juni 2012 zur Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht über die Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung»

­

Bericht der GPK-N vom 19. Juni 2012 zur Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der GPK-N «Evaluation der Anhörungs- und Vernehmlassungspraxis des Bundes»

­

Bericht der GPK-S vom 22. August 2012 «Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie»

Diese Berichte wurden im Bundesblatt (BBl) veröffentlicht und sind auf der Internetseite der GPK abrufbar.

2

Auftrag und Organisation

2.1

Aufgaben und Kompetenzen der Geschäftsprüfungskommissionen

2.1.1

Aufgaben

Die GPK nehmen als parlamentarische Kommissionen im Auftrag der eidgenössischen Räte die Oberaufsicht über die Geschäftsführung des Bundesrates und der Bundesverwaltung, der eidgenössischen Gerichte sowie der anderen Träger von Aufgaben des Bundes wahr (Art. 169 BV3, Art. 52 ParlG). Die Aufgaben und Zuständigkeiten der GPK werden in den Artikeln 2627, 5255 und 153158 ParlG sowie in weiteren Gesetzes-4 und Verordnungstexten5 definiert.

3 4

5

Bundesverfassung (BV; SR 101) Art. 32 des Bundesgesetzes über das Kriegsmaterial vom 13. Dez. 1996 (KMG; SR 514.51), Art. 5 Abs. 1 des Bundespersonalgesetzes vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1), Art. 8 Abs. 1 der Verordnung vom 10. Juni 2004 über die Stellen- und Personalbewirtschaftung im Rahmen von Entlastungsprogrammen und Reorganisationen (SR 172.220.111.5), Art. 20 des Bundesbeschlusses vom 4. Okt. 1991 über den Bau der schweizerischen Eisenbahn- und Alpentransversale (Alpentransit-Beschluss; SR 742.104) oder Art. 10 des Bundesgesetzes vom 18. März 2005 über den Anschluss der Ost- und der Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz (HGVAnG; SR 742.140.3).

Handlungsgrundsätze der GPK vom 29. Aug. 2003 und 4. Sept. 2003, die im Jahresbericht 2002/2003 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 23. Jan. 2004 (BBl 2004 1673) veröffentlicht wurden.

3524

Bei der Ausübung ihres Auftrags überprüfen die GPK hauptsächlich, ob die Bundesbehörden im Sinne der Verfassung und der Gesetze handeln und ob die vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben richtig erfüllt worden sind (Überprüfung der Rechtmässigkeit). Zudem achten sie darauf, dass die vom Staat getroffenen Massnahmen sinnvoll sind und dass die Bundesbehörden ihren Entscheidungsspielraum richtig nutzen (Überprüfung der Zweckmässigkeit). Schliesslich kontrollieren sie auch die Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen mit Blick auf die vom Gesetzgeber gesetzten Ziele (Überprüfung der Wirksamkeit).

Die GPK erfüllen ihre Aufgaben, indem sie: ­

Inspektionen durchführen;

­

die PVK mit Evaluationen beauftragen;

­

den jährlichen Geschäftsbericht des Bundesrats und den Tätigkeitsbericht des Bundesgerichts sowie die Jahresberichte anderer Organe des Bundes prüfen;

­

die Berichte behandeln, welche ihnen der Bundesrat, die Departemente und weitere Stellen vorlegen müssen;

­

Behörden und Dienststellen des Bundes besuchen;

­

von Dritten eingereichte Aufsichtseingaben behandeln;

­

Empfehlungen an den Bundesrat, an die Departemente, an die eidgenössischen Gerichte und an die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) oder an die Bundesanwaltschaft (BA) richten;

­

die Umsetzung früherer Empfehlungen kontrollieren.

Die GPK können ausserdem für technische Fragestellungen zeitlich befristet Experten beiziehen.

Die GPK erstatten dem Parlament über die Hauptergebnisse ihrer Arbeit einmal jährlich Bericht (Art. 55 ParlG). Dieser Jahresbericht wird in der Frühlingssession in den beiden Räten behandelt.

2.1.2

Aufsichtsbereich

Der Aufsichtsbereich der GPK ist äusserst umfangreich: Er umfasst sämtliche Tätigkeiten des Bundesrates und der Einheiten der Bundesverwaltung sowie der eidgenössischen Gerichte und der BA, wobei die Rechtsprechung der Gerichte und die Entscheide des Bundesanwalts von der Kontrolle ausgeschlossen sind (Art. 30 Abs. 1 BV, Art. 26 Abs. 4 ParlG).

Auch alle öffentlich-rechtlichen und privaten Körperschaften sowie die natürlichen und juristischen Personen, die Träger von Bundesaufgaben sind, unterliegen der parlamentarischen Oberaufsicht, auch wenn diese in der Praxis weniger direkt ist als gegenüber den Dienststellen der Zentralverwaltung. Die Kantone sind ebenfalls der Aufsicht der GPK unterstellt, soweit sie mit der Umsetzung von Bundesrecht beauftragt sind (Art. 46 Abs. 1 und Art. 49 Abs. 2 BV).

Die GPK wie auch die GPDel üben ihre Oberaufsichtsfunktion sowohl nachträglich wie auch begleitend aus.

3525

Abgesehen von den Geschäften, welche die GPK von Gesetzes wegen prüfen müssen, bestimmen sie ihre Untersuchungsgegenstände autonom und setzen ihre Arbeitsschwerpunkte nach eigenem Ermessen. Zu diesem Zweck erstellen sie jedes Jahr ein Programm, das die Prioritäten für die Aufsicht in jedem Verwaltungsbereich festlegt. Ab und zu erhalten die GPK Mandate von den eidgenössischen Räten oder von anderen parlamentarischen Kommissionen. Die Arbeitsplanung wird regelmässig aktualisiert, um auch im Laufe des Jahres auftauchende, unvorhergesehene Bedürfnisse abzudecken.

2.1.3

Informationsrechte und Vertraulichkeit der Arbeiten

Für die Wahrnehmung ihrer Oberaufsichtsaufgabe verfügen die GPK über weitreichende Auskunftsrechte (Art. 150 und 153 ParlG), die mit der Änderung des ParlG vom 17. Juni 2011 verstärkt und präzisiert wurden.6 Die Kommissionen haben insbesondere das Recht, alle amtierenden und ehemaligen Behördenvertreter, Mitarbeitenden von Dienststellen sowie Vertreter von übrigen Trägern von Bundesaufgaben direkt zu befragen, und sie können von diesen alle zweckdienlichen Auskünfte verlangen. Sie haben zudem die Möglichkeit, auskunftspflichtige Personen vorzuladen und nötigenfalls vorführen zu lassen. Die Kommissionen bestimmen selbst, welche Personen der beaufsichtigten Einheiten sie anhören wollen ­ mit der einzigen Auflage, die vorgesetzte Behörde (Bundesrat, eidgenössische Gerichte, AB-BA) vorgängig zu informieren. Sie sind somit auch nicht an den Dienstweg der Verwaltung oder der Gerichte gebunden. Die vorgesetzten Behörden können verlangen, sich vor der Anhörung eines ihrer Unterstellten gegenüber den GPK äussern zu können (Art. 153 Abs. 5 ParlG und Art. 162 Abs. 1 Bst. c und Abs. 5 ParlG). Das Amtsgeheimnis findet bei Anhörungen von Bediensteten des Bundes durch die GPK keine Anwendung. Es kann deshalb durch die angehörten Personen nicht vorgebracht werden, um eine Aussage vor den GPK zu verweigern. Die GPK sind ausserdem berechtigt, sämtliche Dienststellen des Bundes mit oder ohne Vorankündigung zu besuchen.

Bei den Informationsrechten der GPK gibt es nur zwei Einschränkungen: Erstens haben die GPK keinen Anspruch auf Einsichtnahme in Protokolle der Bundesratssitzungen. Zweitens sind die GPK nicht berechtigt, Informationen zu verlangen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste oder aus anderen Gründen geheim zu halten sind (Art. 153 Abs. 6 ParlG).

Ist in einem konkreten Fall die Tragweite und die Ausübung der Informationsrechte der GPK oder der GPDel strittig, so sieht das ParlG eine klare Regelung vor: «Sie entscheiden endgültig über die Ausübung ihrer Informationsrechte.» (Art. 153 Abs. 6 erster Satz ParlG). Der Bundesrat kann in solchen Fällen die GPK zwar im Sinne von Artikel 153 Absatz 5 ParlG darauf aufmerksam machen, dass nach seiner Beurteilung das Informationsbegehren unter eine der beiden erwähnten Ausnahmekategorien fällt, und die GPK haben selbstredend die Pflicht,
die Einwände des Bundesrates zu prüfen. Danach entscheiden sie jedoch abschliessend über die Tragweite und die Ausübung ihrer Informationsrechte, und dieser Entscheid ist auch für den Bundesrat verbindlich. Diese abschliessende Entscheidungskompetenz der 6

ParlG: Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen (AS 2011 4537); s. auch Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel vom 27. Jan. 2012 (BBl 2012 6797).

3526

Aufsichtskommissionen gewährleistet, dass nicht die Exekutive als kontrolliertes Organ, sondern die GPK als das kontrollierende Organ über die Tragweite und Ausübung der Informationsrechte im Einzelfall bestimmen. Wird vom Bundesrat geltend gemacht, das verlangte Dokument falle in die Kategorie des Staatsschutzes, ziehen die GPK die GPDel bei, um über diese Frage zu befinden.

Die beiden erwähnten Vorbehalte bei den Informationsrechten der GPK gelten nicht für die GPDel. Diese verfügt gemäss Artikel 169 Absatz 2 BV und Artikel 154 ParlG über uneingeschränkte Informationsrechte gegenüber den ihrer Aufsicht unterworfenen Behörden und Organen. Sie kann nicht nur alle für die Ausübung ihrer Aufgaben notwendigen Informationen verlangen, sondern dazu auch formelle Zeugeneinvernahmen anordnen (Art. 155 ParlG). Weder das Amts- noch das Militärgeheimnis können ihr entgegengehalten werden.

Die weitgehenden Auskunftsrechte der GPK und der GPDel erfordern im Gegenzug eine Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit und einen verantwortungsvollen Umgang mit vertraulichen Informationen. Die GPK sind deshalb gehalten, geeignete Vorkehren für den Geheimnisschutz zu treffen (Art. 150 Abs. 3 ParlG).7 Mit der Änderung des ParlG vom 17. Juni 2011 wurden sie zudem verpflichtet, für ihren Zuständigkeitsbereich Weisungen zum Geheimnisschutz zu erlassen und insbesondere den Zugang zu Mitberichten von Departementsvorsteherinnen und -vorstehern zu Bundesratsgeschäften zu beschränken. Die GPK haben entsprechende Weisungen erlassen, die diesen Zugang restriktiv regeln.8 Die Mitglieder der GPK sind zudem hinsichtlich aller Tatsachen, von denen sie im Rahmen ihres Mandats Kenntnis erhalten, an das Amtsgeheimnis gebunden (Art. 8 ParlG). Verletzungen des Amtsgeheimnisses können mit Disziplinarmassnahmen geahndet (Art. 13 Abs. 2 ParlG) oder strafrechtlich verfolgt werden (Art. 320 StGB9).

Der verantwortungsvolle Umgang mit den weitgehenden Informationsrechten der GPK/GPDel bedeutet u. a., dass nach der Herausgabe der einverlangten Dokumente der Präsident oder die Präsidentin der zuständigen Subkommission oder Arbeitsgruppe im Auftrag der GPK die Unterlagen auf ihre Vertraulichkeit hin überprüft und gegebenenfalls die nötigen Schutzmassnahmen trifft, bevor die ihnen zugrunde liegenden Informationen an die einzelnen Mitglieder
weitergeleitet werden. Dabei kommt den beaufsichtigten Behörden ebenfalls eine gewisse Verantwortung zu: Von ihnen wird erwartet, dass sie die Kommissionen von sich aus vor oder mit der Herausgabe von Unterlagen auf besonders hohe Vertraulichkeit der einverlangten Information aufmerksam machen. Gestützt darauf können danach die GPK oder die GPDel im Rahmen einer Interessenabwägung den kommissionsinternen Zugang zu den einverlangten Dokumenten einschränkend regeln oder unter Umständen sogar auf die Durchsetzung ihrer Informationsrechte einstweilen verzichten.

Die Verpflichtung der GPK zur Vertraulichkeit ist ferner das Gegenstück zu der den Personen im Dienste des Bundes auferlegten Pflicht, vor den Kommissionen voll7

8 9

Von der GPK-N in Auftrag gegebene Gutachten: Giovanni Biaggini, «Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidg. Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, Zürich, 5. Juni 2008» und Niklaus Oberholzer, «Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der eidg. Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht: Gutachten im Auftrag der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 5. Juni 2008».

Weisungen der GPK der eidg. Räte über ihre Massnahmen zum Geheimnisschutz vom 27. Jan. 2012 Schweizerisches Strafgesetzbuch (StGB; SR 311.0)

3527

ständig und wahrheitsgetreu Auskunft zu erteilen. Kommen diese Personen ihrer vollständigen und wahrheitsgetreuen Auskunftspflicht nach, haben sie Anspruch darauf, dass ihnen aus ihren Aussagen vor den Kommissionen keine personalrechtlichen oder anderweitigen Nachteile seitens ihrer vorgesetzten Stelle erwachsen. Aus diesem Grund sind diese Personen auch nicht gehalten, den ausschliesslich ihnen zugestellten Protokollauszug ihrer Anhörung der vorgesetzten Stelle zur Kenntnis zu bringen. Erfahren die GPK oder die GPDel von Druckversuchen seitens der vorgesetzten Stelle, so machen sie diese auf die entsprechende Bestimmung in Artikel 156 Absatz 3 ParlG aufmerksam.

Bei grösseren Untersuchungen streben die GPK die Veröffentlichung der gewonnenen Erkenntnisse zur Geschäftsführung des Bundesrates, der eidgenössischen Gerichte und der Bundesanwaltschaft an. Die betroffenen Behörden erhalten vorgängig zur Publikation die Möglichkeit zur Stellungnahme (Art. 157 ParlG). In der Praxis werden die Feststellungen der Kommissionen in Form eines vorläufigen Berichts den betroffenen Behörden unterbreitet. Diese nehmen grundsätzlich schriftlich Stellung; sie können aber auch um eine mündliche Anhörung ersuchen. Die betroffenen Behörden können in ihrer Stellungnahme ihre eigenen Argumente vorbringen, die Beschreibung der Sachlage korrigieren oder neue Angaben machen.

Die Stellungnahmen werden im Schlussbericht berücksichtigt, soweit sie berechtigt und zutreffend sind. Dieser wird in aller Regel veröffentlicht, sofern keine schutzwürdigen Interessen entgegenstehen (Art. 158 Abs. 3 ParlG). In diesem qualifizierten Verfahren haben die GPK folglich das Recht, Informationen, die bis zu diesem Zeitpunkt dem Amtsgeheimnis unterlagen, zu veröffentlichen. Dabei handelt es sich um ein wichtiges Mittel für eine effektive Oberaufsicht. Die Berichte der GPK werden in aller Regel veröffentlicht.

Die Mittel, über welche die GPK gegenüber den beaufsichtigten Stellen verfügen, sind v. a. politischer Natur. Die Kommissionen teilen ihre Schlussfolgerungen in der Regel in der Form von öffentlichen Berichten oder Briefen an die vorgesetzte politische Behörde mit. Diese enthalten Empfehlungen, zu denen die verantwortlichen Behörden Stellung beziehen müssen. Mit ihrer Arbeit verpflichten die Kommissionen demnach die Behörden, Rechenschaft
über ihre Tätigkeiten (oder Unterlassungen) abzulegen. Dagegen haben die GPK keine Mittel, die beaufsichtigten Behörden zum Handeln zu zwingen, Entscheide aufzuheben bzw. zu ändern oder anstelle der beaufsichtigten Behörde Entscheide zu treffen (Art. 26 Abs. 4 ParlG).

Die GPK müssen allein mit ihren Argumenten überzeugen. Daneben stehen ihnen die parlamentarischen Instrumente zur Verfügung (Einreichung einer Motion, eines Postulats oder einer parlamentarischen Initiative), um eine Gesetzesänderung in die Wege zu leiten.

2.2

Organisation der Arbeiten und Überblick über die behandelten Geschäfte

Wie die übrigen parlamentarischen Kommissionen setzen sich die GPK aus 25 Mitgliedern des Nationalrates und aus 13 Mitgliedern des Ständerates zusammen.

Die Mitglieder werden für eine Dauer von vier Jahren gewählt; das Mandat ist verlängerbar. Die Zusammensetzung der Kommissionen und die Zuteilung der Präsidien und Vize-Präsidien richten sich nach der Stärke der Fraktionen im jeweili-

3528

gen Rat (Art. 43 Abs. 3 ParlG). So weit wie möglich werden ausserdem die Amtssprachen und die Landesgegenden berücksichtigt.

Jede Kommission ist in mehrere ständige Subkommissionen unterteilt (Art. 45 Abs. 2 ParlG; Art. 14 Abs. 3 GRN10 und Art. 11 Abs. 1 GRS11), welche alle Departemente, die Bundeskanzlei (BK), die eidgenössischen Gerichte und die BA abdecken.

Die Bereiche werden wie folgt zugewiesen: Subkommissionen EDA/VBS:

­ Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ­ Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS)

Subkommissionen EJPD/BK:

­ Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) ­ Bundeskanzlei (BK)

Subkommissionen EFD/EVD:

­ Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD) ­ Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (EVD)

Subkommissionen EDI/UVEK:

­ Eidgenössisches Departement des Innern (EDI) ­ Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)

Subkommissionen Gerichte/BA: ­ Bundesgericht (BGer) ­ Militärkassationsgericht (MKG) ­ Bundesstrafgericht (BStGer) ­ Bundesverwaltungsgericht (BVGer) ­ Bundespatentgericht (BPatGer) ­ Bundesanwaltschaft (BA) ­ Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) Die Subkommissionen verfolgen im Auftrag der Plenarkommissionen die Arbeit der ihnen zugeteilten Behörden mit. Sie leisten die eigentliche Untersuchungsarbeit (z. B. Durchführung von Anhörungen, Aufträge für Expertisen, Anfordern von Unterlagen) und erstatten den Plenarkommissionen ­ den Entscheidungsgremien ­ Bericht. Es obliegt den Plenarkommissionen, Beschlüsse zu fassen, Berichte zu genehmigen und zu publizieren sowie den verantwortlichen politischen Behörden Empfehlungen zu unterbreiten (Art. 158 ParlG).

Die GPK können auch Arbeitsgruppen oder ad hoc-Subkommissionen einsetzen, um Themen zu untersuchen, die beispielsweise besondere Fachkenntnisse erfordern.

Im Jahr 2012 waren zwei der drei Arbeitsgruppen, die sowohl aus Mitgliedern der GPK-S wie auch der GPK-N bestehen, aktiv: Eine Arbeitsgruppe führte die Nach10 11

Geschäftsreglement des Nationalrates vom 3. Okt. 2003 (GRN; SR 171.13) Geschäftsreglement des Ständerates vom 20. Juni 2003 (GRS; SR 171.14)

3529

begleitung der Inspektion zum Behördenverhalten bei der Bekämpfung der Finanzkrise/Datenübergabe an die USA durch. Die Arbeitsgruppe zum Risikomanagement der Bundesverwaltung setzt sich mit dem Risikomanagement und dem Risikoreporting an den Bundesrat kritisch auseinander. Sie ist um einen Vertreter der Finanzdelegation der eidgenössischen Räte (FinDel) ergänzt. Die Arbeitsgruppe «Oberaufsicht über die Gerichte», in der auch zwei Vertreter der Finanzkommissionen (FK) Einsitz nehmen, hat im Berichtsjahr keine Aktivitäten durchgeführt.

Im Weiteren setzten die beiden GPK am 27. Januar 2012 die Arbeitsgruppe «SNB» zur Untersuchung der Umstände des Rücktritts des Präsidenten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) ein. Die Arbeitsgruppe wird präsidiert von Ständerat Paul Niederberger; Vize-Präsidentin ist Nationalrätin Corina Eichenberger. Der Arbeitsgruppe gehören sieben Mitglieder der GPK-N und acht Mitglieder der GPK-S an.

Im Weiteren bestimmt jede Kommission aus ihrer Mitte drei Mitglieder, welche die GPDel bilden. Diese befasst sich mit der Überwachung der Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der zivilen und militärischen Nachrichtendienste. Die Delegation verfügt gemäss Verfassung und Gesetz über sehr weitgehende Auskunftsrechte (für weitere Einzelheiten s. Ziff. 4).

Schliesslich bestimmt jede Kommission zwei Mitglieder für die Neat-Aufsichtsdelegation (NAD), die die parlamentarische Oberaufsicht über die Realisierung der neuen Eisenbahn-Alpentransversale (Neat) ausübt. Die NAD umfasst neben den Mitgliedern der GPK vier Mitglieder aus den FK sowie vier Vertreter der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF).

Das Präsidium der GPK-N wurde 2012 durch Nationalrat Ruedi Lustenberger ausgeübt; Nationalrat Rudolf Joder übte das Vize-Präsidium aus. Die GPK-S wurde von Ständerat Paul Niederberger präsidiert; Ständerat Hans Hess übte das VizePräsidium aus. Die namentliche Zusammensetzung der GPK und deren Subkommissionen im Jahr 2012 ist aus der Tabelle 1 zu ersehen.

Das Präsidium der Delegation wurde 2012 von Nationalrat Pierre-François Veillon (Präsident) und Ständerat Paul Niederberger (Vize-Präsident) wahrgenommen.

3530

Tabelle 1 Zusammensetzung der GPK, der Subkommissionen und der GPDel im Berichtsjahr GPK-N (Plenarkommission) Ruedi Lustenberger (Präsident), Max Binder, Thomas Böhni, Jakob Büchler, Andrea Caroni, Corina EichenbergerWalther, Yvette Estermann, Jacqueline Fehr, Yvonne Feri, Andrea Geissbühler, Ida Glanzmann-Hunkeler, Hans Grunder, Alfred Heer, Hugues Hiltpold, Rudolf Joder (Vize-Präsident), Margrit Kessler, Ueli Leuenberger, Valérie Piller Carrard, Maria Roth-Bernasconi, Marianne Streiff, Franziska Teuscher, Andy Tschümperlin, Pierre-François Veillon, Erich von Siebenthal, Lothar Ziörjen

GPK-S (Plenarkommission) Paul Niederberger (Präsident), Isidor Baumann, Joachim Eder, Peter Föhn, Claude Hêche, Hans Hess (VizePräsident), René Imoberdorf, Claude Janiak, Alex Kuprecht, Werner Luginbühl, Martin Schmid, Markus Stadler, Roberto Zanetti

Subkommissionen EDA/VBS Ida Glanzmann-Hunkeler (Präsidentin), Thomas Böhni, Jakob Büchler, Andrea Caroni, Andrea Geissbühler, Alfred Heer, Hugues Hiltpold, Ueli Leuenberger, Valérie Piller Carrard, Andy Tschümperlin, Pierre-François Veillon, Lothar Ziörjen

Claude Janiak (Präsident), Claude Hêche, René Imoberdorf, Alex Kuprecht, Martin Schmid, Markus Stadler

Subkommissionen EJPD/BK Rudolf Joder (Präsident), Max Binder, Yvonne Feri, Andrea Geissbühler, Ida Glanzmann-Hunkeler, Alfred Heer, Hugues Hiltpold, Margrit Kessler, Ueli Leuenberger, Marianne Streiff, Andy Tschümperlin, Lothar Ziörjen

René Imoberdorf (Präsident), Joachim Eder, Peter Föhn, Hans Hess, Claude Janiak, Paul Niederberger

Subkommissionen EFD/EVD Maria Roth-Bernasconi (Präsidentin), Max Binder, Thomas Böhni, Jakob Büchler, Andrea Caroni, Jacqueline Fehr, Andrea Geissbühler, Marianne Streiff, Franziska Teuscher, Andy Tschümperlin, Erich von Siebenthal, Lothar Ziörjen

Markus Stadler (Präsident), Isidor Baumann, Joachim Eder, Peter Föhn, Werner Luginbühl, Roberto Zanetti

3531

Subkommissionen EDI/UVEK Max Binder (Präsident), Yvette Estermann, Jacqueline Fehr, Yvonne Feri, Hans Grunder, Hugues Hiltpold, Margrit Kessler, Ruedi Lustenberger, Valérie Piller Carrard, Franziska Teuscher, Pierre-François Veillon, Erich von Siebenthal

Claude Hêche (Präsident), Joachim Eder, René Imoberdorf, Alex Kuprecht, Martin Schmid, Roberto Zanetti

Subkommissionen Gerichte/BA Hans Hess (Präsident), Isidor Baumann, Corina Eichenberger (Präsidentin), Claude Janiak, Alex Kuprecht, Werner Jakob Büchler, Andrea Caroni, Yvette Estermann, Yvonne Feri, Hans Grunder, Luginbühl, Paul Niederberger Alfred Heer, Rudolf Joder, Margrit Kessler, Ueli Leuenberger, Ruedi Lustenberger, Maria Roth-Bernasconi GPDel Pierre-François Veillon (Präsident), Paul Niederberger (Vize-Präsident), Corina Eichenberger-Walther, Claude Janiak, Alex Kuprecht, Franziska Teuscher NAD (nur GPK-Mitglieder) Isidor Baumann, Jacqueline Fehr, Hans Hess, Ruedi Lustenberger ,

Arbeitsgruppe «SNB»

Paul Niederberger (Präsident), Corina Eichenberger-Walther (Vize-Präsidentin) Max Binder, Peter Föhn, Ida Glanzmann-Hunkeler, Claude Hêche, Hans Hess, René Imoberdorf, Claude Janiak, Rudolf Joder, Werner Luginbühl, Ruedi Lustenberger, Maria Roth-Bernasconi, Markus Stadler, Franziska Teuscher ,

Arbeitsgruppe «Insieme» (nur GPK-Mitglieder)

Paul Niederberger (Präsident), Joachim Eder, Yvonne Feri, Alfred Heer, Hugues Hiltpold, Alex Kuprecht, Ueli Leuenberger, Roberto Zanetti Arbeitsgruppe «Risikoreporting Bundesrat» (nur GPK-Mitglieder) Maria Roth-Bernasconi (Präsidentin), Hans Hess, Rudolf Joder, Ruedi Lustenberger, Paul Niederberger, Markus Stadler Arbeitsgruppe «Oberaufsicht über die Gerichte» (nur GPK-Mitglieder) Hans Hess (Präsident), Corina Eichenberger-Walther

3532

Während des Berichtsjahres traten die GPK zu 16 Plenarsitzungen und 59 Subkommissions- und Arbeitsgruppensitzungen zusammen. Davon waren fünf Termine Dienststellenbesuchen gewidmet. Die GPDel führte 12 Sitzungen durch. Insgesamt fanden 113 Sitzungen statt.

Die GPK erhielten in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsbehörden 33 Aufsichtseingaben, wovon 25 erledigt werden konnten. Im gleichen Zeitraum bearbeiteten die Kommissionen weitere fünf Eingaben, die während des Vorjahres eingereicht worden waren.

Neben den in den Ziffern 3­5 beschriebenen Arbeiten führten die GPK und die GPDel mehrere Besuche bei Behörden und Dienststellen des Bundes durch: EDI

Bundesamt für Statistik (BFS)

EVD

Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO)

EJPD

Bundesamt für Justiz (BJ)

VBS

Logistikbasis der Armee (LBA), Armeelogistikcenter Grolley

Gerichte

Bundesverwaltungsgericht (BVGer) in St. Gallen

3

Ausgewählte Themen der Geschäftsprüfungskommissionen

3.1

Wirtschafts- und Finanzpolitik

3.1.1

Evaluation der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit und deren Wirkungen

Am 21. Oktober 2011 hatte die GPK-N ihren Bericht zur Evaluation der Aufsicht über die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit und deren Wirkungen veröffentlicht.12 Der Bericht enthielt drei Empfehlungen und ein Postulat13, die sich auf die Steuerungsstrategie des Bundesrates, die unterschiedliche Umsetzung der flankierenden Massnahmen, die ungenügende Kommunikation der Bundesbehörden sowie auf rechtliche Lücken bei den Massnahmen selbst bezogen.

Am 18. Januar 2012 verabschiedete der Bundesrat seine Stellungnahme zum Bericht der GPK-N.14 Darin erklärte er sich zwar bereit, die drei Empfehlungen und das Postulat anzunehmen sowie die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, um die Empfehlungen vollständig umsetzen zu können. Gleichzeitig stellte er aber gewisse Erkenntnisse der GPK in Frage. Zudem verwies er darauf, dass beim EVD und beim SECO bereits Massnahmen geplant und zum Teil umgesetzt würden, die in die Richtung der Empfehlungen der GPK-N gingen.

Obwohl ihre Empfehlungen akzeptiert worden waren, konnte sich die GPK-N mit der Antwort des Bundesrates nicht zufrieden geben: Sie war der Ansicht, dass ihren Erkenntnissen damit nicht genügend Rechnung getragen werde. Eine Delegation der GPK-N präsentierte die Resultate ihrer Untersuchung an einer Sitzung der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates (WAK-N), um den Forderungen 12 13 14

BBl 2012 1207 Po «Flankierende Massnahmen zur Personenfreizügigkeit: Prüfung einer gesetzlichen Lösung zwecks Behebung gewisser Rechtsmängel in diesem Bereich» (11.4055) BBl 2012 1255

3533

der GPK-N auf diesem Weg Nachdruck zu verleihen. Die WAK-N befasste sich im Rahmen der Vorarbeiten zum Bundesgesetz über die Anpassung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit ebenfalls intensiv mit diesem Thema.

Am 8. Mai 2012 verabschiedete die GPK-N einen zweiten Bericht zuhanden des Bundesrates15 und betonte darin, dass sie an ihren Forderungen aus dem Bericht vom 21. Oktober 2011 festhalte. Sie kritisierte zunächst, dass sich der Bundesrat in der gesamten Stellungnahme seiner Verantwortung entziehe, indem er seine Kompetenzen systematisch dem EVD und/oder dem SECO übertrage: Der Bundesrat müsse als Kollegium in dieses zentrale Dossier eingebunden werden, damit er ­ falls nötig ­ korrigierend eingreifen könne. Die GPK-N widersprach auch der Kritik des Bundesrates, wonach die wissenschaftlichen Grundlagen der GPK-N unzureichend seien, um verlässliche Aussagen zu den Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf die Löhne zuzulassen.

Im Zusammenhang mit ihrer ersten Empfehlung beharrte die GPK-N darauf, dass die strategische und operative Steuerung auf lückenhaften Daten beruhe, was eine umstrittene Prioritätensetzung des Bundesrates und der Vollzugsbehörden zur Folge habe. Der Bundesrat hat zwar die erste Empfehlung entgegen genommen, aber die Meinung vertreten, dass der Ansatz der strategischen Steuerung im Grundsatz so belassen, jedoch weiterhin regelmässig überprüft werden soll.

Mit ihrer zweiten Empfehlung hatte die GPK-N eine Harmonisierung der Prozesse bei der Umsetzung der flankierenden Massnahmen gefordert. In seiner Stellungnahme betonte der Bundesrat, dass den kantonalen tripartiten Kommissionen bei der Einführung der flankierenden Massnahmen Informationen und Entscheidungshilfen zur Verfügung gestellt worden seien. Die GPK-N wies noch einmal darauf hin, dass diese Massnahme unzureichend oder gewissen Umsetzungsakteuren nicht bekannt zu sein scheine, weshalb hier weiterhin Handlungsbedarf bestehe.

Die GPK-N wiederholte auch ihre dritte Empfehlung, wonach sich der Bundesrat und das SECO bei ihrer Kommunikation zu den Auswirkungen der flankierenden Massnahmen auf verlässliche Daten stützen sollten.

Schliesslich übte sie Kritik an den bundesrätlichen Ausführungen zu ihrem Postulat, das der Nationalrat am 3. Mai 2012 angenommen hatte: Um die Forderungen des Postulats zu
erfüllen, sei der gesetzliche Handlungsbedarf nicht nur im Bereich der Normalarbeitsverträge zu prüfen, sondern auch in Bezug auf die Problematik der Subunternehmerketten.

Am 4. Juli 2012 legte der Bundesrat eine zweite, ausführliche Stellungnahme16 vor und präzisierte darin die geplanten Verbesserungen beim Vollzug der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit. Wie von der GPK-N ausdrücklich gewünscht, präsentierte er diesmal auch einen Zeitplan, gemäss welchem mit der Umsetzung der letzten Massnahmen im Jahr 2014 begonnen werden soll. Die zuständige Subkommission EFD/EVD des Nationalrates führte zudem im August 2012 ein Gespräch mit dem Vorsteher des EVD, das der Klärung verschiedener Fragen und Differenzen diente.

An ihrer Sitzung vom 5. September 2012 zeigte sich die GPK-N mit der Qualität der zweiten Stellungnahme des Bundesrates zufrieden und begrüsste die Massnahmen, 15 16

Stellungnahme der GPK-N vom 8. Mai 2012 zur Stellungnahme des Bundesrates vom 18. Jan. 2012 (BBl 2012 7343) BBl 2012 7353

3534

die dieser aufgrund ihrer Empfehlungen und ihres Postulats zu treffen gedenkt. Sie beschloss, die Inspektion abzuschliessen und die Umsetzung der Empfehlungen in zwei bis drei Jahren im Rahmen einer Nachkontrolle zu überprüfen.

3.1.2

Eingaben zur Untersuchung der FINMA betreffend den Verkauf von Lehman-Brothers-Produkten durch die Credit Suisse

In den letzten Jahren haben die GPK verschiedene Eingaben zur Untersuchung der FINMA betreffend den Verkauf von Lehman-Brothers-Produkten durch die Credit Suisse (CS) erhalten. Neue Informationen wurden den GPK insbesondere im Herbst 2011 zur Kenntnis gebracht. Die Geschäftsprüfungskommission des Ständerates (GPK-S) nahm sich daraufhin dieser Sache an und beauftragte die zuständige Subkommission mit der vertieften Abklärung gewisser Fragen.

Der Umfang der parlamentarischen Oberaufsicht der GPK ist bei der FINMA limitierter als in der zentralen Bundesverwaltung, da es sich bei der FINMA um eine ausgelagerte Einheit mit eigener Rechtspersönlichkeit und gesetzlich garantierter Unabhängigkeit handelt. Die parlamentarische Oberaufsicht beschäftigt sich in der Regel nicht mit den operativen Geschäftstätigkeiten der ausgelagerten Einheiten, sondern konzentriert sich auf die Art und Weise, wie der Bundesrat und die Vertreterinnen und Vertreter des Bundes diese Einheiten verwalten und überwachen.17 Damit die GPK aber in der Lage sind, die Umsetzung des gesetzlichen Auftrags der FINMA umfassend zu beurteilen, kann diese den Kommissionen weitergehende Informationen liefern.

Die zuständige Subkommission EFD/EVD der GPK-S hat im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags und ihrer Kompetenzen die Vorwürfe untersucht, die gegen die FINMA vorgebracht wurden. Diese zeigte sich kooperativ und erteilte der GPK-S die von ihr verlangten Auskünfte.

Die zuständige Subkommission trat in dieser Sache viermal zusammen. Aufgrund der von ihr eingeholten schriftlichen Auskünfte und der Anhörungen mit Vertretern der FINMA gelangte die GPK-S in Bezug auf die untersuchten Vorwürfe zu folgenden Feststellungen: 1) Vorwurf der mangelnden Unabhängigkeit der FINMA und der Bevorzugung der Credit Suisse durch die FINMA gegenüber den Kleinanlegern Im konkreten Fall eröffnete die FINMA ein Verwaltungsverfahren nach Artikel 30 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 200718 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMAG). Sie liess in der Folge eine Untersuchung zuhanden der FINMA durch die CS durchführen und verifizierte die Resultate insbesondere durch Befragungen von CS-Mitarbeitenden. In die Formulierung des Auftrags der FINMA an die CS für ihre interne Untersuchung fanden auch Ausführungen von Anlegern und deren Vertretern (z. B. Anwälte und
Konsumentenschutz) Eingang. Aufgrund der Untersuchungsresultate beschloss der Verwaltungsrat der FINMA auf Antrag der FINMA, das Verfahren einzustellen. Aus der Tatsache, dass die CS durch die FINMA beauftragt wurde, die Untersuchung durchzuführen, kann aus Sicht der 17 18

Botschaft des Bundesrates zum FINMAG vom 1. Feb. 2006 (BBl 2006 2829) SR 956.1

3535

GPK-S nicht geschlossen werden, dass die Unabhängigkeit der FINMA nicht gewahrt wurde. Die FINMA hat insbesondere durch eigene Befragungen von CSMitarbeitenden die mandatierte Untersuchung verifiziert. Ein solches Vorgehen ist gemäss Angaben der FINMA auch bei ausländischen Bankaufsichtsbehörden durchaus üblich: Interne Untersuchungen werden in der Regel entweder von unabhängigen Stellen durchgeführt, von einer internen Revisionsstelle, oder ­ im Auftrag der betroffenen Institution ­ von Anwaltskanzleien, Beratungsunternehmen oder Revisionsgesellschaften.

Die FINMA konnte der GPK-S glaubhaft darlegen, dass sie zwar keine Verletzung des Aufsichtsrechts durch die CS feststellte, jedoch regulatorischen Handlungsbedarf erkannte. Zurzeit erarbeitet das zuständige Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) einen Entwurf zu einem Finanzdienstleistungsgesetz. Die FINMA konnte mit ihrem Positionspapier zu den Vertriebsregeln vom 24. Februar 2012 einen entsprechenden Input geben.19 Aus Sicht der GPK-S hat die FINMA unter Wahrung ihrer gesetzlichen Unabhängigkeit gehandelt.

2) Vorwurf der Verharmlosung der Verstösse der CS gegen ihre Händlerpflichten als nicht systematisches Fehlverhalten Das Verfahren gegen die Credit Suisse ergab, dass aufgrund des Konkurses der Lehman-Gruppe die erkannten Probleme nicht bankspezifisch sind, sondern mit grundlegenden Fragen der Regulierung von strukturierten Produkten zusammenhängen.

Die FINMA konnte kein flächendeckendes und systematisches Fehlverhalten der CS bei Verkäufen von kapitalgeschützten, strukturierten Produkten der Lehman-Gruppe an ihre Retailkunden feststellen. Im Falle des Verfahrens gegen die CS kam die FINMA zum Schluss, dass ­ basierend auf bestehendem Aufsichtsrecht ­ kein Vorwurf wegen schwerer Verletzung von geltendem Aufsichtsrecht gemacht werden konnte. Das Verfahren wurde deshalb eingestellt.

Die entsprechenden Ausführungen der FINMA gegenüber der GPK-S waren für die Kommission plausibel.

3) Vorwurf der Nichtbeachtung der Meinung des Bankenombudsmanns Der Ombudsmann der Schweizer Banken vertritt eine privatrechtliche Stiftung, die von der Schweizer Bankiervereinigung (SBVg) mit dem Ziel gegründet wurde, bei Streitigkeiten zwischen Kunden und Banken mit Geschäftssitz in der Schweiz zu vermitteln. Die Stellungnahmen des Bankenombudsmanns sind deshalb
für die FINMA nicht bindend. Wie der GPK-S bestätigt wurde, hatte die FINMA in dieser Sache mehrere Kontakte mit dem Bankenombudsmann, obschon sie gesetzlich nicht dazu verpflichtet war. Nach Auffassung der Kommission kann deshalb dieser Vorwurf nicht aufrechterhalten werden.

19

Regulierung der Produktion und des Vertriebs von Finanzprodukten, FINMAPositionspapier vom 24. Feb. 2012

3536

4) Vorwurf der ausschliesslichen Berücksichtigung des Kollektivanlagegesetzes (KAG) im Rahmen der Untersuchung, ohne Beachtung weiterer gesetzlicher Grundlagen (Bankengesetz, Börsengesetz, Obligationenrecht usw.)

Die FINMA führte gegenüber der GPK-S aus, dass sie auch nach Börsengesetz (BEHG) aufsichtsrechtliche Untersuchungen durchführte und die Verletzung weiterer Rechtsgrundlagen geprüft hat. Für die Beurteilung des «Falls Lehman» waren für die FINMA in erster Linie aufsichtsrechtliche Bestimmungen wie Gewährsvorschriften des Börsen- und Bankengesetzes, organisatorische Vorgaben gemäss Banken- und Börsengesetz, Verhaltenspflichten nach Artikel 11 BEHG20 sowie Artikel 5 KAG21 relevant. Zur Überprüfung der Einhaltung des Gewährserfordernisses wurde das Verhalten der Bank in Bezug auf die einschlägigen Bestimmungen des Obligationenrechts zur Vermögensverwaltung, Anlageberatung und Kontoführung/Depotvertrag im Lichte der Praxis des Bundesgerichts beurteilt.

Auch bezüglich dieses Vorwurfs kommt die GPK-S zum Schluss, dass die Ausführungen der FINMA glaubhaft sind und der Vorwurf, soweit die Kommission ihn überprüfen konnte, nicht zutrifft.

Abgesehen von den vier oben erwähnten Vorwürfen befasste sich die GPK-S auch mit dem internen Bericht der FINMA vom 10. März 2009, der am 5. November 2011 infolge einer Indiskretion in der Presse erschien.

Am 5. November 2011 veröffentlichte eine Zeitung einen internen Bericht der FINMA vom 10. März 2009 zuhanden ihres Verwaltungsrates.22 Der Inhalt dieses internen Berichts warf einige Fragen auf, da er vom offiziell veröffentlichten Bericht der FINMA vom 2. März 2010 in Teilen abwich.23 Die FINMA führte gegenüber der GPK-S aus, dass der interne Bericht vom 10. März 2009 nicht im Widerspruch zum Schlussbericht stehe, sondern ein Produkt einer früheren Etappe bei der Aufarbeitung des «Falls Lehman» darstelle, das auf einem ersten vorläufigen Wissensstand basiere. Gemäss Angaben der FINMA ist es keineswegs ungewöhnlich, dass sich die Einordnung und die Beurteilung eines Sachverhalts durch die FINMA ­ insbesondere wenn es sich um einen grossen und komplexen Fall handelt ­ im Verlauf einer Untersuchung ändert. Es sei die Praxis der FINMA, dass sie in der Vorabklärungsphase kritisch sei. Im Zweifel werde eher ein Verfahren eröffnet, um einen Fall vertieft und mit
gegenüber den vorangehenden Abklärungen erweitertem Einsatz von Aufsichtsmitteln untersuchen zu können. Dies führe zwangsläufig zu einer verbesserten Kenntnis der relevanten Zusammenhänge und könne entsprechend auch zu einer Modifikation der ursprünglichen Einschätzung führen. Dies war hier der Fall.

Die Kommission liess sich die verschiedenen Abklärungsphasen im konkreten Fall durch die FINMA erläutern und konnte die Argumentation der Bankenaufsicht nachvollziehen.

Aufgrund ihrer Abklärungen kommt die GPK-S zum Schluss, dass die FINMA ihren Auftrag gesetzeskonform erfüllt hat.

20 21 22 23

SR 954.1 SR 951.31 VR-Geschäft, Verkauf strukturierter Produkte i.Z. mit dem Konkurs der Investmentbank Lehman Brothers, Bericht der FINMA vom 10. März 2009 Madoff-Betrug und Vertrieb von Lehman-Produkten: Auswirkungen auf das Anlageberatungs- und Vermögensverwaltungsgeschäft, Bericht der FINMA vom 2. März 2010

3537

Nach Auffassung der Kommission hat die FINMA verschiedene Probleme erkannt und aus dieser Angelegenheit ihre Lehren gezogen. Die GPK-S erachtet es als positiv, dass die Erkenntnisse der FINMA in dieser Angelegenheit zur Ausarbeitung eines Entwurfs zu einem Finanzdienstleistungsgesetz durch das EFD geführt haben.

Angesichts dessen, dass die Abklärungen der GPK-S in ihrem Zuständigkeitsbereich keine Missstände bei der FINMA zutage gebracht haben, hat die Kommission an ihrer Sitzung vom 13. November 2012 beschlossen, diese Angelegenheit abzuschliessen.

3.1.3

Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung»

Am 23. Oktober 2009 veröffentlichte die GPK-N ihren Inspektionsbericht über die Steuerung der Personalpolitik und über die Erreichung der Zielvorgaben des Bundespersonalgesetzes (BPG).24 Der Bundesrat nahm am 21. April 2010 Stellung zu diesem Bericht und zu den sechs darin enthaltenen Empfehlungen der Kommission sowie zur Evaluation der PVK.25 Im Jahr 2011 beschloss die GPK-N nach der Prüfung der Stellungnahme des Bundesrates und angesichts der laufenden Arbeiten und Entwicklungen im Bereich der Bundespersonalpolitik, eine Nachkontrolle durchzuführen. In Rahmen derselben erweiterte die GPK-N ihre Arbeiten um zwei weitere Aspekte: die Vertrauensarbeitszeit (VAZ) und die Berücksichtigung der Interessen des Kaders in der Bundespersonalpolitik. Die Kommission veröffentlichte ihren Nachkontrollbericht26 am 25. November 2011 und formulierte darin sieben neue Empfehlungen an den Bundesrat.

Der Bundesrat veröffentlichte seine Stellungnahme27 zum Nachkontrollbericht der GPK-N am 22. Februar 2012. In ihrem Bericht vom 19. Juni 201228 zur Stellungnahme des Bundesrates begrüsste die Kommission die Anstrengungen, die dieser nach der Inspektion vom Oktober 2009 im personalpolitischen Bereich unternommen hatte. Allerdings war sie mit den erhaltenen Antworten noch nicht vollständig zufrieden, weshalb sie fünf parlamentarische Vorstösse einreichte und der mit der laufenden BPG-Revision29 betrauten Legislativkommission eine Gesetzesänderung beantragte.

24

25

26 27

28

29

Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung, Bericht der GPK-N vom 23. Okt. 2009 (BBl 2010 2875); Evaluation der Steuerung der Bundespersonalpolitik, Synthesebericht der PVK zuhanden der GPK-N vom 17. Juni 2009 (Anhang zum Bericht der GPK-N) (BBl 2010 2889).

Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung, Stellungnahme des Bundesrates vom 21. April 2010 zum Bericht der GPK-N vom 23. Okt. 2009 (BBl 2010 2931) Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung», Bericht der GPK-N vom 25. Nov. 2011 (BBl 2012 4121) Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung», Stellungnahme des Bundesrates vom 22. Febr. 2012 zum Bericht der GPK-N vom 25. Nov. 2011 (BBl 2012 4165) Nachkontrolle zur Inspektion «Bundespersonalgesetz: Steuerung der Personalpolitik und Zielerreichung», Stellungnahme der GPK-N vom 19. Juni 2012 zur Stellungnahme des Bundesrates vom 22. Febr. 2012 (BBl 2012 8053) Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (BPG; SR 172.220.1)

3538

Da die Empfehlung 5 vom 23. Oktober 2009 zur «Prozess- und Leistungsanalyse/Stärkung der zentralen Steuerung der Bundespersonalpolitik» nicht umgesetzt worden war, reichte die GPK-N dazu ein Postulat30 und eine Motion31 ein. Mit dem Postulat wurde der Bundesrat beauftragt, anhand einer Prozess- und Leistungsanalyse das Optimierungspotenzial bei den HR-Prozessen in den Departementen festzustellen; mit der Motion wurde er beauftragt, die rechtlichen Grundlagen so zu ändern, dass im Hinblick auf eine zentral gesteuerte Personalpolitik die Stellung des Eidgenössischen Personalamtes (EPA) gestärkt wird.

In ihrer Empfehlung 1 vom 25. November 2011 hatte die GPK-N den Bundesrat unter anderem ersucht, zu prüfen, ob sich das Modell der VAZ nicht auch funktionsanstatt lohnklassenabhängig anwenden lässt. Da die Kommission von den Argumenten des Bundesrates gegen eine Anknüpfung der VAZ an die Funktion nicht überzeugt war und sie eine eingehende Untersuchung dieser Möglichkeit für sinnvoll erachtete, reichte sie ein entsprechendes Postulat32 ein.

Ebenfalls im Zusammenhang mit der VAZ hatte die GPK-N den Bundesrat in ihrer Empfehlung 2 vom 25. November 2011 ersucht, ihr aufzuzeigen, wie er in Bereichen, wo die Arbeitsbelastung wesentlich zunimmt, ohne Angaben über die geleistete Arbeitszeit ein adäquates Ressourcenmanagement betreiben kann. Da die Ausführungen des Bundesrates die GPK-N auch hier nicht überzeugten, beauftragte sie ihn mit einem Postulat,33 in einem Bericht darzulegen, wie er das Ressourcenmanagement der Verwaltung im Personalbereich handhabt, unter Berücksichtigung der Arbeitsstunden, welche die Personen mit VAZ erbringen.

Des Weiteren hatte die GPK-N in ihrer Empfehlung 5 vom 25. November 2011 den Bundesrat ersucht, ein Kontrollkonzept zu erarbeiten, mit dem sich die Einhaltung der Arbeitszeiten gewährleisten lässt. Der Bund als Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, Kontrollsysteme einzurichten, welche die Einhaltung der Arbeitszeitbestimmungen sicherstellen und überprüfbar machen. Angesichts der Bedeutung, die dem Bundesrat als oberstem Führungsorgan der Bundesverwaltung zukommt, ist es in den Augen der Kommission unabdingbar, dass er diese Pflicht angemessen erfüllt.

Sie hat deshalb eine Motion34 eingereicht, die den Bundesrat beauftragt, ein adäquates Kontrollkonzept auszuarbeiten
und einzuführen.

Die Empfehlung 4 vom 25. November 2011, in welcher die GPK-N den Bundesrat u. a. eingeladen hatte, die Verwirkungsfristen der Ferien- bzw. Ausgleichstage des Bundespersonals an die in der Privatwirtschaft geltenden Bestimmungen des Obligationenrechts (OR)35 anzugleichen, wurde vom Bundesrat abgelehnt. Die Kommission war jedoch der Ansicht, dass mit der in der Bundespersonalverordnung (BPV)36 vorgesehenen Verwirkungsfrist der Arbeitnehmerschutz nicht ausreichend gewähr30 31 32 33 34 35 36

Po GPK-N «Steuerung der Personalpolitik (1). Verteilung der Aufgaben im Personalbereich des Bundes und der Departemente» vom 19. Juni 2012 (12.3644) Mo GPK-N «Steuerung der Personalpolitik (1). Stärkung des EPA im Hinblick auf eine zentral gesteuerte Personalpolitik» vom 19. Juni 2012 (12.3647) Po GPK-N «Steuerung der Personalpolitik (2). Prüfung einer Anknüpfung des Vertrauensarbeitszeitmodells an die Funktion» vom 19. Juni 2012 (12.3645) Po GPK-N «Steuerung der Personalpolitik (3). Prüfung des Ressourcenmanagements im Personalbereich» vom 19. Juni 2012 (12.3646) Mo GPK-N «Steuerung der Personalpolitik (2). Einführung eines Kontrollkonzepts zur Vertrauensarbeitszeit» vom 19. Juni 2012 (12.3648) Bundesgesetz betreffend die Ergänzung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Fünfter Teil: Obligationenrecht) (OR; SR 220) Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3)

3539

leistet ist und zudem jenen Fällen nicht genügend Rechnung getragen wird, in denen die Angestellten wegen über längere Zeit anhaltender hoher Arbeitsbelastung vor Ablauf der Verwirkungsfrist keine Ausgleichstage beziehen können. Die GPK-N beantragte deshalb bei der für die laufende Revision des BPG zuständigen Staatspolitischen Kommission des Nationalrates (SPK-N) eine entsprechende Gesetzesänderung. Die SPK-N hat beschlossen, den Antrag der GPK-N nicht eins zu eins zu übernehmen, hat ihn jedoch bei der Formulierung ihrer eigenen Anträge berücksichtigt.

Der Nationalrat hat die fünf von der GPK-N eingereichten Vorstösse in der Herbstsession 2012 geprüft und angenommen. Die GPK-N hat deshalb am 16. Oktober 2012 beschlossen, ihre Inspektion und ihre Nachkontrolle endgültig abzuschliessen.

Selbstverständlich wird sie die Umsetzung ihrer parlamentarischen Vorstösse verfolgen und bei Bedarf intervenieren. Ausserdem wird sie sich im Rahmen ihres parlamentarischen Oberaufsichtsauftrags auch weiterhin regelmässig über die Steuerung der Bundespersonalpolitik informieren, namentlich bei den Anhörungen zum Personalreporting und -controlling, die sie jährlich mit der Vorsteherin des EFD, den Vertretern des EPA sowie den HR-Verantwortlichen der Departemente und der Bundeskanzlei durchführt.

3.1.4

Einsatz von Schweizer Handgranaten im Syrienkonflikt

In einem Pressebeitrag vom 1. Juli 2012 wurde ein Bild von einer Handgranate veröffentlicht, die ein Reporter am 28. Juni 2012 in Syrien gefunden und fotografiert haben soll. An ihrer Sitzung vom 5. September 2012 richtete die GPK-N verschiedene Auskunftsbegehren an den Bundesrat und kam so dem Ersuchen der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK-N) um eine Abklärung in dieser Sache nach. Der Bundesrat hat in einem vertraulichen Bericht vom 10. Oktober 2012 dazu Stellung genommen.

Die GPK-N hat sich an ihren Sitzungen vom 16. Oktober 2012 und vom 9. November 2012 mit dem vertraulichen Bericht des Bundesrates vom 10. Oktober 2012 über den Einsatz von Schweizer Handgranaten im Syrienkonflikt befasst, den sie am 6. September 2012 eingefordert hatte. Die Kommission hatte den Bundesrat insbesondere ersucht, sie über die Abklärungsergebnisse der gemeinsamen Untersuchungskommission der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und der Schweiz zu informieren sowie darüber, in wie vielen Fällen seit 2007 Nichtwiederausfuhrerklärungen verletzt worden sind, was für Massnahmen der Bundesrat gegebenenfalls getroffen und welche Sanktionen er allenfalls ausgesprochen hat.

Die GPK-N hat sich mit dem Bericht des Bundesrates und den darin enthaltenen Erläuterungen zufrieden gezeigt. Wie sie feststellen konnte, hatte der Bundesrat bereits die ersten Hinweise in dieser Angelegenheit sehr ernst genommen und umgehend geeignete Massnahmen ergriffen. Dazu gehörte insbesondere die sofortige Sistierung der Kriegsmaterialausfuhren in den betreffenden Staat und die Einsetzung einer gemeinsamen Untersuchungskommission.

3540

Die GPK-N ist nach Prüfung dieser Ausführungen zum Schluss gekommen, dass der Bundesrat der Empfehlung 3 ihres Berichts vom 7. November 200637 unter den gegebenen Umständen angemessen Rechnung getragen hat. Da nämlich die fraglichen Handgranaten in den Jahren 2003 und 2004 geliefert worden waren, erfolgte die entsprechende Nichtwiederausfuhrerklärung der VAE vor dem Beschluss des Bundesrates vom 10. März 2006, welcher diese Art von Vereinbarungen insofern verschärfte, als insbesondere die Leihe und Schenkung an Drittländer explizit ausgeschlossen und «Post Shipment Inspections» eingeführt wurden. Auch die Schenkung eines Teils des besagten Kriegsmaterials an Jordanien erfolgte vorher, nämlich im Jahr 2004. Vor diesem Beschluss von 2006 schloss eine Nichtwiederausfuhrerklärung die Weitergabe von Kriegsmaterial als Leihe oder Schenkung nicht formell aus und hatten die Schweizer Behörden keine Verifikationsmöglichkeiten vor Ort.

Seit dieser neuen Praxis der Nichtwiederausfuhrerklärungen wurde erst einmal eine solche Vereinbarung von einer ausländischen Regierung verletzt. Dabei ging es um die Schweizer Munition, die 2011 in die Hände der libyschen Opposition gelangt war. Die GPK befassten sich mit diesem Fall bereits im Frühjahr 2012 an ihrer gemeinsamen Sitzung zum Bericht des Bundesrates über die Kriegsmaterialausfuhren 2011.

Im Vergleich zum gesamten Ausfuhrvolumen an Kriegsmaterial seit 2007 (jährlich rund 2500 Bewilligungen) sind die Verletzungen von Nichtwiederausfuhr-Erklärungen äusserst selten. Dies spricht für die von den zuständigen Behörden eingeführte Praxis.

Die GPK-N hat im Übrigen die vom Bundesrat vorgenommene Änderung an der Kriegsmaterialverordnung und die für die nächsten zwei Jahre vorgesehene Verstärkung der Kontrollen vor Ort begrüsst. Mit dieser Anpassung wird der seit dem Beschluss des Bundesrates vom 10. März 2006 geltenden Praxis höhere Verbindlichkeit verliehen.

Vor diesem Hintergrund hat die GPK-N am 9. November 2012 beschlossen, in dieser Angelegenheit keine weiteren Abklärungen mehr vorzunehmen. Sie wird dieser Thematik jedoch im Rahmen der jährlichen Sitzungen zum Bericht des Bundesrates über die Ausfuhr von Kriegsmaterial weiterhin besondere Aufmerksamkeit schenken.

3.2

Soziale Sicherheit und Gesundheit

3.2.1

Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat

Im Januar 2010 beauftragten die GPK die PVK mit einer Evaluation über die strategische politische Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat in den letzten beiden Legislaturperioden (1. Dez. 2003 bis 31. März 2011). Die PVK befasste sich mit der Analyse, der Planung und der allgemeinen Konzeption der verschiedenen Sozialversicherungen und konzentrierte sich dabei hauptsächlich auf Fallstudien zur Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV), zur Invalidenversi37

Vollzug der Kriegsmaterialgesetzgebung: Entscheide des Bundesrates vom 29. Juni 2005 sowie die Wiederausfuhr von Panzerhaubitzen nach Marokko, Bericht der GPK-N vom 7. Nov. 2006 (BBl 2007 2117)

3541

cherung (IV), zur beruflichen Vorsorge (BV) und zur Krankenversicherung (KV).38 Der Bericht der PVK zuhanden der GPK-S wurde am 28. Oktober 2011 verabschiedet.39 Auf der Grundlage dieses Berichts gelangte die GPK-S zu einer grundsätzlich positiven Beurteilung der strategischen Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat. Die GPK-S ist sich bewusst, dass sich die Sozialversicherungen in stetigem Wandel befinden und dass seit dem Abschluss der PVK-Evaluation erneut Veränderungen stattgefunden haben. Sie möchte deshalb ihre Schlussfolgerungen auch nicht als Momentaufnahme, sondern als einen langfristigen Beitrag für eine systematische und einheitliche Weiterentwicklung aller Sozialversicherungen verstanden wissen. In ihrem Bericht vom 30. März 201240 richtete sie fünf Empfehlungen an den Bundesrat zur weiteren Verbesserung der Steuerung der Sozialversicherungen.

Zunächst schlug die GPK-S dem Bundesrat vor, ein übergreifendes Konzept über Instrumente, Organisation und Ressourcen der strategischen Analyse im Sozialversicherungsbereich zu erstellen. Sie empfahl ihm ausserdem, die Datengrundlage und die Forschung in diesem Bereich zu verbessern, vermehrt prospektive Wirkungsanalysen durchzuführen und die wichtigen Akteure, wie die Kantone und Versicherer, noch stärker in die Erarbeitung der strategischen Analyse einzubeziehen.

Hinsichtlich der strategischen Planung lud die Kommission den Bundesrat ein, in allen Bereichen der Sozialversicherungen längerfristige Ziele zu definieren und deren Priorität festzulegen. Zudem empfahl sie, eine explizite, aktualisierte Strategie zur längerfristigen Weiterentwicklung der Gesetzgebung zu definieren und bei der strategischen Planung auch die Ausführungsbestimmungen zu berücksichtigen.

Im Weiteren regte die GPK-S an, dass der Bundesrat im Sinne einer Gesamtübersicht periodisch über die Resultate der strategischen Analyse sowie über die entsprechende strategische Planung im Bereich der Sozialversicherungen informiert. Sie empfahl dem Bundesrat darüber hinaus, seinen Handlungsspielraum zum Erlass von Ausführungsbestimmungen aktiv, systematisch und so umfassend als möglich zu nutzen. Schliesslich forderte die Kommission den Bundesrat dazu auf, ihr mitzuteilen, wie er sich als Kollegium heute bei der strategischen Steuerung der Sozialversicherungen einbringt,
respektive sich in Zukunft einzubringen gedenkt.

Der Bundesrat äusserte sich in seiner Stellungnahme vom 14. September 2012 dahingehend, dass er beabsichtigt, die ihm zur Verfügung stehende Instrumentenpalette zur Steuerung der Sozialversicherungen weiterzuentwickeln und dass er mit der GPK-S einig ist, dass es eine systematische Übersicht zur strategischen Planung braucht. Er ist bestrebt, die bestehenden Mängel zu beheben und die Empfehlungen der GPK-S so rasch als möglich an die Hand zu nehmen.

Die GPK-S begrüsste im Besonderen, dass der Bundesrat das Ziel verfolgt, den nationalen Dialog zu sozial- und gesundheitspolitischen Problemen zu stärken und 38

39 40

Folgende Sozialversicherungsbereiche waren Gegenstand einer Grobanalyse: die Arbeitslosenversicherung (AV), die Erwerbsersatzordnung (EO), die Ergänzungsleistungen zu AHV und IV (EL), die Familienzulagen (FamZ), die Unfallversicherung (UV) und die Militärversicherung (MV).

Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat, Bericht der PVK zuhanden der GPK-S vom 28. Okt. 2011 Steuerung der Sozialversicherungen durch den Bundesrat, Bericht der GPK-S vom 30. März 2012

3542

die Kantone vermehrt in die in diesem Bereich getroffenen Entscheide einzubeziehen. Sie wies den Bundesrat erneut darauf hin, die betroffenen Akteure insbesondere bei der strategischen Analyse noch stärker und systematischer einzubeziehen, also nicht erst im Rahmen von Vernehmlassungen, sondern schon bei der Problemanalyse.

Die Kommission hat dem Bundesrat für seine grundsätzlich positive Stellungnahme gedankt und diesen gebeten, ihr bis Mitte Januar 2013 konkrete Massnahmen zu nennen, welche er aufgrund des erkannten Handlungsbedarfs ergreifen will, mit der zusätzlichen Angabe eines Zeitplans für deren Umsetzung. Die Kommission wird sich somit im nächsten Jahr erneut mit diesem Dossier beschäftigen.

3.2.2

Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie

Der Umgang der Behörden mit der Grippepandemie A (H1N1) führte in der Schweiz wie auch im Ausland zu zahlreichen Kontroversen. Vor diesem Hintergrund beschloss die GPK-S im November 2009, einzelne Aspekte der Organisation der Grippepandemiebekämpfung abzuklären. Sie befasste sich namentlich mit der Organisation der Impfungen, dem Zulassungsverfahren für die Impfstoffe, der Koordination des Bundes mit den europäischen Behörden in Bezug auf die Impfstoffzulassung, der Verteilung der Impfstoffe, der Koordination zwischen Bund und Kantonen sowie mit anderen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Grippepandemiebekämpfung.

Die GPK-S leitete angesichts der Ankündigung des EDI, selbst gewisse Aspekte der Grippepandemiebekämpfung untersuchen zu wollen, keine Paralleluntersuchung ein, erkundigte sich aber regelmässig nach dem Stand der Arbeiten des EDI und forderte mehrmals zusätzliche Informationen an, namentlich über die Überarbeitung des nationalen Pandemieplans, das Krisenhandbuch des Bundesamts für Gesundheit (BAG), die Wirkungen von Tamiflu, die Unabhängigkeit der externen Experten und die Offenlegung von deren Interessenbindungen.

Am 26. Mai 2010 erhielt die GPK-S den im Auftrag des EDI erstellten externen Evaluationsbericht41 sowie eine Antwort vom Bundesrat auf ihre Fragen. In der Folge ersuchte die Kommission den Bundesrat, ihr bis Ende 2010 einen Zusatzbericht vorzulegen, der verschiedene Aspekte der Pandemiebekämpfung vertieft, welchen sie am 3. Dezember 2010 erhielt. In der Sitzung vom 28. März 2011 konnte die zuständige Subkommission zudem ergänzende Fragen mit dem Direktor des BAG und dem Leiter der Abteilung Übertragbare Krankheiten diskutieren.

Um sich ein besseres Bild von den Massnahmen zur Grippepandemiebekämpfung und den im Rahmen der Überarbeitung des nationalen Pandemieplans erzielten Ergebnissen machen zu können, forderte die zuständige Subkommission das EDI auf, ihr einen weiteren Bericht zu unterbreiten. Dieser ging am 28. September 2011

41

Evaluation der H1N1-Impfstrategie der Schweiz, Schlussbericht der Expertengruppe (Prof. Jonathan Van Tam, Prof. Paul-Henri Lambert, Peter Carrasco, Beatrice Tschanz, Dr. Kimmo Leppo) in Zusammenarbeit mit Ernst&Young AG, im Auftrag des Generalsekretariats des EDI, April 2010.

3543

bei der GPK-S ein und enthielt einen Überblick über die Massnahmen, welche seit Herbst 2009 getroffen wurden.42 Auf der Grundlage der verschiedenen vom EDI erhaltenen Informationen veröffentlichte die Kommission am 22. August 2012 ihren Bericht zur Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie.43 Aufgrund des Verzichts auf eine eigene Untersuchung nahm sie nicht Stellung zu den Ergebnissen der Evaluationen oder zum Inhalt der ihr vorliegenden Dokumente, sondern beurteilte lediglich die Massnahmen, welche der Bundesrat und das EDI zur Verbesserung der Grippepandemiebekämpfung getroffen haben.

Die Kommission beurteilt die Massnahmen, welche vom EDI im Hinblick auf die Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie getroffen wurden, insgesamt als positiv. Zudem begrüsst sie, dass die verschiedenen Schlussfolgerungen des EDI bei der Revision des Epidemiengesetzes (EpG) berücksichtigt wurden.44 Im Weiteren ist die GPK-S der Ansicht, dass der Bundesrat die Kontroversen, welche im Zusammenhang mit der Grippepandemie A (H1N1) entstanden waren, ernst nahm und er darum bemüht war, die Fragen, welche diesbezüglich aufgeworfen wurden, zu klären. Der Bundesrat hat die Ergebnisse der verschiedenen Evaluationen analysiert, zu den daraus resultierenden Empfehlungen Stellung genommen und als Konsequenz Verbesserungsmassnahmen eingeleitet, für welche er ebenfalls einen Terminplan für die Umsetzung festlegte.

Die Kommission betonte in ihrem Bericht, dass sie es für wichtig erachte, die in den Kantonen zuständigen Stellen und möglichst viele lokale Fachpersonen und Organisationen in die Verbesserung der Grippepandemiebekämpfung einzubeziehen. Was die Offenlegung der Interessenbindungen externer Experten angeht, lud die GPK-S den Bundesrat in einer Empfehlung dazu ein, das Vorgehen bei der Prüfung der Interessenbindungen von Expertinnen und Experten im BAG zu überprüfen. Ausserdem forderte sie den Bundesrat dazu auf, den internationalen Informationsaustausch betreffend die Grippepandemie H1N1 weiterhin zu gewährleisten.

Die Kommission hat festgestellt, dass diverse Arbeiten im Hinblick auf eine verbesserte Bekämpfung der Grippepandemie noch nicht abgeschlossen sind und deren Ergebnisse erst mittel- bis langfristig beurteilt werden können. Um jedoch eine Zwischenbeurteilung vornehmen zu können, hat sie den Bundesrat
darum gebeten, zu den in ihrem Bericht gemachten Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen. Die Kommission wird sich somit auch im Jahr 2013 mit diesem Dossier beschäftigen.

42 43 44

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012 (BBl 2012 6783) Organisation der Bekämpfung der Grippepandemie, Bericht der GPK-S vom 22. Aug. 2012 Botschaft vom 3. Okt. 2010 zur Revision des Bundesgesetzes über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (BBl 2011 311)

3544

3.2.3

Neufestsetzung der Labortarife; Nachkontrolle und Monitoring

Inspektion Am 28. Januar 2009 genehmigte das EDI die vom BAG revividierte Analyseliste gemäss Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer 1 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG)45 und bestimmte als Inkraftsetzungszeitpunkt den 1. Juli 2009. Aufgrund der durch diese Entscheide bei weiten Teilen der Ärzteschaft ausgelösten Empörung und der Ergebnisse einer kurz zuvor abgeschlossenen Untersuchung der GPK-N im Bereich der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP)46 beschloss die GPK-N, die Rechtmässigkeit und Angemessenheit des Verfahrens bei der Neufestsetzung der Labortarife gemäss KVG zu untersuchen.

Die GPK-N teilte dem Bundesrat am 5. Juni 2009 mit, dass ihrer Ansicht nach das Verfahren bei der Neufestsetzung der Labortarife grundsätzlich korrekt durchgeführt worden war und dass sich die vorgebrachte Kritik weitgehend als unbegründet erwiesen habe.47 Dennoch hatte die Untersuchung gezeigt, dass das Verfahren einige Schwachstellen aufwies, insbesondere was die Kommunikation und die Transparenz des Vorgehens betraf. Deshalb richtete die Kommission sieben Empfehlungen an den Bundesrat, welcher am 21. Oktober 2009 und 20. Januar 2010 zu den Vorbringen der GPK-N Stellung nahm. Die Kommission nahm am 30. März 2010 die Stellungnahmen des Bundesrates zur Kenntnis und beschloss, die Untersuchung vorläufig abzuschliessen.

Im Jahr 2012 führte die GPK-N die Nachkontrolle zu ihrer Evaluation durch. Der Bundesrat informierte die Kommission in seiner Stellungnahme vom 23. Mai 2012 über die Umsetzung der Empfehlungen und die von ihm in der Zwischenzeit getroffenen Massnahmen. Die zuständige Subkommission hatte zusätzlich die Gelegenheit, in ihrer Sitzung vom 3. September 2012 den Generalsekretär des EDI sowie eine Vertreterin des BAG zu dieser Angelegenheit anzuhören.

Mit Schreiben vom 28. September 2012 machte die GPK-N den Bundesrat darauf aufmerksam, dass das EDI seine Entscheidungsgrundlagen spätestens im Zeitpunkt seines Entscheides offenlegen sollte und nicht erst im Zeitpunkt der Inkraftsetzung einer Neuregelung. Ausserdem hielt die Kommission fest, das EDI müsse sicherstellen, dass es über Kritik am BAG informiert wird. Nur so könne das EDI seine Aufgaben, insbesondere eine transparente Kommunikation nach aussen, wahrnehmen.

Ansonsten erachtete die Kommission ihre Empfehlungen als
umgesetzt und sah keinen weiteren Handlungsbedarf im Sinne der Oberaufsicht, weshalb sie beschloss, ihre Arbeiten in dieser Angelegenheit abzuschliessen.

Monitoring Die Inspektion aus dem Jahre 2009 hatte in der Kommission zusätzliche Zweifel darüber geweckt, ob die neuen Tarife im Sinne des KVG betriebswirtschaftlichen Ansprüchen genügen. Deshalb beschloss sie ebenfalls, das vom Bundesrat angekündigte Monitoring in Zukunft eng zu begleiten. An der Sitzung vom 5. September 45 46

47

Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10) Jahresbericht 2008 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 23. Jan. 2009 , Kap. 3.2.8 und Kap. 3.2.6 (BBl 2009 2575, 2598 und 2600), Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Kap. 3.2.1 (BBl 2012, 6783, 6811).

Schreiben der GPK-N an den Bundesrat vom 5. Juni 2009 (BBl 2009 7779)

3545

2011 konnte die zuständige Subkommission mit einer Vertreterin des BAG die bis dahin vorliegenden Ergebnisse des Monitorings diskutieren. Das EDI liess der Kommission den Schlussbericht des BAG zum Monitoring der Analysenliste vom 17. Januar 201248 zusammen mit seiner Stellungahme am 20. März 2012 zukommen. Die Kommission nahm diesen Schlussbericht in ihrer Sitzung vom 23. März 2012 zur Kenntnis.

Die Resultate des Monitorings zeigten u. a., dass von 2008 bis 2010 eine starke Verlagerung der Menge der durchgeführten Analysen von den Praxislaboratorien zu den Spital- und Privatlaboratorien stattfand.49 Bei den Praxislaboratorien war ausserdem ein grosser Umsatzrückgang zu verzeichnen, während bei den Spital- und Privatlaboratorien der Umsatz praktisch gleich blieb.50 Das BAG stellte fest, dass keine wesentlichen Veränderungen in der Laborlandschaft und bei der Behandlungsqualität ersichtlich seien. Das Ziel einer Senkung der Einnahmen um rund 100 Millionen Franken bei gleichbleibenden Mengen von Analysen wurde gemäss EDI erreicht. Da die Einsparungen primär zu Lasten der Praxislaboratorien ging, kündete das EDI an, dass es den Übergangszuschlag zur Entlastung der Grundversorger vorerst bis Ende 2012 weiterführen wolle.

Die Kommission kam aufgrund der ihr vorliegenden Informationen zum Schluss, dass die Auswirkungen der Neufestsetzung der Analysenliste mit Tarif noch nicht abschliessend beurteilt werden können, insbesondere da die Datengrundlagen für die Erhebung des Monitorings nach wie vor ungenügend seien. Sie wandte sich deshalb am 4. April 2012 erneut an das EDI und wiederholte ihr Anliegen, dass das Monitoring dringend weitergeführt werden soll. Mit Schreiben vom 31. Juli 2012 bestätigte das EDI, dass es das begleitende Monitoring weiterführen werde, dass aber die Einzelheiten des Monitorings noch zu bestimmen seien. Im Weiteren informierte das EDI über das Projekt zur Überarbeitung der Analysenliste («transAL») mit welchem die Stabilität und Pflegbarkeit der Analysenliste nach innen optimiert werden soll.

Zur Entlastung der Praxislaboratorien und zur Stärkung der Hausarztmedizin solle im Rahmen dieses Projekts auch neu ein spezielles Kapitel für «schnelle Analysen» in die Analysenliste eingefügt werden. Diese Analysen sollen eine schnelle und effiziente Diagnosenstellung vor Ort und in der
Praxis ermöglichen und werden anders tarifiert. Ab dem 1. September 2012 bis zur Einführung dieses neuen Kapitels (voraussichtlich per 1. Juli 2013) werde der Übergangszuschlag um 10 Prozent auf Franken 1.10 erhöht.

Die zuständige Subkommission konnte in ihrer Sitzung vom 3. September 2012 die bisherigen Resultate und die Weiterführung des Monitorings mit dem Generalsekretär des EDI und einer Vertreterin des BAG besprechen. Am 28. September 2012 wandte sich die Subkommission an den Vorsteher des EDI und teilte diesem mit, dass sie die Weiterführung des Monitorings sehr begrüsse. Sie wiederholte ihre früheren Anliegen, dass eine allfällige Veränderung der Behandlungsqualität und der Versorgungssicherheit der Bevölkerung in das Monitoring integriert werden solle.

Zudem solle sich das EDI im Rahmen seiner Möglichkeiten dafür einsetzen, dass die Datengrundlagen für das Monitoring verbessert werden. Die Kommission hat das

48 49 50

Monitoring Analysenliste, Schlussbericht des BAG vom 17. Jan. 2012 Praxislaboratorien ­7,6%, Spitallaboratorien +26% und Privatlaboratorien +27,1% Umsatzrückgang bei den Praxisloboratorien um 18,5%

3546

EDI darum gebeten, ihr bis Ende Januar 2013 konkretere Informationen zum Monitoring zukommen zu lassen. Sie wird sich danach erneut mit diesem Dossier beschäftigen.

3.2.4

Reserven der Krankenversicherer: Antrag der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates

Anfang Dezember 2010 bat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) die GPK-S, «... zu untersuchen, wie es dazu kam, dass in mehreren Kantonen über Jahre keine kostendeckenden Prämien erhoben worden sind». Die GPK-S verschob die Behandlung des Antrags auf einen späteren Zeitpunkt, um das Resultat der folgenden, damals schon laufenden sowie angekündigten Neuerungen in diesem Bereich abzuwarten: ­

Revision des KVG:51 Teilausgleich von bisher zu viel und zu wenig bezahlten Prämien;

­

Entwurf für ein Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung (KVAG):52 Reservevorschriften für Krankenversicherer;

­

Verordnung des EDI über die Reserven in der sozialen Krankenversicherung (ResV-EDI);53

­

Änderung vom 22. Juni 2012 der Verordnung über die Krankenversicherung (KVV).54

Vor dem Hintergrund dieser Neuerungen zu den risikobasierten Reserven für die Krankenversicherer beriet die GPK-S den Antrag der SGK-S im Februar 2012. Sie kam zum Schluss, der Bundesrat sei sich der Problematik der unterschiedlichen Prämienerhebung in den Kantonen bewusst und habe mit diversen gesetzlichen Änderungen entsprechend reagiert. Die GPK-S beschloss deshalb, keine eigenen Abklärungen mit Bezug auf die Vergangenheit vorzunehmen.

Die GPK-S teilte der SGK-S am 8. Mai 2012 ihren Beschluss mit und wies gleichzeitig darauf hin, gesetzliche Neuerungen seien primär Aufgabe der Legislativkommissionen und grundsätzlich nicht in der Kompetenz der GPK, der die parlamentarische Oberaufsicht obliege. Sie hielt gegenüber der SGK-S aber auch fest, dass sie sich für die neuen Vorschriften interessiere und deshalb den Vorsteher des EDI um weitere Informationen, namentlich über die Berechnungsgrundlage für die Risiken, gebeten habe. Die ausführliche Antwort des Vorstehers des EDI vom 29. Mai 2012 zur Solvenzprüfung durch den KVG-Solvenztest hat die Kommission in der Sitzung vom 13. November 2012 zur Kenntnis genommen, gegenüber dem Vorsteher des EDI verdankt und an die SGK-S zur Kenntnis weitergeleitet.

51 52 53 54

Bundesgesetz vom 18. März 1994 über die Krankenversicherung (SR 832.10); 12.026 ­ Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (Korrektur der zwischen 1996 und 2011 bezahlten Prämien) vom 15. Febr. 2012 (BBl 2012 1923).

Botschaft zum Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über die soziale Krankenversicherung vom 15. Febr. 2012 (BBl 2012 1941) Verordnung des EDI vom 18. Okt. 2011 über die Reserven in der sozialen Krankenversicherung (SR 832.102.15), in Kraft seit 1. Jan. 2012 Verordnung vom 27. Juni 1995 über die Krankenversicherung (SR 832.102), Änderung vom 22. Juni 2011 (AS 2011 3449), in Kraft seit 1. Jan. 2012

3547

Die GPK-S hat ausserdem zur Kenntnis genommen, dass sich die SGK-S als Legislativkommission mit diesen Fragen weiterhin beschäftigt. Sie behält sich offen, die Auswirkungen der einschlägigen Bestimmungen im Auge zu behalten und aktiv zu werden, sollte sie das im Rahmen ihrer Oberaufsicht als nötig erachten. Ansonsten erkannte sie zu diesem Zeitpunkt keinen Handlungsbedarf im Sinne der parlamentarischen Oberaufsicht, weshalb sie das Dossier schloss.

3.3

Internationale Beziehungen und Aussenhandel

3.3.1

Vollzug des Abkommens von Schengen

Die Abkommen vom 26. Oktober 2004 über die Assoziierung der Schweiz an Schengen55 und an Dublin56 sind zusammen mit den zur Umsetzung erforderlichen Änderungen der einschlägigen Bundesgesetze am 17. Dezember 2004 vom Parlament57 und in der Volksabstimmung vom 5. Juni 2005 auch vom Volk gebilligt worden.58 Nach dem erfolgreichen Durchlaufen der Evaluation beschloss der Rat der Europäischen Union (EU) die gestaffelte Inkraftsetzung des Schengen-Besitzstands für die Schweiz auf den 12. Dezember 2008 bzw. ­ was die Umstellung des Grenzkontrollregimes an den Flughäfen anbelangt ­ auf den 29. März 2009. Seither ist die Schweiz in die operationelle Zusammenarbeit von Schengen und Dublin voll eingebunden.

In den Jahren 2005 bis 2009 liess sich die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) im Rahmen eines jährlichen Berichts über den Stand der Umsetzung von Schengen/Dublin in Kenntnis setzen. Nach erfolgter Inkraftsetzung des SchengenBesitzstands für die Schweiz trat sie das Geschäft an die GPK ab, welche sich seit 2010 regelmässig im April auf der Grundlage eines Berichts über die aktuellen Entwicklungen von Schengen/Dublin informieren lassen.

An ihrer Sitzung vom 2. April 2012 stiessen die beiden zuständigen Subkommissionen im Rahmen der Diskussion mit den vollzugsverantwortlichen Stellen der Bundesverwaltung auf mögliche Schwierigkeiten im Vollzug des Abkommens von Schengen und eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf dessen Bedeutung für die innere Sicherheit der Schweiz.

Zur Klärung der aufgeworfenen Fragen wurden der Präsident der kantonalen Polizei- und Justizdirektorenkonferenz (KKJPD) sowie der Chef des Grenzwachtkorps (GWK) angehört und vom Bundesamt für Justiz (BJ) ein Gutachten eingefordert zur Frage, welche einzelstaatlichen Möglichkeiten des Grenzschutzes die Schweiz im Rahmen der geltenden Regeln des Abkommens von Schengen hat.

Die erhaltenen Informationen lassen für die beiden Kommissionen keinen anderen Schluss zu, als dass beim Vollzug des Abkommens von Schengen auf Bundesebene keine Probleme bestehen. Sie beschlossen deshalb, ihre Arbeiten mit einem Schreiben an den Bundesrat abzuschliessen. In Anbetracht der Bedeutung der einzigartigen Doppelfunktion des GWK ­ Durchführung von mobilen Zoll- und Personenkontrol55 56 57

58

3548

SR 0.362.31 SR 0.141.392.68 Bundesbeschluss vom 17. Dez. 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU über die Assoziierung an Schengen und an Dublin, SR 362 BBl 2005 5183

len im Grenzraum an den Schengen-Binnengrenzen (Land- und Luftgrenzen zu anderen Schengen-Staaten) ­ für die innere Sicherheit der Schweiz wird der Bundesrat darin aufgefordert, sich bei Bedarf und allenfalls auch international für dessen Erhalt einzusetzen.

Einzelne Fragen und Aspekte werden im Jahr 2013 im Rahmen anderer oberaufsichtsrechtlichen Tätigkeiten weiter vertieft. So plant z. B. die GPK-S, sich im Rahmen der Nachkontrolle zur «Evaluation der Eidgenössischen Zollverwaltung: Strategische Führung, Aufgaben- und Ressourcenmanagement» vom 12. Oktober 201059 erneut vertieft mit der Ressourcenausstattung des GWK und der sicherheitspolizeilichen Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Kantonen (Stichwort Polizeiaufgabengesetz) zu befassen.

Weiterhin werden sich die Kommissionen im Rahmen der üblichen Informationssitzung im April über den Stand der Entwicklung der Abkommen von Schengen und Dublin informieren lassen. Die beiden Subkommissionen EJPD/BK beschlossen zudem, sich 2013 im Rahmen eines Dienststellenbesuchs ein eigenes Bild der tagtäglichen Arbeit des GWK zu machen.

3.3.2

Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht und 2., 3. und 4. Bericht der Schweiz zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention

Die GPK-N verabschiedete am 7. November 2006 im Anschluss an eine Untersuchung über die Anwendung der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht einen Bericht über den Kinderschutz in diesem Bereich.60 Darin fasste sie die Resultate einer Umfrage bei allen Kantonen zu ihrer Anwendung der Vorbereitungs- und Ausschaffungshaft bei Minderjährigen zusammen und richtete fünf Empfehlungen an den Bundesrat.

In der Empfehlung 1 legte die GPK-N dem Bundesrat nahe, die Ergebnisse ihrer Untersuchung in den Bericht über die Umsetzung des Übereinkommens vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes61 aufzunehmen, welchen der Bundesrat gemäss Artikel 44 dieses Übereinkommens alle fünf Jahre zuhanden des UNO-Kinderrechtsausschusses erstellen muss.

In der Empfehlung 5 hielt die Kommission den Bundesrat dazu an, bei den Kantonen darauf hinzuwirken, dass diese eine aktive Rolle bei der Gewährleistung der Rechtsvertretung übernehmen und gegebenenfalls vormundschaftliche Massnahmen ergreifen, wobei anzustreben ist, dass die Kantone zusammenarbeiten und eine einheitliche Vorgehensweise anwenden, in deren Mittelpunkt das Wohl des Kindes steht.

Der Bundesrat nahm am 16. März 2007 zum Bericht der GPK-N Stellung62 und erklärte sich bereit, Empfehlung 1 umzusetzen und die Umsetzung der Empfeh59 60 61 62

BBl 2011 1911 Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Bericht der GPK-N vom 7. Nov. 2006 (BBl 2007 2521) SR 0.107 Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht, Stellungnahme des Bundesrates vom 16. März 2007 zum Bericht der GPK-N vom 7. Nov. 2006 (BBl 2007 2539)

3549

lung 5 auf der Grundlage noch zu erhebender Daten zu prüfen. Obwohl sie mit den Antworten des Bundesrates nur teilweise zufrieden war, schloss die GPK-N ihre Untersuchung im November 2007 ab und kündigte eine Nachkontrolle zur Umsetzung ihrer Empfehlungen an.63 Am 16. Februar 2010 forderte die GPK-N den Bundesrat im Rahmen ihrer Nachkontrolle zur Empfehlung 1 auf, ihr mitzuteilen, wann er seinen nächsten Bericht zur Umsetzung der Kinderrechtskonvention vorlegen werde, da seit dem ersten vom 9. November 2001 kein weiterer veröffentlicht worden war. Der Bundesrat antwortete am 26. Mai 2010, dass der zweite und dritte Bericht zusammen erstellt worden seien und sich bei den Kantonen in der Vernehmlassung befänden. Gemäss damaligem Zeitplan sollte dieser Bericht Ende 2010 verabschiedet werden.

Auf eine erneute Anfrage der GPK-N vom 21. Oktober 2011 antwortete der Bundesrat am 9. Dezember 2011, dass die Schweiz mit dem UNO-Kinderrechtsausschuss vereinbart habe, diesem den zweiten, dritten und vierten Bericht über die Umsetzung des Übereinkommens bis spätestens 25. September 2012 in konsolidierter Form vorzulegen.

Am 4. Juli 2012 erhielt die GPK-N vom Bundesrat den konsolidierten Bericht über die Umsetzung des Übereinkommens64 sowie eine Stellungnahme, in welcher der Bundesrat darlegte, inwiefern die Erkenntnisse und Empfehlungen aus dem Bericht der GPK-N vom 7. November 2006 in den Bericht eingeflossen waren.

Die GPK-N konnte so zur Kenntnis nehmen, dass die Schweiz ihren internationalen Verpflichtungen in diesem Bereich nun nachgekommen ist. Die für die verspätete Veröffentlichung angeführten Gründe erschienen der Kommission nachvollziehbar.

Dennoch geht sie davon aus, dass der Bericht über die Umsetzung des Übereinkommens künftig im vorgesehenen Fünfjahresrhythmus veröffentlicht wird. Letztlich erachtete sie ihre Empfehlung 1 als umgesetzt.

Ausserdem hatte die GPK-N den Bundesrat am 16. Februar 2010 im Rahmen ihrer Nachkontrolle zur Empfehlung 5 aufgefordert, die Ergänzung von Artikel 15a der Verordnung über den Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen (VVWA)65 um eine Bestimmung zu prüfen, die es erlaubt, Daten über die Rechtsvertretung und allfällige vormundschaftliche Massnahmen zu erheben. In seiner Antwort vom 26. Mai 2010 erklärte sich der Bundesrat bereit, den seit dem
1. Januar 2008 geltenden Artikel 15a VVWA im Sinne der Empfehlung 5 zu ändern.

Dies würde dann den Weg für die Schaffung einer Datenbank frei machen, die bei Bedarf zur Harmonisierung der kantonalen Praxis bezüglich Rechtsvertretung und vormundschaftlicher Massnahmen bei Minderjährigen herangezogen werden könnte.

Ein Vorschlag zur Änderung von Artikel 15a VVWA wurde am 18. April 2012 in die Vernehmlassung geschickt. Die vorgeschlagene Ergänzung der Bestimmung zur Datenerhebung folgt der Empfehlung 5 aus dem Bericht der GPK-N vom 7. November 2006. Die Vernehmlassung endete am 8. August 2012. Die Inkraftsetzung der weitgehend unbestritten gebliebenen Anpassung sollte spätestens Mitte 2013 erfolgen.

63 64 65

Jahresbericht 2007 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 25. Jan. 2008, Kap. 3.7.5 (BBl 2008 5061, 5127) Zweiter, dritter und vierter Bericht der Schweizerischen Regierung zur Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, Bern, 20. Juni 2012 Verordnung vom 11. Aug. 1999 über den Vollzug der Weg- und Ausweisung von ausländischen Personen (SR 142.281)

3550

In Anbetracht der fortgeschrittenen Arbeiten zur Anpassung der VVWA erachtete die GPK-N auch ihre Empfehlung 5 aus ihrem Bericht vom 7. November 2006 als erfüllt. Sie hat den Bundesrat allerdings gebeten, sie darüber zu informieren, sollte er ­ wider Erwarten ­ doch noch von der Anpassung von Artikel 15a VVWA im Sinne der Empfehlung absehen.

Vor diesem Hintergrund hat die GPK-N am 16. Oktober 2012 beschlossen, die Arbeiten zum Kinderschutz im Rahmen der Zwangsmassnahmen im Ausländerrecht abzuschliessen.

3.4

Staat und Verwaltung

3.4.1

Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom

Die SBB, die Post sowie die Swisscom erfüllen seit der Ende der Neunzigerjahre erfolgten Ausgliederung aus der zentralen Bundesverwaltung auch in ihrer neuen Rechtsform öffentliche Aufgaben und sind für den Bund von grosser finanzieller Bedeutung. Der Bund nimmt als Eigentümer und Gewährleister weiterhin Einfluss auf die Aufgabenerfüllung durch diese Unternehmen.

Die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten der zuständigen Organe des Bundes sind rechtlich normiert. Weil die tatsächliche Praxis der Regierung und der Verwaltung bei der Steuerung von SBB, Post und Swisscom jedoch nie einer empirischen Analyse unterzogen worden war, beauftragten die GPK im Januar 2010 die PVK, diese Steuerungspraxis des Bundes zu untersuchen. Die PVK hat im Rahmen dieser Evaluation mit externen Experten zusammengearbeitet.66 Gestützt auf diesen Expertenbericht veröffentlichte die GPK-N am 8. Mai 2012 ihren Bericht zur Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom zuhanden des Bundesrates.67 In ihrem Bericht kommt die GPK-N zum Schluss, dass sich die aktuelle Praxis des Bundes bei der Steuerung dieser drei Unternehmen grundsätzlich bewährt hat, aber dennoch Verbesserungspotenzial besteht. Sie lädt namentlich den Bundesrat dazu ein, die Verantwortungsbereiche des Bundes und der Verwaltungsräte dieser drei Unternehmen klarer zu trennen. So hat der Bund zum Beispiel wiederholt direkt in Entscheide eingegriffen, welche gemäss dem geltenden Recht und den CorporateGovernance-Grundsätzen des Bundesrates in der Verantwortung der Unternehmen liegen. Die GPK fordert den Bundesrat deshalb dazu auf, strenge Voraussetzungen für Abweichungen vom Steuerungsmodell durch konkrete Eingriffe des Bundes zu schaffen.

Die Kommission hat festgestellt, dass in der Praxis die strategischen Ziele oft nicht gewichtet und nicht priorisiert sind. Sie geben damit den Verwaltungsräten keine klare Richtung vor, wie die Prioritäten zu setzen sind bzw. welches Ziel gegebenenfalls auf Kosten eines anderen zurückzustellen ist. Die GPK-N erachtet es in ihrem Bericht deshalb als wichtig, die Kohärenz und Klarheit der strategischen Ziele zu 66 67

Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom, Expertenbericht zuhanden der PVK vom 30. Aug. 2011 Praxis des Bundes bei der Steuerung von Post, SBB und Swisscom, Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012

3551

verbessern, um dadurch sowohl deren Steuerungspotenzial zu erhöhen als auch die Transparenz des staatlichen Handelns zu stärken.

Ein weiteres zentrales Anliegen der GPK-N war es, eine unabhängige Kontrolle der Zielerreichung von SBB, Post und Swisscom zu ermöglichen. Der Bundesrat stützt sich für die Kontrolle der Zielerreichung auf Daten ab, welche ihm die Unternehmen selbst liefern. Die Kontrolle erfolgt derzeit somit hauptsächlich auf Vertrauensbasis.

In den Augen der GPK-N ist es jedoch notwendig, dass die Unternehmensergebnisse auf der Grundlage von Daten beurteilt werden, die unabhängig sind bzw. von unabhängigen Dritten geprüft wurden. Sie fordert den Bundesrat deshalb auf, den Zugriff auf diejenigen Daten der Unternehmen sicherzustellen, welche es zur Kontrolle der Zielerreichung braucht. Sie fordert den Bundesrat im Weiteren dazu auf, darauf hinzuwirken, dass er einen direkten Zugang zu internationalen Vergleichsdaten erhält. Dies, um eine gewisse Unabhängigkeit bei der Zielsetzung wie auch bei der Beurteilung der Zielerreichung sicherstellen zu können.

Der Expertenbericht hatte aufgezeigt, dass zwischen der Verwaltung und den Unternehmen ein kontinuierlicher Austausch besteht, der regelmässige Sitzungen und informelle Gespräche einschliesst (bei den SBB intensiver als bei der Post und der Swisscom). Die Kommission ist der Ansicht, dass der Bund seine Steuerung weitgehend auf die vorgesehenen Steuerungsinstrumente beschränken sollte, damit die Verantwortungen klarer getrennt werden können. Sie lädt den Bundesrat deshalb dazu ein, zu überprüfen, ob der regelmässige, informelle Informationsaustausch zwischen der Verwaltung und den drei Unternehmen Post, SBB und Swisscom systemkonform ist.

Die GPK-N hat den Bundesrat ersucht, zu ihren Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen und ihr aufzuzeigen, auf welche Art und bis wann er ihre Empfehlungen umzusetzen gedenkt. Die Kommission wird sich somit im Jahr 2013 erneut mit diesem Dossier beschäftigen.

3.4.2

ETH-Rat: Probleme bei der Personalführung

Da die GPK-N darauf aufmerksam gemacht worden war, dass seit 2008 bei der Führung des Stabspersonals des Rates der Eidgenössischen Technischen Hochschulen (ETH-Rat) schwerwiegende Probleme bestehen sollen (erhöhte Personalfluktuation, gehäufte Krankheitsabwesenheiten und Beizug externer Unterstützung medizinischer, psychologischer oder juristischer Natur durch verschiedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter), beschloss sie im März 2010, diese Situation zu untersuchen.

Die Kommission kam aufgrund der Abklärungen sowie der Anhörung des ETHRatspräsidenten und des Vorstehers des EDI durch die zuständige Subkommission zum Schluss, dass innerhalb des ETH-Rates tatsächlich ernsthafte Probleme beim Personal bestanden, dass sich der Ratspräsident aber dieser Probleme vollumfänglich bewusst war und dass Verbesserungsmassnahmen in die Wege geleitet wurden.

Die GPK-N empfahl deshalb dem ETH-Rat mit Schreiben vom 12. November 2010, dafür zu sorgen, dass der Veränderungsprozess mit professioneller externer Unterstützung weitergeführt wird und dass für die noch immer akuten Einzelfälle ausgewogene Lösungen gefunden werden. Ausserdem regte die Kommission den ETHRat dazu an, die Stellung und Funktion sowie die Instrumente der Meldestelle des 3552

ETH-Bereichs genau zu überprüfen und allenfalls die entsprechenden Weisungen68 anzupassen. Sie verlangte zudem vom EDI, dass es seine Aufsichtsfunktion wahrnimmt und die Kommission regelmässig über die Umsetzung ihrer Empfehlungen informiert.69 An ihrer Sitzung vom 7. September 2011 prüfte die zuständige Subkommission die Unterlagen, die sie vom EDI und vom ETH-Rat angefordert hatte. Der Präsident des ETH-Rates hielt in seinen Statusberichten fest, dass sich die allgemeine Arbeitsatmosphäre verbesserte und dass weder er noch die Meldestelle Kenntnis von neuen Problemfällen hatten. Sämtliche seinerzeit an den Präsidenten des ETH-Rates herangetragenen Personalfälle waren sozialverträglich gelöst worden. Zudem wurde 2011 eine interne Schulung zum Umgang mit Konfliktsituationen durchgeführt und ein lntranetportal konzipiert, auf welchem allen Stabsmitarbeitenden sämtliche massgebenden Grundsätze, Dokumente und Informationen über die Personalführungsprozesse und -instrumente des Stabs des ETH-Rates zugänglich sind. Schliesslich hatte der Präsident die Stellung, die Funktion und die Instrumente der Meldestelle überprüft und war zum Schluss gekommen, dass die Weisungen vollständig seien und keiner Anpassung bedürften.

Aufgrund dieser Informationen stellte die Kommission fest, dass sich die Situation im Grossen und Ganzen zwar wesentlich verbessert hatte. Allerdings ging aus dem neuesten Statusbericht des ETH-Rates nicht hervor, inwieweit die einzelnen Empfehlungen umgesetzt und die Instrumente der Meldestelle verbessert worden waren.

Die Subkommission hörte deshalb an ihrer Sitzung vom 19. Oktober 2011 den Präsidenten des ETH-Rates erneut zu dieser Angelegenheit an und erhielt am 2. November 2011 eine weitere Berichterstattung des EDI. Demgemäss war der ETH-Rat nach wie vor der Ansicht, dass die Weisungen betreffend die Meldestelle keiner Präzisierung benötigten. Ausserdem war der Mandatsvertrag mit der Meldestelle abgelaufen und diese Stelle wurde neu besetzt. Unter diesen Umständen beschloss die Kommission im März 2012, vorerst an der Berichterstattung des EDI festzuhalten, wobei sie sich auf die Funktion der Meldestelle und die dementsprechende Anpassung der Weisungen konzentrieren wollte.

Das EDI liess der Kommission am 1. Juni 2012 eine erneute Berichterstattung zukommen, mit der Information,
dass der ETH-Rat per 24. Mai 2012 einer Revision der Weisungen der Meldestelle im Sinne der Empfehlung der GPK-N zugestimmt hatte. Gestützt auf die ihr vorliegenden Unterlagen und nach einer weiteren Anhörung des ETH-Ratspräsidenten am 17. Oktober 2012 durch die zuständige Subkommission kam die Kommission zum Schluss, dass der ETH-Rat ihren Empfehlungen nachgekommen ist. Sie regte das EDI dazu an, seine Aufsicht in diesem Bereich weiterhin wahrzunehmen und die Auswirkungen der diversen getroffenen Massnahmen zu verfolgen. Ausserdem regte die GPK-N den ETH-Rat dazu an, die 2012 erstmals durchgeführte Personalbefragung auch weiterhin regelmässig durchzuführen und dem EDI die Resultate zukommen zu lassen. Ansonsten erkannte die Kommission keinen weiteren Handlungsbedarf im Sinne der Oberaufsicht und beschloss 68

69

«Weisungen betreffend Umgang mit Meldungen von Angehörigen des ETH-Bereichs zu rechtlich und ethisch unkorrektem Verhalten » vom 4. Juli 2006, in der Zwischenzeit revidiert, mit demselben Titel, (Weisungen Meldestelle ETH-Rat) vom 23. Mai 2012, in Kraft seit 1. Juli 2012.

Jahresbericht 2010 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2011, Kap. 3.5.4 (BBl 2011 4045, 4102) und Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Kap. 3.4.7 (BBl 2012 6783, 6830).

3553

deshalb, ihre Arbeiten in dieser Angelegenheit zu beenden und das Dossier zu schliessen.

3.4.3

Reorganisation des Bundesamts für Statistik: Dienststellenbesuch

Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-N führte am 18. Juni 2012 im Rahmen der regulären Oberaufsicht einen Dienststellenbesuch beim Bundesamt für Statistik (BFS) in Neuchâtel durch.

Der Direktor des BFS und einige seiner Mitarbeiter informierten die Subkommission u. a. über die Aufgaben des BFS, über dessen Leitlinien, Herausforderungen, Höhepunkte und Ziele sowie über die Umstrukturierung mit dem Projekt «FUTURO» und die Personalsituation. Die Subkommission hatte ausserdem die Gelegenheit, mit dem Präsidenten der Personalkommission und der Leiterin der Ombudsstelle zu sprechen.

Durch ihren Besuch, der einen guten Eindruck hinterliess, erhielt die Subkommission interessante Informationen über die Tätigkeiten des BFS.

Im Anschluss an den Dienststellenbesuch konnte die Subkommission an ihrer Sitzung vom 3. September 2012 mit dem Generalsekretär und der Personalchefin des EDI einige ergänzende Fragen besprechen. Daraufhin wandte sich die Kommission an den Vorsteher des EDI mit dem Anliegen, dass das EDI seine Aufsicht gegenüber dem BFS weiterhin wahrnehmen und das Amt insbesondere während der Phase der Umstrukturierung eng begleiten solle. Darüber hinaus erkannte die Kommission zu diesem Zeitpunkt keinen Handlungsbedarf im Sinne der Oberaufsicht.

3.4.4

Reorganisation des Bundesamts für Migration

Die GPK-N beschloss am 9. September 2011 erneut, die letzte Reorganisation des Bundesamts für Migration (BFM), die am 1. September 2010 in Kraft getreten war, in ihr Jahresprogramm aufzunehmen. Ihre zuständige Subkommission sollte sich nach Vorliegen der Erkenntnisse aus der vom EJPD in Auftrag gegebenen externen Evaluation zum wiederholten Male mit dieser Reorganisation und ihren Auswirkungen insbesondere auf die Personalsituation im BFM befassen.70 Die Evaluation von Prof. Hans A. Wüthrich von der Universität der Bundeswehr München zeigte dann klar auf, dass die Reorganisation des Direktionsbereichs «Asyl und Rückkehr» des BFM gescheitert war. Der per 1. September 2010 abgeschlossene Umbau hatte sich letztlich als übereilt erwiesen, weshalb im für den Vollzug der Asylgesetzgebung zuständigen Direktionsbereich eine neuerliche Reorganisation eingeleitet werden musste. Über eine strategische Agenda (mit realistischen und verbindlichen Produktionszielen sowie einer Klärung offener Fragen bezüglich der Ressourcenzuteilung und des allfälligen zusätzlichen Bedarfs) sollte das Bundesamt

70

Reorganisation des Bundesamtes für Migration und nicht behandelte Asylgesuche von irakischen Staatsangehörigen. BFM im Jahresprogramm der GPK 2012, Medienmitteilung der GPK-N vom 9. Sept. 2011. Vgl. Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012 (BBl 2012 6783).

3554

wieder gut aufgestellt werden, um seine vielseitigen Aufgaben auch im Asylbereich wahrnehmen zu können.71 Aufgrund dieser Ergebnisse beschloss die GPK-N am 8. Mai 2012, keine eigene Untersuchung zu den verschiedenen Anpassungen der Organisationsstruktur, die das BFM in der Vergangenheit vorgenommen hatte, durchzuführen. Sie beauftragte jedoch ihre Subkommission EJPD/BK, die neueste Organisationsentwicklung des BFM im Sinne einer begleitenden Oberaufsicht eng zu verfolgen.72 Die GPK-N wollte zudem eingehend prüfen, wie das BFM und das EJPD die ausgewiesenen Defizite, die letztlich zur Reorganisation von 2010 geführt hatten (grosse Anzahl von Schnittstellen und Doppelspurigkeiten und damit fehlende Effizienz), und die Mängel, auf welche Prof. Wüthrich in seiner externen Evaluation hingewiesen hat, zu beheben gedenken.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2012 zeigte die Vorsteherin des EJPD der zuständigen Subkommission auf, wie das BFM diesen Prozess führen werde und wie sie das BFM dabei begleiten will. Sie orientierte darüber, dass ­ wie in der externen Evaluation empfohlen ­ zwischen dem BFM und dem EJPD eine strategische Agenda vereinbart worden war, die Zielvorgaben für die Behandlung von Asylgesuchen und für die Organisationsentwicklung enthält. Sie informierte auch über die verschiedenen vom EJPD getroffenen Massnahmen, um die Organisationsentwicklung des BFM eng zu begleiten, und legte ihrem Schreiben die Vereinbarung mit dem BFM sowie den Projektauftrag an das BFM bei.

Die GPK-N nahm Kenntnis von dem vom EJPD angestossenen Entwicklungsprozess und beschloss, diesen insbesondere mithilfe weiterer regelmässiger Anhörungen zu begleiten. Insbesondere lud sie die Vorsteherin des EJPD mit Schreiben vom 16.

Oktober 2012 ein, sie in einer für Frühjahr 2013 vorgesehenen Anhörung detailliert über den Grad der Erreichung der Zielvorgaben der strategischen Agenda und die getroffenen Massnahmen zu orientieren. Ausserdem forderte die Kommission die Vorsteherin des EJPD auf, in Ergänzung zur mündlichen Berichterstattung über die laufende Organisationsentwicklung der Subkommission EJPD/BK monatlich einen schriftlichen Bericht vorzulegen über die Entwicklung der Arbeitsbewältigung im Asylbereich (mit Angabe der Gesuchzahlen, der Anzahl erledigter Fälle, der jeweiligen Verfahrensdauer usw., gesondert nach
Erledigungskategorie).

Seit die GPK-N mit diesem Dossier befasst ist, findet ein regelmässiger Informationsaustausch mit der FinDel statt, da sich diese ebenfalls für die Auswirkungen der letzten Reorganisation des BFM interessiert. Im Sinne einer verstärkten Koordination der parlamentarischen Oberaufsicht hat die GPK-N am 16. Oktober 2012 beschlossen, ihre weiteren Arbeiten auf die Organisationsentwicklung im Direktionsbereich «Asyl und Rückkehr», die Kontrolle der Umsetzung der Empfehlungen von Prof. Wüthrich sowie auf die Zielvorgaben der strategischen Agenda zu fokussieren.

71 72

Wüthrich, Hans A., Reorganisation Bundesamt für Migration. Externe Evaluation, Dez. 2011 Reorganisation des Bundesamtes für Migration. Keine Untersuchung der abgeschlossenen Reorganisationen, aber enge Begleitung der laufenden Organisationsentwicklung, Medienmitteilung der GPK-N vom 11. Mai 2012

3555

3.4.5

Unbehandelte Botschaftsasylgesuche irakischer Staatsangehöriger

Am 31. August 2011 gab der Bundesrat in einer Medienmitteilung bekannt, dass zwischen 2006 und 2008 in den Schweizer Botschaften in Syrien und Ägypten etwa 7000 bis 10 000 Asylgesuche von irakischen Staatsangehörigen eingegangen waren, die das BFM in der Folge während mehrerer Jahre nicht behandelt hatte. Das EJPD habe nun eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben, die aufzeigen solle, ob durch dieses Vorgehen Recht verletzt worden sei und welche Lehren zu ziehen seien.

Die GPK-N beschloss im September 2011, den Bundesrat um die Zustellung der Ergebnisse dieser externen Untersuchung zu bitten, um gestützt darauf über einen allfälligen Handlungsbedarf für die Oberaufsicht befinden zu können.

Den externen Untersuchungsbericht, erstellt durch alt Bundesrichter Michel Féraud,73 erhielt die GPK-N im Januar 2012 kommentarlos zugestellt. Der Verfasser kam darin zum Schluss, dass das BFM mit der Sonderregelung vom 20. November 2006, wonach diese Asylgesuche nicht zu behandeln seien, Verfahrensvorschriften der Asylgesetzgebung und Verfahrensgarantien der Bundesverfassung (BV)74 verletzt habe. Indem die nachmalige Vorsteherin des EJPD nicht über diese Sonderregelung orientiert wurde, habe das BFM zudem seine Informationspflicht verletzt.

Gemäss alt Bundesrichter Féraud müssten aber ­ insbesondere aufgrund des Zeitablaufs ­ keine arbeits- oder strafrechtlichen Massnahmen eingeleitet werden.

In seiner Medienmitteilung vom 11. Januar 2012 äusserte sich der Bundesrat zu dieser Beurteilung nicht und identifizierte ­ entgegen seiner Ankündigung ­ auch keine Lehren für die Zukunft. Er beschränkte sich darauf, die in der Botschaft vom 26. Mai 2010 zur Änderung des Asylgesetzes (AsylG)75 beantragte Aufhebung der Möglichkeit, auf schweizerischen Vertretungen Asylgesuche einzureichen,76 als sinnvolle Massnahme zu bezeichnen, da der vorliegende Sachverhalt gezeigt habe, dass das aktuell geltende Recht zu starr sei.

Nach mehrfachem Schriftenwechsel beschloss die GPK-N an ihrer Sitzung vom 16. Oktober 2012, das Dossier abzuschliessen, da in dieser Angelegenheit kein weiterer Handlungsbedarf seitens der Oberaufsicht besteht.

Die Kommission erachtet es aber als eines Rechtsstaates unwürdig, dass es zu einer derartigen, rechtwidrigen Nichtbehandlung von Asylgesuchen hatte kommen können. Deshalb begrüsst sie die vom
EJPD ergriffenen Massnahmen (insbesondere sind neu alle Asylgesuche zwingend zu registrieren), um zu verhindern, dass es je wieder zu einer solchen Situation kommen kann.

Die GPK-N ist auch klar der Ansicht, dass mit Artikel 55 AsylG77 die Möglichkeit bestanden hätte, die Behandlung der Asylgesuche ohne Verletzung geltenden Rechts auszusetzen. Sie teilt die Auffassung des externen Experten nicht, wonach die spezi73

74 75 76 77

Bericht über die Asylgesuche irakischer Staatsangehöriger auf den Schweizerischen Vertretungen in Damaskus und Kairo zwischen 2006 und 2008, Michel Féraud, 22. Dez. 2011 SR 101 BBl 2010 4455 Das Parlament schaffte diese Möglichkeit mit Beschluss vom 28. Sept. 2012 mit sofortiger Wirkung ab (AS 2012 5359).

SR 142.31

3556

algesetzliche Notverordnungs- und Notverfügungskompetenz des Bundesrates zu wenig Raum für Flexibilität geboten hätte. Zwar teilt die GPK-N die Auffassung des Bundesrates, dass Artikel 55 AsylG «auf Ausnahmesituationen, die mit den ordentlichen gesetzlichen Massnahmen nicht mehr bewältigt werden können», abzielt, dass «eine solche Ausnahmesituation [...] nicht leichthin angenommen werden» darf und «dass der Bundesrat zuerst Massnahmen unter Anwendung des ordentlichen Asylrechts zu treffen hat».78 Die Kommission ist aber auch klar der Meinung, dass dieser spezialgesetzlichen Notrechtskompetenz des Bundesrates eine über die allgemeinen Notrechtskompetenzen gemäss den Artikeln 184 und 185 BV hinausgehende Bedeutung zukommen muss. Dass der Bundesrat eine Verletzung geltenden Rechts nachträglich damit zu rechtfertigen versucht, dass dieses zu starr sei, hält sie für rechtsstaatlich bedenklich. Sie fordert den Bundesrat deshalb dazu auf, in Zukunft im Bedarfsfall von seinen Kompetenzen Gebrauch zu machen.

3.4.6

Anhörungs- und Vernehmlassungspraxis des Bundes

Auf der Basis einer Evaluation der PVK79 richtete die GPK-N in ihrem Bericht zur Anhörungs- und Vernehmlassungspraxis des Bundes vom 7. September 201180 fünf Empfehlungen an den Bundesrat. Vier davon betrafen das festgestellte Optimierungspotenzial. Die fünfte Empfehlung forderte den Bundesrat dazu auf, zu prüfen, ob es zweckmässig sei, an der mit dem Vernehmlassungsgesetz (VlG)81 im Jahr 2005 eingeführten Unterscheidung zwischen Anhörung und Vernehmlassung festzuhalten. An das Prüfungsergebnis knüpfte die GPK-N weitere Forderungen (Empfehlung 5a bzw. 5b).82 In seiner Stellungnahme vom 15. Februar 201283 erklärte sich der Bundesrat bereit, die Empfehlung 4 anzunehmen, welche für die verfahrensführende Behörde bei Fristverkürzungen eine Begründungspflicht vorsieht. Die Empfehlung 3 und somit die Abschaffung des konferenziellen Verfahrens lehnte er hingegen ab, und auch mit den restlichen Vorschlägen der GPK-N zeigte er sich nur teilweise einverstanden.

Im Zusammenhang mit Empfehlung 5 äusserte der Bundesrat zwar die Absicht, nicht an zwei unterschiedlichen Verfahren festhalten zu wollen. Die daran anknüpfenden Ausführungen vermochten die GPK-N allerdings nicht zu überzeugen.

Die GPK-N beurteilte die Reaktion des Bundesrates auf ihre Begehren als insgesamt unbefriedigend und beschloss deshalb, ihren Forderungen in einer Antwort an den Bundesrat Nachdruck zu verleihen. Am 19. Juni 2012 verabschiedete sie eine entsprechende Stellungnahme.84 Darin verlangte sie bezüglich Empfehlung 1 (Rolle und Kompetenzen der Bundeskanzlei als Koordinationsstelle bei Anhörungs- und Vernehmlassungsverfahren) vom Bundesrat eine ergänzende Stellungnahme. Die 78 79 80 81 82 83 84

Stellungnahme des Bundesrates vom 27. Juni 2012 Bericht der PVK zuhanden der GPK-N vom 9. Juni 2011 (BBl 2012 2361) BBl 2012 2351 Bundesgesetz vom 18. März 2005 über das Vernehmlassungsverfahren (SR 172.061) Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Kap. 3.4.3 (BBl 2012 6783, 6825).

BBl 2012 2409 www.parlament.ch/d/dokumentation/berichte/berichteaufsichtskommissionen/geschaeftspruefungskommission-GPK/berichte2012/Documents/bericht-gpk-n-anhoerung-vernehmlassungspraxis-2012-06-19-d.pdf.

3557

Empfehlungen 2, 3 und 5 wandelte sie in Postulate um und reichte diese im Nationalrat ein. Damit sandte sie ein klares Signal an den Bundesrat aus, sich vertieft mit ihren Anliegen und ihrer Argumentation auseinanderzusetzen.

Mit den drei Postulaten85 forderte die GPK-N den Bundesrat auf, zu prüfen, ­

wie die Transparenz bei der Ergebniskommunikation verbessert werden könne, um so einem legitimen Bedürfnis der Teilnehmenden an Konsultationsverfahren entgegenzukommen;

­

ob das Festhalten am konferenziellen Verfahren wirklich zweckmässig sei, und

­

ob den Zielen von Konsultationen sowie den Flexibilitätsbedürfnissen der verfahrensführenden Behörden mit einem oder zwei verschiedenen Verfahren besser Rechnung getragen werden könne, und welche Auswirkungen ein konsequent vollzogener Systemwechsel zu nur einem Instrument hätte.

Der Bundesrat antwortete auf den Bericht der GPK-N vom 19. Juni 2012 mit Schreiben vom 5. September 2012. Er betonte darin, dass er grossen Wert darauf lege, die Umsetzung der Empfehlungen aus dem GPK-Bericht speditiv voranzutreiben. Zudem beantragte der Bundesrat die Annahme der drei Postulate der GPK-N ­ der Nationalrat stimmte ihnen am 20. September 2012 zu ­ und kündigte an, das teilrevidierte VlG Ende 2012 in die Vernehmlassung zu schicken. Voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2013 werde er die entsprechende Botschaft verabschieden können, welche auch die mit den GPK-Postulaten verlangte Berichterstattung enthalten werde.

In ihrem Brief vom 9. November 2012 zeigte sich die GPK-N zufrieden mit den bundesrätlichen Ausführungen zur Empfehlung 1 und begrüsste, dass er die Postulate zur Annahme empfohlen hatte.

Mit Befremden nahm die GPK-N aber auch zur Kenntnis, dass der Bundesrat mit der Art und den zeitlichen Umständen der Durchführung der Vernehmlassung zum Bundesbeschluss über die Beiträge des Bundes an die Kandidatur zu den Olympischen Winterspielen 2022 erneut für Unmut bei weiten Teilen der «interessierten Kreise» gesorgt hatte.

Deshalb kündigte die Kommission im genannten Schreiben vom 9. November 2012 an, dass sie das Dossier 2013 weiterverfolgen werde. Einerseits sieht sie der in Aussicht gestellten Botschaft mit Interesse entgegen. Andererseits kündigte die GPK-N ihrer Praxis entsprechend eine Nachkontrolle an, im Rahmen derer sie den Stand der Umsetzung ihrer Empfehlungen und die weitere Entwicklung der Anhörungs- und Vernehmlassungspraxis des Bundes insbesondere bezüglich der Erfüllung des Zweckes ihrer Durchführung überprüfen will.

3.4.7

KAV-Modernisierung

Das Kompetenzzentrum für amtliche Veröffentlichungen (KAV) der Bundeskanzlei (BK) ist unter anderem verantwortlich für die Publikation des Bundesblattes (BBl), der Amtlichen Sammlung (AS) und der Systematischen Sammlung des Bundesrechts (SR). Weil das hierfür benutzte Informatiksystem veraltet war, wurde 2007 85

12.3649, 12.3650, 12.3651

3558

ein Dienstleistungsanbieter mit der Erneuerung dieses Systems beauftragt. Ende 2009 brachte die Evaluation des Projektverlaufs bei der BK und beim Dienstleistungsanbieter unterschiedliche Auffassungen über die Projektschwerpunkte und Modalitäten der Auftragsabwicklung zutage. Die Parteien entschieden sich deshalb Anfang 2010 für die vertragliche Projektbeendigung. Die Hälfte des Budgets des Projekts «KAV-Erneuerung» war bis dahin allerdings bereits aufgebraucht.

2010 und 2011 befassten sich die GPK an ihren Sitzungen zum Geschäftsbericht des Bundesrates mit diesem Thema. In diesem Zusammenhang wurde ihnen erklärt, dass ein neues Konzept zur Ersetzung des bestehenden Systems erarbeitet worden sei; dieses Konzept solle im Sommer 2011 publik gemacht werden.86 Die zuständige Subkommission der GPK-S lud die Bundeskanzlerin ein, ihr an der Sitzung vom 29. März 2012 den Stand dieses Projekts näher zu erläutern. Wie die Bundeskanzlerin bei dieser Gelegenheit erklärte, arbeitete die BK an einem neuen Konzept, das darin bestand, das bestehende Informatiksystem über kleinere und mittlere Projekte zu optimieren. In einer zweiten Phase sollte das bestehende System bis 2016 durch ein neues ersetzt werden.

Vor dem Hintergrund dieser Erklärungen zeigte sich die Subkommission in ihrem Schreiben vom 4. Juli 2012 an die BK erstaunt, dass das bestehende, seit langem veraltete Informatiksystem modernisiert und erst in einer zweiten Phase ersetzt werden sollte. Auch wollte die Subkommission wissen, warum das System nicht schon vor 2016 ersetzt werden könne.

In ihrer Antwort vom 19. September 2012 führte die Bundeskanzlerin aus, dass das bestehende System gerade deswegen, weil es fragil und veraltet sei, optimiert bzw.

instandgehalten werden müsse. Die durch die Optimierungsmassnahmen gewonnene Zeit werde für das weitere Vorgehen, die Strategie KAV-Modernisierung, genutzt; dabei werde das bestehende System bis 2016 Schritt für Schritt ersetzt. Die Umsetzung dieser Strategie erfolge über gestaffelte, kleinere und mittlere Projekte. Dazu gehört auch die Revision des Publikationsgesetzes (Gesetzgebungsprojekt «PrimVElec»), über die die Realisierung der «Rechtsverbindlichkeit der elektronischen Publikation» ­ d. h. der Primatwechsel zur elektronischen Publikation ­ erreicht werden soll. Das Projekt «Neuer Internetauftritt
Bundesrecht» wurde bereits Ende 2012 abgeschlossen.87 Gemäss BK müssen für die Modernisierung des KAV-Systems bis ins Jahr 2016 etwa zehn bis zwanzig Projekte umgesetzt werden.

Angesichts dieser Informationen kam die GPK-S an ihrer Sitzung vom 13. November 2012 zum Schluss, dass kein weiterer Handlungsbedarf für die parlamentarische Oberaufsicht besteht. Sie wird sich zu einem späteren Zeitpunkt über den Stand der Arbeiten sowie über die Finanzierung der Modernisierungskosten erkundigen. Die Kommission zeigte sich allerdings erstaunt, dass die BK zum letzteren Punkt bisher keine näheren Informationen geliefert hatte.

86

87

Im Rahmen der Konsultation zum Entwurf des Jahresberichtes teilte die Bundeskanzlei mit, dass das Konzept im Sommer 2011 zwar verabschiedet wurde, dazu aber keine Information der Öffentlichkeit stattgefunden habe.

Im Rahmen der Konsultation zum Entwurf des Jahresberichtes teilte die Bundeskanzlei mit, dass das Projekt ,,Neuer Internetauftritt Bundesrecht" erst Mitte Februar 2013 abgeschlossen werde.

3559

3.4.8

Präventive Rechtskontrolle und internationale Rechtshilfe: Dienststellenbesuch beim Bundesamt für Justiz

Die GPK-S führte am 4. Juli 2012 einen Dienststellenbesuch beim Bundesamt für Justiz (BJ) durch. Die Vertreterinnen und Vertreter des BJ informierten ausführlich über die Organisation, Aufgaben, aktuelle Themen sowie über die personelle und finanzielle Situation ihres Amtes. Auf Wunsch der zuständigen Subkommission EJPD/BK wurden anschliessend die Themenfelder präventive Rechtskontrolle und internationale Rechtshilfe vertieft diskutiert.

­

Präventive Rechtskontrolle: Die Subkommission interessierte sich v. a. für die Bedeutung der juristischen Gutachten bei der Beschlussfassung im Bundesrat und die Rolle des BJ bei Rechtsfragen auf Stufe Bundesrat. 2010 hatten die GPK in ihrem Bericht zur Finanzmarktkrise88 die Empfehlung formuliert, bei wichtigen Rechtsfragen sei durch den Bundesrat systematisch eine fundierte Analyse und Beurteilung beim BJ einzuholen. Bereits in seinem Bericht zur präventiven Rechtskontrolle89 hatte der Bundesrat festgehalten, dass insbesondere bei den Mitberichtsverfahren diesbezüglich Optimierungsbedarf bestehe.

Die Subkommission nahm anlässlich des Dienststellenbesuchs erfreut zur Kenntnis, dass Verbesserungen erzielt worden seien. So soll das BJ grundsätzlich bei allen wichtigen Geschäften einbezogen werden. Diskussionen seien aber noch im Gange in Bezug auf die Frage, wann ein Geschäft als wichtig beurteilt werde. Gerade bei vertraulichen und so genannten grünen Geschäften fände der Einbezug des BJ nicht immer in geeigneter Weise statt. Auch werde das Ausweisen departements- oder bundeskanzleiinterner Differenzen in den Anträgen an den Bundesrat noch nicht einheitlich gehandhabt.

Die GPK-S wird sich denn auch 2013 weiter mit diesem Thema befassen.

­

Internationale Rechtshilfe: Zu diesem Thema hatte die GPK-S im Jahr 2005 das Inspektionsdossier «Probleme der internationalen Rechtshilfe an Russland» eröffnet. Auslöser für die damaligen Arbeiten der GPK-S waren verschiedene Verfahren, in denen Russland die Schweiz um Rechtshilfe gebeten hatte. Das bekannteste betraf Michail Chodorkowski und das Erdölunternehmen Yukos. Im Zentrum stand die Frage, ob die Schweiz mit ihrer Rechtshilfe allenfalls rechtsstaatlich nicht einwandfreies Vorgehen von russischen Behörden unterstützt haben könnte.90 Die GPK-S stellte damals fest, dass die Rechtshilfe nach streng rechtlichen Kriterien erteilt werde, und dass die zuständigen Behörden ­ die BA und das BJ ­ tendenziell an ausgedehnter Rechtshilfe interessiert seien, weil sie sich von einer guten Kooperation Vorteile für die Strafverfolgung in der Schweiz

88

89 90

Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-Kundendaten an die USA, Bericht der GPK-N/S vom 30. Mai 2010 (BBl 2011 3099) Bericht des Bundesrates zur Stärkung der präventiven Rechtskontrolle vom 5. März 2010 (BBl 2010 2187) Jahresbericht 2005 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 20. Jan. 2006, Kap. 3.2.3 (BBl 2006 4293, 4320), und Jahresbericht 2006 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 19. Jan. 2007, Kap. 3.7.5 (BBl 2007 3055, 3144).

3560

erhofften. Für politische Überlegungen gebe es in der Schweizer Praxis wenig Raum und die Zusammenarbeit der verschiedenen an der Rechtshilfe beteiligten Behörden funktioniere gut.

Der damalige Vorsteher des EJPD überzeugte die Subkommission davon, dass die Probleme erkannt und die notwendigen Entwicklungen angestossen worden seien. Angesichts der komplexen, politisch heiklen und wichtigen Materie beschloss die Subkommission allerdings, deren Entwicklung weiterzuverfolgen und insbesondere der Problematik, dass durch die Gewährung von Rechtshilfe berechtigte Interessen verletzt werden könnten, zu einem späteren Zeitpunkt erneut nachzugehen.

Auf der Basis der Aussprache mit den Vertreterinnen und Vertretern des BJ am 4. Juli 2012 kam die GPK-S an ihrer Sitzung vom 22. August 2012 zum Schluss, dass das BJ im Bereich der internationalen Rechtshilfe über die notwendigen Instrumente verfügt und dass folglich kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf besteht. Sie beschloss, das Dossier zu schliessen.

Die GPK-S zeigte sich mit den Ergebnissen des Dienststellenbesuchs zufrieden und nahm zur Kenntnis, dass das BJ im Rahmen seiner Möglichkeiten engagiert und motiviert an seine Aufgaben herangeht.

3.5

Justizwesen und Bundesanwaltschaft

3.5.1

OpenJustitia des Bundesgerichts

Mit dem Projekt «OpenJustitia» stellt das BGer seit September 2011 von ihm entwickelte gerichtsspezifische Software kostenlos für kantonale Gerichte und weitere Interessierte auf einer Open-Source-Plattform zur Verfügung. Im Vorfeld der Lancierung des Projekts hatte die GPK-S aufgrund einer Aufsichtseingabe der Weblaw AG vom BGer Auskünfte zu einer Reihe von Fragen verlangt.

Aufgrund des Berichts des BGer vom 12. August 2011 entschied die GPK-S an ihrer Sitzung vom 22./24. August 2011 mit knapper Mehrheit, der Eingabe keine weitere Folge zu geben, also die Rechtmässigkeit und Angemessenheit des Projekts nicht zu überprüfen. Sie entschied damit, dem BGer bei der Weiterverfolgung des Projekts nicht grundsätzlich im Wege zu stehen.

Aufgrund anhaltender öffentlicher Kritik am Projekt und am Auftreten des BGer als Marktteilnehmer mit IT-Produkten, die durch Steuergelder finanziert wurden, beschloss die GPK-S am 11. Oktober 2011, die Umsetzung des Projekts durch ihre Subkommission Gerichte/BA begleitend überprüfen zu lassen.

Im Berichtsjahr liess sich die zuständige Subkommission durch zwei Berichte des BGer vom 5. April und vom 23. Oktober 2012 über die Umsetzung des Projekts informieren. Unter anderem hatte die Subkommission Auskünfte darüber verlangt, weshalb das BGer seinen 12-seitigen Bericht vom 12. August 2011 an die GPK-S am 8. September 2012 im Internet veröffentlichte. Das BGer machte in seiner Antwort vom 5. April 2012 geltend, es habe dem Ersuchen einer Zeitung um Herausgabe seiner Stellungnahme gestützt auf das Öffentlichkeitspinzip entsprochen, weil diese bereits von der Stellungnahme gewusst habe. Um die Gleichbehandlung der Medien sicherzustellen, habe es darauf die Stellungnahme im Internet aufgeschaltet.

3561

Mit Schreiben vom 13. November 2012 wies die GPK-S das BGer auf die geltende gesetzliche Regelung betreffend die Vertraulichkeit von Unterlagen, die im Rahmen von oberaufsichtsrechtlichen Abklärungen der GPK erstellt werden, hin. Solche Unterlagen unterstehen gemäss dem Öffentlichkeitsgesetz (vgl. Art. 2 BGÖ91) nicht dem Öffentlichkeitsprinzip und können nur mit dem Einverständnis der GPK veröffentlicht werden.

Im Weiteren teilte die GPK-S dem BGer mit, dass ihre zuständige Subkommission die Umsetzung des Projekts OpenJustitia weiterhin begleitend überprüfen werde.

3.5.2

Aufsichtseingabe betreffend eine fristlose Kündigung beim Bundesverwaltungsgericht

Die Subkommissionen Gerichte/BA befassten sich aufgrund einer Aufsichtseingabe mit dem Abgang eines Kadermitarbeiters der administrativen Verwaltung des BVGer. Sie baten zunächst das BGer, als Aufsichtsbehörde dazu Stellung zu nehmen. Das BGer erstattete den Subkommissionen am 14. August 2012 Bericht.

Anlässlich ihres Besuchs beim BVGer am 22. Oktober 2012 besprachen die Subkommissionen Gerichte/BA die Angelegenheit mit der Gerichtsleitung. Sie stellten zum Sachverhalt Folgendes fest: Der Generalsekretär des BVGer hatte ­ in Anwesenheit des Bundesverwaltungsgerichtspräsidenten ­ am 28. Oktober 2011 einem Kadermitarbeiter fristlos gekündigt.

Als Grund gibt das BVGer an, der Kadermitarbeiter habe die Gerichtsleitung und den Generalsekretär wiederholt falsch informiert und bewusst Informationen vorenthalten, insbesondere in Bezug auf seine persönliche Beziehung zu einer ihm direkt unterstellten Mitarbeiterin. Der Kadermitarbeiter erhob am 28. November 2011 Beschwerde gegen die fristlose Kündigung beim BStGer. Am 3. April 2012 einigten sich die Parteien darauf, dass das BVGer die fristlose Kündigung zurücknimmt, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auf den 30. April 2012 aufgelöst und das Verfahren vor BStGer zurückgezogen wird und dass das BVGer dem ehemaligen Kadermitarbeiter überdies eine Abgangsentschädigung in der Höhe eines Jahreslohns (rund 190 000 Franken) ausrichtet. Nach den mündlichen Ausführungen der Gerichtsleitung gegenüber den Subkommissionen Gerichte/BA hat das BVGer eine fristlose Kündigung im vollen Wissen ausgesprochen, dass die Voraussetzungen dafür in einem Gerichtsverfahren nicht ausreichen würden. Das Gericht betrachtete den Entscheid aus unternehmerischer Sicht als erforderlich, um eine sofortige Beruhigung in der betroffenen Abteilung der Administration zu erzielen und das Verfahren zu beschleunigen.

Das BGer erachtet den Fall mit der einvernehmlichen Regelung als erledigt und sieht keinen weiteren Handlungsbedarf.

Die Subkommissionen Gerichte/BA nahmen mit Erstaunen und Befremden davon Kenntnis, dass das BVGer als für die Rechtsprechung im Bundespersonalbereich zuständiges eidgenössisches Gericht in eigener Sache aus taktischen Gründen eine fristlose Kündigung ausgesprochen hatte, ohne dass die rechtlichen Voraussetzungen gegeben waren. Sie gaben gegenüber dem BVGer der Erwartung Ausdruck, dass 91

Bundesgesetz vom 17. Dez. 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (SR 152.3)

3562

dieses seine Personalentscheide stets rechtskonform und im Geiste des Gesetzes trifft. Die Subkommissionen zogen überdies in Zweifel, dass das Vorgehen des BVGer zur Beschleunigung geführt hatte, hätte doch eine ordentliche Kündigung innerhalb der Kündigungsfrist und eine sofortige Freistellung ebenfalls zu einer raschen Beruhigung geführt, ohne dass Kosten von einem Jahresgehalt angefallen wären.

Die Subkommissionen haben dem BVGer diese Feststellungen mit Schreiben vom 22. November 2012 eröffnet und erachten die Aufsichtseingabe damit als abgeschlossen.

3.6

Sicherheit

3.6.1

Teilnahme an Wiederholungskursen unter falschem Namen

Die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) erfuhr Anfang 2011 im Rahmen ihrer Abklärungen zum Fall des sogenannten «Rütli-Bombers»,92 dass ein ausländischer Staatsbürger unter dem Namen eines Schweizer Armeeangehörigen an einem Wiederholungskurs (WK) teilgenommen hatte.

Mit Schreiben vom 24. Februar 2011 ersuchte die GPDel den Vorsteher des VBS, dieser Sache nachzugehen. Dieser übermittelte im Mai 2011 eine vom 21. April 2011 datierte Stellungnahme des Armeechefs.

Wie der Chef der Armee in seiner Stellungnahme darlegte, erfolgt in Armee und Militärverwaltung grundsätzlich keine eigentliche Identifizierung der militärdienstpflichtigen Personen z. B. anhand eines Zivilausweises mit Foto. Es könne zudem vorkommen, dass ein Diensttuender weder dem Kader noch den anderen Armeeangehörigen persönlich bekannt sei, z. B. dann, wenn er seinen Dienst nicht mit seiner Einteilungsformation leiste. Allerdings kündigte der Chef der Armee in dieser Stellungnahme keine konkreten Verbesserungsmassnahmen an.

In seinem Gespräch vom 23. März 2012 mit der GPK-N kündigte er indessen für Fälle, da ein Wehrpflichtiger seinen Wiederholungskurs nicht in seiner Einheit absolviert und deshalb seinen Dienstkameraden und/oder den Kaderangehörigen nicht bekannt ist, als Sofortmassnahme die Prüfung der Identität anhand eines Zivilausweises an.

Als längerfristige Massnahme nannte der Armeechef die Möglichkeit, das Dienstbüchlein durch eine «Kreditkarte» mit Foto zu ersetzen, auf der auch die Daten zur Erwerbsersatzentschädigung gespeichert wären. Diese Massnahme werde allerdings erst geprüft und würde gegebenenfalls erst in einigen Jahren umgesetzt.

Die GPK-N begrüsste diese Massnahmen in ihrem Bericht vom 8. Mai 2012.93 Sie ist der Auffassung, dass die Armee aus Sicherheitsgründen in der Lage sein muss, die Identität der WK-Teilnehmer zumindest bei besonders risikoreichen Konstellationen zu überprüfen. Die GPK-N erwartet deshalb, dass die Armee und das VBS 92 93

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Kap. 4.6 (BBl 2012 6783, 6857) Teilnahme an Wiederholungskursen unter falschem Namen, Bericht der GPK-N vom 8. Mai 2012 (BBl 2012 8111)

3563

die angekündigten Massnahmen nun tatsächlich und innert nützlicher Frist umsetzen. Sie hat beschlossen, die Entwicklung in diesem Bereich aufmerksam zu verfolgen und sich im ersten Semester 2013 über den Stand der Dinge zu erkundigen.

3.6.2

Nachkontrolle zur Untersuchung der Umstände der Ernennung des Armeechefs

Am 28. November 2008 veröffentlichte die GPK-N ihren Bericht über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee.94 Nach Abschluss dieser Untersuchung gab die GPK-N sechs Empfehlungen an den Bundesrat ab. Darin wurde dieser u. a. aufgefordert, das Auswahlverfahren bei den höchsten Führungskräften der Bundesverwaltung zu verbessern (Empfehlung 1), die Mängel bei der Personensicherheitsprüfung (PSP) zu beheben (Empfehlungen 2, 3, 4 und 5) sowie die Rechtslage in Bezug auf die Entrichtung von Abgangsentschädigungen bei einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbindlich zu regeln (Empfehlung 6).

Mit Schreiben vom 7. September 2011 ersuchte die GPK-N den Bundesrat, ihr einen Bericht über die Umsetzung ihrer Empfehlungen vorzulegen und darin Bilanz zu ziehen über die Erfahrungen, die im Bereich der PSP mit der neuen Aufgabenteilung zwischen dem VBS und der Bundeskanzlei (BK)95 gemacht wurden, sowie die Situation im Bereich der Personalressourcen der beiden Fachstellen für PSP darzulegen.

Hauptthema dieser Nachkontrolle ist die Personensicherheitsprüfung. In Bezug auf das Auswahlverfahren bei Funktionen mit höchster Verantwortung (Empfehlung 1) hatte die GPK-N bereits 2009 angekündigt, dass sie im Rahmen ihrer laufenden Inspektion «Wahl des obersten Kaders durch den Bundesrat» (vgl. Kap. 2.3.3 des Jahresberichts 2012 der PVK im Anhang) näher auf dieses Thema eingehen werde.96 Die Empfehlung 6 betreffend die Abgangsentschädigungen wurde ihrerseits mit der am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Änderung von Artikel 78 Absatz 2bis der Bundespersonalverordnung (BPV)97 umgesetzt; diese sieht ausdrücklich vor, dass Entschädigungen auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses im gegenseitigen Einvernehmen ausgerichtet werden können.

Im Laufe des Jahres 2012 beschäftigte sich die Subkommission EDA/VBS an mehreren Sitzungen mit der Situation bei den PSP. Sie behandelte u. a. den Bericht des Bundesrates vom 1. Februar 2012 über die Umsetzung der Empfehlungen der 94 95

96 97

Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee, Bericht der GPK-N vom 28. Nov. 2008 (BBl 2009 3425) Während es zuvor nur eine im VBS angesiedelte Fachstelle für PSP gab, sieht das seit dem 1. April 2011 geltende neue Modell eine zweite Fachstelle PSP in der BK vor. Die neue Fachstelle PSP BK ist zuständig für die Befragungen, die Risikoanalyse und die Verfügungen bei den vom Bundesrat ernannten Topkadern des Bundes. Darüber hinaus ist sie verantwortlich für die erweiterten Sicherheitsprüfungen mit Befragung der Mitarbeitenden der Abteilung Informations- und Objektsicherheit des VBS und der Fachstelle PSP VBS. Die anderen PSP werden von der Fachstelle PSP VBS durchgeführt, welche auch für die PSP der vom Bundesrat ernannten obersten Kader der BK sowie für die PSP der Mitarbeitenden der Fachstelle PSP der BK zuständig ist.

Jahresbericht 2009 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 22. Jan. 2010 (BBl 2010 2734) Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (SR 172.220.111.3)

3564

GPK-N und führte mehrere Anhörungen durch. Im Mittelpunkt ihres Interesses standen insbesondere die Zusammenarbeit zwischen der Fachstelle PSP des VBS und jener der BK, die von der BK einem ehemaligen Bundesrichter in Auftrag gegebene externe Überprüfung der Tätigkeit ihrer Fachstelle PSP,98 sowie die neuen PSP, die seit August 2011 in den Armeerekrutierungszentren durchgeführt werden.

Ausserdem befasste sie sich mit der Frage, ob die gesetzlichen Grundlagen eventuell präzisiert werden müssen.

Die GPK-N wird ihre Schlussfolgerungen voraussichtlich im ersten Semester 2013 vorlegen.

3.6.3

Erwerbsersatzordnung: Unregelmässigkeiten bei der Abrechnung von freiwilligen Militärdienstleistungen

Mit Schreiben vom 16. Februar 2011 wurden die GPK vom Vorsteher des VBS und vom damaligen Vorsteher des EDI darüber in Kenntnis gesetzt, dass Ende Dezember 2010 bei den freiwilligen Militärdienstleistungen Unregelmässigkeiten festgestellt worden waren.

Demnach hatten die systematischen Kontrollen der Zentralen Ausgleichsstelle (ZAS) den Verdacht aufkommen lassen, dass in der militärischen Verwaltung die in der Verordnung über die Militärdienstpflicht (MDV)99 vorgesehene Möglichkeit, freiwillige Dienstleistungen zu absolvieren, teilweise zu grosszügig ausgelegt worden war: Armeeangehörige hatten über längere Zeit freiwilligen Dienst geleistet und wurden dafür über die Erwerbsersatzordnung (EO) entschädigt. Wie das VBS in seiner gleichentags veröffentlichten Medienmitteilung ausführte, entspreche dies aber «nicht der Idee der Erwerbsausfallentschädigung, die vom Verfassungsgeber als Lohnersatz und nicht als Ersatz einer Erwerbstätigkeit eingeführt wurde».100 Die beiden Departemente wiesen darauf hin, dass sie in dieser Sache bereits verschiedene interne Untersuchungen in Gang gesetzt hatten.

Angesichts der Arbeiten, die damals in der Verwaltung bereits im Gange waren, hatte die GPK-S gemäss dem Grundsatz der Subsidiarität der parlamentarischen Oberaufsicht beschlossen, nicht parallel dazu eine eigene Untersuchung durchzuführen, sondern sich regelmässig über den Stand der Arbeiten in der Verwaltung und zum gegebenen Zeitpunkt über die Ergebnisse dieser Untersuchungen informieren zu lassen. Danach sollte unter dem Gesichtspunkt der parlamentarischen Oberaufsicht eine allgemeine Beurteilung der Sachverhalte sowie des Vorgehens der betroffenen Departemente vorgenommen werden.

Im Laufe des vergangenen Jahres hat die Subkommission EDA/VBS insbesondere Kenntnis genommen vom Schlussbericht der Administrativuntersuchung,101 welche der Vorsteher des VBS im Frühling 2011 eingeleitet hatte, und sich in dieser Angelegenheit mit den Vorstehern des VBS und des EDI unterhalten.

98

Externe Überprüfung der Tätigkeit der Fachstelle Personensicherheitsprüfungen Bundeskanzlei, Medienmitteilung der Bundeskanzlei vom 16. Mai 2012 99 Verordnung vom 19. Nov. 2003 über die Militärdienstpflicht (SR 512.21) 100 Unregelmässigkeiten bei der Abrechnung von freiwilligen Dienstleistungen ­ Chef VBS verlangt Aufklärung, Medienmitteilung des VBS vom 16. Febr. 2011 101 Untersuchung freiwillige Dienstleistungen/EO-Zahlungen, Schlussbericht der Administrativuntersuchung vom 27. Nov. 2011

3565

Die GPK-S wird ihre Schlussfolgerungen voraussichtlich im ersten Semester 2013 ziehen.

3.6.4

Jahresbericht fedpol

Die GPK-N hatte sich in der vergangenen Legislatur gefragt, welches Interesse eine Verwaltungseinheit wie das Bundesamt für Polizei (fedpol) an der Veröffentlichung eines eigenen Jahresberichts haben kann bzw. welche Notwendigkeit es dafür gibt.

Um diese Frage beantworten zu können, hatte die Kommission entschieden, sich genauer mit dieser Publikation zu befassen. Die GPK beschlossen deshalb, die Behandlung dieses Berichts in ihr Jahresprogramm 2012 aufzunehmen.

Die mit dieser Aufgabe betraute Subkommission prüfte den fedpol-Jahresbericht 2011102 und hörte den Direktor des Bundesamtes wenige Tage bevor der Bericht der Presse vorgestellt wurde an. Diese Vorgehensweise wurde als sehr zweckdienlich beurteilt, da sie den Kommissionsmitgliedern die Möglichkeit bot, Fragen zu den für die parlamentarische Oberaufsicht besonders relevanten Bereichen zu stellen und zusätzliche Informationen über die Tätigkeit des Bundesamtes zu erhalten. Im Mittelpunkt des Gesprächs mit dem Direktor von fedpol standen die Festlegung der Prioritäten bei der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung (im Nachgang zu den Arbeiten bezüglich EffVor2103), die Finanzierung des Terrorismus, die Effizienz der Strafverfolgungsbehörden in Sachen organisierte Kriminalität (einschliesslich Fragen bezüglich einer Notwendigkeit gesetzlicher Anpassungen) und die Bekämpfung des Menschenhandels und -schmuggels.

Die GPK-N beschloss am 19. Juni 2012 auf Antrag der Subkommission ­ welche die Veröffentlichung eines solchen Berichts als gerechtfertigt erachtet ­, dass die Subkommission den Tätigkeitsbericht von fedpol künftig jedes Jahr prüfen und dann der Plenarkommission ihre Schlussfolgerungen vorlegen sowie gegebenenfalls Anträge stellen wird. Die entsprechende Subkommission der GPK-S hat beschlossen, sich diesen Arbeiten anzuschliessen.

3.6.5

Jahresbericht der Schweizerischen Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK)

Die Schweizerische Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK) ist das Kompetenzzentrum des Bundes in Sachen Cyberkriminalität. Ihre Hauptaufgabe ist es, die Ermittlungstätigkeit der Kantone in Sachen Missbrauch der Informationstechnik zu unterstützen und zu koordinieren. Zu diesem Zweck sammelt sie Hinweise aus der Bevölkerung, aus der Verwaltung und von den Internetdienstanbietern über verdächtige Internetseiten oder -inhalte. Ausserdem führt sie eigene Recherchen durch und erstellt Analysen.

102

Bundesamt für Polizei, Jahresbericht 2011 ­ Kriminalitätsbekämpfung Bund, Bern, Juni 2012 103 Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Kap. 3.5.1 (BBl 2012, 6783, 6834).

3566

KOBIK wurde 2001 auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Kantonen ins Leben gerufen. Unterzeichnet wurde diese vom Präsidenten der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) und von der Vorsteherin des EJPD. Die Koordinationsstelle ist Teil des EJPD und war zunächst direkt der Bundeskriminalpolizei (BKP) und dann dem damaligen Dienst für Analyse und Prävention (DAP) untergeordnet. Da die Aufgaben der Koordinationsstelle allerdings das Strafverfahren und nicht die nachrichtendienstliche Tätigkeit betreffen, wurde sie in der Folge nicht in den aus der Zusammenlegung des DAP und des Strategischen Nachrichtendienstes (SND) entstandenen neuen Nachrichtendienst des Bundes (NDB) integriert, sondern wieder bei der BKP angesiedelt und zwar im Bundesamt für Polizei (fedpol).

Bis 2010, d. h. solange die Koordinationsstelle dem DAP untergeordnet war, oblag die parlamentarische Oberaufsicht über KOBIK der GPDel. Nach der Eingliederung von KOBIK in die BKP und angesichts der Tatsache, dass die untersuchten Delikte (Kinderpornografie, skimming, etc.) grundsätzlich nicht die Staatssicherheit betreffen, stellte die GPDel ihre Zuständigkeit für die Oberaufsicht in Frage.

Im August 2011 erklärte sich die GPDel schliesslich für nicht mehr zuständig und beschloss, sich mit der Cyberkriminalität nur noch im Rahmen der Oberaufsicht über die Nachrichtendienste zu befassen. Gleichzeitig schlug sie vor, eine Subkommission der GPK mit der parlamentarischen Oberaufsicht über KOBIK zu beauftragen.

Die Subkommission EJPD/BK der GPK-S hörte im November 2012 den stellvertretenden Chef der BKP und den Kommissariatsleiter KOBIK an und wurde von diesen über die Arbeit der Koordinationsstelle, ihren Jahresbericht 2011 und die Entwicklung ihrer Tätigkeiten im Jahr 2012 orientiert. Angesichts der Bedeutung der auf diesem Wege erhaltenen Informationen beantragt die Subkommission den GPK, den Jahresbericht von KOBIK regelmässig zu prüfen. Stimmen die Plenarkommissionen diesem Antrag zu, werden die GPK die Prüfung des Jahresberichts von KOBIK an ihrem Seminar im Januar 2013 in ihr Jahresprogramm aufnehmen.

3.6.6

Armeelogistikcenter Grolley: Dienststellenbesuch

Am 10. Oktober 2012 führte die Subkommission EDA/VBS der GPK-N im Rahmen ihrer regulären Oberaufsichtstätigkeit einen Dienststellenbesuch beim Armeelogistikcenter Grolley (ALC-G) durch.

Der Besuch begann mit einer allgemeinen Präsentation der Logistikbasis der Armee (LBA). Im Anschluss daran sprach der Chef der LBA über drei Themengebiete, die für die Subkommission von besonderem Interesse waren. Es handelte sich dabei zum einen um die Situation bei der Überprüfung der Armeewaffendaten sowie beim Vollzug der Waffenrückgabeentscheide und zum anderen um die Personalsituation, namentlich die besonderen Herausforderungen, die das hohe Durchschnittsalter der Mitarbeitenden und die durch den Personalabbau bedingte Auslagerung bestimmter Aufgaben mit sich bringen. Des Weiteren informierte der Verantwortliche der LBA über die Verfügbarkeit und den Zustand des Armeematerials.

Nach der Präsentation des ALC-G, die sich hauptsächlich mit der Organisation, den Aufgaben und der Entwicklung des Centers befasste, hatten die Mitglieder der

3567

Subkommission die Gelegenheit, dessen Räumlichkeiten zu besichtigen. Diese werden derzeit renoviert und modernisiert.

Dieser Dienststellenbesuch ermöglichte einen interessanten Einblick in die Tätigkeiten der LBA und des Armeelogistikcenters Grolley.

3.6.7

Arbeitsmethoden des Inspektorats VBS anhand des Beispiels FIS Heer

Die Subkommission EDA/VBS der GPK-N hatte beschlossen, sich im Rahmen ihres Jahresprogramms 2012 in einem Gespräch mit dem Chef des Inspektorats VBS über die Arbeitsmethoden dieses Inspektorats informieren zu lassen. Das im Jahre 2009 geschaffene Inspektorat VBS ist ein Führungsinstrument und Kontrollorgan des Vorstehers des VBS und diesem direkt unterstellt.

Dieses Gespräch fand am 22. Juni 2012 statt. Nach einer allgemeinen Präsentation des Inspektorats (Organisation, Rechtsgrundlagen, Produkte usw.) wurde die Subkommission insbesondere darüber informiert, wie die Umsetzung der Empfehlungen des Inspektorats überprüft wird.

Bei dieser Präsentation wurde auf Verlangen der Subkommission namentlich der Revisionsbericht des VBS-Inspektorats vom 21. April 2011 zum Führungsinformationssystem Heer (FIS Heer) als Beispiel herangezogen.

Dieses Gespräch ermöglichte einen interessanten Einblick in die Arbeitsmethoden des Inspektorats VBS.

3.7

Umwelt, Verkehr und Infrastruktur

3.7.1

Zweite Nachkontrolle zur Inspektion betreffend die Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN)

Am 3. September 2003 überwies die GPK-N dem Bundesrat ihren Bericht zu den Wirkungen des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN). Die GPK-N hatte darin fünf Empfehlungen zur Verbesserung der Wirksamkeit des BLN auf Bundesebene formuliert.104 Der Bundesrat nahm am 15. Dezember 2003 zum Bericht der GPK-N Stellung und erklärte sich bereit, den Empfehlungen der GPK-N mehrheitlich zu folgen. Er beauftragte das Bundesamt für Umwelt (BAFU) damit, die Empfehlungen innerhalb von sechs bis acht Jahren umzusetzen. Im Rahmen einer ersten Nachkontrolle im Jahr 2006 forderte die GPK-N den Bundesrat auf, sie über die Umsetzung ihrer Empfehlungen aus dem Bericht von 2003 zu informieren. Der damalige Vorsteher des UVEK informierte die Kommission am 11. August 2006 über das Projekt zur Aufwertung des BLN, welches das BAFU im Frühling 2004 ins Leben gerufen hatte und dessen Zielsetzungen weitgehend den Empfehlungen der GPK-N entsprachen. Die 104

Jahresbericht 2002/03 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 23. Jan. 2004 (BBl 2004 1673, 1752)

3568

erste Projektphase der Aufwertung des BLN schreite planmässig voran und solle bis Ende 2007 abgeschlossen sein. Die zweite Projektphase, an der die Kantone sowie direkt Betroffene beteiligt seien, solle ihrerseits 2011 abgeschlossen sein.105 Im Rahmen einer zweiten Nachkontrolle ersuchte die GPK-N den Bundesrat mit Schreiben vom 6. März 2012 darum, sie über den Stand des Projekts zur Aufwertung des BLN zu informieren, namentlich über die Massnahmen zur Erhöhung der Akzeptanz des BLN und zur Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf das BLN (Empfehlungen 3 und 4 der GPK-N). Mit Schreiben vom 25. April 2012 erstattete der Bundesrat der GPK-N Bericht über die Umsetzung der Empfehlungen der GPK-N.

Die GPK-N begrüsst die Massnahmen, welche seit der ersten Nachkontrolle im Jahr 2006 vorgenommen wurden. Sie stellt insbesondere fest, dass die von ihr empfohlene Neuformulierung der Objektbeschreibungen und die Definition von gebietsspezifischen Schutzzielen per Ende 2012 abgeschlossen werden sollen. Die Kommission zeigt sich zufrieden damit, dass die Bundesämter ARE (Bundesamt für Raumentwicklung), ASTRA (Bundesamt für Strassen), BAK (Bundesamt für Kultur) und BAFU eine Empfehlung zur Berücksichtigung der Bundesinventare nach Artikel 5 NHG in der Richt- und Nutzungsplanung erarbeitet haben. Dieser Empfehlung soll bei Arbeiten in verschiedenen Sektorialpolitiken sowie bei der Revision des Gewässerschutzgesetzes Rechnung getragen werden. Ausserdem begrüsst die Kommission, dass der Bund und die Kantone die Frage des Schutzes und der Nutzung der BLNObjekte gemeinsam vertiefen wollen und dass die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich in den kommenden Monaten verstärkt werden soll.

Die GPK-N hat den Bundesrat um die Zustellung der Empfehlung zur Berücksichtigung der Bundesinventare sowie des Kommunikationskonzepts, welches in der ersten Phase des Projekts zur Aufwertung des BLN erstellt wurde, gebeten. Sie ist der Ansicht, dass durch die in dieser Angelegenheit ergriffenen Massnahmen ihre Empfehlungen umgesetzt wurden und hat deshalb beschlossen, ihre Arbeiten im Zusammenhang mit ihrer Inspektion abzuschliessen, sobald diese Unterlagen bei ihr eintreffen.

3.7.2

Unzureichende Informationspolitik der Bundesbehörden: Aufsichtseingabe der Geschäftsprüfungskommission des Kantons Basel-Stadt

Am 7. März 2012 gelangte die GPK des Kantons Basel-Stadt (GPK BS) mit einer Aufsichtseingabe an die GPK. Darin bemängelte sie die unzureichende Informationspolitik des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) und anderer involvierter Bundesbehörden im Zusammenhang mit der Kühlwasserdekontamination im AKW Leibstadt. Zwischen dem 28. Juni und dem 1. Juli 2011 war chemisch behandeltes Kühlwasser des AKW Leibstadt in den Rhein abgelassen worden. Das ENSI hatte diesen Biozid-Einsatz bewilligt. Gemäss den Ausführungen der GPK BS seien aber weder die basel-städtischen Behörden noch die lokalen Trinkwasserproduzenten angemessen vorinformiert worden, was im Kanton Basel-Stadt zu Problemen bei der Trinkwasseraufbereitung geführt habe.

105

Jahresbericht 2006 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 19. Jan. 2007 (BBl 2007 3103)

3569

Die Subkommission EDI/UVEK der GPK-N bat die Vorsteherin des UVEK mit Schreiben vom 23. März 2012 um eine Stellungnahme zu diesen Ereignissen. In seiner Antwort vom 23. Mai 2012 betonte das UVEK, dass in den rheinabwärts liegenden Gebieten zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung des Trinkwassers bestanden habe. Sowohl das UVEK als auch das ENSI räumten jedoch gewisse Schwächen in der Kommunikation ein, und das ENSI stellte Verbesserungen in Aussicht.

Am 20. Juni 2012 verabschiedete die GPK-N einen Brief an die Vorsteherin des UVEK und regte für solche Fälle eine verbesserte Kooperation zwischen den Bundes- und den kantonalen Behörden an, damit eine lückenlose und fehlerfreie Kommunikation gewährleistet werden kann. Ausserdem empfahl sie, die Verantwortlichkeiten zwischen den verschiedenen Akteuren auf Bundesebene klar zu regeln und allen Beteiligten mitzuteilen. Schliesslich bat die GPK-N das UVEK, sie zu gegebenem Zeitpunkt über die vom ENSI getroffenen Massnahmen zu informieren.

Die GPK-N teilte der GPK BS mit Schreiben ebenfalls vom 20. Juni 2012 die Ergebnisse ihrer Abklärungen mit und informierte diese über die beim UVEK angeregten Verbesserungsmassnahmen. Die von der GPK BS initiierten Anpassungen, z. B.

die Optimierung der Kommunikationswege im kantonalen Amt für Umwelt und Energie, erachtete die GPK-N als einen Schritt in die richtige Richtung. Darüber hinaus stellte die GPK-N keinen Handlungsbedarf im Sinne der Oberaufsicht fest.

Sie zeigte sich davon überzeugt, dass die nachträgliche, vertiefte Prüfung der Ereignisse bei allen Beteiligten zu einer wichtigen Sensibilisierung geführt hatte.

Die GPK BS wandte sich am 3. Oktober 2012 erneut an die GPK-N, bedankte sich für die Aufnahme ihrer Eingabe und teilte mit, dass sie die Stellungnahme des UVEK zur Kenntnis genommen habe und der Beurteilung der GPK-N folgen könne.

Sie kündete an, dass sie auf kantonaler Ebene die Überprüfung der Rolle der Internationalen Hauptwarnzentrale anregen werde und sich von den baselstädtischen Stellen über das weitere Kooperations- und Kommunikationsverhalten der Parteien, welche in eine zweite, laufende Desinfektionsaktion im AKW Leibstadt involviert sind, informieren lassen wolle. Die GPK BS kam zum Schluss, dass mit der Sensibilisierung, welche durch die nachträgliche Prüfung der Ereignisse erreicht werden
konnte, die Angelegenheit, soweit es die nationalen Behörden betrifft, für sie erledigt sei.

Die GPK-N teilte daraufhin der GPK BS mit, dass sie deren Vorgehen begrüsse und auch von ihrer Seite aus das Geschäft abschliesse.

3.7.3

Nachkontrolle zur Inspektion «Konzeption und Umsetzung von RUMBA ­ eine Zwischenbilanz»

Die GPK-S überwies dem Bundesrat am 8. November 2005 ihren Bericht «Konzeption und Umsetzung von RUMBA ­ Eine Zwischenbilanz»106 mit sechs Empfehlungen sowie den Evaluationsbericht der PVK vom 2. Mai 2005 zum Ressourcenund Umweltmanagement in der Bundesverwaltung (RUMBA).107 Am 17. Mai 2006 liess der Bundesrat der GPK-S seine Stellungnahme zu ihrem Bericht und ihren Empfehlungen zukommen.108 Am 5. Juli 2006 nahm die Kommis106 107 108

3570

BBl 2006 4731 Auf www.parlament.ch verfügbar BBl 2006 4745

sion mit Genugtuung Kenntnis von den Ergebnissen, zu denen die aufgrund der Inspektion getroffenen Massnahmen bisher geführt hatten. Gleichzeitig teilte sie dem Bundesrat mit, dass sie die Umsetzung ihrer Empfehlungen im Rahmen einer Nachkontrolle überprüfen werde.

Mit Schreiben vom 14. Mai 2012 informierte die GPK-S den Bundesrat über die Aufnahme ihrer Nachkontrolle und ersuchte diesen, ihr einen Bericht über die Umsetzung ihrer sechs Empfehlungen vorzulegen sowie zu sieben zusätzlichen Punkten Stellung zu nehmen.

Der Bundesrat nahm in seinem Bericht vom 5. September 2012 Stellung.109 Die GPK-S hält fest, dass in der Zeit zwischen dem Abschluss der Inspektion vor sechs Jahren und der Aufnahme der Nachkontrolle fünf ihrer sechs Empfehlungen (die Empfehlungen 1, 2, 3, 4 und 6) nur teilweise umgesetzt worden sind und eine (Empfehlung 5) gar nicht. Zudem musste sie feststellen, dass vor dem Bundesratsbeschluss vom 16. September 2011 an RUMBA offenbar keine nennenswerten Änderungen zur Umsetzung ihrer Empfehlungen vorgenommen worden waren. Die gemäss diesem Bundesratsbeschluss getroffenen Massnahmen gehen in den Augen der GPK-S in die richtige Richtung und werden die Umsetzung der Empfehlungen 1, 2 und 4 voranbringen. Die Kommission verfügt zum jetzigen Zeitpunkt jedoch über keinerlei Anhaltspunkte, anhand derer sie konkret beurteilen könnte, wie das 1999 eingeführte Programm RUMBA weiterentwickelt worden ist. Sie kann sich mit den minimalen Fortschritten in dieser langen Zeitspanne und mit der Steuerung des Programms nicht zufrieden geben.

Die GPK-S erwartet vom Bundesrat u. a., dass für die Departemente und Ämter konkrete und verbindliche Jahresziele festgelegt werden, damit deren Umsetzung sichergestellt ist. Diese Ziele müssen realistisch sein, aber auch grosse Fortschritte im Umweltbereich gewährleisten. Darüber hinaus ist die Kommission der Auffassung, dass für den Fall der Nichterreichung der Ziele Sanktionen vorgesehen werden sollten.

Ausserdem fordert die GPK-S den Bundesrat auf, dafür zu sorgen, dass die Umweltbelastung durch die Bundesverwaltung zumindest im gleichen Masse abnimmt wie jene anderer Verwaltungen mit einem ähnlichen Programm.

Angesichts dieser Ausführungen hält die GPK-S fest, dass der Bundesrat der Weiterentwicklung von RUMBA nicht genug Bedeutung beigemessen hat. Deshalb
hat sie beschlossen, die Fortschritte in diesem Programm im Mai 2013 im Rahmen der Beratung des Geschäftsberichts des Bundesrates mit dem Bundespräsidenten 2013 zu thematisieren. Zudem will die Kommission den Umweltbericht 2015 der Bundesverwaltung (Bilanz der Jahre 2013­2014) prüfen, bevor sie entscheidet, ob sie ihre Arbeiten einstellt.

109

Auf www.news.admin.ch verfügbar

3571

4

Staatsschutz und Nachrichtendienste

4.1

Aufgaben, Rechte und Organisation der Geschäftsprüfungsdelegation

4.1.1

Zuständigkeit und Informationsrechte

Die GPDel überwacht im Rahmen der parlamentarischen Oberaufsicht die Aktivitäten des Bundes im Bereich des zivilen und militärischen Nachrichtendienstes. Konkret beaufsichtigt die GPDel den zivilen Nachrichtendienst des Bundes (NDB), welcher für den Inlandnachrichtendienst (Staatsschutz) und den Auslandnachrichtendienst zuständig ist. Die GPDel kontrolliert auch die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten der Armee, insbesondere diejenigen des Militärischen Nachrichtendiensts (MND). Die gerichtspolizeilichen Verfahren der BA im Bereich des Staatsschutzes sind ebenfalls Gegenstand der Oberaufsicht durch die GPDel.

Die GPDel ist ein ständiger Ausschuss der beiden GPK der eidgenössischen Räte, in dem auch eine Nichtregierungspartei vertreten ist. Sie setzt sich aus je drei Mitgliedern der beiden Kommissionen zusammen. Die GPDel konstituiert sich selbst (Art. 53 Abs. 1 ParlG) und wählt ihr Präsidium in der Regel für zwei Jahre.

Die GPDel verfügt zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben über besonders weitreichende Informationsrechte (Art. 169 Abs. 2 BV; Art. 154 ParlG). Sie hat das Recht auf Herausgabe von Unterlagen, die im Interesse des Staatsschutzes oder der Nachrichtendienste als geheim klassifiziert werden. Weiter erhält die GPDel laufend die Beschlüsse des Bundesrates einschliesslich der Anträge und der Mitberichte. Sie kann ausserdem die Protokolle der Bundesratssitzungen herausverlangen.

Aus der Optik ihrer Informationsrechte befasste sich die GPDel auch mit einer internen Weisung des Direktors des NDB über den Umgang mit den Aufsichtsorganen des NDB. Diese Weisung vom 21. September 2012 hatten die GPDel, die FinDel sowie auch andere Aufsichtsorgane des NDB wie die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) und die VBS-interne Aufsicht (ND-Aufsicht) zur Kenntnisnahme erhalten. Am 16. Oktober 2012 bat die GPDel den Vorsteher des VBS, an einer kommenden Sitzung darüber Auskunft zu erteilen.

Am 6. November 2012 informierte der Vorsteher des VBS die GPDel darüber, dass der NDB inzwischen die fragliche Weisung aufgehoben hatte, weil sie zu Missverständnissen bezüglich der Rechte der Aufsichtsorgane hätte Anlass geben können.

Namentlich war es die ND-Aufsicht gewesen, die den NDB auf diese Problematik hingewiesen hatte.110 Nach Ansicht der GPDel respektierte die neue Weisung vom 29. Oktober 2012 grossmehrheitlich
die Bestimmungen des ParlG. Eine letzte missverständliche Bestimmung liess der Vorsteher des VBS noch aus den Weisungen streichen. Am gemeinsamen Treffen vom 28. November 2012 informierte die GPDel die FinDel über dieses Geschäft.

Ebenso wie die GPK legt auch die GPDel den Schwerpunkt ihrer Kontrolltätigkeit auf die Kriterien der Rechtmässigkeit, Zweckmässigkeit und Wirksamkeit. Ihre Oberaufsicht versteht die GPDel in erster Linie als Kontrolle darüber, wie die Exekutive ihre Aufsicht wahrnimmt. Der Bundesrat und nicht das Parlament trägt letztlich die Verantwortung für die Tätigkeit der Nachrichtendienste. So prüft die Dele-

110

Brief des NDB an die ND-Aufsicht vom 29. Okt. 2012

3572

gation insbesondere, ob der Bundesrat und das zuständige Departement ihre gesetzlich vorgeschriebene Führungs- und Aufsichtsfunktion korrekt wahrnehmen.

4.1.2

Aufsicht über die Kontrollorgane der Exekutive

Artikel 8 des Bundesgesetzes über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (ZNDG),111 respektive Artikel 99 Absatz 5 Militärgesetz (MG)112 sehen vor, dass das VBS eine Verwaltungskontrolle über den zivilen und den militärischen Nachrichtendienst einrichtet und dafür jährlich einen Kontrollplan erlässt.

Dieser Kontrollplan ist mit der Tätigkeit der GPDel abzustimmen. Für diese Kontrolle ist die ND-Aufsicht des VBS zuständig. Die GPDel nimmt jeweils ihre Inspektionsberichte zur Kenntnis und kontrolliert allgemein, wie der Vorsteher des VBS dieses Kontrollorgan einsetzt.

Am 25. April 2012 liess sich die GPDel die Resultate der Inspektionen, welche die ND-Aufsicht gemäss dem Kontrollplan 2011 des Vorstehers des VBS durchgeführt hatte, erläutern. Bei einer Untersuchung zu den internen Abläufen im NDB hatte sich gezeigt, dass der NDB verschiedene seiner Mitarbeitenden mit einem Polizeiausweis ausgestattet und dies auch in einer Weisung113 geregelt hatte. Solche Ausweise gingen beispielsweise an Personen, die in der Beschaffung im Inland tätig waren, aber auch an Mitglieder der Geschäftsleitung des NDB. Letzteres konnte die GPDel gleichentags anlässlich eines Besuches beim NDB verifizieren.

In der Folge schrieb die GPDel dem Vorsteher des VBS, ein «Polizeiausweis ermöglich[e] es dem Träger, sich gegenüber Dritten für die Durchführung von polizeilichen Massnahmen zu legitimieren», wozu aber «die Angehörigen des NDB nicht berechtigt [seien]».114 Da solche Polizeiausweise nicht an Mitarbeitende des NDB abgegeben werden könnten, bat die GPDel den Vorsteher des VBS darum, sich der Angelegenheit anzunehmen.

Am 3. Juli 2012 schrieb der Vorsteher des VBS der GPDel, dass die ND-Aufsicht einen eigenen Bericht über die Verwendung der Polizeiausweise durch den NDB bis Oktober 2012 erstellen werde. Am 3. Oktober 2012 informierte der Vorsteher des VBS die Delegation weiter, dass der NDB von sich aus beschlossen habe, die Polizeiausweise durch andere Legitimationsausweise zu ersetzen. Diesem Entscheid sei insbesondere auch eine Aussprache mit dem Generalsekretariat der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) vorausgegangen.

Ende Oktober 2012 kam die ND-Aufsicht in ihrem Bericht zum Schluss, dass den bisher im NDB verwendeten Polizeiausweisen die
Rechtsgrundlage fehlte. Am 6. November 2012 besprach die GPDel mit dem Vorsteher des VBS den Bericht auch unter dem Aspekt des Kulturwandels, der als Folge der Zusammenlegung des

111

Bundesgesetz vom 3. Okt. 2008 über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (ZNDG; SR 121) 112 Bundesgesetz über die Armee und die Militärverwaltung vom 3. Febr. 1995 (MG; SR 510.10) 113 Weisung des Direktors NDB über die Bewaffnung, die Aufbewahrung von Waffen und den Polizeiausweis vom 30. Oktober 2010 114 Brief der GPDel an den Vorsteher VBS vom 12. Juni 2012

3573

Inland- und des Auslandnachrichtendienstes notwendig geworden war. Gleichzeitig wurde die Delegation über das neue Ausweiskonzept des NDB informiert.

Eine vom Bundesrat eingesetzte, interdepartementale und unabhängige Kontrollinstanz (UKI) überprüft die Rechtmässigkeit der Funkaufklärung. Den Rechenschaftsbericht der UKI nimmt die GPDel jährlich zur Kenntnis. Zu diesem Zweck führte die GPDel am 22. Mai 2012 eine Aussprache mit den drei UKI-Mitgliedern. Dabei erfuhr die GPDel, dass eine Ersatzwahl in die UKI bevorstand. Nach dem Rücktritt der bisherigen Vertreterin des Bundesamtes für Kommunikation (BAKOM) wählte der Bundesrat am 4. Juli 2012 Herrn Peter Pauli, Vizedirektor des BAKOM, als neues UKI-Mitglied. Die beiden weiteren Mitglieder der UKI sind die Herren Martin Wyss vom BJ und Michel Liechti, Chef ND-Aufsicht des VBS, die der Bundesrat bereits am 23. November 2011 gewählt hatte.115 Mit dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen des ZNDG über die Funkaufklärung erhielt die UKI am 1. November 2012 erstmals eine Grundlage im Gesetz.116 Auf diesen Zeitpunkt hin unterzog der Bundesrat ausserdem die bisherige Verordnung über die elektronische Kriegführung (VEKF)117 einer Totalrevision. Sie heisst nun Verordnung über die elektronische Kriegführung und Funkaufklärung.118

4.1.3

Überprüfung der Beobachtungsliste des Bundesrates

Die GPDel kontrolliert, wie die Exekutive ihre direkten Führungsaufgaben gegenüber dem Nachrichtendienst erfüllt. Nach Massgabe des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS)119 hat das VBS dem Bundesrat jährlich die Beobachtungsliste zur Genehmigung zu unterbreiten (Art. 11 Abs. 7 BWIS). Nach dem Entscheid des Bundesrates erhält die GPDel diese Liste zur Kenntnisnahme.

Die GPDel besprach die Beobachtungsliste mit dem Direktor des NDB am 16. Oktober 2012. Der Bundesrat hatte die Liste im Jahr 2011 aufgrund einer Gesamtbeurteilung substanziell gekürzt und genehmigte sie erneut Ende August 2012 in unveränderter Form.

Am 16. Juli 2012 war jedoch mit dem revidierten Artikel 11 Absatz 3 BWIS eine neue Regelung in Kraft getreten, welche die Erwähnung einer Organisation oder Gruppierung auf einer Liste der Europäischen Union (EU) oder der Vereinten Nationen mit dem konkreten Verdacht gleichsetzt, dass diese Gruppen die Sicherheit der Schweiz gefährden. Laut derselben Bestimmung hat das VBS jede Gruppe, gegen die ein solcher Verdacht besteht, auf der Beobachtungsliste zu führen.

Im Jahr 2011 wurden Gruppen von der Beobachtungsliste gestrichen, die jedoch weiterhin auf der Liste vermerkt sind, welche die EU im Zusammenhang mit der 115 116 117 118 119

Funkaufklärung: Neuwahl der Unabhängigen Kontrollinstanz, Medienmitteilung des VBS vom 23. Nov. 2011 Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Ziff. 4.5 (BBl 2012 6783, 6855) AS 2003 3971 Verordnung über die elektronische Kriegführung und Funkaufklärung vom 17. Okt. 2012 (VEKF; SR 510.292) Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit vom 21. März 1997 (BWIS; SR 120)

3574

Bekämpfung des Terrorismus führt.120 Da laut der Zusatzbotschaft zur BWIS-IIRevision «Organisationen und Gruppierungen aus den internationalen Listen in die Beobachtungsliste bereits gestützt auf die Tatsache ihrer Aufnahme in eine dieser Listen [in die Beobachtungsliste] aufgenommen werden»121 sollen, besprach die GPDel mit dem Direktor des NDB auch die Frage, ob das Gesetz nicht verlange, dass die Streichung dieser Gruppen rückgängig zu machen sei.

4.1.4

Prüfung des Genehmigungsverfahrens für neue Auslandkontakte von NDB und MND

Es ist nicht Aufgabe der GPDel, die Auslandkontakte von NDB und MND auf ihre politische Opportunität zu prüfen. Vergewissern muss sich die Oberaufsicht aber, dass der Bundesrat ­ wie von Artikel 12 Absatz 2 V-NDB122 und Artikel 6 Absatz 1 V-NDA123 vorgeschrieben ­ effektiv allen Kontakten zugestimmt hat, welche die beiden Dienste pflegen.

Dieses Erfordernis geht auf eine Empfehlung zurück, welche die GPDel in ihrem ersten Südafrika-Bericht vom 12. November 1999 gemacht hatte. Damals verlangte die GPDel, dass «die Aufnahme und Pflege regelmässiger Auslandkontakte nicht mehr länger in das Belieben des Nachrichtendienstes gestellt werden [dürfe]».124 Um dem Primat der Politik Rechnung zu tragen, sollte der Bundesrat über diese Kontakte des Auslandnachrichtendienstes entscheiden. Diese Forderung übernahm der Bundesrat sodann ins Ausführungsrecht.125 Die Auslandkontakte von NDB und MND werden seit 2010 unter der Federführung des NDB koordiniert und geplant. Dazu gehört auch die Vorbereitung der Unterlagen, die es dem Bundesrat jedes Jahr erlauben, die Aufnahme von neuen Kontakten zu bewilligen. Nach gängiger Praxis erhält der Bundesrat jährlich eine Liste mit allen regelmässigen Beziehungen der beiden Dienste. Neue Kontakte werden in der Liste speziell ausgewiesen.

Im Jahr 2010 ergab die Kontrolle der GPDel, dass für dieses Jahr die Kontakte des MND auf der Liste fehlten. Im Jahr 2012 wurden ausserdem die drei Partnerdienste, zu denen der MND regelmässige Kontakte aufnehmen wollte, nicht als neue, sondern als bereits früher genehmigte Kontakte ausgewiesen wurden. Diesen Fehler brachte ein Vergleich mit der Liste von 2011 an den Tag, die dem Bundesrat dieses Jahr jedoch nicht mehr vorgelegen hatte. Wegen der ungenügenden Informationslage konnte der Bundesrat somit seine politische Führungsfunktion nicht vorschriftsgemäss wahrnehmen.

120 121 122 123 124 125

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012 (BBl 2012 6783, 6842) Zusatzbotschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS II reduziert) vom 27. Okt. 2010 (BBl 2010 7841, 7869) Verordnung über den Nachrichtendienst des Bundes vom 4. Dez. 2009 (V-NDB; SR 121.1) Verordnung vom 4. Dez. 2009 über den Nachrichtendienst der Armee (V-NDA; SR 510.291) Bericht der GPDel vom 12. Nov. 1999 über die Beziehungen zu Südafrika: Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes (BBl 2000 563, 570) Mit der Totalrevision der früheren Nachrichtendienstverordnung (VND) erliess der Bundesrat am 4. Dez. 2000 eine solche Bestimmung (AS 2001 124).

3575

Zugleich stellte die GPDel fest, dass sich auf der Liste des Bundesrates auch einige der Partnerdienste befanden, zu denen keine regelmässigen Kontakte gepflegt werden. Über solche Kontakte, die in der Regel allein durch die Leitung des NDB oder des MND wahrgenommen werden, ist nach einer internen Weisung126 des VBS der Vorsteher des VBS ­ aber nicht der Bundesrat ­ jährlich zu informieren.

Über die Auslandkontakte und die festgestellten Probleme mit dem Genehmigungsverfahren führte die GPDel im August 2012 mit den Chefs von NDB und MND eine Aussprache. Die Feststellungen der GPDel bewogen den Direktor des NDB, die VBS-interne Vorbereitung für das Genehmigungsverfahren im Bundesrat zu überprüfen. Anlässlich der Sitzung vom 6. November 2012 erklärte der Vorsteher des VBS der GPDel, ab 2013 würden alle Kontakte zu Partnerdiensten dem Bundesrat unterbreitet, unabhängig von ihrer Intensität und Regelmässigkeit.

4.2

Zwanzig Jahre Geschäftsprüfungsdelegation

Die nach den beiden Parlamentarischen Untersuchungskommissionen (PUK) von 1989 und 1990 gebildete Geschäftsprüfungsdelegation trat am 4. März 1992 zum ersten Mal zusammen. Anlässlich ihres 20. Geburtstags beschloss die Delegation, sich ihre Anfänge in Erinnerung zu rufen. Sie nahm zu diesem Zweck auch Einblick in die Protokolle der ersten Sitzungen. Auf den folgenden Seiten findet sich ein Überblick über die Umstände der Bildung der Delegation und ihre ersten Geschäfte.

Anlässlich dieses Jubiläums sprachen die Berichterstatter der GPDel in der Frühjahrssession 2012 vor ihren Kolleginnen und Kollegen im Ständerat und Nationalrat über die Geschichte und die Bedeutung der Delegation für die parlamentarische Oberaufsicht.127 Ausserdem trafen sich im Juni ein halbes Dutzend ehemalige und die amtierenden Mitglieder der GPDel zu einem gemeinsamen Essen.

4.2.1

Die Bildung der Delegation

Die mit der Abklärung der Vorkommnisse im EJPD beauftragte PUK, welche nach dem Rücktritt von Bundesrätin Elisabeth Kopp im Jahre 1989 eingesetzt worden war, ging mit den Strafverfolgungsbehörden des Bundes streng ins Gericht: Die Bundesanwaltschaft sei im Kampf gegen die Geldwäscherei und gegen das organisierte Verbrechen zu nachlässig gewesen, wogegen die damalige Bundespolizei vor dem Hintergrund eines verzerrten und überholten Bedrohungsbildes und unter Missachtung der persönlichen Freiheiten vorbeugend Hunderttausende von Bürgerinnen und Bürgern fichiert habe. Die PUK EJPD kam in ihrem Bericht vom November 1989128 zum Schluss, eine «Mitursache [liege] gewiss auch darin, dass diese Bereiche von den politisch verantwortlichen Behörden nicht genügend beaufsichtigt und kontrolliert wurden, und dass das Parlament die gesetzlichen Mittel für eine Kontrolle gar nicht zur Verfügung hat»129.

126

Weisungen des Vorstehers VBS über die Berichterstattung betreffend die Tätigkeiten zur Wahrung der inneren und äusseren Sicherheit vom 12. Dez. 2011 127 AB 2012 N 264 und AB 2012 S 231 128 Vorkommnisse im EJPD, Bericht der PUK vom 22. Nov. 1989 (BBl 1990 637) 129 Ibid. (BBl 1990 637, 870)

3576

Die Kommission beantragte deshalb mit einer parlamentarischen Initiative (Pa. Iv.

89.243), dass die GPK in besonderen Fällen eine gemeinsame Delegation bestimmen können, die das Recht hat, geheime Akten einzusehen und Beamte einzuvernehmen, die der Amtsverschwiegenheit oder der militärischen Geheimhaltungspflicht unterliegen. Der Bundesrat stellte sich vehement gegen diesen Vorschlag.

Seiner Meinung nach hätte eine solche Delegation gegenüber der gesamten Bundesverwaltung Befugnisse, die denen eines Untersuchungsrichters ähnlichseien, was «ein erheblicher Eingriff in die schweizerische Form der Gewaltenteilung [wäre]».130 Das Parlament hatte dafür kein Gehör und sprach sich über alle Fraktionen hinweg für diese Initiative aus. In der Debatte zum Bericht der PUK EJPD versuchte Kommissionspräsident Moritz Leuenberger, die Befürchtungen des Bundesrates zu zerstreuen: Es gehe weder darum, eine ständige PUK einzusetzen noch darum, dauernd in Verwaltungsangelegenheiten herumzuschnüffeln, sondern einzig darum, dem Parlament die Wahrnehmung seiner Oberaufsicht zu ermöglichen.131 Gleichwohl wurde in Bezug auf das Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive insofern ein Paradigmenwechsel vollzogen, als gemäss dieser Initiative künftig das Parlament das letzte Wort haben sollte, wenn es um die Einsicht in geheime Dokumente geht.

Kaum waren die Untersuchungen der PUK EJPD abgeschlossen, setzte das Parlament im März 1990 eine weitere Parlamentarische Untersuchungskommission ein, diesmal zur Untersuchung der Vorkommnisse im Eidgenössischen Militärdepartement (EMD), d. h. seiner Geheimorganisationen, Nachrichtendienste und Personenkarteien. Die PUK EMD brachte namentlich zwei Geheimorganisationen zu Tage: die P-26, eine geheime Widerstandsorganisation für den Fall einer sowjetischen Invasion, und den ausserordentlichen Nachrichtendienst P-27. Beide Organisationen waren weder der Armee noch der Verwaltung unterstellt und operierten ausserhalb jeglicher politischen Kontrolle.132 Die Untersuchungskommission sah deshalb eine zusätzliche Notwendigkeit, die parlamentarische Oberaufsicht zu verstärken und forderte in einer zweiten parlamentarischen Initiative erneut, eine ständige Delegation zu bilden, welche die Oberaufsicht über jene Tätigkeiten der Verwaltung wahrnimmt, die einer besonderen Geheimhaltungspflicht
unterliegen. Man stellte sich eine «Sicherheitsdelegation» vor, die nicht den GPK, sondern direkt der Bundesversammlung unterstehen sollte.

In seiner Stellungnahme zum Bericht der PUK EMD133 zeigte sich der Bundesrat diesmal weniger ablehnend. Er stimmte der Bildung einer solchen Delegation zu, bestand aber aus Sorge um die Wahrung der Geheimhaltung darauf, dass diese nicht grösser als die Finanzdelegation sein dürfe. In den anschliessenden parlamentarischen Debatten äusserten sich gewisse Ratsmitglieder skeptisch zur Bildung eines ständigen Organs mit ausserordentlichen, einer PUK vergleichbaren Befugnissen, und sahen darin einen Versuch zur Einsetzung eines «politischen Gerichts».134 Der Initiative wurde indessen in der Wintersession 1990 in beiden Räten mit grosser Mehrheit Folge gegeben.

130 131 132 133 134

Vorkommnisse im EJPD, Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der PUK vom 4. Dez. 1989 (BBl 1990 879, 893) AB 1989 N 2046 Vorkommnisse im EMD, Bericht vom 17. Nov. 1990 der PUK EMD (BBl 1990 1293) Vorkommnisse von grosser Tragweite im EMD, Stellungnahme des Bundesrates zum Bericht der PUK EMD vom 23. Nov. 1990 (BBl 1990 1585) AB 1990 S 921

3577

Gleichzeitig legte die mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative der PUK EJPD beauftragte Ad-hoc-Kommission des Ständerates ihren Bericht vor. Aus Angst, zwei Kategorien von GPK-Mitgliedern zu schaffen, war in diesem Bericht nicht mehr die Rede von einer Delegation, sondern lediglich vom Ausbau der allgemeinen Informationsrechte der GPK. Der Entwurf sah somit vor, dass die GPK «mit einer qualifizierten Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder auch dann Akten von Bundesbehörden (sollen) herausverlangen können, wenn der Bundesrat das Amtsgeheimnis nicht aufheben will. Im gleichen Verfahren sollen die Geschäftsprüfungskommissionen Beamte des Bundes und Privatpersonen als Zeugen befragen können».135 Der Bundesrat hielt in seiner Stellungnahme an seiner Position fest und sprach sich gegen eine generelle Ausweitung der Kompetenzen der GPK, d. h. ohne Einschränkungen mit Bezug auf deren Anwendungsbereich, aus. Er hielt dieses Vorhaben für verfassungswidrig und gab zu bedenken, dass die Möglichkeit der Geschäftsprüfungskommissionen, sich Dokumente des Vorverfahrens von Bundesratsgeschäften offenlegen zu lassen, das Kollegialitätsprinzip und die Regierungsfunktion gefährden würde.136 Angesichts der Unnachgiebigkeit des Bundesrates und der inzwischen von der PUK EMD eingereichten parlamentarischen Initiative machte die Kommission des Ständerates reinen Tisch, liess ihren ersten Entwurf fallen und schlug einen typisch schweizerischen Kompromiss vor: Analog zur FinDel sollte eine Delegation der GPK mit erweiterten Rechten die Oberaufsicht über den Bereich der Nachrichtendienste und des Staatsschutzes ausüben. Sie sollte zudem von den GPK auch mit Untersuchungen in anderen Verwaltungsbereichen beauftragt werden können, wenn zwei Drittel der GPK-Mitglieder dies beschliessen. Auf Wunsch des Bundesrates wurden verschiedene Einschränkungen der Befugnisse der Delegation vorgesehen: So sollte sie keine Akten herausfordern können, die der Meinungsbildung des Bundesrates dienen; zudem sollte der Bundesrat für Meldungen ausländischer Behörden den Quellenschutz vorbehalten können.

Das Parlament beriet den Entwurf zum neuen Artikel 47quinquies des Geschäftsverkehrsgesetzes (GVG)137 in der Herbstsession 1991. Obschon verschiedene Ratsmitglieder befürchteten, dass hier ein Instrument zur «permanenten Inquisition»138
eingeführt und die Exekutive geschwächt werde, fand die Vorlage der ständerätlichen Kommission breite Unterstützung. Das Eintreten blieb unbestritten. Auch wenn beide Räte dem Entwurf in seinen Grundzügen ohne Änderungen zustimmten, gab insbesondere die Möglichkeit der Delegation, Privatpersonen und kantonale Beamte als Zeugen einzuvernehmen, zu Diskussionen Anlass. In der ersten Lesung strich der Ständerat diesen Passus. Ständerat Hans Danioth, ein künftiges Mitglied der Delegation, war der Meinung, diese Möglichkeit ebne den Weg für eine «Parajustiz» und mache aus Parlamentariern «Amateur-Sherlock-Holmes».139 In den Augen des Nationalrates aber war es für die Glaubwürdigkeit der Untersuchungen der künftigen Delegation unerlässlich, dass sie gegenüber verschiedenen Personenkategorien die 135 136 137

138 139

Bildung einer Delegation, Bericht der Kommission des Ständerates vom 12. Dez. 1990 (BBl 1991 1034) Bildung einer Delegation, Pa. Iv. der GPK, Stellungnahme des Bundesrates vom 20. Febr. 1991 (BBl 1991 1467) Bundesgesetz über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse vom 23. März 1962 (AS 1992 641; BBl 1991 I 1034 1467) AB 1991 S 468 AB 1991 S 466

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gleichen Informationsrechte geltend machen kann. Um die Gesetzesrevision so rasch wie möglich unter Dach und Fach zu bringen, beantragten die zuständigen Kommissionen einen weiteren Kompromiss: Privatpersonen sollten als Zeugen, Kantonsbeamte hingegen nur als Auskunftspersonen befragt werden können. Am 13. Dezember 1991 wurde die Vorlage von beiden Räten in der Schlussabstimmung einstimmig angenommen.

4.2.2

Die Organisation des neuen Organs

Gemäss dem neuen Artikel 47quinquies GVG ordneten die GPK-N und die GPK-S je drei Mitglieder in die neue Delegation ab. Die konstituierende Sitzung fand am 4. März 1992 statt. Die Delegation setzte sich zusammen aus zwei ehemaligen Mitgliedern der PUK EMD, d. h. deren Vize-Präsident, dem Tessiner Sozialdemokrat und Nationalrat Werner Carobbio, und SVP-Ständerat Bernhard Seiler, sowie aus CVP-Ständerat Hans Danioth, FDP-Ständerat Robert Bühler und dem Luzerner FDP-Nationalrat Karl Tschuppert. Letzterer wurde aufgrund seiner Erfahrungen als Berichterstatter des mit der Nachkontrolle zur PUK EMD beauftragten GPKAusschusses «Nachrichtendienste und Abwehr» zum Delegationspräsidenten ernannt; Nationalrat Hans Meier von der Grünen Partei vertrat die Nichtregierungsparteien. Diese Zusammensetzung widerspiegelte die vom Gesetzgeber angestrebte Ausgewogenheit des neuen Organs: Es sollte möglichst klein sein, um die Geheimhaltung wahren zu können, und gleichzeitig sollten darin möglichst viele politische Kräfte und mindestens eine Nichtregierungspartei vertreten sein. Von dieser Regel ist die Delegation seit nunmehr 20 Jahren nicht abgewichen.

Als Erstes erarbeitete die Delegation ein Leitbild, um die Vorgaben der neuen Rechtsgrundlage zu präzisieren und den Rahmen dieser für das Schweizer Parlament neuen Tätigkeit zu definieren.

Im Frühjahr 1992 legte die Delegation den Vorstehern des EJPD und des EMD ihren ersten Entwurf des Leitbildes zur Konsultation vor. In ihrer Stellungnahme machten die beiden Departementsvorsteher geltend, dass nur das Gesetz massgebend und deshalb jegliche Vereinbarung zwischen dem Bundesrat und der Delegation unnötig sei. Der Bundesrat hatte zwar die Bildung der Delegation diplomatisch begrüsst, zeigte aber mit dieser Haltung, dass er gegenüber dem neuen Organ noch sehr skeptisch war. Die GPDel wollte jedoch, dass das Leitbild von beiden Seiten akzeptiert wurde, um so eine Unité de doctrine zu schaffen und einen konstruktiven Dialog zu fördern. In diesem Dokument, das die Grenze zwischen Regierungsverantwortung und parlamentarischer Oberaufsicht abstecken sollte, gab v. a. die Umschreibung des Auftrags der Delegation Anlass zu Diskussionen. Die Delegation schlug eine funktionale Umschreibung des gesetzlichen Auftrags vor und verstand unter dem Begriff «Staatsschutz» «alle präventiven
und repressiven Tätigkeiten des Bundes (...), die zum Zweck haben, die ,innere Sicherheit` der Schweiz zu gewährleisten. Darunter fallen insbesondere die Bekämpfung des Terrorismus, des gewalttätigen Extremismus, des organisierten Verbrechens und des verbotenen Nachrichtendienstes».140 Unter «Nachrichtendienste» verstand die Delegation das Sammeln und Auswerten von Informationen, um mit deren Hilfe die ,äussere Sicherheit` der Schweiz zu gewährleisten. Demgegenüber bevorzugte der Bundesrat eine organisatorische 140

Leitbild der GPDel vom 12. Aug. 1992 (BBl 1993 297)

3579

Umschreibung, bei der die Dienste bezeichnet werden, welche dieser Kontrolle unterstehen. Die Delegation ergänzte deshalb ihr Leitbild entsprechend. Demnach sollte das Augenmerk ihrer Kontrolltätigkeit v. a. dem Polizeidienst der Bundesanwaltschaft gelten, daneben aber auch den verschiedenen Nachrichtendiensten der Armee und allenfalls dem Politischen Sekretariat im EDA, den Zentralstellendiensten der Bundesanwaltschaft sowie allen anderen Dienststellen, die im Bereich Nachrichtendienst und Staatsschutz tätig werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt war, dass die Delegation sich nicht auf nachträgliche Kontrollen beschränken, sondern auch fortlaufend und unaufgefordert über die wichtigsten Entwicklungen und möglichen Probleme informiert werden wollte.

Deshalb wurden regelmässige Treffen mit den zuständigen Departementsvorstehern und Leitern der betroffenen Dienststellen vorgesehen. Die Delegationsmitglieder hofften, auf diese Weise weiteren Staatsaffären vorbeugen und die Glaubwürdigkeit der Geheimdienste wiederherstellen zu können. Wie Nationalrat Karl Tschuppert im Juni 1993 gegenüber dem Ratsplenum ausführte, dürfte sich der Aufwand für dieses neue Organ lohnen, wenn damit das Vertrauen des Bürgers in die politischen Institutionen und in das rechtsstaatliche Handeln im innersten Geheimbereich des Staates wiedergewonnen werden könne.141

4.2.3

Die ersten Fälle

Im August 1992 stattete die Delegation ihren ersten Dienststellenbesuch ab, und zwar in den Örtlichkeiten des Staatsschutzes, der damals noch in der Bundesanwaltschaft angesiedelt war. Im sogenannten «Fichenraum» stellten ihre Mitglieder fest, dass bei der Bundespolizei auch nach den Interventionen der beiden parlamentarischen Untersuchungskommissionen immer noch eine flächendeckende Fichierungstätigkeit möglich war. So hatte diese in weniger als zwei Jahren 27 000 Fichen angelegt, davon rund 19 000 über arabische Staatsbürger, die erfasst wurden, nachdem der Irak Kuwait besetzt hatte. Das EJPD befürchtete damals, dass der Golfkrieg auch in der Schweiz Auswirkungen haben könnte. Dabei wurden allerdings auch zahlreiche Personen erfasst, die an bewilligten Kundgebungen und Versammlungen teilgenommen hatten. Die Erfassung von Informationen über die Ausübung der verfassungsmässigen Rechte war jedoch nur dann zulässig, wenn Hinweise auf Gewaltextremismus vorlagen. Die «Araberkartei» wurde deshalb in der Folge wieder «ausgemistet».

1993 besuchte die Delegation erstmals eine kantonale Staatsschutzstelle. Der Besuch galt dem sogenannten Spezialdienst des Kantons Luzern, der nach der «Fichen»Affäre von fünf auf drei Mitarbeitende verkleinert worden war. Die Delegation traf dabei nicht nur den zuständigen Regierungsrat, sondern auch eine siebenköpfige Delegation der GPK des Luzerner Grossen Rates, welche bereits die parlamentarische Aufsicht über den kantonalen Staatsschutz ausübte.

Zu den Besuchen vor Ort und den ordentlichen Geschäften gesellten sich sehr bald die ersten Affären. Im Frühling 1993 leitete die Delegation die erste formelle Inspektion ein, und zwar über den Pilotenaustausch zwischen der Schweiz und Südafrika in den Achtzigerjahren, in einer Zeit also, als das Regime dieses Landes von der internationalen Staatengemeinschaft geächtet wurde. Da der militärische Nachrich141

AB 1993 N 1199

3580

tendienst in diese Angelegenheit verwickelt war, war es Sache der Delegation, diese Vorkommnisse auszuleuchten. In ihrem Inspektionsbericht vom 28. September 1993142 stellte sie keine gravierenden Mängel fest, warf dem militärischen Nachrichtendienst aber vor, nicht imstande gewesen zu sein, die politischen und die militärischen Interessen jener Zeit richtig gegeneinander abzuwägen.

Kaum war diese Untersuchung abgeschlossen, musste sich die Delegation mit dem Uran-Fund auf der Autobahnraststätte Kemptthal befassen: Eine Person, die als «Informationsquelle» von Divisionär Peter Regli, Unterstabschef des militärischen Nachrichtendienstes und Protagonist beim Pilotenaustausch mit Südafrika, fungierte, hatte dort nach Rücksprache mit Regli rund 10 kg radioaktives Material deponiert, um es darauf von der Kantonspolizei Zürich sicherstellen zu lassen. Die Beziehungen des schweizerischen Nachrichtendienstes mit Südafrika zur Zeit des ApartheidRegimes und die zentrale Rolle, die dabei Divisionär Regli spielte, sollte zwischen 1999 und 2003 weiterhin Gegenstand vertiefter Untersuchungen der Delegation bilden. Sie legte insgesamt vier Berichte zu diesem Thema vor.143 Anlässlich ihrer Untersuchung des Pilotenaustauschs mit Südafrika musste sich die Delegation erstmals mit der Anwendbarkeit des Schutzes ausländischer Quellen befassen, die potenziell im Konflikt mit ihrem parlamentarischen Oberaufsichtsauftrag steht. Natürlich sah Artikel 47quinquies des GVG vor, dass der Bundesrat bei Meldungen ausländischer Amtsstellen den Quellenschutz geltend machen kann, aber die Delegation hielt es für inakzeptabel, dass ihr unter Berufung auf diese Bestimmung zentrale Informationen vorenthalten wurden und verlangte vom zuständigen Departementsvorsteher eine Klärung in dieser Angelegenheit. Inzwischen ist im revidierten Artikel 169 BV verankert, dass der Delegation keine Geheimhaltungspflichten entgegengehalten werden können. Seither gilt auch für die Aufnahme von regelmässigen Kontakten mit ausländischen Nachrichtendiensten das Primat der Politik; diese müssen vom Bundesrat bewilligt werden und unterstehen vollumfänglich der Oberaufsicht durch die Delegation.

4.2.4

Der «Geheimbereich» des Staates als Aufgabengebiet der GPDel

Die Oberaufsichtsaufgaben der Delegation waren gemäss Artikel 47quinquies GVG und später Artikel 53 des Parlamentsgesetzes (ParlG) eher restriktiv gehalten und beschränkten sich auf die Bereiche des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste.

Zwar konnten die GPK die Delegation mit weiteren Aufträgen betrauen, doch blieb ein solches Vorgehen die Ausnahme.

142

Der Pilotenaustausch mit Südafrika, Bericht über die Abklärungen der GPDel vom 28. Sept. 1993 (BBl 1994 100) 143 Der Pilotenaustausch mit Südafrika, Bericht über die Abklärungen der GPDel vom 28. Sept. 1993 (BBl 1994 100). Beziehungen zu Südafrika: Rolle des Schweizer Nachrichtendienstes, Bericht der GPDel vom 12. Nov. 1999 (BBl 2000 563). Trainings von Militärpiloten im Ausland im Zeitraum 1993-2000: Schlussbericht der GPDel vom 14. Nov. 2000 (im BBl nicht veröffentlicht, auf www.parlament.ch verfügbar). Untersuchung über die Kontakte des Schweizer Nachrichtendienstes zu Südafrika zur Zeit des Apartheidregimes, Bericht der GPDel vom 18. Aug. 2003 (BBl 2004 2267).

3581

Die parlamentarische Initiative «Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen»,144 die von den beiden Kammern im Juni 2011 einstimmig angenommen wurde, führte zu einer Ausweitung von Artikel 53 ParlG und somit zu einer Anpassung an die in den Jahren zuvor entwickelte Praxis. In ihrer Botschaft erklärte die GPK-S: «Die Tätigkeit der Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) ist [...] nicht nur auf die Kontrolle der Tätigkeit von Organen des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste im engeren Sinne begrenzt. Sie befasst sich regelmässig auch mit den weiteren Bereichen der inneren und äusseren Sicherheit sowie einzelfallweise mit Vorkommnissen, die ausserhalb des herkömmlichen Sicherheitsbereichs den Landesinteressen schweren Schaden zufügen können».145 Im Fall der diplomatischen Krise mit Libyen beschloss die Delegation zum Beispiel, die Pläne zur Exfiltration der Geiseln durch eine Sondereinheit der Schweizer Armee zu untersuchen, und zwar nicht, weil es sich um Tätigkeiten im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste handelte, was ja nicht der Fall war, sondern weil es hier um sensible Informationen aus dem Geheimbereich des Staates ging. Der Bundesrat stellte die Berechtigung der Delegation, auch in diesem Bereich ihre Aufsichtsfunktion wahrzunehmen, im Übrigen nicht in Frage.

Das heisst ­ und so ist es heute denn auch in Artikel 53 ParlG geregelt ­, dass sich der Aufsichtsbereich der Delegation auf alle Angelegenheiten erstreckt, die der Geheimhaltung unterliegen. Genau dies verlangte die PUK EMD bereits vor über 20 Jahren, als sie in ihrer parlamentarischen Initiative die Schaffung einer Delegation forderte, welche die Oberaufsicht «über Tätigkeiten der Verwaltung, die einer besonderen Geheimhaltungspflicht unterliegen»,146 wahrnehmen sollte. Es brauchte also nahezu zwei Jahrzehnte, um die verschiedenen Bestrebungen des Parlaments in Richtung einer systematischen Oberaufsicht über die sensiblen Bereiche des Staates auf einer gesetzlichen Basis zu konkretisieren.

4.3

Nachkontrolle zum ISIS-Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation

4.3.1

Erledigung der Pendenzen in der Qualitätskontrolle und weitere Reduktion des Datenbestandes

In ihrem Inspektionsbericht147 zum Staatsschutzinformationssystem ISIS148 vom 21. Juni 2010 war die GPDel zum Schluss gekommen, dass die Qualitätssicherung der im System enthaltenen Daten nicht den rechtlichen Vorgaben entsprochen hatte.

Weil die Migration der ISIS-Daten auf ein neues Datenbankprogramm im Jahr 2004 langwierige Nachbesserungen nach sich zog, geriet in den Folgejahren die periodisch vorgeschriebene Qualitätssicherung der ISIS-Daten zunehmend ins Hintertref144 145 146 147 148

Pa. Iv. GPK-S «Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen» vom 26. Febr. 2010 (10.404) Präzisierung der Informationsrechte der Aufsichtskommissionen, Bericht der GPK-S vom 3. Dez. 2010 (BBl 2011 1817) Vorkommnisse im EMD, Bericht der PUK EMD vom 17. Nov. 1990 (BBl 1990 1293, 1578) Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7665) Vor dem Jahr 2010 stand ISIS für «informatisiertes Staatschutzinformationssystem», danach bedeutete die Abkürzung «Informationssystem Innere Sicherheit».

3582

fen. Im Frühjahr 2010 waren rund 114 000 periodische Gesamtbeurteilungen ausstehend.149 Erst nachdem im Herbst 2010 die personellen Kapazitäten in der Qualitätssicherung erhöht wurden, konnten die Kontrollen im grossen Stil wieder aufgenommen werden. Zugleich reduzierte die Löschung einer grossen Zahl von Personen, die in ISIS registriert waren, die Menge der noch zu kontrollierenden Einträge.

Bis Ende 2011 konnten die Pendenzen bei den periodischen Kontrollen auf rund 21 000 abgebaut werden. Mitte 2012 waren noch knapp 10 000 Gesamtbeurteilungen hängig, die alle bis Ende 2012 erledigt werden konnten.

Die Zahl der in ISIS registrierten Personen erreichte mit 212 000 ihren Höchststand im Herbst 2010.150 Aufgrund der nachgeholten Qualitätskontrollen und der von der GPDel empfohlenen Löschungen sank bis Ende 2011 die Zahl der Einträge in ISIS auf rund 55 000 Personen, davon 12 000 Drittpersonen. Im ersten Halbjahr 2012 konnte eine weitere Reduktion auf knapp 50 000 festgestellt werden, wobei Personen und Drittpersonen im gleichen Umfang gelöscht wurden. Ende 2012 waren in ISIS noch rund 38 000 Personen und 7000 Drittpersonen verzeichnet.

Gegen Ende 2011 intensivierte die Qualitätssicherung des NDB auch die Überprüfung der in ISIS erfassten Institutionen. In der Folge unterschritt deren Bestand Anfang 2012 die Zahl von 15 000. Für den Stand Mitte 2012 meldete der NDB rund 13 500 Institutionen, wobei die Drittinstitutionen nicht separat ausgewiesen wurden.

Diese Zahl betrug Ende 2012 rund 11 000.

Anlässlich der Überprüfung des Einsichtsgesuchs einer Schweizer Zeitung hatte das BVGer in einem Entscheid vom 18. März 2009 die Löschung aller in ISIS als eigenständige Objekte registrierten Medien verlangt.151 Einen ersten Teil dieser rund 200 Einträge löschte der NDB im Jahr 2011. Diese Zahl sank bis Ende 2012 auf noch rund 100.

Der NDB rechnet damit, dass nach Abschluss der ausserordentlichen Aktion der Pendenzenbewältigung und den damit verbundenen zusätzlichen Löschungen der Gesamtbestand der Registrierungen in ISIS wieder leicht ansteigen wird.

4.3.2

ISIS-Kennzahlen

Empfehlung 13 des ISIS-Berichts verlangte vom VBS, Kennzahlen zu definieren, anhand derer das Departement eine Plausibilitätsprüfung durchführen kann, ob die gesetzlich vorgeschriebene Qualitätssicherung funktioniert. Zu diesem Zweck hat der NDB die Quartalsberichterstattung152 über die Entwicklung des ISIS-Datenbestands, welche die GPDel im März 2010 in Auftrag gegeben hatte, um weitere Informationen erweitert. Ab dem ersten Quartal 2011 enthielt die Berichterstattung auch Zahlen zu den durchgeführten und noch ausstehenden Qualitätskontrollen.

Laut dem ISIS-Datenschutzbeauftragten (vgl. Ziff. 4.3.3) konnten die Führungsverantwortlichen des NDB aus diesen Zahlen klare Tendenzen für die Bereinigung der 149

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012 (BBl 2012 6783, 6845) 150 Ibid. (BBl 2012 6783, 6844) 151 Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7665, 7713) 152 Ibid. (BBl 2010 7665, 7730)

3583

Pendenzen in der Qualitätssicherung ableiten. Die GPDel nahm nach jedem Quartal die Entwicklung der Zahlen zur Kenntnis.

Aufgrund der Kennzahlen kann die Löschquote bei den Gesamtbeurteilungen berechnet werden. Im Jahr 2012 wurden rund 40 Prozent der überprüften Personen als nicht mehr relevant gelöscht. Von den kontrollierten Institutionen wurden im selben Jahr ein Drittel gelöscht, wobei der Anteil je nach Quartal zwischen 42 und 24 Prozent betrug.

Bevor der NDB im Herbst 2010 systematisch mit der Bereinigung der Pendenzen in der Qualitätssicherung begann, lag der Anteil der Drittpersonen merklich über 40 Prozent der Gesamtheit der in ISIS registrierten Personen und Drittpersonen.

Somit hatte der NDB bei nahezu der Hälfte der in ISIS registrierten Personen noch keine direkten Anhaltspunkte, ob sie für die Sicherheit des Landes von Bedeutung waren.

Je mehr Einträge von Personen im Verlauf des Jahres 2011 durch die Qualitätssicherung gelöscht wurden, umso mehr sank auch der Anteil der Drittpersonen im gesamten Datenbestand. Anfang 2012 fiel er unter 20 Prozent. Gleichzeitig verbesserte sich dieses Verhältnis auch zwischen den neu erfassten Personen und Drittpersonen.

Im Jahr 2012 lag es bei rund 15 Prozent. Dieser Trend erscheint plausibel, denn in erster Linie sollten staatsschutzrelevante Personen in ISIS registriert werden und nicht Personen, die zwar mit ihnen in Beziehung stehen, aber deren Staatsschutzrelevanz der NDB nicht beurteilen kann.

Das ISIS-System unterstützt die Generierung von Kennzahlen nur ungenügend.

Verschiedene Zahlen müssen manuell erhoben werden. Anlässlich der Aussprache mit dem externen ISIS-Datenschutzbeauftragten empfahl dieser deshalb der Delegation, darüber zu wachen, dass in den Detailspezifikationen des zukünftigen ISISSystems (vgl. Ziff. 4.3.11) die entsprechenden Statistikfunktionen von allem Anfang an vorhanden sind.

4.3.3

Arbeit des ISIS-Datenschutzbeauftragten

Aufgrund der Empfehlung 1 der GPDel hatte der Bundesrat einen externen Datenschutzbeauftragten vorgesehen, der die Erledigung der Pendenzen in der Qualitätssicherung überwacht. Gemäss der Empfehlung sollte dieser alle sechs Monate Bericht über seine Tätigkeit erstatten.

Für die Aufgabe des Datenschutzbeauftragten konnte das VBS Anfang 2011 alt Ständerat Hansruedi Stadler gewinnen. Im selben Jahr führte die GPDel mit ihm zwei Aussprachen durch und nahm seinen ersten Halbjahresbericht zur Kenntnis. Im Jahr 2012 sprach die GPDel im März und im Oktober mit dem ISIS-Datenschutzbeauftragten über seinen zweiten, respektive dritten Bericht.

Alle ISIS-Daten, deren Qualitätskontrolle nicht rechtzeitig erfolgt war, hatte der NDB gemäss der Empfehlung der GPDel einer Verwendungssperre zu unterstellen.

Die Mitarbeitenden des NDB konnten solche Daten nur verwenden, wenn der ISISBeauftragte dies vorgängig genehmigte. Bei Datenbankabfragen signalisierte ISIS

3584

dem Benutzer, welche Daten gesperrt waren, verhinderte indes nicht den Zugriff darauf.153 Wie der ISIS-Datenschutzbeauftragte am 19. März 2011 erklärte, überprüfte deshalb die Qualitätssicherung wöchentlich, ob die schriftlichen Berichte, welche die Abteilung Auswertung aufgrund von ISIS-Informationen erstellt hatte, Daten enthielten, die der Verwendungssperre unterlagen. In solchen seltenen Fällen wurden die beanstandeten Informationen dem externen Datenschutzbeauftragten nachträglich zur Genehmigung vorgelegt.

Die Qualitätssicherung des NDB konnte auf Ende 2012 alle ausstehenden Kontrollen nachholen. Damit ist auch der Auftrag des externen Beauftragten im Sinne der ersten Empfehlung der GPDel erfüllt. Nach Ansicht der Delegation hat der Beauftragte einen wichtigen Beitrag zur Herstellung eines gesetzeskonformen Datenbestandes in ISIS geleistet. Seine begleitenden Kontrollen haben das Vertrauen der GPDel in die Qualität der ISIS-Daten erhöht.

Der GPDel ist es allerdings auch wichtig, dass es in Zukunft nicht wieder zu Unterlassungen in der Qualitätssicherung kommt. Der Abbau der Pendenzen, der zwischen Oktober 2010 und Ende 2012 erfolgt ist, verlangte einen substanziellen Aufwand, der zusätzlich zu den regulär anfallenden Kontrollen bewältigt werden musste. Der NDB hätte die Aufgabe nicht erfüllen können, wenn das VBS nicht auf befristeter Basis zusätzliches Personal bewilligt hätte.

Einmal überprüfte ISIS-Einträge werden nach den gesetzlichen Vorgaben für die Qualitätssicherung periodisch alle drei Jahre erneut für eine Überprüfung fällig. Das bedeutet, dass zumindest ein Teil der Einträge, die der NDB im Verlauf des Pendenzenabbaus während der letzten zwei Jahre kontrollierte, ab Ende 2013 wieder sukzessive zur Überprüfung anstehen wird. Der Zusatzaufwand dürfte aber weniger hoch ausfallen, da mit den Kontrollen auch Löschungen verbunden waren (rund 40 % im Jahr 2012). Trotzdem wird der NDB ab Ende 2013 erneut mit einer überdurchschnittlichen Zahl von Überprüfungen konfrontiert sein. Für den NDB stellt sich deshalb bereits heute die Frage, wie er diese Kontrollen termingerecht wird bewältigen können, wenn ihm ab Ende 2012 das befristete Personal nach dem Abbau der Pendenzen nicht mehr zur Verfügung stehen wird.

Der ISIS-Datenschutzbeauftragte hatte bereits in seinem zweiten Bericht auf diese
Problematik hingewiesen. Wie die GPDel im März 2012 erfuhr, zog der NDB den Beauftragten auch für die Abklärungen zum zukünftigen Personalbedarf in der Qualitätssicherung bei. Dem dritten Bericht des Beauftragten konnte die GPDel entnehmen, dass das VBS ab 2013 drei zusätzliche Stellen für die Qualitätssicherung bewilligt hatte. Der NDB plant zudem, einen Teil der Kontrollen vorzuziehen, um nicht Gefahr zu laufen, dass der spätere Kontrolltermin wegen zu vieler fälliger Überprüfungen nicht eingehalten werden kann.

Laut dem zweiten Bericht des externen Datenschutzbeauftragten befasste sich dieser auch mit der Frage, welche rechtlichen Minimalanforderungen für die Qualitätssicherung gelten. Im Rahmen der Vorbereitung der Revision der Verordnung über die Informationssysteme des NDB (ISV-NDB)154 vom 9. Dezember 2011 hatte der 153

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Ziff. 4.3.3.

(BBl 2012 6783, 6845) 154 Verordnung vom 4. Dez. 2009 über die Informationssysteme des Nachrichtendienstes des Bundes (ISV-NDB; SR 121.2)

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NDB vorgeschlagen, die Auflagen für die Qualitätssicherung durch eine Verordnungsänderung zu lockern.155 So sollten nur noch Informationen, die als ungesichert eingetragen waren, periodisch überprüft werden, und der zeitliche Abstand zwischen diesen Kontrollen sollte verlängert werden. Nach Ansicht des NDB sollten diese Abstriche an die Qualitätskontrolle erlauben, die Pendenzen in der Qualitätssicherung nachhaltig in den Griff zu bekommen. Das vom Gesetzgeber vorgegebene Kontrollniveau würde dabei aus Sicht des NDB immer noch eingehalten werden.

Demgegenüber erachtete der ISIS-Datenschutzbeauftragte die vom NDB vorgesehene Änderung als mit einer korrekten Interpretation von Artikel 15 Absatz 5 BWIS nicht vereinbar. Sowohl das BJ, der EDÖB als auch die ND-Aufsicht waren im Rahmen der Ämterkonsultation zu einem ähnlichen Schluss gelangt. In der Folge verzichtete das VBS auf eine Lockerung der Vorgaben für die Qualitätssicherung in ISIS, so dass die vom Bundesrat verabschiedete Revision der ISV-NDB zu keinerlei Beanstandungen mehr Anlass gab.

4.3.4

Neuauflage des präventiven Fahndungsprogramms «Fotopass»

Zum präventiven Fahndungsprogramm «Fotopass» enthielt der ISIS-Bericht zwei Empfehlungen (2 und 12). In Empfehlung 2 hatte die GPDel vom VBS verlangt, alle Drittpersonen, die ausschliesslich aufgrund von «Fotopass» in ISIS Eingang gefunden hatten, zu löschen. Die Löschung dieser Daten nahm der NDB bereits im Dezember 2010 vor.156 Bezüglich der Empfehlung 12 der GPDel, das Fahndungsprogramm einzustellen oder seine Weiterführung in einem Bericht zu begründen, entschied sich der Bundesrat für die Weiterführung von «Fotopass». Den verlangten Bericht erhielt die GPDel am 31. März 2011 vom VBS. Demnach dient das Programm nur noch einem Teil der BWIS-Aufgaben, und die Datenbearbeitung wird restriktiver gehandhabt.

Die Informationen über jene Personen, deren Reisepässe an der Grenze kontrolliert wurden, werden fortan in einer eigenen Datenbank namens «P4» abgelegt. Es gilt eine Löschfrist von fünf Jahren (Art. 33 ISV-NDB). Gemäss Artikel 31 ISV-NDB richtet sich das Auskunftsrecht betroffener Personen nach Artikel 8 und 9 des Datenschutzgesetzes (DSG)157.

Am 25. April 2012 liess sich die GPDel die neue Datenbank, die der NDB gleichen Monats eingeführt hatte, vor Ort demonstrieren. Die manuelle Bearbeitung der fotografierten Reisedokumente erschien dabei relativ aufwändig. Die Überprüfung, ob die Inhaber der an der Grenze erfassten Pässe bereits in ISIS registriert sind, kann jedoch dank eines automatisierten Programms bewerkstelligt werden.

Im Bericht vom 31. März 2011 begründete das VBS den Nutzen einer Neuauflage von «Fotopass» insbesondere damit, dass sich der NDB dank der Reisedokumente eine aktuelle Fotografie der kontrollierten Personen beschaffen könne. Bereits letztes Jahr hatte die GPDel festgestellt, dass seit dem 11. Oktober 2011 die neue 155

Vgl. auch Berichterstattung der GPDel zum Geschäftsbericht des Bundesrates in der Sommersession 2012, AB 2012 S 625 156 Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Ziff. 4.3.2 (BBl 2012 6783, 6844) 157 Bundesgesetz vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz (DSG; SR 235.1)

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Verordnung über das zentrale Visa-Informationssystem (VISV)158 verschiedenen Schweizer Behörden Zugriff auf die Daten aller Personen gibt, die ein Gesuch für ein Schengen-Visa gestellt haben. Dazu gehört auch ihr Passbild.159 Der Zugriff des NDB auf diese Schengen-Daten erfolgt über das Zentrale Migrationssystem (ZEMIS). Der Zugang zu ZEMIS erfolgt wiederum gestützt auf Artikel 9 der dazugehörigen ZEMIS-Verordnung,160 welche es dem NDB erlaubt, Daten von Personen abzufragen, gegen die er Fernhaltemassnahmen prüft.

Die GPDel wollte am 25. April 2012 auch die Gelegenheit nutzen, um sich ein eigenes Bild darüber zu machen, wie der NDB über ZEMIS auf Fotos von Gesuchstellern eines Schengen-Visums zugreifen kann. Wie sich zeigte, war den Mitarbeitenden mit einem ZEMIS-Anschluss nicht bekannt, dass sie Zugriff auf solche Personendaten und Passbilder via ZEMIS hatten. Aus Sicht der GPDel stellte sich somit die Frage, ob die Zugriffsberechtigungen im elektronischen System nicht der ZEMIS-Verordnung entsprachen, oder ob die Verordnung selber fehlerhaft war. Die GPDel bat deshalb das VBS mit Schreiben vom 29. Mai 2012, diese Frage zu klären.

Am 11. Juni 2012 informierte der Direktor des NDB die GPDel, dass via ZEMIS effektiv ein Zugriff auf die Daten zu den Visumsgesuchen, inklusive der Passbilder von Antragsstellern, möglich sei. ZEMIS erlaube dem NDB den Zugriff auf die Daten aller Personen, die ein Schengen-Visum bei einer Schweizer Stelle beantragt hätten. Auf die übrigen Visumsinformationen, die von anderen Staaten ins zentrale Visumsinformationssystem C-VIS eingespiesen werden, habe der NDB jedoch «online» keinen Zugriff. Der NDB könne aber auf begründete Anfrage hin die Visumsinformationen von fedpol erhalten (vgl. Art. 17 VISV).

Im Oktober 2012 besprach die GPDel mit dem Direktor des NDB die Berichterstattung über die laufenden Fahndungsprogramme, die gemäss Artikel 24 Absatz 5 V-NDB jährlich an den Vorsteher des VBS ergeht. Im Berichtszeitraum von Mitte 2011 bis Mitte 2012 waren nur 0.5 Prozent der Reisenden, die von «Fotopass» an der Grenze erfasst wurden, auch in ISIS registriert. Dieser Anteil hatte sich seit dem Jahr 2007, als er noch bei 2 Prozent lag, stetig reduziert. Der seit 2011 sinkende Gesamtbestand an Personen, welche in ISIS registriert sind, dürfte, wie der Direktor des NDB bemerkte,
ein Grund dafür sein. Da der Anteil der «Treffer» in ISIS aber bereits am Sinken war, als ab 2008 die Bearbeitung der «Fotopass»-Daten mit zusätzlichem Personal forciert wurde und die Datenmenge in ISIS noch am Wachsen war, dürfte diese Erklärung für sich allein betrachtet nicht ausreichend sein.

Letztlich haben der NDB und die Kantone einen substanziellen Aufwand, um jährlich über 100 000 Grenzübertritte zu erfassen, obwohl über 99 Prozent der bearbeiteten Informationen erwartungsgemäss keine Relevanz für die Sicherheit der Schweiz haben werden. Im Übrigen ist der NDB in vielen Fällen dank seinem Zugriffsrecht auf Daten des Schengen-Visumsinformationssystems nicht auf «Fotopass» angewiesen, um an die Passinformationen von Personen zu gelangen, die in die Schweiz

158

Verordnung vom 6. Juni 2011 über das zentrale Visa-Informationssystem (VISV; SR 142.512) 159 Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Ziff. 4.3.4 (BBl 2012 6783, 6848) 160 Verordnung vom 12. April 2006 über das Zentrale Migrationsinformationssystem (ZEMIS-Verordnung; SR 142.513)

3587

einreisen wollen. Eine Visumspflicht besteht nämlich für nahezu alle Angehörigen der Staaten, die vom neuen Fotopassprogramm betroffen sind.161 Während der Bundesrat mit der Neuauflage des präventiven Fahndungsprogramms der Kritik des ISIS-Berichts der GPDel in rechtlicher Hinsicht Rechnung getragen hat, bleibt die Frage nach der Zweckmässigkeit und Wirksamkeit von «Fotopass» weiterhin aktuell. Im Frühjahr 2013 wird die GPDel voraussichtlich diesen Teil ihrer Nachkontrolle zum ISIS-Bericht mit einer entsprechenden Beurteilung abschliessen.

4.3.5

Einbezug der Auswertung und der Kantone in die Qualitätssicherung

In ihrem ISIS-Bericht hatte die GPDel festgestellt, dass die Datenerfassung und Qualitätskontrollen in ISIS durch Mitarbeitende gemacht werden, die mit der nachfolgenden Auswertung dieser Daten zu Staatsschutzzwecken nichts zu tun haben. Im vormaligen SND hingegen wurden die Auswerter direkt in den Prozess der Datenerfassung einbezogen, was die GPDel als zweckmässig erachtet hatte.162 Die GPDel zeigte sich davon überzeugt, dass ein Einbezug der Spezialisten aus der Auswertung bei der Datenerfassung zu einer massgeblichen Verbesserung der Datenqualität in ISIS führen würde.

Ebenso hielt es die GPDel für notwendig, dass die kantonalen Staatsschutzorgane die Qualität ihrer Meldungen zuhanden des NDB verbesserten. Damit sollte erreicht werden, dass Meldungen ohne ausreichende Staatsschutzrelevanz gar nicht erst an den NDB gelangen würden. Die GPDel verlangte deshalb mit ihren Empfehlungen 4 und 5 vom NDB einen schriftlichen Bericht zu den Fragen, wie das Personal der Auswertung im NDB und wie die kantonalen Staatsschutzorgane zur Verbesserung der ISIS-Datenqualität beitragen könnten.

Am 24. Februar 2012 hörte die GPDel verschiedene Vertreter des NDB zu den beiden Berichten an, die der NDB zu den Empfehlungen 4 und 5 verfasst hatte.

Der Bericht zum Einbezug des Fachwissens der Auswerter bei der Erfassung und Pflege von Informationen in ISIS umfasste zwei Seiten. Im Wesentlichen sah er als Zusatzmassnahme vor, dass die Mitarbeitenden, welche die eingegangenen Daten in ISIS erfassen und sie zu diesem Zweck vorgängig auf ihre Staatsschutzrelevanz kontrollieren müssen, an den NDB-internen Rapporten teilnehmen können, an welchen die Auswerter ihr Fachwissen einbringen. Ferner sollten die Auswerter eine Beurteilung zur Staatsschutzrelevanz abgeben können, wenn dies seitens des Informationsmanagements für die Datenerfassung und die periodische Überprüfung als notwendig erachtet wurde. Halbjährlich sollten die Auswerter zudem stichprobenweise überprüfen, ob die Daten, die von der Qualitätssicherung anlässlich der Gesamtbeurteilungen bestätigt wurden, effektiv noch von Nutzen sind.

Der Bericht sah ausserdem eine Prüfung vor, welche der Detailangaben, wie beispielsweise des Heimatorts, von der Auswertung effektiv benötigt werden. Wie die Anhörung der GPDel ergab, erfolgt eine solche Überprüfung nur einzelfallweise und 161

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Ziff. 4.3.4 (BBl 2012 6783, 6847) 162 Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7665, 7729)

3588

auf Initiative der Sektion Voranalyse hin. Eine systematische Überprüfung der von ISIS vorgegebenen Datenfelder findet hingegen nicht statt. Die Anhörungen ergaben auch, dass die Bezeichnung «Voranalyse» für den Prozess der Dateneingabe in ISIS eigentlich nicht sachgemäss ist. Die Bezeichnung «Integration» würde die effektive Tätigkeit der Erfassung von Daten ins System besser umschreiben. Der NDB prüfte eine solche Umbenennung; seit April 2012 heisst die Einheit «Datenerfassung/Triage».

Aus dem Bericht des NDB zu Empfehlung 5 ging hervor, dass die Auftragserteilung an die kantonalen Staatsschutzorgane vereinheitlicht und systematisiert wurde. Dies vereinfacht die Geschäftskontrolle im NDB und in den Kantonen. Die Liste der Aufträge an das Staatsschutzorgan eines Kantons steht auch dem zuständigen Kontrollorgan des jeweiligen Kantons zur Verfügung. Anhand dieser Liste kann das kantonale Kontrollorgan beispielsweise Einsicht in ISIS-Akten verlangen, die der kantonale Staatsschutz in Erfüllung eines Auftrags des NDB erstellt hat (vgl.

Art. 35a V-NDB).

4.3.6

Überprüfung der Ressourcenaufteilung bei der Bearbeitung von ISIS-Daten

Die Empfehlung 3 des ISIS-Berichts verlangte vom NDB, seine personellen Ressourcen so auf die verschiedenen Aufgaben der ISIS-Datenbearbeitung zu verteilen, dass nur so viele Informationen Eingang in ISIS finden, wie auch bei der Erfassung tatsächlich auf ihre Staatsschutzrelevanz geprüft und gemäss den gesetzlichen Vorgaben auch regelmässig beurteilt werden können. Um den Einsatz der Personalressourcen im NDB neu zu bestimmen, sollte der Dienst eine eigene Projektorganisation ins Leben rufen.

Im Frühjahr 2012 hat das VBS dem NDB ab 2013 drei zusätzliche Stellen in der Qualitätssicherung bewilligt (vgl. Ziff. 4.3.3). Sie ersetzen die Stellen, die seit dem Jahr 2010 auf temporärer Basis für den Abbau der Pendenzen in der Qualitätskontrolle zur Verfügung standen. Der NDB änderte auch das Organigramm und die Zuständigkeiten in den Bereichen, die für die Datenbearbeitung in ISIS zuständig sind. Seit dem Frühjahr 2012 sind die Personen, deren Aufgabe die Datenerfassung in ISIS ist, und die Personen, welche die Qualität dieser Daten prüfen, nicht mehr einem direkten, gemeinsamen Vorgesetzten unterstellt. Neu erfolgte auch eine Spezialisierung im Bereich der Datenerfassung, indem die Aufgaben der Datentriage und der nachträglichen Eingabe in ISIS unterschiedlichen Personen übertragen wurden.

Bei seiner Überprüfung der Zuteilung der Personalressourcen beschränkte sich der NDB auf die Abteilung Informationsmanagement. Eine übergeordnete Sicht des Ressourcenbedarfs, beispielsweise unter Einbezug der Abteilung Auswertung, die letztlich die ISIS-Daten für ihre Lageanalysen verwenden, erfolgte jedoch nicht.

Hingegen hat der NDB bereits im Sommer 2010 eine externe Beratungsfirma damit beauftragt, die Arbeitsprozesse der Abteilung Informationsmanagement zu analysieren. Die Abklärungen wurden im Februar 2011 mit einem 60-seitigen Bericht abgeschlossen.

Die Studie rechnete dem NDB vor, welche personellen Kapazitäten notwendig wären, um die Pendenzen in der Qualitätssicherung bis Ende 2012 zu erledigen. Der 3589

Bericht analysierte auch die grundlegenden Zusammenhänge innerhalb der Arbeitsprozesse rund um die Daten von ISIS und entwickelte daraus verschiedene Verbesserungsansätze. Die Vorschläge stellten jedoch das Geschäftsmodell, das der NDB vom früheren Inlandnachrichtendienst für den Betrieb von ISIS übernommen hatte, nicht grundsätzlich in Frage.

Hingegen unterzog die externe Firma im Auftrag des NDB den Inspektionsbericht der GPDel zu ISIS einer kritischen Würdigung und gab Empfehlungen ab, die der Stellungnahme des Bundesrates zum GPDel-Bericht widersprachen.

Greifbare Folgen für die Datenbearbeitung im NDB hatte die Studie letztlich nur für die organisatorische Unterstellung der Qualitätssicherung und die personnelle Verteilung der Aufgaben unter dem Personal der Datenerfassung, die wie bereits erwähnt im Frühjahr 2012 geändert wurden.

4.3.7

Trennung von Staatsschutz- und Verwaltungsdaten

In der Empfehlung 6 des ISIS-Berichts empfahl die GPDel dem Bundesrat, sicherzustellen, dass nur staatsschutzrelevante Informationen und keine Verwaltungsdaten im System Staatsschutz (ISIS01) abgelegt werden. Damit wollte die GPDel in Zukunft verhindern, dass Personen, mit denen sich der NDB wie jede andere Bundesstelle aus administrativen Gründen befassen musste, in ISIS01 verzeichnet wurden.

Auf diese Problematik war die GPDel gestossen, als sie selber Abfragen in ISIS vorgenommen hatte.163 Laut dem Bericht der GPDel gehörten die Daten solcher Personen in das System «ISIS02 Verwaltung». In ihrem Bericht ging die GPDel ausserdem davon aus, dass nur die ISIS01-Datenbank staatschutzrelevante Daten enthalten darf.164 Wie von der Empfehlung 6 verlangt, legt der NDB nun die zur Verwaltungstätigkeit gehörenden Daten nur noch in ISIS02 ab. Vollständig umgesetzt wird die Empfehlung aber erst sein, wenn auch alle Daten in ISIS01, die rein administrative Belange betreffen, nach ISIS02 migriert werden. Zurzeit führt der NDB ein eigentliches Geschäftsverwaltungssystem ein, das ISIS02 ersetzen und dessen Daten übernehmen wird.

Die Datenbearbeitung in ISIS02 wird seit dem 1. Juni 2011 durch eine Weisung des Direktors NDB geregelt. Diese Weisung sieht unter anderem vor, dass «Berichte, welche einen in der Datenbank Staatsschutz dokumentierten Verdacht entkräften, zusammen mit dem verdachtsbegründenden Bericht in der [Datenbank] Verwaltung erfasst»165 werden, wenn der NDB sie aus der Staatsschutzdatenbank löscht. Dies ist der Fall, wenn die Qualitätskontrolle ergibt, dass über die betreffende Person ein entlastender Bericht vorliegt.

Wenn aber eine Information nicht mehr staatsschutzrelevant ist, dann muss sie gemäss Artikel 15 Absatz 1 BWIS gelöscht werden. Somit stellt sich die Frage, ob Informationen, die in ISIS01 gelöscht werden müssen, zuvor als Kopien in ISIS02

163

Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7665, 7679) 164 Ibid. (BBl 2010 7665, 7713) 165 Weisung des Direktors NDB vom 1. Juni 2011, S. 2

3590

abgelegt werden dürfen. Im Jahr 2013 wird sich die GPDel mit dieser Problematik weiter befassen.

4.3.8

Keine Erfassung von Daten ohne Beurteilung ihrer Relevanz

Laut Empfehlung 8 des ISIS-Berichts sollte der Bundesrat das Ausführungsrecht so präzisieren, dass vor der Erfassung von neuen Informationen in ISIS zwingend eine Beurteilung verlangt wird, ob diese Informationen die Staatsschutzrelevanz der sie betreffenden Personen bestätigt oder verneint. Am 9. Dezember 2011 erfüllte der Bundesrat diese Forderungen, indem er Artikel 29 Absatz 2 ISV-NDB fast wortgetreu mit dieser Vorschrift ergänzte.

Die Anhäufung vieler irrelevanter Informationen in ISIS war nicht zuletzt die Folge von unzweckmässigen Richtlinien für die Datenerfassung. So wurde eine Drittperson automatisch staatsschutzrelevant, wenn über sie drei oder mehr Meldungen in ISIS Eingang gefunden hatten.166 Ein ähnlicher Automatismus lag auch den Richtlinien zur «Abgestuften Erfassung von gewaltorientierten Aktivisten» zugrunde.167 Die GPDel beurteilte diese Mechanismen als einen letztlich untauglichen Versuch, die Erheblichkeit einer Information zu bestimmen, ohne dass sich die Mitarbeitenden des Nachrichtendienstes bei der Dateneingabe mit der eigentlichen Bedeutung der bearbeiteten Information auseinandersetzen mussten. Folglich verlangte die GPDel in Empfehlung 9, alle derartigen Regeln aufzuheben und die Richtlinien für die Datenerfassung in ISIS zu überarbeiten.

Die unzweckmässigen Erfassungsregeln wurden aufgrund der vorgängigen Kritik168 der ND-Aufsicht bereits im Frühjahr 2010 aufgehoben. Bis im Sommer 2011 hat der NDB verschiedene neue Weisungen und eine Liste von erläuternden Fallbeispielen (Kasuistik) für die Datenerfassung in ISIS produziert. Die ISIS-Erfassungsrichtlinien, die noch 225 Seiten umfassen, wurden im April 2012 teilweise überarbeitet.

Laut der ND-Aufsicht, welche die Handhabung der neuen Vorschriften vor Ort überprüft, bedingt die neue Erfassungspraxis ein umfangreiches Fachwissen und muss noch in der Praxis gefestigt werden.

4.3.9

Auskunftsrecht

In ihrer Empfehlung 11 hatte die GPDel dem Bundesrat vorgeschlagen, das indirekte Einsichtsrecht im bisherigen Artikel 18 BWIS durch ein aufgeschobenes Auskunftsrecht nach den Modalitäten von Artikel 8 des Bundesgesetzes über die polizeilichen Informationssysteme (BPI)169 zu ersetzen. In der BWIS-II-Zusatzbotschaft170 vom

166 167 168 169 170

Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7665, 7685) Ibid. (BBl 2010 7665, 7694) Ibid., Ziff 2.10 (BBl 2010 7665, 7698) Bundesgesetz vom 13. Juni 2008 über die polizeilichen Informationssysteme des Bundes (BPI; SR 361) Zusatzbotschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS II reduziert) vom 27. Okt. 2010 (BBl 2010 7841)

3591

27. Oktober 2010 schlug der Bundesrat eine für die Gesuchsteller noch weitergehende Regelung vor, nämlich das Auskunftsrecht nach Artikel 8 und 9 DSG.

Nachdem der Ständerat in der Sommersession 2011 dem Bundesrat gefolgt war, wollte der Nationalrat in der Herbstsession an der bisherigen Form des Auskunftsrechts festhalten. Als der Ständerat als Kompromiss ein Auskunftsrecht nach Artikel 8 BPI vorschlug, entschied sich in der Wintersession auch der Nationalrat auf Antrag seiner Rechtskommission für diese Lösung. Damit wurde die Empfehlung 11 der GPDel vollumfänglich umgesetzt.

Im ISIS-Bericht erwähnte die GPDel einen unpublizierten Entscheid des BVGer vom 18. März 2009, der die Unterstellung der Geschäftsverwaltungsdatenbank ISIS02 unter das direkte Auskunftsrecht von Artikel 8 und 9 DSG verlangte.171 Ausgehend von diesem Gerichtsurteil, dessen Anwendung weiterhin ausstand, schlug die Delegation in Empfehlung 10 dem Bundesrat vor, mit Ausnahme der Staatsschutzdatenbank ISIS01 auf alle anderen ISIS-Datenbanken das direkte Auskunftsrecht anzuwenden.

Der Bundesrat erklärte sich bereit, Empfehlung 10 zu prüfen.172 Allerdings würde dies erst bei der Redaktion der Bestimmungen über die zukünftigen Informationssysteme des NDB für das zukünftige Nachrichtendienstgesetz erfolgen.

Im April 2012 erfuhr die GPDel von der ND-Aufsicht, dass der NDB aufgrund des BVGer-Urteils vom 18. März 2009 begonnen hatte, das direkte Auskunftsrecht auf ISIS02 anzuwenden. Diese Aussage wurde anlässlich der Aussprache der Delegation mit dem EDÖB vom 26. Juni 2012 bestätigt.

Am 16. Juli 2012 sind die revidierten Bestimmungen von Artikel 18 BWIS in Kraft getreten. Aus diesen Bestimmungen lässt sich nun ein direktes Einsichtsrecht für ISIS02 herleiten. Für Verwaltungsdaten kann nämlich kein Geheimhaltungsinteresse, das beispielsweise für die Daten in ISIS01 in Betracht kommt, gelten. Somit muss der NDB über Daten in ISIS02 nach dem allgemeinen Datenschutzrecht Auskunft erteilen. Die Auskunft kann auch für den Fall nicht aufgeschoben werden, dass über die gesuchstellende Person in ISIS02 keine Daten verzeichnet sind. Mit der BWIS-II-Revision wurde somit bereits das wichtigste Anliegen der Empfehlung 10 umgesetzt.

4.3.10

Aufstockung der ND-Aufsicht

Die eidgenössischen Räte stimmten am 3. Oktober 2008 dem neuen Bundesgesetz über die Zuständigkeiten im Bereich des zivilen Nachrichtendienstes (ZNDG) zu, das von der GPDel aufgrund der Pa. Iv. Hofmann (07.404) erarbeitet worden war.

Am 10. Oktober 2008 machte die GPDel den Bundesrat schriftlich darauf aufmerksam, dass Artikel 8 ZNDG vom ihm verlange, neben der Tätigkeit des Inlandnachrichtendienstes neu auch die des Auslandnachrichtendienstes einer Verwaltungskontrolle zu unterstellen. Noch im Jahr 2008 hatte der Bundesrat die Schaffung einer

171

Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7665, 7713) 172 Datenbearbeitung im Staatsschutzinformationssystem ISIS, Stellungnahme des Bundesrates vom 20. Okt. 2010 zum Bericht der GPDel vom 21. Juni 2010 (BBl 2010 7739, 7754)

3592

solchen Kontrolle über den Auslandnachrichtendienst abgelehnt, welche die GPDel in ihrem zweiten ONYX-Bericht vom 9. November 2007 gefordert hatte.173 In ihrem Schreiben vom 10. Oktober 2008 bat die GPDel den Bundesrat, ihr noch vor Ende des Jahres 2008 darzulegen, mit welchen personellen Ressourcen er diese Aufsichtsaufgabe nach der Überführung des Inlandnachrichtendienstes vom EJPD ins VBS auf Anfang 2009 wahrnehmen wolle. Mit Schreiben vom 12. Dezember 2008 teilte der Bundesrat der GPDel mit, dass ab Anfang 2009 zwei Mitarbeiter aus dem Inspektorat EJPD ins VBS wechseln und dort die Kontrolle über den Inlandnachrichtendienst weiterführen würden. Wenn nach Inkrafttreten des ZNDG die Verwaltungskontrolle auch auf den Auslandnachrichtendienst ausgedehnt werden würde, wollte der Bundesrat dafür zwei weitere Stellen zur Verfügung stellen.

Der Bundesrat setzte das ZNDG auf den 1. Januar 2010 in Kraft. Anlässlich der Anhörung der ND-Aufsicht im März 2010 eruierte die GPDel einen Bestand von drei Personen; der Entscheid für die Besetzung einer vierten Stelle war noch ausstehend. Da ihre ISIS-Inspektion die Notwendigkeit einer funktionsfähigen Verwaltungskontrolle erneut bestätigt hatte, wollte die GPDel mit Empfehlung 15 das VBS dazu bewegen, den Bestand der ND-Aufsicht auf die vom Bundesrat zugesagte Zahl aufzustocken. Die ND-Aufsicht konnte ihre vierte Stelle im April 2011 besetzen.

Damit war Empfehlung 15 der GPDel erfüllt.

Im Januar 2012 erhielt die GPDel von zwei Mitarbeitern der ND-Aufsicht eine Aufsichtseingabe. Dieser gab die Delegation jedoch keine Folge, weil das BVGer die Angelegenheit bereits im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu Ungunsten der beiden Aufsichtseingeber beurteilt hatte.

Die GPDel wurde im Februar 2012 darüber informiert, dass das VBS die beiden Mitarbeiter von ihren Aufgaben in der ND-Aufsicht freigestellt hatte. Als die GPDel im April 2012 ihre jährliche Aussprache mit dem Leiter der ND-Aufsicht führte, erfuhr sie, dass der Chef VBS bereits einen zusätzlichen Mitarbeiter auf zeitlich befristeter Basis der ND-Aufsicht zur Verfügung gestellt hatte. Ein weiterer Mitarbeiter konnte im darauf folgenden Monat angestellt werden.

4.3.11

Pendenzen für das Nachfolgesystem von ISIS-NT

Zu jeder registrierten Person existiert in ISIS ein Datenfeld, das den Zeitpunkt festhält, an welchem die letzte Gesamtbeurteilung der Daten dieser Person erfolgte.

Im Verlauf ihrer ISIS-Untersuchung stiess die GPDel jedoch auf eingetragene Kontrollen, die gar nie stattgefunden haben konnten. Es stellte sich heraus, dass das Datum dieser fingierten Kontrolle nachträglich in ISIS eingefügt worden war. Aufgrund solcher fiktiven Daten wurde die Zeitspanne bis zur nächsten Überprüfung vorschriftswidrig verlängert. Mit der rechtswidrigen Verlängerung der Fristen sollte verhindert werden, dass die Arbeitserledigung der Qualitätssicherung noch mehr in den Rückstand geriet.

Um in Zukunft solche Manipulationen zu verhindern, verlangte die GPDel in Empfehlung 14, dass das Datum jeder Gesamtbeurteilung, die zu einer registrierten 173

Rechtmässigkeit und Wirksamkeit des Funkaufklärungssystems «Onyx», Stellungnahme des Bundesrates vom 14. März 2008 zum Bericht der GPDel vom 9. Nov. 2007 (BBl 2008 2571, 2574)

3593

Person vorgenommen wurde, im System korrekt nachgewiesen werden kann. Der Bundesrat zeigte sich bereit, diese Empfehlung bei der Entwicklung des nächsten ISIS-Systems zu berücksichtigen.

Der Bundesrat sicherte auch zu, dass in Erfüllung der Empfehlung 16 des ISISBerichts nur Daten in ein zukünftiges ISIS-System migriert werden sollten, die allen gesetzlichen Qualitätsanforderungen genügten. Die Entwicklung eines solchen Informationssystems hatte der NDB im Februar 2010 beschlossen. Ursprünglich plante der NDB nicht nur, das System vor Ende 2012 zu realisieren, sondern wollte bis zu diesem Zeitpunkt darin auch alle Daten aus dem heutigen ISIS übernehmen.

Diese Planung hat sich inzwischen als unrealistisch erwiesen.

Dank dem Abbau der Pendenzen in der Qualitätssicherung darf der aktuelle ISISDatenbestand als rechtskonform gelten. Gleichzeitig machen die Verzögerungen in der Informatikplanung des NDB die Empfehlung 16 gegenstandslos. Um die Umsetzung der Empfehlung 14 zu kontrollieren, wird sich die GPDel im kommenden Jahr noch mit den Detailspezifikationen des zukünftigen Systems befassen.

In Empfehlung 17 verlangte die GPDel vom VBS einen Bericht, der die aktuellen und zu erwartenden technischen Möglichkeiten darlegen sollte, wie elektronische Daten personenbezogen erschlossen werden können. Aus dem Bericht sollte letztlich erkennbar sein, welche rechtlichen Grenzen das BWIS den technischen Möglichkeiten für die personenbezogene Erschliessung von Informationen setzen würde. Der Bericht sollte verwaltungsextern und gestützt auf den aktuellen akademischen Wissensstand erstellt werden.

Für die Studie beauftragte der NDB am 18. August 2011 die gleiche Firma, die bereits im Februar 2011 den Bericht über die Prozesse im Informationsmanagement geliefert hatte (vgl. Ziff. 4.3.6). Nachdem Ende 2011 der vertraglich festgelegte Abschlusstermin verstrichen war, bat die GPDel um eine Kopie der Studie. Dem entgegnete der Direktor des NDB im Februar 2012, dass sich der vorliegende Entwurf zu sehr auf die technischen Möglichkeiten der heutigen Informationssysteme des NDB beschränkt habe. Der NDB habe deshalb eine Überarbeitung in Auftrag gegeben, um auch die neuesten technischen Entwicklungen berücksichtigen zu können.

Diese Vorgehensweise war nicht weiter erstaunlich, hatte doch der Auftrag des NDB in erster
Linie eine Analyse der «heutigen Systeme» verlangt und war bezüglich der Analyse von neuen technischen Möglichkeiten sehr vage geblieben. Als die GPDel im Juni 2012 die endgültige Version der Studie zur Kenntnis nahm, war der Nutzen, den der NDB aus diesem 30-seitigen Bericht ziehen konnte, nicht konkret ersichtlich. In der Studie fehlt zudem eine fundierte rechtliche Analyse, wie der Begriff «personenbezogene Erschliessung» interpretiert werden kann und welche Konsequenzen diese Auslegung für die technischen Möglichkeiten, Personendaten zu speichern und abzurufen, haben könnte. Damit verpasste der NDB eine Chance, Erkenntnisse für die Ausgestaltung des neuen Nachrichtendienstgesetzes zu gewinnen.

3594

4.4

Pilotversuch mit dem Informationssystem äussere Sicherheit ISAS

Bei der Erarbeitung des ZNDG im Rahmen der Pa. Iv. Hofmann (07.404) hatte die GPDel die Bestimmungen von Artikel 99 MG über die Datenbearbeitung unverändert in Artikel 5 ZNDG übernommen. Mit der Annahme dieses Artikels stellte das Parlament die Kontinuität der gesetzlichen Grundlagen für die Bearbeitung der Informationen aus der Auslandbeschaffung auch unter dem reorganisierten zivilen Nachrichtendienst sicher.

Vor der Schaffung des NDB betrieb der Auslandnachrichtendienst bereits zwei Datensammlungen zu den Bereichen Terrorismus und Proliferation. Aufgrund der damit gemachten Erfahrungen wurde ab 2007 ein Nachfolgesystem entwickelt, das im zweiten Semester 2009 erstmals als lauffähige Version vorlag.174 Dieses System nahm der NDB unter der Bezeichnung ISAS (Informationssystem äussere Sicherheit) im Juni 2010 in Betrieb. Zugleich übernahm ISAS die Daten über Proliferation und Terrorismus aus den bisherigen Datensammlungen.

ISAS ist ein unerlässliches Arbeitsinstrument für die tägliche Arbeit des NDB. Im Verlauf des Jahres 2012 erreichte die Zahl der in ISAS bearbeiteten Personen den gleichen Stand wie die vergleichbare Zahl von Personen und Drittpersonen in ISIS.

In ISAS registriert der NDB ausserdem auch Informationen, die gestützt auf das BWIS beschafft wurden. Nach Interpretation des BJ und der GPDel verlangt jedoch Artikel 6 ZNDG, dass solche Informationen ausschliesslich in ISIS abgelegt werden.175 Diese Meinung teilt auch die ND-Aufsicht, die der Vorsteher des VBS auf Antrag der GPDel (Brief vom 25. Januar.2011) damit beauftragt hatte, die Datenerfassung in ISAS zu überprüfen. Der NDB will jedoch an seiner nicht rechtmässigen Praxis «im Sinne einer Übergangslösung»176 festhalten, bis ein neues Informatiksystem (IASA NDB, Informations- und Analyse System All Source NDB und Auswertungstool) die heutigen Systeme ISAS und ISIS auf eine einheitliche technologische Basis stellen wird. Die Realisierung dieses Systems, das der NDB ursprünglich auf Ende 2012 in Betrieb nehmen wollte, hat sich jedoch laufend verzögert.

Deshalb stellte die GPDel im Juni 2012 gegenüber dem Vorsteher des VBS fest, dass «der NDB seit der Inbetriebnahme von ISAS im Juni 2010 wissentlich die Bestimmungen von Art. 6 ZNDG [missachtet]».177 Auch wenn es sich nach Ansicht des NDB nur um eine Übergangslösung handeln sollte,
betrachte die GPDel diesen nicht rechtskonformen Zustand als problematisch. Zudem dauere dieser Zustand nun seit zwei Jahren an, ohne dass angesichts der Verzögerungen im Terminplan des Projekts IASA ein Ende absehbar sei. Im Antwortschreiben vom 3. Juli 2012 erhielt die GPDel vom Vorsteher des VBS die Zusicherung, dass er die Frage der Ablage von BWIS-Daten in ISAS einer abschliessenden Regelung zuführen werde, nachdem die ND-Aufsicht ihre Nachfolgeprüfung gemäss Inspektionsprogramm 2012 abgeschlossen habe.

Der NDB betreibt die ISAS-Datenbank nicht gestützt auf den Artikel 5 ZNDG, den die GPDel bei der Erarbeitung des ZNDG als Rechtsgrundlage für die Bearbeitung 174

Projekte ISDACO und IASA NDB, Prüfbericht der EFK vom 10. Aug. 2012 zuhanden der FinDel und GPDel, S. 10 175 Jahresbericht 2010 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2011, Ziff. 3.8.7 (BBl 2011 4045, 4123) 176 Inspektionsberichts Nr. 2 der ND-Aufsicht vom 12. März 2012, S. 36 177 Brief der GPDel an den Vorsteher VBS vom 11. Juni 2012

3595

von Daten aus der Informationsbeschaffung über das Ausland vorgesehen hatte, sondern als befristeten Pilotversuch nach Artikel 17a DSG. Diese Wahl hatte das VBS im Herbst 2009 bei der Ausarbeitung der Verordnungen zum ZNDG getroffen.

Mit der Annahme von Artikel 17 Abs. 1 ISV-NDB billigte der Bundesrat dieses Vorgehen.

Pilotversuche nach Artikel 17a DSG sind eigentlich dafür gedacht, praktische Erfahrungen zu gewinnen, um die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für ein zukünftiges Informationssystem erarbeiten zu können. Erst nach dem Erlass dieser gesetzlichen Grundlagen sollte dann der produktive Einsatz des neuen Systems folgen.

Weil die gesetzlichen Grundlagen für ein Informationssystem fehlen, unterliegt ein solcher Versuch verschiedenen Auflagen, um die damit verbundenen Persönlichkeitsverletzungen auf das notwendige Minimum zu beschränken. Als Erschwernis stellte sich der Umstand heraus, dass der NDB alle Daten aus den bisherigen Datenbanken für den Pilotversuch in ISAS übernommen hatte, um sie allen Mitarbeitenden der Abteilung Auswertung zugänglich zu machen.178 Spätestens zwei Jahre nach Beginn des Pilotversuchs muss der Bundesrat aufgrund eines Evaluationsberichts über dessen Fortführung entscheiden. Der Pilotversuch selber darf höchstens fünf Jahre andauern. Wird bis dahin keine formelle gesetzliche Grundlage geschaffen, muss der Betrieb von ISAS als Pilotversuch eingestellt werden.

Als Pilotversuch nach Artikel 17a DSG ist der Betrieb von ISAS somit zeitlich limitiert und unterliegt strengen Auflagen bezüglich der Daten, die damit bearbeitet werden dürfen. Bereits vor Beginn des Versuchs war es fraglich, ob der NDB diese Vorgaben einhalten könnte. Deshalb empfahl die GPDel am 24. April 2010 dem Vorsteher des VBS, abzuklären, ob ISAS anstatt auf der Grundlage von Artikel 17a DSG gestützt auf Artikel 5 ZNDG betrieben werden könnte,179 hatte doch der Gesetzgeber diesen Artikel für die Bearbeitung von Informationen vorgesehen, die der NDB über das Ausland beschafft. Wie aus dem Antwortschreiben vom 12. Mai 2012 hervorging, liess der Vorsteher des VBS diese Frage jedoch nicht näher überprüfen.

Nachdem der NDB im Februar 2011 dem EDÖB einen ersten Zwischenbericht zum Pilotversuch ISAS abgeliefert hatte, legte das VBS am 8. Juni 2012 dem Bundesrat den nach Artikel 17a Absatz 4 DSG
vorgeschriebenen Evaluationsbericht zur Genehmigung vor. Der Bundesrat nahm den Bericht und die Empfehlung, den Pilotversuch weiterzuführen, an.

Der Evaluationsbericht beurteilte die Systemarchitektur von ISAS als technisch fortschrittlich und stellte fest, dass das System den Mitarbeitern des NDB eine flexible und integrierte Analysetätigkeit anhand den erfassten Daten erlauben würde.

Mängel würden bei den Schnittstellen zu anderen Systemen und bei der Generierung von Statistiken für die Aufsichtsorgane verzeichnet. Ausserdem müsste die Systemstabilität durch den Einbezug weiterer Benutzerbereiche getestet werden. Erkenntnisse für die Ausgestaltung der zukünftigen Gesetzesbestimmungen, die das Informationssystem in seiner endgültigen Konfiguration regeln sollten, enthielt der Bericht keine.

178

Jahresbericht 2010 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2011 (BBl 2011 4045, 4129) 179 Jahresbericht 2010 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2011 (BBl 2011 4045, 4130)

3596

Am 26. Juni 2012 besprach die GPDel den Evaluationsbericht mit dem EDÖB.

Dieser war grundsätzlich mit der Weiterführung des Pilotbetriebs einverstanden, sofern der NDB darauf verzichten würde, die Anzahl der Zugangsberechtigten zu erhöhen. Aus Sicht des EDÖB würde ein solcher Schritt letztlich ISAS vom Pilotbetrieb in den Normalbetrieb überführen.

Der NDB hatte geltend gemacht, dass es in Zukunft notwendig sein könnte, Mitarbeiter der kantonalen Staatsschutzorgane in den Versuch einzubeziehen. Laut dem EDÖB müsste der NDB eine Beteiligung weiterer Personen am Versuch begründen.

Gestützt darauf würde der EDÖB dem Bundesrat eine Empfehlung abgeben, ob er den Antrag des NDB unterstützt oder nicht.

Der Evaluationsbericht skizzierte auch das Vorgehen, nach welchem das VBS die gesetzlichen Grundlagen für ISAS schaffen wollte. Das ZNDG sollte revidiert werden, um den bisherigen Artikel 5 zu ersetzen. Es war geplant, dass der Bundesrat die Botschaft noch vor Ende 2012 verabschieden würde.

4.5

Sicherheitspolitische Führung des Bundesrates

4.5.1

Vorgeschichte

Der Sicherheitsausschuss des Bundesrates (SiA) wurde im Jahr 1994 geschaffen. Er setzte sich aus den Departementsvorstehern des VBS, des EDA und des EJPD zusammen. Als der Bundesrat im Sicherheitspolitischen Bericht 2000 die strategische Führung neu konzipierte, schuf er als vorbereitendes Organ für den SiA die Lenkungsgruppe Sicherheit (LGSi).180 Das Sekretariat der beiden Organe wurde dem Lage- und Früherkennungsbüro des Nachrichtenkoordinators anvertraut. Die Strukturen und Verfahren regelte der Bundesrat in seinen Weisungen über die Organisation der Sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates vom 3. November 1999.181 Am 22. Juni 2005 beschloss der Bundesrat die Schaffung eines Kern- bzw. Krisenstabs, welcher den SiA bei der Bewältigung von Krisen unterstützen sollte. Gleichzeitig wurde die Stelle des Nachrichtenkoordinators aufgehoben. Sein Büro wurde in den Stab des Sicherheitsausschusses (Stab SiA) umgewandelt und übernahm neu auch die Erstellung von Vorsorgeplanungen,182 auf die sich der Vorsitzende SiA für die Bewältigung von Krisensituationen bei strategischen Bedrohungen und Katastrophen stützen sollte. Zu diesem Zweck wurde der Personalbestand des Stabs verdoppelt. In der LGSi nahmen neu auch zwei Vertreter der Kantone Einsitz. Am 24. Oktober 2007 regelte der Bundesrat diese Neuerungen in der Verordnung über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates.183 Ende 2008 unterzog der Stab SiA die Umsetzung der Entscheide vom 22. Juni 2005 einer Evaluation. Die zu diesem Zweck durchgeführte Befragung der Mitglieder der LGSi ergab eine grundsätzlich positive Beurteilung der vorhandenen Strukturen und Verfahren. Der Bericht vom 21. November 2008, der vom SiA genehmigt und auch 180 181

Sicherheitspolitischer Bericht 2000 vom 7. Juni 1999, Ziff. 8 (BBl 1999 7657, 7717) Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates vom 3. Nov. 1999 (BBl 2000 228) 182 Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates vom 24. Aug. 2011, 3. Abschnitt (BBl 2011 6837, 6839) 183 Verordnung über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates vom 24. Okt. 2007 (AS 2007 5217)

3597

dem Bundesrat zur Kenntnis gebracht wurde, machte kleinere Empfehlungen, die aufzeigten, wie das Funktionieren des bestehenden Systems verbessert werden könnte. Ein Bedarf für grundlegende Reformen wurde jedoch nicht ausgewiesen.

4.5.2

Empfehlungen der parlamentarischen Oberaufsicht

In ihrem Bericht zum Fall Tinner184 stellte die GPDel im Januar 2009 fest, dass sich der Bundesrat erst spät mit der Problematik des Falles befasst und diesen nie im Hinblick auf eine umfassende und kohärente Lösung diskutiert hatte. Dadurch verlor der Bundesrat unter dem Druck der USA zunehmend an Handlungsfreiheit. Die Untersuchung der GPDel zeigte auch, dass die heiklen Fragen des Falles Tinner im SiA nie zur Sprache gekommen waren. Gerade dieser Ausschuss war jedoch geschaffen worden, um sicherheitspolitische Entscheide des Bundesrates vorzubereiten. Ausserdem waren genau die drei Departemente, die in den Fall Tinner involviert waren, im SiA vertreten. Trotzdem liess der Bundesrat es zu, dass das EJPD den Fall mit ad hoc geschaffenen Strukturen zu bewältigen versuchte.

Mit der Empfehlung 3 ihres Berichts forderte die GPDel deshalb vom Bundesrat ein Konzept, das aufzeigen sollte, wie er in Zukunft Geschäfte, die von grosser sicherheits- und aussenpolitischer Bedeutung sind und bei denen er der Geheimhaltung einen hohen Stellenwert einräumt, interdepartemental aufarbeiten und vorbereiten wollte. In seiner Stellungnahme zum Fall Tinner machte der Bundesrat geltend, für die Vorbereitung von Geschäften mit grossem Geheimhaltungsinteresse stünden ihm bereits gut ausgebaute Strukturen zur Verfügung. Als Beispiel nannte er den SiA, obwohl dieser gerade im Fall Tinner nicht tätig geworden war.

Die Erarbeitung eines von der GPDel verlangten Konzepts hielt der Bundesrat für überflüssig. Dies bedauerte die GPDel gegenüber dem Bundesrat mit Schreiben vom 26. Oktober 2009. Gleichzeitig signalisierte die Delegation dem Bundesrat, dass sie sich weiter mit der Frage befassen werde, ob die sicherheitspolitische Führung des Bundesrates über zweckmässige Strukturen und Verfahren verfüge. Die GPDel wünschte deshalb eine Aussprache mit den Mitgliedern des SiA im folgenden Jahr.

In ihrem Bericht185 über die Finanzmarktkrise und die Herausgabe von UBSKundendaten an die USA vom 30. Mai 2010 beklagten die GPK, dass wichtige Geschäfte zu spät und zu wenig im Bundesrat selber beraten worden waren. Wie die Untersuchung der GPK gezeigt hatte, wäre eine frühzeitige, vertiefte und breiter abgestützte Diskussion schwieriger Themen in den bundesrätlichen Ausschüssen leichter möglich gewesen als im Bundesrat selber.

In der
Motion 3 des Berichts forderten deshalb die GPK vom Bundesrat, seine Ausschüsse im RVOG so zu regeln, dass sie bei wichtigen und übergreifenden Geschäften einen Ausgleich zwischen dem Departemental- und dem Kollegialprinzip schaffen, und somit die Entscheidgrundlagen des Bundesrates verbessert werden.

Als die GPK-S im Jahr 2010 die Libyen-Affäre untersuchte, beurteilte die GPDel in ihrem Auftrag die Planung der Exfiltration der zwei in Libyen zurückgehaltenen 184

Fall Tinner: Rechtmässigkeit der Beschlüsse des Bundesrats und Zweckmässigkeit seiner Führung, Bericht der GPDel vom 19. Jan. 2009 (BBl 2009 5055) 185 Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe der UBSKundendaten an die USA, Bericht der GPK-N/S vom 30. Mai 2010 (BBl 2011 3099)

3598

Schweizer durch das EDA und das VBS. Dabei stellte die GPDel erneut fest, dass «der SiA bei departementsübergreifenden und sicherheitspolitisch relevanten Geschäften aus den SiA-Departementen von diesen übergangen»186 worden war.

In der Empfehlung 11 des Berichts der GPK-S vom 3. Dezember 2010 empfahl deshalb die GPDel dem Bundesrat, die Rolle und die Bedeutung sowie die Aufgabe des SiA grundsätzlich zu überdenken und dieses Organ entweder entsprechend zu stärken oder aber es einem neuen Zweck zuzuführen.

4.5.3

Reformen des Bundesrates

In seiner Antwort vom 13. Oktober 2010 auf den Bericht der GPK zur Finanzmarktkrise187 anerkannte der Bundesrat, dass seine Ausschüsse ein Mittel seien, um die kollegiale Führung zu stärken. Bis Ende 2010 wollte er sämtliche bestehenden Ausschüsse aufheben und per Anfang 2011 nur noch diejenigen neu bestellen, die effektiv gebraucht würden. Diese Ausschüsse wollte er gezielt stärken.

In der ebenfalls am 13. Oktober 2010 verabschiedeten Zusatzbotschaft zur Regierungsreform188 machte der Bundesrat einen Vorschlag, wie die Ausschüsse gestärkt werden könnten. So sollte eine Bestimmung des RVOG ein Sekretariat für jeden Ausschuss vorsehen. Die dem federführenden Departement angegliederten Sekretariate sollten für die administrative Begleitung der Ausschüsse wie Sitzungsorganisation, Protokollierung und Aktenverwaltung zuständig sein.

Obwohl die GPDel eine Aussprache mit dem SiA bereits für Mitte 2010 angestrebt hatte, konnte ein Treffen erst auf Ende 2010 anberaumt werden. Kurz vor diesem Termin bestellte der Bundesrat wie angekündigt am 17. Dezember 2010 seine Ausschüsse neu. Dies führte zu einer neuen Zusammensetzung des SiA: Das EVD übernahm den Sitz des EDA.189 Am 20. Dezember 2010 liess sich die GPDel vom Vorsteher des VBS als Vorsitzender des SiA den Entscheid des Bundesrates näher erläutern. Die neue Zusammensetzung des SiA wurde mit dem Bestreben des Bundesrates begründet, auch den Stellvertreter des Vorsitzdepartementes in den jeweiligen Ausschuss aufzunehmen. Auf sechs der neun Ausschüsse hatte der Bundesrat diese Regelung angewandt. Der Vorsteher des EVD war allerdings in sechs Ausschüssen vertreten, während die anderen Departementsvorsteher nur in vier oder weniger Ausschüssen Einsitz nahmen.

Wie die GPDel vom Vorsteher des VBS erfuhr, hatte der Staatssekretär des EDA zusammen mit dem Direktor von fedpol und dem Direktor des NDB im Sommer 2010 begonnen, die Organisation der sicherheitspolitischen Führung zu überdenken und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Am 24. Januar 2011 hörte die GPDel diese drei Personen an. Dabei stellte sich heraus, dass ihren Arbeiten kein konkreter 186

Verhalten der Bundesbehörden in der diplomatischen Krise zwischen der Schweiz und Libyen, Bericht der GPK-S vom 3. Dez. 2010 (BBl 2011 4215, 4304) 187 Die Behörden unter dem Druck der Finanzkrise und der Herausgabe der UBSKundendaten an die USA, Stellungnahme des Bundesrates vom 13. Okt. 2010 zum Bericht der GPK-N/S vom 30. Mai 2010 (BBl 2011 3459) 188 Zusatzbotschaft vom 13. Okt. 2010 zur Regierungsreform (BBl 2010 7811) 189 Bundesrat: Ausschüsse festgelegt und Frage der Stellvertretungen diskutiert, Medienmitteilung des Bundesrates vom 17. Dez. 2010

3599

Auftrag des SiA oder des Bundesrates zugrunde lag. Klar zum Ausdruck kam jedoch, dass in der jüngeren Vergangenheit die Mitglieder des SiA der damaligen Funktionsweise des SiA und der Leistung seiner Unterstützungsorgane wenig abgewinnen konnten.

Die Neuordnung der Ausschüsse, welche der Bundesrat am 17. Dezember 2010 beschlossen hatte, war von der BK vorbereitet worden. Diese Arbeiten dienten dazu, die Ziele, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum UBS-Bericht der GPK formuliert hatte, umzusetzen. Die Abklärungen der BK hatten ergeben, dass in den letzten Jahren von insgesamt 17 Ausschüssen nur deren fünf getagt hatten. Dazu gehörte der SiA, der sich monatlich traf und als einziger über eigene Weisungen und eine eigene Stabsorganisation verfügte.

Die BK hatte verschiedene Varianten für Anzahl und Zusammensetzung der zukünftigen Ausschüsse erarbeitet. Diese Varianten waren vom Bundesrat im Verlauf des Dezembers 2010 beraten und weiter entwickelt worden. Das seitens der Departemente geäusserte Anliegen, dem Kriterium der Stellvertretung einen höheren Stellenwert einzuräumen, war letztlich bestimmend für die vom Bundesrat gewählte Lösung. Als Stellvertreter des Vorstehers des VBS nahm deshalb der Vorsteher des EVD an Stelle der Vorsteherin des EDA im SiA Platz.

Der Bundesrat fällte seinen Entscheid über die neue Zusammensetzung des SiA offenbar in Unkenntnis darüber, dass der Staatssekretär des EDA und die Direktoren von fedpol und NDB gleichzeitig Möglichkeiten zur Verbesserung der sicherheitspolitischen Führungsstrukturen ausloteten. Der Entscheid des Bundesrates vom 17. Dezember 2010 präjudizierte nun die weitere Umgestaltung seiner sicherheitspolitischen Instrumente auf Stufe Verwaltung. Wie die GPDel am 24. Januar 2011 erfuhr, sollte die Zusammensetzung und Mitgliederzahl der LGSi hinterfragt werden. Die Zukunft des Stabes SiA war bereits durch die Zusatzbotschaft zur Regierungsreform in Frage gestellt worden.

Am 8. März 2011 traf sich die GPDel mit der Bundespräsidentin und den drei Mitgliedern des SiA. Während die GPDel die Kompetenz des Bundesrates respektierte, die Zusammensetzung seiner Ausschüsse selber zu bestimmen, brachte die Delegation klar zum Ausdruck, dass sie in Bezug auf den SiA die beschlossene Reorganisation nicht als geeignet betrachtete, um die von der Oberaufsicht
in den letzten Jahren bei der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates festgestellten Mängel zu beheben.

Aufgrund der Inspektionen der letzten Jahre hielt es die GPDel für erwiesen, dass jeweils die aussenpolitische Dimension einer Krise den Bundesrat am meisten gefordert hatte. Die GPDel zeigte sich deshalb besorgt, dass ohne Einsitz des EDA im SiA dieser noch mehr an Bedeutung und Wirksamkeit für die Früherkennung von Krisen und die eigentliche Krisenbewältigung verlieren könnte. Zugleich konnte die Delegation nicht erkennen, inwiefern die Reorganisation der Ausschüsse durch den Bundesrat neue taugliche Instrumente geschaffen hatte, um den aussenpolitischen Herausforderungen begegnen zu können.

In der Aussprache machten die anwesenden Bundesrätinnen und Bundesräte geltend, den Anliegen der GPDel könne v. a. mit einer Reform der Instrumente auf Stufe Verwaltung gedient werden. Im Grundsatz habe der Bundesrat bereits Anfang März 2011 beschlossen, die LGSi auf eine dreiköpfige Kerngruppe Sicherheit (KGSi) mit dem Staatssekretär des EDA und den Direktoren von fedpol und NDB zu reduzieren.

Die neue KGSi würde nicht nur als ständiges Vorbereitungsorgan des SiA fungieren, 3600

sondern auch Lagebeurteilungen zuhanden anderer Ausschüsse vornehmen und diesen auch Anträge stellen können. Der Stab SiA würde abgeschafft und die Sekretariatsarbeiten für den SiA sollten inskünftig vom VBS übernommen werden.

Am 20. April 2011 veröffentlichte der Bundesrat seine Stellungnahme zum LibyenBericht der GPK-S. Für die Umsetzung der Empfehlung 11 der GPDel wählte der Bundesrat die Massnahmen, die seine Mitglieder bereits anlässlich der Aussprache vom 8. März 2011 vorgestellt hatten.

Gestützt auf einen Dreierantrag aus dem SiA legte der Bundesrat am 25. Mai 2011 die Aufgaben der KGSi fest. Spezielle Schwerpunktberichte sollten nicht nur aufgrund eines Beschlusses des SiA, sondern auch eines anderen Ausschusses des Bundesrates oder der KGSi selbst erstellt werden können. Ebenfalls wurde beschlossen, dass die GPDel laufend die Protokolle der KGSi erhalten solle. Die notwendigen rechtlichen Anpassungen zu diesem Beschluss, insbesondere die Aufhebung der bisherigen Verordnung über die sicherheitspolitische Führung des Bundesrates, erfolgten am 24. August 2011, als der Bundesrat die neue Regelung in Form von Weisungen erliess.190 Die Weisungen berücksichtigten die Ende 2010 beschlossene Zusammensetzung des SiA. Für das Sekretariat des Ausschusses musste nach der Auflösung des Stabs SiA das VBS sorgen. Nach den neuen Weisungen beurteilt der SiA die sicherheitsrelevante Lage und koordiniert departementsübergreifende, sicherheitspolitische Geschäfte. Die Steuerung des Nachrichtendienstes, insbesondere über die Festlegung der prioritären Nachrichtenbedürfnisse, wurde als Aufgabe aus den Weisungen gestrichen.

4.5.4

Anhaltende Kritik der GPDel

Seit Anfang 2011 war der Sitzungsrhythmus des SiA grossen Schwankungen unterworfen. Solange der Stab SiA und die LGSi die monatliche Sitzungsvorbereitung sicherstellten, tagte der SiA jeden Monat, das letzte Mal im April 2011. Nach dem Neuanfang im September 2011 wurde zuerst ein dreimonatlicher Sitzungsrhythmus gewählt. Im Jahr 2012 traf sich der SiA dann alle zwei Monate.

Als der SiA nach den neuen Weisungen seine Tätigkeit aufnahm, kam es im Ausschuss zu einer Diskussion über seine Aufgabe. Obwohl mit den neuen Weisungen jegliche konkreten Aufgaben im Bereich der nachrichtendienstlichen Steuerung entfallen waren, führte der SiA bis ins Jahr 2012 hinein eine langwierige Grundsatzdiskussion über die Behandlung von nachrichtendienstlichen Geschäften. Anfang März 2012 stellte das VBS die Aufgaben des SiA im Bereich der Nachrichtendienste in einer Informationsnotiz zusammen.

Demnach berät der SiA die Beobachtungsliste, den Grundauftrag und die Auslandkontakte von NDB und MND sowie den von Artikel 27 BWIS vorgeschriebenen Bericht über die Bedrohungslage und die Tätigkeiten der Sicherheitsorgane des Bundes, bevor diese Geschäfte dem Bundesrat zur Genehmigung unterbreitet werden. Der SiA genehmigt auch alle drei Jahre die Liste der geheimen Nachrichtenbedürfnisse der gesetzlich berechtigten Informationsempfänger des NDB. Diese Liste 190

Weisungen über die Organisation der sicherheitspolitischen Führung des Bundesrates vom 24. Aug. 2011 (BBl 2011 6837)

3601

hatte der SiA im Jahr 2005 als Instrument der nachrichtendienstlichen Koordination eingeführt. Der SiA wird auch jährlich über die Tarnpapiere und Legenden, die der NDB nach Artikel 16 V-NDB für die Auslandbeschaffung verwenden darf, informiert.

Zur Oberaufsicht der GPDel gehört es, diese Aufträge und Listen, die von der politischen Führung des NDB genehmigt werden, zur Kenntnis zu nehmen. Dabei kontrolliert die Delegation, ob sich die Vorgaben der Exekutive für den Nachrichtendienst an den gesetzlichen Rahmen halten und im korrekten Verfahren erlassen werden. Für einen Teil der Geschäfte, die der SiA behandelte, wurde diese Zielsetzung allerdings nicht erreicht. So genehmigte der SiA im Jahr 2011 Nachrichtenbedürfnisse über das Ausland von einer Bundesstelle, die nicht zu den Auftraggebern gehört, für die der NDB nach dem Gesetz (Art. 1 Bst. a ZNDG) solche Informationen beschaffen darf. Im Jahr 2012 stellte die GPDel überdies fest, dass die vorgeschriebene Genehmigung für die neuen Auslandkontakte des MND fehlte, weil das VBS sie im Antrag an den SiA und den Bundesrat vergessen hatte.

Am 19. März 2012 traf sich die GPDel erneut mit dem SiA. Die Delegation wollte sich aus erster Hand informieren, welche Erfahrungen der SiA nach der Neubestellung der Ausschüsse gemacht hatte. Besonders interessierte sich die Delegation dafür, wie sich das Zusammenspiel zwischen SiA und der neugeschaffenen KGSi entwickelt hatte.

Die Mitglieder des SiA wiesen die Möglichkeit nicht grundsätzlich von der Hand, dass auch eine andere Zusammensetzung des SiA erstrebenswert sein könnte. Anzeichen dafür, dass der SiA in diese Richtung konkret auch tätig werden könnte, erhielt die GPDel jedoch nur beschränkt. Beide Seiten waren sich hingegen einig, dass unter den Chefbeamten der KGSi ein gutes Klima der Zusammenarbeit herrscht und für heikle Geschäfte auch die notwendige Vertraulichkeit gewährleistet ist.

Tatsache war aber auch, dass die Tätigkeit der KGSi kaum zu Anträgen an den SiA führte und der SiA der KGSi nur einen Analysebericht in Auftrag gegeben hatte.

Einzig der von der KGSi verfasste «Lageradar» wird als Standardtraktandum vom SiA zur Kenntnis genommen. Grundsätzlich kann die KGSi auch zuhanden anderer Ausschüsse des Bundesrates arbeiten. So erhielt beispielsweise der Ausschuss für Aussen- und Europapolitik
ebenfalls einen ihrer Analyseberichte.

Am 14. Juni 2012 verabschiedete die KGSi einen Bericht über die Tätigkeit in ihrem ersten Jahr. Diese Selbstevaluation fiel mehrheitlich positiv aus. Thematisiert wurden aber auch die mangelnde institutionelle Anbindung der KGSi an den SiA und die unterschiedliche departementale Zusammensetzung der beiden Gremien. Die KGSi erachtete es auch als notwendig, ihre Treffen auf die Sitzungstermine des SiA auszurichten. Sie trifft sich nun im Vorfeld der Sitzungen des SiA.

Die KGSi stellte ihren Tätigkeitsbericht der GPDel zu, die ihn am 15. August 2012 zur Kenntnis nahm. Wie die Delegation feststellte, war es v. a. das von der Oberaufsicht gezeigte Interesse am Funktionieren der sicherheitspolitischen Führung, das die KGSi bewog, einen Erfahrungsbericht zu schreiben. Der SiA hatte diesen Bericht weder in Auftrag gegeben, noch ihn an einer seiner Sitzungen traktandiert. Am 15. August 2012 traf sich die GPDel das erste Mal mit dem neuen Vorsteher des EDA. Dabei kam auch die Zusammensetzung des SiA zur Sprache.

Ein Rückblick auf das erste Jahr der Arbeit des SiA unter den neuen Weisungen des Bundesrates zeigt, dass rund zwei Fünftel der behandelten Themen den Nachrich3602

tendienst betrafen. Viele der nachrichtendienstlichen Themen betreffen direkt die Interessen des EDA, beispielsweise die Auslandkontakte des NDB oder die Informationsbeschaffung über das Ausland, für die das EDA der wichtigste Informationsabnehmer des NDB ist. Für solche Geschäfte wäre ein Einbezug des EDA zweifellos wichtiger gewesen als jener des EVD. Hingegen war die Entführung der beiden Schweizer in Pakistan nie ein Thema im SiA, weil das federführende Departement nicht darin vertreten war.

In der Herbstsession 2012 verabschiedeten die eidgenössischen Räte die Regierungsreform. Der bisherige Artikel 23 RVOG, der die Ausschüsse des Bundesrates regelte, wurde um zwei neue Bestimmungen erweitert: Die Ausschüsse haben den Bundesrat regelmässig über ihre Beratungen zu informieren, und es ist die Bundeskanzlei, welche das Sekretariat der Ausschüsse führt. Während der Bundesrat in seiner Zusatzbotschaft zur Regierungsreform das Sekretariat der Ausschüsse dem jeweiligen Vorsitzdepartement überlassen wollte, hatten die GPK am 27. Januar 2011 den SPK in einem Mitbericht empfohlen, diese Aufgabe der BK zu übertragen.191

4.5.5

Beschluss des Bundesrates vom 24. Oktober 2012

Am 24. Oktober 2012 beschloss der Bundesrat, dass ab 2013 neben dem VBS und dem EJPD wieder das EDA im SiA Einsitz nehmen wird. Der Entscheid erfolgte auf Antrag des EVD, das die GPDel umgehend über den Beschluss informierte. Die GPDel hat den Beschluss des Bundesrates anfangs November 2012 formell zur Kenntnis genommen und ihn ausdrücklich begrüsst.

5

Geschäftsberichte 2011 und weitere Berichte

5.1

Geschäftsbericht 2011 des Bundesrates

Im Rahmen der Prüfung des Geschäftsberichts 2011 des Bundesrates hörten die GPK an gemeinsamen Sitzungen im Mai 2012 das vollzählige Regierungskollegium und die Bundeskanzlerin an. Gemäss Artikel 144 ParlG unterbreitet der Bundesrat der Bundesversammlung den Bericht über seine Geschäftsführung des vorhergehenden Jahres. Aufgabe der GPK ist es, die Umsetzung der vom Bundesrat festgelegten Jahresziele zu überprüfen und die Geschäftsführung des Bundesrates in der Berichtsperiode allgemein zu beurteilen. Dabei handelt es sich um eine Kernaufgabe der parlamentarischen Oberaufsicht.

Die Ziele der Legislaturplanung 2007­2011 wurden grösstenteils erreicht und mehr als 75 Prozent der Richtliniengeschäfte192 konnten dem Parlament wie vorgesehen überwiesen werden. Die GPK zeigten sich insgesamt zufrieden mit den Ergebnissen und beantragten ihren Räten einstimmig, den Geschäftsbericht des Bundesrates zu

191

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012, Ziff. 3.4.2 (BBl 2012 6783, 6822) 192 Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz, Gewährleistung der Sicherheit, Stärkung der gesellschaftlichen Kohäsion, nachhaltige Nutzung der Ressourcen, Festigung der Stellung der Schweiz in einer vernetzten Welt.

3603

genehmigen. Die eidgenössischen Räte folgten diesem Antrag in der Sommersession 2012.

Gemäss dem seit 2011 angewandten Verfahren hatte jede Departementsvorsteherin und jeder Departementsvorsteher eine halbe Stunde Zeit, um zwei oder drei in ihren Augen besonders wichtige Themen zu erörtern. Die GPK ihrerseits hatten zudem zwei Querschnittsthemen ausgesucht, zu denen die Bundesratsmitglieder und die Bundeskanzlerin Stellung nehmen mussten. Dieses Jahr waren dies die Departementsreform und die externen Studien und Rechtsgutachten. Danach konnten die Präsidentinnen und Präsidenten der zuständigen Subkommissionen Fragen zu selbst gewählten Themen stellen; zum Schluss fand eine allgemeine Diskussion statt.

Die Schwerpunktthemen der Diskussionen mit den Departementsvorsteherinnen und -vorstehern waren die Folgenden: ­

EFD. Die Vorsteherin des EFD sprach über das Steueramtshilfegesetz, das den Vollzug der Amtshilfe in Doppelbesteuerungsabkommen regeln soll, nachdem im März 2009 die Übernahme der OECD-Standards beschlossen worden war. Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes durch das Parlament wird die Rechtsgrundlage für rund dreissig Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) geschaffen. Auch die Verhandlungen über die Regularisierung von unversteuerten Geldern sowie über die künftige Versteuerung von angelegten Geldern (Abgeltungssteuer) bringen für das Departement viel Arbeit mit sich. Die Ratsmitglieder stellten Fragen zum Steuer- und Bankenwesen, interessierten sich aber auch für das Arbeitsklima im Bundesratskollegium und für die jüngsten Indiskretionen. Die Bundespräsidentin bezeichnete das Arbeitsklima als gut und zeigte sich überzeugt davon, dass das Informationsleck nicht im Bundesratskollegium zu finden ist.

­

EVD. Der Vorsteher des EVD sprach so kurz nach den Präsidentschaftswahlen in Frankreich zunächst von den strukturellen Problemen in diesem Land, dessen angespannte Budgetsituation namentlich im Zusammenhang mit der Eurokrise zu denken gibt. Danach kam er auf die Frankenstärke zu sprechen und zog dafür verschiedene Geschäfte heran, darunter die Sammelbotschaft zur Standortförderung 2012­2015 und die Botschaft zur Revision des Kartellrechts. Zu dieser Revision hielt der Departementsvorsteher fest, dass dabei dem Frankenkurs Rechnung getragen worden sei. Im Weiteren thematisierte er die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sowie die Bildungs- und Forschungspolitik. Nach der Präsentation des EVD-Vorstehers kamen die Kommissionen u. a. auf die flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit, die Standortförderung sowie auf die Wirtschaftspolitik und die Konjunkturmassnahmen zu sprechen.

­

EDI. Der Vorsteher des EDI nannte verschiedene Massnahmen, die sein Departement zur Steigerung der Effizienz, der Transparenz und der Qualität in der Gesundheitspolitik eingeführt hatte. Danach kam er auf die Sozialversicherungen zu sprechen, deren Sanierung und Rettung eines der grossen Ziele des Bundesrates ist. In diesem Zusammenhang kommt dem Bericht über die Zukunft der 2. Säule, der bis Ende März 2012 in der Vernehmlassung war, grosse Bedeutung zu. Der EDI-Vorsteher sprach zudem über die Bildungsund Kulturförderung durch sein Departement. Die GPK interessierten sich insbesondere für den Gesundheitsbereich und befragten den Departementsvorsteher u. a. zur Erhöhung der Prämien der Eidgenössischen Gesundheits-

3604

kasse (EGK) und zur Anpassung der Medikamentenpreise an die Wechselkursschwankungen.

­

EDA. Der Vorsteher des EDA stellte die strategische Stossrichtung der Aussenpolitik vor und betonte dabei, dass hier Grundsätze festgelegt werden sollten, die sowohl von den Departementen als auch von Bundesrat und Parlament mitgetragen werden. Diese Grundsätze seien der Rechtsstaat, die Universalität, die Neutralität, die Solidarität und die Verantwortung. Er ging auf gewisse Prioritäten näher ein, so z. B. auf die Erneuerung des bilateralen Weges mit der EU. Zu diesem Zweck sei ein Fahrplan festgelegt worden, der im Strom- und im Energiedossier sowohl in materieller wie auch in institutioneller Hinsicht Fortschritte ermöglichen soll. Der Departementsvorsteher präzisierte, dass keine sektoriellen Abkommen mehr abgeschlossen würden, weil von nun an ein gesamtheitlicher Ansatz verfolgt werde. Von den Kommissionen auf das Engagement der Schweiz in Krisenstaaten angesprochen, entgegnete der Vorsteher des EDA, dass Migrationspartnerschaften sehr wichtig seien, da die Schweiz so die für den Wegweisungsvollzug erforderliche Hilfe erhalte.

­

VBS. Der Vorsteher des VBS kam zunächst auf die Umsetzung der «Weiterentwicklung der Armee» zu sprechen. Er erklärte, dass in der Armee insbesondere in den Bereichen Logistik und Informatik Probleme bestünden.

Dank der Reorganisation des Informatikbereichs hätten erhebliche Einsparungen erzielt werden können, und die Programme würden heute einwandfrei funktionieren. Für den Logistikbereich suche das Departement noch nach Lösungen. Im Weiteren nahm der Departementsvorsteher zum Sicherheitsverbund Schweiz sowie zur Erarbeitung der Grundlagen für die Arbeit des Nachrichtendienstes des Bundes (NDB) Stellung. Die Kommissionsmitglieder befragten den Departementsvorsteher u. a. zu Themen, die nicht Eingang in den Jahresbericht des VBS gefunden hatten, d. h. zur Rüstungsplanung des VBS und zum Führungsinformationssystem Heer (FIS Heer). Der Departementsvorsteher erläuterte diesbezüglich, dass das FIS Heer an fixen Standorten ­ und nicht in Fahrzeugen ­ zum Einsatz komme, das Departement in den kommenden Jahren aber prüfen werde, ob sich eine Investition für dessen Installation in Fahrzeugen lohne.

­

UVEK. Die Vorsteherin des UVEK referierte über die Energiestrategie 2050 und erinnerte dabei daran, dass diese durch das Erdbeben von März 2011 in Fukushima stark beeinflusst worden war. Sie sprach zudem über die Verkehrsfinanzierung, in die rund 83 Prozent der Departementsgelder fliessen, und über die Raumplanungsgesetzesrevisionen I und II. Die Mitglieder der GPK verlangten Auskunft über den Stand der Verhandlungen mit Deutschland über einen Staatsvertrag zu den Anflügen auf den Flughafen Zürich und über mögliche Auswirkungen der geplanten Sparmassnahmen im Binnengüterverkehr. Im Weiteren befragten sie die UVEK-Vorsteherin zu umweltpolitischen Themen, u. a. zur Waldpolitik und zur Gewässerschutzverordnung, sowie zu den Bundesunternehmen SBB Cargo, Swisscom, Post und Skyguide.

­

EJPD. Die Vorsteherin des EJPD sprach zunächst über den Schutz von Kindern und Jugendlichen, betonte dabei allerdings, dass ihr Departement auch für andere, ebenso wichtige Dossiers, beispielsweise jenes der Migration, zuständig sei. Letzteres betreffend kam sie auf die Umsetzung des Integra3605

tionsplans zu sprechen, welche eine Änderung des Ausländergesetzes und von fünf Gesetzen bezüglich der Bundeszuständigkeit bedingt. Auf die Frage der GPK, wie es mit der Reorganisation des Bundesamts für Migration stehe, antwortete die Departementsvorsteherin, sie hoffe, dass bis Ende Jahr ein definitives Organigramm vorliege und der Direktionsbereich «Asyl und Rückkehr» Mitte Mai 2013 operativ sein werde. Neben dem Asylbereich wurden auch die Reaktionen aus dem Ausland auf die Anwendung der Ventilklausel durch die Schweiz thematisiert.

­

BK. Die Bundeskanzlerin erläuterte die Arbeiten der Bundeskanzlei für die Nationalratswahlen 2011 und sprach über die Einführung des Vote électronique sowie über die Anstrengungen zur Umsetzung der Massnahmen, welche im Rahmen der 2010 vom Bundesrat verabschiedeten Sprachenverordnung beschlossen worden waren. Zudem wurde die Verantwortung der Bundeskanzlei bei den Gesamterneuerungswahlen der ausserparlamentarischen Kommissionen thematisiert. Die Kommissionsmitglieder befragten die Kanzlerin u. a. zur Rolle der BK als Stabsstelle und als Drehscheibe für die Bundesratsgeschäfte. Die eidgenössischen Räte diskutieren derzeit über eine Stärkung der Bundeskanzlei, die in den Augen der Bundeskanzlerin äusserst sinnvoll ist.

Interessante Informationen erhielten die GPK auch bei der Behandlung der beiden von ihnen ausgewählten Querschnittsthemen. Das Thema der Reorganisation betrifft in erster Linie die Departemente EDI, EVD und EDA: Der gesamte Bildungs- und Forschungsbereich geht vom EDI zum EVD über, das Bundesamt für Veterinärwesen wird neu statt dem EVD dem EDI zugeteilt, und das Integrationsbüro, das derzeit dem EDA und dem EVD untersteht, soll neu direkt dem Vorsteher des EDA unterstellt und in «Direktion für europäische Angelegenheiten» umbenannt werden.

Dem EDA-Vorsteher zufolge gehen die Departementsreform und die Staatsleitungsreform Hand in Hand, denn mit beiden wird eine Erweiterung des Handlungsspielraums des Bundesratskollegiums bezweckt. Er präzisierte jedoch, dass die Strukturen nur zweitrangig seien: In erster Linie käme es auf den Willen zur Zusammenarbeit an, und hier gäbe es weiterhin Verbesserungspotenzial. Zum Stand der Arbeiten bei der Aufgabenüberprüfung befragt, hielt die Bundespräsidentin fest, dass jede Reorganisation mit einer Aufgabenüberprüfung einhergehe und der Bundesrat im Konsolidierungsprogramm 2012­2013 (KOP 12/13) mehrere Massnahmen vorgesehen habe. Auf die Frage, wie viele externe Studien und Rechtsgutachten von den Departementen in Auftrag gegeben würden und welches die Gründe für diese Aufträge seien, meinte die Vorsteherin des UVEK, man müsse sich bewusst sein, dass die ETH doppelt unterstützt würden, weil sie einerseits vom EDI subventioniert und andererseits für ihre Studien vom Bund beträchtliche Beträge erhalten würden.

Sie betonte überdies, dass ihr Departement derzeit ein Kontrollsystem für sämtliche ­ auch kostengünstige ­ Studien aufbauen würde und die anderen Departemente bereits Interesse daran bekundet hätten. Damit werde für mehr Transparenz gesorgt.

3606

5.2

Geschäftsbericht 2011 des Bundesgerichts

Am 16. April 2012 prüften die Subkommissionen Gerichte/BA der GPK ­ zusammen mit den Präsidien der für die Gerichte zuständigen Subkommissionen der FK193 ­ den Geschäftsbericht 2011 des BGer und erörterten mit dessen Verwaltungskommission die Schwerpunkte der Geschäftsführung des Gerichts. Zur Geschäftsführung der erstinstanzlichen Gerichte hörten sie die Präsidenten des BStGer und des BVGer an. Die Subkommissionen vertieften zudem mit den Gerichten weitere Themen im Rahmen der Oberaufsicht des Parlaments.

Aus den Diskussionen seien hier einige Themen herausgegriffen: ­

Geschäftslast des BGer: Am BGer gingen im Berichtsjahr 7419 Fälle ein ­ 52 mehr als im Vorjahr ­, 7327 wurden erledigt. 2267 pendente Fälle (Vorjahr 2175) wurden auf das Jahr 2012 übertragen. Die Fallzahlen sind somit zum dritten Mal in Folge leicht gestiegen. Im Durchschnitt dauerte die Behandlung eines Falles am BGer 126 Tage.

Das BGer hat 220 Fälle zurückgewiesen, auf 2578 ist es nicht eingetreten, 265 wurden abgeschrieben und 909 Fälle wurden gutgeheissen. 2310 Fälle wurden im Einzelrichterverfahren entschieden. Der weitaus grösste Teil, nämlich 4945 Fälle, fand seine Entscheidung im Zirkulationsverfahren. In 72 Verfahren wurden Sitzungen durchgeführt.

Zusammenfassend stellten die GPK fest, dass die Geschäftslast auf hohem Niveau stabil ist und dass das Gericht in seiner heutigen Grösse die Verfahren gut bewältigt.

193

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Kognition des BGer: Zu diskutieren gaben Fragen auf Grund der neuen Prozessordnungen, die dazu führen, dass das BGer in einzelnen Fällen über Urteile von ersten kantonalen Instanzen entscheiden muss. Dies trifft bei Entscheiden der Handelsgerichte zu, die nur noch in den Kantonen Bern, Aargau und St. Gallen vorkommen, sowie bei komplexen Straffällen, in denen das BGer über die Entsiegelung entscheiden muss. Das BGer möchte aus grundsätzlichen Überlegungen, dass alle Fälle, die es behandeln muss, bereits von einer zweiten kantonalen Instanz entschieden wurden, damit es keine Sachverhaltskontrollen mehr durchführen muss. Deshalb wehrte sich das BGer auch gegen die vom Parlament beschlossene Motion 10.3138, die die Einführung einer Sachverhaltskontrolle bei Beschwerden gegen Strafurteile des BStGer verlangt. Dass sich das BGer vehement gegen die Umsetzung eines Beschlusses des Gesetzgebers zur Wehr setzte, stiess bei den Subkommissionen überwiegend auf wenig Verständnis.

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Beim BVGer stellten die Subkommissionen fest, dass beim Abbau der Pendenzen im Asylbereich zwar Fortschritte gemacht wurden, das Ziel aber noch nicht erreicht ist. Bei den aktuellen Asylentscheiden ist festzustellen, dass die Kapazitäten des Gerichts für die zu erwartende nächste Welle von Beschwerden, die sich noch beim BFM staut, genügend gerüstet ist. Betreffend die Priorisierung der Fälle gilt grundsätzlich «first in first out»; das BVGer führt aber diesbezüglich Gespräche mit dem BFM.

Jahresbericht 2011 der GPK und GPDel der eidg. Räte vom 27. Jan. 2012 (BBl 2012 6869)

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Das BStGer sah sich im Zusammenhang mit einem Fall gegen Ökoterroristen mit Sicherheitsproblemen konfrontiert. Die Sicherheit am Gericht musste erheblich verstärkt werden, was zu Mehrkosten von 1,6 Mio. Franken führte.

Auch die menschlichen Belastungen der Mitarbeitenden, insbesondere der Richterinnen und Richter, die mit massiven und perfiden Drohungen konfrontiert wurden, waren gross.

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Ein weiteres Problem hat das BStGer in Bezug auf die Beschlagnahmung sehr grosser Vermögen zu lösen. Das Gericht ist nicht dafür ausgerüstet, die Verwaltung von komplex strukturierten Finanzprodukten zu übernehmen.

Das BStGer hat eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die Lösungen vorschlagen soll, um die bestehende rudimentäre Verordnung des Bundesrates zur Verwaltung von beschlagnahmten Vermögen zu ersetzen.

Die GPK beantragten ihren jeweiligen Räten einstimmig, den Geschäftsbericht 2011 des BGer zu genehmigen. In der Sommersession folgten die eidgenössischen Räte dem Antrag der GPK.

5.3

Berichte ausgelagerter Einheiten: Briefwechsel mit dem Bundesrat

Auf Basis des neuen Bundesgesetzes über die Mitwirkung der Bundesversammlung bei der Steuerung der verselbständigten Einheiten des Bundes,194 das auf den 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, legt der Bundesrat für alle verselbständigten Einheiten strategische Ziele fest und erstattet den Aufsichtskommissionen regelmässig Bericht über die Erreichung dieser strategischen Ziele (Art. 148 Abs. 3bis ParlG).

Die GPK haben mit dem Bundesrat im Rahmen eines Briefwechsels die Modalitäten der Berichterstattung des Bundesrates an die GPK festgelegt. Einerseits veröffentlicht der Bundesrat einen integrierten Bericht mit Kurzberichterstattungen über die Erreichung der strategischen Ziele aller verselbständigten Einheiten des Bundes.

Andererseits stellt er den GPK zu den Einheiten mit besonderer wirtschafts- und finanzpolitischer Bedeutung jährlich vertiefte Berichte zur Erreichung der strategischen Ziele zu. Das gilt für die Einheiten Swisscom, SBB, Post, Skyguide, RUAG, FINMA, ETH-Bereich und SERV. Für die kleineren verselbständigten Einheiten werden den GPK alle vier Jahre vertiefte Berichte zugestellt. Dies betrifft die Einheiten IGE, RAB, SNM, Pro Helvetia, EHB, Identitas AG, SIFEM AG (Swiss Investment Fund for Emerging Markets AG), Swisssmedic und ENSI.

Aufgrund dieser Rechtsänderung haben die GPK 2012 eine Reihe von Berichten zur Erreichung der strategischen Ziele des Bundesrates erstmals geprüft. Insgesamt behandelten die GPK im Rahmen des Geschäftsberichts des Bundesrates oder unabhängig davon folgende Berichte:

194

Bundesgesetz über die Mitwirkung der Bundesversammlung bei der Steuerung der verselbständigten Einheiten vom 17. Dez. 2010 (AS 2011 5859)

3608

BK ­

Bericht des Bundesrates über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2010 (teilweise)

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Kurzberichterstattung des Bundesrates über die Erfüllung der strategischen Ziele der verselbständigten Einheiten des Bundes im Jahr 2011

EDI ­

Fortschritte 2011, Rechenschaftsbericht des ETH-Rates über den ETHBereich

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Bericht des Bundesrates über die Erfüllung des Leistungsauftrags 2008­2012 an den ETH-Bereich im Geschäftsjahr 2011

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Personalreporting 2011 von ETH, Swissmedic und Schweizerischem Nationalmuseum nach Artikel 5 BPG

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Jahresbericht 2011 über die Sozialversicherungen gemäss Artikel 76 ATSG

EJPD ­

Standbericht 2011 zur Umsetzung von Schengen/Dublin

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Jahresbericht 2011 fedpol

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Jahresbericht 2011 KOBIK

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Personalreporting 2011 des IGE nach Artikel 5 BPG

VBS ­

Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele für RUAG Holding AG im Geschäftsjahr 2011

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Geschäftsbericht 2011 der RUAG

EFD ­

Jahresbericht und Jahresrechnung 2011 der FINMA

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Reporting Personalmanagement 2011 der FINMA

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Bericht des Bundesrates zum Reporting Personalmanagement 2011

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Staatsrechnung 2011 (Zusatzdokument zum Personal)

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Bericht zum Reporting Personalmanagement der verselbständigten Einheiten 2011

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Personalreporting 2011 der Publica nach Artikel 5 BPG

EVD ­

Bericht des Bundesrates über die Einzelheiten der Kriegsmaterialausfuhr im Jahr 2011

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Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele für die Schweizerische Exportrisikoversicherung (SERV) im Geschäftsjahr 2011

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Personalreporting des Eidgenössischen Hochschulinstituts für Berufsbildung (EHB)

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UVEK ­

Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele für SBB AG und Post im Geschäftsjahr 2011

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Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele für Skyguide im Geschäftsjahr 2011

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Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele für Swisscom im Geschäftsjahr 2011

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Geschäftsbericht und Nachhaltigkeitsbericht 2011 der SBB

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Geschäftsbericht und Finanzbericht 2011 der Post

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Geschäftsbericht 2011 der Swisscom

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Geschäftsbericht, Nachhaltigkeitsbericht und Finanzbericht 2011 der Skyguide

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Eisenbahn-Grossprojekte 2011

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Bericht des Bundesrates über die Erreichung der strategischen Ziele des ENSI 2009­2011

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Bericht des UVEK über den Sicherheitsstandard 2011 der Schweizer Zivilluftfahrt

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Personalreporting 2011 von SBB, Post, Swisscom, Skyguide und ENSI nach Artikel 5 BPG

Verschiedene ­

Rechenschaftsbericht 2010 der Schweizerischen Nationalbank

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Tätigkeitsbericht 2011 der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

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Bericht der Bundesanwaltschaft über ihre Tätigkeit im Jahr 2011

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