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Bundesratsbeschluss über

den Rekurs des A. Durrer-Kaiser in Giswil, betreffend Eintragung in das Handelsregister.

(Vom 23. Dezember 1897.)

Der schweizerische Bundesrat

hat über den Rekurs des A. D u r r e r - K a i s e r in Giswil betreffend Eintragung in das Handelsregister, auf den Bericht des Justiz- und Polizeidepartements, folgenden Beschluß gefaßt:

A.

In thatsächlicher Beziehung wird festgestellt:

I,

Durch Verfügung vom 3. November 1897 erklärte der Regierungsrat des Kantons Unterwaiden ob dem Wald den Herrn Arnold Durrer-Kaiser in Giswil für verpflichtet, sich bis längstens am 10. November als Inhaber der von ihm geleiteten mechanischen Holzbearbeitungswerkstätte in Dichtersmatt bei Giswil in das Handelsregister einzutragen.

H.

Gegen diese Verfügung hat Herr Durrer mit Eingabe vom 10. November an den Bundesrat rekurriert und deren Aufhebung

1439 verlangt, da er keineswegs Inhaber, sondern nur Prokuratrager und Geschäftsführer des in Frage stehenden Geschäftes sei. Letzteres werde auf Rechnung seines im Handelsregister eingetragenen Sohnes Walther unter der Firma ,,Walther Dürrer" betrieben.

Zur Begründung dieser Angaben beruft sich der Rekurrent auf einen vom 1. September 1896 datierten, zwischen ihm und seinem Sohne Walther auf die Dauer von 10 Jahren abgeschlossenen Pacht- und Dienstvertrag und auf das Handelsregister von Obwalden.

In letzterem ist am 22. August 1896 folgende Eintragung gemacht worden: ,,Inhaber der Firma W a l t h e r D u r r e r in Giswil ist Walther Durrer, von Kerns, in Giswil. Natur des Geschäftes : Baugeschäft, sowie Fabrikation und Verkauf von Baumaterialien. Die Firma erteilt Prokura an Arnold Durrer-Kaiser, von Kerns, ebenfalls in Giswil." (Vergi. Schweiz. Handelsamtsbl. Nr. 238 vom 25. August 1896, S. 979.)

in.

In seiner Vernehmlassung vom 20. November macht der Regierungsrat des Kantons Unterwaiden ob dem Wald dagegen folgendes geltend: a. Der im Handelsregister als Firmainhaber eingetragene Sohn Walther Durrer gebe sich mit dem Geschäft keineswegs ab und könne das auch nicht, da er noch als studierender Techniker von Hause abwesend sei.

b. Herr Arnold Durrer-Kaiser zeichne im Geschäftsverkehr keineswegs als Prokuraträger der Firma Walther Durrer, sondern lediglich ,,A. Durrer-Kaiser"', wie denn auch die zur Verwendung kommenden Briefbogen nicht die Bezeichnung ,,Walther Dürrer"1, sondern ,,A. Durrer-Kaiser11 tragen. Ferner habe der Rekurrent noch in letzterer Zeit Wechsel auf seinen eigenen Namen begeben.

c. Der den Bundesbehörden vorgelegte Vertrag vom 1. September 1896 sei offenbar antedatiert und auf Täuschung berechnet; denn noch anläßlich einer amtlichen Einvernahme vom 30. Oktober 1897 habe A. Durrer-Kaiser erklärt, einen Vertrag nicht zu besitzen und eines solchen auch nicht zu bedürfen.

Der Regierungsrat des Kantons Obwalden beantragt dahor Abweisung des Rekurses.

IV.

In Beziehung auf die im Geschäfte zur Verwendung kommenden Briefköpfe gab der Rekurrent anläßlich seiner Einvernahme vor

1440 Landammannamt Obwalden am 30. Oktober abbin an, daß dieselben gedruckt gewesen seien, bevor das Geschäft auf seinen Sohn übergegangen, und daß er dieselben nicht unbenutzt habe fortwerfen wollen. Sie gelangen nur noch zur Verwendung, bis ihr kleiner Vorrat werde aufgebraucht sein.

B.

In rechtlicher Beziehung fällt in Betracht:

I.

Zur Eintragung in das Handelsregister sind unstreitig nur diejenigen Personen und Gesellschaften verpflichtet, welche als Geschäftsinhaber auf eigene Rechnung eia eintragspflichtiges Gewerbe betreiben. Geschäftsinhaber (Prinzipale) sind aber weder die Eigentümer eines Etablissements als s o l c h e , noch die angestellten Geschäftsführer, sondern diejenigen, auf deren Rechnung und Gefahr der Betrieb stattfindet.

II.

Wenn es sich darum handelt, die Frage zu entscheiden, welche von zwei Personen als Inhaber eines bestimmten Geschäftes zu betrachten sei, so kommt lediglich der Wille dieser Personen selbst in Betracht und nur sie selbst haben zu entscheiden, sofern wenigstens zwischen ihnen Willensiibereinstimmung herrscht. Im gegebenen Falle nun ist durch die Handelsregistereintragung vom 22. August 1896 formell erklärt worden, daß das in Frage stehende Etablissement auf Rechnung des Sohaes Waltber Dürrer geführt werde und daß Herr Arnold Durrer, Vater, bloß Prokuraträger desselben sei. Daran können Dritte nichts ändern.

HI.

Ob der vom 1. September 1896 datierte Vertrag wirklich schon damals abgeschlossen wurde oder ob er erst später vereinbart und aufgesetzt wurde und demnach als antedatiert anzusehen ist, hat keine Bedeutung. Sowohl der Pacht- als der Dienstvertrag bedarf zu seiner Gültigkeit nicht absolut der schriftlichen Form.

Der Vertrag kann schon am 22. August oder noch früher mündlich abgeschlossen und erst am 1. September gleichen Jahres oder später in Schrift verfaßt worden sein.

1441 Übrigens haben die hier in Frage stehenden Personen über die streitig gemachte Frage, welche von beiden Inhaber des Geschäftes sei, schon durch die Handelsregistereintragung vom 22. August 1896 ihren Willen schriftlich kund gegeben. Und beide Kontrahenten waren zu dieser Zeit vertragsfähig (Walther Durrer, geboren am 23. April 1876, war bereits eigenen Rechts).

IV,

Daß die alten Briefköpfe mit der Bezeichnung ,,A. DurrerKaiser"' auch für die Firma ^Walther Dürrer" verwendet werden, ist allerdings eine Ungehörigkeit, ebenso die Thatsache, daß der Prokurist Arnold Durrer-Kaiser in den Geschäftsbriefen seine Unterschrift so abgiebt, daß man ihn für den Geschäftsinhaber selbst halten kann. Allein dies genügt nicht, um ihn als Inhaber eines Geschäftes in das Handelsregister einzutragen, das laut Eintragung im Handelsregister selbst notorischerweise einen ändern Prinzipal hat.

V.

Der Rekurrent könnte unter Umständen allerdings zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet werden (aber nicht als Inhaber des auf Rechnung seines Sohnes betriebenen Geschäftes), wenn er nämlich auf eigene Rechnung ebenfalls ein eintragspflichtiges Gewerbe betreiben würde. Aber dies ist nicht der Fall.

Seine Eintragung wurde, wie sich aus den Akten ergiebt, von einem persönlichen Gläubiger verlangt, da er für eine ihm gelieferte Maschine einen Wechsel ausgestellt hatte und ihn der Lieferant hierfür wechselrechtlich belangen wollte. Der Bezug dieser Maschine bedeutet aber noch keineswegs, daß A. DurrerKaiser persönlich ein Handels- oder Fabrikationsgeschäft betreibe.

Er bedurfte dieser Maschine als Privatmann, nämlich als Eigentümer und Verpächter des Etablissements, für welches die Maschine bestimmt war.

IV.

Der Umstand, daß Rekurrent persönlich Wechsel unterzeichnet, verpflichtet ihn keineswegs zur Eintragung in das Handelsregister.

Und wenn Dritte durch den Umstand wirklich geschädigt werden sollten, daß sie ihre Ansprüche an ihn nicht auf dem Wege der Wechselbetreibung geltend machen können, so liegt darin je nach Umständen vielleicht ein Grund, gegen ihn auf strafrechtlichem

1442 Wege vorzugehen, keineswegs aber, ihn zur Eintraguag in das Handelsregister zu verhalten. Die Eintragung in das Handelsregister hat allerdings zur Folge, daß der Eingetragene auf dem Wege der Wechselbetreibung belangt werden kann, wenn er sich durch einen Wechsel verpflichtet; aber umgekehrt steht die Ausstellung eines Wechsels keineswegs in irgend welchem Zusammenhang mit der Pflicht zur Eintragung in das Handelsregister.

Demgemäß wird beschlossen: Der R e k u r s wird b e g r ü n d e t erklärt; die angefochtene Verfügung des Regierungsrates des Kantons Unterwaiden ob dem Wald ist daher aufgehoben.

B e r n , den 23. Dezember 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft:

Ringier.

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Bundesratsbeschluss über den Rekurs des A. Durrer-Kaiser in Giswil, betreffend Eintragung in das Handelsregister. (Vom 23. Dezember 1897.)

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29.12.1897

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