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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Bex über Gryon nach Villars.

(Vom 4. Oktober 1897.)

Tit.

Mit Schreiben vom 2. März 1897 übermachte Herr Professor A. P al a z, Ingenieur in Lausanne, namens eines Initiativkomitees dem Eisenbahndepartement die Vorlagen für ein K o n z e s s i o n s g e s u c h betreffend eine e l e k t r i s c h e E i s e n b a h n von Bex über G r y o n nach V i l l a r s . Als Zweck des projektierten Unternehmens wurde bezeichnet: einmal die Ortschaft Bex und deren unmittelbare Umgebung durch ein Tramway mit der Station der Jura-Simplon-Bahn zu verbinden, und sodann während der Sommersaison eine Verbindung zwischen Bex und den Gegenden von Gryon und Villars herzustellen.

Die projektierte Bahn -- wird im allgemeinen Berichte ausgeführt -- zerfalle in drei Teilstrecken, deren erste (von der Station Bex bis nach B é v i e u x ) 3,4 km. lang sei und vollständig als Straßenbahn gebaut werden solle. Die Höhencoten des Ausgangs- und des Endpunktes seien 414 und 485. Die zweite Teilstrecke, B é v i e u x - G r y o n , sei mit eigenem Bahnkörper projektiert. Von km. 3, wo sie von der ersten Teilstrecke abzweige, bis km. 4,8 (Sublinbrücke, Cote 556) genüge die bloße Adhäsion, während von hier bis nach Gryon (km. 7,3, Cote 1116), bei einer Maximalsteigung von 20 °/o, die Einlegung einer Zahnstange nötig sei. Dieses zweite Teilstück bediene direkt die Ortschaften Gryon

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und Les Fosses und indirekt die Weiler Frenières und Les Plans.

Die dritte Teilstrecke endlich, G r y o n - V i l l a r s , solle, mit Ausnahme der beiden Enden, vollständig auf die Kantonsstraße GryonChésières zu liegen kommen. Die Endstation Villars werde auf Cote 1253, in unmittelbarer Nähe der großen Hotels, errichtet werden. Diese Teilstrecke habe eine Länge von 5,2 km. und bediene außer der Ortschaft Gryon die Weiler Arveyes und Villars.

Die projektierte Eisenbahn entspreche einem mehrfachen Bedürfnis. Bex und Villars seien Fremdenstationen, deren Ruf bereits festgegründet sei und die eine große Frequenz aufweisen, Bex als Badeort und als Frühlings- und Herbststation, Villars als Sommerkurort. Wenn also die Bahn eine Verbindung zwischen diesen Ortschaften herstelle, so werde sie mächtig zur Entwicklung der Gegend beitragen. Dazu komme, daß Bex ziemlich weit von der Station der Jura-Simplon-Bahn abgelegen sei, so daß eine Tramverbindung sich als Bedürfnis erweise.

Die Betriebskraft werde durch eine Turbinenanlage am Alancon geliefert werden, welche gleichzeitig auch die von der Bahn bedienten Ortschaften mit elektrischem Licht und Kraft versorgen werde.

Dem technischen Bevichte ist zu entnehmen, daß folgende Maximalsteigungen und Minimalradien für die einzelnen Teilstrecken in Aussicht genommen werden: für Bex-Bévieux 5,5 °/o und 20Meter; für Bévieux-Gryon 7 % (auf der Adhäsionsstrecke), beziehungsweise 20 % (auf der Zahnstangenstrecke) und 80 Meter; für GryonVillars 7 °/o und 20 Meter. Die Spurweite betrage überall l Meter.

Für die erste Teilstrecke sollen Phönixschienen von 32 kg. pro Meter auf eisernen Schwellen, für die übrigen Strecken Vignolschienen von 20 kg. pro Meter, ebenfalls auf eisernen Schwellen, zur Verwendung kommen. Die Zahnstange werde nach System Abt erstellt. Die Zuleitung der elektrischen Betriebskraft erfolge oberirdisch, die Rückleitung durch die Schienen.

An Rollmaterial werden vorgesehen : fünf Automobilwagen mit zwei Triebachsen, und zwar drei ausschließlich für Personenbeförderung und zwei mit einem Fourgon für Gepäck; zwei Zahnradlokomotiven für die Zahnradstrecke; 10 Anhängewagen, nämlich vier Personenwagen, vier gedeckte und zwei offene Güterwagen.

Der direkte Verkehr zwischen Bex und Villars werde ohne Umsteigen respektive Umlad in der Weise bewerkstelligt, daß die Automobile samt Anhängewagen auf die Zahnradstrecke übergehen und von einer Lokomotive gestoßen, beziehungsweise hinuntergeleitet werden.

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Eigentliche Stationen seien nur in Bex, Gryon und Villars vorgesehen. Daneben sollen aber da, wo dies nötig erscheint, Haltestellen errichtet werden. Die Wagenremisen, Werkstätten und die Bureaux der Gesellschaft werden sich beim Ausgangspunkt der Bahn in Bex befinden.

Der Kostenvoranschlag berechnet: I. Für die Teilstrecke Bex-Bévieux: A. Oberbau Fr. 120,000 B. Elektrische Leitung ,, 24,000 C. Hochbauten ,, 12,000 D . Signaleinrichtungen (Telephon) . . . . ,, 3,000 E. Rollmaterial ,, 81,000 F. Mobiliar und Gerätschaften ,, 8,000 G. Diversa (Vorstudien und Bauleitung, Verzinsung des Baukapitals) ,, 32,000 Total II. Für die Teilstrecke Bévieux-Gryon : A. Unter- und Oberbau B. Elektrische Leitung C. Hochbauten .

D. Signaleinrichtungen E. Kollmaterial F. Mobiliar und Gerätschaften G. Diversa

Fr. 280,000 Fr. 475,000 ,, 40,000 ,, 30,000 ,, 3,000 ,, 85,000 ,, 3,000 ,, 79,000

Total III. Für die Teilstrecke Gryon-Villars : A. Unterbau und Oberbau ß. Elektrische Leitung C. Hochbauten D. Signaleinrichtungen E. Rollmaterial fl F. Mobiliar und Gerätschaften G. Diversa

Fr. 715,000 Fr. 155,000 ,, 32,000 ,, 5,000 ,, 4,000 45,000 ^ 1,000 ,, 33,000

Total

Fr. 275,000

Die Erstellungskosten für die ganze Bahn würden sich somit auf Fr. 1,270,000 belaufen.

Die B e t r i e b s a u s g a b e n werden veranschlagt auf:

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A.

B.

G.

D.

Allgemeine. Verwaltung Unterhalt der Bahn Expeditionsdienst Fahr- und Zugsdienst, inkl. Unterhalt des Rollmaterials E. Diversa

Fr. 5,200 ,, 14,690 ,, 9,300

Total

Fr. 61,490

,, 27,800 ,, 4,500

oder Fr. 4750 per Kilometer.

Die B e t r i e b s e i n n a h m e n werden auf Fr. 115,000 itn Minimum berechnet. Hiervon -würden abzuziehen sein: 1. Betriebsausgaben Fr. 61,490 2. Einlage in den Erneueruugsfonds . . . . . ,, 7,410 3. Verzinsung und Amortisation der Obligationen schuld (4,5 °/o von Fr. 600,000) ,, 27,000 Total Fr. 95,900 so daß ein Überschuß von Fr. 19,070 verbleiben würde. Da das Aktienkapital (Fr. 670,000) aus Fr. 250,000 Stammaktien und Fr. 420,000 Prioritätsaktien bestehe, so ergebe sich für die letztem eine Verzinsung von 4 °/o, während Fr. 2270 auf neue Rechnung vorgetragen werden können.

Die Société des forces motrices de l'Avancon, welche sich inzwischen zum Zwecke der Erbauung der projektierten Bahn und der Beleuchtungs- etc. Anlagen gegründet hatte, stellte unterm 24. Mai abhin das Gesuch, es möchte das Konzessionsbegehren in der Sommersession der Bundesversammlung behandelt werden; gleichzeitig legte sie die Abschrift eines Beschlusses vor, welchen der Große Rat des Kantons Waadt am 13. Mai 1897 gefaßt hatte und durch welchen prinzipiell die Bewilligung zur Benützung der Kantonsstraßen für den Bau und Betrieb der Bahn ausgesprochen wurde.

Da aber die näheren Bedingungen hierüber noch fehlten und überhaupt die Regierung des Kantons Waadt sich noch nicht ausgesprochen hatte, mußte die Behandlung des Konzessionsgesuches verschoben werden.

Unterm 8. Juni 1897 erfolgte die Vernehmlassung des Staatsrates von Waadt in dem Sinne, daß er gegen das Gesuch nichts einzuwenden habe. Aber erst mit Schreiben vom 24. September abhin konnte er die abschließliche Erledigung der Frage der Straßenbenützung melden, indem er die zwischen seinem Departement der öffentlichen Arbeiten und der Société des forces motrices de l'Avancon unterm 7. September abgeschlossene und vom Großen Rate unterm 14. September 1897 genehmigte Übereinkunft samt Pflichtenheft,

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sowie die zwischen der Gemeinde Bex und der genannten Gesellschaft getroffene Übereinkunft vom 12. Juni 1897 vorlegte.

Da die Gründung der Gesellschaft -- wie bereits erwähnt -- schon erfolgt und auch alle übrigen Vorarbeiten für den Bau der Bahn teils abgeschlossen, teils der Vollendung nahe waren, erachtete es das Eisenbahndepartement für gerechtfertigt, trotz der vorgerückten Zeit die konferenziellen Verhandlungen noch anzuordnen, damit die Angelegenheit noch in der gegenwärtigen Session der Bundesversammlung zur Erledigung kommen könne. Diese Verhandlungen fanden am 27. September statt und führten zur Annahme des nachstehenden Konzessionsentwurfes, zu welchem wir folgende Bemerkungen zu machen haben : A r t i k e l 12. Die Viehbeförderung ist ausgeschlossen, weil hierzu kein Bedürfnis vorliegt. Dagegen ist die Gesellschaft verpflichtet, den Güterverkehr zu befördern, soweit das Betriebssystem dies gestattet.

A r t i k e l 13. Da die Bahn zwischen Bévieux und Villars hauptsächlich Touristenbahn ist, kann deren Betrieb auf die eigentliche Saison beschränkt werden. Immerhin bleibt dem Bundesrate das Recht vorbehalten, zu verlangen, daß die Bahngesellschaft auch während der übrigen Zeit den Verkehrsbedürfnissen gerecht werde.

A r t i k e l 17 und 19. Die etwas hohen Taxen rechtfertigen sich durch die hohen Anlage- und Betriebskosten, wie auch durch den vorwiegenden Charakter der Bahn als Touristenbahn. Für die einheimische Bevölkerung werden übrigens reduzierte Taxen eingeführt werden, wie dies bei anderen Bahnen ähnlicher Art (z. B.

Berner Oberlandbahnen, Visp-Zermattbahn) der Fall ist. Für den Tramwaybetrieb zwischen Bex und Bévieux kann die Gesellschaft von der Ausgabe von Retourbilleten dispensiert werden, hingegen ist hier die Taxe von 20 auf 15 Rappen pro Kilometer zu reduzieren.

Indem wir Ihnen den nachstehenden Beschlußentwurf zur Annahme empfehlen, versichern wir Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 4. Oktober

1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucber.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Bex über Gryon nach Yillars.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn A. P a l a z, Ingenieur in Lausanne, namens eines Initiativkomitees, vom 2. März 1897 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 4. Oktober 1897, beschließt: Den Herren O y e x - P o n n a z , Deputierter in Bex, und A.

P a l a z, Ingenieur in Lausanne, handelnd namens eines Initiativkomitees, wird zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer elektrischen Eisenbahn von B e x (Station der Jura-Simplon-Bahn) über G r y o n nach V i 11 a r s unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 80 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Bex.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. IV.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichen.

Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 3 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der zum Betriebe erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem Bundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eiugeleisig erstellt.

Sie zerfällt in drei Sektionen, nämlich: I. von der Station Bex bis Bévieux; II. von Bévieux bis Gryon ; III. von Gryon bis Villars.

Die erste und die dritte Sektion werden als Straßenbahnen mit einfacher Adhäsion, die zweite Sektion als Zahnradbahn auf eigenem Bahnkörper erstellt.

Als Betriebskraft wird Elektricität verwendet.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Waadt und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die

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Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigenfalls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern. Auf der zweiten und dritten Sektion werden Güter nur befördert, soweit es das Betriebssystem gestattet.

Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft ist berechtigt, den Betrieb auf der zweiten und dritten Sektion auf die Touristensaison, nämlich vom 15. Mai bis 1. Oktober, zu beschränken.

Indessen bleibt dem Bundesrate das Recht vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses eine Ausdehnung des Betriebes zu verlangen.

Auf alle Fälle ist die Gesellschaft, auf Verlangen des Bundesrates, verpflichtet, während der Einstellung des Betriebes auf eigene Kosten und im Einverständnis mit der Postverwaltung Einrichtungen für den regelmäßigen Transport der Reisenden, des Gepäcks und der Postsendungen zu treffen.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 15. Der Gesellschaft ist im allgemeinen anheimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzusetzen.

Immerhin sind alle derartigen Projekte, welche sich auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Einführung bestimmten Termin dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Das Maximum der Fahrgeschwindigkeit wird vom Bundesrate bestimmt.

Art. 16. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrat genehmigt werden muß. Dem Bundesrat bleibt vorbehalten, die Einführung einer zweiten Wagenklasse zu gestatten.

Art. 17. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : zwischen Bex und Bévieux 20 Rappen per Kilometer der Bahn··> zwischen Bévieux und Villars einen Franken per Kilometer auf der Zahnradstrecke und 50 Rappen per Kilometer auf den Adhäsionsstrecken.

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Im Falle der Einführung einer zweiten Wagenklasse setzt der Bundesrat die Taxen hierfür fest.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

5 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe bezogen werden, welche per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen darf: 20 Rappen auf der Strecke Bex-Bévieux; 50 Rappen auf der Zahnradstrecke, und 30 Rappen auf den Adhäsionsstrecken des Teilstückes BévieuxVillars.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Falls auf der Strecke Bex-Bévieux ein Tramwaybetrieb eingerichtet wird, kann von der Ausgabe von Retourbilleten für diesen Verkehr Umgang genommen werden. Für diesen Tramwayverkehr wird die Taxe im Maximum auf 15 Rappen pro Person und pro Kilometer festgesetzt.

Die Gesellschaft ist zur Ausgabe von Abonnementsbilleten zu reduzierter Taxe nach mit dem Bundesrat zu vereinbarenden Bestimmungen verpflichtet.

Der einheimischen Bevölkerung ist auf den gewöhnlichen Billeten für die Strecke Bévieux-Villars ein Rabatt zu gewähren, welcher vom Bundesrate, nach Anhörung der Gesellschaft, festgesetzt werden wird.

Art. 18. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 19. Im Tarif für den Transport von Waren auf der Strecke Bex-Bévieux sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 10 Rappen, die niedrigste nicht über 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

379 Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe um 100 % des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenziigen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 15 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Auf der Strecke Bévieux-Villars sind die Taxen für den Gütertransport gleich wie die Gepäcktaxen.

Art. 20. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten-, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 21. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 22. Die in den Artikeln 17 und 19 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze ab-

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zuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 23. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 24. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Trans-.

porttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der ßundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen. · Art. 26. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 27. In Bezug auf die Benützung der öffentlichen Straßen für die Anlage und den Betrieb der Eisenbahnen gelten die Bestimmungen der zwischen dem Departement der öffentlichen Arbeiten des Kantons Waadt und der Société des forces motrices de TAvançon am 7. September 1897 abgeschlossenen, vom Großen Rate unterm 14. September 1897 genehmigten Übereinkunft und des zugehörigen Pflichtenheftes, sowie der Übereinkunft zwischen der Gemeinde Bex und dem Initiativkomitee vom 12. Juni 1897, soweit diese Bestimmungen mit der gegenwärtigen Konzession und der Bundesgesetzgebung nicht im Widerspruch stehen.

381 Art. 28. Für die Geltendmacbung des Bückkaufsrechtes des Bundes, oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Waadt, gelten folgende Bestimmungen : a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande .abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rüekkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft, notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern dei' Rückkauf zwischen dem \. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages ; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

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f. Streitigkeiten, die Über den Ruckkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 29. Hat der Kanton Waadt den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 28 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 30. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn von Bex über Gryon nach Villars. (Vom 4. Oktober 1897.)

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1897

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06.10.1897

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370-382

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