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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von St. Gallen nach Herisau.

(Vom 15. März 1897.)

Tit.

Der Verwaltungsrat der A p p e n z e l l e r b a h n in Herisau reichte mit Schreiben vom 22. Oktober 1896 ein K o n z e s s i o n s g e s u c h für eine schmalspurige Eisenbahn von St. G a l l e n nach H e r i s a u ein.

Der dem Gesuche beigegebene allgemeine Bericht geht davon aus, daß eine Verbindung Herisaus mit St. Gallen seit 1890 durch das Projekt St. Gallen - Rapperswil der Herren Grauer-Frei und Konsorten beabsichtigt sei, aber einstweilen auf diesem Wege nicht erreicht werden könne. Eine direkte Verbindung werde jedoch immer mehr zum Bedürfnis, weshalb die Appenzellerbahn eine solche zu erstellen gedenke. Um der Ausführung des Normalbahnprojektes St. Gallen - Rapperswil nicht vorzugreifen, solle der Unterbau von St. Gallen bis und mit der Sitterbrücke nach jenem Tracé normalspurig, aber mit schmalspurigem Oberbau erstellt werden, während von der Sitterbrücke bis zum Anschluß an die Appenzellerbahn sowohl Unter- als Oberbau schmalspurig und nach den Normalien der Appenzellerbahn gebaut würde.

Da die Einführung der neuen Linie in den Bahnhof St. Gallen der Vereinigten Schweizerbahnen zur Zeit nicht möglich sei, werde die Erstellung einer provisorischen Station mit Wartehalle und Gepäcklokal zirka 450 Meter westlich vom Bahnhof St. Gallen, beim Übergang der St. Leonhardstraße beabsichtigt und ferner vorausgesetzt, daß von Vonwil aus (km. l,07 der Appenzeller Straßen-

956 bahn) das Geleise der letztern benützt werden dürfe. Wenn der Bahnhof St. Gallen einmal umgebaut sei, so werde ohne Zweifel sowohl diese neue Linie, als die Appenzeller Straßenbahn in denselben eingeführt werden müssen.

Das Tracé sei folgendes : Die neue Linie benütze das Geleise der Appenzeller Straßenbahn vom Leonhardstraßenilbergang bis zu Vonwil, gehe dann parallel der Linie der Vereinigten Schweizerbahnen bis gegen Bruggen, schwenke bei km. 2 links ab und erreiche bei km. 8,9 die Sitter, welche mittelst einer Bogenbrücke 86 m.

über dem Wasserspiegel, 250 m. oberhalb der jetzigen Eisenbahnbrücke überschritten werde. Hierauf wende sieh die Linie nach rechts, ziehe sich auf dem Nordabhang des sogenannten Weiherholzes hin und überschreite die Einsattelung auf der Egg, um mit S-Kurve bei km. 5,575 in die bestehende Linie der Appenzellerbahn einzumünden.

Dem technischen Berichte entnehmen wir nachstehenden Voranschlag : 1. Station St. Gallen mit Wartehalle und Gepäcklokal etc Fr. 200,000 2. Korrektion bei der Einfahrt der AppenzellerStraßenbahn ,, 30,000 3. Tracé St. Gallen-Zug, 3,275 km. à 140,000 ,, 458,500 4. Sitterbrücke ,, 700,000 5. Schmalspuriges Tracé, 1,575 km. à 100,000 ,, 157,500 6. Zur Aufrundung ,, 4,000 Total Fr. 1,550,000 oder per Kilometer rund Fr. 280,000.

Soweit sie nach dem Projekte St. Gallen-Zug gebaut werde, erhalte die Linie Minimalradien von 280 Metern und eine Maximalsteigung von 20 °/oo, im übrigen Minimalradien . von 100 Metern und eine Maximalsteigung von 13 °/oo. Der Betrieb habe mit dem Material der Appenzellerbahn zu geschehen.

In ihrer Vernehmlassung vom 2. Dezember 1896 äußerte sich die Regierung des Kantons 8t. Gallen dahin, sie sei im allgemeinen mit der Erteilung der Konzession einverstanden. Die Erstellung einer Station Bruggen könne bei Anlaß der Plangenehmigung entschieden werden. Um die dereinstige Ausführung der Normalbahn noch mehr zu erleichtern, wünsche die Regierung, daß das normalspurige Tracé bis über die Sitterbrücke hinaus, nämlich bis km. 5 beibehalten werde, so daß seiner Zeit nur cirka 575 m. Unterbau verlassen werden müßten.

957 Da die ursprüngliche Konzession der Appenzellerbahn schon zweimal geändert wurde (vgl. E. A. 8. n. F., V, 268, und IX, 378) in Zukunft also auf den Betrieb dieser Bahn vier Bundesbeschlüsse angewandt werden sollen, schlug das Eisenbahndepartement dem Verwaltungsrate vor, eine neue, einheitliche Konzession aufzustellen und in diese die projektierte Verbindung mit St. Gallen einzubeziehen.

Mit Schreiben vom 16. Januar 1897 antwortete der Verwaltungsrat aber ablehnend, indem er einerseits geltend machte, daß die Schaffung einer einheitlichen Konzession infolge der Mitwirkung der Kantone Appenzell I.-Rh. und A.-Rh. und der Gemeinde Herisau eine Verzögerung zur Folge hätte, und anderseits auf eine mit dem Initiativkomitee St. Gallen-Zug abgeschlossene Übereinkunft hinwies, wonach eine spätere Abtretung der neuen Linie an eine Bahngesellschaft St. Gallen-Zug nicht absolut ausgeschlossen sei.

Es wurde nun vom Bisenbahndepartement ein Konzessionsentwurf für die neue Linie, mit der Konzession der Appenzellerbahn möglichst übereinstimmend, aufgestellt, welcher in der am 8. März 1897 abgehaltenen Konferenz die Zustimmung aller Teilnehmer fand. Wir empfehlen Ihnen den nachstehenden Entwurf zur Annahme. Derselbe giebt uns lediglich zu der Bemerkung Anlaß, daß in Art. 8 dem Bundesrate die Entscheidung darüber vorbehalten wird, ·wie weit der normalspurige Unterbau geführt werden solle, und daß in Art. 12 auf Wunsch der Vertreter des Konzessionsbewerbers das Minimum der Züge auf sechs angesetzt wurde.

Wir-benützen auch diesen Anlaß, um Sie, Tit., unserer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 15. März 1897.

Im Namen des Schweiz, ßundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. I.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von St. Gallen nach Herisau.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Verwaltungsrates der Appenzellerbahn vom 22. Oktober 1896; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 15. März 1897, beschließt: Der A p p e n z e l l e r b a h n - G e s e l l s c h a f t in H e r i s a u wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer schmalspurigen Eisenbahn von St. G a l l e n nach H e r i s a u , beziehungsweise bis zum' Anschluß an die Linie Winkeln-Herisau der Appenzellerbahn unter .den in den folgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer der Konzession der Appenzellerbahn, d. h. bis zum 1. Oktober 1953, erteilt.

Art. 3. Der Sitz der Gesellschaft ist in Herisau.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsratesoder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

Art. 5. Binnen einer Frist von 12 Monaten, vom Datum desKonzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den revidierten Statuten der Gesellschaft einzureichen.

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Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen l Va Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Der Unterbau der Bahn wird von St. Gallen bis zu einem vom Bundesrate zu bestimmenden Punkte zwischen der Sitterbrücke und der bestehenden Linie der Appenzellerbahn normalspurig und von diesem Punkte bis zur Einmündung in die Appenzellerbahn schmalspurig und eingeleisig erstellt. Der Oberbau wird auf der ganzen Linie schmalspurig ausgeführt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. vv., sind Eigentum des Kantons St. Gallen und an dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung nötige Personal und Material zur Verfügung zu stellen und die unentgeltliche Benutzung eines geeigneten Lokals zu gewähren.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassea werden.

Art. 12. Die Beförderung von Personen soll täglich mindestens sechsmal nach beiden Richtungen, von einem Endpunkt der Bahn zum andern und unter Anhalt bei allen Stationen erfolgen.

Die Festsetzung der Fahrgeschwindigkeit ist Sache des Bundesrates.

Art. 13. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Eisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen für nötig erachtet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

960 Art. 14. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen nach amerikanischem System mit zwei Klassen aufstellen. In der Regel sind allen Personenzügen Wagen beider Klassen beizugeben ; Ausnahmen kann nur der Bundesrat gewähren.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben, und zwar auf Sitzplätzen, befördert werden können.

Auf Verlangen des Bundesrates sind auch mit Warenzügen Personen zu befördern.

Art. 15. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze zu beziehen : in der zweiten Wagenklasse 7 Rappen, , in der dritten Wagenklasse 5 Rappen per Kilometer der Bahnlänge.

Die Taxen für die mit Warenzügen beförderten Personen sollen um mindestens 20 °/o niedriger gestellt werden.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe in allen Wagenklassen zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäeks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 5 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen, als für einfache und einmalige Fahrten.

Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillele zu ermäßigten Taxen auszugeben.

Art. 16. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 17. Für den Transport von Vieh mit Warenzügen dürfen Taxen bis auf den Betrag folgender Ansätze bezogen werden:

961 Per Stück und per Kilometer für: Pferde, Maultiere und über ein Jahr alte Fohlen 16 Rp. ; Stiere, Ochsen, Kühe, Rinder, Esel und kleine Fohlen 8 Rp. ; Kälber, Schweine, Schafe, Ziegen und Hunde 3 Rp.

Für die Ladung ganzer Transportwagen sind die Taxen um mindestens 20 °/o zu ermäßigen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 2 Rappen, die niedrigste nicht über l Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stücksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u. s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für Fr. 1000 per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Vieh und Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe für Vieh um 40 °/o und diejenige für Waren um 100 °/o des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Persooenzügen transportiert und,,am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 18 a. Für Strecken mit außergewöhnlicher Steigung wird der Bundesrat ermächtigt, vorderhand die Taxansätze verhältnismäßig zu erhöhen, in der Meinung jedoch, daß er, gestützt auf technische Untersuchungen, der Bundesversammlung später bestimmte Vorschläge für definitive Festsetzung dieser Maxima unterbreiten wird.

962 Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensrnittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, HülsenfrüchtenKartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nach Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abrundung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 15, 17 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station.

Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen.

Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Gilter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

·&° Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem Bundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnunternehmung drei Jahre nacheinander einen acht Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

963 Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und für das Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten, oder dasselbe bei einer Anstalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. Für die Greltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons St. Gallen gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsmaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Genüge gethan werden, und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssunime in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; --sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und 1. Mai 1945 erfolgt, den 22V2fachen Wert; -- wenn der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1945 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 20fachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß

964 aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige io Betracht und Berechnung gezogen werden.

d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen zu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des Bundesgerichtes.

Art. 27. Hat der Kanton St. Gallen den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 26 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesen wäre.

Art. 28. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer schmalspurigen Eisenbahn von St. Gallen nach Herisau. (Vom 15. März 1897.)

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17.03.1897

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