417

# S T #

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Graubünden für den Bau der untern Landwasserstraße vom Bärentritt bis zur Zanébrücke.

(Vom 21. Mai 1897.)

Tit.

Die Regierung des Kantons Graubünden hat uns mit Schreiben vom 6./8. Oktober 1896 ein von Herrn Bezirkspräsident Balzer in Alvaneu einbegleitetes Gesuch eines Initiativkomitees um Subventionierung der projektierten untern Landwasserstraße, BärentrittZanébrücke, welche 5,835 km. lang und 5 m. breit werden soll und deren Kosten auf Fr. 182,000 veranschlagt sind, übermittelt, dasselbe bestens empfehlend. In ihrem Schreiben macht die Regierung auf die enorme Entwicklung des Fremdenverkehrs aufmerksam, insbesondere auch zwischen Davos und Engadin, sowie auf die infolge des Bahnbaues nach Thusis ganz veränderte Situation.

Sie bemerkt ferner noch, daß die neue Linie Bärentritt-Zanébrücke die Entfernung Davos-Thusis um 4,2 km. und diejenige DavosEngadin um 11 km. abkürzen würde, was für die Erleichterung des Verkehrs ganz bedeutend ins Gewicht fallen müsse, und betont hierbei noch, daß es sich nicht nur um die geringere Entfernung, sondern namentlich auch um den Wegfall der lästigen Contrapendenz über Wiesen handle.

Zur Besprechung des vorliegenden Projektes übergehend, ist der beiliegenden Übersichtskarte im Maßstabe von l : 50,000 zu

418 entnehmen, daß die gegenwärtige Straßenverbindung von Davos abwärts nach Tiefenkastel-Thusjs keine direkte, sondern eine bloß mittelbare ist. Denn nachdem die Straße zuerst dem Landwasser abwärts gefolgt ist bis ins Defilé der ,,Züge", verläßt sie beim sogenannten Bärentritt plötzlich das Flußthal und steigt in weiten Serpentinen 200 m. hoch nach der Terrasse von Wiesen hinauf, um auf derselben westwärts über Alvaneu fortschreitend nach der Straßenkreuzung von Crapaneira zu gelangen, von wo aus sie wieder ins Flußthal hinunterfällt, während ein anderer Straßenzug hier gegen die Lenzerheide und Chur abzweigt.

Das neue Straßenprojekt sucht nun diese Steigungen und Gegensteigungen dadurch zu vermeiden, daß es sich vom Bärentritt aus fortwährend im Flußthale hält und somit dem Landwasser bis ins Albulathal hinunter folgt, in die Albulastraße bei der Filisurer Brücke (Zanebrücke) mündend. Dasselbe stellt sich also als Zwischenstück zwischen der bisherigen Davoser Landwasserstraße und der Straße über den Julier und Albula, sowie den Schyn, dar.

An Hand des Berichtes des Oberingenieurs des Kantons Graubünden zur genaueren Beschreibung des Projektes übergehend, ist in betreff des T r a c é s folgendes zu bemerken : Bei der Filisurer Brücke (Zanebrücke), als dem tiefsten Punkt der neuen Straße, beginnend, bleibt diese auf einer Länge von 2,5 km. auf dem linken Ufer des Davoser Landwassers in einer Höhe von 8,5 bis 4,o m. über Niederwasserspiegel.

Da eine eigentliche Thalsohle auf dieser Strecke sich nicht vorfindet und die Straße entweder im Abhang oder auf erhöhten, allerdings größtenteils gut bewaldeten Kiesbänken zu liegen kommt, so ist diese auf längere Strecken mit Wuhrbauten zu schützen, welche je nach Bedürfnis am Fuß des Straßenkörpers oder weiter gegen den Fluß hin in ganz gleicher Weise angebracht sind, wie dies weiter oben am Landwasser zwischen Schmelzboden und Glaris mit Erfolg geschehen ist.

In Verbindung damit wird eine Flußbetträumung vorgenommen und der Wasserlauf in passender Weise korrigiert. Da vorzügliches Material leicht zu haben ist, kommen diese Wuhrbauten nicht teuer zu stehen.

Bei km. 2,,,--2,s wird das Landwasser mittelst einer 12 m.

langen hölzernen Brücke überschritten und erreicht die Straße bei km. 3 den äußern und bei km. 8,5 den innern Leidboden, zwei Wiesenflächen mit einigen Ställen an der Mündung des Tieftobels, über welches- eine gewölbte Brücke von 8 m. Spannweite projektiert ist.

419 Von hier aus entwickelt sich das Tracé dem Hang nach, in zürn Teil sehr schwierigem Terrain, um bei km. 4,e die Höhe der Felsköpfe unterhalb Bodemjé und dann mit geringer Steigung bei km. 5,835 den Bärentritt zu erreichen, nachdem unmittelbar vorher das Sägetobel mit einer Brücke von 20 m. Spannweite übersetzt worden ist.

Zwischen km. 5,g und 5,9 wird eine vorspringende Felspartie mittelst eines 20 m. langen Tunnels durchfahren.

Im ganzen ist das Terrain, längs welchem das Tracé sich bewegt, als schwierig, aber solid zu bezeichnen. Trotz der gewaltigen Schlucht kommen größere Rutschpartien und Runsen, wie an der Schynstraße, nicht vor. An den wenigen Stellen, wo der Hang angerissen ist, kann durch kleine Mauern und Verflechtungen leicht nachgeholfen werden, da man sich im Bereiche üppiger Waldvegetation befindet.

Steigungsverliältnisse.

Die Höhe der Straße bei der Filisurer Brücke beträgt 978,4i m.

über Meer, beim Bären tritt 1250 m. Es ist somit ein Höhenunterschied von 271,59 m. zu überwinden bei einer Gesamtlänge von 5,835 krn. Bei den schwierigen Terrainverhältnissen ist aber an eine gleichmäßige Steigung nicht zu denken. Gewisse Partien müssen vermieden worden, wenn die Bau- und Unterhaltungskosten nicht übermäßig groß ausfallen sollen. Nach Projekt gestalten sich nun die Steigungsverhältnisse folgendermaßen : Von der Filisurer Brücke bis km. 2,eo bleibt die Steigung zwischen 2 und 3 °/o, dann folgt bis zum Landwasserübergang auf eine kurze Strecke von 160 m. eine Steigung von 4,is °/o, nach der Brücke eine solche von 3,26 % auf 143 m. Länge.

Bei km. 2,sio beginnt die Maximalsteigung von 9,82 % au ^ eine Länge von 563 m., dann folgt eine Strecke von 1158 m. mit 8,87 °/o, womit die Höhe von Bodemjé erreicht ist. Von da an ist die Steigung wieder geringer, nämlich 4,gs % auf 1039 m., und die letzte Partie bis zum Bärentritt, nämlich 360 in., ist horizontal.

Es ist hier noch zu erwähnen, daß schon im Jahr 1869 die Frage, ob ein Tracé auf der rechten Seite des Landwassers nicht vorzuziehen sei, näher studiert worden ist. Damals hat es sich schon ergeben, daß die Baukosten ungefähr gleich wären ; den Ausschlag zu gunsten des vorliegenden Projektes gab aber der Umstand, daß hier der Unterhalt ein leichterer ist.

Die S t r a ß e n b r e i t e wird zu 5 m. angenommen, in welcher aber Schranken und Schale inbegriffen sind.

420 Unser Oberbauinspektorat hat eine sorgfältige Prüfung des vorliegenden Projektes vorgenommen und erklärt sich mit Tracé, Längenprofil und Normalien einverstanden. Immerhin findet dasselbe, daß über das Landwasser statt einer hölzernen eine eiserne Brücke erstellt werden sollte und daß die Einheitspreise des Voranschlags, was das Mauerwerk anbelangt, etwas erhöht werden sollten, damit man eine gute Qualität desselben verlangen könne.

Nachdem der Oberingenieur des Kantons Graubünden sich damit einverstanden erklärt hat, wurde der Kostenvoranschlag von Fr. 182,000 auf Fr. 210,000 erhöht.

Was die Frage anbelangt, ob dem vorliegenden Subventionsgesuche entsprochen werden könne, so kann dieselbe bejaht werden, indem bei demselben die Bedingungen eintreffen, welche bei frühern Subventionsbewüligungen an ähnliche Bauten gestellt worden sind.

Einmal hat der Bund ein militärisches Interesse am Zustandekommen dieses Baues, wie dies aus dem den Akten beigelegten Berichte des schweizerischen Militärdepartements unzweifelhaft hervorgeht.

Aber auch in Bezug auf die Verkehrsinteressen findet unser Post- und Eisenbahndepartement, daß die Erstellung dieser Straßenstrecke unbestreitbar von Wichtigkeit sei, indem die Verbindung zwischen Davos und dem Ober-Engadin und Thusis wesentlich erleichtert und die Reisendenfrequenz zwischen den genannten Gegenden gehoben würde.

Was nun aber die von den petitionierenden Gemeinden aufgestellte Behauptung anbetrifft, es könnten nach der Erstellung der Straße bedeutende, die Zinsen der gewünschten Subvention übersteigende Ersparnisse im Postkursbetriebe gemacht werden, so erscheine diese Auffassung als zu optimistisch, und es dürfe kaum erwartet werden, daß der Bau der Straße Bärentritt-Filisur Ersparnisse im Postkursbetriebe möglich machen würde.

Dazu tritt noch ein Moment auf, welches für die Subventionierung durch den Bund spricht, nämlich die Schwierigkeiten im Terrain auf der Strecke von dem Landwasser bis zum Bärentritt und das Unvermögen der Gemeinden, von sich aus diese in militärischer und volkswirtschaftlicher Hinsicht wichtige Straßenstrecke auszuführen, auch wenn der Kanton ihnen hilft, so daß ein Zustandekommen nur stattfindet, wenn der Bund kräftig unterstützend eintritt.

Bezüglich des Beitragsverhältnisses stellen die petitionierenden Gemeinden das Gesuch, es sei an den Bau der Straßenstrecke Bärentritt-Füisurer Brücke, als neues mittleres Teilstück der Linie

421

Davos-Thusis, in gleicher Weise, wie bei der Klausenstraße, mindestens ein Bundesboitrag von 85 °/o, folglich im ganzen von Fr. 154,700, zu leisten.

Bei der Bemessung des Bundesbeitrages glauben wir nun folgende Verhältnisse in Berücksichtigung ziehen zu sollen : Es unterliegt keinem Zweifel, daß diese Straßenstrecke für den Bund nicht das gleiche militärische Interesse hat, wie die Furka-, Oberalp- und Axenstraße, oder auch wie die Klausen- oder die Grimselstraße, hingegen mehr als die Vitznau-Gersau-, NeuhausMerligen- und Schallonberg-Wiggen-Straße, so daß das Beitragsverhältnis zwischendurch zu wählen wäre mit 60 °/o. Es entspricht dies auch der volkswirtschaftlichen Wichtigkeit, welche dieser Straßenanlage zukommt, und es leistet der Bund somit mehr als die übrigen Interessenten : Kanton, Gemeinden und Private, zusammen, daher man annehmen darf, daß die Ausführung des allseitig als wünschbar erachteten Baues gesichert sein wird.

Die Petenten wünschen, daß die h. eidgenössischen Räte das Expropriationsrecht ausdrücklich feststellen, indem ein Landkomplex, welcher für die Straße durchaus erforderlich ist, auf Gebiet der Gemeinde Wiesen sich befindet und ohne Zwangsenteignung nicht erworben werden könnte. Da nun das öffentliche Interesse dieser StraJienstrecke allgemein anerkannt wird, so finden wir, daß dem Gesuche der Gemeinden hierin entsprochen werden kann.

Im Interesse des Zustandekommens dieses auch für die Eidgenossenschaft wichtigen Werkes haben wir uns entschlossen, Ihnen die Gewährung eines Bundesbeitrages von Fr. 126,000, als 60 °/o der erhöhten Voranschlagssumme, zu beantragen.

Indem wir damit den eidgenössischen Räten den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten uns beehren, benutzen wir zugleich auch diesen > Anlaß, dieselben unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 21. Mai 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der I. Vizekanzler :

Schatzmann.

422

(Entwurf.)

Bnndesbeschluß betreffend

Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton GraubUnden für den Bau der untern Landwasserstrasse vom Bärentritt bis zur Zanebrücke.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Schreibens der Regierung des Kantons Graubünden vom 6./8. Oktober 1896; einer Botschaft des Bundesrates vom 21. Mai 1897, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Graubünden wird für den Bau einer Straße am untern Laufe des Landwassers vom Bärentritt bis zur Zanebrücke ein Bundesbeitrag zugesichert von 60 °/o der wirklichen Kosten und von höchstens Fr. 126,000, als 60 % der Kostenvoranschlagsumme von Fr. 210,000.

Die Ausbezahlung dieses Beitrages erfolgt, beginnend mit dem Jahre 1898, in Annuitäten von höchstens Fr. 42,000.

Art. 2. Die Bauausführung ist spätestens bis 1900 zu vollenden. Sie hat entsprechend dem vorliegenden Projekte nach seiner definitiven, vom Bundesrate genehmigten Feststellung zu erfolgen.

Die Straßenbreite, einschließlich Schale und Schranken, ist zu 5 m. festgesetzt.

Die Maximalsteigung der Straße soll 9,6 °/o nicht übersteigen.

423

Art. 3. Dem Bundesrate ist die Kontrollierung der planmäßigen Ausführung und die Prüfung der Baurechnungen vorbehalten.

Art. 4. Abtretungen von Privatrechten, welche behufs Ausführung von Arbeiten, wie sie gegenwärtiger Beschluß vorsieht, notwendig werden, sind nach dem eidgenössischen Expropriationsgesatze vom 1. Mai 1850 zu behandeln.

Art. 5. Der Kanton Graubünden hat für den spätern Unterhalt unter Aufsicht des Bundes (Art. 37 der Bundesverfassung) zu sorgen.

Art. 6. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, nachdem seitens des Kantons Graubünden die Ausführung des Baues gesichert sein wird. Dem Bundesrate steht hierüber die Entscheidung zu.

Art. 7. Für die Vorlegung des diesfallsigen Ausweises (Art. 6) wird dem Kauton Graubünden eine Frist von einem Jahr, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, gesetzt.

Art. 8. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 9. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Graubünden für den Bau der untern Landwasserstraße vom Bärentritt bis zur Zanébrücke. (Vom 21. Mai 1897.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1897

Année Anno Band

3

Volume Volume Heft

21

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

26.05.1897

Date Data Seite

417-423

Page Pagina Ref. No

10 017 878

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.