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Bericht des

Bundesrates an die Kommission des Nationalrates für das Rückkaufsgesetz über Art. 47 a betreffend die Simplonbahn.

(Vorn 13. September 1897.)

Tit.

In Ihrer Sitzung in Interlaken vom 14. August d. J. haben Sie beschlossen, den vom Ständerate angenommenen Zusatzartikel 47 a betreffend die S i m p l o n b a h n an uns zurückzuweisen mit der Einladung, zu untersuchen und zu berichten, wie sich die Verhältnisse zu Italien bezüglich des Simplontunnels im Falle eines Rückkaufes der Jura-Simplon-Bahn gestalten würden. Ferner ersuchten Sie uns, zu prüfen, ,,ob es nicht gut wäre, die noch nicht perfekte Abmachung der Simplonkonferenz vom 6. Mai 1897, wodurch den subventionierenden Kantonen und Städten für den Betrag ihrer Subventionen Aktien der Jura-Simplon-Bahngesellschaft versprochen worden sind, rückgängig zu machen, oder ob nicht der Grundsatz der Rückerstattung dieser Subventionen durch den Bund an die Kantone und Städte (die italienischen ausgenommen) anerkannt werden könnte, in der Meinung, daß dann den Kantonen, welche das Gotthardunternehmen durch Beiträge à fonds perdu unterstützt haben, der gleiche Betrag zurückerstattet werde".

I.

Bezüglich der ersten Frage ist zu konstatieren, daß der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Italien, betreffend den Bau und

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Betrieb einer Eisenbahn durch dea Simplon, von Brig nach Domodossola, vom 25. November 1895 keine Bestimmung über den allfälligen Rückkauf der auf Schweizergebiet gelegenen Bahnstrecke durch den Bund enthält. Auch die am 22. Februar 1896 zwischen dem Ministerium des Königreichs Italien und der Jura-Simplon-ßalm abgeschlossene Konvention über Bau und Betrieb einer Eisenbahn durch den Simplon von der italienisch-schweizerischen Grenze bis Iselle regelt nur die Rückkaufsrechte Italiens gegenüber der JuraSimplon-Bahn dahin, daß der Staat berechtigt ist, vom dreißigsten Jahre nach der Betriebseröffnung an gegen einjährige Kündigung und vollen Ersatz der ursprünglichen Anlagekosten, jedoch unter Abzug der in Italien durch den Staat, die Provinzen, die Gemeinden und Korporationen geleisteten Subventionen, die Konzession zurückzukaufen ; nach Ablauf der auf 99 Jahre von der Betriebseröffnung an gewährten Konzession kann die Regierung vom Rückkaufsrecht ebenfalls Gebrauch machen gegen Bezahlung der ursprünglichen Anlagekosten abzüglich der Subventionen, falls sie nicht vorzieht, die Konzession zu den nämlichen Bedingungen für eine weitere Periode von 99 Jahren zu verlängern ; für diese zweite Periode fällt die jährlich von Italien zu bezahlende Subvention von Fr. 3000 per Kilometer weg ; nach Ablauf dieser zweiten Periode geht die Eisenbahn mit Zubehörden, mit Ausnahme des Rollmaterials und der Materialvorräte, unentgeltlich an den Staat über. Vom Falle des Rückkaufes der schweizerischen Bahnlinien der Konzessionärin durch den Bund ist auch hier nicht die Rede und es müßten daher schon nach allgemeinen Rechtsregeln neue Verhandlungen mit der italienischen Regierung getroffen werden, falls eine Übertragung der Konzession für die italienische Strecke an den Bund zu erfolgen hat, auch wenn nicht Art. 8 der Konvention die Genehmigung der italienischen Regierung für eine allfällige Konzessionsübertragung ausdrücklich vorbehalten würde.

Wir vermögen aber nicht einzusehen, wie diese Vorhältnisse irgendwelche Unklarheit veranlassen sollten. Die italienische Regierung hat keinen Grund, dem Bunde ungünstigere Bedingungen für den Bau und Betrieb der italienischen Teilstrecke zu stellen, als sie von ihr der Jura-Simplon-Bahn gewährt worden sind, nachdem sie im Staatsvertrage die Förderung der Simplonunternehrnung
ausdrücklich zugesagt hat. Auch darin kann keine Inkonvenionz gefunden werden, daß der Bund eine kleine Bahnstrecke auf ausländischem Gebiete betreiben wird, da analoge Fälle bei der Linie Winterthur-Singen, Eglisau-Schai'fhausen u. s. w. eintreten werden, wie umgekehrt ausländische Staatsbahnen auf schweizerischem

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Territorium betreiben, z. B. die Elsaß-Lothringer-Bahnen und die Badischen Staatsbahnen. Die bezüglichen Beziehungen werden eben nur durch Verträge richtig zu ordnen sein. Wenn somit der Bund durch Art. 47 a des Rückkaufsgesetzes verpflichtet wird, die italienische Konzession für die Strecke schweizerisch-italienische Grenze-Iselle auszuführen, hat er sich eben auch um die Übertragung der italienischen Konzession zu bemühen.

II.

Über die Vereinbarungen der Simplonkonferenz vom 6. Mai 1897 ist folgendes zu berichten: In der Botschaft vom 25. März 1897, betreffend den Rückkauf der schweizerischen Hauptbahnen, haben wir: den Standpunkt eingenommen, daß die vom Bunde bezüglich der Alpenbahnen durch das Bundesgesetz vom 22. August 1878 übernommenen Verpflichtungen auch nach Durchführung der Verstaatlichung der Hauptbahnen aufrecht bleiben. Wenn es der Jura-Simplon-Bahn gelinge, noch vor dem Übergange an den Bund mit dem Bau des Simplontunnels zu beginnen, werde der Bund ohne weiteres an Stelle der Gesellschaft in die Fortführung des Baues eintreten, die bereits (auf Baurechnung) verausgabten Gelder der Jura-SimplonBahn als ,,ursprüngliche Anlagekosten" ersetzen und für weiter erforderliche Baukosten selbst aufkommen. Dabei sei es selbstverständlich, daß die der Jura-Simplon-Bahn zugesicherten Subventionen von Kantonen und anderen Interessenten auch an den Bund zu leisten seien (8. 169 der Botschaft).

Der Ständerat hat es für zweckmäßig erachtet, diese Erklärungen unserer Botschaft zur Beruhigung der am Simplonunternehmen beteiligten Kantone durch eine förmliche Gesetzesbestimmung festzulegen, und hat daher in das Rückkaufsgesetz folgenden neuen Art. 47 a aufgenommen : ,,Der Bund als R e c h t s n a c h f o l g e r der J u r a - S i m p l o n - B a h n verpflichtet sich gegenüber den subventionierenden Kantonen zur Ausführung der durch Bundesbeschluß vom 24. September 1873 erteilten Konzession einer SimplonEisenbahn und der italienischen Konzession für Bau und Betrieb einer Eisenbahn durch den Simplon von der schweizerisch-italienischen Grenze bis Iselle, vom 22. Februar 1896, s o f e r n die i n Art. 1 2 d e s S t a a t s v e r t r a g e s z w i s c h e n d e r S c h w e i z u n d I t a l i e n , v o m 25. N o v e m b e r 1895, b e d u n g e n e n S u b v e n t i o n e n geleistet werden."

Mit dieser Gesetzesbestimmung sollte, in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bundesrates, deutlich ausgesprochen werden,

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daß durch den Rückkauf der Jura-Simplon-Bahn der Bund in Rechte und Pflichten dieser Gesellschaft bezüglich des Simplonunternehmens eintrete. Der Verpflichtung zur Übernahme von Bau und Betrieb steht gegenüber das Recht, die Leistung der für die Gesellschaft zugesicherten Subventionen auch für den Bund zu beanspruchen.

Von diesen Rechten und Pflichten des Bundes, die beim Rückkaufe aus seiner Stellung als Rechtsnachfolger der Jura-SirnplonBahn sich ergeben, sind durchaus unabhängig die Verpflichtungen, die er durch das Bundesgesetz vom 22. August 1878, betreffend Gewährung von Subsidieu für Alpenbahnen, übernommen hat.

Gemäß Art. 5 desselben wird eine Subvention ,,von je 4Ya Millionen ein für allemal je für eine dem Art. 3 des Eisenbahngesetzes vom 23. Dezember 1872 entsprechende Alpenbahn im Osten und Westen der Schweiz denjenigen Kantonen zugesichert, welche sich an einer solchen finanziell beteiligen werden. Die Bundesversammlung wird seiner Zeit die nähern Bedingungen endgültig festsetzen'1.

Formell wird somit eine Subvention den beteiligton Kantonen zugesichert, materiell aber der Bahnunternehmung, welche eine der genannten Alpenbahnen ausführt. Scheinbar würde es somit dem freien Ermessen der Kantone, welche die Subvention erhalten, anheimgestellt sein, in welcher Weise ihre Beteiligung am Bahnunternehmen festgesetzt werden soll, ob in Form einer Aktienbeteiligung, eines Anleihens oder einer Subvention. Nach dem Sinne des Bundesgesetzes kann es aber nicht zweifelhaft sein, daß es sich um eine Subvention handelt, und zwar sowohl seitens des Bundes gegenüber den Kantonen, wie auch seitens der Kantone gegenüber der Bahngesellschaft. Es ist nicht außer acht zu lassen, daß diese Subvention an eine Alpenbahn im Westen und im Osten durchaus gleichgestellt ist derjenigen, welche im gleichen Bundesgesetz für die Gotthardbahn bewilligt wird. Die absolute Gleichhaltung der drei Alpenübergänge war ja unbestreitbar das leitendes Prinzip beim Erlaß dieses Gesetzes.

Im Vertrage zwischen der Schweiz und Italien betreffend den Bau und Betrieb einer Gotthardbahn, vom 15. Oktober 1869, welchem Vertrage das Deutsche Reich durch Übereinkunft vom 28. Oktober 1871 beigetreten ist, verpflichten sich die Staaten in Art. l ausdrücklich zur Leistung von S u b v e n t i o n e n zur Erleichterung der Ausführung der
Gotthardlinien. Bezüglich dieser Subventionen behalten sich dieselben einzig eine Participation an den finanziellen Ergebnissen des Unternehmens für den Fall vor, wenn die auf die Aktien zu verteilende Dividende 7 °/o übersteigen sollte ; von einer Beteiligung der subventionierenden Staaten am Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. IV.

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Gesellschaftskapital pro rata der zu leistenden Subsidien ist nicht die Rede. An diesen Bestimmungen ist durch den Zusatzvertrag vom 12. März 1878 zwischen der Schweiz, Deutschland und Italien zum Gotthardvertrag nichts geändert worden. Auch der Umstand, daß den Kantonen, welche sich zur Verabreichung einer Subvention an die Gotthardbahnunternehmung verpflichtet hatten, gemäß den Bestimmungen des Specialprotokolls der internationalen Konferenz für die Ausführung der Gotthardbahn, vom 13. Oktober 1869, ein Stimmrecht in den Generalversammlungen der Gesellschaft zugesichert worden ist, vermag am rechtlichen Charakter der Subventionen nichts zu ändern.

Wenn somit die am Sirnplonunternehmen beteiligten Kantoneauf Grundlage des Bundesgesetzes von 1878 gleiche Behandlung wie die an der Gotthardbahn interessierten beanspruchen würden, könnten sie nur verlangen, daß sie für die für den Simplon zu leistenden Subventionen Anspruch auf eine Superdividende über 7 % und ein limitiertes Stimmrecht in der Generalversammlung erhalten.

Um das Zustandekommen des Simplon tunnels zu erleichtern^ hat jedoch die Direktion der Jura-Simplon-Bahn sich entschlossen, den Subvenienten w e i t e r g e h e n d e R e c h t e einzuräumen. In einer Konferenz, die am 6. Mai 1897 zwischen Vertretern des Bundesrates, der Kantone, welche Subventionen an den Simplon leisten sollen, und der Verwaltung der Jura-Simplon-Bahn abgehalten worden ist, wurde vereinbart, daß der Verpflichtungsschein der Kantone folgende Bestimmungen enthalten soll: ,,3. Die Subventionen der Eidgenossenschaft, der Kantone, der Gemeinden und der Korporationen werden durch Nominativaktien, genannt ,,Simplonsubvention", repräsentiert sein, jede von Fr. 200, geschaffen zur V e r m e h r u n g des G e s e l l s c h a f t s k a p i t a l s der Jura-Simplon-Bahn. Für die Gesamtheit der betreffenden Aktien wird für jede Subvention ein einziger Titel, der auf den Namen lautet und unübertragbar ist, ausgestellt werden.

,,Immerhin wird die Eidgenossenschaft die Aktien, die ihr zugeteilt sind, den Kantonen pro rata ihrer Subvention abtreten. Zu.

diesem Zwecke wird der der Eidgenossenschaft übergebene einzige Titel nach erfolgter Einzahlung gegen so viele einzelne Titel umgetauscht, als es subventionierende Kantone giebt. Wenn diese einzelnen Titel einmal den Kantonen abgetreten sein werden, bleiben sie unübertragbar.

,,Die 22,500 Aktien der Subvention des Bundes werden somit unter den Kantonen verteilt werden wie folgt:

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an ,, ,, ,, ,, .,

d e n Kanton Bern . . . .

2,195 Aktien, ,, .n Freiburg . . .

4,390 ,, ,, Waadt . . . .

8,780 ,, fl ,, ,, Wallis . . . .

2,195 ,, ,, ., Neuenburg . .

2,745 ,, .n ,, Genf . . . .

2^195 ,, Summe gleich 22,500 Aktien.

,,Die Aktien der Simplon-Subvention werden die nämlichen Rechte genießen wie die Stammaktien, mit folgenden zwei Ausnahmen : ,,a. Ihre Beteiligung am Dividendenbezug wird erst mit dem Geschäftsjahre beginnen, welches auf die Betriebseröffnung des Tunnels folgen wird. Sie wird in einem Anteil an den 3/4 des Überschusses des Reinertrages bestehen, welcher in Alinea 4 des Artikels 24 der Statuten den Prioritäts- und Stammaktien vorbehalten ist, in der Meinung, dass diese 3/4 unter die Prioritätsaktien, die Stammaktien und die Aktien der Simplonsubvention pro rata ihres Nominalwertes verteilt werden.

,,ö. Im Falle der Liquidation der Gesellschaft werden die Aktien der Simplonsubvention unmittelbar nach den Stammaktien zurückbezahlt. Nach Rückzahlung der Aktien der Simplonsubvention al pari wird ein allfälliger Überschuß zuerst zur Tilgung der Genußscheine (bons de jouissance) zu den in Art. 7 der Statuten festgesetzten Bedingungen verwendet werden und, falls noch ein Saldo übrig bleibt, wird er unter die Prioritätsaktien, die Stammaktien und die Aktien der Simplonsubvention pro rata ihres Nominalwertes verteilt werden."

Mit dieser Fassung des Verpflichtungsscheines hat sich der Bundesrat am 18. Mai 1897 einverstanden erklärt und den beteiligten Kantonsregierungen am 20. gl. M. von der erfolgten Genehmigung Kenntnis gegeben. Durch diese Redaktion des Verpflichtungsscheines ist an den Platz der Subvention à fonds perdu mit Berechtigung einzig auf Superdividende und limitiertes Stimmrecht eine Beteiligung am Gesellschaftskapital in Form einer Nachgangsaktie mit Anteil an Dividende und am Liquidationsergebnis getreten.

Gemäß dem citierten Art. 24 der Statuten der Jura-Simplon-Bahn tritt der Bezug der Superdividende ein, nachdem die Prioritätsaktien 4'/2 % UQd die Stammaktien 4 % zum voraus erhalten haben. Gegenüber den Subventionen für die Gotthardbahn ist den Subventionen für die Simplon-Bahn somit grundsätzlich ein besseres Recht geschaffen.

228 Daraus ergeben sieh für den Fall des Rückkaufes der JuraSimplon-Bahn folgende Konsequenzeu : 1. Wenn beim Übergang der Jura-Simplon-Bahn an den Bund der Bau des Simplontunnels noch nicht begonnen hat, gestaltet sich die Sache ganz einfach. Der Bund erhält die zugesicherten Subventionen der ändern Subvenienten und hat für die Ausführung des Unternehmens seine eigene Subvention von 4l/2 Millionen und den Rost des erforderlichen Baukapitals aufzubringen. Die Kantone sind berechtigt, auch dem Bunde gegenüber die für Auslösung der Heimfallsrechte ausgemitteiton, durch Vereinbarung zwischen den Kantonen und der Jura-Simplon-Bahn festgestellten Beträge mit ihren Subventionen zu vorrechnen.

2. Wenn die Jura-Simplon-Bahn erst nach Vollendung des Simplontunnels zurückgekauft wird, sind zwei Fälle zu unterscheiden. Insofern der Rückkauf auf Grund des konzessionsgemäßen Reinertrages erfolgt, somit der kapitalisierte Reinertrag mehr oder wenigstens gleich viel beträgt, wie das Anlagekapital, wird es allerdings möglich sein, das gesamte Aktienkapital der Jura-Simplon-Bahn mit Inbegriff der Aktien der Simplonsubvention ganz oder zu einem erheblichen Teile zurückzuzahlen. Damit wird aber der Bund nicht geschädigt, indem er nur bezahlt, was die Bahn wert ist und ihm auch künftig abwerfen wird. Die Kantone würden allerdings in einem solchen Falle einen Gewinn machen, indem ihnen auch derjenige Betrag ihrer Subventionsaktien vergütet würde, welchen nicht sie einbezahlt haben, sondern an ihrer Stelle der Bund ; dieser Gewinn der Kantone würde aber doch nicht einen direkten Nachteil für den Bund ausmachen. Im gleichen Falle würden bei der Gotthardbahn nicht die subventionierenden Kantone einen Überschuß des Kaufpreises über den Nominalwert der Aktien erhalten, sondern dieser Überschuß würde dazu dienen, den Liquidationswert der Stammaktien zu erhöhen, wie dieses gemäß den Berechnungen der Rückkaufsbotschaft zutrifft.

Erfolgt aber der Rückkauf der Jura-Simplon-Bahn auf Grund des Anlagekapitales nach der Bauvollendung des Simplontunnels, so wird das Anlagekapital derselben um den ganzen Betrag, der auf den Tunnelbau verwendet worden ist, größer sein. Daraus folgt aber nicht, daß nun die Subventionsaktien voll zurückbezahlt werden können ; aus der Rückkaufsentschädigung sind vielmehr zuerst die Prioritäts- und Stammaktien voll zurückzuzahlen und erst ein allfälliger Überschuß würde den Subventionsaktien anheimfallen. Die Erhöhung des zu vergütenden Anlagekapitals um den

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Betrag der aus Subventionsgeldern gedeckten Baukosten des Tunnels dient somit in erster Linie zur Verbesserung des Liquidationserlösos der Stammaktien. Gemäß den Berechnungen der Rückkaufsbotschaft "wäre ein Betrag von rund 20 Millionen Franken erforderlich, um den ausgerechneten Ausfall auf den Stammaktien zu docken (Fr. 49,120,000 minus Fr. 29,518,866). Wenn somit die Baukosten des Tunnels gemäß dem Voranschlag bis zum Übergang der Jura-Simplon-Bahn an den Bund Fr. 70,000,000 betragen und die Baurechnung der Jura-Simplon-Bahn bis zu diesem Zeitpunkte im übrigen keine Änderungen erleiden würde, als die in der Rückkaufsbotschaft vorausgesetzten, würde sich die Rückkaufsentschädigung von Fr. 288,154,203 auf Fr. 358,154,203 erhöhen und der wirkliche Liquidationswert von Fr. 81,518,866 auf Fr. 151,518,866, wovon fallen würden auf: Deckung der Schuldverpflichtungen, welche die Gesellschaft zur Aufbringung der für den Tunnelbau über die Subventionen hinaus erforderlichen Gelder zu übernehmen hat Fr. 50,000,000 Prioritätsaktien ,, 52,000,000 Stammaktien ,, 49,120,000 Fr. 151,120,000 Zur Repartition unter die Subventionsaktien im Betrage von 20 Millionen würde somit nur verbleiben eine Summe von Fr. 398,866 = 1,99 %.

Wenn somit die Rechnungsverhältnisse der .lura-Simplon-Bahn bis zum Zeitpunkt des Rückkaufs nicht eine Verbesserung erfahren, würden die Liquidationsbetreffnisse, welche die Kautone auf der ihnen vom Bunde geleisteten Subvention von 4]/2 Millionen erhalten, nur den Betrag von rund Fr. 90,000 ausmachen, und es würde daher die aufgeworfene Frage sozusagen nur theoretische Bedeutung haben.

Allerdings kann gefragt werden, ob nicht die Bedingung hätte gestellt werden sollen, daß im Falle einer Liquidation der Gesellschaft der Jura-Simplon-Bahn die pro rata der Bundessubvention an die Kantone zurückfallenden Beträge (Liquidationserlüso auf den Subventionsaktien) dem Bunde von den Kantonen zurückzuerstatten seien, indem es unbillig wäre, wenn der Bund die JuraSimplon-Bahn mit Inbegriff des Simplontunnels über ihren wirklichen Wert bezahlen müßte und dazu noch die Kantone außer den von ihnen selbst geleisteten Subventionen auch noch die vom

230 Bunde bezahlten von letzterem ganz oder teilweise zurückvergütet erhalten würden. Mit Rücksicht auf die voraussichtlich geringe finanzielle Bedeutung der Angelegenheit haben wir aber davon Umgang genommen, ein bezügliches Begehren zu stellen. Wir haben es um so eher unterlassen, da durch eine solche Schlußnahme die auf bestem Wege befindliche Finanzierung der Simplonbahn hätte gestört werden können und die Förderung dieses hochwichtigen Unternehmens, unserer Ansicht nach, nicht aus im wesentlichen bloß theoretischen Erwägungen geschwächt werden darf.

Wir glauben auch nicht, daß die Kantone, welche sich mit Subventionen an der Gotthardbahn beteiligt haben, mit Grund Kompensationen verlangen können. Im Falle des Rückkaufes der G-otthardbahn durch den Bund bleiben den Kantonen wie den Subventionsstaaten, Deutschland und Italien, ihre Rechte auf die Superdividende gewahrt, falls nicht eine freiwillige Ablösung dieser Last auf dem Wege der Verständigung stattfindet. Ein Recht auf Dividendenbezug wäre nun den Kantonen für die Subventionsratc, die ihnen vom Bunde ausgerichtet worden ist, rechtlich nicht zugestanden, und es war der Verzicht des Bundes auf diesen Anteil eine Schenkung zu gunsten der Kantono. Wenn nun dieser Dividendenbezug fortdauert oder an dessen Stelle eine Abfindung tritt, haben auch diese Kantone mehr erhalten als denselben von Rechts wegen gebührt, und sie haben keinen materiellen Grund, sich über unbillige Behandlung gegenüber den am Simplon beteiligten Kantonen zu beklagen. Wenn dagegen gemäß der in Ihrer Kommission gemachten Anregung den Kantonen der Betrag ihrer Subventionen an die Gotthardbahn vom Bunde zurückerstattet werden sollte, hätte derselbe nicht nur den Aktionären den vollen Wert der Unternehmung auf Basis des kapitalisierten Reinertrages zu bezahlen, somit mehr als das Anlagekapital, abzüglich der Subventionen, sondern er müßte noch eine Zuzahlung von Fr, 19,480,000 zu gunsten der Kantone leisten. Wenn dem Bunde anläßlich des Rückkaufes der Hauptbahnen solche Lasten überbunden werden sollten, wäre es geradezu unmöglich, die Verstaatlichung in volkswirtschaftlich nützlicher Weise durchzuführen. Es liegt auch keine Veranlassung vor, auf Verhältnisse zurückzukommen, die in durchaus klarer Weise seit langer Zeit endgültig geordnet sind, und zwar um so weniger, da die Gotthardkantone seit einer Reihe von Jahren die von der Gotthardbahn erhofften Vorteile in reichem Maße genießen.

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Aus den entwickelten Gründen gestatten wir uns, Ihnen zu beantragen, Sie wollen dem vom Ständerate beschlossenen Art. 47 a betreffend die Simplonbahn zustimmen und den diesfalls in Ihrer Mitte gemachten Anregungen keine weitere Folge geben.

Genehmigen Sie, Tit., bei diesem Anlasse die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 13. September 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Bingier.

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Bericht des Bundesrates an die Kommission des Nationalrates für das Rückkaufsgesetz über Art. 47 a betreffend die Simplonbahn. (Vom 13. September 1897.)

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15.09.1897

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