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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Neuenburg für die Korrektion des Bied bei Locle.

(Vom 23. Februar 1897.)

Mit Schreiben vom 17. März 1896 hat der Staatsrat, des Kantons Neuenburg unserem Departement des Innern mitgeteilt, daß das in der ersten Woche gleichen Monats eingetretene Hochwasser an verschiedenen Orten beträchtlichen Schaden verursacht habe.

Auf Grund des vom Kantonsingenieur und einem technischen Delegierten unseres Oberbauinspektorates an Ort und Stelle erhobenen Befundes und vor Einsendung der Projektvorlagen über die als notwendig erachteten Bauten ersuchte uns genannte Regierung, die zum Schutz gegen weitere Beschädigungen erforderlichen Maßnahmen ohne Präjudiz für eventuelle Beitragsleistungen des Bundes sofort ergreifen zu können.

Mit Beschluß vom 23. März 1896 haben wir diesem Gesuch unter der Bedingung entsprochen, daß die Notarbeiten an Reuse, Buttes, Seyon und Bied so erstellt werden, daß sie als Bestandteile einer späteren Korrektion gelten können und die nötigen Projektvorlagen uns mit thunlichster Beförderung zur Genehmigung vorgelegt werden.

In der That übermittelte uns der Staatsrat von Neuenburg mit Zuschrift vom 29. Januar abbin ein definitives Projekt für

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die Korrektion des Bied bei Locle, welches wie folgt zusammengesetzt ist: 1. Einschalung des Baches längs der Combe Girard mit Anlage eines großen Ablagerungsplatzes und Verlegung des Weges am rechten Ufer, 2. unterirdische Kanalisation im Dorfe Locle von ,,le Verger'1 bis zur Kasinostraße, Arbeiten, deren Kostenvoranschlag sich im ganzen auf eine Summe von Fr. 480,000 beläuft.

Bevor wir auf die Beschreibung des Projektes eintreten, möchten wir mit der Wiedergabe der wichtigsten Stellen aus dem von unserem Oberbauinspektorate verfaßten Bericht über das Ergebnis der sofort nach der Überschwemmung vom März 1896 vorgenommenen Lokalbesichtigung beginnen : ,,Der Bied, welcher das Dorf Locle seiner ganzen Länge nach durchfließt, wird von zwei Wasserläufen gebildet, von denen der eine von der Combe des Enfers, der andere von der Combe Girard kommt und deren Zusammenlauf sich oberhalb der Straße von Locle nach La Sagne befindet. Der an dieser Stelle beginnende Hauptbach, le Bied, durchströmt das Dorf teilweise in einem gewölbten, teilweise in einem offenen Gerinne, welches sich zwischen Gärten, Straßen und manchmal unter Häusern durchwindet.

Vom Ausgang des Dorfes an abwärts wendet sich der Bach gegen den Col-des-Roches, wo seine Wasserkraft zur Erzeugung des elektrischen Lichtes von Locle nutzbar gemacht wird, durchsehneidet diese Einsattelung in einem unterirdischen Laufe und mündet etwas oberhalb des Dorfes Brenets in den Doubs.

Sein einziger Zufluß ist die ,,Jaluzea, die unterhalb Locle, bei der Brücke am ,,Chemin des Pilons'1, vom Hauptbach aufgenommen wird.

In gewöhnlichen Zeiten führt der Bied nur wenig Wasser, indem die Durchflußmenge bis auf 45 Sekundenliter herabsinken kann und es müssen daher ganz außerordentliche Witterungsverhältnisse auftreten, urn diesem sonst so unbedeutenden Wasserlauf den Charakter eines Wildbaches zu geben und ihn in stand zu setzen, den von uns festgestellten Schaden anzurichten.

Eine solche Erscheinung fand in den Tagen vom 2.--7. März statt, während welcher Zeit reichlicher Regen auf den gefrorenen, mit frischem Schnee überdeckten Boden fiel.

Da unter diesen Umständen die Versickerung des Regen- und Schmelzwassers nur eine geringe war, so wurde die Strömung so

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stark, daß das Bachbett die Fluten nicht mehr fassen konnte und eine Überschwemmung der tiefer liegenden Straßen von Locle erfolgte.

Von den Ursachen dieser Überflutung sind besonders zwei hervorzuheben : erstens daß die Straße von Locle nach La Sagne beim Zusammenlauf der zwei Bacharme von der Combe des Enfers und der Combe Girard das ganze Thal abschließt und dem Bach nur eine kleine Durchflußöffnung bietet, so daß eine Aufstauung des Wassers nicht zu vermeiden war und ein Sammelteich gebildet wurde, der schließlich seinen Abfluß über den tiefsten Punkt des Straßenkörpers hinweg nach der rue Girardet suchte. Von diesem Punkte an ergoß sich das Wasser ungehemmt durch die Gassen, um schließlich am ändern Ende des Dorfes sein natürliches Bett ·wieder zu erreichen.

In zweiter Linie ist die Überschwemmung der Unregelmäßigkeit und Verstopfung des Bachprofiles, den Krümmungen des Laufes und der Stauwirkung einzelner Brücken zuzuschreiben.

Wenn daher weitere Vorgänge ähnlicher Art, wie sie übrigens, allerdings in weniger ausgedehntem Maße, schon mehrfach vorgekommen sind, in Zukunft vermieden werden sollen, so ist eine Korrektion des Bied unerläßlich.

Der durch das Austreten des Baches verursachte Schaden ist für die Bewohner von Locle um so empfindlicher, als er durch keinerlei Versicherung gedeckt werden kann und auch in gesundheitlicher Beziehung läßt der jetzige Zustand sehr viel zu wünschen übrig.

Unterhalb des Dorfes durchfließt der Bach ein Wiesengelände, wo er nur auf die elektrische Anlage am Col-des-Roches nachteilig eingewirkt hat.a Wenn wir nun zur Prüfung des von der Regierung des Kantons Neuenburg eingereichten Projektes übergehen, so sehen wir, daß es sich hier grundsätzlich darum handelt, für den ungehinderten Abfluß des von der Combe Girard herkommenden Wassers zu sorgen und das jetzige Rinnsal im Dorfe für die Aufnahme des durch die Combe des Enfers fließenden Baches, sowie als Sammelkanal der Kloaken- und Abwasseranlagen beizubehalten.

Das für diesen Zweck überflüssige Wasser würde in den neuen, gewölbten Durchlaß geleitet, dessen Dimensionen so bestimmt worden sind, daß er die Gesamtwassermenge beider Bäche abfuhren kann.

Da das Einzugsgebiet des Bied rund 9 km 2 beträgt und die durch Wolkenbrüche oder andauernde Landregen verursachten

45ti maximalen Hochwasser zu 10 m 3 per Sekunde angenommen werden können, so ergiobt sich aus der Rechnung, daß für ein Gefäll von 3 °/oo die Durchflußöffnung einer Fläche von 4,s bis 5 m 2 bedarf, ein Resultat, das übrigens durch direkte, unmittelbar nach dem Hochwasser vom März 1896 vorgenommene Messungen bestätigt worden ist.

Das Projekt zerfällt in zwei Abschnitte, von welchen der eine die Korrektion des Baches in der Combe Girard umfaßt.

Das Bett dieses Wasserlaufes soll durch Binschalung gegen weitere Vertiefung geschützt werden ; für die Rückhaltung der Geschiebe ist die Anlage eines Kiesfanges vorgesehen. Da das Geröll, welches bisher auf den regelmäßigen Ablauf des Baches hemmend eingewirkt hat, von der Abwitterung der im oberen Teil der Korrektionsstrecke befindlichen Halden und nicht von der Abspülung der Uferböschungen herrührt, so kann von einer eigentlichen Verbauung des Tobels Umgang genommen werden, und es genügt, die Geschiebeführung durch einen großen Ablagerungsplatz zu unterbrechen und aufzuhalten. Die Stelle, wo dieser letztere angebracht werden soll, ist noch nicht definitiv bestimmt; ohne Zweifel wird er im unteren Teile der Schlucht und oberhalb der Kantonsstraße erstellt werden.

Der Flurweg, welcher sich vom oberen Ende der Korrektion dem Bach entlang zieht, wird ebenfalls zum größten Teil korrigiert werden müssen.

Der Kostenvoranschlag für die Arbeiten in der Combe Girard beläuft sich auf eine Summe von Fr. 69,000 und zwar : a. für Erstellung der steinernen Schale nebst den Erdarbeiten für die Verlegung des Uferweges Fr. 47,994. 61 b. Kunstbauten (Brücken) . .° . . . . .

,, 3,279. 25 c. Bekiesung des Uferweges ,, 2,370. -- d. Anlage eines Kiesfanges ,, 10,000. -- c. für Unvorhergesehenes und Verschiedenes . ,, 5,356. 14 Total

Fr. 69,000. --

Der zweite Teil des Projektes enthält die unterirdische Kanalisation im Dorfe Locle, welche ihrerseits wieder in 3 Sektionen eingeteilt werden kann, für welche verschiedene Durchflußprofile vorgesehen worden sind.

Nach eingehender Prüfung der jeder dieser Sektionen zukommenden Bauart, wurde für diejenigen Teile des Kanals, wo die

457 nötige Konstruktionshöhe vorhanden ist, ein gewölbtes Profil und für die untere Strecke (Straße J. J. Huguenin), wo man in der Bemessung der Vertikaldimensionen weniger Spielraum hat, ein rechteckiger Querschnitt mit Seitenmauern und eiserner Abdeckung gewählt.

Für alle diese Querschnittstypen wurde eine auf Mauerwerk oder Steinbettung gelagerte, künstliche Sohle aus Beton vorgesehen, welche an den Stellen, wo es die Notwendigkeit erheischt, noch durch Pfählungen und Holzroste zur Sicherung der Seitenmauorn verstärkt wird.

Der gemauerte Durchlaß hat eine Gesamtlänge von 1410 m.

und erstreckt sich vom Zusammenlauf beider Bäche bei der Kantonsstraße bis zum unteren Ende des Dorfes.

Der Einlauf des Gewölbes wird so erstellt, daß die Hochwasser der Combe des Enfers in dasselbe einlaufen können ; diese Anlage, sowie die Unter- oder Überführung des alten Bachbettes des Bied, bilden den Gegenstand eines noch aufzustellenden Specialprojektes.

Die Auslagen für die unterirdische Kanalisation im Dorfe Loclc erreichen die Summe von Fr. 411,000, wovon Fr. 379,328, oder Fr. 269 per Laufmeter, für den Durchlaß und Fr. 31,672 für Landerwerb, Entschädigungen verschiedener Art, Einsteigeschächte, Unvorhergesehenes u. dgl. mehr vorgesehen sind.

Der Gesamtkostenvoranschlag setzt sich daher wie folgt zusammen : 1. Korrektion in der Combe Girard . . . . Fr. 69,000 2. Gemauerter Durchlaß (unterirdische Kanalisation) ,, 411,000 Total

Fr. 480,000

Was den forstlichen Zustand im Einzugsgebiete des Bied anbelangt, so glauben wir, daß zur Zeit kein Grund vorliege, besondere Maßnahmen zu verlangen, da die Bewaldung in den oberen Ausläufern des Baches eine genügende zu sein scheint ; wir zweifeln übrigens nicht, daß die Regierung des Kantons Neuenburg gegebenen Falles die nötigen Vorkehren treffen werde, um den Wald in diesem Gebiete zu erhalten und zu schützen.

Ebenso kann über die Frage, ob die soeben beschriebene Korrektion des Bied vom Bunde subventioniert werden könne, kein Zweifel obwalten, da die Nützlichkeit dieser Unternehmung mit Hinsicht auf die öffentliche Wohlfahrt und Sicherheit als erwiesen gelten dürfte.

Buudesblatt. 49. Jahrg. Bd. I.

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458 Gestützt hierauf sind wir der Ansicht, daß für diese Arbeiten die Bewilligung eines Bundesbeitrages von 40 °/o empfohlen werden kann, welcher Ansatz in den letzten Jahren für solche Bauten allgemein üblich gewesen ist.

Als Bauzeit sind drei Jahre in Aussicht zu nehmen, was einem jährlichen Beitragsmaximu von Fr. 65,000 entsprechen würde, wobei die erste Anzahlung im Jahr 1898 erfolgen könnte.

In diesem Sinne erlauben wir uns, den hohen eidgenössischen Räten den [nachfolgenden Beschlußentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 23. Februar

1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Eingier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Zusicherung einer Subvention an den Kanton Neuenburg für die Korrektion des Bied bei Lode.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Schreibens der Regierung des Kantons Neuenburg, vom 29. Januar 1897, einer Botschaft des Bundesrates, vom 23. Februar 1897; auf Grund des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge, vom 22. Juni 1877, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Neuenburg wird ein Bundesbeitrag für die Korrektion des Bied bei Locle zugesichert.

Dieser Beitrag wird festgesetzt auf 40 °/o der wirklichen Kosten bis zum Maximum von Fr. 192,000, als 40 °/o der Voranschlagssumme von Fr. 480,000.

Art. 2. Die Ausführung der Arbeiten hat innerhalb drei Jahren, vom Inkrafttreten der Beitragszusicherung (Art. 7) an gerechnet, stattzufinden.

Art. 3. Das AusfUhrungsprojekt und der definitive Kostenvoranschlag bedürfen der Genehmigung des Bundesrates.

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Art. 4. Die Beitragszahlungen erfolgen im Verhältnis des Fortschreitens der Bauausführung auf Grund der von der Kantonsregierung eingereichten und vom eidgenössischen Departement des Innern verifizierten Kostenausweise; jedoch wird das jährliche Maximum zu Fr. 65,000 und dessen erstmalige Anzahlung auf das Jahr 1898 angesetzt.

Bei Berechnung des Bundesbeitrages werden berücksichtigt die eigentlichen Baukosten, einschließlich Expropriationen und die unmittelbare Bauaufsicht, dann die Kosten der Anfertigung des Ausführungsprojektes und des speciellen Kostenvoranschlages, sowie die Aufnahme des Perimeters; dagegen sind nicht in Anschlag zu bringen irgendwelche andere Präliminarien, die Funktionen von Behörden, Kommissionen und Beamtungen (von den Kantonen laut Art. 7 a des eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht Geldbeschaffung und Verzinsung.

Art. 5. Dem eidgenössischen Departement des Innern sind jährliche Bauprogramme zur Genehmigung einzusenden.

Art. 6. Der Bundesrat läßt die planmäßige Bauausführung und die Richtigkeit der Arbeits- und Kostenausweise kontrollieren.

Die Kantonsregierung wird zu obigem Zwecke den Beauftragten des Bundesrates die nötige Auskunft und Hülfeleistung zukommen lassen.

Art. 7. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, nachdem von Seiten des Kantons Neuenburg die Ausführung dieser Korrektion gesichert sein wird.

Für die Vorlegung der bezüglichen Ausweise wird der Regierung eine Frist von einem Jahr, vom Datum dieses Beschlusses an gerechnet, gesetzt. Der Bundesbeitrag fällt dahin, wenn der geforderte Ausweis nicht rechtzeitig geleistet wird.

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Art. 8. Der Unterhalt der subventionierten Arbeiten ist gemäß dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetze vom Kanton Neuenburg zu besorgen und vom Bundesrate zu überwachen.

Art. 9. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 10. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Neuenburg für die Korrektion des Bied bei Locle. (Vom 23. Februar 1897.)

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24.02.1897

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