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Schweizerisches Bundesblatt.

49. Jahrgang. IV.

Nr. 34.

25. August 1897.

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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Unterwaiden ob dem Wald für die Verbauung der Großen Schlieren bei Alpnach.

(Vom 20. August 1897.)

Tit.

Mit Schreiben vom 9./12. Juni 1897 reichte die Regierung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald an den Bundesrat zu Händen der Bundesversammlung ein Subventionsgesuch betreffend die Verbauung der Großen Schlieren bei Alpnach ein.

Diesem Gesuche ist beigelegt : ein Situationsplan mit eingezeichnetem Projekte, ein kurzer, technischer Bericht und ein Kostenvoranschlag im Betrage von Fr. 500,000.

Dem vorgenannten Schreiben ist folgendes zu entnehmen: ,,Das Unternehmen ruhe im Bezug auf seine geschichtliche Grundlage und seine gesetzliche Zulässigkeit auf dem Landsgemeindedekret vom 30. April 1893, in dessen Art. l die notwendigen Sicherungsarbeiten der Großen Schlieren zuallererst vorgesehen seien. Dieses Dekret hinwieder basiert zunächst auf dem vom eidgenössischen Oberbauinspektorate unterm 4. Januar 1892 dem eidgenössischen Departement des Innern erstatteten Berichte über die Wildbäche im Kanton Obwalden, welcher Bericht der Regierung schon den 8. Januar 1892 zugestellt worden sei.

Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. IV.

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,,In dem bezüglichen Begleitschreiben des eidgenössischen Departements des Innern wäre hinsichtlich der Großen Schlieren noch ausdrücklich bemerkt gewesen, es gehe aus dem vom Oberbauinspektorate vorgenommenen Untersuch hervor, daß die Zustände daselbst sich wesentlich verschlimmert hätten und daß infolgedessen nur eine rationelle Verbauung dieses Wildbaches im stände sei, wirksame Besserung herbeizuführen. Seit dem Jahre 1892 resp. seit Oktober 1891, in welchem Zeitpunkte der Herr Oberbauinspektor die Große Schlieren begangen habe, hätten sich die dortigen Zustände neuerdings und in geradezu unmittelbar Gefahr drohender Weise verschlimmert, wie der technische Bericht des Herrn Kantonsingenieurs es betone. Es sei darum höchste Zeit, den Folgen des gegenwärtigen bedrohlichen Zustandes entgegenzuwirken, und hätte sich die Regierung daher veranlaßt gefunden, durch ihr Baudepartement und ihren Kantonsingenieur die notwendigen Vorlagen ausarbeiten zu lassen. Indem sie dieselben dem Bundesrate vorerst zur Genehmigung und sodann zur Weiterleituug an die eidgenössischen Räte übermittle, stelle sie gleichzeitig das Gesuch, es möchte an die auf Fr. 500,000 veranschlagten Kosten ein Bundesbeitrag von 50 °/o zugesichert und verabfolgt werden.a Zur Veranschaulichung der Zustände in der Großen Schlieren lassen wir aus dem Berichte des eidgenössischen Oberbauinspektorates das Wesentlichste hier folgen: Die Große Schlieren nimmt ihren Ursprung am Fuße des Bergkessels, welcher vom Fulendossen (1660 m. ü. M.), dem Lauenberg (1665 m.), dem Schlierengrat, dessen höchster Punkt der Glaubenberg (1692 m.) ist, der Wietesehi (1697 m.), sowie der Hochschwändifluh gebildet wird. Dieselbe hat ein Einzugsgebiet von 28 km. 2 , wovon das obere Gebiet vom Ursprung bis Lochalp, den Aufnahmen des topographischen Bureaus von 1890/91 gemäß, cirka 39 °/o, das mittlere Gebiet von Lochalp bis Fallhörnli eirka 75 %. das untere Gebiet Fallhörnli bis zur Mündung in die Aa cirka 35°/o, das ganze Einzugsgebiet cirka 59 °/o bestockte Fläche aufweist. Ihr Lauf bis zur Einmündung in die Sarner Aa unterhalb dem Ätschisteg hat eine Länge von cirka 14,5 km. In geologischer Beziehung ist das ganze Gebiet Flysch, an beiden Hängen, besonders aber am linksseitigen befinden sich bedeutende quartäre Ablagerungen.

Auf der obersten Strecke, von oberhalb dem Schwändi- oder Kaltbad bis unterhalb Roßboden, zieht sich die Schlieren auf breitem Thalboden dahin, wenige Anbrüche verursachend.

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Vom Roßboden bis Horweli-Graben sind bedeutende Bachserpentinen vorhanden, doch ist der Bach hier noch nicht sehr schlimm. Es sind hier nur Ausräumungen notwendig, und zwar hauptsächlich gegenüber den angegriffenen Borden, wobei die weggelegten groben Geschiebe zum Schutz derselben verwendet werden sollten. Hie und da wird auch eine ganz breite, niedrige Sohlversicherung erforderlich werden. Der sogenannte Horweli-Schlipf ist des gänzlichen zu verbauen.

Von dort beginnt nun ein stärkeres Gefalle ; beidseitige Uferanbrüche benötigen beidseitige Ufer Versicherungen mit niedrigen Sohlenbauten. Auf dem linken Ufer kommt Felsen zum Vorschein, dessen allzustark vortretende Vorsprünge wegzusprengen sind.

Nun kommt man zu einer Stelle, unter dem sogenannten Horweli-Schlatt, wo am rechten Ufer eine gewaltige Rutschung stattgefunden hat, welche den Bachlauf ganz gegen das linke Ufer drängte. Dort wird gegenwärtig eine provisorische Uferversicherung erstellt und die hineingefallenen Steine vom rechten Ufer auf das linke verlegt.

Weiter abwärts gehend gelangt man zum sogenannten Neubrüchligraben, welcher von der linken Seite her kommend in die Große Schlieren sich ergießt. Oben ist derselbe sehr steil, verflacht sich aber nach unten bedeutend. In demselben sind ebenfalls Verbauungsarbeiten auszuführen.

Zwischen demselben und dem Mittelgraben ist das rechte Ufer fest und gesund, während am linken verschiedene mehr oder weniger bedeutende Rutschungen vorhanden sind, welche den Bach gegen das rechte Ufer drängen. Einzelne niedrige Sohlversicherungen und Bachbettausräumungen und einige ganz niedrige Traversen sind hier die erforderlichen Arbeiten.

Oberhalb dem obersten Wasserfall, bei der sogenannten SchoniRibi, befinden sich Felsen und schützende Steine auf dem rechten Ufer, während das linke Ufer aus weichem Terrain besteht, an welchem weit hinaufreichende Abbruche sichtbar sind.

Unter den Wasserfällen beim Schwandbach sind ebenfalls starke Rutschungen auf dem linken Ufer sichtbar ; auf dem rechten liegen auch wieder eine Menge großer Blöcke, welche den Bachlauf ganz gegen das linke Ufer gedrängt haben.

Hier sollten nun höhere Sperren gebaut werden und sind die weiter notwendig werdenden Sohlversicherungen ebenfalls höher zu halten als in den weiter bachaufwärts befindlichen Strecken, der viel höheren Stufen und des bedeutend größeren Gefälles \VGÖfGQ

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Nun folgt eine äußerst schlimme Stelle, diejenige bei der sogenannten Herberigsmatt, wo große Blöcke auf dem rechten Ufer den Bachlauf ganz nach links geworfen haben; dann kommt ein weiterer Anbruch, im sogenannten hinteren Schwand, wo das Entgegengesetzte der Fall ist. Es sind dies wohl die schlimmsten Stellen an der Großen Schlieren und die bedeutendsten Geschiebsquellen derselben. Eine baldigste Verbauung dieser Stellen mittelst Uferversicherungen und Überfällen ist durchaus dringlich, ebenso auch zwischen dem Groli- und Acherliwald, wo das linke Ufer in starker Bewegung begriffen ist.

·Von hier aus breitet sich der Bachlauf immer mehr aus, man betritt das Ablagerungsgebiet.

Infolge der neuen Rutschungen im obern Gebiete haben in jüngster Zeit wieder bedeutende Geschiebsmengen, zum Teil aus Steinen von großen Dimensionen gebildet, den Schuttkegel des Baches erhöht, und damit ist die Gefahr eines Ausbruchs gegen Schorried und Alpnach oder gegen Kägiswyl hinunter wieder bedeutend gewachsen. Es sind dort Stellen vorhanden, wo provisorische Arbeiten, nämlich Ausräumungen und Dammbauten, von äußerster Notwendigkeit sind.

Aber auch auf dem untersten Laufe, von der Brücke der Kantonsstraße Alpnach-Sarnen abwärts bis zur Einmündung in den Aafluß, ist eine bedeutende Verschlimmerung ersichtlich, sowohl im Bachlaufo der Großen Schlieren selbst, als im Bett des vorgenannten Flusses.

Der Schuttkegel der Großen Schlieren dehnt sich immer mehr aus und drängt die Aa gegen das rechtsseitige felsige Hochbord, wodurch dieselbe zeitweise hoch aufgestaut wird und das oberhalb liegende Gelände ,,auf der Geige"1 ein See wird und dasselbe der günstigen Resultate der bereits ausgeführten Korrektion dieses Flusses wieder verlustig geht.

Bei der letztvorgenommenen Besichtigung war ersichtlich, daß beim Ätschisteg die gröbsten Geschiebe in der Sohle bis an das gegenüberliegende Bord vorgeschoben worden sind. Nach erhaltener Mitteilung war dort beim Hochwasser eine Tiefe von cirka 5 m. vorhanden und reichte der Stau der Aa bis zum Ablaufkanal der Parketteriefabrik der Herren Bucher & Durrer hinauf."

Das eidgenössische Oberbauinspektorat, welches in jüngster Zeit noch eine einläßliche Untersuchung der Verhältnisse in der Großen Schlieren vorgenommen hat, bestätigt vollkommen die Aussagen der Regierung und des Kantonsingenieurs. Im Gorgen-

49 bach oder Schlattbach, im Schonibach und Horweligraben endlich, auf dem ganzen rechten Ufer, sind die Verhältnisse schlimmer und die Anbrüche an den Berglehnen bedeutender geworden.

Eine wesentliche Verschlimmerung ist auch auf der unteren Strecke vom Geißlochsteg bis zur Brücke der Kantonsstraße Alpnach-Sarnen eingetreten, und haben wir auf Ansuchen der Regierung hin derselben gestattet, auf Rechnung des Unternehmens und unter Voraussetzung, daß die Arbeiten einen Teil der spätem Verbauung bilden können, gestattet, sofort gewisse Bauten auszufuhren.

Zu dem eingereichten Projekte übergehend, so ist dasselbe nur als ein Vorprojekt aufzufassen. Dasselbe wurde an Ort und Stelle mit den technischen Organen des Kantons Unterwaiden ob dem Wald des genauem besprochen und gemeinsam folgender allgemeiner Kostenvoranschlag aufgestellt: I. S t r e c k e K a n t o n s s t r a ß e bis G e i ß l o c h s t e g : 1000 1. M. Ausräumungen à Fr. 15 . . . Fr. 15,000 Seitliche Versicherungen (Uferschutz) : 3000 1. M. à Fr. 30 ,, 90,000 ' 20 Sperren zu 500 m 3 à Fr. 7 ; 20 X Fr. 3500 ,, 70,000 II. S t r e c k e F a l l h ö r n l i - L o c h a l p : 30 Sperren zu 500 m3 à Fr. 8 ; 30 X Fr. 4000 ,, 120,000 Seitliche Versicherungen (Uferschutz): 1500 1. M. à Fr. 50 ,, 75,000 III. S e i t e n b ä c h e : 300 Sperren zu Fr. 300 ,. 90,000 IV. U n v o r h e r g e s e h e n e s und Bauaufsicht ,, 40,000 Total

Fr. 500,000

Die Ausräumungsarbeiten begreifen in sich das Sprengen und seitwärts Deponieren auf eine bestimmte Linie von großen Felsblöcken, welche, namentlich im untern Bachlaufe, den ruhigen Abfluß des Wassers hindern. Durch diese Arbeiten soll ein möglichst regelmäßiges und geradliniges Rinnsal geschaffen werden, in welchem das Wasser abgeführt werden kann, ohne daß die heftigen Stöße senkrecht auf die Ufer, wie sie in verwilderten Bachbetten vorkommen, entstehen können.

Der Uferschutz besteht aus Mauern auf Holzrost, welche in der Bachrichtung am Fuße von angebrochenen und in Bewegung

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befindlichen Lehnen erstellt werden. Dieselben sollen die weitere Unterspülung des Böschungsfußes verhindern und den überliegenden, in Ablösung begriffenen Massen als Stütze dienen. Die im Voranschlag aufgenommenen 3000 Laufmeter Uferschutz auf der untern und 1500 Laufmeter auf der obern Strecke sind als ein Minimum zu betrachten, indem mit denselben nur die gefährlichsten Stellen geschützt werden können. Es läßt sich jedoch annehmen, daß die Wirkung der Sperren auf die weniger hohen Anbrüche derart sein wird, daß der Uferschutz entbehrt werden kann. Da im untern Bachlaufe die zu stützenden Hänge weniger hoch sind, als dies im obern Gebiet der Fall ist, so konnte der Uferschutz unten etwas schwächer gehalten werden, während er längs der Wittenmattrüfe und all den großen Anbrüchen im obern Laufe verstärkt werden mußte.

Was nun die Sperrbauten anbelangt, so ist für diejenigen, welche in der Großen Schlieren selbst zu erstellen sind, ein durchschnittliches Mauerwerksquanturn von 500 m 8 angenommen worden.

Es wird dies der Wirklichkeit so ziemlich entsprechen. Im untern Laufe werden die Sperren höher als oberhalb des Fallhörnli, dafür ist aber in der obern Partie die Länge der Bauten fast durchwegs eine bedeutendere. Daß der Preis des Mauerwerkes in der untern Abteilung niedriger angesetzt worden ist als in der obern, rechtfertigt sich dadurch, daß einerseits die Steinbeschaffung unten sich einfacher machen wird als oben, wo es an großen Blöcken eher fehlen dürfte und andererseits die Arbeitslöhne im Berge höhere sein werden als im Thal, da sich die Unterkunft und Verpflegung der Arbeiter in dem Gebiete der Wälder und Alpweiden ungleich schwieriger gestalten muß, als in der Nähe der Dörfer.

Die Zahl der Sperren ist mit 20 für den untern Lauf und 30 für die obere Partie in Anbetracht des teilweise ziemlich starken Gefälles jedenfalls nicht zu hoch bemessen. Da jedoch außer der Sicherung von Schorried und Alpnach, sowie Kägiswyl gegen die drohenden Ausbrüche der Großen Schlieren die Verbauung der vielen Seitenbäehe die Hauptsache ist, so kann die für den Hauptbach in Aussicht genommene Anzahl von Sperrbauten genügen, indem dieselben jeweilen unterhalb der Mündung eines Seitenbaches angeordnet werden müssen, damit die durchgreifende Verbauung des letztern auf solider Basis angesetzt und aufgebaut werden
kann. Sind einmal diese ebenso zahlreichen als ergiebigen Geschiebsquellen verstopft, so wird der Charakter des Hauptbaches sich in einer Weise ändern, daß eben nur wenige Bauten notwendig sind, um denselben unschädlich zu machen.

51 Die hauptsächlichsten und gefährlichsten Seitenbäche sind der Schlattbach oder Gorgenbach, der Schonibach, der Neubrüchligraben und der Horweligraben von links, sowie der Wittenmattund Rohrmösligraben von rechts. Zur Verbauung derselben und verschiedener kleinerer, hier nicht genannter, sind 300 Sperren in Aussicht genommen, eine große Zahl, die sich aber sofort rechtfertigt, wenn man bedenkt, daß diese Seitenbäche mit viel größerem Gefäll als der Hauptbach abfließen und sich in dem weichern Boden der Berglehnen eingraben, seitliche Rutschungen erzeugen und so dem Hauptbach eine Unmasse von Geschieben zuführen.

Die meisten dieser außerordentlich steilen Gräben sind in furchtbar verwildertem Zustand, so daß bei jedem Schlagwetter eine Katastrophe befürchtet werden muß ; ihre sofortige gründliche Verbauung ist eine Sache von dringender Notwendigkeit.

Der durchschnittliche Ansatz von Fr. 300 per Sperre wird in Anbetracht der bedeutend geringern Dimensionen dieser Bauten genügen. Da es in diesem Bergschutt stellenweise an großen Steinen fehlen wird, müssen auch Holzbauten erstellt werden, welche jedoch, dank der verhältnismäßig guten Bewaldung dieser Gebiete, nicht sehr hoch zu stehen kommen werden, so daß der Durchschnittspreis von Fr. 300 als richtig angesetzt erscheint.

Aus der genaueren Besprechung von Projekt und Kostenanschlag geht hervor, daß mit Rücksicht auf die gewaltige Ausdehnung, welche das zu verbauende Gebiet der Großen Schlieren aufweist, eine Summe von Fr. 500,000 entschieden nicht zu hoch gegriffen ist, daß dieselbe im Gegenteil als ein Minimum angesehen werden muß.

Das eidgenössische Oberforstinspektorat, welches auch zum Mitbericht über die forstlichen Zustände im Einzugsgebiete der Großen Schlieren eingeladen worden ist, spricht sich in seinem beiliegenden Berichte vom 12. August 1897 wie folgt aus: ,,Das 12 km. lange Große Schlierenthal ist von 2 Bergseiten gebildet, welche beidseitig in eine Höhenregion von 1500 bis 1750 m. ü. M. ansteigen. Der rechtsseitige, gegen Nord und Nordwest geneigte Abhang ist steil bis sehr steil, mit Ausnahme einiger terrassenförmigen Partien, welche sich bei halber Höhe quer hinziehen. Der linksseitige, gegen Süd und Südost gerichtete Hang ist etwas weniger stark geneigt als der rechtsseitige. Im hintern Teil des Thaies sind die Hänge meistens
mäßig steil und die sonst enge Thalsohle verbreitert sich. Das viele Geschiebe, welches von der Großen Schlieren zu Thal gefördert wird, die zahlreichen Seitenbäche von runsartigem Charakter, sowie verschiedene Terrain-

52 abbrüche, weisen auf einen weichen Bodenuntergrund hin. Es gehört denn auch wirklich das ganze Thal der Flyschformation an. Nur im untersten Teil tritt dieselbe als kompakter Fels zu Tage, anderswo stellt sie meist ein unregelmäßiges Durcheinander von Steinen und sandiger Erde dar.

Die im Flyschgebiet gewöhnlich vorkommende Bodennässe finden wir in diesem Thaïe häufig, namentlich im hintern und in den weniger geneigten Teilen desselben. Zu diesen ungünstigen Bodenverhältnissen gesellt sich, zumal für den mittleren und hinteren Teil des Thaies, ein rauhes Klima mit langen schneereichen Wintern.

Dort kommen nur noch die Rottanne und die kurzstämmige Form der Kiefer vor. Erst unten am Eingang des Thaies bei 1200 m.

und tiefer gedeihen die Weißtanne und die Buche gut und sind dort auch stark vertreten. Diese Waldbestände im untern Gebiet sind nicht nur die wüchsigsten, sondern auch die geschlossensten.

Im mittlern und hintern Thalabschnitt dagegen sind größere geschlossene Waldkomplexe selten : wir finden dort mehr oder weniger offenen Weidwald. Auf der topographischen Karte figuriert dieser zwar meistenteils als geschlossener Wald. Das Bewaldungsprozent ist deshalb lange nicht so günstig wie man nach der Karte schließen könnte.

Daß auf den nassen Stellen die Waldvegetation eine kümmerliche sei, fällt nicht auf, dagegen ist der Waldzustand auch auf den nicht allzu feuchten Böden ein auffallend verwahrloster, namentlich auf der rechten Thalseite im sog. Kägiswyler-Hinterbergwald.

Bis Ende der 50er Jahre soll das Thal reich an schönen Althölzern gewesen sein. In den Jahren 1860 und 1861 sind außerordentlich schwere Hagelwetter über die Gegend niedergegangen und haben dem Wald großen Schaden zugefügt. Anstatt aber die Holznutzung auf die beschädigten Stämme zu beschränken, hat man sie, in der Absicht die Weidefläche zu vergrößern, sehr ausgedehnt. Erst nach Inkrafttreten des eidgenössischen Forstgesetzes konnte diesen unbedachten Abholzungen Einhalt geboten werden und gegenwärtig ist die Holznutzung in befriedigender Weise geregelt und geschieht durch plänterweise Aushiebe.

Für die Wiederbestockung der ausgebeuteten Waldteile, w» nur geringes Holz stehen gelassen worden war, ist bis zu gegenwärtiger Zeit nichts geschehen. Der beabsichtigte Zweck, dieViehatzung und den Ertrag der Mähstreue zu
mehren, ist auch nur sehr unvollständig erreicht worden, indem sich an den meisten Stellen der Boden mit Heidelbeer und Heide überzog. Am schlimmsten sieht es aus oberhalb dem Röhrlismoos und der

53 Palmertsalp, auf der rechten Thalseite ; aber auch auf dem gegenüber liegenden Hang ist das Waldbild vielerorts ein unerfreuliches.

Schlagbares Holz ist im ganzen Thal wenig vorhanden. Der spärlich vorkommende natürliche Anflug leidet vom Biß und Tritt des Viehes.

Die Hauptursachen der schlechten forstlichen Zustände im Großen Schlierenthal sind in den noch bestehenden Walddienstbarkeiten und in der unbeschränkt ausgeübten Viehweide zu suchen.

Zu unterst im Thaïe befinden sich einige Gebiete im Privatbesitz. Alles übrige ist Korporationseigentum, und zwar gehört der cirka 350 ha. große Hinterbergwald der Genoßsame Kägiswyl, das sog. Wengli der Teilsame Ramersberg, das ganze hintere Thalgebiet der Teilsame Schwendi, und endlich ist die Bürgergemeinde Alpnach Besitzerin auf der linken Thalseite, von Heitibühl bis Spicheregg.

Auf dem Kägiswylerwald lastet ein Holzbezugsrecht zu gunsten der Korporation Freiteil in Samen. Die Kägiswyler erachteten es deshalb von jeher als in ihrem Interesse liegend, den Wald möglichst zurückzudrängen, während die Sarner sich darüber beklagten, daß die von Kägiswyl immer ungenierter im Wald herum die Streue mähten.

Diese Servitut ist daher zu einem Zankapfel geworden ; so lange sie nicht abgelöst ist, wie dies von der Forstbehörde seit Jahren verlangt worden ist, kann von Waldpflege keine Rede sein.

Auf dem Besitztum von Schwendi lastet ein Geißweidrecht zu gunsten des Schwendikaltbades.

Sehr hinderlich war bisher einer guten Forstwirtschaft der Mangel an Holzabfuhrwegen.

Viel höher als die Nutzung aus dem Wald stellen die vorbenannten Besitzer den Vorteil, den ihnen die Sommerung von Rindern und Pferden bietet. Die Viehzucht treibenden Bewohner von Alpnach, Kägiswyl, Ramersberg und Schwendi sind in dieser Beziehung fast ausschließlich auf dieses Thal angewiesen. Die Teilsame Schwendi allein besetzt ihr Gebiet mit 350--400 Rindern und 50 Pferden, überdies treiben sich viele Ziegen im Thaïe herum. Die Weide erstreckt sich mehr oder weniger über allen Wald, mit Ausnahme der steilsten Gebiete und der wenigen gut geschlossenen Bestände. Die offenen Weideplätze vermochten nicht, so zahlreichen Viehherden genügend Nahrung zu bieten. Als unentbehrlich hält man auch den Schutz den der Wald dem Vieh gegen die Unbilden der Witterung gewährt, trotz den Gebäulichkeiten, welche auf jeder der zahlreichen kleinen Alpen stehen.

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Es ist begreiflich, daß bei so starkern Viehtrieb der Wald sehr leiden muß und natürliche Verjüngung nur schwer aufkommen kann.

Vom forstlichen Standpunkt aus erscheinen folgende Maßregeln notwendig, um das projektierte Korrektionswerk ausreichend zu sichern: Ablösung der Servituten, Mähverbot, vollständige Abschaffung der Ziegenweide, Ausscheidung von Wald und Weide und Einschränkung der Großviehweide auf die auszumarchenden und abzuzäunenden Alpen; Aufforstung aller alten Schläge und Lücken und erhebliche Vermehrung der Bewaldung durch Bepflanzung aller oberen, stark geneigten Gebiete, namentlich von der Lochalp weg nach hinten. Diese Maßregeln sind aber in ihrem ganzen Umfang einfach nicht durchführbar, weil dadurch der Viehstand der Anwohner eine erhebliche Verminderung erfahren müßte.

Solche Opfer kann man, besonders den Bewohnern von Schwendi und Ramersberg, welche von der Verbauung der Großen Schlieren keinen direkten Vorteil haben, nicht zumuten. Es dürfte deshalb geraten sein, die forstlichen Bedingungen auf das allernotwendigste Maß herabzusetzen. Hierbei ist zu bemerken : Der Weidebann für Großvieh muß sich allerwenigstens auf diejenigen Waldfläehen erstrecken, wo Kulturen gemacht werden, oder wo eine natürliche Verjüngung angestrebt wird. Die Frage, wie diese Verhältnisse zu ordnen sind, ist überhaupt noch nicht spruchreif und bedarf näherer Prüfung. Betreffend die Aufforstungen kann man sich mit demjenigen begnügen, das im provisorischen Generalprojekt vom 15. Juli 1897 vorgeschlagen ist. Die aufzuforstende Fläche ist auf 224,50 ha. und die Ausgabe auf Fr. 92,450 berechnet.a Die beantragten forstlichen Bedingungen sind im Art. 9 des Beschlußentwurfes aufgenommen.

Wie bereits weiter vornen angeführt, stellt die Regierung von Obwalden an die eidgenössischen Räte das Gesuch, es möchte an die auf Fr. 500,000 veranschlagten Kosten ein Bundesbeitrag von 50 °/o zugesichert werden und motiviert ihr Begehren folgendermaßen : ,,Die Gründe zur Gewährung einer Subvention, und zwar in der beantragten Höhe von 50 % der Gesamtkosten, sind wesentlich folgende. Wie aus den Plänen und Berichten erhellt, ist der zu belastende Perimeter trotz der räumlich ziemlich großen Ausdehnung des Unternehmens in Anbetracht der sehr hohen Kosten doch verhältnismäßig ein sehr beschränkter. Die beteiligten Privaten sodann sind keineswegs wohlhabend, und werden infolgedessen die Belastungsquoten, auch wenn sie infolge ergiebiger Bundesunter-

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Stützung etwas niedriger ausfallen, für sie noch immer sehr drückende, fast unerschwingliche sein. Zu einer bedeutenden Beitragsquote wird ferner auch die Wuhrgenossenschaft der Melcha-Aa-Korrektion herangezogen werden müssen ; diese aber befindet sich jetzt schon in sehr ungünstigen finanziellen Verhältnissen. Mußte doch bereits im Jahre 1893 ein Zehnteil der ursprünglichen Betragsquoten neu eingehoben werden, weil infolge Ausdehnung des Projektes während der Bauzeit und der dadurch verursachten Mehrkosten der sonst gesicherte Reservefonds allzusehr zusammenschmolz und die fortwährenden Unterhaltungsarbeiten dieses Unternehmens sehr kostspielige sind. Die unausweichliche Beitragsleistung an die Verbauung der Großen Schlieren ist daher für diese Wuhrgenossenschaft sehr onerös, und wer weiß, wie schwierig es ist, bei Mitgliedern von Wuhrkorporationen Nachzahlungen einzuheben, für welche nicht ein unmittelbar in die Augen springender Vorteil in Aussicht gestellt werden kann, wird mit uns einig gehen, daß auch die ohnehin mit ungemein schwierigen Verhältnissen kämpfende Melcha-Aa-Wuhrkorporation alle Rücksichten wohl verdient."

Die von der Regierung von Obwalden angegebene Begründung ist vollständig richtig und wir können nach reiflicher Prüfung der Angelegenheit das Gesuch derselben um Bewilligung der Maximalquote von 50 °/o nur befürworten und empfehlen. Die Aufgaben, die sich der Kanton Obwalden durch Landsgemeindebeschluß vom 30. April 1893 in Bezug auf die Verbauung seiner Wildbäche gestellt hat, sind derart groß und wichtig, daß an eine rationelle Lösung nicht zu denken ist, wenn der Bund nicht kräftig unterstützend eingreift.

Im Interesse des Zustandekommens dieses sehr wichtigen Werkes erlauben wir uns, Ihnen die Gewährung eines Bundesbeitrages von 50 °/o zu beantragen.

Indem wir hiermit den eidgenössischen Räten den nachstehenden Entwurf eines Bundesbeschlusses zu unterbreiten uns beehren, benutzen wir zugleich auch diesen Anlaß, dieselben unserer vollkommensten Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 20. August 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Ruffy.

Der I. Vizekanzler : Sckatzmaim.

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Bnndesbeschluß betreffend

Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Unterwaiden ob dem Wald für die Verbauung der Großen Schlieren bei Alpnach.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Schreibens der Regierung des Kantons Unterwaiden ob dem Wald vom 9./12. Juni 1897, einer Botschaft des Bundesrates vom 20. August 1897 ; auf Grund des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge vom 22. Juni 1877, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Unterwaiden ob dem Wald wird ein Bundesbeitrag für die Verbauungsarbeiten an der Großen Schlieren bei Alpnach bewilligt. Dieser Beitrag wird festgesetzt auf 50 °/o der wirklichen Kosten, bis zum Maximum von Fr. 250,000, als 50 °/o der Voranschlagssumme von Fr. 500,000.

Art. 2. Für die Ausführung dieser Verbauungsarbeiten werden 10 Jahre eingeräumt, von dem Inkrafttreten der Beitragszusicheruug (Art. 7) an gerechnet.

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Art. 3. Das Ausführungsprojekt und der definitive Kostenvoranschlag bedürfen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 4. Die Ausbezahlung der Subvention erfolgt im Verhältnis des Fortsehreitens der Arbeiten, gemäß von der Kantonsregierung eingesandten und vom eidgenössischen Departement des Innern verifizierten Kostenausweisen; das jährliche Maximum beträgt Fr. 30,000, und die Auszahlung desselben findet erstmals im Jahre 1898 statt.

Bei Berechnung des Bundesbeitrages werden berücksichtigt die eigentlichen Baukosten, einschließlich Expropriationen und die unmittelbare Bauaufsicht, dann die Kosten der Anfertigung des Ausführungsprojektes und des speciellen Kostenvoranschlages, sowie die Aufnahme des Perimeters; dagegen sind hier nicht in Anschlag zu bringen irgend welche andere Präliminarien, die Funktionen von Behörden, Kommissionen und Beamtungen (von den Kantonen laut Art. 7 a des Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht Geldbeschaffung und Verzinsung.

Art. 5. Dem schweizerischen Departement des Innern sind jährliche Bauprogramme zur Genehmigung einzureichen.

Art. 6. Der Bundesrat läßt die planmäßige Bauausführung und die Richtigkeit der Arbeits- und Kostenausweise kontrollieren. Die Kantonsregierung wird zu obigem Zwecke dem Beauftragten des Bundesrates die nötige Auskunft und Hülfeleistung zukommen lassen.

Art. 7. Die Bewilligung des Bundesbeitfages tritt in Kraft, nachdem von seiten des Kantons Unterwaiden ob dem Wald die Ausführung dieser Verbauung gesichert sein wird.

Für die Vorlegung der bezüglichen Ausweise wird der Regierung eine Frist von einem Jahr, vom Datum dieses Beschlusses an gerechnet, gesetzt.

Der Bundesbeitrag fällt, dahin, wenn der geforderte Ausweis nicht rechtzeitig geleistet wird.

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Art. 8. Der Unterhalt der subventionierten Arbeiten ist gemäß dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigesetze vom Kanton Unterwaiden ob dem Wald zu besorgen und vom ßundesrate zu überwachen.

Art. 9. Der Kanton Unterwaiden ob dem Wald verpflichtet sich, die vom eidgenössischen Oberforstinspektorate als notwendig erachteten, hier nachstehend verzeichneten forstlichen Maßnahmen im Gebiete der Großen Schlieren durchzuführen : a. die bestehenden forstschädlichen Servituten sind in kürzester Frist abzulösen; b. das Mähen von Waldstreu ist zu verbieten; c. die Ziegenweide ist aufzuheben. Den Rinderhirten kann das Halten einiger Ziegen gestattet werden; d. die Großvieh- und Pferdeweide ist in der Weise zu ordnen, daß die natürliche und künstliche Verjüngung des Waldes gesichert ist; e. für die Aufforstungen und forstlichen Verbaue kann das von Obwalden eingereichte provisorische Projekt als Grundlage dienen. Das definitive Projekt ist auf einen geometrischen Plan zu basieren.

Art, 10. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 11. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Bewilligung eines Bundesbeitrages an den Kanton Unterwalden ob dem Wald für die Verbauung der Großen Schlieren bei Alpnach. (Vom 20. August 1897.)

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