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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Chur über Churwalden nach Tiefenkastel.

(Vom 17. März 1897.)

Tit.

Mittelst Eingabe vom 24. Oktober 1896 stellte Herr G.

B r ü g g e r - V i e l i in Churwalden das Gesuch um K o n z e s s i o n einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von C h u r über C h u r w a l d e n nach T i e f e n k a s t e l .

Zur Begründung des Gesuches führte er an, die Kantonshauptstraße Chur-Churwalden-Lenz und Lenz-Albula und Lenz-Julier sei die kürzeste und direkteste Verbindung der Kantonshauptstadt Chur mit dem Bngadin. Demgemäß habe auch der Verkehr durch das Churwalder Thal Jahr für Jahr zugenommen, so daß auf Grund amtlicher Tabellen und anderer Erhebungen der letzten Jahre für die projektierte Straßenbahn der jährliche Gesamtpersonenverkehr auf cirka 75,000 Reisende und der Güterverkehr auf cirka 9000 Tonnen geschätzt werden könne.

Seit der Eröffnung der Schmalspurbahn Chur-Thusis (Juni 1896) drohe die vollständige ,,Unterbindung des Verkehrs" auf der bisherigen Hauptstraße Chur-Churwalden-Tiefenkastel, womit der Ruin der längs dieser Straße aufgeblühten Fremdenindustrie und der volkswirtschaftliche Rückgang des ganzen schönen Hochthaies Churwalden-Lenzerhaide verbunden wäre.

142 Um diesen unermeßlichen Schaden zu verhüten, solle die projektierte Bahn gebaut werden. Gleichzeitig solle diese eine Probe bilden für allfällige weitere elektrische Bahnen. Die Elektrotechnik sei in fortschreitender Entwicklung begriffen. Der Kanton Graubünden mit seinen ungezählten Gewässern könne ihr allenthalben billige Triebkraft liefern, was zu der Annahme berechtige, daß die elektrischen Eisenbahnen für die kleineren Verhältnisse der Bergkantone die Bahnen der Zukunft seien.

In dieser Voraussieht sei auch das vorliegende Projekt so traeiert, daß nach dem Engadin eine Fortsetzung möglich sein werde in den beiden Hauptrichtungen über den Albula von Punkt Ì 021 südlich Brienz aus und über den Julier von Tiefenkastel aus.

Der technische Bericht bezeichnet als Grundsatz, welcher für die Aufstellung des Projektes angenommen worden sei, daß die Maximalsteigung nicht mehr als 7 °/o betragen dürfe. Da nun die Straße von Chur bis Malix bedeutend größere Steigungen aufweise und die letztern auch auf den Strecken Churwalden-Parpan und St. CassianLenz-Tiefenkastel fortwährend 10 oder annähernd 10 °/o betragen, können die betreffenden Straßenabschnitte nicht für die Bahn benützt werden. Diese nehme ihren Anfang beim Bahnhof Chur der Vereinigten Schweizerbahnen und folge bis zur Plessurbrücke der Bahnhofstraße, wende sich vor der Brücke thaleinwärts, um bis zum sogenannten Meiersboden die Straße zu benützen, die sich zuerst und auf der längeren Strecke am rechten Ufer und nur gegen das Ende noch auf cirka 300 Meter am linken Ufer befinde.

Nach Überschreitung der Rabiusabrücke nächst der Fabrik im Meiersboden wende sieh die Bahn rechts, um an der dortigen Berglehne über Eber, Schluoeht und Passugg in verschiedenen Kehren unterhalb Grida die Höhe zu gewinnen, welche erforderlich sei, um die Bahn von da am rechten Ufer der Rabiusa ohne weitere künstliche Entwicklung mit der Maximalsteigung von 7 °/o bei der Säge in Churwalden in die Poststraße einführen zu können.

Vor der Brücke, wo die Straße wieder steige, wende sich die Bahn rechts, gelange mit einer kleinen Ausbiegung oder Entwicklung an den bewaldeten Abhang südlich von Churwalden und bald darauf vor Parpan wieder in die Nähe der Poststraße, vor deren höchstem Punkt bei Aclaalva, 1551 Meter über Meer, sie auf dieselbe übergehe. In Lai biege die
Bahn, um nicht mit der Straße während 8,5 Kilometern immer auf der gleichen Höhe bleiben zu müssen, wieder in das Thal des Heidbaches ab und folge demselben, erst auf dem rechten, dann auf dem linken Ufer, um über Alvaschein und Vazerol bei der großen Schleife unterhalb

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ßrienz wieder in die Straße zu gelangen, welche nun bis Tiefenkastel nicht mehr verlassen werde. Eine solche Führung sei um so angezeigter, als der Kanton ohnehin in dieser Richtung eine Straße zu erstellen gedenke, und bei gemeinsamer Ausführung sich Ersparnisse erzielen lassen.

Die Straße werde aui einer Ausdehnung von zusammen 8600 Metern benützt, während auf eigenem Bahnkörper 22,400 Meter zu liegen kämen. Der Höhenunterschied Chur-Parpan betrage 966 Meter, Tiefenkastel-Parpan 691 Meter, total also 1657 Meter, oder durchschnittlich 5,s °/o Steigung, bezw. Gefäll. Trotz den starken Kurven der Straße werde es wahrscheinlich möglich sein, ohne allzugroße Korrekturen mit einem Minimalradius von 25 bis 20 Metern auszukommen.

Die Spurweite betrage l Meter. Zur Verwendung sollen leichte Vignolschienen von cirka 20 kg. per laufenden Meter verwendet werden. Im Innern von Chur und in den Ortschaften, wo sich dies als notwendig erweise, sollen Leitschienen oder Rillenschienen Verwendung finden.

Als Betriebssystem werde oberirdische Stromzuführung mit Rückleitung durch die Schienen in Aussicht genommen, unter Verwendung von zwei- oder vierachsigen Motorwagen, die eventuell im stände seien, einen leichten Anhängewagen zu ziehen. Bei großem Andränge von Reisenden würden einzelne Kurse mit je zwei oder drei Zügen in kurzen Intervallen ausgeführt. Die elektrische Betriebskraft werde in zwei Kraftstationen, von denen die eine bei Obervaz, die andere bei Lax liege, durch von Turbinen getriebene Dynamos erzeugt werden.

Bei einer mittleren Geschwindigkeit von 12 km., die auf der Thalfahrt auf 25 km. gesteigert werden könne, lasse sich die ganze Strecke in ìl/st Stunden zurücklegen.

Die Hauptstation sei in Chur angenommen und enthalte außer der Wagenremise Räume für Reparaturwerkstätte und Bureaux, Weitere kleinere Gebäulichkeiten seien noch in Churwalden und Tiefenkastel projektiert. An diesen Orten sei je ein Stationsbeamter notwendig.

Der Güterdienst werde entweder durch specielle Güterwagen ausgeführt, welche den Motorwagen angehängt werden, oder die Motorwagen erhalten eine Gepäckabteilung zur Mitnahme von l--2 Tonnen Güter. Nötigenfalls sollen auch eigene automobile Güterwagen eingestellt werden.

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Der summarische Kostenvoranschlag sieht vor: I. Bahnanlage und feste Einrichtungen: A. Organisation, Verwaltung etc. . . . .

B. Verzinsung des Baukapitals C. Expropriation D. Bahnbau: 1. Unterbau Fr. 620,000 2. Oberbau ,, 620,000 3. Hochbau und mechanische Einrichtungen . . . . , , 294,500 4. Telegraphenleitungen etc. ,, 46,500 -- n. Rollmaterial III. Mobiliar und Gerätschaften Unvorhergesehenes Total oder Fr. 82,000 per Kilometer der Bahnlänge.

Fr.

,, ,,

124,000 40,000 31,000

,, 1,581,000 ,, 248,000 ,, 31,000 ^ 175,000 Fr. 2,230,000

Die A u s g a b e n der B e t r i e b s r e c h n u n g werden veranschlagt wie folgt: I. Allgemeine Verwaltung Fr. 11,000 II. Unterhalt und Aufsicht der Bahn ,, 40,000 III. Expéditions- und Zugsdienst ,, 14,000 IV. Fahrdienst ,, 23,000 V. Diverses ,, 10,000 Total

Fr. 98,000

An E i n n a h m e n sind vorgesehen: 1. Personenverkehr 2. Gepäckverkehr (cirka 7 % des Personenverkehrs) 3. Güterverkehr

Fr. 120,000 ,, 8,000 ,, 85,000

Total

Fr. 213,000

Von dem Einnahmenüberschuss von Fr. 115,000 sei die Einlage in den Erneuerungsfonds mit Fr. 15,500 (= Fr. 500 pro Kilometer) in Abzug zu bringen, so daß ein Reinertrag von Fr. 99,500 verbleibe, welcher cirka 4,5 % des Anlagekapitals von Fr. 2,230,000 ausmache.

Der Kleine Rat des Kantons Graubünden, welchem das Konzessionsgesuch zur Vernehmlassung übermittelt worden war, äußerte

145 sich in seinem Schreiben vom 9. Februar 1897 dahin, daß er die Erteilung der verlangten Konzession zu den üblichen Bedingungen empfehle und anerkenne, daß die vom Konzessionsbewerber angeführten Vorteile durch eine elektrische Bahnlinie, wie sie das Projekt aufweise, erreicht werden. Gegenüber einer Einwendung des Kreisamtes Beifort, welches als richtigen Endpunkt nicht Tiefenkastel, sondern die Filisurerbriicke bezeichne, halte der Kleine Rat für richtig, daß die Anlage so ausgeführt werde, wie der Konzessionsbewerber sie projektiert habe, damit die Fortsetzung sowohl gegen den Albula, bezw. Davos, als gegen den Julier hin möglich sei.

Die Frage der Straßenbenützung wurde durch Beschlüsse des Kleinen Rates von Graubünden vom 9. Dezember 1896 und des Kleinen Stadtrates von Chur vom 19. Januar 1897 geregelt.

Die vorschriftsmäßigen konferenziellen Verhandlungen fanden am 10. März abhin statt und führten zu allseitiger Zustimmung zu dem nachfolgenden Beschlussesentwurf. Derselbe giebt uns nur zu wenigen Bemerkungen Anlaß.

In A r t . 12 wird die Gesellschaft auf den Wunsch des Konzessionsbewerbers von der Verpflichtung zum V i e h t r a n s p o r t befreit.

A r t . 13. Da es sieh hauptsächlich um eine Touristenbahn handelt und die Aufrechthaltung des Bahnverkehrs im Winter wegen der Schneeverhältnisse äußerst schwierig und kostspielig wäre, darf der Gesellschaft unseres Erachtens gestattet werden, den Betrieb auf die Sommermonate zu beschränken. Immerhin bleibt dem Bundesrate das Recht vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses eine weitere Ausdehnung des Betriebes zu verfügen.

Die Gesellschaft ist aber verpflichtet, auf ihre Kosten dafür zu sorgen, daß die Beförderung der Reisenden und der Postsachen auch dann stattfindet, wenn der Bahnbetrieb eingestellt ist.

Art. 15. Es dürfte einstweilen genügen, für den Personenverkehr eine einzige Wagenklasse aufzustellen. Dabei bleibt das Recht des Bundesrates vorbehalten, eventuell die Einführung einer zweiten Klasse zu verfügen.

A r t . 16 und 18. Die Taxansätze sind etwas höher als diejenigen der Normalkonzession, aber durch die besondern Steigungsverhältnisse gerechtfertigt.

Bnndesblatt. 49. Jahrg. Bd. II.

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146 Indem wir Ihnen den nachstehenden Entwurf zur Annahme empfehlen, benützen wir auch diesen Anlaß, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 17. März 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates,.

Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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(Entwurf.)

Bnndesbeschluß betreffend

Konzession einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Chur über Churwalden nach Tiefenkastel.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Herrn G. Brügger-Vieli in Churwalden vom 24. Oktober 1896; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 17. März 1897, beschließt: Dem Herrn Georg B r ü g g e r - V i e l i in Churwalden, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft, wird die Konzession für den Bau und Betrieb einer e l e k t r i s c h e n E i s e n b a h n (teilweise Straßenbahn) von C h u r über C h u r w a l d e n nach T i e f e n k a s t e l unter den in den nachfolgenden Artikeln enthaltenen Bedingungen erteilt: Art. 1. Es sollen die jeweiligen Bundesgesetze, sowie alle übrigen Vorschriften der Bundesbehörden über den Bau und Betrieb der schweizerischen Eisenbahnen jederzeit genaue Beachtung finden.

Art. 2. Die Konzession wird auf die Dauer von 50 Jahren, vom Datum des gegenwärtigen Beschlusses an gerechnet, erteilt.

Art. 3.

Der Sitz der Gesellschaft ist in Chur.

Art. 4. Die Mehrheit der Direktion und des Verwaltungsrates oder weitern Ausschusses soll aus Schweizerbürgern, welche ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, bestehen.

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Art. 5. Binnen einer Frist von 24 Monaten, vom Datum des Konzessionsaktes an gerechnet, sind dem Bundesrate die vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen nebst den Statuten der Gesellschaft einzureichend Innert 6 Monaten nach stattgefundener Plangenehmigung ist der Anfang mit den Erdarbeiten für die Erstellung der Bahn zu machen.

Art. 6. Binnen 2 Jahren, vom Beginn der Erdarbeiten an gerechnet, ist die ganze konzessionierte Linie zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben.

Art. 7. Die Ausführung des Bahnbaues, sowie der mm Betriebe der Bahn erforderlichen Einrichtungen darf nur geschehen auf Grund von Ausführungsplänen, welche vorher dem ßundesrate vorgelegt und von diesem genehmigt worden sind.

Der Bundesrat ist berechtigt, auch nach Genehmigung der Pläne eine Abänderung derselben zu verlangen, wenn eine solche durch Fürsorge für die Sicherheit des Betriebes geboten ist.

Art. 8. Die Bahn wird mit Spurweite von l Meter und eingeleisig erstellt.

Art. 9. Gegenstände von wissenschaftlichem Interesse, welche durch die Bauarbeiten zu Tage gefördert werden, wie Versteinerungen, Münzen, Medaillen u. s. w., sind Eigentum des Kantons Graubünden und au dessen Regierung unentgeltlich abzuliefern.

Art. 10. Den Bundesbeamten, welchen die Überwachung der Bahn hinsichtlich der Bauten oder des Betriebes obliegt, hat die Bahnverwaltung behufs Erfüllung ihrer Aufgabe zu jeder Zeit Einsicht von allen Teilen der Bahn, der Stationen und des Materials zu gestatten, sowie das zur Untersuchung notige Personal und Material zur Verfügung zu stellen.

Art. 11. Der Bundesrat kann verlangen, daß Beamte oder Angestellte der Gesellschaft, welche in der Ausübung ihrer Funktionen zu begründeten Klagen Anlaß geben und gegen welche die Gesellschaft nicht von sich aus einschreitet, zur Ordnung gewiesen, bestraft oder nötigen Falls entlassen werden.

Art. 12. Die Gesellschaft übernimmt die Beförderung von Personen, Gepäck und Gütern.

Zum Viehtransport ist die Gesellschaft nicht verpflichtet.

Art. 13. Die Gesellschaft kann den Betrieb der Bahn auf die Sommersaison beschränken. Dem Bundesrate bleibt aber das Recht vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses eine weitere Ausdehnung des Betriebes zu verfügen.

149 Die Gesellschaft ist verpflichtet, während der Einstellung des Betriebes auf ihre Kosten und im Einverständnis mit der Postverwaltung die Beförderung der Reisenden, des Gepäcks derselben und der Postsendungen in geeigneter Weise zu besorgen.

Im allgemeinen ist der Gesellschaft anbeimgestellt, die Zahl der täglichen Züge und deren Kurszeiten festzustellen. Immerhin sind alle daherigen Projekte, welche sieh auf fahrplanmäßige Züge beziehen, mindestens 14 Tage vor dem zu ihrer Ausführung bestimmten Zeitpunkt dem Eisenbahndepartement vorzulegen und dürfen vor ihrer Genehmigung nicht vollzogen werden.

Die Bestimmung der Fahrgeschwindigkeit der Züge bleibt dem Bundesrate vorbehalten.

Art. 14. Die Gesellschaft hat sich dem Transportreglement der schweizerischen Bisenbahnen zu unterziehen. Soweit sie Änderungen nötig findet, können dieselben nur nach vorher eingeholter Genehmigung des Bundesrates eingeführt werden.

Art. 15. Die Gesellschaft wird zur Personenbeförderung Wagen mit zunächst nur einer Klasse aufstellen, deren Typus vom Bundesrate genehmigt werden muß. Es bleibt dem Bundesrate vorbehalten, im Falle des Bedürfnisses die Einführung einer zweiten Wagenklasse zu verlangen.

Die Gesellschaft hat stets ihr möglichstes zu thun, damit alle auf einen Zug mit Personenbeförderung sich Anmeldenden durch denselben befördert werden können.

Art. 16. Die Gesellschaft wird ermächtigt, für den Transport von Personen Taxen bis auf den Betrag von 8 Rappen per Kilometer der Bahnlänge za beziehen.

Im Falle der Einführung einer zweiten Wagenklasse setzt der Bundesrat hierfür die Taxe fest.

Für Kinder unter drei Jahren, sofern für solche kein besonderer Sitzplatz beansprucht wird, ist nichts, für solche zwischen dem dritten und dem zurückgelegten zehnten Altersjahre die Hälfte der Taxe zu zahlen.

10 Kilogramm des Reisendengepäcks sind frei, sofern es ohne Belästigung der Mitreisenden im Personenwagen untergebracht werden kann.

Für das übrige Gepäck der Reisenden kann eine Taxe von höchstens 8 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer bezogen werden.

Für Hin- und Rückfahrt sind die Personentaxen mindestens 20 °/o niedriger anzusetzen als für einfache und einmalige Fahrten.

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Die Gesellschaft ist verpflichtet, nach mit dem Bundesrate zu vereinbarenden Bestimmungen Abonnementsbillete zu ermäßigter Taxe auszugeben.

Art. 17. Arme, welche als solche durch Zeugnis zuständiger Behörde sich für die Fahrt legitimieren, sind zur Hälfte der Personentaxe zu befördern. Auf Anordnung eidgenössischer oder kantonaler Polizeistellen sind auch Arrestanten mit der Eisenbahn zu spedieren. Der Bundesrat wird hierüber die nähern Bestimmungen aufstellen.

Art. 18. Im Tarif für den Transport von Waren sind Klassen aufzustellen, wovon die höchste nicht über 4 Rappen, die niedrigste nicht über 2 Rappen per 100 Kilogramm und per Kilometer betragen soll.

Eine ganze Wagenladung (d. h. mindestens 5000 Kilogramm oder 5 Tonnen) hat gegenüber den Stucksendungen Anspruch auf Rabatt.

Die der Landwirtschaft und Industrie hauptsächlich zudienenden Rohstoffe, wie fossile Kohlen, Holz, Erze, Eisen, Salz, Steine, Düngungsmittel u, s. w., in Wagenladungen sollen möglichst niedrig taxiert werden.

Für den Transport von barem Gelde und von Kostbarkeiten mit deklariertem Werte soll die Taxe so berechnet werden, daß für dOOO Fr. per Kilometer höchstens l Rappen zu bezahlen ist.

Wenn Waren in Eilfracht transportiert werden sollen, so darf die Taxe um 100% des gewöhnlichen Ansatzes erhöht werden.

Traglasten mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen, welche in Begleitung der Träger, wenn auch in besondern Wagen, mit den Personenzügen transportiert und am Bestimmungsort sogleich wieder in Empfang genommen werden, sind, soweit sie das Gewicht von 25 Kilogramm nicht übersteigen, frachtfrei. Für das Mehrgewicht ist die Taxe für Waren in gewöhnlicher Fracht zu bezahlen.

Die Gesellschaft ist berechtigt, für den Transport von Fahrzeugen aller Art und außergewöhnlichen Gegenständen besondere Taxen festzusetzen.

Das Minimum der Transporttaxe eines einzelnen Stückes kann auf 40 Rappen festgesetzt werden.

Art. 19. Bei eintretenden Notständen, insbesondere bei ungewöhnlicher Teuerung der Lebensmittel, ist die Gesellschaft verpflichtet, für den Transport von Getreide, Mehl, Hülsenfrüchten, Kartoffeln u. s. w. zeitweise einen niedrigem Specialtarif einzuführen, dessen Bedingungen vom Bundesrate nnch Anhörung der Bahnverwaltung festgesetzt werden.

151 Art. 20. Bei Festsetzung der Taxen werden Bruchteile eines Kilometers für einen ganzen Kilometer gerechnet. In betreff des Gewichtes gelten Sendungen bis auf 20 Kilogramm für volle 20 Kilogramm. Das Mehrgewicht wird nach Einheiten von je 10 Kilogramm berechnet, wobei jeder Bruchteil von 10 Kilogramm für eine ganze Einheit gilt. Bei Geld- und Wertsendungen repräsentieren Bruchteile von Fr. 500 volle Fr. 500. Ist die genaue Ziffer der so berechneten Taxe keine durch 5 ohne Rest teilbare Zahl, so darf eine Abruodung nach oben auf die nächstliegende Zahl, welche diese Eigenschaft besitzt, erfolgen.

Art. 21. Die in den Art. 16 und 18 aufgestellten Taxbestimmungen beschlagen bloß den Transport von Station zu Station. Die Waren sind von den Aufgebern an die Stationsladplätze abzuliefern und vom Adressaten auf der Bestimmungsstation abzuholen. Auf den Hauptstationen hat jedoch die Gesellschaft von sich aus die gehörigen Einrichtungen für das Abholen und die Ablieferung der Güter im Domizil des Aufgebers, beziehungsweise des Adressaten, zu treffen. Das Auf- und Abladen der Waren ist Sache der Gesellschaft, und es darf eine besondere Taxe dafür in der Regel nicht erhoben werden. Ausnahmen hiervon sind nur unter Zustimmung des Bundesrates zulässig für einzelne Klassen von Wagenladungsgütern, für lebende Tiere und andere Gegenstände, deren Verladung mit besondern Schwierigkeiten verbunden ist.

Art. 22. Für die Einzelheiten des Transportdienstes sind besondere Réglemente und Tarife aufzustellen.

Art. 23. Die sämtlichen Réglemente und Tarife sind mindestens zwei Monate, ehe die Eisenbahn dem Verkehr übergeben wird, dem ßundesrate zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 24. Wenn die Bahnuuternehrnung drei Jahre nacheinander einen sechs Prozent übersteigenden Reinertrag abwirft, so ist das nach gegenwärtiger Konzession zulässige Maximum der Transporttaxen verhältnismäßig herabzusetzen. Kann diesfalls eine Verständigung zwischen dem Bundesrate und der Gesellschaft nicht erzielt werden, so entscheidet darüber die Bundesversammlung.

Reicht der Ertrag des Unternehmens nicht hin, die Betriebskosten, einschließlich die Verzinsung des Obligationenkapitals, zu decken, so kann der Bundesrat eine angemessene Erhöhung obiger Tarifansätze gestatten. Solche Beschlüsse sind jedoch der Bundesversammlung zur Genehmigung vorzulegen.

Art. 25. Die Gesellschaft ist verpflichtet, für Äuffnung genügender Erneuerungs- und Reservefonds zu sorgen und fili- das

152 Personal eine Kranken- und Unterstützungskasse einzurichten oder dasselbe bei einer Austalt zu versichern. Ferner sind die Reisenden und das Personal bezüglich der aus dem Bundesgesetz über die Haftpflicht, vom 1. Juli 1875, hervorgehenden Verpflichtungen bei einer Anstalt zu versichern. Die hierüber aufzustellenden besondern Vorschriften unterliegen der Genehmigung des Bundesrates.

Art. 26. In Bezug auf die Benutzung der öffentlichen Straßen für den Bau und Betrieb der Bahn gelten die Bestimmungen der Beschlüsse des Kleinen Rates von Graubünden vom 9. Dezember 1896 und des Kleinen Stadtrates von Chur vom 19. Januar 1897, soweit diese Bestimmungen nicht der gegenwärtigen Konzession und den gesetzlichen Vorschriften widersprechen.

Art. 27. Für die Geltendmachung des Rückkaufsrechtes des Bundes oder, wenn er davon keinen Gebrauch machen sollte, des Kantons Graubünden gelten folgende Bestimmungen: a. Der Rückkauf kann frühestens auf 1. Mai 1915 und von da an jederzeit erfolgen. Vom Entschluß des Rückkaufes ist der Gesellschaft drei Jahre vor dem wirklichen Eintritte desselben Kenntnis zu geben.

b. Durch den Rückkauf wird der Rückkäufer Eigentümer der Bahn mit ihrem Betriebsrnaterial und allen übrigen Zugehören.

Immerhin bleiben die Drittmannsrechte hinsichtlich des Pensionsund Unterstützungsfonds vorbehalten. Zu welchem Zeitpunkte auch der Rückkauf erfolgen mag, ist die Bahn samt Zugehör in vollkommen befriedigendem Zustande abzutreten. Sollte dieser Verpflichtung kein Geniige gethan werden und sollte auch die Verwendung der Erneuerungs- und Reservefonds dazu nicht ausreichen, so ist ein verhältnismäßiger Betrag von der Rückkaufssumme in Abzug zu bringen.

c. Die Entschädigung für den Rückkauf beträgt, sofern letzterer bis 1. Mai 1930 rechtskräftig wird, den 25fachen Wert des durchschnittlichen Reinertrages derjenigen zehn Jahre, die dem Zeitpunkte, in welchem der Rückkauf der Gesellschaft notifiziert wird, unmittelbar vorangehen; -- sofern der Rückkauf zwischen dem 1. Mai 1930 und dem Ablauf der Konzession sich vollzieht, den 22 1 /afachen Wert des oben beschriebenen Reinertrages; -- unter Abzug der Erneuerungs- und Reservefonds.

Bei Ermittlung des Reinertrages darf lediglich die durch diesen Akt konzedierte Eisenbahnunternehmung mit Ausschluß aller anderen etwa damit verbundenen Geschäftszweige in Betracht und Berechnung gezogen werden.

153 d. Der Reinertrag wird gebildet aus dem gesamten Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, zu welch letztern auch diejenigen Summen xu rechnen sind, welche auf Abschreibungsrechnung getragen oder einem Reservefonds einverleibt wurden.

e. Im Falle des Rückkaufes im Zeitpunkte des Ablaufs der Konzession ist nach der Wahl des Rückkäufers entweder der Betrag der erstmaligen Anlagekosten für den Bau und Betrieb oder eine durch bundesgerichtliche Abschätzung zu bestimmende Summe als Entschädigung zu bezahlen.

f. Streitigkeiten, die über den Rückkauf und damit zusammenhängende Fragen entstehen möchten, unterliegen der Entscheidung des ßundesgerichtes.

Art. 28. Hat der Kanton Graubünden den Rückkauf der Bahn bewerkstelligt, so ist der Bund nichtsdestoweniger befugt, sein daheriges Recht, wie es im Art. 27 definiert worden, jederzeit auszuüben, und der Kanton hat unter den gleichen Rechten und Pflichten die Bahn dem Bunde abzutreten, wie letzterer dies von der konzessionierten Gesellschaft zu fordern berechtigt gewesea wäre.

Art. 29. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge der Vorschriften dieser Konzession, welche mit dem Tage ihrer Promulgation in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Konzession einer elektrischen Eisenbahn (teilweise Straßenbahn) von Chur über Churwalden nach Tiefenkastel. (Vom 17. März 1897.)

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24.03.1897

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