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Schweizerisches Bundesblatt.

34. Jahrgang. IV.

Nr. 55.

25. November 1882.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Bp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Expedition der Stämpflischen Buchdrukerei in Bern.

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Botschaft

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend einen neuen schweizerischen Zolltarif.

(Vom 3. November 1882.)

Tit.

Durch Beschluß vom 28.

rath eingeladen,im Laufe des Vorschläge zu machen behufs zerischen Zolltarifs.

Wir beehren uns hiemit,

April abhin haben Sie den BundesJahres 1882 der Bundesversammlung endgültiger Bereinigung des schweidieser Einladung Folge zu leisten.

Allgemeine leitende Gesichtspunkte der Zolltarifrevision.

Die allgemeinen Grundsätze, die bei der Erhebung unserer Zölle und somit auch bei der Revision unseres bisherigen Zolltarifs zur Beachtung zu kommen haben, sind durch die Bundesverfassung im Artikel 29 gegeben, nämlich: 1) Eingangsgebühren : a. Die für die inländische Industrie und Landwirthschaft erforderlichen Stoffe sind im Zolltarife mögliehst gering zu taxiren.

b. Ebenso die zum nöthigen Lebensbedarf erforderlichen Gegenstände.

c. Die Gegenstände des Luxus unterliegen den höchsten Taxen.

Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. IV.

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Diese Grundsätze sind, wenn nicht zwingende Gründe entgegenstehen, auch bei Abschließung von Handelsverträgen zu befolgen.

2) Die Ausgangsgebühren sind möglichst mäßig festzusetzen.

Auf Grundlage dieser Bestimmungen wurde die erstmalige Berathung der Revision des Zolltarifs eingeleitet. Die an dieselben sich anschließenden, zur fernem Richtschnur angenommenen Gesichtspunkte , wie sie auch von Ihrer hohen Behörde gutgeheißen worden, finden sich in der bundesräthlichen Botschaft vom 16. Juni 1877 (Bundesblatt 1877, III, 229) einläßlich besprochen , und wir beschränken uns hier, in Betreff derselben auf unsere bezügliche Vorlage zu verweisen.

Nunmehr hat, seit dem am 28. Juni 1878 erfolgten Abschluß der ersten Berathung des revidirten Zolltarifs, der damals in Kraft bestandene Tarif mehrfache Modifikationen erfahren. Durch Bundesgesetz vom 20. Juni 1879 wurden die Zölle für Tabak und Tabakfabrikate erhöht; der Handelsvertrag mit Deutschland vom 7. Mai 1881 bestätigte im Allgemeinen die bis anhin zwischen der Schweiz und jenem Lande bestandenen Beziehungen auf fernere fünf Jahre, und schließlich brachte der Handelsvertrag mit Frankreich, vom 23. Februar 1882, für die Dauer dieses Vertrages die Fixirung einer Reihe von Positionen unseres Tarifs.

Während daher die erstmalige Revisionsarbeit von dem Standpunkte vollständiger Aktionsfreiheit ausging, ist jetzt denjenigen Staaten gegenüber, welche seitens der Schweiz vertragsgemäß auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation zu behandeln sind , unser Tarif, vermöge des Handelsvertrages mit Frankreich, für eine beträchtliche Anzahl von Positionen auf zehn Jahre hinaus gebunden.

Angesichts dieses Verhältnisses möchte die Frage erwachsen, ob der neue Tarif als ein ideeller , vom Konventionaltarif unabhängiger Generaltarif, oder ob derselbe unter Rücksichtnahme auf die Ansätze des Konventionaltarifs aufzustellen sei.

Wir halten dafür, es sei dieser letztere Weg einzuschlagen, da die Aufstellung eines solchen Generaltarifs erst in zehn Jahren wirklich praktischen Werth erlangen würde und überdies erschwerend auf die endliche Erledigung der Tarifrevision einwirken dürfte.

Im Hinblick hierauf haben wir denn auch dem Tarifentwurfe, den wir Ihnen vorzulegen uns beehren, die aus dem Konventionaltarif resultirenden Bestimmungen zu Grunde gelegt.

357

Als Ziele unserer Tarifrevision sind folgende Punkte zu bezeichnen : 1) Anpassung an die Grundsätze des Tarifs von 1878; 2) Annäherung der Tarifsätze des freien Theiles des Tarifs an diejenigen des gebundenen Theiles; 3) Unterstützung unserer inländischen Produktion; 4) Befähigung zu fernem Unterhandlungen mit dem Auslande ; 5) möglichste Vereinfachung des Tarifs; 6) Vermeidung des Systems der Rückzölle; 7) keine fühlbare Vertheuerung der materiellen Lebensbedingungen des Volkes; 8") Befriedigung unserer finanziellen Bedürfnisse.

Diese Bestrebungen führen zu einem Tarif, an dem die unbedingten Anhänger des Freihandels und diejenigen des Schutzzolles auszusetzen haben werden, dessen Durchschnittsergebniß aber unsern vielgestaltigen Verhältnissen und Anforderungen für die Dauer des nächsten Dezenniums entspricht.

Unterziehen wir oben angeführte Ziele einer kurzen nähern Betrachtung.

Anpassung des neuen Tarifentwurfs an die Grundsätze des Tarifs von 1878. Die im Eingang berührten Gesichtspunkte, die der erstmaligen Revisionsarbeit zur Richtschnur dienten, haben im Allgemeinen heute noch zur Geltung zu kommen. Allein die gegenwärtige Sachlage ist, wie schon betont, gegenüber derjenigen von 1877/78 eine wesentlich verschiedene.

Damals wurde als Scala für die Bemessung der Zollansätze bei der Einfuhr folgendes Prozentverhältniß zum Durchschnittswerthe der Waaren angenommen: 1 °/o für Rohstoffe, 2 °/o ,, Halbfabrikate, 3 % ,, Fabrikate, 5 % ,, Konfektionswaaren, die sich nicht als Luxus qualiflziren, 10 °/o ,, Luxusgegenstände, und zwar in der Regel als Maximalansätze.

Eine Durchbrechung dieses Prinzips wurde, infolge der Feststellung eines Theiles unseres Tarifs durch den Handelsvertrag mit Frankreich, unvermeidlich.

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Das Bedürfniß, dessen ungeachtet, und soweit dies in den veränderten Verhältnissen noch möglich ist, ein in seinem Zusammenhange logisch geordnetes Ganzes zu erhalten, führt uns zu der Annäherung der Tarifsätze des freien Theiles an diejenigen des gebundenen Theiles.

Diese Annäherung liegt in erster Linie in der Herabsetzung des Maximalansatzes.

Nachdem die Tarifsätze für die Mehrzahl der Konfektions- und Luxuswaaren durch den Konventionaltarif auf Fr. 30 und Fr. 40 festgesetzt worden, erzeigt sich für die frei gebliebenen Artikel jener Waarenklassen die Beibehaltung der Ansätze über Fr. 50 von keiner Bedeutung, indem die Einfuhr derselben zumeist nur in geringen Quantitäten stattfindet und eine ausnahmsweise hohe Belastung fraglicher Artikel -- es fallen hierunter namentlich pyrotechnische Präparate, pharmaceutische Spezialitäten, Spielkarten, Hüte, Perükenmacherarbeiten -- einerseits nur dem Schmuggel Nahrung bieten und andererseits, gegenüber den Zöllen für andere gleichartige Produkte, eine unverhältnißmäßige Begünstigung der betreffenden inländischen Erzeugnisse in sich schließen würde.

Mit Ausnahme des Zolles von Fr. 100 für Cigarren und Cigaretten, schlagen wir daher als Maximalansatz denjenigen von Fr. 50 vor.

Als Minimalansatz haben wir im Einfuhrtarif 10 Rp. per 100 kg.

vorgesehen, in dem Sinne, daß sämmtliche bis anhin mit 15 Rp.

per Zugthierlast belegten Waaren zollfrei werden, immerhin unter Vorbehalt einer Kontroigebühr, auf welche wir an anderer Stelle näher eintreten werden.

Innerhalb dieser Grenzen bewegen sich die Positionen des vorliegenden Entwurfes.

Bei der Bemessung des Maximums der Besteuerung machten wir uns zur Aufgabe, den Ansätzen den Charakter des Finanzzolles zu bewahren, sowie die Tarifstufen in rationeller Weise auch den Produktionsstufen, beziehungsweise dem Werthe der Waare, entsprechend zu gestalten und gleichzeitig auf Unterstützung unserer inländischen Produktion (Industrie und Landwirthschaft) Bedacht zu nehmen.

Wir hatten hiebei in Betracht zu ziehen die aus den Kreisen der Industrie und Landwirthschaft, des Handels- und des Gewerbestandes eingelangten, ein umfangreiches Aktenmaterial bildenden Eingaben.

359 Die weitaus größte Zahl derselben bewegt sich innerhalb des «ngern Rahmens spezieller Interessen, so daß oftmals, je nach dem Interessenstandpunkte der Gesuchsteller, die auf ein und denselben Gegenstand gerichteten Bestrebungen einander geradezu entgegenstehen. Wir verweisen diesfalls auf eine vom Zolldepartement herausgegebene gedruckte Zusammenstellung der Eingaben; dieselbe gibt ein gedrängtes Bild der zum Ausdruck gelangten Wünsche. · Die Schwierigkeiten, welche sich in vielen Fällen dem Bestreben entgegenstellten, den einander widersprechenden Ansprüchen gerecht zu werden, bedürfen wohl keiner weitern Auseinandersetzung.

Unser Ziel war daher, einen billigen vermittelnden Ausgleich der Interessen zu finden, sowie der inlandischen Produktion mittelst thuulichster Herabsetzung der Zölle auf ihren Hülfsstoffen bei der Einfuhr und durch Aufhebung der Zölle auf ihren Erzeugnissen bei der Ausfuhr Erleichterung zu verschaffen.

Eine nothwendige Eigenschaft des Zolltarifes ist sodann die Befähigung zu ferneren Unterhandlungen mit dem Auslande.

Die Unterhandlungen über den neuen Handelsvertrag mit Frankreich haben das unumgängliche Erforderniß dieser Eigenschaft zur Genüge dargethan.

Wenn nun schon der internationale Handelsverkehr mit Frankreich auf die Dauer von zehn Jahren vertraglich geregelt ist, so stehen doch Verhandlungen über die Beziehungen mit unseren anderen Nachbarstaaten in nicht allzugroßer Ferne.

Mit Italien haben wir einen provisorischen, auf der Zusicherung der Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation beruhenden Vertrag, welcher bis 30. Juni 1883 verlängert ist.

Die fünf Jahre, für welche zwischen der Schweiz und Deutschland ein neuer Vertrag auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation abgeschlossen worden, sind bnld abgelaufen, und es stehen somit Unterhandlungen über einen neuen Vertrag in Aussicht.

Oesterreieh hat im Laufe dieses Jahres die Ansätze seines General tarifes wieder wesentlich erhöht, und der Ruf der schweizerischen Industrie nach einer Revision des bisherigen Vertragsverhältnisses mit diesem Staate wird immer lauter.

Alle diese in Kürze berührten Verhältnisse sprechen für die Notwendigkeit, einen Boden zu schaffen, auf dem Unterhandlungen mit anderen Nationen gepflogen werden können.

Wir haben daher einerseits und soweit dies ohne große Störung des allgemeinen Zusammenhanges thunlich erschien, bei einigen frei

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gebliebenen Positionen die Zollansätze dem entsprechend bemessen, andererseits für den Fall, wo das Bedürfniß nach erhöhten Zöllen sich geltend machen sollte, im Art. 6 des vorliegenden Gesetzentwurfes die Erhöhung von den Umständen entsprechenden Tarifsätzen bis auf das Doppelte ihres Betrages vorgesehen.

Uebereinstimmend wird von verschiedenen Seiten die Wünschbarkeit einer möglichsten Vereinfachung des Tarifes mit conciserer Fassung des Textes und Verminderung der Zahl der Ansätee betont; auch vom Standpunkte der Zollverwaltung aus macht sich dieser Wunsch dringend geltend.

Infolge dessen waren wir darauf bedacht, im Tarifentwurfe, soweit es sich thun ließ, eine Aufzählung der einzelnen Waarenartikel und Produkte zu vermeiden und solche dagegen, je nach ihrer Zusammengehörigkeit und Art, in allgemeinen Gruppen zu vereinigen. In einem auf Grundlage des neuen Zolltarife« auszuarbeitenden allgemeinen Waarenverzeichniß werden die einzelnen Artikel ihre Klassifikation finden ; den Bedürfnissen der Statistik wird durch entsprechende Eintheilung der Verkehrstabellen Rücksicht getragen werden.

Vergleichungsweise führen wir hier an, daß der vorliegende Entwurf : 36 Zollansätze und 385 Positionen, der Tarif von 1878 : 46 Zollansätze und 476 Positionen, und der gegenwärtig in Kraft bestehende Tarif (Ausgabe vom \. September 1882): 36 Zollansätze und 549 Positionen aufweist.

Als ein weiteres Ziel unserer Tarifrevision haben wir bezeichnet die Vermeidung des Systems der Rückzölle.

Die Frage der Gewährung von Rückzöllen kann grundsätzlich nur für solche Zweige der schweizerischen Exportindustrie in Betracht fallen, deren Roh-, beziehungsweise Hülfstoffe mit verhältnißmäßig hohen Zöllen belastet werden. Als solche sind, unter den gegenwärtigen Vei'hältnissen, unseres Erachtens allein zu nennen : die Tabak- und die Maschinenindustrie.

In unserer Botschaft vom 24. Mai 1881, betreffend Rückzölle (Bundesblatt 1881, II, 866), haben wir der Kontrolmaßregeln Erwähnung gethan, die mit einer Zollrückvergütung auf Tabakfabrikaten in's Leben gerufen werden müßten. Diese Maßnahmen \vilr-

361 den einerseits, um ihren Zweck zu erfüllen, einen komplizirten Verwaltungsapparat mit entsprechender Personalvermehrung erheischen, dessen Kosten in keinem Verhältniß zu den aus den erhöhten Zöllen erzielten Mehreinnahmen stünden; andererseits hat sich in den betheiligten Kreisen gegen die Einführung solcher Maßregeln ein begreifliches Widerstreben kund gegeben.

Aehnliche Bedenken machen sich auch mit Bezug auf die Maschinenindustrie, wie überhaupt im Allgemeinen, geltend, so daß es in allseitigem Interesse liegt, in anderer Weise als durch Rückzölle die genannten Industrien ssu entlasten. Als Mittel hiezu bietet sich erstens die Herabsetzung des Einfuhrzolles auf den Roh-, beziehungsweise Hülfstoffen, zweitens in der möglichsten Erleichterung der Ausfuhr der betreffenden Fabrikate, wie dies auch im vorliegenden Tarifentwurfe vorgesehen ist, nämlich: Ermäßigung des Eingangszolles für Tabakblätter und -Rippen von Fr. 25 auf Fr. 20 und desjenigen für Roheisen von 60 Rp. auf 20 Rp., sowie gänzliche Zollbefreiung bei der Ausfuhr.

Die daherige Zollerleichterung gestaltet sich wie folgt: 1872/81.

Tabakblätter, -Rippen und -Stengel . . Einfuhr

q-

Zolldifferenz minus.

54,023

Fr.

270,115

Tabakfabrikate .

Ausfuhr

6,620

1,324

Roheisen etc.

.

Einfuhr

240,450

96,180

. .

Ausfuhr

144,471

28,894

Maschinen

Total

Fr.

271,439

125,074 396,513

Wir halten dafür, es sei hiedurch den Interessen der betheiligten Industrien in ausgiebigem Maße Rechnung getragen.

Begehren nach Gewährung von Rückzöllen sind ferner noch laut geworden zu Gunsten der Schuhwaaren, ,, Chocoladeund der Liqueur-Fabrikation.

362 Was zunächst die zwei erstgenannten Industriezweige betrifft, so können dieselben keineswegs unter die mit hohen Rohstoffzöllen belasteten gezählt werden. Bei einem Ansätze von Fr. 8 per q. für Leder aller Art und Fr. 2 für Cacao beläuft sich der Einfuhrzoll für diese Stoffe auf circa l bis 2 °/o des Werthes, ein Verhältniß, welches einer normalen Besteuerung derselben entspricht, ja sich theilweise noch unter der anno 1878 aufgestellten Scala bewegt.

Anders verhält es sich mit der Liqueurfabrikation, deren Hülfsstoff, der Sprit, mit einem circa 25 °/o des Werthes gleichkommenden Zolle belegt ist. Es mag daher am Platze sein, hier näher auf die Frage einzutreten.

Die Anregung für Einführung eines Rückzolles auf Weingeistfabrikaten ist von den Absinthefabrikanten im Kanton Neuenburg ausgegangen, ohne daß sich Vertreter anderer ähnlicher Fabrikationszweige, wie z. B. Magenbitter-, Iva- und andere Liqueurfabrikanten, welche ebenfalls exportiron, jenem Schritte angeschlossen hätten.

Aus unseren Zolltabellen ergibt sich, daß die durchschnittliche Ausfuhr von Spirituosen, nach dem Ergebniß von 1872/81, sich auf 3400 q. beziffert, die unter der Deklaration als Extrait d'absinthe, und 4100 q., welche unter der Deklaration als Branntwein, Rhum, Liqueurs etc. ausgeführt worden sind.

Da aber die Gattung der Waaren bei der Ausfuhr, zufolge des einheitlichen Ausgangszolles, in der Regel zollamtlich nicht kontrolirt, sondern die Zollquittung nach dem Wortlaute der Deklaration ausgestellt wird und die Zolldeklaranten, erfahrungsgemäß, es deßhalb mit der Ausfuhrdeklaration nicht genau nehmen, so besteht große Wahrscheinlichkeit dafür, daß auch jene unter verschiedenen Benennungen ausgeführten Spirituosen größtenteils aus Absinthe bestanden haben mögen. Auf diese Wahrscheinlichkeit läßt auch der Urnstand schließen, daß, nach unseren Zolltabellen, die Ausfuhr von Weingeistfabrikaten aller Art weitaus am beträchtlichsten (circa 79 °/o der Gesammtausfuhr), sich nach Frankreich, sei es als Bestimmungs-, sei es als Durchgangsland richtet,, während doch thatsächlich dieses Land, in welchem die Schweiz ihre Hauptbezugsquelle für Branntwein und Liqueurs hat, kaum für andere geistige Getränke der Schweiz, als für die Spezialität der Absinthe, Abnehmer ist. Wir fügen diese Bemerkung bei, um zu beweisen, daß nur die Absinthefabrikation an der Rückzollfrage ein spezielles Interesse hat.

Ausfuhr von Branntwein etc. 1872/81.

Branntwein.

Gresamrnlausfuhrinq.

1873.

1874.

1875.

1878.

1879.

1880.

4,891 6,090 7,286 6,084 5,634 9,009 7,814

8,078

8,322 11,991

1872.

1876.

1877.

1881.

Durchschnitt 1872/81.

7,520

Davon in der Richtung nach Frankreich in q. 3,580 3,276 4,641 4,055 4,298 7,423 6,762 7,034

7,329 10,783 5,918

°/o der Ausfuhr in^der Richtung nach Frankreich

88,0

73,2

53,6

63,7

66,6

76,2

82,3

86,6

87,0

90,0

78,7

co os co

364

Betrachten wir nun näher, wie sich das Zollverhältniß für diesen Industriezweig gestaltet, so gelangen wir zu Folgendem : Zur Bereitung von Absinthe wird in der Regel Sprit in der Stärke von 95 ° des Tralles'schen Alkoholometers verwendet. Der Stärkegrad von Absinthe beträgt 65--70° (Tralles). Nehmen wir den letzteren höheren Grad an, so hat sich der Stärkegehalt des Sprits um 25° vermindert, d. h. es werden aus 100 Liter Sprit 135 Liter Absinthe bereitet.

Die Bezugskosten des Sprits bei der Einfuhr nach dem Kanton Neuenburg, welcher kein Ohmgeld bezahlt, stellen sich für Lieferungen ab Berlin inclusive eidg. Zoll auf höchstens Fr. 90 per 100 1. Der Engros - Verkaufspreis des Absinthe ist dagegen zum mindesten Fr. 170 p. 100 1. Da nun 100 1. Sprit, wie hievor aufgeführt, 135 1. Absinthe liefern, so stellt sich das Erträgniß von 100 1.

Sprit, deren Bezug Fr. 90 kostete, auf Fr. 229. 50 für den daraus bereiteten Absinthe.

Nach der infolge des Handelsvertrags mit Frankreich in Kraft getretenen Erhöhung des Eingangszolles für 95-grädigen Sprit von Fr. 7 auf Fr. 19 per q. beträgt der Unterschied gegenüber der früheren Zollgebühr 12 Rp. per Liter Weingeist. Nach Verhältniß des Stärkegrades des Sprits von 95° und des daraus bereiteten Absinthe von 70° reduzirt sich die Zollerhöhung lauf circa 9 Rp.

per Liter Absinthe.

In dieser miniinen Mehrbelastung, zumal bei einer Werthzunahme des Produktes um 150 °/o gegenüber dem Bezugspreise des Hülfstoffes, eines Hülfstoffes, der zudem öfteren Preisschwankungen unterworfen ist, vermögen wir keinen zureichenden Grund zu erkennen, welcher einen Rüekzoll zu Gunsten der Absinthefabrikation rechtfertigen könnte. Gestützt auf die dargelegten Verhältnisse glauben wir vielmehr bestreiten zu sollen, daß jener Industriezweig zu seiner Fortentwicklung einer solchen Beihülfe von Seite des Bundes bedürfe, wie denn auch die Absinthefabrikanten selbst, in ihren wiederholten Begehren um Einräumung eines Rückzolles, sich auf keine materielle Begründung desselben einlassen, sondern, mit Beiseitelassen einer Erörterung dei- thatsächlichen Verhältnisse, nur in allgemeinen Sätzen sich um diese Zollerleichterung bewerben.

Wir beziehen uns diesfalls auf die bei den Eingaben befindlichen Akten.

Die schweizerische Absinthefabrikation ist, auch bei den neuen Spritzöllen, hinsichtlich
der Besteuerung ihres Hülfstoffes immerhin besser gestellt als die Tabakmanufaktur; beide sind übrigens Industrien, deren Erzeugnisse unter die Luxuswaaren gehören.

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Nach dem Gesagten halten wir dafür, daß von der Gewährung von Rückzöllen zu Gunsten irgend eines inländischen Industriezweiges grundsätzlich Umgang zu nehmen sei.

t;

Die Durchsicht des projektirten Tarifes zeigt, daß er keine fUhlbare Verteuerung der materiellen Lebensbedingungen des Volkes nach sich ziehen wird_.

Bezüglich der Zölle auf denjenigen nothwendigen Lebensbedürfnissen, für deren Bezug die Schweiz auf das Ausland angewiesen ist, sind im Allgemeinen die bisherigen Ansätze beibehalten worden; bei den wenigen Ausnahmen, wo eine Zollerhöhung stattfindet, ist diese nicht über dem Ansätze des Tarifes von 1878 gehalten und so bemessen, daß sie eine im Verhältniß zum Werthe der Waare namhafte Preiserhöhung nicht zur Folge haben kann.

Während der Tarif vom 28. Juni 1878 ein muthmaßliches Mehrerträgniß der Zolleinnahmen von circa Fr. 8,600,000 zur Folge gehabt hätte, ist durch den vorliegenden Entwurf, für die Befriedigung unserer finanziellen Bedürfnisse, als Ergcbniß der zum Abschluß gediehenen Revision des Zolltarifes eine Vermehrung der Bruttoeinnahmen der Zollverwaltung um circa Fr. 3,300,000 gegenüber dem Brträgniß, wie es sich aus dem anno 1878 in Kraft bestandenen Tarif ergibt, vorgesehen ; es würden demnach die iährlichen Bruttozolleinnahmen nach dem neuen Tarif, unter Zugrundlegung der durchschnittlichen Ein- und Ausfuhr in den Jahren 1872 81, sich auf circa Fr. 18,900,000 belaufen, närnlich : a. Durchschnittliche Jahreseinnahmen nach dem b i s 1878 gültigen Tarif .

.

.

. F r . 15,600,000 b. SupponirteMehreinnahmen infolge des Bundesgesetzes vom 20. Juni 1879 (Tabak) . .

,, 1,272,614 c. Supponirte Mehreinnahmen infolge des Bundesbeschlusses vom 30. Juni 1878 (Vertrag mit Frankreich) 1,868,442 fl d. Supponiate Mehreinnahmen infolge des vorliegenden Entwurfes ,, 1,694,375 Total Fr. 20,435,431 Hievon ab 10 °/o der neuen Einnahmen für die mehrbelasteten Artikel ,, 1,505,103 bleibt als muthmaßliche neue Einnahme Fr. 18,930,328 wovon effektiv, abgesehen von den Berathungen über gegenwärtige Vorlage, weitere Verminderungen infolge der Verhandlungen mit dem Auslande zu gewärtigen sind.

366

Die nähern Details obiger Berechnung finden sich auf Beilage I zu unserer gegenwärtigen Botschaft verzeichnet.

Es übersteigt dieses Ergebniß den gegenwärtigen Stand dei" Einnahmen der Zollverwaltung (siehe Budgetvorlage) nur um circa Fr. 680,000.

Dasselbe ist, im Hinblick auf die im Voranschlage pro 1883' in Aussicht genommenen und im Ferneren noch bevorstehenden Ausgaben knapp bemessen, dürfte aber beim Fortbestand der bisherigen Verkehrszunahmen und ungeschwächter Erhaltung unserer übrigen Staatseinnahmen, sowie bei angemessener Zurückhaltung in der Bewilligung von Ausgaben, für die nächsten zehn Jahre als ausreichend betrachtet werden, sofern das schließliche Ergebniß an Mehreinnahmen die von Anfang an als erforderlich erkannte Summe von circa 3 Millionen Franken erreicht.

Die Rücksichtnahme auf dieses finanzielle Ziel wird es nothwendig machen, daß alle in den parlamentarischen Verhandlungen zu beschließenden Einnahmen-Verminderungen auf einzelnen TarifPositionen wieder konipensirt werden durch entsprechende EinnahmeVermehrung auf anderen Artikeln.

Spezielle Erläuterungen zu den Bestimmungen des Tarifentwurfes.

I. Abfälle und Düngstoffe.

(Kategorie I des Tarifs von 1878.)

Diese Kategorie enthält gegenüber dem alten Tarif die neunenswerthe Modifikation , daß für künstlichen Dünger eine Zollermäßigung und für Oelkuchenmehl und Viehfutterrnehl gänzliche Zollfreiheit vorgesehen ist.

II. Chemikalien.

(Kategorie III des Tarifs von 1878.)

Es hat sich als ein dringendes Bedürfniß erwiesen, diesen Tarifabschnitt, namentlich mit Bezug auf die zwei ersten Abtheilungen desselben, einer Umarbeitung im Sinne größtmöglicher Vereinfachung der sehr in's Einzelne gehenden Bestimmungen des Tarifs von 1878 zu unterziehen.

Wohl keine Kategorie umfaßt, wie diese, eine solche Mannigfaltigkeit von Produkten, deren Zahl nicht nur von Jahr zu Jahr sich vermehrt, sondern deren Verwendung mit der stetigen Entwicklung der Technik auch an Ausdehnung gewinnt, bis dieselben wiederum durch neue Erzeugnisse verdrängt werden. Stoffe, welche

367

vermöge ihrer kostspieligen Gewinnung bis vor Kurzem ausschließlich zu pharmazeutischen Zwecken Verwendung finden konnten und infolge dessen auch entsprechend hoch besteuert wurden , sind, nachdem sich Wege zu billiger Darstellung derselben erschlossen, :zu wichtigen Hülfsstoffen für die Industrie geworden, so daß auch das Erforderniß ihrer Besteuerung nach andern -- niedrigem -- Ansätzen sich geltend machte.

Unter solchen Verbältnissen erscheint es geboten, daß die vollziehende Behörde das Mittel an der Hand habe, von sich aus -- nöthigenfalls unter Beiziehung von Experten -- eine der Natur und Verwendung der betreffenden Erzeugnisse entsprechende Klassifikation vornehmen zu können.

Von diesem Grundsatze geleitet, haben wir denn auch eine namentliche Aufzählung der einzelnen Waarenartikel, so viel wie immer möglich, vermieden, in der Meinung, daß die im vorliegenden Entwurfe angenommene Gruppirung einerseits nach Art der Verwendung (zu pharmazeutischen oder zu gewerblichen Zwecken), andererseits nach dem Grade ihrer Zubereitung den bestimmten Rahmen einer sachgemäßen Klassifikation bilde.

Die Zollerhöhung für Sprit etc., welche am 21. Mai abhin in Kraft getreten, findet keine Anwendung auf solche Flüssigkeiten dieser Gattung, die bei der Einfuhr auf Verlangen des Empfängers, beziehungsweise Deklaranten, denaturirt werden, eine Zollerleichterung , von welcher seitens verschiedener Industriezweige (Firniß-, Farben-, Bleizucker-, Parfümeriefabrikation) in ausgiebigem Maße Gebrauch gemacht wird. Im vorliegenden Entwurfe ist die Beibehaltung fraglicher Erleichterung vorgesehen.

Die in dieser Kategorie projektirten Zollermäßigungen für Roh- und Hülfstoffe repräsentiren einen jährlichen Ausfall von «irca Fr. 104,000.

III. Glas.

(Kategorie IV des Tarifs von 1878.)

Weitaus der größte Theil der hieher gehörenden Positionen ist durch den Konventionaltarif vom 23. Februar 1882 gebunden.

Mit Ausnahme der Waaren aus halbgrünem Glas, für welche eine Zollerhöhung von Fr. \. 50 auf Fr. 3. 50 -- dem im Tarif von 1878 diesfalls vorgesehenen Ansätze -- beantragt wird , sind die gegenwärtig in Kraft bestehenden Bestimmungen beibehalten.

368

IV. Holz.

(Kategorie V des Tarifs von 1878.)

Soweit nicht der Konventionaltarif entgegensteht, ist hier die im Tarif von 1878 adoptirte Klassifikation angenommen, bei etwas veränderter Gruppirung der betreffenden Artikel.

V. Mechanische Gegenstände.

(Kategorien II und VI des Tarifs von 1878.)

Während im 1878er Tarif ,,Instrumente, Maschinen und Fahrzeuge" vereinigt waren , haben wir es als der Anlage des Tarif» entsprechend gehalten, an die Stelle der Instrumente die Uhren treten zu lassen und sodann jene bei den ,,wissenschaftlichen Gegenständen"1., Kategorie VIII, einzuschalten.

Die Mehrzahl der Positionen ist bereits durch den Konventionaltarif festgestellt.

VI. Landwirthschaftliche Erzeugnisse.

(Kategorie IX des Tarifs von 1878.)

Keine speziellen Bemerkungen.

VII. Leder.

(Kategorie X des Tarifs von 1878.)

Auch diese Kategorie findet sich im Großen und Ganzen durch den Konventionaltarif gebunden. Für die frei gebliebenen Schuhwaaren aus zugeschnittenen Geweben, mit Ledersohle , wird im Hinblick auf die eingelangten diesbezüglichen Petitionen eine Zollerhöhung auf Fr. 50 per q. beantragt.

VIII. Literarische, wissenschaftliche und; Kunstgegenstände.

(Kategorie XI des Tarifs von 1878.)

Der durch den Handelsvertrag mit Frankreich vom Jahre 1864 auf Fr. l herabgesetzte Zoll für Bücher, Holzschnitte, Stiche, Karten etc. ist im neuen Vertragstarif beibehalten und demzufolge auch hier wieder aufgenommen.

Gegenüber der zur Zeit bestehenden Tarifanwendung, wonach Bildhauerarbeiten in Stücken von mehr als 50 kg. Gewicht dem Zolle von 40 Rp., solche von 50 kg. und darunter dagegen demjenigen von Fr. 16 per q. unterliegen , beantragen wir die allgemeine Anwendung des im Konventionaltarif für Bildhauerarbeiten

369 ohne Unterschied festgesetzten Ansatzes von Fr. 16, indem wir gleichzeitig für dergleichen Gegenstände, sofern sie zu öffentlichen Zwecken bestimmt sind, sowie für Naturalien uud gewerblichtechnische Gegenstände für öffentliche Sammlungen, Befreiung von der Zollpflicht vorschlagen.

Wir gehen hiebei von der bereits in unserer Tarifbotschaft vom 16. Juni 1877 ausgesprochenen Anschauung aus, daß die Anschaffung von Bildhauerarbeiten, wenn auch diese dem Kunstsinn ein Bedürfniß sind, doch nicht auf Notwendigkeit beruhe, sondern mehr als ein zierender denn als ein nützlicher Aufwand zu betrachte a sei.

IX. Metalle.

(Kategorie XII des Tarifs von 1878.)

Die Frage der Eisenzölle ist, auch nachdem dieselbe bei Anlaß der ersten Berathung eines neuen Zolltarifs den Gegenstand zu einläßlichen Diskussionen gebildet, immer noch eine offene geblieben, indem weder die Eisenproduzenten, noch die Vertreter der Eisen verarbeitenden Industrien sich mit dem im Tarif von 1878 niedergelegten Resultate befriedigt finden.

Wir glauben es unterlassen zu sollen, hier auf die schon vielseitig erörterten Standpunkte der sich gegenüber stehenden Interessen näher einzutreten.

Im vorliegenden Entwurfe beantragen wir einerseits Beibehaltung der aus den erstmaligen Tarifberathungen hervorgegangenen Zollermäßigung für Roheisen von 60 Rp. auf 20 Rp. per q., andererseits Beibehaltung der jetzt in Kraft bestehenden Bestimmungen für die Verzollung von Stabeisen und Blech, mit der Modifikation, daß die bei Rund- und Quadrateisen bestehende Unterscheidung in der Tartfirung nach gröberen und feineren Sorten auch für sogenannte Façoneisen und Schienen gemacht wird.

Es erscheint eine analoge Behandlung dieser sämmtlichen unter den Begriff ,,Stabeisen"1 fallenden Eisensorten schon dadurch gegeben, daß die Art und Weise der Herstellung des Faconeisens und der Schienen durchaus die nämliche ist, wie diejenige des Rund- und Quadrateisens.

Eine daraus erwachsende Mehrbelastung (um ca. Fr. 5600) der Eisen verarbeitenden Industrien wird durch die Aufhebung des Ausfuhrzolles auf Maschinen (ca. Fr. 28,000) mehr als kompeiisirt.

Im Ganzen gewährt der neue Tarifentwurf den letztgenannten Industrien eine sich auf ca. Fr. 125,000 per Jahr beziffernde Zollerleichterung.

.370

In Betreff der übrigen, zumeist durch dea Konventionaltarif schon festgesetzten Positionen der Kategorie der Metalle, ist die Erhöhung des Zolles für Messerschmiedwaaren von Fr. 16 auf Fr. 30 per q. zu erwähnen.

X. Mineralische Stoffe.

(Kategorie XVII und XVIII des Tarifs von 1878.)

Die neue Klassiflzirung der Cementarbeiten entspricht derjenigen der groben Töpferwaaren (Kategorie XVI), wodurch den bezüglichen Begehren nach Zollerhöhung und gleichzeitig dem mit Rücksicht .auf die Zollabfertigung sich geltend machenden Bedürfniß der Gleichbehandlung genannter Waarengattungen Rechnung getragen ist.

Für Steinkohlen, Braunkohlen, Koaks wird gänzliche Zollbefreiung beantragt, woraus sich ein jährlicher Ausfall von Zolleinnahmen von ca. 100,000 Franken zu Gunsten der inländischen Industrie ergeben würde. Die anderen Positionen dieses Abschnittes schließen sich zumeist an den Tarif von 1878 an.

XI. Nahrungs- und Genußmittel.

(Kategorie XIII des Tarifs von 18.78.)

In dieser Kategorie finden sich diejenigen Gegenstände, auf ·welchen durch erhöhte Besteuerung die für die Bedürfnisse des Bundes erforderlichen Geldmittel vorzugsweise erhoben werden können ; von den projektirten Mehreinnahmen entfallen ca. 50 % auf dieselben.

Auch hier haben wir uns an das Resultat der ersten Tarifberathungen gehalten, soweit nicht Abweichungen durch die jetzigen Verhältnisse, sei es mit Rücksicht auf bereits bestehende oder noch .zu gewärtigende Beziehungen mit den Nachbarstaaten, sei es im Hinblick auf die inländischen Bedürfnisse geboten erschien.

Unter den noch freien Artikeln bildet namentlich das Mehl den Gegenstand mehrerer Zollerhöhungsbegehren, worunter speziell eine Seitens der Zürcher Getreidebörse eingereichte und von J. Maggi ausgearbeitete Denkschrift die Lage der einheimischen Müllerei bespricht und die von einer Versammlung schweizerischer Müller aufgestellten Postulate: Aufhebung des Getreidezolles, Erhöhung des Mehlzolles auf Fr. 3, Zollbefreiung für Kleie etc.

·näher beleuchtet.

Indem wir diesfalls auf die Eingabe selber verweisen, halten wir eine mäßige Erhöhung des Zolles für Mehl für durchaus gerecht.fertigt, soweit die Rückwirkungen einer solchen sich für den allge-

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meinen Verbrauch dieses in bedeutender Quantität (Durchschnitt pro 1872/81: 223,870 q.) aus dem Auslande bezogenen Produktes nicht in erschwerender Weise fühlbar machen.

Bezüglich des Getreidezolles wiederholen wir das schon in unserer Botschaft vom 16. Juni 1877 Gesagte, nämlich daß eine Ermäßigung oder gar Aufhebung des Zolles, mit dem das Getreide seit dem Bestehen des eidgenössischen Zolltarifes belegt ist, einen bedeutenden, auf anderen Gegenständen nicht einzuholenden Ausfall (ca. Fr. 900,000) in den Zolleinnahmen zur Folge hätte, ohne daß die Zolldifferenz dem Konsumenten zu gut kommen könnte. Der Zoll auf Getreide ist eine derjenigen Abgaben, die sich auf die gesammte Bevölkerung vertheilen, und welche deßhalb, ungeachtet des geringen Ansatzes, eine Einnahme von hohem Betrage liefert.

Wir beantragen : Beibehaltung des jetzigen Getreidezolles, Erhöhung des Zolles auf Müllereiprodukten von Fr. l auf Fr. 1. 50 und Zollbefreiung für Kleie etc. (Kat. I).

Hiebei anerkennen wir, daß die Lage der schweizerischen Müllerei gegenüber derjenigen von Deutschland und Oesterreich immerhin eine prekäre ist. Die letztgenannten Staaten bewilligen, zu Gunsten ihrer Mühlenindustrie, für das nach dem Auslande geführte Mehl die Rückerstattung des Einfuhrzolles auf Getreide, eine Begünstigung, die in der Wirklichkeit sich zu einer Ausfuhrprämie im Betrage von circa Fr. 1. 60 für 100 kg. ausgeführten Getreides gestaltet.

Die schweizerische Müllerei genießt daher bei dem beantragten Zoll von Fr. 1. 50 nicht nur keinen Schutz, sondern es sind, bei obiger Ausfuhrprämie zuzüglich des schweizerischen Einfuhrzolles für Getreide, die deutschen und österreichischen Müller für den Absatz in der Schweiz (abgesehen von den Transportkoston) um ca. Fr. i. 90 per q. günstiger gestellt als jene.

Um die schweizerische Mühlenindustrie mit der ausländischen annähernd gleichzustellen, wäre eine Erhöhung des Zolles für Mühlenprodukte auf Fr. 2 wirklich indizirt.

In nothwendigem Zusammenhange mit der Zollerhöhung für Mehl ist diejenige für Brod, ebenfalls von Fr. l auf Fr. 1. 50.

Aus 100 kg. Mehl werden durchschnittlich 125 -135 kg. Brod gebacken, so daß auf 100 kg. Brod ca. Fr. 1. 10 -- Fr. 1. 20 Zoll für das dazu verwendete ausländische Mehl kommt, ein Verhältniß, bei welchem auch die inländische Bäckerei ihre Rechnung finden dürfte.

.Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. IV.

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Die Herabsetzung der Zölle für Rohtabak haben wir bereits in dem die Frage der Rückzölle behandelnden Theil dieser Botschaft besprochen.

XII. Oele und Fette.

(Kategorie XIV des Tarifs von 1878.)

Ohne Veranlaßung zu Erläuterungen.

XIII. Papier.

(Kategorie XV des Tarifs von 1878.)

Wir beantragen, die in den Tarif von 1878 aufgenommene verschiedenartige Besteuerung des Druckpapiers und des Schreibpapiers fallen zu lassen, da die Gleichbehandlung beider PapierL sorten für die Zollabfertigung unerläßlich ist.

'S" XIV. Spinnstoffe.

(Kategorie XVI und VII des Tarifs von 1878.)

Die im Eingang dieser Kategorie angebrachte Anmerkung betreffend die Tariflrung der gemischten Textilfabrikate beruht auf den Bestimmungen des Vertragstarifes vom 23. Februar 1882.

Baumwolle. Der Tarif, wie er aus der ersten Berathung für diese, die inländische Industrie in so hohem Maße interessirende Abtheilung hervorgegangen, hat einer Reihe von Petitionen und Abänderungsvorschlägen gerufen, welche, von verschiedenen Gesichtspunkten ausgehend, ein reiches Material zur Beleuchtung der Lage unserer Baumwollindustrie und der damit verbundenen Produktionszweig-e bilden.

Jedoch schon bei Anlaß der Diskussionen, die zu dem im Tarif von 1878 niedergelegten Resultate geführt, hat sich die große Schwierigkeit zu erkennen gegeben, eine Lösung zu finden, durch welche den sich zumeist entgegenstehenden Interessen und Wünschen gleichzeitig Rechnung getragen werden könnte.

In der Absicht, wenn immer möglich, eine Verständigung zwischen den Betheiligten herbeizuführen, wurde im Oktober abhin vom Zolldepartemeut eine Kommission, bestehend aus Vertretern der Baumwoll-Spinnerei, -Zwirnerei, -Weberei, -Bleicherei, -Färberei, -Druckerei und -Appretur, der Stickerei, sowie der Seidenzwirnerei und Weberei, zusammenberufen. Bei wechselseitigem Entgegenkommen Seitens der Interessenten konnte zum großen Theile eine Einigung auf Grund der im vorliegenden Entwurf enthaltenen Klassifikation stattfinden. Diese wurde von sämmtlichen Mitgliedern der Koin-

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mission, mit Ausnahme der Vertreter der Färberei, Druckerei und Appretur adoptirt, welch 1 letztere auf dem Begehren nach niedrigerer Besteuerung der rohen Gewebe beharrten.

Die vorstehend bezüglich der Baumwolle berührten Verhältnisse sind zum Theile ebenfalls für die Abtheilung ,,Flachs, Hanf, Jute etc.a zutreffend , mit dem Unterschiede jedoch, daß die Ansätze für Gewebe und andere Leinenartikel durch den Konventionaltarif gebunden sind. Hinsichtlich der Garne ist eine Zollerhöhung für die gezwirnten und die gefärbten , sowie eine auch bei den übrigen Spinnstoffen eingeschaltete Position für die zum Detailverkauf hergerichteten Garne auf Spuhlen etc. mit Fr. 16 -- dem Ansätze für Mercerie -- vorgesehen.

Eine Trennung der Jute und aaderer ähnlicher Faserstoffe, bezüglich welcher die Schweiz freie Hand hat, vom Flachs und Hanf, wäre in Anbetracht der Zusammengehörigkeit dieser Stoffe und der materiellen Schwierigkeit der Unterscheidung nicht angezeigt.

Abtheilung XVI, H., ,,Wachstuch etc.a, des Tarifs von 1878 erscheint sachgemäßer hiei- eingereiht.

Während die Zollansätze für Gewebe, Bänder uud andere Waaren aus Seide oder Floretseide durch den Konventionaltarif vom 23. Februar 1882 gebunden bleiben, sind diejenigen für Garue frei geworden; infolge dessen kommt seit dorn 12. Mai der ungebleichte und gefärbte Seide und Floretseide im Tarif von 1851 auf Fr. 16 festgesetzte Ansatz wieder in Kraft. Wir beantragen Ermäßigung desselben auf Fr. 10, nebst, Einführung eines mittlern Ansatzes von Fr. 7 für die rohe, gezwirnte Seide, eine Abstufung, die auch im Tarif von 1878 angenommen ist.

Mit Rücksicht auf den hohen Werth der Waare (Fr. 3000 bis 8000), welchem gegenüber die vorgeschlagenen Zölle eine Belastung von nur l Va bis 2 pro mille ausmachen , könnten wir die seitens der Vertreter der Seidenindustrie angestrebte Herabsetzung, O 01 beziehungsweise Aufhebung der Seidenzölle nicht befürworten.

Die ganze Wollen - Gruppe ist durch den Vertrag mit Frankreich gebunden, immerhin unter Erhöhung der vordem bestandenen Ansätze.

XV. Thiere und thierische Stoffe

(Kategone XIX des Tarifs von 1878) und' XVI. Töpferwaaren

(Kategorie XX des Tarifs von 1878) geben zu keinen speziellen Erläuterungen Anlaß.

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XVII. Verschiedene Waaren.

(Kategorie VIII des Tarifs von 1878.)

Die Zollansätze der hier aufgeführten Waaren sind zumeist vertraglich gebunden; im Zusammenhange mit diesem Umstände schlagen wir anstatt der sich in Einzelheiten ergehenden Klassifikation von 1878 eine gedrängte Fassung der betreffenden Positionen vor.

Regen- und Sonnenschirme, welche im Tarif von 1878 in Kategorie VIII figurirteo , finden sich nun bei den Konfektionswaaren (Kategorie XIV, G.) aufgeführt, wohin sie ihrer Natur nach0 eher gehören.

Ausfuhr.

Die Ausfuhrzölle für Vieh sind aus dem Grunde beibehalten, weil dieselben in der Regel nicht dem schweizerischen Exporteur, sondern dem Ausländer zur Last fallen, welcher sein Vieh auf den schweizerischen Märkten kauft.

Was sodann den Ausfuhrzoll für Holz betrifft, so halten wir dafür, daß die nämlichen forstwirtschaftlichen Rücksichten, aus welchen derselbe anno 1849 geschaffen wurde, auch heute noch zur Geltung zu kommen haben.

Der Aufhebung der Ausfuhrzölle für die seither nach Zugthierlast taxirten, sowie für die nicht speziell genannten Waaren, haben wir bereits au anderer Stelle Erwähnung gethan.

Für die Exportindustrie im Allgemeinen wird dadurch eine Erleichterung um Fr. 218,000 geschaffen.

D

Ein näheres Eintreten auf die einzelnen Positionen des Tarifs behalten wir der mündlichen Erörterung vor.

375 Es erübrigt ans noch, einige erläuternde Bemerkungen zu dem in den Gesetzentwurf aufgenommenen Artikel 4 , betreffend die Einführung einer Kontrolgebiihr, beizufügen.

Infolge der projektirten Zollbefreiung für eine Reihe früher mit Zoll belasteter Waaren wird, wie aus Beilage II erhellt, das bisherige Total der zollfreien Gegenstände bei der Einfuhr von 2,890,000 q. auf 9,617,000 q., d. i. um circa 230 %, und bei der Ausfuhr von 614,400 q. auf 2,159,400 q., d. i. um circa 250%, vermehrt.

Von der Gesammtheit der abgefertigten Waaren entfallen: 59 °/o der nach dem Gewichte taxirten, 27 % ,, ,, der Stückzahl ,, 19 % ,, ,, dem Werthe ,, auf die zollfrei behandelten.

Für diese, einen sehr bedeutenden Theil des Gesarnmtverkehrs ausmachenden Waarenmengen ist, gleich wie für die übrigen, eine zollamtliche Abfertigung erforderlich.

Wir beantragen für diese Abfertigung die Einführung der im erwähnten Gesetzesartikel in Aussicht genommenen Gebühr.

Wenn dadurch ein Beitrag an die aus der Abfertigung erwachsenden Verwaltungskosten erzielt wird, so ist doch einer solchen Maßnahme, wie schon aus der Bemessung der Gebühr sich ergibt, kein den Verkehr belästigender Charakter beizumessen. Dieselbe hat vielmehr den Zweck, eine sachgemäße, schon mit Rücksicht auf die Statistik unerläßliche Kontrole über den zollfreien Verkehr zu ermöglichen, indem die Entrichtung einer Rekognitionsgebühr die gehörige Anmeldung der Waare bei einer Zollstätte bedingt.

Es erscheint als billig, diese Gebühr auch für den Transitund den Freipaßverkehr in Anwendung zu bringen, indem die daherige Zollbehandlung mit zeitraubenden Verifikationen und Skripturen verbunden ist. Im Transitverkehr wird gegenwärtig für die Ausstellung eines Durchfuhrscheines eine Gebühr von 5 Rp. bezogen , sofern die betreffende Sendung das Gewicht von 40 kg.

übersteigt.

Als Minimum des Gebührenbezuges schlagen wir 5 Rp. vor, in dem Sinne, daß Sendungen im Gewichte bis und mit 5 q. 5 Rp.

und jeder weitere metrische Zentner l Rp. zu bezahlen habe. Auf den ersten Blick könnte dies den Anschein haben, daß früher mit 2 Rp. und 4 Rp. per rnetr. Zentner belegte und jetzt zollfrei gewordene Waaren nunmehr höher belastet würden, als ehedem. In

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der Wirklichkeit ist das Verhältniß jedoch ein anderes, denn es fallen hierunter durchweg Produkte, die nur in größern Quantitäten, meistens Wagenladungen, eingeführt werden.

Für den Grenzverkehr und den kleinen Marktverkehr würde die bisherige unbedingte Befreiung von jeglicher Gebühr fortbestehen bleiben.

Ueber das muthmaßliche finanzielle Jahres-Ergebniß fraglicher Gebühr läßt sich nachstehende approximative Berechnung aufstellen: Waaren, taxirt

Zollfreie Einfuhr ,, Ausfuhr Transit .

Freipaßverkehr Total

Total.

naca metr. Zentnern.

Fr.

96,170 21,594

nach Stück.

Fr.

-- --

nach Werth.

Fr.

-- --

15,220 5,150

283 1152

20 355

Fr.

96,170 21,594 15,523 6,657

138,134

1435

375

139,944

Wir schließen unsern Bericht mit dem Antrage, ein Bundesgesetz nach dem nachstehenden Entwurfe zu erlassen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 3. November 1882.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der B u n d e s p r ä s i d e n t :

Bavier.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

N o t e . Der Entwarf zum neuen Zollgesetz wird der Nr. 55 des Bundesblattes als Beilage beigegeben.

377

# S T #

Botschaft des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung, betreffend die Neubewaffnung der schweizerischen Positionsartillerie.

(Vom 21. November 1882.)

Tit.

Zur Zeit der Militärorganisation von 1817 bestand die Bewaffnung der Positionsartillerie aus bloß 30 Geschützen, nämlich aus 2 Stück 16 Pfd. Kanonen, 11 ,, 12 6

1 2

n

" ,,

8

"

"

kurzen 24 Pfd. Haubitzen, 10 zölligen Mörsern,

2

"

30 Stück Geschütze.

Anläßlich der Revision dieses Militärgesetzes von 1817 in den Jahren 1840 und 1841 wurde das Personal der Positionsartillerie von demjenigen der Feldartillerie abgetrennt und in 10 Kompagnien mit einem Bestände von je 73 Mann formirt.

Das Positionsgeschütz erhielt sodann die Bezeichnung von Reservegeschütz und wurde beträchtlich verstärkt, indem nicht bloß den Kantonen die Stellung von 100 Geschützen, nämlich von 18 Stück 12 Pfd. Kanonen, 70 ,, 6 und 8 Pfd. oder langen 4 Pfd. Kanonen, 12 ,, 24 Pfd. kurzen Haubitzen,

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend einen neuen schweizerischen Zolltarif. (Vom 3. November 1882.)

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Foglio federale

Jahr

1882

Année Anno Band

4

Volume Volume Heft

55

Cahier Numero Geschäftsnummer

---

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

25.11.1882

Date Data Seite

355-377

Page Pagina Ref. No

10 011 678

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