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Botschaft des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die am 23. Februar 1882 mit Frankreich abgeschlossene Konvention zum gegenseitigen Schuze des literarischen und künstlerischen Eigenthums.

(Vom 31. März 1882.)

Tit.

Im Jahre 1864 wurde mit Frankreich eine Konvention abgeschlossen, welche sowohl das literarische und künstlerische Eigenthum, als die Fabrikmarken, die industriellen Zeichnungen und Modelle umfaßte. Da nunmehr ein Bundesgesez über die Fabrikmarken besteht, so schien es zwekmäßig, die frühere Konvention in zwei neue zu theilen, wovon die eine auf den Schuz des literarischen und künstlerischen Eigenthums, die andere auf die Fabrikmarken und das industrielle Eigenthum sich bezieht.

Die Konvention, welche wir Ihnen hiemit vorzulegen die Ehre haben, ist im Wesentlichen dem auf den Schuz geistiger und künstlerischer Werke bezüglichen Theile derjenigen von 1864 nachgebildet. Wir beschränken uns daher darauf, einige Punkte, welche im Allgemeinen von nebensächlicher Bedeutung sind, jedoch zu Modifikationen Anlaß gaben, zu erörtern.

1. Dauer der neuen Konrention.

In Anbetracht des Umstandes, daß die Bundesverfassung von 1874 dem Bunde das Gesezgebungsrecht über das literarische und.

Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. I.

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702 künstlerische Eigenthum verleiht, und daß die Bundesversammlung sich über einen bezüglichen Gesezcsentwurf, welchen wir derselben im Dezember 1881 vorgelegt haben, noch nicht ausgesprochen hat, hielten wir es für nothwendig, der neuen Konvention nur eine wesentlich provisorische Dauer zu geben. Dieser Zwek konnte dadurch erreicht werden, daß im Artikel 34, Alinea 2, der Vorbehalt ausgedrükt ist, daß die Konvention jederzeit gekündet werden kann, falls im Gebiet des einen oder andern der vertragschließenden Theile die Gesezgebung derart geändert werden sollte, daß eine Revision (der Konvention") wünschenswert erscheinen möchte; die Wirkungen der Kündigung treten 12 Monate nach dem Datum ihrer Bekanntgebung in Kraft.

Eine ähnliche Bestimmuog hatte auch Deutschland am 23. Mai 1881 zugestanden.

Für den Fall, daß das neue Bundesgesez über das literarische und künstlerische Eigenthum in Kraft tritt, können wir daher die neue Konvention mit Frankreich künden, und eine neue auf Grundlage gegenseitiger Gleichbehandlung mit den Landesangehörigen unterhandeln, wie dies jüngst zwischen Spanien und Belgien geschehen ist.

II. Eintheilung der Konvention.

Da diese Materie der eidgenössischen Gesezgebung noch nicht unterworfen ist, so mußte die Konvention, wie schon im Jahre 1864, in zwei Kapitel eingetheilt werden, von denen das eine die in Frankreich anzuwendenden Bestimmungen enthält, das andere den Schuz der geistigen und literarischen Erzeugnisse in der Schweiz regelt und das bei Vergehen einzuschlagende Verfahren und die Strafbestimrnungeu angibt.

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III. Verschiedenes.

Die Abänderungen, welche der Text der Konvention von 1864 im Einzelnen erlitt, sind wesentlich dieselben, wie in der neuen franko-belgischen vom 31. Oktober 1881.

Die wichtigsten sind folgende: 1. Illustrationen und Photographien genießen den Schuz der Konvention, wenn sie als Kunstwerke zu betrachten sind.

2. Die Formalität der Einschreibung bei der schweizerischen Gesandtschaft in Paris oder beim schweizerischen Handelsd eparte-

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ment wurde fallen gelassen , weil sie sowohl für die Betheiligten als für die mit derselben belrauten Verwaltungsorgane ein Zeitverlust ist, und weil sie seit 16 Jahren keinen ner.nenswerth.cn Vortheil geboten hat. Es genügt in Zukunft, daß sich die Franzosen über die bei den zuständigen französischen Behörden erfolgte Einschreibung ausweisen.

Dagegen konnte die bei der französischen Gesandtschaft in Bern stattzufindende Einregistrirung für Werke, welche zum ersten Mal in der Schweiz erscheinen, nicht aufgehoben werden, weil zur Zeit kein eidgenössisches Organ mit der Entgegennahme der bezüglichen Anmeldungen betraut ist.

3. Die Dauer für den Schuz des Uebersezungsrechtes wurde von 6 auf 10 Jahre verlängert.

4. Für Werke, welche in Lieferungen erscheinen, beginnt die Dauer des Schuzes erst vom Datum der lezten Lieferung an zu laufen. Nach der frühem Konvention begann diese Frist je mit dem Datum jeder einzelnen Lieferung.

5. Man hielt es für nothwendig, auch die Aufführung- dramatischer oder musikalischer Werke zu schüzen. Es ist die Sache des Verfassers oder Komponisten, sich mit denjenigen, welche sein Werk aufführen wollen, zu verständigen.

6. Die Konvention erstrekt sich auch auf den Verkauf und die Einfuhr nachgemachter Werke in und nach einem der beiden Länder, wenn die betreffenden Werke aus einem dritten Lande stammen.

7. Im Schlußprotokoll vom 30. Juni 1864 hatte sich die französische Regierung verpflichtet, einen Gesezesentwurf einzubringen., welcher bestimmen würde, daß die mechanische Reproduktion musikalischer Melodien die Rechte der Komponisten nicht verlese. Um unsern Fabrikanten von Musikdosen die Beibehaltung dieses Prinzips, welches durch das französische Gesez vom 16. Mai 1866 einseitig zugestanden worden war, auf konventionellem Wege zu sichern, wurde in die neue Konvention der Artikel 14 aufgenommen., welcher lautet: ,,Die Fabrikation und der Verkauf von Instrumenten, welche dazu dienen, auf mechanischem Wege musikalische Melodien, die Privateigenthum sind, zu reproduziren, werden in Frankreich nicht als Nachbildung von musikalischen Werken angesehen."

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8. Zwischen dem Handelsvertrag und der Konvention besteht insofern kein Zusammenhang mehr, als diese beiden internationalen Akte nach ihrer Ratifikation jeder für sich fortbestehen und jeder für sich nach Belieben beibehalten oder revidirt werden können.

Mit Rüksicht auf den provisorischen Charakter der neuen Konvention, welche wir künden können, wenn das bezügliche Bundesgesez in Kraft tritt, haben wir den wenigen Abänderungen, welche die französischen Unterhändler verlangt haben, unsere Zustimmung ertheilt.

Wir haben daher die Ehre, Ihnen, Tit., die Annahme des beiliegenden Entwurfes eines Bundesbeschlusses zu beantragen.

Genehmigen Sie bei diesem Anlasse die erneute Versicherung unserer ausgezeichnetsten Hochachtung.

B e r n , den 31. März 1882.

Im Namen des Schweiz. Bundesrathes, Der Bundespräsident:

Bavier.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

705 (Entwurf.)

Bundesfoesehluß betreffend

die am 23. Februar 1882 mit Frankreich abgeschlossene Konvention zum gegenseitigen Schuze des literarischen und künstlerischen Eigenthums.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht: 1) der am 23. Februar 1882 in Paris zwisc ion der Schweiz und Frankreich abgeschlossenen Kon mention ; 2) einer Botschaft des Bundesrathes vom 31. Mä-z 1882, beschließt: 1. Die genannte Konvention wird in Form und Inhalt genehmigt.

2. Der Bundesrath wird mit der Vollziehung dieses Beschlusses beauftragt.

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Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die am 23. Februar 1882 mit Frankreich abgeschlossene Konvention zum gegenseitigen Schuze des literarischen und künstlerischen Eigenthums. (Vom 31. März 1882.)

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1882

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06.04.1882

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701-705

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