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Schweizerisches Bundesblatt.

34 Jahrgang. II.

Nr. 17.

15. April 1882.

J a h r e s a b o n n e m e n t (portofrei in der ganzen Schweiz): 4 Franken.

Einrükungsgebühr per Zeile 15 Rp. -- Inserate sind franko an die Expedition einzusenden Druk und Erpedition der Stämpflischen Buchdruckerei in Bern.

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Bericht des

Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1881.

III. Geschäftskreis des Handels- und Landwirthschaftsdepartements.

A. 11 g e m eines.

Die Geschäfte des Departements haben sich auch in diesem Jahre wieder bedeutend vermehrt. Während nämlich die Kontrole für das Jahr 1880 7974 Geschäftsnummern aufweist, beträgt im Jahre 1881 die Zahl derselben 9715, so daß hienach das Bundesgesez vom 27. Juli 1881, gemäß welchem das Personal des Departements etwas vermehrt wurde, als sehr begründet erscheint.

I. Förderung des Handels- und Gewerbewesens.

Handels- und Gewerbekammer und Centralstelle fUr die Landwirthschaft.

Die Regierung des Kantons Zürich hat dem Bundesrath zu Händen der Bundesversammlung ein Initiativbegehren betreffend Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. II.

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114 Errichtung einer ständigen eidgenössischen Handels- und Gewerbekammer, sowie einer Centralstelle für die Landwirtschaft eingereicht. Dieses Begehren ist in der Folge auch vom Großen Rathe des Kantons Bern, sowie von den Regierungen der Kantone St. Gallen und Aargau unterstüzt worden. Das Handels- und Landwirthschaftsdepartement hat den übrigen Kantonsregierungen von jenem Begehren Mittheilung gemacht und damit die Einladung verbunden, demselben ihre Ansichten über die projektirte Institution zur Kenntniß zu bringen. Es liegen nunmehr von 17 Kantonsregierungen Berichte vor. Von diesen lehnen acht den Vorschlag ab, die übrigen lauten über Einrichtung, Kompetenz etc. der Institution sehr verschieden.

Sobald auch von den übrigen Regierungen die Antworten eingelangt sind, werden wir Ihnen einen speziellen Bericht vorlegen und demselben unsere Ansichten beifügen.

Konsulatswesen.

Folgende schweizerische Konsulate lieferten Jahresberichte, welche theils in extenso, theils im Auszug gedrukt und publizirt wurden : A. Konsulate in Europa.

B e l g i e n : Antwerpen, Brüssel.

D e u t s c h l a n d : Hamburg, Bremen, Frankfurt a/M., Stuttgart.

F r a n k r e i c h : Havre, Lyon, Marseille.

G r o ß b r i t a n n i e n : London, Liverpool.

11 a l i e n : Mailand, Venedig, Genua, Livorno, Ancona, Neapel, Messina.

N i e d e r l a n d e : Rotterdam.

O e s t e r r e i c h - U n g a r n : Triest, Buda-Pest.

R u ß l a n d : St. Petersburg, Moskau, Odessa, Riga.

S c h w e d e n u n d N o r w e g e n : Christiania.

B. Aussereuropäische Konsulate.

N o r d a m e r i k a : Philadelphia, Washington, New-Orléans, Chicago, San Francisco.

S ü d a m e r i k a : Mexico, Pernambuco, Bahia, Campinas, Valparaiso.

A s i e n : Yokohama, Manila.

A f r i k a : Algier, Oran.

A u s t r a l i e n : Sydney, Melbourne, Adélaïde.

115 Wir haben in unserm leztjährigen Berichte darauf hingewiesen, daß die Präge, ob die jährlichen Berichte der Konsuln nicht zwekmäßiger eingerichtet werden könnten, vom Handels- und Landwirthschaftsdepartement geprüft, aber im,Laufe des Berichtjahres 1880 noch nicht zum Abschluß gebracht worden sei. Das. System nämlich, nach welchem bisher die Jahresberichte der schweizerischen Konsuln verfaßt und der Oeffentlichkeit übergeben wurden, ist schon seit einiger Zeit vielfach kritisirt worden.

Die bisherigen Berichte enthalten, wird bemerkt, entweder gar keine oder oft nur sehr spärliche Angaben über die Beziehungen des betreffenden Konsularbezirks zur Schweiz, dagegen nicht selten nuzlose und weitschweifige Erörterungen über Dinge, welche dem interessirten schweizerischen Publikum ferne liegen. Dieselben laufen meist zu spät ein und verlieren einen Theil ihres Werthes, indem sie bei der Publikation veraltet erscheinen.

Da das Bedürfniß einer Abänderung des bisherigen Systems nicht in Zweifel gezogen werden konnte, so handelte es sich noch darum , die Mittel und Wege ausfindig zu machen, welche zur Herbeiführung einer Besserung geeignet sein möchten. Das Handelsund Landwirthschaftsdepartement befaßte sich eingehend mit der Prüfung dieser Frage. Es lagen ihm hauptsächlich zwei Systeme vor. Das eine, welches in den Vereinigten Staaten von Nordamerika gebräuchlich ist, geht dahin, daß die Konsuln Spezialberichte, welche nur je einen Gegenstand nebst seinen Beziehungen behandeln, abzuliefern haben , und zwar nicht nur jährlich einmal, sondern so oft, als etwas Wichtiges mitgetheilt werden kann; ihr Hauptziel soll das sein, den amerikanischen Produkten im Auslande Eingang und Markt zu verschaffen. Das andere System beschränkt sich darauf, den Konsuln für Abfassung ihrer Berichte eine den Ansprüchen des Publikums angepaßte Anleitung zu geben und die jährlichen Berichte zwar beizubehalten, aber die Frist für Ablieferung derselben auf sechs Monate zu fixiren.

Lezterm Modus wurde in Uebereinstimmung mit dem Gutachten des Vorortes des schweizerischen Handels- und Industrievereins der Vorzug gegeben und zwar in Anbetracht, daß den schweizerischen Konsuln , welche eben nicht honorirt sind, nicht diejenigen Verpflichtungen auferlegt werden dürfen, wie dies gegenüber Berufskonsuln (Nordamerika) geschehen kann.
Die Konsuln werden im genannten Sinne durch ein Kreisschreiben vom 6. Januar 1882 (s. Bundesblatt 1882, I, 5) instruirt und für Abfassung ihrer Berichte an folgendes Schema gewiesen :

116 1) Allgemeine Verhältnisse des Konsulardistriktes oder -Plazes während des Berichtjahres; Handel und Industrie; Zoll-, Finanz-, Verkehrswesen ; Erfindungen.

2) Beziehungen des Konsulardistriktes oder -Plazes zur Schweiz, resp. Rükwirkung der unter l dargestellten allgemeinen Verhältnisse auf diese Beziehungen, namentlich auf die Einfuhr von und die Ausfuhr nach der Schweiz , mit spezieller Berüksichtigung der bedeutendsten Artikel.

In Bezug auf die Details unserer Untersuchung, sowie der ertheilten Instruktionen, verweisen wir auf das erwähnte Kreisschreiben.

Um einem von verschiedenen Seiten des schweizerischen Handelsund Gewerbestandes geäußerten Wunsche, die Konsularberichte einem weitern Kreise zugänglich zu machen, zu entsprechen, wurde für dieselben ein separates Abonnement à Fr. 2 per Jahr eröffnet, immerhin in der Meinung, daß die Abonnenten des Bundesblattes die Berichte, wie bisher, ohne Preiserhöhung als Supplement zu demselben erhalten (Bundesblatt 1882, I, 69).

Placirung junger Kaufleute.

Das Centralstellenvermittlungsbüreau des schweizerischen Vereins junger Kaufleute in Zürich beabsichtigt, Filialen in einigen Städten des Auslandes zu errichten, und ersuchte das Handels- und Landwirthschaftsdepartement, die betreffenden schweizerischen Konsuln über dieses Vorhaben zu verständigen. Es wurde diesem Gesuche entsprochen und die betreffenden Konsuln eingeladen, sich mit den Vertretern des Centralbüreau in Verbindung zu sezen.

Ausführung des Gesezes betreffend Kontrolirung des Feingehalts der Gold- und Silberwaaren.

Der erste Schritt, den wir zur Vollziehung des Bundesgesezes vom 23. Dezember 1880 glaubten thun zu sollen, besteht in der Einladung an die Kantone, uns mitzutheilen, ob und eventuell wie viele Kontroiämter sie zu errichten beabsichtigen.

In Antwort hierauf haben sich folgende Kantone für die Errichtung solcher Aemter ausgesprochen: Zürich .

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. f ü r l Amt, Bern .

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,, 3 Aemter, Solothurn .

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,, 2 ,, Neuenburg .

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,, 4 ,, Genf .

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. ,, l Amt, Schaffhausen .

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,, l ,,

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Am Schluß des Berichtjahres waren in folgenden Ortschaften Kontroiämter eingerichtet und im Betrieb: Genf, Neuenburg, Chaux-de-Fonds, Locle, Fleurier, Biel, St. Immer, Tramelan und Schaffhausen.

Um den Kontroiämtern bei deren Eröffnung eine genügende Anzahl Probirer zu sichern, welche gemäß Art. 3 des Gesezes im Besiz eines eidgenössischen Diploms in dieser Eigenschaft sein müssen, hat das Departement am 12. Februar 1881 eine Publikation (Bundesblatt 1881,1, 407) erlassen, womit Diejenigen, welche sich um die Stellen als ,,Probirer" zu bewerben beabsichtigten, eingeladen wurden, sich bei dem Departement hiefür anzumelden.

Auf diese Einladung sind beim Departement 39 Anmeldungen eingegangen, welche von demselben unter Zuziehung einer berathenden Kommission geprüft wurden. Der Bundesrath ertheilte am 22. April 1881 an 12 Bewerber auf Grund ihrer praktischen und theoretischen Erfahrungen ohne weitere Prüfung das eidgenössische Diplom als Probirer (Bundesblatt II, 746).

Da diese Zahl aber für den Bedarf der Kontroiämter nicht genügen konnte, ist vom Departement am eidgenössischen Polytechnikum vom 25. April bis Ende Juni 1881 zur weitern Ausbildung in der Probirkunde ein Kurs für diejenigen Bewerber angeordnet worden, welche sich bereits über eine genügende Vorbildung ausweisen konnten. Dieser Kurs wurde von den HH. Prof. Dr. Lunge in Zürich und Louis Frutiger, Probirer aus Genf, geleitet. Ersterer ertheilte den theoretischen, Hr. Louis Frutiger den praktischen Unterricht. Am Schluß des Lehrkurses fand die Prüfung der Aspiranten statt und ertheilte der Bundesrath am 13. Juli, gestüzt auf das Ergebniß dieser Prüfung, den 11 Aspiranten, welche den Kurs besucht hatten, das Diplom a.ls eidgenössische Probirer (Bundesblatt III, 585).

Die Zahl der mit eidgenössischen Diplomen versehenen Probirer, welche sich bis zum Schluß des Berichtjahres nicht geändert hat, belief sich somit auf 23. Damit war für den vorläufigen Bedarf der Kontroiämter ausreichend gesorgt ; um demselben aber auf die Dauer zu genügen, schien es angezeigt, schon im Laufe des Jahres 1881 bezügliche Maßregeln zu treffen, und hat deßhalb das Departement am eidgenössischen Polytechnikum einen Winterkurs zur Heranbildung von Probirern angeordnet (Bundesblatt III, 725).

Dieser Kurs, welcher am 15. Oktober 1881 begonnen hat und Anfangs März
1882 endigen wird, zählt sieben Theilnehmer. Die Oberaufsicht führt Hr. Prof. Dr. Lunge; derselbe leitet zugleich abwechselnd mit Hrn. Prof. Dr. Heumann den theoretischen Unterricht.

118 Die Ertheilung des praktischen Unterrichts ist Hrn. Eug. Tissot, Probirer von Gold- und Silberwaaren in Chaux-de-Ponds, übertragen worden; Hrn. Frutiger in Genf war es nicht möglich, auch diesen Lehrkurs zu übernehmen.

Der Art. 11 des Gesezes bestimmt, daß dasselbe am 1. Januar 1882 in Kraft trete, und daß während der diesem Zeitpunkte vorangehenden vier Monate, also vom 1. September 1881 an, diejenigen Waaren , welche zwar keine auf Betrug abgesehene Bezeichnung führen, aber auch nicht den Bestimmungen des Gesezes und den Vollziehungsverordnungen entsprechen, mit einem Stempel ad hoc versehen oder auch plombirt werden können.

Hinsichtlich der Anfertigung dieses Stempels ad hoc ergaben sich nun Schwierigkeiten, welche eine solche Verzögerung der Arbeiten herbeiführten, daß fraglicher Stempel den Kontroiämtern erst Ende November zugestellt werden konnte, so daß die Thätigkeit dieser leztern, anstatt mit dem 1. September, erst mit dem 1. Dezember 1881 begann.

Dies veranlaßte den Bundesrath zu einem Beschluß (Bundesblatt IV, 447), gemäß welchem der Termin für die Stempelting ad hoc um drei Monate, d. h. bis 31. März 1882, verlängert wurde.

Die definitiven Kontrolstempel (siehe Vollziehungsverordnung vom 17. Mai 1881) lieferten wir den Kontroiämtern rechtzeitig ab, so daß dieselben vom 1. Januar 1882 an mit der Stempelung der gesezlichen Gold- und Silberwaaren beginnen konnten.

In weiterer Vollziehung des Gesezes hat der Bundesrath folgende Verordnungen erlassen: 1) Vollziehungsverordnung vom 17. Mai 1881 (A. S. n. F. 1881, Bd. V, S. 386); 2) VollziehungsVerordnung vorn 17. Mai 1881, betreffend den Art. 11 des Gesezes (A. S. n. F., Bd. V, S. 386); 3) Reglement über die Organisation und die Befugnisse des eidgenössischen Kontroiamtes -- Art. 4 des Gesezes und Art. 16 der Vollziehungsverordnung (A. S. n. F., Bd. V, S. 518).

Zu einem weitern Bundesrathsbeschluß gab der Art. l, litt. A des Gesezes Veranlassung. Mit demselben wurden die in diesem Artikel enthaltenen Worte : ,,oder eine diesen entsprechende (Bezeichnung)1'1' interpretirt.

In weiterer Ausführung der citirten Vollziehungsverordnung erließ das Departement folgende Instruktionen an die Kontroiämter :

119 1) Instruktion für die Stempelung der im Verkehr am meisten vorkommenden Gold- und Silberwaaren (Bundesblatt 1882, I, 93); 2) Instruktion betreffend speziell die Stempelung von Uhrenschalen (Bundesblatt 1882, I, 41) ; 3) Instruktion über die Behandlung der mit Kontrolstempeln fremder Staaten versehenen Gold- und Silberwaaren (Bundesblatt 1882, I, 43).

Es bleibt uns noch übrig, Ihnen zu berichten, welche Vollziehung Ihre auf die Kontrolirung der Gold- und Silberwaaren bezüglichen Postulate vom 23. Dezember 1880 gefunden haben.

In der citirten Vollziehungsverordnung ist ein Tarif aufgestellt, welcher für die Proben und die Stempelung, unter Berüksichtigung des Werthverhältnisses der beiden Metalle, sehr mäßige Ansäze enthält (Art. 9 der Vollziehungsverordnung).

Das zweite Postulat (internationales Uebereinkommen zum Zweke gegenseitiger Anerkennung und Schuz der amtlichen Kontrolstempel) ist den schweizerischen Gesandtschaften in Paris, Rom und Wien, sowie den Konsulaten in London und Petersburg, mit der Einladung mitgetheilt worden, im Sinne des Postulats nähere ·Erkundigungen einzuziehen. Aus den eingegangenen Antworten geht hervor, daß kaum Aussicht vorhanden ist, das mit diesem Postulate verbundene Ziel zu erreichen.

In Frankreich würde die Anerkennung eines fremden Kontroistempels eine Modifikation des Strafgesezes erfordern. Die französischen Industriellen würden jedem Versuche, fremde Kontrolstempel anzuerkennen, mit allem Nachdruk widerstehen. Es wird dies als eine Frage der Industrie betrachtet, deren Erledigung, wie sie vom Postulate angestrebt wird, auf unüberwindliche Hindernisse stoßen würde. ,, In Italien ist die Stempelung von Gold- und Silberwaaren fakultativ und nimmt von Jahr zu Jahr ab; man glaubt, daß nach und nach die offizielle Stempelung ganz aufhören werde. Unter diesen Umständen ist bei der italienischen Regierung keine Geneigtheit vorhanden, zu einem internationalen Uebereinkommen im Sinne des Postulates Hand zu bieten.

In England sind für Gold fünf und für Silber zwei verschiedene Feingehaltsgrade gesezlich gestattet. Von denselben stimmt ein einziger mit den schweizerischen überein. Mit Rüksicht darauf, daß eine Aenderung derselben eine zu große Störung in den bisherigen Gewohnheiten verursachen würde, lautet die Antwort ebenfalls negativ.

120 Rußland ist zur Zeit ebenfalls nicht in der Lage, unserm Gesuche zu entsprechen.

Der aus Wien eingegangene vorläufige Bericht lautet ebenfalls dem Postulat nicht günstig. Das Finanzministerium erklärt, zum Abschlüsse eines solchen Uebereinkommens mit der Schweiz scheine ein Bedürfniß nicht vorhanden zu sein, indem ein nennenswerther Export von Uhrenbestandtheilen und Bijouterien aus OesterreichUngarn nach der Schweiz nicht stattfinde; für den umgekehrten Fall bedürfe es zur gerichtlichen Bestrafung der Fälscher fremdländischer Punzen in Oesterreich-Ungarn nicht erst eines besondern Uebereinkommens.

Behufs Vollziehung des dritten Postulats (möglichste Verbreitung des Gesezes und der Vollziehungsverordnung auch im Auslande) haben wir das Gesez und theilweise die Vollziehungsverordnung in deutscher, französischer, englischer, italienischer, spanischer und russischer Sprache druken und in den fünf Welttheilen durch unsere offiziellen Vertreter möglichst verbreiten lassen.

Dampfkesselexport.

Im Jahresberichte pro 1880 (Seite 2 und 3) haben wir Ihnenmitgetheilt, daß die nöthigen Schritte eingeleitet worden seien, um die in Italien bestehende Vorschrift, wonach Dampfkessel, welche aus Frankreich, Belgien, Deutschland und Oesterreich für den Eisenbahndienst importirt und mit Zeugnissen über gut bestandene Probe begleitet werden, in Italien eine amtliche Probe nicht mehr bestehen müssen, auch auf die Schweiz auszudehnen. Diese Schritte sind leider resultatlos geblieben , und zwar aus dem Grunde, weil in der Schweiz die Inspektion der Kessel nicht durch verantwortliche staatliche Organe stattfinde, wie dies in den obgenannten Staaten der Fall sei. Die von den Kantonsregiefungen gewählten Experten seien der Bundesbehörde nicht verantwortlich.

II. Handelsverträge.

Mit Frankreich. Mit Kreisschreiben vom 24. April 1876 hat der Bundesrath den sämmtlichen Kantonsregierungen mitgetheilt, daß die französische Regierung am 22. November 1875 den schweizerisch-französischen Handelsvertrag gekündet hat.

Mit dieser Mittheilung hat der Bundesrath das Gesuch verbunden , den dannzumal vorgelegenen französischen Entwurf zu einem neuen Tarife mit der Umwandlung der Werth- in spezifische

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Zölle zu prüfen, und zwar namentlich in Hinsicht auf die gewerblichen Erzeugnisse und den Export des Kantons, und sodann das Ergebniß dieser Prüfung in Verbindung mit ihren motivirten Postulaten anher zu senden.

Die Kantonsregierungen sind im Hinblik auf die große Wichtigkeit der vertragsmäßigen Regelung des Verkehrs zwischen der Schweiz und Frankreich der Einladung des Bundesrathes bereitwilligst nachgekommen. Auf Grundlage der Berichte derselben hat sodann eine vom Handelsdepartement bestellte Expertenkommission Gutachten erstattet, welche bei Anfertigung der Instruktion für die Vertragsunterhandlungen mit Frankreich zur Grundlage hätten dienen sollen.

In Frankreich machte sich inzwischen immer mehr die Ansicht geltend, daß ein neuer Generaltarif mit Gewichts- und spezifischen Zöllen statt der bisherigen Werthzölle aufzustellen sei, bevor mit andern Nationen die Unterhandlungen über Revision der Handelsverträge an Hand zu nehmen seien. Diese Ansicht gewann in der französischen Kammer die Oberhand. In Folge dessen hat das französische Handelsministerium in den Jahren 1877 und 1878 den Kammern Entwürfe zu einem neuen Zolltarife vorgelegt. Die Berathung des lezten Entwurfes verzögerte sich bis ins verflossene Jahr, indem von den beiden Kammern separat Enqueten über die Produktions- und Handelsverhältnisse Frankreichs, sowie über die Revision der Verträge angestellt worden sind, die längere Zeit in Anspruch nahmen. Die Berathung des Generaltarifs, welche leztes Jahr an Hand genommen worden ist, kam im Jahr 1881 zum Abschluß, und es wurde der neue Tarif, wie er aus den Berathuugen hervorgegangen, promulgirt.

Am '29. November 1879 ist unser Handelsvertrag mit Frankreich verlängert worden ,,bis ' zum Ablauf einer Frist von sechs Monaten, welche mit dem Tage beginnt, an welchem der eine der hohen kontrahirenden Theile dem andern die Absicht kundgegeben haben wird , die Wirkungen des Vertrages aufhören zu lassen".

In ähnlicher Weise hat Frankreich seine Handelsverträge mit andern Nationen prolongirt. Wie uns die schweizerische Gesandtschaft in Paris berichtete, wollte Frankreich gleichzeitig mit der Promulgation des neuen Zolltarifs die Handelsverträge künden, die Négociation neuer Verträge sofort an Hand nehmen und dieselben so befördern, daß sie rechtzeitig zum Abschluß kommen, um die neuen Verträge
nach Ablauf der bezeichneten sechsmonatlichen Frist ins Leben treten lassen zu können.

Seit den im Jahr 1876 in der Schweiz angestellten Untersuchungen und den damals angefertigten , oben bezeichneten Gut-

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achten hat sich die Sachlage wesentlich verändert. Jenen Untersuchungen diente der von dem französischen Comité consultatif des arts et manufactures angefertigte Entwurf zu einem neuen Tarife mit der Umwandlung der Werth- in spezifische Zölle als Grundlage.

Der neue französische Tarif enthält theilweise wesentliche Veränderungen. Sodann haben sich auch die Werthverhältnisse der einzelnen industriellen Produkte seit 1876 wesentlich verändert; bei einzelnen ist eine Werthverminderung vou 20 bis 30 und mehr Prozenten eingetreten. Bei Anfertigung der Instruktionen für die bevorstehenden Unterhandlungen mit Frankreich konnten daher die im Jahre 1876 angefertigten Berichte nicht mehr zur Richtschnur dienen, sondern es bedurften dieselben einer gründlichen Revision.

Diese Arbeit mußte so rasch als möglich zu Händen genommen und zu Ende geführt werden. Wir haben demnach die Kantonsregierungen , den schweizerischen Handels- und Industrieverein, sowie den Gewerbeverein eingeladen, uns Bericht zu erstatten, welche Aenderungen dieselben am Vertrage von 1864 in Bezug auf Text und Tarifansäze, resp. an den einzelnen Positionen des neuen französischen Zolltarifes im Hinblik auf die Interessen der Produktion und des Handels mit Frankreich wünschen.

In Folge dieser Einladung ist ein reichhaltiges Material über alle Zweige des schweizerischen Handels mit Frankreich eingereicht und successive vom Handels- und Landwirthschaftsdepartement zusammengestellt und verarbeitet worden. Um auf Grundlage dieser Vorarbeiten die Instruktionen, welche für die bevorstehenden Unterhandlungen mit Frankreich aufzustellen waren , zu entwerfen , bestellten wir eine Expertenkommission aus folgenden Mitgliedern; (alphabetische Reihenfolge) : Blumer, Mitglied des Schweiz. Ständerathes, in Schwanden(Glarus) Bühler-Honegger, Fabrikant in Büti (Zürich); Bühler, Eduard, Fabrikant in Winterthur ; Demole, F., in Genf; Etienne, H., Uhrenfabrikant in Brenets; Flückiger, Oberst, in Aarwangen; Fehr, Handelsmann in Burgdorf; Francillon, Uhrenfabrikant in St. Immer; Geigy-Merian, Nationalrath, in Basel; Gonzenbach, Nationalrath, in St. Gallen; Grosjean, Nationalrath, in Chaux-de-Fonds; Hauser, Mitglied des schweizerischen Ständerathes, in Richtersweil; Heitz, Nationalrath, in Münchweilen; Hirsch, Professor, in Neuenburg; Jaccard, Fabrikant von
Musikdosen, in Lausanne; Jenny, Caspar, Fabrikant in Ziegelbrücke, Glarus; Imer, Oberst, in Neuenstadt; Isler-Cabezas, Fabrikant in Wohlen; Karcher, L., in Genf: KöchlinGeigy , Präsident der Basler Handelskammer, in Basel; Kummer, Direktor des statistischen Bureau in Bern ; Meyer, Oberzolldirektor, in Bern; Mercier, Ernest, Lederfabrikant in Lausanne; Miller, Pa-

123 pierfabrikant in Biberist ; Rieter, Mitglied des schweizerischen Ständerathes , in Winterthur ; Rieter-Fenner, Fabrikant in Winterthur; Rieter-Bodmer, Fr., Fabrikant in Zürich; Rütschi, Arnold, Kaufmann in Zürich; Sarasin-Stehlin, Fabrikant in Basel; Schmid, Andreiis, Nationalrath, in Burgdorf; Schwarzenbach Zeuner, Fabrikant in Zürich; Schatzmann, Direktor, in Lausanne; Spörri-Stadtmann, Fabrikant in Wald, Zürich; Steiger-Meyer, Fabrikant in Herisau; Dr. Wartmann, Aktuar des kaufmännischen Direktoriums in St. Gallen; Weiß, Uhrenfabrikant in Genf; Wunderli - v. Muralt, Fabrikant in Zürich.

Den Verhandlungen der Kommission wohnte Hr. Dr. Kern, schweizerischer Minister in Paris, bei und'ertheilte derselben über die Situation in Frankreich, betreffend die Revision der Handelsverträge, eingehenden Aufschluß.

Die Vertragsunterhandlungen mit Frankreich haben sodann am l. September den Anfang genommen. Wir werden Ihnen über den Gang und das Resultat derselben einen Spezialbericht vorlegen und beschranken uns deßhalb hier auf obige Mittheiluugen.

Mit Italien. Nachdem im Jahre 1875 die k. italienische Regierung dem Bundesrathe mitgetheilt, daß sie eine Revision des im Jahre 1868 zwischen der Schweiz und Italien abgeschlossenen Handelsvertrages \vunsche, und hierauf den Vertrag gekündet hatte, hat das Handelsdepartement unter Zuzug von Sachverständigen sofort die für die Negocirung eines neuen Vertrages nöthigen Vorbereitungen an die Hand genommen. Die italienische Regierung hatte bereits den Entwurf zu einem neuen Zolltarife, welcher den Vertragsunterhandlungen mit andern Nationen zur Grundlage dienen sollte, anfertigen lassen. Die vom Handelsdepartemente für seine Vorbereitungen vorgenommenen Untersuchungen wurden demnach an der Hand dieses Entwurfes und des bisherigen Handelsvertrages geführt.

Die ersten Unterhandlungen zwischen der Schweiz und Italien fanden hierauf vom 27. September bis 8. Oktober 1875 in Bern statt. Ein neuer Vertrag kam noch nicht zu Stande, indessen kamen die Abgeordneten in Beziehung auf eine Anzahl Punkte überein. Die Fortsezung der Unterhandlungen wurde auf Anfang des folgenden Jahres in Aussicht genommen. Als die schweizerischen Delegirten auf erfolgte Einladung der italienischen Regierung im Monat März 1876 in Rom eintrafen, um die im Oktober abgebrochenen Unterhandlungen
wieder aufzunehmen, trat eine Ministerkrisis ein, und ein neues Ministerium trat in Italien an die Spize der Exekutive. Dasselbe fand sich nicht in der Lage, die Nego-

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ciationen mit den schweizerischen Delegirten sofort zur Haud zu nehmen, und ließ denselben deßhalb die Erklärung zugehen, daß die Angelegenheit einstweilen verschoben werden müsse.

Die Revisionsunterhandlungen blieben hierauf bis im Januar 1879 ruhen.

Inzwischen hatte Italien einen neuen Generaltarif aufgestellt, welcher am 1. Juli 1878 in Kraft getreten ist, und am 27. Dezember gleichen Jahres mit Oesterreich einen neuen Handelsvertrag abgeschlossen.

Im Januar 1879 sind die Unterhandlungen zwischen der Schweiz und Italien wieder aufgenommen worden. Ein definitiver Vertrag kam auch diesmal nicht zu Stande, sondern nur eine provisorische üebereinkunft, mit welcher gegenseitig die Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation zugesichert. worden ist. Dieselbe wurde für die Dauer bis Ende 1879 abgeschlossen und ist seither dreimal verlängert worden, das lezle Mal bis Ende Mai 1882.

Die früher vom Handelsdepartement auf Grundlage des italienischen Tarifentwurfes von 1875 gemachten Untersuchungen können für die künftigen Unterhandlungen nicht mehr genügen, denn die Sachlage ist heute eine wesentlich verschiedene. Der neue, am 1. Juli 1878 in Kraft getretene italienische Generaltarif enthält höhere Ansäze, als jener erwähnte Entwurf, und der Konventionaltarif, welcher zwischen Italien und Oesterreich für den Import in Italien vereinbart worden ist, mildert in Bezug auf unsere Hauptindustrien , Baumwolle , Seide , Uhren , Bijouterien etc., den Generaltarif nicht ; einzig beim Käse ist der Eingangszoll von Fr. 15 auf Fr. 8 per 100 kg. herabgesezt.

Wir haben deßhalb eine neue Untersuchung für nöthig erachtet und die sämmtlichen Kantonsregierungen, den schweizerischen Handels- und Industrieverein, den Gewerbcverein, sowie die landwirthschaftlichen Vereine eingeladen, über folgende Punkte nähere Untersuchungen anzustellen und uns sodann zu berichten: 1) Ueber die Wirkungen, welche der neue italienische Tarif und der italienisch-österreichische Konventionaltarif auf den Export der Schweiz nach Italien hatte; 2) über die Frage, ob es im Interesse der Schweiz liege, mit Italien einen Tarifvertrag oder nur einen sogenannten ('Meistbegünstigungsvertrag abzuschließen; 3) eventuell über die Tarifansäze, welche die Schweiz für den Import ihrer Erzeugnisse in Italien bei den künftigen Vertragsunterhandlungen verlangen soll; 4) über den Text des Vertrages.

125 Noch im Laufe des Berichtjahres sind uns infolge Anordnung dieser Untersuchungen eine größere Anzahl Berichte eingereicht worden. Dieselben wurden successive zusammengestellt, verarbeitet und für die Benuzung bei den Unterhandlungen vorbereitet.

Der weitere Verlauf der Revision des Handelsvertrages mit Italien wird entweder Gegenstand eines Spezialberichtes oder des nächsten Geschäftsberichtes bilden.

Mit Deutschland. Unterm 23. Mai 1881 wurde mit Deutschland ein neuer Handelsvertrag abgeschlossen; wir verweisen auf unsere Botschaft, mit welcher wir Ihnen denselben zur Ratifikation vorgelegt haben (s. Bundesblatt 1881, III, 453).

H a n d l u n g s r e i s e n d e . Laut Schlußprotokoll zu Art. 10 des Vertrages dürfen die mit einer Gewerbelegitimationskarte versehenen Gewerbetreibenden (Handlungsreisenden) wohl Waarenmuster, aber keine Waaren mit sich führen.

In industriellen Kreisen (Uhren und Bijouterien) befürchtete man, daß es nun überhaupt verboten sei, Waaren mit sich zu führen.

Es wurde geantwortet, daß diese Befürchtung nicht begründet sei. Jene Bestimmung hat nur den Sinn, daß Handelsreisende, welche Waaren zum Verkaufe mitführen, nicht als Gewerbetreibende im Sinne des Art. 10 des Vertrages und Art. IX des Schlußprotokolls , sondern als Hausirer zu betrachten sind. Diese haben Legitimationsscheine, die von der Behörde des Landes, wo sie ihre Waaren zu verkaufen beabsichtigen , ausgestellt werden, mit sich zu führen und die Gewerbesteuer in den einzelnen deutschen Ländern, die sie bereisen, zu entrichten.

Mit dieser Anschauung ist, laut Bericht der schweizerischen Gesandtschaft in Berlin, die deutsche Verwaltungsbehörde einverstanden.

G r e n z n a c h b a r l i c h e r V e r k e h r . Es ist die Frage entstanden, warum laut § l der Anlage B zum Vertrage die freie Zone in 10 km. bestehe, im Schlußprotokoll zu Art. 4 des Vertrages, beziehungsweise Anlage B, dagegen 15 km. festgesezt seien.

Mit dieser Differenz verhält es sich wie folgt: Im § l sind nähere Bestimmungen über die Bewirthschaftung der an der Grenze liegenden Güter und Wälder aufgestellt; es ist hier festgesezt, daß diese Bestimmungen Anwendung finden auf Güter, welche innerhalb eines Umkreises von 10 km. auf beiden Seiten der Grenze gelegen sind. Es handelt sich hier also beispielsweise um die Be-

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wirthschaftung eines auf deutschem Gebiete liegenden Gutes durch den auf schweizerischem Gebiete (an der Grenze) wohnenden Eigenthümer.

Der § 2 , Ziffer l bis 4 der Anlage B dagegen normirt den kleinen grenznach barlichen Verkehr ohne Rüksicht auf die Bewirthschaftung der in § 1 behandelten, an der Grenze liegenden Güter und Wälder. Und für diesen in § 2 vorgesehenen grenznachbarlichen Verkehr wird dann im Schlußprotokoll zu Art. 4 des Vertrages, beziehungsweise Anlage B, Alinea l, eine Zone von 15 km., von der Grenze an gerechnet, festgesezt. Das erste Alinea des Schlußprotokolls zu Art. 4 des Vertrages, beziehungsweise Anlage B, bezieht sich demnach nur auf § 2 der Anlage B , nicht auf § l, während Alinea 2 wieder auf die ganze Anlage B Anwendung findet und bestimmt, wie die Zone von 10 km. (§1) und die Zone von 15 km. (§ 2) festzustellen sei, wenn die Gebiete der vertragschließenden Theile durch Gewässer getrennt sind, welche beidseitig nls Ausland betrachtet werden. (Schreiben der schweizerischen Gesandtschaft in Berlin vom 9. Juni.)

Mit Spanien. Die zwischen der Schweiz und Spanien am 27. August 1869 abgeschlossene Handelskonvention ist im Berichts jähre von Spanien gekündet worden. Dieselbe tritt in Folge dessen am 18. Oktober 1882 außer Kraft. Der spanische Geschäftsträger bei der Eidgenossenschaft hat mit der Kündigung die Erklärung verbunden, daß seine Regierung geneigt sei, mit der Schweiz einen neuen Handelsvertrag zu negoziren. Auf diese Kündigung haben wir geantwortet, daß wir zu einem neuen Vertrage Hand zu bieten ebenfalls geneigt seien. Für die Vorbereitungen zu den künftigen Unterhandlungen sind Anordnungen getroffen worden. Dem schweizerischen Handels- und Gewerbestaude hat das Handels- und Landwirthschaftsdepartement Gelegenheit gegeben, seine Begehren hinsichtlich einer neuen Regelung der Rechtsverhältnisse im Verkehr mit Spanien geltend zu machen.

Mit Serbien. Die Rechtsverhältnisse im Handelsverkehr zwischen der Schweiz und Serbien sind gegenwärtig nur provisorisch geregelt.

Am 29. Mai/10. Juni 1880 ist auf die Dauer eines Jahres eine Uebereinkunft getroffen vt orden, mit welcher sich die beiden Staaten hinsichtlich der Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhr-Zölle, sowie hinsichtlich der Lager- und Mäklergebühren, der örtlichen Abgaben und Zollformalitäten die Gleichstellung
mit der meistbegünstigten Nation gegenseitig zusichern. Im Falle jedoch, daß sechs Monate vor Ablauf dieser Frist keiner der beiden Kontrahenten die Absicht kund gegeben haben wird, dieses Provisorium außer Kraft treten zu lassen,

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bleibt es für ein ferneres Jahr in Kraft und so weiter bis zum Abschluß eines definitiven Handelsvertrages oder bis einer der beiden Kontrahenten das Uebereinkommen gekündet haben wird. Bis jezt ist eine Kündigung nicht erfolgt; auch hinsichtlich eines definitiven Vertrages sind noch keine Unterhandlungen vorgenommen worden.

Mit Japan. Wie wir Ihnen in unserm Geschäftsberichte pro 1880 mitgetheilt, hat die japanische Gesandtschaft in Paris im September jenes Jahres den Entwurf zu einem neuen Handelsvertrage mit der Schweiz vorgelegt, den wir einer nähern Prüfung unterstellt haben.

Diese Prüfung hat zu dem Resultate geführt, daß derselbe für die Schweiz nicht annehmbar ist und auch nicht zur Grundlage bei künftigen Unterhandlungen genommen werden kann. Es ist nunmehr eine internationale Konferenz zwischen Japan einerseits und den europäischen Vertragsstaaten andererseits in Aussicht genommen.

An derselben soll die allgemeine Basis der Revision der japanischen Handelsverträge überhaupt besprochen werden. Einigt man sich über diese Basis, so würden dann erst die definitiven Vertragsunterhandlungen folgen und bei denselben jene Basis als Ausgangspunkt genommen werden. Wie wir in frühern Geschäftsberichten schon bemerkt, kann Japan nicht einseitig vom Vertrage zurüktreten oder eine Abänderung desselben vornehmen ; zum einen wie zum andern gehört der gegenseitige Consens (Art. 17 des Vertrages).

Wir werden vor Allem von Japan detaillirte für die schweizerische Exportindustrie annehmbare Vorschläge verlangen, bevor wir zu einer Abänderung des bestehenden Vertrages Hand bieten. Den gleichen Standpunkt nehmen auch andere europäische Vertragsmächte ein.

Die Handelsverträge mit Belgien, Dänemark, England, Niederlande, Oesterreich, Portugal, Rumänien, Rußland, Vereinigten Staaten von Nordamerika, Persien und Hawai'inseln geben dermalen zu Bemerkungen keinen Anlaß. Der status quo dauert fort.

III. Anstände beim internationalen Handelsverkehr.

Mit Frankreich. Zolldifferenzen mit französischen Zollämtern hinsichtlich der W e r t h d e k l a r a t i o n auf Sendungen nach Frankreich, worüber wir Ihnen im lezten Geschäftsbericht bereits eingehende Mittheilungen machten, kamen auch im Berichtjahre häufig vor. Wir erwähnen hier vorab die Beschwerden zweier schweizerischen Parquetfabriken. Beide Häuser deklarirten ihre nach Frankreich abzufertigenden Sendungen nach dem Werth, welchen die Waare in der Schweiz hat, unter Beobachtung der weitern im

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Artikel 14 des Handelsvertrags aufgestellten Vorschriften; die französische Douane dagegen berechnete die Sendung nach dem in Paris angenommenen Werthe, was einer Mehrwerthung um mehr als das Doppelte gleichkommt. Die Konsequenzen, welche dieses Verfahren jeweilen nach sich zieht (vide leztjährigen Geschäftsbericht, Seite 10), trafen selbstverständlich auch hier zu. Alle unsere Bemühungen bei der französischen Zollbehörde, eine Oberexpertise, unter Zuzug eines schweizerischen Experten zu veranlassen, blieben erfolglos, und es kam ohne Weiteres Artikel 17, AI. 2 und 3 des Vertrages, zur Anwendung.

Weitere Anstände gelangten zu unserer Kenntniß in Bezug auf die Berechnung der Tara bei ßaumwollsendungen nach Frankreich.

Die französische Regierung hatte die Verfügung getroffen, daß bei der Verzollung von schweizerischen Baumwollgarnen die Tara auf 12%, d.h. den Minimalsaz, zu limitiren sei, und daß für das Maximum von 18 °/o eine Verifikation der Sendung auf ihren reellen Werth stattzufinden habe. Gegen diese Verfügung beschwerten sich mehrere schweizerische Firmen. Dieselben machten geltend, daß die Waare, sollte sie einer solchen Verifikation unterworfen werden, Gefahr laufen würde, unbrauchbar zu werden ; ferner sei es unbillig, wenn bei dem ohnehin schon sehr hohen Zollansaz auf Baumwollgarnen auch noch die Tara verzollt werden müsse; Lezteres müsse aber geschehen, wenn für die Tara blos 12 °/o berechnet werden, dürfen.

Wir brachten die bezüglichen Beschwerden durch das Organ der schweizerischen Gesandtschaft in Paris beim französischen Ministerium zur Sprache, konnten aber eine für unsere schweizerischen Exporteure günstige Lösung auch hier nicht herbeiführen. Die französische Zollbehörde erklärte, in dem beanstandeten Verfahren der Zollämter Nichts zu finden, was mit den Bestimmungen des Handelsvertrages unvereinbar wäre, weshalb sie auf die Angelegenheit nicht eintreten könne.

Es ist uns bei diesem Anlaß zur Kenntniß gelangt, daß auch von Seite Englands zahlreiche ähnliche Beschwerden erhoben worden sind, jedoch ebenfalls ohne Erfolg.

Eine Firma führte Beschwerde darüber, daß auf den französischen Grenzzollstätten die Abfertigung von Sendungen aus der Schweiz nach Frankreich bisweilen so verspätet werde, daß dadurch den schweizerischen Exportgeschäften wesentlicher Schaden erwachse.
Wir beauftragten unsere Gesandtschaft in Paris, die Beschwerde beim französischen Ministerium zur Sprache zu bringen und auf Abhülfe zu dringen. Lezteres gab nun in seiner Antwort zu, daß

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în dem betreffenden Spezialfall allerdings eine wesentliche Verspätung vorliege, allein der in dem englisch-französischen Uebereinkommen vom 22. Juni 1874, welches seit 21. Juni 1875 auch für die Schweiz Gültigkeit hat, festgesezte Termin sei noch keineswegs überschritten. Angesichts jener Bestimmung erschienen weitere Schritte in fraglicher Angelegenheit überflüssig.

Mit Deutschland. Die Regierung des Kantons Thurgau beschwerte sich darüber, daß die badische Oberzollinspektion in Konstanz den thurgauischen Müllern die zollfreie Einfuhr von Getreide in bisheriger Weise untersagt habe, während doch laut Anlage B, § 2, Ziffer 2 und dem Schlußprotokoll (Art. 4) zum Handelsvertrag vom 23. Mai 1881 der bisherige Grenzverkehr auf eine Distanz von je 15 Kilometer gewährleistet sei.

Wir beauftragten die Gesandtschaft in Berlin, die nöthigen Schritte zu thun, damit die großherzoglich badische Regierung über die Bedeutung der bezüglichen Vertragsbestimmungen verständigt werde. Seitens der deutschen Regierung war nun aber keine Geneigtheit vorhanden, den bisherigen unbeschränkten Veredlungsverkehr wieder zuzugestehen ; der bisher unterhaltene Vormerkverkehr, in welchem deutsches Getreide in größern Quantitäten zum Vermalen nach der Schweiz ausgeführt, und hierauf das aus demselben gewonnene Mehl zollfrei wieder eingebracht wurde, falle nicht unter den gewöhnlichen kleinen Grenzverkehr. Dagegen könne als zulässig bezeichnet werden, daß die Konstanzer Baker die für ihr Geschäft erforderlichen Quantitäten, Mehl aus deutschem Getreide auf schweizerischen Mühlen unter vormerklieher Behandlung mahlen .

lassen. -- Der Inhalt dieser leztern Verfügung schien zufriedenstellend, und es erklärten sich die Reklamanten mit diesem Arrangement einverstanden. Damit fand sich der Anstand erledigt.

Mit der TUrkei.

Der im vorigen Jahresbericht erwähnte Zollanstand mit der Türkei fand im Berichtjahre seine Erledigung, indem das zwischen Frankreich und der Türkei seinerzeit zu Ungunsten des schweizerischen Exportes nach der leztern abgeschlossene Uebereinkomrnen, gemäß welchem die türkischen Eingangszölle auf Printannières, Demicotons etc. (schweizerisches Fabrikat) um 50 °/o ·erhöht, dagegen diejenigen auf Stearin (französisches Fabrikat) entsprechend reduzirt worden waren, auf den 1. Januar laufenden Jahres von Frankreich
gekündet worden ist.

IV. Maß und Gewicht.

Im Laufe des Berichtjahres kamen nur zwei Fragen vor, welche zu prinzipiellen Entscheiden Anlaß gaben. Die eine betrifft das Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. II.

9

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Verbot der Einfuhr geeichter Glaswaaren in die Schweiz. In Folgeverschiedener Reklamationen von Seite einiger Kantonsbehörden wurde im Einverständniß mit dem Zolldepartement die Instruktion an die Zollstätten dahin abgeändert, daß Glaswaaren, welche die Inhaltsmarke und die Bezeichnung des Inhalts tragen, unbeanstandet die Grenze passiren dürfen; sind aber andere der gesezlich vorgeschriebenen Eich/eichen vorhanden, so sollen die Waaren der betreffenden kantonalen Polizeibehörde, behufs Einleitung einer Untersuchung und Bestrafung zugewiesen werden. Von dieser Verfügung wurden die Kantonsbehörden durch Kreisschreiben in Kenntniß gesezt.

Die zweite Frage betrifft die Abhaltung kleinerer Kurse für neu gewählte Eichmeister. In einem Kanton fand im August des Jahres eine Neuwahl statt, und der Gewählte wurde nach Bern gesandt, um in der eidgenössischen Eichstätte eine mündliche Instruktion zu erhalten. Mit Rüksicht auf Artikel 12 der VolIziehungsVerordnung über Maß und Gewicht vom 22. Oktober 1875 wurde diese Instruktion ertheilt und die daherigen Kosten (zirka Fr. 25) auf die Rechnung der Eichstätte gebracht, so daß dem Kanton nur die Kosten der Hin- und Herreise, sowie der Unterhalt des Eichmeisters zufielen. Wir werden auch in der Folge dieses Verfahren einschlagen, um so es den Kantonen zu erleichtern, neu gewählte Eichmeister gehörig instruiren zu lassen. Die Erfahrung hat nämlich gezeigt, daß in manchen Kantonen die Beamten entweder keine oder nur eine sehr oberflächliche Anleitung erhalten und daher in vielen Fragen nach eigenem Gutdünken handeln, statt sich an die Verordnungen zu halten. Wir hoffen daher, daß durch unsere Verfügung auch in Zukunft bei Neuwahlen solche Instruktionen auf der eidgenössischen Eichstätte stattfinden werden, und daß die Beamten zu einer gleichmäßigeren Durchführung der bestehenden Verordnungen angehalten werden können. Die finanziellen Opfer des Bundes sind übrigens gering gegenüber den dadurch erzielten Vortheilen.

In Fortsezung der im Jahre 1878 begonnenen Inspektionen wurden in diesem Jahr die Kantone Freiburg, Waadt und Wallis besucht und sind die Resultate dieser Inspektionen in den bezüglichen Berichten enthalten, auf welche wir hier der Kürze halber hinweisen.

» Wie früher, so wurden auch im abgelaufenen Jahr die Miren.

welche zur Ausführung des
Präzisionsnivellemeots der Schweiz benüzt werden, mit dem dazu dienenden Eisenstab der Eichstätte verglichen ; ebenso, gemäß einem Uebereinkommen der Staaten, welche sich bei der europäischen Gradmessung betheiligen, eine Anzahl Miren für Rußland und Portugal und ein Meter für das k. geodätische Institut

131 in Berlin. Außerdem wurden auch noch einige weitere Untersuchungen für Behörden und Privaten ausgeführt.

Die im Jahre 1880 begonnenen Vergleichungen unserer Normalgewichte mit dem im Jahre 1879 in Paris genau bestimmten Platinkilogramm wurden fortgesezt und sind nun ihrem Abschluß nahe.

Nach den auf dem internationalen Bureau ausgeführten Untersuchungen ist das wahre Gewicht unsers Platinkilogramms = 1000,000036 g., d. h. nur um 0,036 mg. schwerer als das Kilogramm der Archive.

Sein Werth stimmt also nicht mit dem in Artikel 3 des Bundesgesezes über Maß und Gewicht vom 3. Juli 1875 angenommenen Werth von 1000,00088 g. überein, sondern erscheint dasselbe seit den Messungen von 1864 um 0,84 mg. leichter geworden zu sein.

Nach seither angestellten weitern Untersuchungen ist es allerdings noch fraglich, ob unser Kilogramm wirklich um so viel leichter geworden ist, und es läßt sich die Differenz vielleicht eher erklären aus Fehlern, welche bei den frühern Beobachtungen vorkamen.

Namentlich scheint die Vergleichung des Platinkilogramms des Conservatoire des arts et métiers (mit welchem im Jahr 1864 unser Kilogramm direkt verglichen wurde) mit dem Kilogramm der Archive nicht hinreichend genau gewesen zu sein, und überdies scheinen sich hier noch Rechnungsfehler eingeschlichen «u haben. Weiter noch anzuführende Vergleichungen und Berechnungen werden über diese Frage Aufschluß geben. Dagegen hat sich herausgestellt, daß die in den Jahren 1865 und 1866 von Herrn Professor Dr. Wild untersuchten Bergkrystallgewicbte (Urpfund und zweite Kopie desselben) unverändert geblieben sind.

Die im lezten Bericht erwähnte Frage der Verlegung der Eichstätte in ein passenderes Lokal wurde im abgelaufenen Jahr in keiner Weise gefördert, indem die Inselbehörden das hiefür in Aussicht genommene Gebäude noch nicht abtreten konnten.

Außer den hievor erwähnten Arbeiten wurden von der Direktion der Eichstätte eine Anzahl minder wichtiger Geschäfte direkt erledigt.

Einem vorläufigen Bericht des Herrn Professor Dr. Hirsch ia Neuenburg, schweizerisches Mitglied des internationalen Komites für Maß und Gewicht, entnehmen wir, daß die Angelegenheit der neuen Prototype des Meters und des Kilogramms im abgelaufenen Jahr nicht unwesentlich gefördert worden ist, indem ^bestimmte Zusicherungen von Seite Frankreichs gegeben wurden,
daß die bezüglichen Arbeiten nun energisch an die Hand genommen werden sollen. Eine gemischte Kommission, gebildet aus drei Mitgliedern des internationalen Komites und drei Mitgliedern der section française, beschäftigt sich ferner mit der Vergleichung des Meters, welcher schon voriges

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Jahr an das internationale Komite abgeliefert worden war, mit dem Meter der Archive, so daß das internationale Bureau nun bald im Besiz eines genau bestimmten Meters und eines genau bestimmten Kilogramms sein wird, wodurch die Arbeiten desselben an Werth bedeutend gewinnen.

Die Preise für die von uns im lezten Jahr bestellten Prototype aus reinem Platiniridium sind nun von der französischen Sektion fixirt worden und belaufen sich für den Meter auf Fr. 9000 und für das Kilogramm auf Fr. 3000, so daß sich die daherigen Ausgaben für die Schweiz auf Fr. 12,000 stellen werden, welche jedoch erst pro 1884 oder 1885 im Budget aufzunehmen sind.

Die übrigen Arbeiten des Instituts gehen nun ebenfalls ihren regelmäßigen Gang. Der erste Band der ,,Travaux et Mémoires" ist erschienen und enthält eine Reihe werthvoller Arbeiten.

T. Ausstellungen.

Hinsichtlich der schweizerischen Landesausstellung in Zürich, sotvie hinsichtlich der Uhrenausstellung in Chaux-de-Fonds, verweisen wir auf die Spezialberichte, welche wir Ihnen im Laufe des Berichtjahres erstattet haben (vide Bundesblatt Bd. IV, pag. 610, betreffend die erstere und Bd. III, pag. 368, betreffend die leztere).

Internationale Ausstellung in Melbourne. -- Die ,,internationale Ausstellung der Künste, Manufakturen, landwirtschaftlichen und gewerblichen Produkte" in Melbourne dauerte vom 1. Oktober 1880 bis 30. April 1881. Als Generalkommissariat fungirte der Vorort des schweizerischen Handels- und Industrievereins, als Kommissär für die Leitung der schweizerischen Abtheilung in Melbourne Herr E. Eugster, und als schweizerischer Juror für Uhren Herr Alexis Favre von Genf. Die vom Bunde an die Ausstellung bewilligte Subvention beträgt Fr. 40,000, wozu noch ein Nachtragskredit von Fr. 10,000 kam.

Die räumliche Ausdehnung der schweizerischen Ausstellung betrug zirka 3000 englische Quadratfuß. Die Zahl der schweizerischen Aussteller belief sich nur auf 35, wobei jedoch drei Kollektivausstellungen (diejenige der Uhrenindustrie mit 33, der Bijouterie mit 7, der Musikdosen ebenfalls mit 7 Theilnehmern) Inbegriffen sind. Diesen 35 Ausstellern fielen 32 Preise zu, nämlich 15 erste, 9 zweite, 5 dritte, je l vierter und fünfter und eine Ehrenmeldung.

Die ersten Preise fallen auf folgende Kategorien : Uhrenindustrie, Bijouterie, Musikdosen, Pianos, Holzschnizerei, Anilinfarben, photo-

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graphische Apparate, Magenbitter, Chokolade, kondensirte Milch, Kindermehl, Seidenbeuteltuch, Stikereien.

Uebersicht der auf die verschiedenen Staaten entfallenen Preise.

Aussteller

P reise ,,'

P Total

Erste

Auf

je

100

AUS

-

Erste steller entfallende Freue erste Preise

Niederlande 79 121 56 71 Großbritannien 1379 1415 796 58 Vereinigte Staaten von Nordamerika 366 308 172 47 Schweiz 38*) 32 15 40 Frankreich 1106 1076 406 37 Belgien 327 266 111 34 Straits Settlements 97 97 33 34 Oesterreich-üngarn 373 385 117 32 Deutschland 963 948 292 30 Viktoria 2,130 1844 588 28 Neu-Süd-Wales 419 386 86 21 Mauritius 1)8 54 19 20 Italien 888 831 164 18 Tasmanien 258 147 47 18 Neu Seeland 629 392 105 16 Japan 168 114 18 11 Süd-Australien 330 278 36 11 Britisch Indien 1172 448 108 9 Queensland 587 190 46 8 Fiji-Inseln 285 60 14 5 Ceilon 818 140 27 3 West-Australien 149 49 4 3 Verschiedene 118 90 10 11 Total 12,777 9581 3270 33 (Mittel) Als Hauptresultat der schweizerischen Betheiligung ist zu erwähnen, daß der schweizerischen Uhrenindustrie die verdiente Auszeichnung gegenüber den Anstrengungen der Vertreter der nordamerikanischen Konkurrenz zu Theil wurde.

VI. Ausführung des Bundesgesezes über die Arbeit in den Fabriken.

Werfen wir einen kurzen Rükblik auf die Inanspruchnahme der Bundesbehörde bei Vollziehung des eidgenössischen Fabrikgeseses *) In der Zahl 38 sind 3 Aussteller doppelt inbegriffen weil jeder derselben in zwei Juryklassen konkurrirte

134 im verflossenen Jahre, so ergibt sich, daß eine Abnahme der Geschäfte überhaupt, wie sie hätte vorausgesezt werden dürfen, nicht stattgefunden hat, indem die Zahl der Geschäftsnummern 1096, gegenüber 1063 im Vorjahre, beträgt. · Es beschränkt sich jedoch die Mehrzahl dieser Geschäfte auf Mutationen im Bestand der industriellen Anstalten der drei Inspektionskreise, während Rekurse gegen Verfügungen der Vollziehungsorgane, wie sie in frühem Jahren sehr häufig waren, im Berichtjahre weit seltener geworden sind. Es scheint dieser Umstand der Hoffnung Raum zu geben, daß die Vollziehung des Gesezes immer weniger auf Hindernisse stoßen wird, daß man allseitig sich an das Gesez und dessen Konsequenzen gewöhnt.

In unserer Berichterstattung wollen wir uns darauf beschränken, ein Resumé der wichtigeren Verhandlungsgegenstände folgen zu lassen.

I. Neuwahl eines Inspektors und Umschreibung der Inspektionskreise.

Uuterm 11. Mai abhin hat HÏ. Wilhelm Klein, Inspektof des III. Fabrikkreises, in Folge seiner Wahl zum Regierungsrath des Kantons Baselstadt, dem Bundesrath die Entlassung von seiner bisherigen Stelle eingereicht. Die Behörde hat dem Gesuche entsprochen und Hrn. Klein die geleisteten vorzüglichen Dienste geziemend verdankt.

In Folge dieser Demission gelangte der bisherige Inspektor des II. Kreises, Hr. E. Nüsperli, mit dem Gesuch an uns, es möchte ihm der vakante III. Kreis übertragen und der von ihm besorgte II. Kreis zur Wiederbesezung ausgeschrieben werden. Wir glaubten, dem Wunsche des Hrn. Nüsperli entsprechen zu sollen und ordneten demnach eine Neuwahl für den H. Kreis an. An diese Stelle wurde unterm 13. Juni Hr. Hippolyte Etienne von Brenets, Präsident der Société intercantonale des Industries du Jura, gewählt. Anläßlich dieser leztern Wahl behielt sich die Behörde eine Modifikation in der Umgrenzung des II., und je nach Umständen auch der übrigen Kreise vor.

Gemäß dem bundesräthlichen Reglement vom 26. August 1881, betreffend Kontrolirung von Gold- und Silberwaaren (A. S. n. F. V, 518), ist nämlich die Inspektion der Kontrolbureaux dem Inspektor des II. Fabrikkreises übertragen. Die hiedurch verursachte wesentliche Mehrbelastung dieses Beamten bedingte eine Entlastung desselben in dem Sinne, daß ein Theil seines Inspektionsgebietes einem andern Inspektor übertragen wurde. Wir hielten es für zwekmäßig, den Kanton Bern, welcher bisher ganz dem II. Kreise angehört

135 hatte, in alten und neuen Kantonstheil zu trennen und den erstem Theil dem III. Kreise einzuverleiben. -- Nun entstund aber auch für den Inspektor dieses leztern Kreises, welcher nunmehr 1230 industrielle Anstalten zu besorgen hatte, eine Arbeitsüberhäufung, welcher anders nicht abgeholfen werden konnte, als auf Kosten des Inspektors des I. Kreises, wollte man überhaupt von einer Vermehrung der Kreise Umgang nehmen. Lezterem Kreis wurden nun die bisher dem III. Kreise einverleibten St. Gallischen Bezirke Alttoggenburg, Neutoggenburg und Wyl zugetheilt, so daß nunmehr
Die Eintheilung ist nun folgende: I. K r e i s (Hr. Schuler): K a n t o u e : Zürich, Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwaiden, Glarus, Zug, St. Gallen, Graubünden.

II. K r e i s (Er. Etienne) : K a n t o n e : Bern (neuer Kantonstheil), Freiburg, Tessin, Waadt, Wallis, Neuenburg, Genf.

III. K r e i s (Hr. Nüsperli): K a n t o n e : Bern (alter Kantonstheil), Luzern, Solothurn, Baselstadt, Baselland, Schaffhausen, Appenzell beide Rhoden, Aargau, Thurgau.

2. Entscheide betreffend Interpretation von Gesezesvorschriften. -- Kfassifizirung industrieller Anstalten.

Durch Beschluß vom 23. Mai 1878 sind Bauschreinereien, Sägereien, Glasereien, überhaupt H o l z b e a r b e i t u n g s w e r k s t ä t t e n , sofern sie mit Motoren betrieben werden und als Großbetrieb zu betrachten sind, provisorisch dem Bundesgesez betreffend die Arbeit in den Fabriken unterstellt worden. Wir beabsichtigten, die Klassiflzirung dieser Gattung von industriellen Anstalten definitiv zu regeln und wollten zu diesem Zweke vor Allem aus die Ansichten derjenigen Kantonsregierungen vernehmen, auf deren Gebiet solche Etablissemente im Betrieb stehen. Die Berichte der Mehrzahl dieser leztern, sowie die Gutachten der Fabrikinspektoren sprachen sich übereinstimmend dahin aus, daß die definitive Einbeziehung der Holzbearbeitungswerkstätten in das zitirte Gesez geboten sei, und zwar vorwiegend mit Rüksicht auf die häufigen Unfälle, die sich in diesen Etablissementen ereignen.

Der daherige Beschluß l'autet : ,,Sämmtliche Holzbearbeitungswerkstätten, welche ganz oder theilweise in geschlossenen Räumen

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betrieben, in welchen Motoren verwendet und mehr als fünf Arbeiter beschäftigt werden, sind dern Bundesgesez betreffend die Arbeit in den Fabriken, vom 23. März 1877, definitiv unterstellt.^

Auf den 16. November des Berichtjahres hat unser Handelsund Landwirthschaftsdepartement die Fabrikinspektoren zu einergemeinschaftlichen Sizung einberufen, um mit denselben einzelne pendente, auf die Vollziehung des Fabrikgesezes bezügliche Fragen zu besprechen. Die hauptsächlichsten dieser pendenten Geschäfte sind folgende: 1) Klassifizirung der Buchdrukereien, 2) ,, Gasfabriken, fl 3) ,, ,, Stikereien, 4) Unfallsanzeigen.

Die auf Grund dieser Berathungen gefaßten Beschlüsse brachten wir vermittelst Kreisschreiben vom 6. Januar a. c. den Kantonsregierungen zur Kenntniß (vgl. Bundesblatt 1882, I, 11). Dieselben lauten : Ad 1. B u c h d r u k e r e i e n mit Motoren und mehr als fünf Arbeitern sind als Fabriken zu betrachten. Bei denjenigen Etablissementen, welche sich über die Notwendigkeit der Nachtarbeit ausweisen, kann Art. 13, Alinea 4 des Gesezes in Anwendung gebracht werden.o Ad 2. G a s f a b r i k e n , in denen sechs oder me.hr Arbeiter beschäftigt werden, sind, abgesehen davon, ob Motoren verwendet werden oder nicht, als Fabriken im Sinne des Art. l des zitirten Gesezes zu betrachten.

Ad 3. S t i k e r e i e n mit drei und mehr Maschinen, mögen .

diese leztern in einem oder mehreren Gebäuden aufgestellt sein, sind als Fabriken zu betrachten.

Ad 4. Als erhebliche K ö r p e r v e r l e z u n g e n gelten solche, welche eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Tagen nach sich ziehen. Wo die gesezlich vorgeschriebene Anzeige Anfangs in der Vermuthung, daß die Arbeitsunfähigkeit nur von kürzerer Dauer sein werde, unterlassen wurde, hat dieselbe spätestens am siebenten Tage nach der Verlezung zu erfolgen.

Z i e g e l e i e n . Im Mai verflossenen Jahres richtete ein Ziegeleibesizer aus der Ostschweiz für sich und im Namen von 30 Mitunterzeichneten an den Bundesrath das Gesuch, er möchte,

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in Abänderung seines Beschlusses vom 21. Mai 1880 (Bundesblatt III, 96), die Ziegeleien als nicht unter das Gesez gehörend erklären, eventuell, die Art. 11 und 16 dieses Gesezes auf den Betrieb der Ziegeleien nicht anwenden.

Dieses Gesuch'rief einer neuen, eingehenden Untersuchung der Ziegeleien. Dieselbe ergab, daß, wenn auch besondere Verhältnisse in fraglichen Etablissementen bestehen, denselben durch den obzitirten Bundesrathsbeschluß vom 21. Mai 1880 hinreichend Rechnung getragen sei. -- Wir sahen uns daher veranlaßt -- im Einklang mit den Ansichten der meisten konsultirten Kantonsregierungen -- die Petition der 31 Ziegel eibesizer abzuweisen.

H ü l f s a r b e i t e n . Eine Kantonsregierung machte die Genehmigung des Fabrikreglementes einer Baumwollspinnerei davon, abhängig, daß die in demselben enthaltene Bestimmung, daß das Puzen, Oelen, Repariren etc. der Maschinen als Hülfsarbeit nach der ordentlichen Arbeitszeit zu verrichten sei, gestrichen werde.

Darüber beschwerte sich die betreffende Firma und mit ihr 49 Spinnereibesizer, indem sie jene Verrichtungen als Hülfsarbeiten im Sinne des Art. 12 des Fabrikgesezes betrachten. Wir konnten der Anschauung der betreffenden Kantonsregierung nicht beipflichten, sondern entschieden uns zu Gunsten der Reklamanten. Hinsichtlich der Motivirung verweisen wir auf unser Kreisschreiben vom 14. Januar 1881 (Bundesblatt I, 142).

Eine Firma führte Beschwerde, daß die Kosten für die amtliche Untersuchung eines Unglüksfalles in ihrem Etablissement von der betreffenden Kantonsregierung ihr auferlegt worden seien. Die Firma glaubt, daß diejenige Behörde die Kosten zu tragen habe, welcher die Durchführung des Gesezes obliege. Wir haben die Beschwerde abgewiesen, und zwar aus folgendem Grunde: ,,Im Fabrikgesez ist keine Bestimmung darüber enthalten, wer die Untersuchungskosten zu tragen habe; die Regelung dieses Punktes ist vielmehr der kantonalen Gese/gebung überlassen. Wenn nun die Regierung des betreffenden Kantons die Kosten der Untersuchung der Firma, in deren Geschäft sich der Unglüksfall ereignet hat, auferlegt, so kommt sie mit Bundesvorschriften nicht in Widerspruch, und es ist daher für die Bundesbehörde kein Grund vorhanden, die bezügliche Verfügung als unzulässig zu erklären.

V e r w e n d u n g von K i n d e r n u n t e r 14 Jahren in F a b r
i k e n . Im Monat August übermittelte eine Kantpnsregierung eine von der Mehrzahl der Bürger einer dortigen Gemeinde unterzeichnete Petition des Inhalts, es möchte die Verwendung von Kindern unter 14 Jahren zur Arbeit in der daselbst in Betrieb

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stehenden Seidenwinderei gestattet werden. Die Regierung unterstüzte dieses Gesuch, indem sie namentlich hervorhob, daß die besondern ökonomischen Verhältnisse der betreffenden Gemeinde eine solche Ausnahmebewilligung wohl rechtfertigen. Wir wiesen die Petenten ab, weil Art. Ï6 des Bundesgesezes über die Arbeit in den Fabriken die Verwendung von Kindern unter 14 Jahren strikte untersagt und das zitirte Gesez keine Ausnahme von dieser Bestimmung enthält, somit auch der Bundesrath keine Kompetenz besizt, Ausnahmen zu gestatten.

V e r w e n d u n g s c h u l p f l i c h t i g e r K i n d e r i n Fabriken.

Mit Bezug auf die Verwendung schulpflichtiger Kinder in Fabriken sahen wir uns veranlaßt, einer Kantonsregierung darüber Aufschluß zu ertheilen, wem im Falle von Schulversäumnissen es zustehe, die fehlbaren Kinder, resp. deren Eltern, zum Schulbesuch -anzuhalten. Die Direktion einer Spinnerei war nämlich der Ansicht, daß es nicht ihre, sondern Sache der Schulbehörden sei, Kinder, welche die Schule nicht besuchen, oder deren Eltern zur Ordnung anzuhalten. Die betreffende Schulkommission dagegen glaubte, die Direktion des fraglichen Etablissementes sei verpflichtet, schulpflichtige Kinder von der Arbeit zurükzuweisen. Wir beschieden die Anfrage der erwähnten Kantonsregierung dahin, daß, wenn es auch in erster Linie Sache der kantonalen Behörden sei, den einschlägigen Gesezesbeslimmungen Nachachtung zu verschaffen, dies die Pflicht des Fabrikanten nicht ausschließe, jene Gesezesbestimmung ebenfalls zu befolgen und schulpflichtige Kinder von der Arbeit zurükzuweisen. Ohne Erfüllung dieser gesezlichen Pflicht seitens des Fabrikanten wäre es den Behörden nicht möglich, das Gesez zur Vollziehung zu bringen. Die Fabrikanten seien demnach gehalten, sich über Alter und Schulpflichtigkeit der Kinder, welche in der Fabrik Verwendung finden sollen, nähere Ausweise geben zu lassen, und diejenigen nicht zu beschäftigen, welche das vorgeschriebene Alter nicht erreicht haben oder schulpflichtig sind.

Internationale Fabrikgesezgebung.

Unterm 30. April 1880 hat der Nationalrath auf Antrag des Herrn Oberst Frei den Bundesrath eingeladen, mit den hauptsächlichen Industriestaaten zu geeigneter Zeit Unterhandlungen anzuknüpfen zum Zweke der Anbahnung einer internationalen Fabrikgesezgebung. In Ausführung dieser Einladung
sind die schweizerischen Vertreter in Frankreich, Deutschland, Italien, Oesterreich, England und Belgien beauftragt worden, in erster Linie geeigneten Orts nähere Erkundigungen einzuziehen, ob Geneigtheit vorhanden sei, zur beabsichtigten Regelung der Fabrikverhältnisse Hand zu bieten.

139 Die bezüglichen Erhebungen sind gegenwärtig noch nicht zum Abschluß gebracht; indessen kann aus den bereits eingelangten ·vorläufigen Berichten jezt schon geschlossen werden, daß das Projekt bei'den wenigsten Staaten Unterstüzung finden wird, indem, wie von der Mehrzahl derselben betont wird, die in Frage stehende Materie vermöge der besondern Verhältnisse und divergirenäen Interessen der verschiedenen Staaten zur internationalen Reglirung sich nicht eigne. Weitere Mittheilungen werden wir Ihnen im nächsten Jahresbericht zu machen im Falle sein.

Bundesgesez betreffend die Fabrikation von Zündhölzchen.

Gemäß Art. l des Bundesgesezes betreffend die Fabrikation von Phosphorzündhölzchen und Phosphorstreichkerzchen, vom 23. Dezember 1879, trat das Verbot der Fabrikation und Einfuhr von Zündhölzchen und Streichkerzchen, bei denen gelber Phosphor zur Verwendung kommt, mit dem 1. Januar 1881, dasjenige des Verkaufs mit dem 1. Juli 1881 in Kraft. Die Durchführung dieser Bestimmungen begegnete vielfachen Schwierigkeiten. Es gelang nämlich vielen schweizerischen Fabrikanten, welche statt der früher betriebenen Phosphorhölzchenfabrikation diejenige anderer Zündhölzchen erst erlernen mußten, anfänglich nicht, unschädliche, tadellose Waare in sichererVcrpakung herzustellen; die Folge war die, daß einerseits viele Unfälle durch neue Zündhölzchen verursacht wurden, und daß deßhalb andererseits die heimliche Fabrikation und Einschmuggelung verbotener Zündhölzchen, welche jener Unfälle wegen Absaz fanden, aufkam. Um für diese Zustände eine Besserung herbeizuführen, wurde das Fabrikinspektorat beauftragt, die Zündholzfabrikanten auf geeignete Weise, durch Zirkulare, Besuche etc., über die neue Fabrikationsmethode zu belehren. Die Rezepte, welche dieselben zu adoptiren beabsichtigten, mußten dem Handels- und Landwirthschaftsdepartement jeweilen zur Prüfung und Genehmigung übergeben werden (Art. l des Regulativs für die Fabrikation von Zündhölzchen, vom 6. April 1880, A. S. n. F. V, 33).

Am 28. April richtete das Handels- und Landwirthschaftsdepartement an die Kantonsregierungen ein Kreisschreiben über die gegen die Explosionsgefahr der neuen Zündhölzchen zu ergreifenden Maßregeln, welches von drei Regierungen dahin beantwortet wurde, daß Vorschriften über Verpakung, Transport, Aufbewahrung etc.

der Zündhölzchen
vom Bunde, nicht von den Kau tonen zu erlassen seien.

Sie haben unterm 28. Juni abhin den Bundesrath eingeladen, die nöthigen Maßnahmen zu treffen, um die Fabrikation von Zünd-

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hölzchen, deren Gebrauch mit Gefahr verbunden ist, zu verhüten.

Dieser Einladung sind wir mit Botschaft vom 6. Dezember 1881 (vgl. Bundesblatt 1881, IV, 620) nachgekommen.

Mehrere Gesuche, welche dahin gingen, es möchte den Petenten gestattet werden, mit dem Verkauf alter Phosphorzündhölzchen fortzufahren, wurden abgewiesen mit der Begründung, daß das Bundesgesez vom 23. Dezember 1879 strikte vorschreibe, daß der Verkauf von Phosphorzündhölzchen vom 1. Juli 1881 an verboten sei, daß der Bundesrath die Kompetenz nicht habe, diese Bestimmung zu modiflziren, daß endlich die Frist von 18 Monaten (23. Dezember 1879 bis 1. Juli 1881) hinreichend gewesen sei, um dem Händler den Absaz seiner alten Vorräthe zu ermöglichen.

Auf ein Gesuch um bessere Ueberwachung des Verbotes betreffend den Verkauf von Zündhölzchen mit gelbem Phosphor, eventuell um Ertheilung der Erlaubniß, ebenfalls verbotene Zündhölzchen einführen und verkaufen zu dürfen, wurde erwidert, daß die Koutrolirung des Zündhölzchenverkaufs nicht vom Bunde, sondern nur von den Organen der Kantonsregierungen besorgt werden kann, und daß auf das eventuelle Gesuch aus dem Grunde nicht eingetreten werden könne, weil die Einfuhr und der Verkauf der genannten Zündhölzchen laut Bundesgesez'vom 23. Dezember 1879, erstere vom 1. Januar 1881, lezterer vom 1. Juli 1881 an verboten sei.

Die zahlreichen Anzeigen, welche in Bezug auf Uebertretungen der Vorschriften betreffend Fabrikation und Verkauf von Zündhölzchen gemacht wurden, theilte das Handels- und Landwirthsehaftsdepartement den resp. Kantonsregierungeu zur Ueberwachung und eventuellen Bestrafung der Schuldigen mit.

VII. Gewerbliches, literarisches und künstlerisches Eigenthum.

1. Fabrik- und Handelsmarken.

Wie wir Ihnen im lezten Bericht mittheilten, sind bei Ausführung der Uebergangsbestimmungen des Bundesgesezes über den Schuz der Fabrik- und Handelsmarken gegen die Eintragung von 26 Marken Einsprachen erhoben worden. Von denselben erledigten sich 10 in Folge Verständigung zwischen den Betheiligten, die andern 16 entschied das Departement.

Gegen 10 der von lezterem getroffenen Entscheide haben die Betheiligten den Rekurs an das Bundesgericht ergriffen. Von dem-

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selben sind hierauf in 6 Fällen die Beschlüsse des Departements bestätigt worden; in 3 Fällen hat dagegen das Bundesgericht den Rekurs als begründet erklärt, was die Löschung von 3 Marken veranlaßte. Es sind dies die im schweizerischen Register eingetragenen Nrn. 58, 299 und 301 ; ein Fall ist noch nicht erledigt.

Der Art. 4 des Bundesgesezes gab in der Ausführung zu Mißverständnissen Anlaß und ist beim Departement mehrfach gegen bezügliche Bescheide des Markenamtes Beschwerde geführt worden.

Es hat dies den Bundesrath zu einer Interpretation des zitirten Artikels veranlaßt, welche lautet wie folgt: 1. Art. 4 des Bundesgesezes vom 19. Dezember 1879, betreffend den Schuz der Fabrik- und Handelsmarken, wonach Anfangsbuchstaben einer Geschäftsfirma, sowie Zeichen, die ausschließlich aus Zahlen, Buchstaben oder Worten bestehen, nicht genügen, um eine Marke zu bilden, bezieht sich nicht auf: a. Personennamen, zu deren Gebrauch der Hinterleger berechtigt ist; b. Ziffern, Buchstaben und Worte, sofern dieselben durch Zeichnung oder eigentümliche Form von andern leicht zu unterscheiden sind.

2. Das eidgenössische Amt für Fabrik- und Handelsmarken ist ermächtigt, ausnahmsweise auch als Marken anzunehmen: a. Benennungen, welche der Hinterleger für seine Erzeugnisse zuerst angewendet hat; b. bei Uhren, Bijouterien u. s. w. sehr kleine, aus Anfangsbuchstaben bestehende Stempel, sofern jene Marken (a und V) schon vor dem 1. Oktober 1879 in einem andern Lande hinterlegt worden sind und ohne Nachtheil des Berechtigten nicht geändert werden könnten.

Im Berichtjahr wurden 280 schweizerische Marken eingetragen; 3 derselben waren schon im Jahr 1880 einregistrirt; im Jahr 1881 sind dieselben auf eine andere Firma übergetragen worden. Eine von den in diesem Jahre eingetragenen Marken mußte, gestüzt auf ein gerichtliches Urtheil, gelöscht werden.

Die hauptsächlichsten Erzeugnisse, für welche diese 280 Marken zur Verwendung kommen, sind : Cigarren und Tabak, Uhren und Bijouterien, Baumwollenfabrikate, Spirituosen etc.

. Gegenüber dem Vorjahr, in welchem 375 schweizerische Marken zur Registrirung gelangten, sind im Berichtjahr 95 Marken weniger angemeldet und einregistrirt worden.

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2. Konventionen mit auswärtigen Staaten betreffend Markenschuz.

a. V e r e i n b a r u n g e n , w e l c h e vor dem B u n d e s g e s e z in Kraft waren.

Mit F r a n k r e i c h , d. d. 3. O k t o b e r 1864.

Im Laufe des Jahres 1881 wurden 35 Marken eingetragen, von welchen die meisten für Baumwollwaaren, Seidenwaaren und Champagner verwendet werden.

Mit I t a l i e n , d. d. 22. J u l i 1868.

Im Jahr 1881 ist eine einzige Marke angemeldet und eingetragen worden, welche für Wermuth bestimmt ist.

Mit dem deutschen Zoll- und Handelsverein, d. d. 13. Mai 1869.

Wir haben bereits im leztjährigen Berichte die Nothwendigkeit einer Revision der Vertragsbestimmungen betreffend den gegenseitigen Markenschuz hervorgehoben.

Anläßlich der Revision dieses Vertrages wurde die Frage dann geprüft und die bezüglichen Bestimmungen des neuen Vertrages vom 23. Mai 1881 den heutigen Verhältnissen angepaßt.

Während vor dem Inkrafttreten des leztern Vertrages nur solche Marken geschüzt wurden, welchen die Firma und der Wohnort derselben beigefügt war, kommen jezt die weitergehenden Bestimmungen des deutschen und schweizerischen Markenschuzgesezes zur Anwendung, indem sich die beiden Parteien laut Art. 11 die Gleichstellung mit den eigenen Angehörigen zusichern.

Die deutschen Marken werden in Folge dessen in einer Beilage zum Bundesblatt, wie die schweizerischen, mit Abdruk des Cliché, publizirt.

Auf Grund des alten Vertrages, d. h. bis zum Inkrafttreten des neuen vom 23. Mai 1881, sind 2, und nach Maßgabe des leztern Vertrages 34 Marken eingetragen worden, welche hauptsächlich für chemische Produkte zur Verwendung kommen.

b. K o n v e n t i o n mit G r o ß b r i t a n n i e n , d. d. 6. N o v e m b e r 1880.

Gestüzt auf diese Uebereinkunft sind im Jahr 1881 87 Marken eingetragen worden, welche größtenteils für Stahl- und Baumwollwaaren bestimmt sind.

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c. K o n v e n t i o n e n

mit B e l g i e n und den N i e d e r l a n d e n .

Mit diesen Staaten wurden im Berichtjahr auf Grund des Art. 7, Alinea 2 des Gesezes Konventionen abgeschlossen. Nach denselben genießen in Bezug auf den Schuz des Eigenthums an Fabrik- und Handelsmarken die Angehörigen des einen der vertragschließenden Staaten im Gebiete des andern die gleichen Rechte, wie die eigenen Angehörigen.

Die Konvention mit Belgien trat am 11. Februar 1881 in Kraft (A. S. n.. F. V, 301), diejenige mit den Niederlanden am 27. Mai gl. Js. (Bundesblatt 1881, II, 945).

Belgische Marken angemeldet worden.

sind bis Schluß des Jahres noch keine

Niederländische Marken wurden 2 eingetragen.

Es bleibt noch die Einregistrirung von 2 schwedischen Marken zu erwähnen übrig.

Die Anmeldung derselben gab zu einem Bundesrathsbeschlusse Veranlassung in Betreff der Interprétation des Art. 7, Alinea 2 des Gesezes (Bundesblatt 1881, III, 96).

Es handelte sich nämlich um die Frage, ob 1) das in diesem Artikel vorgesehene G-egenrecht pur auf Grund einer staatlichen Vereinbarung zugesichert werden soll, oder ob 2) von Angehörigen eines Landes, wie z. B. Schweden, das kein spezielles Markenschuzgesez hat, dagegen aber an dem Grundsaz.

des Markenschuzes durch bezügliche Bestimmungen in den Strafgesezen festhält, Marken zur Eintragung angenommen werden können, ohne daß es einer besondern Konvention bedarf.

Der Bundesrath bejahte lezteres laut erwähntem Beschluß und wurden in Folge dessen die 2 schwedischen Marken eingetragen.

2. Schuz der Erfindungen, Muster und Modelle.

Am 14. März 1877 hat der Nationalrath mit Einstimmigkeit folgendes Postulat (Motion Bally) angenommen : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, zu prüfen, ob es nicht im Interesse der schweizerischen Produktion liege, das System der Erfindungspatente auf dem Gebiete der Industrie und der Landwirtschaft einzuführen und, zustimme.ndenf'alls, einen Gesezesentwurf über diesen Gegenstand vorzulegen. a

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Am 20. Dezember 1880 hat der Nationalrath, ebenfalls einstimmig, eine Motion des Herrn Aepli und 11 Mitunterzeichneten angenommen und den Bundesrath eingeladen, dem obigen Postulat bis spätestens auf die ordentliche Sommersession von 1881 Folge zu geben.

In Nachachtung dieser Einladung erstatteten wir Ihnen unterm 8. Februar 1881 einen Bericht, in welchem wir, gestüzt auf eine einläßliche Untersuchung und die angeführten Thatsachen, die Frage, welche Sie uns im ersten Theil des Postulates vom 14. März 1877 gestellt hatten, dahin beantworteten: Es sei u n z w e i f e l h a f t sow o h l . i m Interesse unserer Industrien als in demjenigen unserer H a n d e l s b e z i e h u n g e n mit dem A u s l a n d , den E r f i n d u n g s s c h u z in der Schweiz e i n z u f ü h r e n .

In Bezug auf den zweiten Theil jenes Postulates gelangten wir jedoch zu dem Resultat, daß allerdings das Recht der Gesezgebung über Erfindungsschuz in der Schweiz naturgemäß nur ein Attribut der eidgenössischen Souveränetät sein, also nicht etwa in die Kompetenzen der kantonalen Regierungen fallen könne, daß aber die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 dem Bunde die Kompetenz nicht gebe, ein Gesez über den Schuz der Erfindungen zu erlassen.

Hierauf beschloß der Nationalrath am 1. März, es sei der Bundesrath einzuladen, der Bundesversammlung zum Zweke der Revision des Art. 64 der Bundesverfassung im Sinne der Verleihung des Gesezgebungsrechts über den Schuz der Erfindungen auf dem Gebiete der Industrie und Landwirtschaft beförderlichst eine Vorlage zu machen; und am 22. April faßte der Ständerath folgenden Beschluß : ,,1) Es wird, in Uebereinstimmung mit dem Nationalrathsbeschlusse vom 1. März 1881, erklärt, daß die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 dem Bunde die Gesezgebung über den Schuz der Erfindungen auf dem Gebiete der Industrie und der Landwirthschaft nicht einräumt.

,,2). Hinwieder wird die Diskussion über die Nüzlichkeit und Zwekmäßigkeit eines solchen Gesezes auf den Zeitpunkt verschoben, da der Bundesrath den seitens des Nationalrathes am 19. dieses Monats bei Ueberweisung der Petition der Vertreter der chemischen Industrien, d. d. April 1881, von ihm verlangten ergänzenden Bericht zu seiner Botschaft vom 8. Februar 1881 erstattet haben wird.

,,3) Immerhin ist der Bundesrath eingeladen, sich auch fürderhin bei den Verhandlungen über ein internationales Patentschuzgesez vertreten zu lassen.

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Inzwischen gelangten in Sachen des Erfindungsschuzes zahlreiche Petitionen an die Bundesbehörden, deren wichtigste die folgenden sind : 1) Petition der Firma Bindschedler & Busch in Basel und 143 Mitunterzeichnern, der chemischen Branche angehörend, vom 13. April; 2) Petition des Centralkomites der schweizerischen Landesausstellung in Zürich, vom 13. März; 3) Petition der Firma B. Rittmeyer & Comp. in St. Gallen und 510 Mitunterzeichnern der schweizerischen Stikereiindustrie, vom 17. Juni; 4) Petition der Patentkommission des Vereins ehemaliger Polytechniker mit 2850 Unterschriften, vom 11. Juni; 5) Bericht des Vororts des schweizerischen Handels- und Industrievereins, vom 13. Juni; > 6) Petition von Hrn. Imer-Schneider in Genf und 605 Mitunterzeichnern, vom 16. Juni.

Ueber diese Petitionen haben wir Ihnen am 20. Juni einen nachträglichen Bericht erstattet, in welchem wir Ihnen beantragten, folgenden Beschluß zu fassen : ,,Der Bundesrath wird eingeladen, einen Gesezentwurf vorzulegen , wonach die Bundesverfassung einen Zusaz erhält, welcher dem Bunde das Gesezgebungsrecht über den Schuz der Erfindungen auf dem Gebiete der Industrie und Landwirthschaft, sowie über den Muster- und Modellschuz verleiht.tt Unterm 24./2S. Juni erhoben Sie diesen Antrag zum Beschluß, worauf wir Ihnen am 26. November folgenden Entwurf zu einem Artikel 64bls d.er Bundesverfassung vorlegten : ,,Die Bundesverfassung vom 29. Mai 1874 erhält folgenden Zusaz : ,,Art. 64bis. Dem Bunde steht die Gesezgebung zu über den Schuz der Erfindungen auf dem Gebiete der Industrie und Landwirthschaft, sowie über den Schuz der Muster und Modelle."1 Der Nationalrath hat die bundesräthliche Vorlage angenommen, der Ständerath hat sich mit dem Gegenstand noch nicht befaßt.

3. Literarisches und künstlerisches Eigenthum.

Bis jezt wurde das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst in der Schweiz geregelt: Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. II.

10

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1) durch das zwischen den Kantonen Zürich, Bern, Uri, Obund Nidwaiden, Glarus, Baselstadt und Baselland, Schaffhausen., Appenzell I.-Rh., Graubünden, Thurgau, Tessin, Waadt und Genf abgeschlossene Konkordat vom 3. Dezember 1856 (Amtl. Samml.

V, 494), welchen Kantonen sich später Aargau, Appenzell A.-Rh.

und Schwyz angeschlossen haben; 2} durch die Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Prankreich vom 30. Juni 1804 (Amtl. Samml. VIII, 334); 3") durch das Uebereinkommen der Schweiz mit Belgien (publizirt den 9. Januar 1880, Amtl. Samml. n. F. IV, 447) ; 4) durch die Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Italien vom 22. Juli 1868 (Amtl. Samml. IX, 680); siehe Erklärung vom 28. Januar 1879 (Amtl. Samml. n. F. IV, 103); 5) durch die Uebereinkunft zwischen der Schweiz und Deutschland vom 23. Mai 1881 (Amtl. Samml. n. F. V, 483), wonach die Bestimmungen der Uebereinkunft der Schweiz mit dem Norddeutschen Bunde vom 13. März 1869 (Amtl. Samml. IX, 919) mit einer unwesentlichen Modifikation aufrecht erhalten bleiben sollen.

Ein Entwurf zu einem Bundesgesez betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst wurde vom Handelsdepartement im Laufe des Jahres 1880 ausgearbeitet » und nebst einem Exposé der bezüglichen Motive den in der Angelegenheit interessirten Kreisen ini Anfange des Jahres 1881 zur Prüfung mitgetheilt. Es liefen in Folge dessen zahlreiche Berichte und Abänderungsvorschläge ein.

Dieselben wurden vom Handelsdepartement einer Expertenkommission zur Berathung und Begutachtung vorgelegt, welche aus folgenden Mitgliedern zusammengesezt war: Herr ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,, ,,

Leo Weber, Nationalrath, Solothurn, Pictet, Nationalrath, Genf, Bläsi, Bundesrichter, Lausanne, Professor Dr. Hilty, Bern, Professor Dr. A. v. Orelli, Zürich, Professor Eug. Rambert, Zürich, Stehlin-Burckhardt, Präsident des Schweiz. Maler- und Bildhauervereins, Basel, Munzinger, Musikdirektor, Bern, Alex. Koch, Architekt, Zürich, Schmid, Buchhändler, Bern, Jules Sandoz, Verlagsbuchhändler, Neuenburg.

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Die Kommission nahm in ihrer Sizung vom 2./3. Februar 1881 den Entwurf im Prinzip an, modifizirte und ergänzte ihn indessen in einzelnen, wenn auch nicht sehr wesentlichen Punkten.

Eine Petition der musikalischen Gesellschaften in Genf an das Handels- und Landwirthschaftsdepartement, welche einen Zusaz zu Art. 7, Ziffer 10, betreffend musikalische Aufführungen durch Liebhabergesellschaften, und eine solche der Kommission des_ Stadttheaters in Basel und Mitunterzeichnern an den Bundesrath welche einen Zusaz zu Art. 6 des Entwurfes (AI. 2, 3 und 4), bezüglich der Entrichtung der Gebühren für öffentliche Aufführungen literarischer oder musikalischer Werke an den Autor, wünschte, haben wir in Würdigung der von den Petenten vorgebrachten Gründe berüksichtigt.

Mit Botschaft vom 9. Dezember 1881 haben wir Ihnen soda.nn den Gesezentwurf in der von uns nach eingehender Berathung festgesezten Redaktion, sowie auch die Grundlagen und Motive desselben unterbreitet; der Gegenstand wurde von Ihnen noch nicht erledigt.

VIII. Versicherungswesen.

Die Kommission, welche von den beiden Depa.rtementen des Handels und der Justiz zur Vorberathung eines Bundesgesezes über die Versicherungsanstalten, soweit solche nicht vom Staate errichtet sind, ernannt wurde (siehe den Geschäftsbericht pro 1880), hat eine Subkommission, bestehend aus den Herren Bundesrichter Hans Weber, Professor Hermann Kinkelin und Direktor Widmer, ernannt, welche dem Departement hierauf Bericht und Antrag vorgelegt hat, dahin gehend, es sei für einstweilen von dem Erlaß eines einläßlichen Bundesgesezes betreffend die Aufsicht über die Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens, sowie von der Codiflkation des Versicherungsrechtes Umgang zu nehmen.

Dagegen seien interimistische Bestimmungen über die Vollziehung des Art. 34 der Bundesverfassung, soweit er die Aufsicht über das Versicherungswesen betrifft, zu erlassen.

Die weitere Behandlung des im Sinne dieses Antrages redigirten Entwurfes zu einer Verordnung, die bis zum Erlaß eioes einläßlichen Gesezes zur Anwendung kommen sollte, fällt nicht mehr ins Berichtjahr.

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IX. Forderung der Landwirtschaft im Allgemeinen und Beiträge an landwirtschaftliche Unternehmungen im Besondern.

1. Hebung der schweizerischen Pferdezucht.

Der Kredit von Fr. 24,000, welchen Sie uns für diesen Zweig der Landwirthschaft, wie in frühern Jahren, bewilligt haben, ist theils zur Unterhaltung des Fohlenhofes, theils zu Beiträgen an Prämien , die an Ausstellungen vertheilt wurden, hauptsächlich aber zur Subvention von Ankäufen von 3 x /a und 4 Vsjährigen, zur Zucht geeigneten Hengsten verwendet worden.

Was den F o h l e n h o f anbetrifft, so haben Sie, in Uebereinstimmung mit den Anträgen des Bundesrathes (Bundesblatt 1880, Bd. IV, S. 479), unterm 28. Juni 1881 beschlossen: 1. es sei von einer Vermehrung des Bestandes in demselben Umgang zu nehmen, und 2. die Aufhebung der Anstalt habe successive und mit thunlichster Beförderung zu erfolgen.

Dem ersten Dispositiv dieses Beschlusses ist voll Genüge geleistet worden, indem im Berichtsjahre keinerlei Ankäufe für den Fohlenhof gemacht wurden.

Was den Bestand desselben anbetrifft, so haben wir Ihnen folgende Mittheilung zu machen : Am 1. Januar 1881 waren noch fünf Fohlen, worunter zwei kastrirte, im Schazungswerthe von Fr. 5000 in der Anstalt; abgegeben wurden zwei Stük, nämlich ein Hengst im Februar zum Preise von Fr. 1750 unter den gewohnten Bedingungen in den Kanton Waadt und ein Wallach, welcher um den Preis von Fr. 1400 während der Schweiz, landwirtschaftlichen Ausstellung in Luzern verkauft wurde. Für die übrigen drei, welche ebenfalls in Luzern an eine Steigerung gebracht wurden, fanden sich keine Käufer. Es ist aber Aussicht vorhanden, daß dieselben in nächster Zeit abgegeben werden können. Der Unterhalt kostete Fr. 3984. 24.

Die rationelle Bewirtschaftung der Fohlenweide hat die Ertragsfähigkeit des Bodens wesentlich gesteigert. Im Laufe des Jahres sind 12,371 kg. Emd und Heu im Gesammtwerthe von Fr. 1231. 60 an die eidg. Regieanstalt abgegeben worden. Die Gesammteinnahmen betragen sonach zusammen mit dem Jahreskredit Fr. 28,381. 60. Hievon kamen zur Verwendung Fr. 13,561. 90

149 für Subvention der im Jahr 1881 angekauften Anglo-NormännerHengste, Fr. 1460 als Pachtzins für die Kalberweide in den Jahren 1880 und 1881, Fr. 1455. 95 für Verwaltungskosten.

In Bezug auf die fernere Verwendung des Fohlenhofes können wir Ihnen vorläufig nur mittheilen, daß es nicht thunlich erachtet wird, aus demselben eine Kuranstalt für eidgenössische Pferde zu machen. Es ist hiefür kein Erforderniß vorhanden, weil vom November bis April in der Regel keine Spitalgänger vorkommen und die Zahl der leztern selbst im Sommer selten mehr als 10 beträgt und sie dannzumal in den meist entvölkerten Regiestallungen, die für die Ueberwachung viel bet[uemer liegen als der Fohlenhof, hinlänglich Plaz finden. Ueberdies ließe sich ohne Umbau der Stallungen ein ordentlicher Pferdespital auf dem Fohlenhof nicht einrichten. Durch die Dislokation der Kuranden aller Waffenpläze müßte ferner dem Spital eine solche Ausdehnung gegeben werden, daß die Anstellung eines ständigen Spitalarztes nöthig würde.

Von der eidgenössischen Pferdezuchtkommission wird dagegen vorgeschlagen, den Fohlenhof zur Sommerung von 15 einjährigen Hengstfohlen zu benuzen. Die Prüfung dieses Projektes konnte im Berichtjahre nicht abgeschlossen werden.

Bis anhin haben die Kantone der Mittel- und Ostschweiz der Importation von Beschälern aus England und Norddeutschland den Vorzug vor derjenigen aus andern Ländern gegeben. Nachdem nun aber die anglo-normännischen Hengste immer mehr Anerkennung finden, sind uns im Berichtjahre Gesuche um Subvention des Ankaufs von solchen auch von Luzern, St. Gallen und Wallis und , wie in den lezten Jahren, wiederum von Bern und Waadt, im Ganzen für 13 Hengste, eingegangen. Mit dem Ankaufe beauftragten wir, wie in den Jahren 1879 und 1880, die Herren Oberst Wehrli in Zürich und die Stabspferdeärzte Müller in Tramelan und Combe in Orbe. Der Ankauf fand in der zweiten Hälfte des Monats Oktober in Caen und Umgebung (Département du Calvados) statt. Die Qualität der angekauften Thiere wurde allgemein günstig beurtheilt. Die Ankaufskosten, die Transport- und Expertenspesen beliefen sich im Ganzen auf Fr. 45,206. 40. Der Durchschnittspreis beträgt also Fr. 3477. 40 oder nach Abzug von 30 °/o Subvention Fr. 2434. 20, gegen Fr. 2666. 15 im Jahr 1880. Die Transport- und Expertenspesen kamen zusammen auf Fr. 4956. 40
oder per Pferd auf Fr. 381. 26, gegen Fr. 421. 66 im Vorjahr, zu stehen. Von diesen Hengsten kamen 6 in den Kanton Bern, l in den Kanton Waadt und je 2 in die Kantone Luzern, St. Gallen und Wallis. Fr. 3481. 42 mußten noch an die Ankäufe aus dem Jahr 1880 bezahlt werden und Fr. 3000 wurden dem Central-

150 kornite der schweizerischen landwirtschaftlichen Ausstellung in Luzern zu Prämien für die Pferde zur Verfügung gestellt. (S. unten Seite 45.) Fr. 278. 10 blieben unverwendet.

Wie in den frühern Jahren wurde auch im Berichtjahr dem Pferdezuchtverein der romanischen Schweiz eine Subvention verabfolgt , welche zu Prämien für die an einer Pferdeausstellung in Yverdon vorgeführten Mutterstuten und Fohlen verwendet wurde.

In Berüksichtigung der vorzüglichen Leistungen dieses Vereins und des Umstandes, daß die theilweise Liquidation des Fohlenhofes voraussehen ließ, daß der Kredit für Pferdezucht kaum vollständig werde erschöpft werden, und daß Unterstüzung von Ausstellungen veranstaltenden Pferdezuchtvereinen ausdrüklich unter den Verwendungsarten jenes Kredites in dem Bundesbeschluß vom 28. Juni 1881 aufgeführt wird, erhöhten wir die bisherige Subvention von Fr. 500 auf Fr. 800.

Wir lassen hier eine Uebersicht derjenigen Summen folgen, welche vom Bunde seit dem Beschlüsse vom Jahr 1868, betreffend Hebung der Pferdezucht, ausgegeben worden sind : 1868 .

.

. Fr. 54,268. 68 1869 .

.

. ,, 14,246. 05 1870 . ,, 302. 45 1871 .

.

. ,, 11,443. -- 1872 . ,, 18,391. 40 1873 .

.

. ,, 1,943. 65 1874 . ,, 23,964. 33 1875 .

.

. ,, 22,001. 21 1876 ,, 23,298. 11 1877 .

.

.. ,, 24,730. 1878 . ,, 24,000. 68 1879 . ,, 24,000. -- 1880 . ,, 24,000. -- 1881 ,, 24,895. 71 · Außer den im Februar 1877 in der Normandie gekauften und in Thun aufgezogenen1/24 Hengstfohlen sind seither 53 junge Hengste, meist im Alter von 3 Jahren, aus dem Département du Calvados in die Schweiz importirt worden. Davon wurde ein Fohlen wegen Hartschnaufens von der Zucht ausgeschlossen; die verbleibenden 56 jungen Hengste stehen in nachgenannten Kantonen: im Kanton Bern .

.

.

. 3 2 Stük ,, ,, Freiburg .

.

.

5 ,, ,, ,, Schaff hausen .

.

l ,, ,, ,, Waadt .

.

.

. 9 ,,

loi

i m Kanton Neuenburg ,,.

,, .Luzern .

,, ,, St. Gallen ,, ,, Wallis .

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

.

3 Stük 2 ,, 2 ,, 2 ,,

Ein prächtiger Hengst ist in Locle Ende des Jahres 1878 ani Apoplexie und im Sommer 1880 ein zweiter in Interlaken an Lungenentzündung zu Grunde gegangen ; ein dritter ist in Freiburg im Laufe des Jahres 1881 kastrirt worden.

Außer obigen anglo-normännischen Hengsten sind seit dem Jahr 1877 vier aus Norddeutschland mit Bundessubvention importirt worden, wovon einer im Kanton St. Gallen und drei im Kanton Basellandschaft stehen.

Zählen wir zu obgenannten 60 Beschälern noch 23 seit dem Jahr 1875 aus dem eidgenössischen Fohlenhof in verschiedene Kantono gekommene, theils englische, theils von solchen abstammende Beschäler, so durfte auf eine ganz ordentliche Verbesserung der Nachzucht a*gerechnet werden.

Der Grund, daß diese von Vielen gehegte Erwartung bis jezt nur in geringem Maße in Erfüllung gegangen ist, liegt zunächst in der geringen Qualität des weiblichen Zuchtmaterials, theilweise auch in mangelhafter Erziehung und Ernährung der Fohlen. Wir haben uns durch diese Wahrnehmungen veranlaßt gesehen , von Ihnen einen um Fr. 16,000 höhern Kredit zu verlangen, und gedenken, da die Begehren um Importation von Beschälern in Zukunft etwas nachlassen dürften, von dem Gesammtkredite von Fr. 40,000 etwa die Hälfte zur Verbesserung des weiblichen Zuchtmaterials durch Prämien zu verwenden.

2. Verbesserung der kleinen Rindviehschläge.

Wie für die Jahre 1879 und 1880 , haben Sie auch für das Berichtjahr für Verbesserung der kleinen Rindviehschläge uns einen Kredit von Fr. 3000 gewährt. Aber nur ein beschränkter Theil dieser Summe konnte Verwendung finden, wie sich aus dem Folgenden ergibt: a. O b e r h a s l i s c h l a g . In den Jahren 1879 und 1880 waren an die Prämien , die der Staat Bern an den Herbstviehschauen in Meiringen für ausgezeichnete Exemplare jenes Schlages ausgeworfen, je Fr. 400 beigetragen worden. Die bernische Viehzuchtkommission war nun im Jahre 1881 zu der Ansicht gelangt, daß das bisher befolgte System der Prämirung, resp. die Art und

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Weise der Verwendung der Bundessubvention in Form von Prämienaufbesserungen, nicht von demjenigen Erfolg begleitet gewesen sei, den man sich davon versprochen hatte oder glaubte versprechen zu dürfen, sondern daß praktischere Mittel ergriffen werden sollten.

Sie fand, daß der reine Oberhaslischlag in Folge des lebhaften Handels und Verkehrs in der Abnahme begriffen und größtenteils, in höherm oder geringerm Maße (zumeist mit Walliser Vieh), verbastardirt sei. Es wurde deßhalb die Anregung gemacht, den Bundesbeitrag als Zuschuß zu den Kosten eines Ankaufs von zwei bis drei passenden Zuchtstieren zu verwenden, welche unteigewissen,- von dea Uebernehmern einzugehenden Verpflichtungen an geeignete Orte und Stierhalter zu einem billigen Preise abzugeben wären. Die Ausführung dieses Vorhabens scheint auf Schwierigkeiten gestoßen zu sein, denn die bernische Direktion des Innern, der wir einen Bundesbeitrag von Fr. 600 zu dem gedachten Zweke in Aussicht gestellt hatten, war nur im Falle, eine Subvention von Fr. 100 zu verlangen, welche als Beitrag an die Ankaufssummeeines Zuchtstieres in 10 monatlichen Raten dem Uebernehmer verabfolgt wird.

b. G r a u b ü n d e n hatte im Jahr 1879 Fr. 796 und im Jahr 1880 Fr. 744 aus dem bezüglichen Kredit erhalten und dieseSummen zu Prämien an kantonalen und Bezirksviehausstellungen verwendet. Wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche mußte aber im Jahr 1881 von der Abhaltung der Ausstellungen in den sieben Bezirken, die an die Reihe kommen sollten, Umgang genommen werden. Die Regierung dieses Kantons richtete in Folge dessen das Gesuch hieher, es möchte derjenige Theil des Bundesbeitrages zur Prämirung der Bergviehschläge, welcher im Berichtjahr nicht zu Gunsten der bündnerischen Viehzucht zur Verwendung habe kommen können, für das nächste Jahr reservirt werden.

Wir konnten dem Gesuche, da solche Kreditübertragungen nicht gestattet sind, nicht entsprechen. Dagegen versprachen wir, in der Voraussezung, daß die Bundesversammlung die bisherige Subvention pro 1882 gewähre, es zu ermöglichen zu suchen, daß die sieben Bezirke im nächsten Jahr etwas ausgiebiger bedacht werden-,, als bisher.

Indem Sie den in das Budget pro 1882 aufgenommenen Kredit von Fr. 20,000 für Hebung der Viehzucht im Allgemeinen auch in dem Sinne gewährten, daß ein Theil davon zur Verbesserung der kleinen Rindviehschläge verwendet werden solle, wird es möglich , dem Begehren Graubündens im Jahre 1882 zu entsprechen.

153 e. In den Jahren 1879 und 1880 haben die Kantone U r i und T e s s i n darauf verzichtet, in den Mitgenuß jener Bundessubvention gesezt zu werden. Im Jahr 1881 aber stellte der landwirthschaftliche Verein von Elenio bei uns das Gesuch um einen Beitrag für Prämien an Besizer ausgezeichneter Exemplare des kleinen Rindviehschlages. Das Vieh des Bleuiothales ist eine Abart der Schwyzer Race und zeichnet sich insbesondere durch seine Milchergiebigkeit aus. Da unsere Expertenkommission schon im März 1879 das Vorkommen dieser Schläge auch im Kanton Tessin festgestellt hatte, sagten wir einen Beitrag zu.

Der Verein stellte für die Ausrichtung von Prämien folgende Bedingungen auf: 1) Prämirt sollen werden: die Zuchtstiere der kleinen braunen Race, welche im Bleniothale heimisch ist.

Berüksichtigung sollen Exemplare finden, die von möglichst vollkommenen Formen und geeignet sind, eine milchergiebige Race zu produziren.

2) Die Empfänger der Prämien sind verpflichtet, die Stiere während der Monate Januar bis Juli im Bleniothale zur Zucht zu verwenden. Kein Thier darf zweimal prämirt werden.

3) Die Höhe der Prämien beträgt Fr. 30--40.

Der Verein vertheilte im Ganzen Fr. 140, woran wir Fr. 50 beitrugen. Wir hätten gerne einen höhern Beitrag geleistet, wenn von Seite des Vereins oder des Kantons ein Mehreres geschehen wäre. Wir glaubten aber auch hier an dem Grundsaze festhalten zu sollen, daß die Bundessubvention nur einen Theil (etwa Vs) der Gesammtprämien bilde.

C

Nachdem ein Anfang auch hier gemacht worden, konnte bereits für das nächste Jahr eine erheblichere Unterstüzung in Aussicht genommen werden.

d. Der Regierung des Kantons W a 11 i s wurde wiederum zur Hebung und Verbesserung der Eringer Race ein Beitrag von Fr. 750 gewährt. Derselbe fand seine Verwendung wie im vorigen Jahre. Wir verweisen deßhalb auf unsern bezüglichen Bericht (Bundesblatt 1881, II, 32), sowie auf denjenigen unseres Experten, Herrn Direktor Schatzmann in Lausanne, der zu dem Schlüsse kommt, daß eine weitere Unterstüzung der begonnenen Bestrebung so wünschenswerth als nothwendig sei. Im Allgemeinen empfiehlt er eine bessere Ausscheidung der Racen, eine Umgestaltung der Behandlung des Viehes überhaupt, namentlich die Errichtung von

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bessern Stallungen auf den rauhen Alpen , da sowohl im Wallis als im Oberhasli die Viehzüchter die Thiere allen Unbilden der Witterung ausgesezt lassen. Nur hievon und von einer bessern Auswahl der Zuchtthiere verspricht er sich einen Erfolg der Bestrebungen des Bundes und der Kantone. Gegenüber den geäußerten Zweifeln in die Ersprießlichkeit der bisherigen Unterstüzungeu macht er mit Recht geltend, daß es unbillig sei, nach Verlauf von zwei oder drei Jahren die vollendete Umgestaltung und gewünschte Verbesserung zu erwarten. Von einem solchen Erfolg könne erst in etwa zehn Jahren die Rede sein.

Unverwendet blieben von diesem Kredite Fr. 1717. 35.

3. Landwirtschaftliche Vereine.

Für das Jahr 1881 haben Sie denselben folgende Beiträge bewilligt : 1. Dem schweizerischen Obst- und Weinbauverein : a. Für Weinanalysen Fr. 600 b. Für Förderung des schweizerischen Obst- und Weinbaues .

. ,, 1,500 rein für die alpen2. Dem alpenwirthschaftlicher .

.

. ,, 6,000 wirtschaftliche Versuchsstationi 3. Dem schweizerischen landwirt- für Abhaltung von Wandervorträgen schaftlichen Verein ·n 4,000 und Verbreitung 4. Dem landwirthschaftl. Verein landwirthschaftl.

der romanischen Schweiz Drukschriften n 2,000 Total

Fr. 14,100

l. Zufolge dem Jahresberichte des s c h w e i z e r i s c h e n Obstu n d W e i n b a u v e r e i n s hat lezterer im verflossenen Jahre über Fr. 5000 ausgegeben und zwar für Förderung des Obst- und Weinbaues, Weinanalysen, für seine trefflich redigirte, populäre Belehrungen mannigfaltiger Art enthaltende Monatsschrift u. A. m. Als Hauptleistung des Vereins wird die unentgeltliche Abgabe von Pfropfreisern vorzüglicher Sorten erwähnt. Auf den Stationen Solothurn, Bümpliz, Aarau, Strickhof, Schaffhausen, Flawyl und Malans wurden 38,750 Stük abgegeben und hiefür die Summe von Fr. 828. 50 verwendet. Es verdient dieses Bestreben des Obst- und Weinbauvereins, die Lust und Freude an der Obstbaumzucht zu weken und zu fördern, die größte Anerkennung. Der Obstbau bildet eine einträgliche Nebenbeschäftigung der Landwirthe. Für Verbesserungen verschiedener Art bildet die Obstbaumzucht ein weites Feld und

155 die Thätigkeit auf demselben kann unter den bestehenden Verhältnissen, namentlich wegen des großen Bedarfs an Obst in den von den Fremden besuchten Gegenden, eine ungemein lohnende werden.

Ein ferneres, von diesem Verein und der agrikultur-chemischeu Untersuchungsstation am eidgenössischen Polytechnikum geleitetes Unternehmen bilden die Analysen realer Schweizerweiue. Im Berichtsjahre wurden die Weine des Kantons Waadt vollständig untersucht, die Analysen derjenigen aus den Kantonen Bern, St. Gallen, Zürich und Thurgau befördert, auch die Untersuchung der Walliserweine ist dem Abschlüsse nahe. Ein Gesammtbericht über dieses Unternehmen wird zu Händen der Subvenienten in Aussicht gestellt.

Näheres hierüber enthält der Geschäftsbericht pro 1880 (Bundesblatt 1881, Bd. II, 8. 35) und namentlich die Botschaft zum Budget pro 1880 (Bundesblatt 1879, Bd. ffl, S. 564).

Das pomologische Bilderwerk, für das der Bund bis zum Jahr 1880 eine Subvention von Fr. 14,100 ausgeworfen, ist nunmehr soweit vorgerükt, daß eine Subskription auf den zweiten Band, umfassend Kern- und Steinobst und Trauben, bereits eröffnet werden konnte.

2, Der seh w e i z e r i s c h e al p en w i r t s c h a f t l i c h e V e r e i n hat im Berichtsjahr Fr. 10,541. 27 ausgegeben. An dieser Ausgabe partizipiren die allgemeinen Kosten der Milchversuchsstatiou in Lausanne mit Fr. 2500, die Anschaffung von Geräthen, Unterrichtsmitteln. Literatur etc. mit Fr. 1159. 25; die Verbreitung populärer Schriften alp- oder milchwirthschaftlichen Inhalts mit Fr. 1817. 70, Ausgaben für praktische Verbesserung und für Prämien für Milchund Alpenwirthschaft mit Fr. 750 etc. Wandervorträge ließ dieser Verein 32 und öffentliche und private Kurse über Alp- und Milchwirthschaft 5 abhalten. Der Bericht dieses Vereins hebt namentlich den großen Nuzen der Wandervorträge als eines vorzüglichen, Jedermann leicht und ohne viel Kosten und Zeitaufwand zugänglichen Bildungsmittels hervor. Daneben wurden von dem Vereine auch noch verschiedene Untersuchungen, welche Abstellung von Uebelständen in der Bewirtschaftung der Alpen und in der Herstellung von Milchprodukten bezwekten, durchgeführt. Der Jahresbericht konstatirt auch, daß auf dem Gebiete der Milchwirthschaft unverkennbar eine Besserung eingetreten sei, indem die Einfuhr von Milchprodukten ab-, dagegen die
Ausfuhr zugenommen habe.

3. Der seh w e i z e r i s c h e l a n d w i r t s c h a f t l i c h e V e r e i n hat im verflossenen Jahre eine sehr rege Thätigkeit entfaltet. In zwei Jahresversammlungen behandelte er die landwirthsehaftliche

156

Bildungsfrage, die Reorganisation des Vereins und die Statutenrevision, die schweizerische landwirtschaftliche Ausstellung etc. In Betreff des landwirtschaftlichen Bildungswesens ist er zu bestimmten Vorschlägen noch nicht gelaugt. Die Ansichten über diesen Gegenstand gehen noch sehr weit auseinander, und es wird derselbe auch noch fernerhin auf den Traktanden des Vereines bleiben.

Was das Heerdebuch anbetrifft, so wurde im Frühling 1881 im Kanton Graubünden die zweite Aufnahme vorgenommen und der zweite Band des Heerdebuchbülletins herausgegeben. Eine weitere Aufnahme von Thieren fand an der schweizerischen landwirthschaftlichen Ausstellung in Luzern statt und es bleibt nun das Heerdebuch bis zur nächsten schweizerischen Viehausstellung geschlossen.

Eingetragen sind bis jezt von der Flekviehrace 260 Bullen, 1229 Kühe und Rinder, . _. ,, Braunviehrace 321 ,, 2093 ,, ., ,, Total zusammen 3903 Stük.

581 Bullen, 3322 Kühe und Rinder,

Wandervorträge ließen dieser Verein und seine Sektionen im Ganzen 413 in verschiedenen Kantonen abhalten. Unter den behandelten Themen werden folgende aufgezählt: Ueber die allgemeine Lage der schweizerischen Landwirtschaft, Zollverhältnisse und Handelsverträge, Groß- und Kleinviehzucht, Marktwesen, Währschaft gegen Hauptmängel beim Rindvieh, Vieh Versicherung, Anlage von Kunstwiesen, Branntweinfrage, Futterbau, Düngerlehre, Kraftfuttermittel, Lebensmittelfälschung, Gesundheitslehre etc. Auch hier wird konstatirt, daß das Institut der Wandervorträge beginnt, der landwirthschaftlichen Bevölkerung immer mehr und mehr zuzusagen und daß eine fernere Unterstüzung der Bestrebungen des Vereins auf diesem Gebiete empfohlen werden könne. Dieser Verein unterhält auch eine ausgezeichnete landwirtschaftliche Zeitschrift; obwohl dieselbe reichhaltigen Inhalts ist und von Fachkennern ersten Ranges mit gediegenen Arbeiten bedacht wird, erleidet der Verein dennoch alljährlich wegen der geringen Abonnentenzahl eine erhebliche Einbuße, kann sich aber nichts desto weniger und aus anerkennenswerthen Gründen nicht dazu entschließen, dieselbe eingehen zu lassen.

4. Der l a n d w i r t s c h a f t l i c h e Ve r ein d e r r o m a n i s c h e n S c h w e i z hat ebenfalls seine Hauptaufmerksamkeit den Wandervertragen zugewendet und dafür die Summe von Fr. 1276 ausgegeben. Im Berichtsjahre fand eine vollständige Reorganisation dieses Vereines statt. Es umfaßt derselbe nunmehr unter dem Titel ,,Fédération des sociétés d'agriculture de la Suisse romande11 die

157

landwirtschaftlichen Vereine der Kantone Freiburg, Waadt, Wallis, Genf, Neuenburg und des bernischen Jura mit einer Mitgliederzahl von 4--5000.

5. Fernere auf die Landwirtschaft sich beziehende Geschäfte: a. Land wirthschaftliche Ausstellung in L u z e r n .

Für dieses Unternehmen haben Sie einen Beitrag von Fr. 70,000 bewilligt. Die außerordentlich starke Betheiligung der schweizerischen Landwirthe und Viehzüchter an dieser Ausstellung sowohl, als die Qualität der ausgestellten Gegenstände hatten zur Folge, daß das Preisgericht mit der ihm zur Prämirung der Pferde und des Rindviehes zur Verfügung gestellten Summe nicht auszukommen erklärte.

Nach Prüfung der bezüglichen Verhältnisse gewährten wir dem Centralkomite eine fernere Subsidie von Fr. 7000, von welcher Summe Fr. 3000 aus dem Kredite für Pferdezucht genommen wurden.

Für die übrigen Fr. 4000 haben Sie uns unterm 17. Dezember 1881 (A. S., n. F., V, 902) einen Nachtragskredit bewilligt. Bei Abschluß dieses Berichtes waren uns noch keine offiziellen Mittheilungen über den Verlauf der Ausstellung eingegangen. Wir werden aber nicht ermangeln, Ihnen den Generalbericht mitzutheilen. Vorläufig erwähnen wir noch, daß das Unternehmen mit einem Defizit von Fr. 47,000 abgeschlossen hat, wovon durch Einzahlung der Hälfte des Garantieaktienkapitals Fr. 18,700 gedekt sind, so daß sich das ungedekte Defizit auf Fr. 28,300 beläuft. Das Ceutralkomite ist mit einem Gesuche um Dekung dieses Defizits bei uns eingekommen.

Im Berichtsjahr ist die Angelegenheit nicht mehr behandelt worden.

b. Als fernere Unterstüzung der Landwirtschaft führen wir auf einen Beitrag von Fr. 350 an die Kosten eines K u r s e s in l a n d w i r t s c h a f t l i c h e r B u c h f ü h r u n g . Derselbe wurde am eidgenössischen Polytechnikum unter Leitung des Herrn Professors Dr. Krämer abgehalten und von 28 Theilnehmern aus verschiedenen Ständen (Landwirthen, Lehrern und Schülern an der landwirtschaftlichen Abtheilung) besucht. Von Seite der Fachkenner wurde dem Kurse alle Anerkennung zu Theil und die Anregung gemacht, es möchten in der Zukunft solche und ähnliche Kurse wiederholt werden.

c. Eine Subsidie von Fr. 250 wurde der Société helvétique d'horticulture in Genf zur Abhaltung einer G a r t e n b a u a u s s t e l l u n g in G e n f gewährt. Es leiteten uns bei dieser
Unterstüzung dieselben Motive, die wir bereits in unserm Berichte pro 1880 (Bundesblatt 1881, Bd. II, S. 37) mit Bezug auf die Gartenbauausstellung in Lausanne angeführt haben.

158

d. Eine Kantonsregierung lenkte die Aufmerksamkeit des Bundesrathes auf die großen Erfolge, welche in Frankreich mit dem Anbau der aus China importirten Faserpflanze, genannt R a m e h erzielt worden, und theilte mit, daß durch das französische Akerbauministerium Samen dieser Pflanze zu beziehen seien. Da eine Anzahl Landwirthe des betreffenden Kantons sich geneigt erklärte, die Kultur jener Pflanze zu versuchen, wandten wir uns durch das Mittel der schweizerischen Gesandtschaft in Paris an die französische Regierung, um eine Quantität Samen der Rameh zu erlangen. Das französische Ministerium war nun aber- nicht im Falle, dem Gesuche zu entsprechen, machte uns indessen nähere Mittheilung über den Anbau, die Bezugsquellen und die verschiedene Verwendung der Pflanze.

Auch brachten wir in Erfahrung, daß ein Landwirth im Kanton Waadt bereits Versuche mit dem Anbau der Pflanze angestellt habe.

e. Erwähnenswerth mag noch scheinen, daß wir in Folge Anregung einer Kantonsregierung Untersuchungen darüber veranstalteten, ob die von einem französischen Reisenden Lecart in Sudan entdekte Rebe sich in die Schweiz einführen ließe.

f. Von einem Schweizer in Kansas wurden uns Samen einer daselbst vorkommenden und, wie gerühmt wurde, reichlichen Ertrag gewährenden Rebe eingesandt. Wir haben denselben behufs Anstellung von Versuchen der eidgenössischen Samcnkontrolstation Übermacht, welche nicht ermangeln wird, uns seiner Zeit über die Resultate Bericht zu erstatten.

X. Viehseuchenpolizei.

A. Allgemeines.

Der Stand der Viehseuchen während des Jahres 1881 ist aus nachfolgender Zusammenstellung der zur Anzeige gebrachten Fälle von Maul- und Klauenseuche und Lungenseuche ersichtlich. Es ergibt sich darnach, daß die meist verbreitete Epizootie, wie in den lezten Jahren, die Maul- und Klauenseuche war. 2338 Ställe und Weiden waren durch diese Thierkrankheit im Jahr 1881 infizirt gegen 410 im Jahr 1880; Fälle von Lungenseuche wurden 21 gegen 38 im Jahr 1880 konstatirt. Daneben kamen noch zur Anzeige 90 Fälle von Milzbrand, 25 Fälle von Roz, 9 Fälle von Rothlauf bei Schweinen und 8 Wuthf'älle. Ob in Wirklichkeit nicht mehr Fälle von Wuth vorgekommen, dürfte bezweifelt werden. Verschont war die Schweiz von Maul- und Klauenseuche während keines Monats des verflossenen Jahres. Wie immer waren es auch im Beriehtjahre zumeist die Grenzkantone, welche davon betroffen wurden : Bern, Solothurn, Graubünden, Tessin, Waadt, Wal lis und Genf.

Januar.

Kantone.

Ställe.

. . . . . . .

TTri U II

·

·

1 .

·

Mai.

April.

März.

Juni.

MaulMaulMaulMaulMaulMaulLungen- und Lungen- 'und Lungenund Lungen- und Lungen- und Luhgen- und KlauenKlauenKlauenseuche. Klauen- seuche.

seuche.

seuche. Klauen- seuche. Klauenseuche.

seuche.

seuche.

seuche.

seuche.

seuche.

seuche.

2 uri eli Bern Luz6rn »

Februar.

.

*

*

Ställe.

1

Ställe.

6 9

Stilile.

Ställe.

Ställe.

1

6 6

16 2

12

2 8

Ställe.

Stalle.

Ställe.

5

Ställe.

1

Stalle.

Ställe.

1

39 3

2

15 2

6 2

n Total.

Ställe.

4 73 22

*

oCiiwyz . . . . . . .

Unterwaiden ob dem Wald Unterwalden nid dem Wald GrläTUS Ziio^"g,

Solothurn Basel-Stadt i Basel-Landschaft . . . .

Schaff hau s 6D.

Appenzell A. Kh. . . .

Appenzell 1. Rh Ci

rtollpn

Graubünden Aarffan Thurgau .

5 --

1

--

2 2

--

18

--

--

--

Ï i

1

. .

64 13

Waadt Wallis

4

7 1

6

101

8

8

1 6

17 17

13 12

11 4

12

24

10 34 14

1 --

2 6 14 90

2 3 1

2

65

64 3 34 4 2

3 4 --

65

2

134

1

118

1 88 18 1 131 110 29 19 21 592

i

159

2

Genf Total

ü;

47

August.

Juli.

Kantone.

September.

Oktober.

November.

Dezember.

MaulHaulMaulMaulMaulMaulLungen- und Lungen- und Lungen- und Lungen- und LuDgen- und Lungen- und seuche. Klauen- seuche. Klauen- seuche. Klauen- seuche. Klauen- seuche. Klauen- seuche. Klauenseuche.

seuche.

seuche.

seuche.

seuche.

seuche.

Stulle.

Ställe.

--

8 2

Stalle.

Ställe.

Ställe.

Ställe.

Ställe.

Ställe.

Ställe.

Ställe.

--

12

Ställe.

Ställe.

y, iir i p h

Bern Tiri

--

8 1

-- --

--

--

--

3 1

Total.

Ställe.

4

104 26

Soll WV7

Unter walden ob dem Wald Unter waiden nid dem Wald 7., ff TÏ*i*ftîHii T ff

Solotburn Basel-Stadt Basel-Landschaft . . . .

Schaffhausen Appenzell A. Rh. . . .

Appenzell L Rh St. Gallen Graubünden Thurgau Tessin Waadt . . . .

Wallis Neuenburg

1 --

--

--

--

654

--

.

--

74 6 1

1

--

--

--

550

88 --

154 15

--

13

--

187

--

1 2

--

4

--

2 3 34

15

86 --

--

--

-- 1

--

160

--

746

l

728 --

19

--

6 1

Ï9 1

fi-pnf

Total

--

54

1

31

19 49 9 2

1 1392 19 1 135 492 51 33 22

2359

161 Nach den eingelangten Berichten sind von jeglicher Viehseuche während des Jahres verschont geblieben die Kantone: Uri, Schwyz, Unterwaiden, Glarus, Zug, Schaffhausen und Appenzell.

Die Thatsachen bestätigen von Neuem, daß in fast allen Fällen die Infektion von außen in die Schweiz hineinkam und zwar höchst selten über die nördliche und nordöstliche Seite, häufiger über die west- und südwestliche Grenze, am öftesten über die südliche und südöstliche Seite. Am heftigsten wurde der Kanton Graubünden mitgenommen, wo die Seuche vom Monat Juni bis Ende September in großer Ausdehnung herrschte. Es wurde mit ziemlicher Sicherheit angenommen, daß die Krankheit in diesen Kanton durch italienisches Sömmerungsvieh, meist Bergamaskerschafe, eingeschleppt worden sei. Einen relativ günstigen Stand der Seuchen wiesen nur die Berichte aus den Monaten März, April, Oktober, November und Dezember auf. Auf den Alpen ist die Maul- und Klauenseuche in 457 Fällen aufgetreten.

Indessen war die Schweiz keineswegs schlimmer daran, als die Nachbarländer. Je reger der Verkehr mit diesen ist, desto mehr ist natürlich auch der schweizerische Viehstand der Infektion ausgesezt. Die Maul- und Klauenseuche herrschte in den französischen Grenzgebieten, im Elsaß, in Baden, Wurtemberg, Bayern, Tyrol und Vorarlberg und in Italien in theilweise gleicher, theilweise stärkerer Ausdehnung als in der Schweiz.

Lezteres ist namentlich in Bezug auf Italien der Fall, wo auch nur wenig zur Unterdrükung der Seuche und zur Verhinderung der Ausbreitung derselben gethan zu werden scheint. In fernem Ländern, wie in Niederösterreich, Schlesien und Rußland, herrschte zu Zeiten auch die Rinderpest, von der glüklicherweise unser Land seit Jahren befreit geblieben ist.

Von den Maßnahmen, zu denen uns der Stand der Seuchen im Inlande und in den Nachbarländern Veranlassung gegeben hat, erwähnen wir folgende : 6. Im Innern.

1. Unterm 9. Oktober 1880 hatten wir wegen der Ausdehnung, die die Maul- und Klauenseuche in einer Reihe von Kantonen erlangt hatte, die Giltigkeitsdauer der Gesundheitsscheine für Rindvieh, Schafe, Ziegen und Schweine von 8 Tagen auf 3 Tage reduzirt. Als sich im Frühjahr der Stand der Seuchen in dei- Ostschweiz gebessert hatte, stellten die Regierungen der Kantone Thurgau, Schaff hausen, Appenzell A. Rh. und St. Gallen das GeBundesblatt. 34. Jahrg. Bd. II.

11

162 such, es möchte für die nordöstliche Schweiz jene Dauer wieder auf 8 Tage erhöht werden. Begründet wurde das Gesuch außer mit dem allgemeinen Stand der Seuchen auch damit, daß die reduzirte Frist der landwirtschaftlichen Bevölkerung bedeutende Verkehrsbelästigungen und Kosten verursache. So wünschenswerth es nun auch schien, den Zeitpunkt abzuwarten, wo die Giltigkeitsdauer der Viehscheine für die ganze Schweiz einheitlich geregelt werden könnte, glaubten wir dennoch dem Gesuche entsprechen zu sollen, weil es unbillig gewesen wäre, die reduzirte Dauer für diejenigen Gegenden aufrecht zu erhalten, in denen die Maul- und Klauenseuche in der lezten Zeit nicht vorgekommen war. Wir beschlossen am 10. Mai, es sei die Giltigkeitsdauer der Viehgesundheitsscheine wieder auf 8 Tage zu erhöhen. Nur für den Viehverkehr in den Kantonen Solothurn, Graubünden, Tessin, Waadt und in den bernischen Amtsbezirken Wangen und Laufen wurde die reduzirte Dauer beibehalten. Unterm 20. August konnte die erhöhte Dauer auch für den Verkehr in den Kantonen Bern, Solothurn und Tessin gestattet werden.

2. Unterm 9. November 1880 hatten wir uns durch die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche in den an die Schweiz stoßenden Gebieten Frankreichs veranlaßt gesehen, sämmtlichen Zollstationen an der französisch-schweizerischen Grenze Weisung ertheilen zu lassen, die Einfuhr von Rindvieh nur da zu gestatten, wo von den betreffenden Kantonen für zuverläßige und ausreichende thi e r ä r z t l i e h e Untersuchung gesorgt ist. Unterm 5. Mai 1. J.

konnte dieser Beschluß infolge eingetretener Besserung im Gesundheitszustand des Rindviehs in den französischen Grenzdistrikten wieder außer Kraft gesezt werden.

3. Der Regierungsrath des Kantons St. Gallen glaubte im Monat August gegen Graubünden Viehsperre verhängen zu sollen.

Wir versagten jedoch der Maßregel unsere Genehmigung, weil Erschwerungen des interkantonalen Verkehrs nur in den allerdringlichsten Fällen gestattet werden dürfen und von der Maul- und Klauenseuche, deren Verlauf in der Regel ein gutartiger ist, nicht behauptet werden kann, daß sie solche ausnahmsweise Maßregeln rechtfertige. Ueberdies war von den bündnerischen Behörden alles gethan worden, um eine Weiterverbreitung der Seuche zu verhindern.

Bald nach dem Ausbruch der Seuche haben sie die Ausfuhr von Klauenvieh
aus den infizirten Bezirken des Gänzlichen verboten, so daß jede Gefahr der Einsehleppung der Seuche in den Kanton St. Gallen als beseitigt erschien.

Ein gleiches Verlangen hatte Uri gestellt. Wir konnten nicht anders als denselben Bescheid ertheilen.

163

C. Internationale Beziehungen.

Sperren.

1. Im September 1880 hatte der Staatsrath des Kantons Wallis gegen Savoy en Viehsperre erhoben, weil in Taninge die Maul- und Klauenseuche eine große Ausdehnung erlangt hatte.

Wir hatten mit Beschluß vom 18. Dezember diese Maßregel genehmigt. In Folge Eingangs günstiger Berichte konnte diese Sperre am 18. Januar 1881 wieder aufgehoben werden.

2. Unterm 3. Januar 1881 theilte Wallis mit, daß es wegen Ausbruchs der Lungenseuche im Aostathal die Einfuhr von Rindvieh aus Italien über den Simplen verboten habe. Da sich aus den Berichten, welche wir einzogen, ergab, daß der Gesundheitszustand des Viehs in Oberitalien kein beunruhigender sei und die als Lungenseuche signalisirte Krankheit sich als Maul- und Klauenseuche erwies, versagten wir mit Beschluß vom 28. Januar 1881 der Sperre unsere Genehmigung.

3. Im August ersuchte der Staatsrath des Kantons Wallis, es möchte mit Rüksicht auf die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche im Ossolathale und im Kanton Waadt der Bundesrath die Einfuhr von Vieh aus jenem Thaïe verbieten und Wallis selbst gestatten, gegen Waadt Viehsperre anzuheben.

Da den italienischen Viehseuchenbülletins in der That zu ersehen war, daß die Maul- und Klauenseuche in Italien weit verbreitet war und übrigens ' bekannt ist, daß Italien keine energischen Maßregeln behufs Verhinderung einer Verschleppung dieser Seuche trifft, so entsprachen wir dem Gesuche der Walliser Regierung, soweit sich dasselbe auf das Ossolathal bezog. Dagegen versagten wir mit Beschluß vom 16. desselben Monats Wallis die Ermächtigung zur Anhebung einer Sperre gegen Waadt. Allerdings waren um jene Zeit in diesem Kanton 9 Ställe und 65 Weiden von der Maul- und Klauenseuche infizirt. Da aber das Bundesgesez vom 8. November 1872 am Seuchenherde die Anwendung so strenger Maßregeln vorschreibt, daß Erschwerungen des Verkehrs an den Kantonsgrenzen unnüthig erscheinen und durch Sequestrirung sämmtlichen im Kanton Waadt erkrankten Viehes volle Garantie gegen Verschleppung gegeben war, fanden wir, es wäre eine Sperre gegen Waadt ungerechtfertigt.

Unterm 30. September konnte dann auch wegen Erlöschens der Maul- und Klauenseuche im Ossolathale die Viehsperre gegen dasselbe wieder aufgehoben werden.

164 4. Zu Ende des Monats Juni theilte der Sanitätsrath des Kantons Graubünden mit, daß durch italienische Schafherden die Maulund Klauenseuche in verschiedenen Gegenden des Kantons eingeschleppt worden sei und, daß er daher die Einfuhr von Vieh über die Stationen Splügen, Castasegna, Campocologno und Zernez verboten habe, und suchte um Genehmigung der Maßregel nach. Der Sanitätsrath wurde darauf aufmerksam gemacht, daß das Bundesgesez betreffend polizeiliche Maßnahmen gegen Viehseuchen die Anhebung einer Grenzsperre wegen Maul- und Klauenseuche nicht vorsehe , sondern höchstens eine achttägige Quarantäne für das einzuführende Vieh. Der Sanitätsrath glaubte jedoch, die Quarantäne biete keine genügende Garantie gegen die fernere Einschleppung der Seuche, weßhalb er nochmals um Genehmigung der Maßregel ersuchte. In Folge dessen trugen wir Bedenken, eine Maßnahme aufzuheben, von der sich die bündnerischen Behörden eine Abnahme des Uebels versprachen. Unterm 6. Juli theilte der Sanitätsrath mit, daß er den Viehverkehr über die Grenzorte Zernez, Campocologno und Castasegna wieder gestattet und nur die Einfuhr über den Splügen verboten habe. Dieser Maßregel, weil nicht eine absolute Grenzsperre involvirend, ertheilten wir auch unterm 9. desselben Monats unsere Genehmigung.

5. Die große Ausdehnung, welche die Maul- und Klauenseuche in den Kantonen Graubünden und Tessin im Laufe des Sommers erlangt hatte, der Umstand, daß alle Anzeichen darauf hinwiesen, daß die Seuche durch italienisches Sömmerungsvieh eingeschleppt worden sei, veranlaßten uns, die Maßnahmen in Erwägung zuziehen, welche geeignet sein könnten, einer Wiederholung der Einschleppung jener den Besizstand unserer Viehzüchter in hohem Grade entwerthenden Seuche vorzubeugen.

Wohl ist im bezüglichen Bundesgesez eine strenge an der Grenze vorzunehmende Untersuchung des einzuführenden Viehes vorgesehen und in gewöhnlichen Zeiten ist dieselbe auch ausreichend , nicht aber wenn in Italien die Maul- und Klauenseuche in größerer Ausdehnung herrscht. Denn wenn auch in einer Heerde des auf die hierseitigen Alpen einzutreibenden Sömmerungsviehs bereits eine größere oder geringere Anzahl erkrankter Thiere sich befindet, der Eintrieb aber während der Inkubationszeit erfolgt, so kann auch die genaueste Untersuchung keine Symptome der Krankheit finden;
zudem kommt es vor, daß kranke Thiere vor dem Uebertritt auf Schweizergebiet ausgesondert werden und die übrige Heerde mit Gesundheitsscheinen nach der Grenze instradirt wird.

165 Als ferneres im Bundesgesez betreffend Maßregeln gegen Viehseuchen/Art. 24, Alinea 3, vorgesehenes Mittel, der Gefahr der Einschleppung der Maul- und Klauenseuche vorzubeugen, stellt sich die Quarantäne dar. Die gegebenen Verhältnisse aber machen dieselbe für den Eintrieb italienischen Viehes an der südöstlichen Grenze fast unmöglich. In der That, wenn man bedenkt, daß der Eintrieb von ungefähr 40,000 Schafen in der Zeit von 10--14 Tagen vor sich geht, daß die Haupteingangsstellen Campocologno, Castasegna und Splügenberg sind, so ist ersichtlich, daß eine Quarantäne so großer Massen an den genannten Orten nicht leicht durchführbar ist, indem es sowohl an geeigneten Räumlichkeiten als an Futter gebrechen würde, abgesehen davon, d a ß , wenn auch nur eine Heerde seuchenkrank wäre, sofort die ganze nachrükende Menge und der Weideplaz selber als verdächtig behandelt werden müßten.

Es scheint auch, daß die italienischen Behörden die Maul- und Klauenseuche viel weniger streng behandeln, als dies bei uns geschieht, sei es, weil dieselbe in dem milden südlichen Klima günstiger verläuft, sei es aus irgend einem andern Grunde.

Wir beauftragten daher und in Folge einer Anregung der Regierung des Kantons Graubünden die schweizerische Gesandtschaft in Rom, die italienische Regierung anzufragen, welche Maßnahmen sie gegen eine Einschleppung der Seuche durch auf schweizerische Alpen zu treibendes Sömmerungsvieh zu ergreifen geneigt sei, eventuell ob sie zu einem Abkommen behufs Ergreifens gemeinsamer Maßregeln die Hand bieten würde. Ein Entgegenkommen dürfte um so eher erwartet werden, als es sich dabei nicht allein um schweizerische Interessen, sondern auch um eine Angelegenheit handelt, die für die oberitalienische Schafzucht, deren Gedeihen hauptsächlich von der Möglichkeit abhängt, die Schafe auf schweizerischen Alpen zu sommern, von größter Bedeutung ist.

6. Wegen Ausbruchs der Rinderpest in der preußischen Provinz Schlesien und in einigen Ortschaften Niederösterreichs erließ die französische Regierung durch Dekret vorn 21. Dezember 1881 ein Verbot der Vieheinfuhr aus Deutschland, Oesterreich-Ungarn und Luxemburg. Unter den geschlossenen Zollstationen befanden sich auch Bellegarde, Pontarlier und Delle. Da weitaus die meisten Thiere aus der Schweiz nach Frankreich über diese Bureaux ausgeführt werden,
so kam die Maßregel nahezu einer vollendeten Viehsperre gegen die Schweiz gleich. Der Gesundheitszustand des Viehs in der Schweiz, der um diese Zeit durchaus normal war, rechtfertigte eine Sperre nicht. Wir erhoben daher energische Vorstellungen dagegen, indem wir geltend machten, daß aus den von der Rinderpest heimgesuchten Gegenden kein Vieh in die Schweiz

166 eingeführt werde und keines aus denselben die Schweiz transitare.

Den Bemühungen der schweizerischen Gesandtschaft in Paris gelang es, eine Aufhebung der Maßregel auf den 19. Januar 1882 zu veranlassen.

D. Anstände, Rekurse und Interpretationen.

1. Unterm 20. April / 3. Mai haben Sie den auf Art. 33 der Bundesverfassung gestüzten Rekurs von J. M. Bläsi & Konsorten aus dem Kanton Graubünden, betreffend Ausübung der thierärztlichen Praxis durch Laien, unbegründet erklärt und die seit dem bundesräthlichen Entscheide vom 2. Juli 1880 dem Rekurs beigegebenen Aktenstüke an uns zur weitem Prüfung zurükgewieseu.

Die Regierung des Kantons Graubünden ist daraufhin eingeladen worden, über diejenigen Fälle, in denen laut der Eingabe des Herrn Bläsi an die Bundesversammlung, vom 30. November 1880, gewerbsmäßige Ausübung der thierärztlichen Praxis seitens hiezu unbefugter Personen im Kanton Graubünden stattgefunden hat, eine Untersuchung einzuleiten und das Resultat anher zu berichten.

Mit Eingabe vom 12. Mai abhin gelangten die Rekurrenten nochmals an Sie, indem sie geltend machten, es möchte in zweiter Linie und auf Grund derselben Akten ihre Beschwerde auch vom Standpunkte des Art. 69 der Bundesverfassung aus geprüft werden.

Da wir uns in unserm Berichte vom 13. Dezember 1880 (s. Bundesblatt 1880, IV, 704) bereits über das Verhältniß der Beschwerde zu dem auf Art. 69 der Bundesverfassung basirten Bundesgesez über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen ausgesprochen hatten, beantragten wir auch Abweisung der erneuerten Beschwerde. Sie haben mit Schlußuahme vom 17./27. Juni 1881 diesem Antrag beigestimmt. Die von der bündnerischen Regierung eingeleitete Untersuchung konnte im Berichtjahr nicht zum Abschluß gebracht werden.

2. Von einem Viehinspektor wurde Auskunft darüber verlangt , ob Vieh, welches vom Auslande eingeführt und an der Grenze von einem schweizerischen Thierarzte untersucht worden, bei der Ankunft am Bestimmungsorte nochmals untersucht werden müsse. Es wurde hierauf erwidert, daß nach Art. 15, Alinea 4 der Verordnung betreffend Maßregeln zur Tilgung der Maul- und Klauenseuche, vom 3. Oktober 1873, einzig Schaf- und Schweineh e e r d e n , welche mit der Eisenbahn eingeführt werden, auf der Ausladestation einer nochmaligen Untersuchung zu unterwerfen seien.

167

Eine Beschwerde von Händlern und Mezgern, welche sich gegen die wiederholte Untersuchung von Rindvieh richtete, welches per Bahn vom Auslande eingeführt und schon an der Grenze untersucht worden ist, wurde demgemäß als vollständig begründet erklärt.

3. Thurgauische und appenzellische Viehhändler beklagten sich darüber, daß sie von dem Bahnhofinspektor und der Polizeibehörde in Ragaz angehalten worden seien, zwei Wagen mit Vieh, das in Chur eingeladen worden, wieder über die Grenze des Kantons Graubünden zurüktransportiren zu lassen. Sie ersuchten den Bundesrath um Intervention bei den St. Gallischen Behörden und um Zuspräche des Ersazes der ihnen durch die von St. Gallen gegen Graubünden angehobene, vom Bundesrathe aber nicht genehmigte Viehsperre erwachsenen Auslagen und Verluste.

Das Gesuch wurde abgewiesen mit dem Bemerken, daß die St. Gallische Viehsperre gegen Graubünden so lange zu Recht bestanden habe, als der Regierung von St. Gallen der Beschluß des Bundesrathes vom 20. August nicht zur Kenntniß gelangt war.

Da die Viehwaare aus dem Kanton Graubünden am Tage des 20. August selbst auf St. Gallischem Gebiete anlangte, also zu einer Zeit, wo die St. Gallische Regierung noch nicht im Besize einer Mittheilung von der Aufhebung ihrer Verfügung sein konnte, so erschien das Vorgehen der Behörden von Ragaz keineswegs als eine Verlezung einer Vorschrift des citirten Gesezes.

4. Die Verhältnisse, welche zu dem Rekurs Heß (s. Bundesblatt 1880, I, 261) Veranlassung gegeben haben, nämlich daß von Gemeindebehörden bisweilen Laien als Fleischinspektoren gewählt werden, während die Möglichkeit geboten ist, die Fleischschau einem Thierarzte zu übertragen, haben auch im Berichtjahr mehrfach Reklamationen und Beschwerden hervorgerufen. Nach Art. 10 des bezüglichen Bundesgesezes ist eine sanitarische Kontrole des Schlachtviehes in den Mezgereien vorgeschrieben. Diese Kontrole soll nach § 36 der Vollziehuugsverordnung vom 20. November 1872 zum Bundesgesez über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen, vom 8. Februar 1872, so eingerichtet sein, daß sie einerseits den Verkauf von gesundheitsschädlichem Fleisch verhindert, andererseits anstekende Krankheiten bei dem Schlachtvieh entdekt und verborgene Seuchenherde zur Kenntniß bringt.

Diese Kontrole ist womöglich nicht bloß für die öffentlichen Schachthäuser, sondern für alles zum Verkauf geschlachtete Vieh einzuführen und Thierärzten zu übertragen.

168 Es ist schon früher entschieden worden, daß da, wo zur Vollziehung der eidgenössischen Vorschriften betreffend Viehseuchenpolizei ausdrüklich Thierärzte verlangt werden, darunter patentirte Thierärzte zu verstehen sind, wo es also angeht, durch pateutirte Thierärzte ausgeübt werden muß. Daneben finden wir, daß zur (Jebertragung einer amtlichen Funktion es aber nicht genügt, daß sich der Betreffende über die technische Befähigung ausweise, sondern daß er auch durch seine bürgerlichen und moralischen Eigenschaften dazu geeignet sein muß.

Der citirte § 36 hat nicht den rigorosen Sinn, daß in dem Momente, in welchem sich ein Thierarzt in einer Ortschaft niederläßt, dann sofort, ohne Rüksicht auf die Dauer einer Amtsstelle, der bisherige Beamte entfernt wird. Vielmehr wird bei klagloser Pflichterfüllung des bisherigen Beamten die Möglichkeit, den Vorschriften des § 36 in ihrem ganzen Umfange nachzuleben, erst zur Anwendung kommen beim ersten Termin des Ablaufs einer Wahlperiode.

5. Mit Schlußnahme vom 5. März 1881 haben Sie uns eingeladen , Ihnen betreffend Maßregeln gegen die Verbreitung der Hundswuth eine Vorlage zu machen. Wir haben dieses unterlassen , weil wir sowohl durch eigene Erfahrung als auch durch Eingaben zur Ueberzeugung gelangt sind , daß auch andere Bestimmungen des Bundesgesezes vom 2. Februar 1872 über polizeiliche Maßregeln gegen Viehseuchen als diejenigen betreffend die Hundswuth einer Revision bedürftig sind. Die Vorarbeiten hiefür werden demnächst an die Hand genommen werden. Es versteht sich von selbst, daß dabei Ihr Postulat vom 5. März 1881 beruksichtigt werden wird.

XI. Allgemeine Maßnahmen gegen die Schäden, welche die landwirthschaftliche Produktion bedrohen (Phylloxéra).

Nachdem im Jahre 1880 diejenigen Vorschriften von uns aufgestellt worden sind, deren Erlaß durch die internationale Phylloxerakonvention vom 17. September 1878 geboten war, hat dieser Geschäftszweig, abgesehen von der Revision jeuer Konvention, dem Bundesrath nur zu wenigen Verfügungen Veranlassung gegeben.

Zufolge der verschiedenen Artikel des Reglements ist auch der hauptsächlichste Theil der Vollziehung der auf die Konvention basirten Réglemente, so weit diese Vollziehung Sache der eidgenössischen Behörde ist, in die Kompetenz des Departements gestellt

169 worden, so das Ertheilen von Bewilligungen für die in der Regel verbotene Einfuhr von Reben, Weinlesetrauben, Düngererde etc. aus dem Auslande überhaupt und die Einfuhr von Pflanzen aller Art aus den Staaten, die der internationalen Phylloxerakonvention nicht beigetreten sind.

1. Nach Art. 4 des Vollziehungsreglements vom 6. Febr. 1880, betreffend Vorkehrungen gegen die Reblaus (A. S. n. P. V, 10), hat dei' Bundesrath den Umfang der von der Phylloxéra in der Schweiz angestekten Zonen, nach Anhörung der Regierungen der betreffenden Kantone, festzusezen. In Ausführung dieser Vorschrift haben wir unterm 6. Februar 1880 jene Zone in jedem Kanton auf einen Urnkreis von 1500 m., von den Grenzen der lezten anerkannten Angriffspunkte an gerechnet, festgesezt. Diese Zone umfaßte damals die neuenburgischen Gemeinden Boudry, Bôle, Colombier, Auvergnier, Corcelles, Peseux und Neuenburg, im Kanton Genf die Gemeinden Pregny (Chambésy), Grand-Sacconnex und Petit-Sacconnex. Bei Feststellung der Phylloxerakarten pro 1881 hatte die Regierung des Kantons Neuenburg gewünscht, daß die Weinberge der Gemeinde Corcelles, wo die Reblaus im Jahre 1877 aufgetreten ist, nicht mehr in der Zone einbegriffen und die Wiederanpflanzung derselben gestattet werde. Hiemit war jedoch die eidgenössische Phylloxerakommission nicht einverstanden, indem sie dafür hielt, daß die Vorsicht verlange, fünf Jahre zu warten, ehe man die Maßnahmen aufheben könne, welche in Bezug auf einen in der Mitte eines größern Weingeländes gelegenen Reblausherd ergriffen werden müssen, daß man sich indessen mit einem geringern Zeitraum begnügen könne, wenn der Phylloxeraherd isolirt liegt.

Die Regierung des Kantons Neuenburg bestand indessen auf ihrem Verlangen, indem sie geltend machte: 1) Alle Nachforschungen, welche seit dem Jahr 1877 in den den Herd umgebenden Weinbergen gemacht worden seien, hätten keine Spur der Reblaus zu Tage gefördert; nichts desto weniger werde man fortfahren, auf der Hut zu sein und die betreffenden Gegenden genau zu überwachen.

2) Der Weinbau treibenden Bevölkerung habe man erklärt, daß nach drei Jahren, ausschließlich dessen, in welchem die Zerstörung erfolgte, und nachdem neue Infektionsherde sich in der Umgegend nicht gezeigt haben, der Wiederanbau der behandelten Flächen gestattet werden könne. Wenn man diese . Zeitfrist
verändere, so verliere die Bevölkerung das Zutrauen in die ergriffenen Maßnahmen.

3) Das zur Feststellung der den betroffenen Weinbergbesizern zu gewährenden Entschädigungen aufgestellte Schiedsgericht müßte seine Arbeit von Neuem beginnen.

170 Hiegegen sahen wir uns zu folgenden Bemerkungen veranlaßt: 1) Die eidgenössische Phylloxerakommission hat stets daran festgehalten, daß es gefährlich wäre, die Wiederanpflanzung von phylloxerirten Weinbergen zu gestatten, bevor nicht wenigstens vier Jahre seit den Zerstörungsarbeiten verflossen sind, und erachtet selbst eine Wiederanpflanzung im fünften Jahre nicht für unschädlich.

2) Die Zerstörungsarbeiten auf dem Herde in Corcelles sind gegen Ende 1877 gemacht worden, die Periode von vier Jahren hätte sonach erst im Herbst 1881 ihr Ende erreicht.

3) Wenn eine unerwartete Strenge bei der Bevölkerung von Neuenburg etwelche Unzufriedenheit verursacht, so kann dieselbe im Grunde nur ihre Sicherheit vermehren, während im Gegentheil ihr Vertrauen für immer verschwinden müßte, wenn auf einem während mehrerer Jahre behandelten Herde die Reblaus sich wieder zeigte.

4) Die zu erhöhende Entschädigung an die Besser der zum Brachliegen verurtheilten Rebberge und die vermehrte Arbeit der Schäzungskommission können nicht in Betracht kommen, wenn es sich darum handelt, alle diejenigen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, welche geeignet sind, das Land vor einer großen Kalamität zu bewahren.

5) Die Regierung des Kantons Genf war mit unsern Vorschlägen einverstanden, und es wäre deßhalb inkorrekt gewesen, zwei verschiedene Systeme anzuwenden.

6) Eine Ausnahme von der Regel würde ein Proecedens schaffen, das beständig auch von andern angerufen werden könnte.

Demgemäß beschlossen wir: es habe Corcelles in der Zone zu verbleiben, welche durch die Phylloxeraausbrüche vom Jahre 1880 außer den oben erwähnten Gemeinden für die Periode 1880/81 auch noch diejenigen von Haute-Rive, la Coudre und St. Biaise umfaßt. Von dieser Scblußnahme wurde den Kantonsregierungen mit Kreisschreiben vom 24. Mai 1881 Kenntniß gegeben.

2. Die Gesammtauslagen des Kantons Neuenburg für Maßnahmen gegen die Phylloxéra im Jahre 1880 betrugen Fr. 17,490. 12 und diejenigen des Kantons Genf Fr. 11,750. 95. Durch Gewährung eines Nachtragskredites im Betrage von Fr. 9747. 02 haben Sie uns in den Stand gesezt, in Gemäßheit Ihres Beschlusses vom 15. Juni 1877 an diese Auslagen einen Dritttheil beizutragen, nämlich an diejenigen des Kantons Neuenburg Fr. 5830. 04 und an diejenigen des Kantons Genf Fr. 3916. 98 (siehe Botschaft betreffend

171 Bewilligung von Nachtragskrediten für das Jahr 1881, Bundesblatt, Bd. ÜI, S. 80).

3. Leider ist auch im Berichtjahre die Phylloxéra in den Kantonen Neuenburg und Genf wieder aufgetreten und zwar im Kanton Neuenburg: 1) zu Trois Rods, wo 21 neue Punkte mit 27 Stöken, gegenüber 42 Punkten mit 570 Stökcn im Jahr 1880, als von der Reblaus befallen befunden wurden ; 2) zu Bôle an 9 Punkten mit 164 Stöken; 3) zu Colombier an 15 Punkten mit zusammen 126 Stöken, gegenüber 19 Punkten mit 196 Stöken im Vorjahr; 4) zu Neuenburg an 2 Punkten mit 14 Stöken gegen 7 resp. 18 im Vorjahre; 5) in la Favarge und Champreveyres an 32 Punkten mit 295 Stöken, gegen 63 resp. 2674 im Jahr 1880; 6) in St. Biaise an l Punkt mit 91 Stöken, gegen 16 resp.

502 Stöke im Jahr 1880; im Kanton Genf: in einem etwa 500 m. von den Herden des vorigen Jahres entfernten Weinberge an etwa 300 Stöken.

Alle diese Herde, sowohl im Kanton Neuenburg, als im Kanton Genf, liegen innerhalb der bereits fixirten Zone von 1500 m. Das Erkrankungsgebiet hat sich somit.nicht oder nur unerheblich erweitert.

Die infizirten Stöke und die in einem Umkreis von 2 -- 5 m . um dieselben befindlichen gesunden Stöke wurden mit Schwefelkohlenstoff unmittelbar nach Entdekung der Krankheit behandelt. Ausführliche Berichte liegen uns zur Stunde noch nicht vor, da die Winterarbeiten, Ausrodung und Verbrennung sämmtlicher Wurzelstöke, erst vor Kurzem beendigt worden sind. Wir werden aber Gelegenheit haben, Ihnen hierüber, sowie über die Größe des Schadens nähere Mittheilungen zu machen bei Anlaß der Stellung eines Nachtragskreditbegehrens behufs Leistung des Bundesbeitrages an die Kosten, welche den beiden betroffenen Kantonen durch die neuen Ausbrüche erwachsen sind.

4. Der Bundesbeschluß vom 21. Februar 1878 ermächtigt die Bundesbehörde, eine angemessene Ueberwachung und Untersuchung der Weinberge, sowie die erforderlichen Schuzmaßregeln gegen die weitere Verbreitung der Reblaus anzuordnen, und die internationale Reblauskonvention macht es dem Bundesrathe zur Pflicht, solche Vorkehrungen zu treffen. Von dem Wunsche geleitet, daß die den Organen der eidgenössischen und kantonalen Verwaltungen auf

172

diesem Gebiete obliegende Aufgabe nach einheitlichen Gesichtspunkten aufgefaßt und möglichst gleichmäßig durchgeführt werde, und nachdem die in den lezten Jahren gemachten Erfahrungen in mehrfachen Beziehungen eine zutreffende Richtschnur dargeboten, haben wir mit Kreisschreiben vom 7. Juli den Kantonsregierungen von einigen Verfahrungsweisen Kenntniß gegeben , welche wir in Uebereinstimmung mit der eidgenössischen Phylloxerakommission als für eine allgemeine Einführung vorzugsweise geeignet erachten.

Nachdem wir über die Art und Weise der Uebevwachung und Untersuchung der Rebenpflanzungen, sowie über die hiefür geeignetste Zeit unsere Ansichten ausgesprochen, haben wir in Betreff der Vertilgungsmaßregeln folgendes Verfahren empfohlen: ,,Im Falle das Auftreten der Reblaus konstatirt wird, muß sofort zur Anwendung von Insektengiften geschritten werden. Bisauhin sind verschiedene Mittel angewendet worden. Heute ist man im Stande, die Wirksamkeit dieser Gifte mit nahezu vollständiger Sicherheit zu beurtheilen. Es haben hiezu namentlich auch die Erfahrungen in den Kantonen Neuenburg und Genf beigetragen. Im Hinblik hierauf glauben wir Ihnen für den Fall des Auftretens des Schädlings empfehlen zu dürfen, den Schwefelkohlenstoff in Anwendung bringen zu lassen, und zwar in der Weise, daß unter geeigneter Vertheilung in je mehrere Löcher auf den einzelnen Stok mindestens Sl'O g. oder auf den m 2 350 g. entfallen. Die Applikation erfordert indessen eine Trennung in zwei Operationen mit je der Hälfte des genannten Quantums, von welchen die erste sofort nach der Entdekung der Krankheit und die zweite nach Verfluß eines Zeitraums von etwa 10 Tagen zu erfolgen hat. Für die zweite Desinfektion empfiehlt es sich, wenn irgend möglich, den Zustand der Witterung wahrzunehmen, da die Wirkung des Schwefelkohlenstoffes durch Feuchtigkeit begünstigt wird, und es daher, um dieselbe auszunuzen, rathsaun werden kann, die Wiederholung des Verfahrens um einige Tage früher eintreten zu lassen oder hinauszuschieben.

,,Dieser eigentlichen Sommermaßregel sollte man im Winter das Ausreißen der behandelten Reben mittelst eines gleichmäßig tiefen Umgrabens des Rebberges folgen lassen, bei welcher Prozedur alle, selbst die kleinsten Wurzelstüke möglichst sorgfältig zu sammeln und durch Feuer zu zerstören sind. Je vollständiger
dies geschieht, desto mehr ist Aussicht vorhanden, daß später keine Triebe nachwachsen, die allfällig verschont gebliebenen Rebläusen zur Nahrung dienen können, und um so sicherer kann das betroffene Land schon nach vier Jahren wieder der Neubepflanzuug mit Reben übergeben werden. Wird aus irgend einem Grunde diese Radikalmaßregel

173

nicht beliebt, so bleibt nicht anderes übrig, als das infizirte Rebstük im folgenden Frühjahr von Neuem mit Schwefelkohlenstoff -- etwa der Hälfte der ursprünglich angewandten Dosis -- zu behandeln und dieses Verfahren so oft zu wiederholen, bis neue Triebe nicht mehr wahrgenommen werden, und die Stöke als völlig abgestorben zu betrachten sind, von welchem durch besondere Expertise genau festzustellenden Zeitpunkt an die Berechnung der Frist zu datiren ist, nach deren Ablauf die Wiederanpflanzung von Reben gestattet werden kann.

,,Ist der Herd der Krankheit genau bestimmt, so sollen die äußersten Punkte durch besondere Kennzeichen markirt und die Zerstörungsarbeiten ia einem weiteren Umkreise von 3 bis 5 m.

um sämmtliche Angriffspunkte ebenfalls ausgeführt werden. Es ist in den ersten Jahren des Auftretens der Krankheit diese Sicherheitszone auf 100 m. von den äußersten angegriffenen Punkten angesezt worden. Heute, wo die Untersuchungen mit bedeutend größerer Sicherheit vorgenommen werden können, erscheint jene Reduktion ungefährlich.

,,Eine besondere Aufmerksamkeit sollte auf das Vorkommen von amerikanischen Reben verwendet werden, durch die unbestritten die Krankheit in das Land verschleppt worden ist. Dieselben sollten einer besonderen Ueberwachung unterworfen werden. Zur genauen Durchführung derselben scheint die Vornahme einer schon früher empfohlenen Statistik sämmtlicher fremden Rebstöke sehr angezeigt.eWas die Revision der internationalen Phylloxerakonvention vom 17. September 1878 und den Abschluß der neuen vom 3. November 1881 anbetrifft, so können wir uns darauf beschränken, Sie auf unsere diesbezügliche Botschaft vom 6. Dezember 1881 (Bundesblatt, Bd. IV., S. 921) zu verweisen, mit welcher wir Ihnen ausführliche Mittheilungen über diesen Gegenstand gemacht haben.

Spezielleres enthalten die zu Ihrer Verfügung stehenden Protokolle der vom 3. Oktober bis 3. November 1881 in Bern besammelt gewesenen internationalen Konferenz. Im Berichtsjahre haben Sie den Gegenstand nicht mehr behandelt, die für die Ratifikation vorgesehene Frist läuft mit dem 3. Mai 1882 ab. In Bezug auf den von der Geschäftsprüfungskommission des vorigen Jahres ausgesprochenen Wunsch, es möchte der Bundesrath Nichts unterlassen, was den Beitritt Italiens zur Konvention bewirken könnte, fügen wir bei, daß von dem
italienischen Akerbauministerium die Frage eines solchen Beitritts noch einmal geprüft, aber in verneinendem Sinne entschieden worden ist. Uebrigens liegt für so lange in dem Fernbleiben Italiens von dem Verbände für uns keine Gefahr, als seine Bestimmungen zum Schuze gegen die Verbreitung der Reblaus

174

zwekmäßig sind, was nicht bestritten werden kann; in mancher Richtung sind dieselben sogar strenger als die der Konvention.

Die neue Konvention ist sämmtlichen weinbautreibenden Staaten Europas mitgetheilt worden und es muß deren Verhalten in Bezug auf einen allfälligen Beitritt noch abgewartet werden.

XII. Forstwesen.

Unterm 19. April 1881 erklärten wir die A b ä n d e r u n g v o n A r t i k e l 2 5 , A b s a z 2, d e s B u n d e s g e s e z e s b e treffend die eidgenössische Oberaufsicht über d i e F o r s t p o l i z e i i m H o c h g e b i r g e , v o m 24. M ä r z 1876, in Kraft und den 1. Mai 1881 als vollziehbar, nachdem die über den diesbezüglichen Beschluß der gesezgebenden Räthe bis zum 1. April angesezte Referendumsfrist abgelaufen war.

In Folge dieses Beschlusses können von genanntem Zeitpunkt an auch an Kantone für neue Waldanlagen Bundesbeiträge verabfolgt werden.

Wir sind endlich im Falle, berichten zu können, daß sämmtliche Kantone des eidgenössischen Forstgebietes V o l l z i e h u n g s v e r o r d n u n g e n zum obcitirten eidgenössischen Forstgesez besizen. Bei einigen Kantonen mußte die Genehmigung allerdings an gewisse Bedingungen geknüpft werden, indem die Verordnungen den Anforderungen des Bundesgesezes nicht volles Genüge leisteten.

Ein Kanton (Glarus) hat leider seine O r g a n i s a t i o n des P e r s o n e l l en, nachdem dieselbe kaum erst ins Leben getreten war, durch Beschluß der Landsgemeinde wieder aufgehoben. Lezterer wurde auch sofort zur Vollziehung gebracht, ohne daß uns hievon amtlich Kenntniß gegeben und die bisherige durch eine entsprechende neue Organisation ersezt worden wäre.

Dies bedauerliche Vorgehen, hat nicht nur in Glarus hemmend auf die Durchführung des eidgenössischen Forstgesezes eingewirkt, sondern auch in einigen andern Kantonen die Opposition gegen lezteres wachgerufen.

Unterdessen haben wir Glarus eingeladen , als Ersaz für die Abschaffung der Unterförsterstellen bis den 1. Juni d. J. ihrem Oberförster einen wissenschaftlich gebildeten Forstbeamten beizugeben.

Mit Besezung der Bezirks-, resp. Kreisförsterstellen sind einige Kantone noch im Rükstand. Wir fanden uns daher veranlaßt,

175

die Kantone Bern, Graubünden und Wallis einzuladen, inner gegebenen Fristen, vorläufig wenigstens noch einen wissenschaftlich gebildeten Förster anzustellen.

Die Besoldung des Forstpersonals ist in einigen Kantonen noch über die Maßen gering, am niedrigsten im Wallis, wo die Jahresbesoldung des Oberförsters Fr. 1700, diejenige der Bezirksförster nur Fr. 1500 beträgt. Daß bei einer so.äußerst kärglichen Entschädigung nicht jeder dieser Beamten seine volle Zeit und Kraft dem Forstdienst widmet, ist begreiflich. und leidet derselbe denn auch wesentlich unter diesem Uebelstand.

Wir haben nicht unterlassen, Wallis eine angemessene Erhöhung der Besoldung obiger Beamten und auch der Unterförster, die verhältnißmäßig gleich kärglich bedacht sind, dringendst zu empfehlen.

Unterm 18. Mai 1881 wurde uns vom Präsidium der betreffenden Abgeordnetenversammlung mitgetheilt, daß eine am 19. April in Ölten stattgehabte, von acht Kantonen beschikte Versammlung sich unter Ratifikationsvorbehalt über ein Konkordat für gemeinschaftliche Prüfung der wissenschaftlich gebildeten Forstkandidaten und deren Freizügigkeit im Gebiete der Konkordatskantone geeinigt habe, und die Anfrage damit verbunden, ob die von den Vertragskantonen, auf Grund des bestandenen Konkordatsexamens patentirten Forstkandidaten auch vom Bundesrath nach den Anforderungen des eidgenössischen Forstpolizeigesezes vom 24. März 1876 als zur Bekleidung einer höhern Forststelle genügend befähigt betrachtet würden. Zugleich wurde uns auch ein, von der gleichen Versammlung angenommenes Examenreglement im Entwurf zur Meinungsäußerung übermittelt.

Unterm 6. Juni erwiderten wir hierauf, daß uns dieser Entwurf den Anforderungen an die Bildung eines Forstmannes höhern Ranges ein Genüge leisten dürfte, und machten dabei darauf aufmerksam , daß die Prüfung und Genehmigung von Konkordaten unter Kantonen laut Bundesverfassung dem Bundesrathe vorbehalten sei.

Ende des Berichtjahres waren von den Kantonen, Gemeinden und öffentlichen Korporationen in der ganzen Schweiz 146 wissenschaftlich gebildete Förster angestellt, im eidgenössischen Forstgebiet 52. Die Dienstbezirke einiger dieser leztern gehören nur theilweise dem eidgenössischen Forstgebiete an.

Auf Anregung des Kantons St. Gallen kam im Berichtjahr ein i n t e r k a n t o n a l e r F o r s t k u r s zu Stande, dessen erste Hälfte

176

lezten Herbst in St. Gallen unter Leitung des dortigen Oberförsters, Hrn. Wild, und des Herrn Forstkandidaten Enderlin als Gehülfen abgehalten wurde. Es nahmen an demselben 19 Zöglinge und 2 Zuhörer Theil, wovon 3 aus dem Kanton Schwyz, 3 ,, ,, ,, Obwalden, 10 ,, ,, ,, 8t. Gallen, 3 ,, ,, ,, Graubünden, 2 ,, ,, ,, Wallis.

Zusammen 21 Ueber den Verlauf des Kurses werden wir berichten, nachdem auch die zweite, auf nächsten Mai angesezte Kurshälfte abgehalten worden sein wird.

Ein von Schwyz eingegangenes Gesuch um einen Buudesbeitrag an einen forstlichen Wiederholungskurs wurde wieder zurükgezogen.

Ungeachtet unserer Bemühungen ist es uns leider noch nicht gelungen, d i e A u s s c h e i d u n g d e r S c h u z w a l d u n g e n gemäß Art. 4 und 5 des eidgenössischen Forstgesezes zu Ende geführt zu sehen.

Im Rükstande sind noch Schwyz, Zug, Graubünden und Tessin.

Es fehlt indeß in diesen Kantonen zum Abschluß der Arbeit nur noch die Prüfung der eingegangenen Reklamationen und eine diesfällige Beschlußnahme.

Es konnten von uns im Berichtjahr genehmigt werden die Schuzwaldausscheidungen in den Kantonen Luzern, Uri, Glarus, Appenzell I.-Rh. und St. Gallen, wenn auch einige nur bedingungsweise.

Im Laufe dieses Jahres (1882) wird die Ausscheidung jedenfalls zu Ende geführt werden können.

Die Direktion der Gotthardbahn hat uns ein Verzeichniß von Waldstüken längs ihrer offenen Bahnlinie eingesandt, mit dem Gesuche, daß dieselben als Schuzwaldungen erklärt und, soweit nöthig, die Wiederaufforstung der kahlen Flächen und das Verbot des Weidgangs zum Schuz der Kulturen und gegen Steinschlag verlangt werden möchte.

Des Fernern suchte die Direktion nach, es möchte zum Schuze der Bahn für die Wiederbewaldung gewisser Weidflächen gesorgt werden. (Art. 21 und 22 des eidgenössischen Forstgesezes.)

177

Wir haben unser Forstinspektorat mit der Prüfung dieses Gesuches an Ort und Stelle beauftragt, was in Gegenwart der betreffenden eidgenössischen Kontroiingenieure, der betreffenden Oberforstämter und der betreffenden Banningenieure stattfand.

Auf den uns in Folge dieser Inspektion eingegangenen Bericht hin wurde die Direktion eingeladen, ihr Gesuch für jedes einzelne Waldstük genau zu formuliren und die erforderlichen Pläne beizulegen.

Nachdem wir in den Besiz dieses Materials gelangt waren, haben wir den betreffenden Kantonen (Uri und Tessin) dasselbe zur Prüfung mitgetheilt und sie zur Kenntnißgabe ihrer diesfälligen Beschlüsse eingeladen.

B e w i l l i g u n g e n zur U r b a r i s i r u n g in S c h u z w a l d u n g e n (Art. 11, Abs. 5 des eidgenössischen Forstgesezes) wurden 7 an den Kanton Bern ertheilt mit einer Gesammtfläche von 2.40 h., unter der Bedingung eines Ersazes durch neue Waldanlagen.

ßundesWatt 34. Jahrg. Bd. II.

12

KostenVoranschlag.

Fr.

1) Bern, 4 Projekte (Sigriswyl, Lütschenthal, 'Wilderswyl, Matten) 34,236.-- 2) Luzern, l Projekt (Teufmattalpen)

.

.

.

3) Uri, 2 Projekte (Bannwald Altdorf und Rütliwald)

.

Beiträge aus der Bnndeskasse. Hülfsmillion.

Fr.

Fr.

Zusammen.

Fr.

16,817.60

--

16,817.60

49,610. -- 29,766. --

--

29,766. --

.

7,750. --

3,490. --

4) Appenzell, 3 Projekte (Schwellbrunn Sitz, Grhör, Bubenrain)

6,602.20

2,623.56

-

5) Ot. Gallen, 6 Projekte (Altstätten, Marbach, Rebstein, Oberriet, Rüthi, Stein)

19,815.--

8,114.--

3,775.--

11,889.--

6) Graubünden, 4 Projekte (Sufers, St. Maria, Conters (Oberhalbstein), Felsberg)

8,021. --

3,264.14

1,310.38

4,574.52

7) Tessin, 2 Projekte (Favra sacra und Colla) 8) Waljis, l Projekt (Oberbord)

.

,

.

770. --

4,260. -- 2,623.56

.

. 106,187. 50 45,878. 25 21,237. 50 67,115. 75

.

.

3,000.--

1,350.--

600.--

1,950.-

23 Projekte 235,221, 70 111,303, 55 27,692. 88 138,996. 43

178

Die von acht Kantonen im Berichtjahr zum B e z ü g e von B u n d e s b e i t r ä g e n a n g e m e l d e t e n und g e n e h m i g t e n P r o j e k t e über Aufforstungen und damit verbundenen Verbaue belaufen sich aut einen Gesammt-Kostenvoranschlag von Fr. 235,221. 70 und stellen sich wie folgt zusammen:

An sechs Kantone wurden für, im Berichtjahr a u s g e f ü h r t e A u f f o r s t u n g e n und V e r b a u e Fr. 7731. 73 Beiträge ausgerichtet, wovon Fr. 6,320. 08 aus der Bundeskasse und Fr. 1411. 65 aus der Hülfsmillion. Dieselben vertheilen sich wie folgt auf die Kantone : KostenBeiträge aus der veranschlag.

Fr.

1) 2) 33 4)

Bern, l Projekt (Twiriengraben) .

.

.

.

uri, l Projekt (Realp) Obwalden, l Projekt (Reismattalp) .

.

.

.

Appenzell A. Rh., 3 Projekte (Schwellbrunn, Sitz, Ghör und Bubenrain) 5) Graubünden, 3 Projekte (Morissen, Bergün, Zuz) .

6) Tessin, 2 Projekte (Cevio und Dragonato) .

.

.

866. -- 653.80 875.70

Bundeskasse. Hülfsmillion.

Fr.

Fr.

433. -- 294.21 350.28

Zusammen.

Fr.

-- 130.76 --

433. -- 424.97 350.28

6,602.20 1,949.38 5,690.04

2,604.14 -- 931.44 142.88 1,707.01 1,138.01

2,604.14 1,074.32 2,845.02

11 Projekte 16,637.12

6,320.08 1,411.65

7,731.73

179

Dieser im Vergleich zum Büdgetansaz von Fr. 30,000 sehr niedrige Betrag der Bundesbeiträge wird sich, in Betracht obiger, zum Theil sehr großartiger neuer Projekte, zu welchen seither (1882) noch einige hinzugekommen sind, den Betrag des angeführten Voranschlags nahezu erreichen. Ein Grund der noch immer viel zu wenig ausgedehnten Aufforstungen in Schuzwaldungen und Neugründung solcher liegt in dem zu wenig zahlreichen und zum Theil noch nicht dienstgewohnten und zu schwach besoldeten Forstpersonal, dann aber auch immer noch im Mangel an Pflänzlingen.

Wir suchten daher auch leztes Jahr wieder eine Erweiterung und zugleich pfleglichere Besorgung der P f l a n z g ä r t e n zu erzielen. Der Stand der Lezteren auf Ende des Berichtjahres ist aus beiliegender Tabelle ersichtlich,

Stand der Saat- und Pflanzschulcn in den Kantonen des eidg. Forstgebietes im Jahr 1881.

Staatswaldungen.

Kantone.

Zürich Bern Uri Schwyz Obwalden Nidwaiden Glarus Zug Freiburg Appenzell A.-Rh. . . .

Appenzell I.-Rh. . . .

St. Gallen Graubünden . . . . ^ Tessin Waadt Wallis Total

Stand des Jahres 1880 .

(mehr 1 1881 !

\ als 1880 (weniger]

Flächenausdehnung.

Verwendeter Same.

Aren.

kg-

863.88 18.00

282.25 ?

25.00

12.00

10.00 145.00 49.10 232.00

2.00 26.50 7.50 34.50

107.00 88.00 1537.98

70.50 25.00 460.25

1098.22 439.76

799.50 339.25

Gemeinde- und Corp.-Waldungen.

FlächenVeranswendeter dehnnng.

Same.

Privatwaldungen.

Flächenausdehnung.

Verwendeter Same.

Flächenausdehnnng.

Verwendeter Same.

Aren.

46.50 201.50 97.00

kg.

9.00 108.00 ?

6.90

8.50

11.00 1.20

6.00 0.75

17.00 327.00 10.00 462.00 19.96

16.00 19.75

V ?

Aren.

53.50 2373.08 242.00 84.00 790.80 162.01 115.00 162.74 387.00 332.36 687.50 94.40 1706.00 599.41 851.00 201.00 203.03 9044.83

kg.

21.00 962.00 ?

15.00 336.50 123.50 59.00 50.00 71.00 140.00 91.75 16.00 364.00 285.80 533.00 136.75 25.00 3230.30

5879.60 3165.23

2859.75 370.55

Aren.

7.00 1307.70 127.00 84.00 783.90 162.01 79.00 161.54 387.00 305.36 215.50 35.30 1012.00 579.45 851.00 94.00 115.03 6306.79

2494.55

1200.06

?

?

275.50

3837.21 2469.58

1833.50 661.05

944.17 255.89

226.75 48.75

Kg.

12.00 571.75 ?

15.00 328.00 123.50 41.00 49.25 71.00 122.00 45.50 8.50 232.50 275.30 533.00 66.25 ?

Total.

97.00 10.50

181 Die 1881 im eidg. Forstgebiet ausgeführten Kulturen finden sich in beiliegender Tabelle zusammengestellt. Im Ganzen wurden 6,296,114 Pflänzlinge versezt.

Bei Vergleich der Größe der Kulturen zum Waldareal des eidg. Forstgebietes darf nicht unberüksichtigt gelassen werden, daß im Hochgebirge im Allgemeinen und gewiß mit Recht die natürliche Verjüngung der Kultur vorgezogen wird.

T r i a n g u l a t i o n . Die Berichtigung, Vervollständigung und Versicherung der Triangulation im eidg. Forstgebiet wurde gemäß Bundesbeschluß vom 20. Dezember 1878 fortgesezt.

Herr Ingenieur G e l p k e beendigte die begonnenen Arbeiten in den Kantonen Schwyz und Zug und nahm die Triangulation im Kanton Glarus in Angriff.

Herr Ingenieur P f ä n d l e r war auch leztes Jahr wieder in den Kantonen St. Gallen und Appenzell beschäftigt, vermochte die dortigen Arbeiten aber noch nicht zum Abschluß zu bringen.

Kurze Zeit war Herr Pfändler auch in Graubünden und sezte die dort von Hrn. Ingenieur J a c k y begonnenen Arbeiten, welcher krankheitshalber davon abgehalten war, fort.

Herr Ingenieur H a l l e r , der laut Programm für 1881 die Triangulation im Wallis hätte fortsezen sollen , wurde vom topographischen Bureau anderweitig verwendet und beschränkte seine Thatigkeit auf die Berechnungen der Beobachtungen der Campagne 1880 im untern Rhonethal.

In fernerer Abgehung vom Programm wurden folgende Arbeiten im eidg. Forstgebiet ausgeführt: Herr G e l p k e rekognoscirte und versicherte theilweise die Triangulationspunkte der Gotthardbahn, um dieselben dem eidg. Nez anzuschließen.

Herr J a c k y legte im Kanton Freiburg Punkte II. und III. Ordnung und begann mit den Beobachtungen.

Signale (theils hölzerne, theils steinerne) wurden 106 erstellt, ferner 77 Punkte versichert und 54 vollständig erledigt.

Zur Vollziehung des Bundesbeschlusses betreffend Tragung der Kosten der Triangulation IV. Ordnung im eidg.' Forstgebiete, vom 17. September 1880, erließen wir unterm 12. April 1881 eine Verordnung und eine Instruktion. Dieselben sandten wir sodann an die betreffenden Kantone zur Anbringung allfälliger Bemerkungen, in deren Besiz wir uns nun befinden.

Zur Seite 181.

Aufforstungen im eidgenössischen Forstgebiet während des Jahres 1881.

Kanton.

Fichten.

Zürich

57,790

Bern Luzeru Uri .

974,721

Weißtannen.

1,400 181,984 57,000

. . . .

310,000

. .

15,410 587,122

8,500

43,184

400

Schwyz y

. . .· · - . . .

Obwalden . . .

Nidwaiden

.

. . .

69,000

i Glarus Zua' Freiburg . . . . .

565,700

Appenzell A.-Rh. . . . .

342,550

Appenzell I.-Rh S t . Gallen . . .

Graubünden Tessin

.

500 94,963 25,200 19,095 56,940 2,350 6,350 20,451

82,280 214,393

Lärchen.

16,280

70^710

14,450 400

1,004,858

48,781

201,735 13,600

2,100 350

250 12,400 7,600 3,430 41,757 141,147 1,058 45,000 17,900

Kiefern.

52,774

.

200 20,780 47,250 20,340 5,250 3,640 4,050 9,200 3,750 1,500 43,285 14,625 10,950 1,100 450

Arven und Weymuthk.

Weymuth 9,210

Verschulte Pflanzen.

Unverschulte Pflanzen.

59,690 1,213,102

100,550 3,450 32,600

65,974

300 2,200 1 11,840 79,947 241,600 7,900

155,026 345,700 360,450

59,690 1,313,652

50 23,602 5,000 5,425 23,600 450 6,060 2,000 2,050

699,812

76,040 Arven 57,680

Verschulte Pflanzen.

55,285

51,835 667,212 80,600 94,531

Zusammen.

392,400

392,400

~

66,274 82,800 106,371 234,973 587,300 368,350 76,040

1,051,603

87,078

364,537

52,750

1,138,681 417,287

25,958

1,500

Total 1881

5,287,230 5,008,713

647,673

5,934,903

938,870

f Mehr . } 1881 { } als 1880 [ Weniger J

278,517 _

-- 291,197

5,947,583 ·

1 2

. . .

. . .

215,630 28,450

Diese Pflanzen wurden von d 3m betreffenden Kantone nie tit getrennt naich Holzarten aufgeführt.

10,500 Steklinge.

12,000

150 30,632 19,720

25,958 1

261,730 46,800

Waadt Wallis

Total.

L îMibhol z e r .

ÜVadell lölzer.

263,230 46,800

12,680

9,550 13,950 154,239 142,411

Unverschulte Pflanzen.

600 23,550

11,650

1,550 2,140 -- Ì 1,500 i j 139,655 !

340 21,187 Ì 4,800 i _

Zusammen.

Verschulte Pflanzen.

650 47,150 5,000 5,425 23,600 12,100 6,060 3,550 4,190 ;

59,740 1,236,704

13,500 150 170,287 20,060 .21,187 14,350 13,950

Unverschulte Pflanzen.

Zusammen.

600

60,340

124,100

1,360,804 397,400

397,400 57,260

3,450

690,812

32,600

66,424

11,950 2,200 13,390

109,921

86,660 96,531

Same.

Kg' 2,00 1 115,00 73,00

60,710 723,412

91,50 j 30,00 1 20,00 j 60,50 'i

78,374 88,860

157,076 345,700

82,087

239,163

241,600

587,300

372,450

9,400

381,850

76,190

-- 1 66,00 | 5,00

76,190

_

1,082,235

226,733

1,308,968

384,257

53,090

437,347 47,145

108,50

277,580

145,75

47,145 271,280 60,750

1

6,300 _

60,750

i

2

717,25,

206,972

361,211

5,441,469

854,645

6,296,114

213,443

355,854

5,151,124

1,152,313

6,303,437

3956,50

5,357

290,345 297,668

7,323

3239,25

11,828

6,471

0

182

^

Von den Fr. 10,000 Nachtragskredit per 1881 für Triangulationen IV. Ordnung wurden, laut unserm Beschluß vom 20. Januar 1882, Fr. 4460 an die Kosten der Triangulation des Oberengadins (Graubünden) beigetragen.

W a l d v e r m a r c h u n g . Die fünfjährige Frist, welche das Bundesgesez betreffend die eidg. Oberaufsicht über die Forstpolizei, vom 24. März 1876, für die Vermarchung der Waldungen festsezt, ist mit dem 10. August 1881 abgelaufen. Da die meisten Kantone des eidg. Forstgebietes mit dieser Arbeit noch mehr oder weniger im Rükstande sind, so sahen wir uns veranlaßt, die Frist zu erstreken. Es geschah dies mit Beschluß vom 4. November 1881 und zwar bis Ende 1882.

Der Schweiz. Forst verein hat in seiner leztj ährigen Versammlung zu Monthey Grundsäze über die Ausscheidung der bestokten Weiden votn Waldboden aufgestellt, und uns durch sein Komite ersucht, die uns geeignet scheinenden Maßnahmen treffen zu wollen, damit dieselben im Schweiz. Forstgebiet zur Anwendung gebracht werden.

Da diese Ausscheidung vielorts große Schwierigkeiten bietet, so fanden wir es für angemessen, die vom Schweiz. Forstverein diesfalls aufgestellten Grundsäze den betreffenden Kantonen zur Aeußerung ihrer Ansichten hierüber zur Kenntniß zu bringen, was unterm 30. Dezember vorigen Jahres geschah.

W a l d v e r m e s s u n g . Die Kantone Zürich, Freiburg und Waadt haben ihre öffentlichen Waldungen längstens schon vermessen, ebenso besizt St. Gallen ältere Vermessungen. Andere Kantone sind mit dieser Arbeit mehr oder weniger weit vorgerükt, wieder andere haben dieselbe noch nicht einmal in Angriff genommen. Verschiedenen Kantonen fehlen noch die bezüglichen Instruktionen.

Es darf hiebei jedoch nicht vergessen werden, daß die Grundlage zur Vermessung, die Triangulation, wie wir oben gesehen, noch in der Ausführung begriffen ist, weßhalb wir denn auch die Kantone zur Vornahme der Vermessung bisher nicht gedrängt haben.

Obwohl wir anfänglich den Entwurf der Instruktionen den Kantonen zu überlassen und nur die Genehmigung uns vorzubehalten gedachten, fanden wir es schließlich, im Interesse des Vermessungswesens doch für angemessener, im Einverständniß mit den betreffenden Kantonen eine einheitliche Instruktion sammt Zeichnungsvorlagen zu entwerfen, die nun in Arbeit ist. Es werden beim Entwurf sowohl die Grundsäze Berüksichtigung finden, welche

183 der schweizerische Forstverein in seiner Versammlung zu Neuenburg aufgestellt und uns übermittelt hat, als auch die diesbezügliche Instruktion der Konkordatskantone.

Da das eidgenössische Forstgesez für die Ausführung der Waldvermessung keine Frist ansezt, so werden wir, entsprechend ·dem Vorrüken der eidgenössischen Triangulation und der Vermarchung der Waldungen, den Kantonen zur Vornahme dieser Arbeiten von Zeit zu Zeit hinreichende Fristen anberaumen.

W i r t h s c h a f t s p l ä n e . Mit dem 10. August 1881 ist der im eidgenössischen Forstgesez zur Einführung provisorischer Wirthschaftspläne über öffentliche Waldungen angesezte Termin abgelaufen. Ungeachtet unseres Bemühens war es uns nicht möglich, ·dieser Vorschrift innert Termin Nachachtung zu verschaffen , und sehen wir uns daher genöthigt, auch für diese Arbeiten die Frist angemessen zu verlängern.

Um dem Kanton Wallis im Entwurf von Instruktionen für provisorische Wirthschaftspläne und Ausführung solcher an die Hand zu gehen, erhielt unser Forstinspektorat einen besondern Auftrag. Es fehlt jedoch diesem Kanton, wie bereits gesagt, an der erforderlichen Zahl von Beamten und angemessener Entschädigung derselben, so daß diese Arbeiten bisher nicht nach Wunsch vorwärts schritten.

Es wurden leztes Jahr im Ganzen 65 .provisorische Wirthschaftspläne mit einer Gesammtwaldfläche von 5674 ha. (ohne Wallis, welcher Kanton das Flächenmaß nicht angegeben), entworfen. Dieselben vertheilen sich wie folgt auf die einzelnen Kantone: -rr,.

Jlanton.

Bern Luzern Uri St. Gallen Graubünden Wallis

Zahl der

proy

Wirthschaftspl.

6 10 l 13 7 28 Total 65

Fläche ha.

1965 614 467 1895 733 ?

5674 ha.

Mit definitiven Wirthschaftsplänen beschäftigen sich einstweilen noch wenige Kantone. Im Berichtjahr wurden folgende entworfen:

184 Zahl der Kanton.

définit. Wirthschaftspl.

Freiburg 4 Appenzell A. Rh.

3 St. Gallen 6 Graubünden 6 2 Waadt

Mäche ha.

365:36 9

949.00 945.70 834.00

Total 21 3094.06 ha.

In der Ausführung begriffen sind 7 Wirthschaftspläne.

A b l ö s u n g von D i e n s t b a r k e i t e n (Art. 14 des eidgenössischen Forstgesezes). Die Waldungen des Kantons Freiburg sind von Dienstbarkeiten vollständig befreit; in Zürich ist den Anforderungen des Gesezes auch Genüge geleistet ; in den übrigen Kantonen geschah zur Ablösung der Servituten noch wenig. Im Berichtjahr wurden abgelöst: 1) in GJarus 2 Weidrechte mit Fr. 8000.

2) in Appenzell A. Rh. 1 Weidrecht mit Fr. 364. 50 und Austausch.

3) in ,, J. Rh. l Weidrecht mit Fr. 5000.

4) in St. Gallen 17 verschiedene Rechte, theils mit Geld, theils mit Wald abgelöst.

5) in Graubünden 7 verschiedene Rechte, auf gleiche Weise.

Mit dem 10. August 1886 geht die in dem angeführten Artikel zur Ablösung angesezte Frist zu Ende und werden wir es nicht unterlassen, die Kantone rechtzeitig daran zu erinnern.

Die von uns durch Veröffentlichung einer Drukschrift angeregte W e i d e n k u l t u r und K o r b f l e c h t e r e i ist nicht ohne Erfolg geblieben. Zahlreiche Weidenpflanzungen fanden im Kanton Waadt auf Strandboden des Neuenburgersees, auf solchem am, Murtensee, Kant. Freiburg, und im St. Gallischen Rheinthal statt.

Die beiden Korbflechtschulen in St. Gallen und Winterthur, deren wir in unserm leztj ährigen Bericht Erwähnung gethan , arbeiten fleißig fort. Die Dauer der zunächst nur auf einen Jahreskurs eingeführten Schule in St. Gallen wurde um ein halbes Jahr verlängert. Diese von 23 Zöglingen besuchte, .mit Einsicht geleitete Schule gedeiht vorzüglich; ihr Nuzen wird sich in wenigen Jahren merklich machen.

Damit die Zöglinge auch mit der Anlage, Pflege und Ernte der Korbweiden bekannt werden, siedelte die Schule leztes Früh-

185

jähr auf acht Tage ins Rheinthal über, wo unter Leitung des Herrn Oberförster Wild ein praktischer Kurs über Weidenkultur gegeben wurde.

Ein Gesuch des leitenden Ausschusses der Korbflechtereischule Winterthur, vom 11. Dezember 1881, um Unterstüzung der Korbflechtschulen seitens des Bundes konnte bisher noch nicht zur Behandlung gelangen.

Mit der Statistik der für die Gebirgswaldungen so verderblichen Lawinen wurde fortgefahren, soweit es die Zeit des Forstpersonals erlaubte. * Wir hoffen, dieses Jahr einige Blätter des Atlasses im Maßstab von l : 100,000 mit Ueberdruk vollenden zu können.

XIII. Jagd und Fischerei, a. Jagd.

Nach Art. 15, Absaz 3 des Bundesgesezes über Jagd und Vogelschuz vom 17. September 1875 sind die Grenzen der Freiberge für die Hochwildjagd so weit als möglich nach fünf Jahren einer Abänderung zu unterwerfen. Es mußte somit die bundesr^äthliche Verordnung vom 4. August 1876, welche die Grenzen der Bannbezirke provisorisch für fünf Jahre feststellte, sowie der Bundesrathsbeschluß betreffend die Abänderung der leztern, vom 2. Oktober 1877, im Laufe des Berichtjahres einer Revision unterstellt werden.

Wir haben daher, nach Einvernahme der betheiligten Kantone durch das Departement unterm 2. August 1881 eine neue diesbezügliche Verordnung erlassen, durch welche die oben citirte Verordnung und der zugehörige Bundesrathsbeschluß ersezt, überdies aber auch die Verordnung vom 11. März 1879, betreffend die Beitragsleistung des Bundes an die Kosten der Kantone für Ueberwachung der Bannbezirke für die Hochwildjagd, insofern erweitert wird, als die Beitragsleistung des Bundes sich im gesezlich festgesezten Verhältniß nun auch auf die Schußgelder für in Jagdbannbezirken erlegtes Raubwild erstrekt. Die Bedingungen in Art. 7 und 8 lezterwähnter Verordnung, welche an die Abänderung dieser Bezirke geknüpft waren, wurden fallen gelassen.

Um jedoch zu verhüten, daß die durch die bisherige Wildhut erreichten Erfolge nicht durch eine zu lange Jagdzeit wieder aufgehoben werden, haben wir in den wieder geöffneten Gebieten

186 die Jagd für das Jahr 1881 nicht vor dem 20. September, für 1882 nicht vor dem 10. September -M eröffnen bewilligt und ferner die Kantone zur Beibehaltung der Wildhut bis Ende 1882 gleich wie in den in Bann gelegten Bezirken verpflichtet. Ueberdieß erließ das Departement unterm 8. August ein besonderes Kreisschreibeu an die betheiligten Kantone, in welchem diesen empfohlen wurde, geeignete Maßregeln zur Schonung des in den bisherigen Bannbezirken erzielten Wildstandes zu treffen.

Die durch die neue Verordnung herbeigeführten Abänderungen der bisherigen Begrenzung der Bannbezirke'sind übrigens nicht bedeutend, indem auf Wunsch der betreffenden Kantone von den frühern 18 Freibergen 10 unverändert beibehalten, 3 theilweise abgeändert und nur 5 ganz verlegt wurden. Diese leztern sind: der Bannbezirk des Kantons Luzern, derjenige des Kantons Waadt und die drei des Kantons Wallis. Eine theilweise Verlegung der Grenzen fand statt im bernischen Bezirk Wildhorn-Wildstrubel und in den beiden bündnerischen Bezirken Piz Riein-Tomul und Bernina. In diesem leztern Freiberge haben wir überdies für angemessen erachtet, auf das Gesuch einer Anzahl Jäger des OberEngadins vom 17. September hin, durch Beschluß vom 26. November 1881 die Jagd auf Wasservögel auf den dortigen Seen in genau begrenzter Ausdehnung und unter besondern Beschränkungen zu bewilligen.

Die Gesezgebung der Kantone, die Jagd betreffend, hat im Berichtjahr unbedeutende Modifikationen erlitten.

Die Regierung von Schwyz reduzirte die, laut der kantonalen Vollziehungsverordnung vom 25. Juli 1876 am 1. September beginnende Zeit für allgemeine und Federwildjagd um einen Monat, indem der Anfang der Jagd auf den 1. Oktober festgesezt wurde.

Wir haben diesem Beschluß unterm 29. Juli unsere Genehmigung ertheilt.

Ebenso erlitt die St. Gallische Vollziehungsverordnung vom 25. Juli 1876 eine Abänderung in dem Sinne, daß zukünftig der Regierungsrath jeweilen im Laufe des Juli innerhalb der vom Bundesgeseze gezogenen Grenzen die offene Zeit für die einzelnen Jagdarten festzusezen hat.

Ueber ein unterm 9. März 1881 der Bundesversammlung eingereichtes, mit 507 Unterschriften von Bürgern der Kantone Waadt, Genf, Wallis und Neuenburg bedektes Gesuch um Wiedereröffnung der Frühjahrs-Jagd, sowie ein solches seitens des schweizerischen Thierschuzvereins vom 28. Februar 1881 um Verbot der Einfuhr lebender Wachteln, welch' beide Gesuche eine Abänderung des

187

ßundesgesezes über Jagd und Vogelschuz involviren, waren wir noch nicht im Falle, Bericht erstatten zu können.

Einer Eingabe des thurgauischen landwirthschaftlichen Vereins, dahin gehend, es möchte der Bundesrath die Initiative ergreifen zu gemeinschaftlichen Schritten derjenigen Staaten, welche von den übeln Folgen des massenhaften Wegfangens nüzlicher Vögel zunächst betroffen werden, konnte nicht Folge gegeben werden, indem die, auf diplomatischem Wege eingezogenen Erkundigungen ergaben, daß zur Zeit ein derartiger Schritt keine Aussicht auf Erfolg haben würde.

Im gleichen Sinne mußte eine analoge Eingabe des schweizerischen Thierschuzvereins beantwortet werden.'

Im Laufe des Berichtjahres legte uns Herr Lebet sein Bilderwerk nüzlicher Vögel vor und gab uns Veranlassung, den Kantonen die Anschaffung desselben zu empfehlen, indem der anfanglich für dasselbe auf Fr. 35 festgesezte Preis nach einigen Unterhandlungen auf Fr. 15 reduzirt wurde, so daß es nunmehr bei den in Aussicht genommenen Beiträgen von Fr. 5 per Exemplar seitens der Kantone und Fr. 3 seitens des Bundes jeder Schule ermöglicht ist, dieses vorzügliche Werk zu dem geringen Preis von Fr. 7 zu erwerben.

Bis dato sind folgende Bestellungen eingegangen und an Herrn Lebet zur Ausführung übermittelt worden: an Zürich 62 deutsche, -- französische , zusammen 62 Expl.

Bern 315 400 11 n T) ·n * »5 17 17 ·n ·n Luzern ·n ·n n 10 10 ·n ·n ·n Uri Tl n0 13 13 ·n ·n Schwyz ·n n ·n 16 16 n ·n Obwalden n n TI 10 10 n T) ·n Nidwaiden n ·n 37 37 11 VI 11 ·n Glarus ·n 7 7 Tl 11 11 T) Zug TI 19 19 T) fi D Basel Stadt 11 11 50 50 11 ·fi T) Schaffhausen n 11 1 1 ·n T> St. Gallen 11 Tl ·n 150 Graubünden 150 ·n ·n ·n Ti 11 Genf -- ,, 60 60 ' -n TI 11 T Total 707 deutsche, 145 französische, zusammen 852 Expl.

Ueberdies haben Freiburg und Neuenburg, wie auch eine Anzahl Gemeinden Zürichs die Kollektion Lebet bereits früher erworben, Freiburg für die Sekundärschulen, Neuenburg für sämmtliche 133 Schulen des Kantons. Solothurn und Thurgau besizen

188

ebenfalls schon ähnliche, von Schreiber in Eßlingen herausgegebene Bilderwerke.

Zur Besichtigung der Jagdbannbezirke und namentlich zur Untersuchung der Art und Weise, wie in denselben die Wildhut ausgeübt wird, hat das Departement auch im Laufe des Berichtjahres die Mitglieder der Jagdexperten-Kommission mit der Inspektion einer Anzahl von Freibergen beauftragt. Die von diesen Experten, sowie die von den Kantonsregierungen eingegangenen Halbjahresberichte ergeben im Allgemeinen befriedigende Resultate. Mit ganz geringen Ausnahmen ist nunmehr überall die Wildhut in zwekmäßiger Weise organisirt und wird im Allgemeinen mit Eifer und Sorgfalt gehandhabt. Die Erfolge der getroffenen Maßnahmen werden auch bereits in ganz unverkennbarer Weise ersichtlich; beinahe überall wird eine merkliche Vermehrung des Wildstandes beobachtet. Leider sind die diesfälligen von den Kantonen erbetenen Angaben noch nicht so vollständig eingelangt, daß eine Zusammenstellung derselben möglich wäre, jedoch hoffen wir, irn nächsten Jahre über den Wildstand der Freiberge genauere Auskunft ertheilen zu können.

Mit der Zunahme des Wildstandes ist aber auch die Jagdlust der Wilderer reger geworden, so daß mancherorts die Wildhüter einen schwierigen Stand haben. So z. B. begaben sich zu Ende des Berichtjahres mehrere Wilderer in den bernischen Bannbezirk Finsteraarhorn vereint auf die Jagd. In Folge solcher Vorkommnisse sahn sich die Wildhüter hie und da veranlaßt, Jagdgehülfen beizuziehen.

Nach den uns zugegangenen Rechnungen betrugen die Gesammtkosten für die' Wildhut in den Freibergen während des Berichtjahres Fr. 30,137. 43. An die daherigen Auslagen haben wir sämmtlichen betheiligten Kantonen, mit Ausnahme von dreien, welche den gesezlichen Vorschriften bisher noch nicht vollständige Genüge geleistet, Beiträge von einem Drittel, gemäß dem Bundesbeschluß betreffend die Beitragsleistung des Bundes an die Kosten der Kantone für Ueberwachung der Bannbezirke für die.Hoch wildjagd, vom 28. Juni 1878, in Summa Fr. 10,541. 14 ausgerichtet.

b. Fischerei.

Der Fischerei, welche bei dem Reichthurn unseres Landes an Fischgewässern einen so wichtigen Zweig der Nationalökonomie bildet, und der bei uns leider noch sehr im Argen liegt, wurde im Berichtjahr unsere ganz besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Wie

189 Ihnen bekannt, haben wir durch Verordnung vom 12. März 1880 die Verwaltung der Fischerei sammt Jagd mit dem Forstwesen vereinigt.

Zunächst luden wir (unterm 6. Januar) diejenigen Kantone, welche noch keine V o l l z i e h u n g s V e r o r d n u n g e n zum Bundesgeseze über Fischerei vom 18. Herbstmonat 1875 besizen, ein, solche zu entwerfen und uns zur Prüfung und Genehmigung einzusenden.

Seither wurden wir in Fall gesezt, die Vollziehungsverordnungen des Kantons Uri und eine solche des Kantons Neuenburg, betreffend die Flußgebiete Seyon und Reuse, ferner eine Fischereiverordnung der Stadt Zürich, genehmigen zu können ; wogegen immer noch diejenigen von Zürich, Glarus, Zug, Graubünden, Tessin, Waadt und Wallis ausstehen.

Es muß hiebei bemerkt werden, daß für mehrere dieser Kantone Verordnungen im Entwurf den betreffenden gesezgebenden, resp. vorberathenden Behörden vorliegen, und daß ferner einige Grenzkantone mit dem Entwurf zuzuwarten wünschen, bis die Fischereiverträge, betreffend welcher wir mit einigen angrenzenden Staaten in Unterhandlung stehen, perfekt geworden.

Leider konnten leztere auch im verwichenen Jahre nicht zum Abschluß gelangen.

Laut erhaltener Mittheilung unserer Gesandtschaft in Paris vom 13. Februar 1882 wurde der Entwurf einer F i s c h e r e i K o n v e n t i o n mit F r a n k r e i c h bereits den 1. Februar 1881 auf dem Bureau der Deputirtenkammer niedergelegt, da aber die betreffende Kommission mit ihrem dießfälligen Bericht nicht vor Schluß der Sizung fertig geworden war, befand sich die Kammer auch nicht im Falle, hierauf eintreten zu können. In Folge dessen war es nothwendig, der Kammer neuerdings einen Vertragsentwurf vorzulegen, was in gleichem Wortlaut, wie bei der ersten Vorlage, den 24. November 1881 geschah.

Was die F i s c h e r e i - K o n v e n t i o n mit I t a l i e n betrifft, so wurden seitens der dortigen Regierung, mit Note vom 22. März 1881, Abänderungen nur formeller Natur gewüncht, mit welchen wir uns einverstanden erklären konnten.

Unterm 6. April kam uns von der Gesandtschaft jedoch eine Note zu, mit welcher gegen verschiedene Bestimmungen des Konventions-Entwurfes Einwendungen erhoben wurden.

Nach Einholung der Ansichten der beiden betheiligten Kantone Tessin und Graubünden hierüber, und ebenso des Herrn Prof.

190 Dr. Vogt, unseres Bevollmächtigten bei den ersten Vertragsunterhandlungen., erklärten wir uns mit einigen der von Italien gewünschten Abänderungen einverstanden, während wir der dortigen Regierung hinwieder andere zur nochmaligen Erwägung anheimgaben.

Nach der hierauf erhaltenen Rükäußerung mit Note vom 9. August bedarf es nur noch der Verständigung der beidseitigen Regierungen über eine einzige Bestimmung des Vertrags, nämlich hinsichtlieh der Zulassung von Saknezen, welche vom Land und von feststehenden Schiffen aus gezogen werden (reti a sacco tirate da terra o da barche fisse), welche nun ebenfalls zu Stande gekommen, so daß die Unterzeichnung der Konvention nächstens erfolgen kann.

Was den mit den R h e i n u f e r s t a a t e n zum Zweke der Hebung der Lachsfischerei angebahnten Vertrag, dessen wir in unserm leztjährigen Bericht Erwähnung gethan, betrifft, so hängt das weitere Eintreten auf die eine oder andere der von der Konferenz in Berlin eventuell entworfenen Konventionen von dem Resultate der diesbezüglichen Unterhandlungen zwischen der Regierung des deutschen Reichs mit den Niederlanden ab, über welches uns noch keine Mittheilung zu Theil geworden.

Auf Veranlaßung des Ausschusses des deutschen Fischereivereins fand am 9., 10. und 11. Juni abhin eine K o n f e r e n z in L i n d a u von Kommissarien der Regierungen der Bodenseeuferstaaten , mit Ausnahme Oesterreichs, zum Behufe der Feststellung der Fischereizustände am Bodensee und im oberbodanischen Rheine, sowie der geeignetsten Mittel zur Verbesserung derselben statt.

Wir bezeichneten als schweizerischen Kommissär Herrn Nationalrath Dr. Sulzer in Winterthur, der die Schweiz schon so oft und immer mit Auszeichnung "tj bei Fischerei-Konferenzen vertreten.

Ueber die Ausführung der, laut Protokoll dieser Konferenz nöthig errachteten Maßregeln, und dies auf thunlichst gleichmäßiger Grundlage für den ganzen Umfang des Bodensees und seiner Zuflüsse, wurde von derselben das autonome Vorgehen der betreffenden Regierungen in Aussicht genommen.

Als der an den fraglichen Fischgewässern mit dem größten Gebiet betheiligte Staat glaubten wir die Initiative zur Brzielung einer übereinstimmenden Ausführuog der Lindauer Resolutionen ergreifen zu sollen, und erließen daher unterm 9. Dezember 1881 dießfällige Noten an die Regierungen der an der Konferenz betheiligten Staaten und an die schweizerische Gesandtschaft in Wien.

191 In der Angelegenheit betreffend einen Modus vivendi zwischen dem Kanton Thurgau und dem Großherzogthum Baden, in Bezug auf die Fischereipolizei auf dem Untersee und Rhein und Erhebung von Fischereigebühren, befanden wir uns im Berichtjahr nicht im Falle, irgendwelche Schritte thun zu können.

Um uns über die. Vollziehung der wichtigsten Bestimmungen des eidgenössischen Fischereigesezes und über die Fischereiverhältnisse in den einzelnen Kantonen die nöthige Kenntniß zu verschaffen, ersuchten wir die Kantone unterm 4. März abhin um dießfällige Berichterstattung unter Zustellung eines Fragebogens.

Aus diesen Berichten geht hervor, daß der frühere Fischreichthum unserer Gewässer und namentlich der Bäche und Flüsse im Allgemeinen sehr abgenommen hat, ja daß einige dieser Gewässer fast fischleer geworden sind.

Die Gründe davon liegen hauptsächlich: 1) in der Verminderung der Laichflächen durch Fluß- und Bachkorrektionen ; 2) in der Unterbrechung des Fischzuges nach den Laichpläzen durch Wehren und Schwellen ; 3) in der Verunreinigung und Vergiftung der Fischgewässer durch Eiulauf aus verschiedenen Fabriken, und 4) in mangelhafter Handhabung des eidgenössischen Fischereigesezes und der betreffenden Vollziehungsverordnungen.

Die Fluß- und Bachkorrektionen, sowie auch der den Fischen verderbliche Holztransport in losen Flößen, können zu Gunsten der Fischerei unmöglich beschränkt werden ; dagegen lassen sich Mittel gegen die andern bezeichneten Uebelstände ergreifen.

Um von denjenigen Wehren, Schwellen und dergleichen und auch von denjenigen natürlichen Wasserfällen Kenntniß zu erhalten, welche den Zug der Fische unterbrechen, haben wir unterm 18. April ein Kreisschreiben an die Kantone erlassen und mit Hinweisung auf den bezüglichen Art. 5, Absaz 5 des Bundesgesezes über Fischerei dieselben ersucht, uns die betreffenden Stellen bezeichnen und zugleich allfällige Vorrichtungen (Fischtreppen, Kanäle) in Vorschlag bringen zu wollen, welche die Verbindung herstellen könnten.

Die uns hierüber eingegangenen Berichte sind zu unvollständig, um uns eine Zusammenstellung zu gestatten; dagegen geben sie uns hinreichende Veranlassung, um, soweit möglich, auf Beseitigung der bestehenden Uebelstände hinzuarbeiten.

Außer der sehr zwekmäßig angelegten, in die Molasse eingehauenen Fischtreppe bei der Schwelle der Maigrange an der Saane

192

bei Freiburg ist jezt eine kleine hölzerne Leiter bei der Papierfabrik in Cham erstellt und eine andere für die Nadelwehr in der Stadt Luzern entworfen.

Betreffend Ziffer 3, Verunreinigung und Vergiftung der Fischereigewässer , wurde durch Vermittlung unseres Fischereiexperten, Hrn. Nationalrath Sulzer, Hr. Apotheker C. Nienhaus in Basel mit einer Untersuchung der diesbezüglichen Verhältnisse in Basel und Einreichung eines Gutachtens über zu treffende Maßnahmen beauftragt. Wie wir vernehmen, ist Hr. Nienhaus bereits im Juni seiner Aufgabe nachgekommen und sehen wir nun einem Berichte des Hrn. Sulzer entgegen.

Was endlich Ziffer 4, die mangelhafte Vollziehung des eidgenössischen Fischereigesezes , betrifft, so werden wir bemüht sein, demselben Nachachtung zu verschaffen.

Um unsere Gewässer wieder möglichst zu bevölkern, bedarf es nun aber außer obigen Maßnahmen der künstlichen Beihülfe zur Vermehrung der Fische, künstlicher Brutanstalten. Darin ist nun in lezter Zeit sehr Erfreuliches geschehen und haben wir von den betreffenden Kantonen, auf erlassenes Kreisschreiben hin, das erforderliche Material zu nachstehender Zusammenstellung pro 1880/81 erhalten. ' Es ergibt sich aus derselben eine Gesammtproduktion an Fischen von 1,957,350, welche sich auf 25 Fisch brutanstalten in 10 Kantonen vertheilen. Außer den im Verzeichniß aufgeführten bestehen noch eine Anzahl kleinerer privater Anstalten.

Der Bundesbeitrag an die betreffenden Kantone zu Händen der Anstaltbesizer an die Kosten der Fischbruten pro 1880/81 betrug Fr. 4000, die sich wie folgt auf 8 Kantone vertheilen : Zürich Fr. 1300 Bern .

.

.

.

. ,, 200 Luzern .

.

.

.

.

.2 5 0 Freiburg ,, 250 Aargau .

.

.

.

.

.3 0 0 Schaffhausen .

.

.

. ,, 600 Waadt ,,700 Genf ,,400 Fr. 4000 gegenüber Fr. 2808 im Jahre 1879/80.

Um uns in den Fall zu sezen , die Brutanstalten rechtzeitig einer Inspektion unterstellen zu können, haben wir die Kantone

Anzahl der Eier.

Kanton.

ZUrich

Fischart.

Höhe über Meer

Nr.

Erstellungskosten

Erhaltene Fische

Dachsen, des Staates Zürich

M.

395

Glattfelden, des Staates Zürich

Wasserkirche Zürich, des Staates Zürich

Ar zahl im Einze znsarame

nach Fischart.

Rheinfischenzenaufsehe Mandli, Sohn

Lachse Flnss- und Seeforellen Aeschen

275,000 15,000 225,000

359

Kantonsrath Keller

Lachse Lachsbastarde Fluss- und Seeforellen

49,000 56,000 100,000

409

Dr. Asper

Lachse Fluss- und Seeforellen Rötheli Felchen

6,000 5,000 18,000 5,000

nach Anstalt.

»/

im Einzeln Fr.

3,32

Ct.

nach Kantoi

im Einzeln Fr.

868

Ct.

50

79

610

50

10

80

Fr.

Kan lons-

Betriebskosten

Leiter der Anstalt.

Fischzuchtanstalt, Besitzer derselben.

Ct

0 ler eindeunds( instige nach Kantor ' Beit rage.

Fr.

Ct

Fr.

Ct.

515,000 (

205,000

-

--

34,000 4

Meilen, des Staates Zürich

550

Seefischenzen-Aufseher Jak. Wunderli

Lachsbastarde Flnss- und Seeforellen Rötheli

20,000 25,000 35,000

5

Sihlwald, des Staates Zürich

500

Ein Mitglied der kant Fischzuchtkommission

Fluss- und Seeforellen

15,000

1,52

1032

1

88

80,000 4

821

15,000

45

5,78

849,000 l Luzern

. . . .

6

Lnzern, der Korporations-Gemeinde

438

Sekretär Pfyffer

Seeforellen Rötheli Madui-Maränen

7

Perlen, des Franz Widmer, Metzger

430

Franz Widmer

Bachforellen

37,000 13,000 10,000 60,000.

6,000

457

St. ürban, der Irrenanstalt

Schnyder, Verwalter

Lachsbastarde Bachforellen

51,900

86

5,600

93

4,000 2,000

5,350

88

9

Chenaleyre bei Belfaux, des Herrn de Vevey

575

De Ve-vey

Seeforellen

100,000

90,000 100,000

32,000 90 000

112

1,670

62,850

II Freiburg . . . .

ISO 1

--

20

3,500 1,850 6,000

112

--

550

5,600 6,000

8

1,100

32,000 10,000 9,900

DiverseS 3636 63

_

90

2590 32,000

2590

90,000 II Basel-Land . . .

10

Ariesheim, des Herrn Fabrikdirektor Brüderlin

270

Werkführer Linder

Bachforellen

4,000

3,000

3 000

4,000

75

3,000

jl Schaffhausen

. .

11

Schlösschen Wörth, des Kantons Schaffhausen î

360

Reg.-Rath Moser-Ott

Forellen und Aeschen Lachsbastarde Lachse

105,000 10,000 121,000

8,000 236,000

224,200

1000

--

95

8,000

. . . .

12

Trostburg, Teufenthal, der Gebr. Karrer

583

Gebr. Karrer

Bachforellen Lachsforellen

13 14

Biberstein, des Job. Schärer, Fischzttchter Aarburg, der Gebr. Bauer

370 400

Job. Schärer Gebr. Bauer

Lachse u. Bachforellen Lachsforellen RBtheli

15

Suhr, -des G. Schneider und Saml. Rüetschi

410

Schneider und Rüetschi

Bachforellen Lachsbastarde

20,000 9,000

16

Uerkheim bei Safenwyl, des H. Httssy

500

Herrn. Hüssy

Bachforellen Lachsbastarde

30,000 12,000

17

Ober-Entfelden, des Th. Thut

430

Th. Thut

Lachsbastarde Hechte

18,000 10,000

1000 --

224,200

Aargau

--

30,000 25,000 55,000

53,000 21,000

330 1,100

2,000 1,000 3,000

2,500

20' 40

--

85 150

29,000

25,000

2002

--

86

28,500 4,000

500

32,500

42,000

700

15,000

28,000

-- 3,190

54

40

149,000

Thurgau . . . .

18

Oberkirch, des Staates Thurgau

435

19

Münchweilen, des Staates Thurgau

518

Schweizer-Keber Kationalratli Heitz

Lachsbastarde Bachforellen Aeschen

30,000 77,655 25,400

296

40

916

65

461

--

41,300

33,055

41,300

Waadt

20 21 22

Vallorbes

Louis Mathey

Forellen

55,000

Bonvillard

Lognat

Forellen

230,000

Challex bei Aigle, des Herrn Oberst de Loës

Oberst de Loës

Forellen Lachse Rötheli

43,000 55,000

43,000

78

215,000

95

15,000 30,000 10,000 3,000 2,000

--

15,000 23

Fluss- und Seeforellen

Lac de Joux, Société de pisciculture

--

-

80,000 80,000

-- --

353,000

Neuenburg

. . .

24

Chanelaz, D' Virchaux

Sottaz

25

Genf, dem Staat

Dr. Vauchet

--

15,000

--

170,000

15,000

Genf

Fluss- und Seeforellen

-- --

Total 1

Kantonalec BcitraS- * Landwirtschaftliche Gesellschaft Aargan.

170,000 1,957,350

-

,717

5

1,717

5

--

--

193 ersucht, jeweilen bis spätestens den 1. Oktober (ungefährer Beginn der Aussezung der Eier), die Gesuche um Bündesbeiträge vorläufig anmelden zu wollen.

Die Brutanstalten pro 1881/82 haben wir durch unser Forstinspektorat bereits besichtigen lassen.

Hiebei hat sich ein Uebelstand gezeigt, dem für das nächste Brutjahr notwendigerweise abgeholfen werden muß. Die meisten Brutanstalten beklagten sich nämlich darüber, daß es ihnen nicht möglich gewesen sei, das zur Füllung ihrer Tröge erforderliche Quantum befruchteter Eier zu erhalten, während solche massenhaft und mit großem Gewinn ins Ausland verkauft werden.

Spezielle Beschwerden veranlaßten uns, die Regierungen von Zug und Baselstadt auf diesen Handel aufmerksam zu machen und sie einzuladen, Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

Wir werden es nicht unterlassen, die Gewinnung und die Abgabe befruchteter Fischeier rechtzeitig vor Beginn der nächsten Brutzeit zu regeln und dem Handel ins Ausland zu steuern.

Eine verdankenswerthe Anregung des Herrn Dr. Sulzer zur Einführung der Gattung Coregonus in den tessinisch-italienischen Seen haben wir vorläufig noch nicht in nähere Erwägung gezogen, weil wir vorher die Fischereiverhältnisse in diesen Gewässern zu regeln wünschen.

Auf ein Gesuch von Einwohnern von Sentier (Waadt) vom 12. September 1881 um Anwendung des Art. 2 des eidgenössischen Fischereigesezes, betreffend das Verbot ständiger Vorrichtungen beim Fischfang, auf einen dortigen, vom Kanton errichteten Selbstfang haben wir vorläufig unser Forstinspektorat beauftragt, sowohl die erwähnte Vorrichtung in Sentier als auch zwei ähnliche Fänge, ebenfalls dem Kanton Waadt angehörende im Arnon und der Aubonne und ebenso einen Fang in der Reuse bei Boudry (Neuenburg) zu untersuchen.

Die Regierung von Freiburg übermittelte uns unterm 1. Juli 1881 ein Gesuch von 46 waadtländischen und freiburgischen Fischern um Abkürzung des Verbots des Fischens mit Nezen und Garnen im See vom 15. April bis Ende Mai auf die Hälfte dieses Zeitraums mit Bezug auf den Neuenburger- und Murtensee.

Da dieses Gesuch eine Abänderung des eidgenössischen Fischereigesezes in sich schließt, waren wir nicht im Falle, auf dasselbe eintreten zu können.

Die Regierung von Appenzell A.-Rh. theilte uns mit, daß nach Art. 2 ihrer Fischereiverordnung die Anwendung von Nezen jeder Bundesblatt. 34. Jahrg. Bd. II.

13

194 Art zürn Fang von Bachforellen verboten sei, und ersuchte uns urn unsere Vermittlung, damit ein solches Verbot in Bezug auf die gemeinschaftlichen Fischgewässer auch in Appenzell I.-Rh. erlassen werde. Lezterer Kanton erklärte sich hiezu bereit unter der Bedingung, daß Außer-Rhoden eine schon früher gemachte Anregung der Verlegung des Beginnes der Fischerei von Lichtmeß auf den 1. April annehme. Auf eine diesfällige Anfrage haben wir von der Regierung des leztern Kantons noch keine bestimmte Antwort erhalten.

Auf die Zusendung eines Berichtes unseres Forstinspektorates an die Regierung Tessins über höchst mangelhafte Handhabung der Fischereipolizei im dortigen Kanton erhielten wir unterm 23. August 1881 eine Antwort, in welcher auf den Bericht nicht näher eingetreten, sondern nur allgemein mitgetheilt wird, daß eine Fischereikommission zur Vorberathung einer Fischereiverordnung niedergesezt sei und dieselbe vor Beendigung ihrer Arbeit den Abschluß der Fischereikonvention mit Italien abzuwarten wünsche.

Unterm 15. Februar 1881 bewilligten wir unter gewissen Bedingungen den Fang der Felchen im Bodensee während der Frühjahrsschonzeit (Art. 8 der Uebereinkunft mit Baden und ElsaßLothringen) nach einem gleichen Vorgehen des großherzoglichbadischen Handelsministeriums.

XIV. Answanderungswesen.

Dieser Geschäftszweig hat im Berichtjahr zu einer großen Anzahl von Korrespondenzen Veranlassung gegeben. Die Geschäftskontrole weist für diese Rubrik 1125 Nummern auf. Nichtsdestoweniger können wir uns, da eine große Zahl der Nummern sich auf Anfragen und Auskünfte allgemeiner Natur, wie über die Agenten und Unteragenten, die Kaution etc. bezog, kurz fassen.

I. V o l l z i e h u n g des B u n d e s g e s e z e s vom 24. D e z e m b e r 1880, b e t r e f f e n d d e n G e s c h ä f t s b e t r i e b v o n Auswanderungsagenturen.

1. Die Frist, innert welcher in Gemäßheit des Bundesgesezes vom 17. Brachmonat 1874, betreffend die Volksabstimmung über Bundesgeseze und Bundesbeschlüsse, Einspruch gegen das vorgenannte Gesez erhoben werden konnte, lief mit dem 8. April 1881 ab. Unterm 12. April wurde, da jene Frist nicht benuzt worden war, das Gesez in Kraft und vollziehbar erklärt (siehe Bundesblatt 1881, H, Seite 495 und A. S. n. Folge V, 348).

195 Nach Art. 21 hatte der Bundesrath dasjenige Departement zu bezeichnen, welches die Aufsicht über die Auswanderungsagenturen auszuüben hat. In dem Entwurfe zu einem Auswanderungsgesez (siehe Bundesblatt 1879, III, 929) haben wir in Gemäßheit von Art. 28, Ziff. 4 des Bundesbeschlusses über die Organisation und den Geschäftsgang des Bundesrathes, vom 21. August 1878 (A. S. n. F. Ili, 480), die Ausübung jener Aufsicht dem Handelsund Landwirthschaftsdepartement übertragen. Wiewohl bei diesem Departement eine kontinuirliche Zunahme der Geschäfte zu konstatiren und mehrere Branchen desselben einer weiteren Audehnung fähig sind, fanden wir doch, es sei zur Zeit nicht dringlich nöthig, das Auswanderungswesen einem andern Departemente zu übertragen und Ihnen eine Revision des zitirten Bundesbeschlusses vorzuschlagen.

Da nach Art. 16 mit Patenten nicht versehene Personen straffällig sind, wenn sie in der Schweiz Auswanderungsgeschäfte betreiben, wurde den bereits bestehenden Agenturen gestattet, bis zum 1. Juni ihr Geschäft auch ohne Patent weiter zu betreiben. Den übrigen Bestimmungen des Gesezes, welche sich nicht auf die Patenterteilung beziehen, waren sie jedoch auch während dieser Frist unterworfen. Für die Anmeldung zur Erlangung eines Patentes wurde den bestehenden Agenturen Frist gegeben bis zum 31. Mai 5 gleichzeitig wurde darauf aufmerksam gemacht, daß vom I. Juni 1881 an keine Person oder Gesellschaft sich mit der geschäftsmäßigen Beförderung von Auswanderern aus der Schweiz ' befassen dürfe, ohne mit einem Patent versehen zu sein. Es ist selbstverständlich, daß Anmeldungen auch nach jener Frist angenommen wurden, nur hatten die Betreffenden nicht Anspruch darauf bis zum 1. Juni ihr Gewerbe auch ohne Patent betreiben zu dürfen.

Um den Agenten den Rükzug der allfällig bei den Kantonen deponirten Kautionen zu erleichtern, bestimmten wir, daß die in Art. 4 zur Erlangung eines eidgenössischen Patentes vorgeschriebene Kaution von Fr. 40,000 auch zur Sicherheit für solche Ansprüche dienen solle, welche aus der Zeit her datiren, wo die Patente noch von den kantonalen Behörden ertheilt wurden (Bundesblatt 1881, II, S. 495).

Es meldeten sich hierauf sieben Agenten und Gesellschaften an, von denen wir mit Schlußnahme vom 31. Mai sechs das Patent zur Betreibung von Auswanderungsgeschäften ertheilten. In
der Folge bewarben sich noch drei fernere Agenten um ein Patent.

Nach genauer Prüfung der im Art. 3 vorgeschriebenen Ausweise und nach jeweiliger Einvernahme der betreffenden kantonalen Behörden gestatteten wir auch diesen, sowie in Gemäßheit von Art. 5,

196 Alinea 2, von den patentirten Agenturen angemeldeten Unteragenten die Betreibung von Auswanderungsgeschäften.

Die Zahl der angemeldeten Unteragenten beläuft sich auf 217 ; die Zahl derjenigen, deren Anstellung wir genehmigten, beträgt 200; am 1. Januar 1882 waren hievon noch in Funktion 184.

Von den Agenturen haben sechs ihren Siz in Basel und je eine in Aarau, Biel und Genf.

Die Patente, aus deren Gebühren der Staatskasse eine Einnahme von Fr. 450 erwuchs, wurden ausgestellt für die Zeit vom 1. «Tuni 1881 bis 31. Mai 1886.

In Betreff der Kautionen beschlossen wir, daß das Handelsund Landwirthschaftsdepartement hinsichtlich des Werthbestandes derselben, und zwar sowohl der angebotenen als der bereits acceptirten, aber wegen Werthverminderung eines Ersazes bedürftigen, den Bericht des Finanzdepartements einzuholen habe. Die Verwahrung der von den Auswanderungsagenturen zu leistenden Kautionen und Kautionsakte wurde der eidgenössischen Staatskasse in dem Sinne übertragen, daß in Bezug auf die deponirten Titel, allfällige Rechtsvorkehren, Wahrnehmung von Ausloosungen, Konversionserklärungen und Zinsenbezug dem Kautionssteller selbst überlassen bleiben.

2. An Klagen gegen die Geschäftsführung der Agenturen hat es nicht gefehlt. Die einzelnen von ihnen zur Last gelegten Verlezungen des Bundesgesezes betreffen : 1) Spedition von Personen, welche keine Ausweisschriften über Herkunft und Bürgerrecht besizen; 2) Spedition von militärdienstpflichtigen Schweizerbürgern, die sich nicht ausgewiesen, daß sie die vom Staate erhaltenen Militäreffekten zurükerstattet haben.

3) Spedition einer Person unter 18 Jahren, deren Eltern mit der Auswanderung nicht einverstanden waren.

4) Verwendung von Personen, deren Anstellung vom Bundesrath nicht genehmigt worden war, zum Verkehr zwischen den Agenturen und den Auswanderern.

Wir waren achtmal im Falle, wegen dieser Vergehungen von Art. 15 Gebrauch zu machen und Bußen im Betrage von Fr. 20, 30 und 100 auszufällen. Die Gesammtsumme der verhängten Bußen beträgt Fr. 250. In Bezug auf die getrennt oder in Verbindung mit diesen Fällen gestellten Entschädigungsbegehren wurden die Kläger jeweilen an die zuständigen kantonalen Gerichte gewiesen.

197 Ebenso wurde die Beurtheilung der Fälle, in denen es sich um Ausübung von Auswanderungsgeschäften seitens hiezu unbefugter Personen handelte, durch Vermittlung der Administrativbehörden den zuständigen kantonalen Gerichten zugewiesen.

3. Ueber die Behandlung der Auswanderer auf den Schiffen sind uns nur wenige Klagen zugekommen. Die meisten schweizerischen Auswanderer gehen bekanntlich über Havre und werden mit den Schiffen der Compagnie générale transatlantique spedirt, deren Einrichtung durch Réglemente vorgeschrieben und auf denen die Raumzutheilung, die Quantität und Qualität der Speisen ebenfalls strengen Normen unterworfen sind. In einem Falle erwiesen sich die Klagen der Auswanderer in der Sache begründet, aber die Thatsachen, über die Beschwerde geführt wurde, waren deßhalb erklärlich, weil das betreffende Schiff mit einem ungewöhnlich heftigen Sturme zu kämpfen gehabt hatte. Die von uns eingeleitete Untersuchung hat der Schiffsgesellschaft die Ueberzeugung beigebracht, daß der Behandlung der Auswanderer alle Aufmerksamkeit geschenkt wird, und wir haben bereits Ursache anzunehmen, daß da, wo Mißstände vorgekommen sind, Besserung geschafft werden wird.

II. A n d e r e auf das A u s w a n d e r u n g s w e s e n sich beziehende Geschäfte.

1. Mit Postulat vom 3. Mai 1881 hat uns der Nationalrath eingeladen, die Frage zu untersuchen und Bericht und Antrag vorzulegen, auf welche Weise der planlosen Auswanderung vorgebeugt und im Weitern, wie namentlich das Streben auswandernder Familien nach einer gesicherten neuen Heimat in richtige Bahnen geleitet werden könnte.

Wir haben nun bereits in unserm Geschäftsbericht vom vorlezten Jahr unsere Ansicht über die Aufgabe des Staates in der Auswanderungsangelegenheit dargelegt und dieselbe dahin präzisirt, daß der Staat nicht an Vorkehrungen Theil nehmen solle, welche die Auswanderung hervorrufen, sondern sich darauf zu beschränken habe, diejenigen Staatsangehörigen, die Willens sind, auszuwandern oder die wirklich auswandern, bestmöglich zu schüzen. Die Kommission zur Prüfung des Geschäftberichtes pro 1881 hat sich mit dieser Anschauung vollkommen einverstanden erklärt und uns noch empfohlen, hievon nicht abzuweichen, bis die Bundesversammlung selbst anderer Ansicht geworden.

Zum Schuze der schweizerischen Auswanderer haben Sie das Bundesgesez betreffend den Geschäftsbetrieb der Auswanderungs-

198 agenturen erlassen. Es wird die strenge Vollziehung desselben es möglich machen, daß die schweizerischen Auswanderer wenigstens bis zur Ankunft am. Ziel ihrer Reise auf humane Art behandelt und so viel als möglich vor den zahlreichen Beschwerden bewahrt bleiben, die bis anhin mit Auswandererspeditionen verbunden waren.

Will man einen Schritt weiter gehen, so kann man in jene Aufgabe einbegreifen, daß den Auswanderern die getreuesten Aufschlüsse über das Gebiet ertheilt werden , auf welchem sie sich niederzulassen gedenken.

Unter Bezugnahme auf das Postulat vom 3. v. M. haben wir denn auch die schweizerischen Konsulate in Amerika, dem beinahe ausschließlichen Reiseziel der schweizerischen Auswanderer, eingeladen : 1) von Zeit zu Zeit Berichte über die Gegenden einzusenden, welche sie als Ziel der schweizerischen Auswanderer in guten Treuen empfehlen können, insbesondere über den Arbeitsmarkt , die Lebensmittelpreise , Besizverhältnisse , Bodenbeschaffenheit, Klima, Abgaben, Schule und Kirche; 2) die bereits in ihren respektiven Bezirken bestehenden schweizerischen Niederlassungen zu veranlassen, ihnen zu unsern Händen alljährlich wenigstens einmal dasjenige einzuberichten, was zur Belehrung von Auswanderern dienlich erscheint, sowie dieselben anzufragen, ob und unter welchen Bedingungen sie sich anheischig machen würden, einzelne Personen oder Familien bei sich aufzunehmen, falls solche ihnen von Konsulaten oder Gemeinden zugewiesen würden; 3) jeweilen bei Ankunft einer größern Anzahl schweizerischer Auswanderer sich nach dem betreffenden Ausschiffungshafen zu begeben und Denjenigen mit Rath beizustehen, die sich an sie wenden ; 4) sich beförderlieh darüber auszusprechen, welche weitere Mittel und Wege ihnen und den schweizerischen Unterstüzungsgesellschaften ihres Konsulatsbezirkes geeignet erscheinen, der planlosen Auswanderung vorzubeugen.

Ueber den Erfolg dieser Schritte ist uns zur Stunde ein Urtheil abzugeben noch nicht möglich.

2. 58 schweizerische Ansiedler in der Gegend von Parana, argentinische Provinz Entre-Rios, führten unterm 26. Oktober 1880 beim schweizerischen Konsulat in Buenos-Ayres darüber Beschwerde, daß ihnen ihr dortiger Grundbesiz von der Munizipalität von Parana weggenommen und italienischen Kolonisten zugetheilt worden

199 sei, während sie doch nicht auf Kosten der Regierung nach Argentinien gekommen seien, sondern ihre Liegenschaften käuflich erworben und rechtsgültige Besiztitel für dieselben hätten, die ihnen auf Grund derjenigen der betreffenden frühern Eigenthümer und Verkäufer ausgestellt worden seien.

In seinem Bescheide vom 12. November 1880 hat Herr Konsul Jaccard die Beschwerdeführer unter Ertheilung einiger Rathschläge an die zuständigen Gerichte gewiesen. Wir haben das Verfahren des Konsuls gutgeheißen, denselben aber jedoch eingeladen, die Interessen -der schweizerischen Ansiedler auch weiterhin wahrzunehmen und seiner Zeit über das Ergebniß der weitern Verhandlungen anher Bericht zu erstatten.

3. Von demselben Konsulate ging uns folgende Mittheilung zu : Die Société philanthropique suisse hat für schweizerische Einwanderer, die während der Unruhen in Buenos-Ayres im Juni und Juli 1880 im dortigen Hafen ausgeschifft wurden, aber eben wegen der Revolution nicht im Emigrantenasyl untergebracht werden konnten, Doli. 3165 verausgabt. Die betreffenden Einwanderer, welche auf unentgeltliche Ausschiffung Anspruch hatten, haben ihrerseits an Ausschiffungskosten Doli. 490 bezahlen müssen. Unterm 14. September 1880 hat die genannte Société das Konsulat ersucht, sich bei der argentinischen Regierung für Vergütung dieser beiden Summen zu verwenden, gestüzt darauf, daß die fraglichen Einwanderer durch die lokenden Versprechungen der Regierung, insbesondere von deren Konsul in Lausanne, Herrn Beck-Bernard, angeworben worden seien, sowie auf Grund des Reglements betreffend unentgeltliche Ausschiffung im Hafen von Buenos-Ayres, vom 12. April 1872, und betreffend das Einwandererhaus in BuenosAyres, vom 28. Oktober 1869.

Herr Konsul Jaccard hatte sich diesfalls an den Generaleinwanderungskommissär gewendet, aber einen abschlägigen Bescheid erhalten. Auch hier haben wir die vom Konsul gethanen Schritte gebilligt und denselben eingeladen, in unserm Namen bei der argentinischen Regierung auf Bewilligung der von der Société philanthropique suisse gestellten Begehren zu dringen. Ueberdies ersuchten wir den argentinischen Konsul, Herrn Beck-Bernard in Lausanne, sich im nämlichen Sinne bei seiner Regierung zu verwenden. Im Berichtjahr scheinen die beiden Angelegenheiten ihre Erledigung nicht gefunden zu haben.

4. Schließlich können wir nicht umhin, der Thatsache Erwähnung zu thun, daß in amerikanischen Zeitungen vielfach das Gerücht

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verbreitet worden ist, als ob schweizerische Gemeinden sich allgemein der ihnen mißbeliebigen Elemente, Arbeitsunfähige, Arme und selbst Verbrecher, in großer Anzahl durch Abschiebung nach den Vereinigten Staaten zu entledigen suchen. Zu iraserm Bedauern hat dieses Gerücht auch im Parlament jener Staaten ein Echo gefunden.

Es ist nun allerdings nicht zu leugnen, daß in frühern Jahren öfters Fälle der geschilderten Art vorgekommen sind. Unrichtig aber ist, daß in neuester Zeit solche Abschiebungen in nennenswerther Zahl stattgefunden haben. Uns sind aus den lezten Jahren kaum drei bis vier Fälle gemeldet worden, und selbst in diesen konnte nicht immer bis zur Evidenz nachgewiesen werden, daß es sich um Abschiebung von Personen handelte, denen die amerikanischen Einwanderungsgeseze den Eintritt ins Land verbieten. Wohl aber haben wir schon öfters die Erfahrung gemacht, daß Ausgewanderte, welche ihr Unterkommen in fremden Landen nicht finden konnten und aus eigener oder fremder Schuld ins Unglük gerathen waren, sich zu der unwahren Aussage verleiten ließen, sie seien von ihrer Heimatgemeinde zur Auswanderung veranlaßt worden.

Mit solchen Reden hofften sie von ihrer Heimatgemeinde entweder die Mittel zur Heimreise oder zu ihrem Fortkommen zu erhalten.

Auch können wir nicht umhin , der Vermuthung hier Raum zu geben, daß an der Verbreitung jenes Gerüchtes zum Theil der Uebereifer schuld sei, mit dem gewisse amerikanische Behörden Abschiebungsfälle aufzuspüren sich bemühen.

Es steht zu erwarten, daß durch die Aufnahme einer Bestimmung ins Bundesgesez vom 24. Dezember 1880 , zufolge der den Auswanderungsagenten die Spedition von Personen verboten wird, denen die Geseze des Einwanderungslandes den Eintritt verbieten, solche Fälle überhaupt nicht mehr vorkommen.

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Bericht des

Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die Beschwerde des Kantons Luzern über Vollziehung von Art. 14 des Eisenbahngesezes vom 23. Dezember 1872.

(Vom 24. März 1882.)

Tit.

Unterm 19. April 1881 hat der Bundesrath die Genehmigung der ihm von dem Direktorium der schweizerischen Centralbahn vorgelegten Pläne über die im Bahnhof Luzern in Folge Einführung der Gotthardbahn in denselben nöthig gewordenen Aenderungen an den Hochbauten ausgesprochen. Unter Bezugnahme auf diesen Beschluß richtete der Regierungsrath des Kantons Luzern auf Anregung des dortigen Stadtraths am 13. Juni 1881 die Anfrage an den Bundesrath, ob damit die vorher der Ausführung jener Baupläne entgegengestellten städtischen Bauentscheide aufgehoben sein sollen, und wenn ja, auf welche bundesgesezliche Bestimmungen diese Aufhebung sich stüze. Der Bundesrath hat diese Anfrage mit Schlußnahme vom 23. Juni bejaht, mit dem Beifügen, daß er sich diesfalls auf den Art. 14 des Eisenbahngesezes vom 23. Dezember 1872, dessen zwei erste Lemmata folgendermaßen lauten ; ,,Der Bauplan ist dem Bundesrathe in seiner Gesammtheit, sowie in den Einzelnheiten zur Genehmigung vorzulegen. Diese ist namentlich erforderlich für das Bahntrace, die Stationen sammt deren Einrichtung, sowie für sämmtliche größere Bauobjekte, einschließlich der wichtigem Hochbauten.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahr 1881.

In

Bundesblatt

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Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1882

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

17

Cahier Numero Geschäftsnummer

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

15.04.1882

Date Data Seite

113-201

Page Pagina Ref. No

10 011 448

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