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Kreisschreiben des

eidg. Justiz- und Polizeidepartements an sämmtliche Kantonsregierungen, betreffend das telegraphische Verfahren in Auslieferungsangelegenheiten.

(Vom 12. Januar 1882.)

Getreue, liebe Eidgenossen !

In neuerer Zeit ist es wiederholt vorgekommen, daß schweizerische Behörden bei dem Staatsanwalte (Procureur du roi) oder bei dem Polizeikommissär in Antwerpen auf telegraphischem Wege die provisorische Verhaftung flüchtiger Individuen verlangt haben, ohne ihren Zwek zu erreichen, weil die Telegramme unvollständig oder unrichtig adressirt waren.

Wir sehen uns daher veranlaßt, Sie zu ersuchen, diejenigen Behörden und Beamten, welche kompetent sind, Verhaftsbefehle auszustellen und die Verhaftung eines Angeklagten in einem andern Staate zu bewirken, auf unser Kreisschreiben vom 11. September 1876 (Bundesblatt 1876, Bd. III, S. 564) aufmerksam zu machen.

Hiernach müssen solche Telegramme nach Belgien, wenn es sich um I n d i v i d u e n h a n d e l t , die blos Belgien d u r c h r e i s e n , immer an die Staatsanwaltschaften gerichtet sein, während in dem Falle, wo das betreffende Individuum kürzere oder längere Zeit in Belgien gewohnt hat, gemäß Art. 6 des Auslieferungsvertrages zwischen der Schweiz und Belgien, der diplomatische Weg befolgt, das Telegramm somit an das schweizerische Konsulat in Brüssel zuhanden des Ministers des Auswärtigen adressirt werden muß.

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Unter allen Umständen aber müssen die Telegramme sorgfältig redigirt werden, damit der angesprochene Beamte mit Beruhigung einen Verhaftsbefehl ausstellen und provisorisch vollziehen kann. Es muß daher jedes Telegramm die Anzeige enthalten, daß ein V e r h a f t s b e f e h l bestehe und daß die A u s l i e f e r u n g w e r d e v e r l a n g t w e r d e n . Daneben versteht es sich von selbst, daß der Name, die Heimat und das Signalement des Verfolgten, sowie die Bezeichnung der Anklage und Ort und Zeit der That im Telegramm angegeben sein müssen..

Was die Bezeichnung des Verbrechens betrifft, so muß sie mit derjenigen im Vertrage übereinstimmen, und wo Zweifel möglich sind, wie z. B. bei der Anklage auf Betrug, müssen einige Details des Thatbestandes angegeben werden, damit der angesprochene Beamte erkennen kann, daß es sich um ein Verbrechen handelt, das im Vertrage vorgesehen ist.

Wir ersuchen Sie, für die künftige Beobachtung dieser Instruktion besorgt zu sein, und benuzen auch diesen Anlaß, Sie, hochgeachtete Herren, unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 12. Januar 1882.

Eidg. J u s t i z - u n d P o l i z e i d e p a r t e m e n t : L. Ruchonnet.

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Kreisschreiben des eidg. Justiz- und Polizeidepartements an sämmtliche Kantonsregierungen, betreffend das telegraphische Verfahren in Auslieferungsangelegenheiten. (Vom 12. Januar 1882.)

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Jahr

1882

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02

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Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1882

Date Data Seite

45-46

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