2 0



1

#ST#

1

Schweizerisches Bundesblatt 66. Jahrgang.

14. Januar 1914.

Band I.

Jahrespreis (postfrei in der ganzen Schweiz): 10 Franken, Einrückungsgebühr: 16 Happen dio Zeile oder deren Kaum. -- Anzeigen franko an die Buchdruckerei Stämpfli & Cie. in Bern.

# S T #

4 9 6

Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Bau einer normalspurigen Eisenbahn von Niederweningen nach Döttingen (Surbtalbahn) als Fortsetzung der Eisenbahn Oberglatt-Niederweningen.

(Vom 6. Januar 1914.)

I.

Durch Bundesbeschluss vom 24. Juni 1892 (E. A. S. XII. 96) wurde den Herren C. Frey, Bezirksamtmann, und Binkert, Fürsprech, beide in Zurzach, handelnd namens eines Aktionskomitees, zuhanden einer zu bildenden Aktiengesellschaft die Konzession für den Bau und Betrieb einer Eisenbahn von N i e d e r w e n i n g e n durch das Su r b tal nach D ö t t i n g e n erteilt.

Die im Artikel 5 der Konzession angesetzte und seither wiederholt erstreckte Frist zur Einreichung der technischen und finanziellen Vorlagen, sowie der Gesellschaftsstatuten wurde neuerdings durch Bundesbeschluss vom 24. Juni 1911 (E. A. S.

XXVII. 123), jedoch zum letzten Male, urn zwei Jahre, d. h. bis zum 24. Juni 1913, verlängert.

Ein vom Surbtalbahnkomitee unterm 18. Mai 1913 eingereichtes Gesuch um Gewährung einer neuen Frist von zwei Jahren, bis zum 24. Juni 1915, ist zurzeit noch unerledigt. Da dieses Gesuch im Falle der Annahme des nachstehenden Entwurfes eines Bundesgesetzes gegenstandslos werden wird, so werden wir dasselbe nur dann in Behandlung ziehen, wenn Sie auf den nachfolgenden Entwurf nicht eintreten sollten.

Bundesblatt. 66. Jahrg. Bd. I.

8

102 Nach diesen einleitenden Bemerkungen treten wir auf die Eingabe des Surbtalbahnkomitees vom Mai 1911, welche die Veranlassung zu der gegenwärtigen Botschaft bildet, ein.

Mit dieser Eingabe stellte das Komitee das Gesuch, es sei eine normalspurige Eisenbahn von Niederweningen nach Döttingen (Surbtalbahn) als Teilstück des Bundesbahnnetzes vom Bunde zu bauen und zu betreiben. Zur Begründung des Gesuches wurde im wesentlichen folgendes angeführt : Die Bestrebungen für den Bau der Surbtalbahn gehen bis in die Sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück.

Durch Bundesbeschluss vom 24. Juni 1892 sei dem damaligen Surbtalbahnkomitee eine bezügliche Konzession erteilt worden, die Finanzierung jedoch bis jetzt nicht gelungen. Das Surbtal habe grosse Hoffnungen auf die Verstaatlichung gesetzt. Seit der Volksabstimmung über die Verstaatlichung seien über dreizehn Jahre verflossen. Nunmehr dürfe wohl das Surbtal die Erfüllung seiner Wünsche durch Erstellung der Bahn erwarten. Dass nur der Bund diese Bahn bauen und betreiben könne, ergebe sich aus folgenden Erwägungen. Die Surbtalbahn sei die Verbindungsbahn zwischen zwei schon bestehenden Strecken der Bundesbahnen; sie fülle eine bedauerliche Lücke im Bundesbahnnetze aus. Dass der Bau und speziell auch der Betrieb einer derartigen Zwischenstrecke von 15 km Länge durch jemand anders als die Bundesbahnen, sei es nun ein Kanton oder eine Gesellschaft, eine Anomalie wäre, die mit grossen Unzukömmlichkeiten verbunden wäre, leuchte ohne weiteres ein. Die beteiligte Landesgegend sei nicht imstande, von sich aus die Bahn zu bauen und zu betreiben ; sie sei dazu wirtschaftlich zu schwach. Hier könne nur die Eidgenossenschaft helfen. Es handle sich um einen Ausnahmefall, nämlich um den rationellen Ausbau des schweizerischen Bundesbahnnetzes durch die Verbindung zweier Teilstücke zu einem Ganzen, um die Schaifung einer direkten Linie von Ost nach West, einer Linie, die nur au der einen Stelle noch durchbrochen sei.

Das Komitee legte zugleich ein von Herrn Ingenieur Dr. Lüscher, in Aarau, erstelltes generelles Bauprojekt mit einem Kostenvoranschlag von Fr. 1,977,000 oder rund zwei Millionen Franken vor. Das Komitee stellte ferner in Aussicht, dass im Falle der Erstellung der Surbtalbahn durch die schweizerischen Bundesbahnen die Kantone Aargau und Zürich,
sowie die Surbtalgemeinden ganz erhebliche Beiträge an die Baukosten leisten würden.

Nach dem Projekt von Herrn Ingenieur Dr. Lüscher erhält die neue Linie eine Länge von 14.755 km, wovon l.ioo km im

103 Kanton Zürich und 18.595 km im Kanton Aargau liegen. Die Bahn beginnt auf der Bundesbahnstation Niederweningen, bedient vier Zwischenstationen, nämlich Schneisingen-Murzeln, Lengnau, Oberendingen undTegerfelden und endigtauf der Bundesbahnstation Döttingen-Klingnau. Die grösste Steigung beträgt 15 °/oo und der kleinste Halbmesser 250 Meter.

II.

Das Eisenbahndepartement übermittelte die Eingabe des Surbtalbahnkomitees nebst dem Projekt von Dr. Lüscher am 29. Mai 1911 der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen und lud sie ein, vom Verwaltungsrate und dem Kreiseisenbahnrat III ein Gutachten über die Frage einzuholen, ob und, wenn ja, unter welchen Bedingungen dem Gesuche entsprochen werden solle.

Der Kreiseisenbahnrat III hat nach Vornahme eines Augenscheines in seiner am 4. November 1911 in Baden abgehaltenen Sitzung folgenden Beschluss gefasst: ,,Der Kreiseisenbahnrat III gibt sein Gutachten dahin ab, dass die Bundesbahnen den Bau und den Betrieb der Surbtalbahn übernehmen sollten, unter der Bedingung, dass die beteiligten Kantone und Gemeinden an die Baukosten einen erheblichen Beitrag leisten.u Die Generaldirektion sprach sich in ihren Berichten an den Verwaltungsrat vom 14. November 1911 und 16. April 1912 über die bautechnischen und kommerziellen Verhältnisse folgendermassen aus :

A. Bautechnische Verhältnisse.

Das von Herrn Dr. Lüscher verfasste Projekt gebe zu wichtigen Aussetzungen keinen Anlass. Die von ihm vorgesehene Höchststeigung von 15 °/oo könne auf 18 °/oo erhöht werden, da auch auf der Strecke Niederweningen-Oberglatt zwischen Schöfflisdorf und Steinmaur eine Steigung von 18 %o vorkomme, und in umgekehrter Richtung, von Dielsdorf gegen Schöfflisdorf Steigungen von 20 °/oo vorhanden seien. Durch die Erhöhung der Höchststeigung von 15 auf 18 °/oo werde es möglich sein, in den Wässermatten zwischen Tegerfelden und Unterendigen die sonst bedeutenden Inkonvenienzentsehädigungen erheblich herabzumindern, sowie andere Kostenverminderungen zu erzielen.

Der Kostenvoranschlag müsse nun aber wesentlich erhöht werden, wenn die Anlagen rationell durchgeführt werden wollen.

Nach Vornahme von Berichtigungen und Ergänzungen ergebe sich ein Kostenvoranschlag von Fr. 2,450,000 oder für den Kilometer rund Fr. 165,000.

104 B. Kommerzielle Terhältnisse.

1. Wirtschaftliche Bedeutung der Surbtalbahn.

Aus den von ihr, der Generaldirektion, gemachten Erhebungen gehe hervor, dass die Gemeinden des Surbtales fast ohne Ausnahme zu den jetzigen Eisenbahnstationen weit, zum Teil sehr weit zu gehen und zu fahren haben. Nach und von den Stationen der Surbtalbahn wären die Wegdistanzen in der Hauptsache nur gering, so dass in den Verkehrsverhältnissen durch die neue Bahn wesentliche Verbesserungen eintreten würden.

Über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Surbtales könne im allgemeinen gesagt werden, dass die 15 km lange Talschaft entwicklungsfähig sei. Der Lokal verkehr werde sich bedeutend heben. Das Begehren des Surbtales nach einer Eisenbahn sei wirtschaftlich begründet.

Über die wirtschaftliche Bedeutung der Surbtalbahn für den Verkehr von Döttingen und weiter her nach Niederweningen und weiter, sowie umgekehrt, sei zu bemerken, dass die Zonen der Surbtalbahn r e l a t i v , d. h. im Verhältnis zur Länge und Bedeutung der Linie, ziemlich gross seien. Weniger erheblich seien dagegen im allgemeinen die diesfalls eintretenden Wegabkürzungen, so dass die realisierbaren wirtschaftlichen Nutzeffekte (Zeit-, Fahrgeld- und Frachtersparnisse) der Surbtalbahn für Niederweningen und weiter, Döttingen und weiter nicht bedeutend seien.

2. Die Surbtalbahn in eisenbahnpolitischer Hinsicht.

In bezug auf den Personen-, Gepäck- und Tierverkehr Niederweningen und weiter--Döttingen und weiter werde die Surbtalbahn keine nennenswerten Änderungen herbeizuführen vermögen, da die Zugsverbindungen über diese Linie nicht so gestaltet werden können, dass die Routen über Koblenz-Eglisau und Turgi-Zürich spürbar konkurrenziert würden. Im Güterverkehr werde aber der Einfluss der Surbtalbahn grösser sein.

Namentlich im südwestdeutsch-schweizerischen Verkehr, wo die kürzeste Route massgebend sei, ergeben sich bei Niederweningen, Schöffiisdorf, Steinmaur, Dielsdorf, Niederhasli, Oberglatt, Rümlang, Glattbrugg und Niederglatt mit grösseren deutschen Gebieten Verkehrsumlegungen, teils von Schaffhausen, teils von Basel auf Waldshut, die für die Bundesbahnen mit erheblichen Verlusten verbunden sein werden. Vom Standpunkt der S. B. B. aus betrachtet, sei es daher vorzuziehen, wenn die Bahn nicht gebaut

105 werde. Der gesamte Netto-Einnahmenausfall, der den Bundesbahnen infolge des Betriebes einer Surbtalbahn erwachsen werde, beziffere sich auf jährlich Fr. 17,052 bei Betrieb durch eine Privatgesellschaft, und ,, 8,705 bei Betrieb durch die Bundesbahnen.

Der Abschluss der Betriebsrechnung ergebe :

Total der Einnahmen Total der Ausgaben Überschuss d e r Ausgaben

. . . .

Privatgesellschaft Fr.

Bundesbahnen Fr.

70,500 97,000

82,500 116,100

26,500

33,600

Der Abschluss der Gewinn- und Verlustrechnung ergebe Privatgesellschaft Bundesbahnen Fr.

Fr.

Total der Einnahmen 4,000 7,000 Total der Ausgaben 76,050 119,100 Überschuss d e r Ausgaben . . . .

72,050 112,100 Diesen Berechnungen liege die Verabfolgung einer Subvention durch die Kantone Aargau und Zürich im Betrage von Fr. 900,000 zu Grunde. Beim Bau und Betrieb durch die Bundesbahnen sei daher auf längere Zeit ein jährliches Defizit von rund Fr. 100,000 zu gewärtigen.

Mit Rücksicht auf diese Verhältnisse müsse die Generaldirektion die Übernahme des Baues und Betriebes der Surbtalbahn durch die Bundesbahnen ablehnen. Die schweizerischen Bundesbahnen hätten noch so zahlreiche Aufgaben von grosser Wichtigkeit und Bedeutung zu bewältigen, dass die Generaldirektion es nicht verantworten könnte, einem verhältnismässig sehr kleinen Gebiete des Landes für Jahrzehnte hinaus derart grosse Opfer zu bringen. Zudem seien die Konsequenzen zu befürchten; bei Berücksichtigung des Gesuches müssten die S. B. B. auch weiteren Landesgegenden ähnliche Opfer bringen.

Auf Grund dieser Erwägungen gelangte die Generaldirektion zu folgendem Antrage : Der Verwaltungsrat gibt sein Gutachten dahin ab, es sei das Gesuch des Initiativkomitees für eine Surbtalbahn (Niederweniugen-Döttingen) um Übernahme des Baues und Betriebes dieser Bahn durch die S.B.B, abzulehnen.

106 In einem besondern Berichte vom 20. April 1912 sprach sich, die ständige Kommission des Verwaltungsrates über die Frage aus, ob für die künftige Gestaltung der Eisenbahnpolitik des Bundes die Erstellung der Surbtalbahn zu befürworten sei. Sicher entspreche es dem Sinn und Geist des Rückkaufsgesetzes, das Bundesbahnnetz auszubauen. Dem Gesetzgeber schwebte aber ein etappenweises Vorgehen vor, wobei die einzelnen Etappen folgendermassen zu kennzeichnen wären. Rückkauf der Hauptbahnen, Bahnhoferweiterungen, Erstellung von Doppelspuren und insbesondere Herbeiführung eines vollkommen stabilen finanziellen Gleichgewichtes. Heute sei man noch nicht am Ziele dieser ersten Etappe angelangt. Nach Erreichung dieses Zieles könne zur zweiten Etappe übergegangen werden, in welcher der Rückkauf der bestehenden normalspurigen Nebenbahnen zu vollziehen wäre. Dabei müsse man aber mit einem einheitlichen Rückkaufsplan vor das Volk treten. Erst nachher könnte an den Ausbau des ßundesbahnnetzes herangetreten und sollten Eisenbahnen in denjenigen Gegenden erstellt werden, wo dannzumal noch solche fehlen. In diese letzte Periode würde die Erstellung der Surbtalbahn durch den Bund fallen.

Auf Grund dieser Betrachtungen gab die ständige Kommission ihr Gutachten dahin ab, es sei auf das Gesuch des Initiativkomitees für eine Surbtalbahn (Niederweningen--Döttingen) um Übernahme des Baues und Betriebes dieser Bahn durch die schweizerischen Bundesbahnen zurzeit nicht einzutreten.

Die Angelegenheit hätte in der Sitzung des Verwaltungsrates vom 29. April 1912 zur Behandlung kommen sollen. Derselbe trat jedoch auf die Vorlagen der Generaldirektion und ständigen Kommission nicht ein, da das Initiativkomitee die im Berichte der Generaldirektion vom 14. November 1911/16. April 1912 enthaltenen Betriebsrechnungen einer Prüfung zu unterziehen wünschte. Die Interessenten der Surbtalbahn betrauten mit dieser Prüfung Herrn Ingenieur Bünzli, Direktor der Südostbahn in Wädenswil, der ein bezügliches Gutachten erstellte.

Dasselbe befasst sich hauptsächlich mit der Ermittlung der Betriebseinnahmen und gelangt zu dem Resultate, dieselben seien auf Fr. 146,000 festzusetzen. Die von den schweizerischen Bundesbahnen auf Fr. 116,000 angesetzten Betriebsausgaben werden von Herrn Bünzli nicht beanstandet. Demgemäss schliesst die Betriebsrechnung mit einem Überschuss von Fr. 146,000 -- Fr. 116,000 = Fr. 30,000 ab. Die Gewinn- und Verlustrechnung ergibt einen Überschuss von Fr. 22,300, womit ein

107

Baukapital von Fr. 1,100,000 zu 2°/o, ein Baukapital von Fr. 1,600,000 zu 1,4% verzinst werden könnte.

Mit Bericht vom 14. Februar/3. März 1913 an den Verwaltungsrat erbringen die Generaldirektion und die ständige Kommission den Nachweis, dass Herr Bünzli die Einnahmen der Surbtalbahn nm ungefähr Fr. 60,000 zu hoch berechnet hat.

Möglicherweise sei das Resultat um einige Tausend Franken besser, als im Bericht vom 14. November 1911/16. April 1912 ausgerechnet worden sei ; dies ändere aber an der Lage der Dinge nur wenig. Das Schlussergebnis bleibe dasselbe : ein jährliches Defizit von Fr. 100,000 auf längere Zeiten. Die Generaldirektion sehe sich daher nicht veranlasst, auf Grund des Gutachtens von Herrn Bünzli andere Vorschläge zu machen, sondern beharre auf ihrem Antrage vom 14. November 1911, der durch die ständige Kommission etwas modifiziert worden sei und den sie auch in dieser neuen Form zur Annahme empfehle. Der Antrag lautet: ,,Der Verwaltungsrat gibt sein Gutachten dahin ab, es sei auf das Gesuch des Initiativkomitees für eine Surbtalbahn (Niederweningen-Döttingen) um Übernahme des Baues und Betriebes dieser Bahn durch die schweizerischen Bundesbahnen zurzeit nicht einzutreten.tt III.

Der Verwaltungsrat hat nun in seiner Sitzung vom 19. März 1913 entgegen dem Antrage der Generaldirektion und der Mehrheit der ständigen Kommission mit 20 gegen 18 Stimmen folgenden Beschluss gefasst: ,,Der Verwaltungsrat erachtet es als angezeigt., dass die Bundesbahnen den Bau und Betrieb einer normalspurigen Surbtalbahn (von Niederweningen nach Döttingen) auf Grundlage des vorliegenden generellen Projektes (d. h. desjenigen von Herrn Dr. Lüscher in Aarau) übernehmen unter der Voraussetzung, dass die Kantone Zürich und Aargau an deren Bau eine Subvention à fonds perdu im Betrage von Fr. 900,000 leisten.

Aus der Begründung des diesem Beschlüsse zugrunde liegenden Antrages heben wir unter Hinweis auf das gedruckte Protokoll der 15. Sitzung des Verwaltungsrates der schweizerischen Bundesbahnen vom 19. März 1913 folgendes hervor: Man müsse voraussichtlich mit einem Überschuss der Betriebsausgaben von jährlich Fr. 20,000 bis Fr. 30,000 und einschliesslich der Verzinsung des nicht à fonds perdii gelieferten Anlagekapitals und des Überschusses der Einlagen in den Er-

108

neuerungsfonds mit einem jährlichen Ausfalle von rund Fr. 100,000 rechnen. Immerhin dürfe im Laufe der Zeit eine gewisse Besserung erwartet werden. Vom finanziellen Standpunkte aus betrachtet, erscheine das Opfer von Fr. 100,000 pro Jahr für die Bundesbahnen nicht unerträglich, und es seien auch keine Konsequenzen zu befürchten, da es sich hier um ganz ausnahmsweise gestaltete Verhältnisse handle. In dieser Beziehung müsse vor allem zugegeben werden, dass das Surbtalbahnprojekt eine gewisse Geschichte habe. Wenn auch der Bau der Bahn durch den Verwaltungsrat der Nordostbahn mit Stichentscheid seines Präsidenten abgelehnt worden sei, so sei doch anlässlich der Verstaatlichung der Hauptbahnen wiederum von der Sache gesprochen worden. Ein Rechtsanspruch bestehe freilich nicht; Zusicherungen, welche Vertreter der Landesgegend in den eidgenössischen Räten, sei es im Lande draussen, sei es durch Voten in der Bundesversammlung, abgegeben haben, seien natürlich nicht verbindlich, rechtfertigen aber doch, dass der Sache näher getreten werde, als wenn nichts geschehen wäre. Es sei festzustellen, dass die Nordostbahn seinerzeit bereits ein Stück der Surbtalbahn bis Niederweningen gebaut habe, und zwar in der Voraussetzung, dasselbe später bis Döttingen zu verlängern. Somit handle es sich heute nur um die mit relativ geringen Kosten durchführbare Vollendung einer angefangenen Strecke bis zum nächsten Anschlusspunkte. Der von der ständigen Kommission in ihrem Berichte vom 20. April 1912 vertretenen Ansicht, dass vor Inangriffnahme des Baues irgendeiner neuen Strecke das Bundesbahnnetz vollständig ausgebaut sein müsse, könne nicht beigepflichtet werden. Mit diesem Grundsat» würde man dazu gelangen, überhaupt nichts Neues machen zu können, weil der Ausbau des gegenwärtigen Netzes wegen der fortdauernden Verkehrsentwicklung nie abgeschlossen sein werde. Auf den finanziellen Standpunkt dürfe man nicht allzusehr abstellen. Auch der Verwaltungsrat dürfe neben dem reinen Geschäftsstandpunkte die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse etwas in den Vordergrund rücken. Nun sei aber selbst von der Generaldirektion und der ständigen Kommission der Bau der Bahn als ein wirtschaftliches Bedürfnis für das Surbtal anerkannt worden. Die Erstellung der Bahn werde auch eine Entlastung der Post ver waltung mit sich bringen. Der
Umstand, dass die Surbtalbahn vorläufig nur bis in die Mitte der Talschaft (Niederweningen) führe, habe einen starken wirtschaftlichen Rückgang des untern Teiles des Tales zur Folge gehabt. Seit der Erstellung der Stumpenbahn (Oberglatt-Niederweningen) hätten

109 sich die wirtschaftlichen Verhältnisse im untern Teil des Tales beständig verschlechtert, und es liege deshalb wenigstens eine moralische Pflicht des Bundes vor, hier zu helfen und die Lücke zu schliessen. Bndlich sei noch darauf hinzuweisen, dass auch die Generaldirektion und die ständige Kommission nur beantragen, ,,zurzeit" nicht auf den Bau der Surbtalbahn einzutreten, und da könne man sich fragen, ob es zweckmässig sei, das Projekt jetzt abzulehnen in der bestimmten Voraussicht, dass es doch wieder komme. Der Verwaltungsrat, der Bundesrat und die Bundesversammlung hätten sich in kurzer Zeit wieder mit dem Begehren zu befassen, wenn jetzt ein ablehnender Entscheid gefällt werden sollte.

IV.

Mit Schreiben vorn 10. April 1913 haben wir den Regierungen der Kantone Aargau und Zürich vom Beschluss des Verwaltungsrates vorn 19. März 1913- Kenntnis gegeben mit dem Ersuchen, den Ausweis darüber beizubringen, dass die fraglichen Subventionen im Gesamtbetrage von Fr. 900,000 in rechtsverbindlicher Weise zugesichert seien. Daraufhin ersuchten die beiden genannten Regierungen mit Schreiben vom 25. April und 9. Mai 1913 um Einberufung einer Konferenz behufs Besprechung der Frage der Höhe des von der interessierten Landesgegend zu leistenden Beitrages, da der vom Verwaltungsrate der schweizerischen Bundesbahnen auf Fr. 900,000 festgesetzte Betrag die Kräfte und die Leistungsfähigkeit der Landesgegend übersteige.

Die Konferenz, an der ausser Vertretern der beiden Kantone Aargau und Zürich auch Vertreter des Surbtalbahnkomitees teilnahmen, fand unter der Leitung des Vorstehers des Eisenbahndepartemeiits am 17. Juni 1913 statt.

Hierbei erklärten die Vertreter des Surbtalbahnkomitees, dass es nicht möglich sein werde, Beiträge in der Höhe von Fr. 900,000 zu erhalten, dagegen bestehe Aussicht, Fr. 600,000 aufzubringen. Die Vertreter der beiden Regierungen befürworteten ebenfalls eine Ermässigung des Beitrages auf den letztgenannten Betrag. Es wurde hervorgehoben, dass auch die schweizerischen Bundesbahnen an der Surbtalbahn ein Interesse hätten, da sie insbesondere für den Güterverkehr Basel-Ostschweiz Bedeutung erlangen werde. Der Bahn komme auch eine gewisse militärische Bedeutung zu. Für die Postverwaltung ergäben sich Ersparnisse durch Unterdrückung verschiedener Postkurse.

Im Verwaltungsrate sei ein Antrag auf Ermässigung des Beitrages nicht gestellt worden, weil hierzu keine Veranlassung vorlag,

110 indem die Diskussion sich nur um die grundsätzliche Frage drehte, ob die Bundesbahnen gegen Leistung eines Beitrages die Linie erstellen sollen oder nicht. Im Verlaufe der weitern Diskussion gab der Vorsteher des Eisenbahndepartements die Erklärung ab, er werde dem Bundesrate zuhanden der Bundesversammlung die Erstellung der Surbtalbahn durch die Bundesbahnen beantragen, sobald ein Gesamtbeitrag von Fr. 700,000 gesichert sei ; er müsse aber den Entscheid des Bundesrates vorbehalten.

Mit Schreiben vom 1. Dezember 1913 teilt nun das Surbtalbahnkomitee mit, dass der verlangte Gesamtbeitrag von Fr.- 700,000 zugesichert sei und legt die betreffenden Beschlüsse und Beitragsverpflichtungen vor.

Die Beiträge setzen sich folgendermassen zusammen : Beiträge der Kantone Aargau und Zürich . . . Fr. 328,800 T, der Surbtalgemeinden ,, 280,000 ,, weiterer aargauischer Gemeinden ,, 22,000 ,, weiterer zürcherischer Gemeinden. . . ,, 26,200 ,, von Privaten ,, 43,000 Total Fr. 700,000 V.

Die vom Departement vorgenommene Prüfung des Projektes und des Kostenvoranschlages hat ergeben, dass die von Herrn Ingenieur Dr. Lüscher berechneten Baukosten im Betrage von Fr. 1,977,000 zu niedrig angenommen sind. Der von der Bundesbahnverwaltung vorgesehene Betrag von rund Fr. 2,500,000 oder rund Fr. 165,000 für den Bahnkilometer darf dagegen als hinreichend angesehen werden.

Was nun die voraussichtlichen Betriebsergebnisse der Surbtalbahn anbelangt, so haben die Berechnungen des Eisenbahndepartements ergeben, dass man bei Gewährung eines Beitrages von Fr. 700,000 mit einem jährlichen Ausfall von Fr. 116,400 oder rund Fr. 100,000 rechnen muss. Dabei handelt es sich aber voraussichtlich nicht um einen bleibenden Ausgabenüberschuss, sondern es werden sich, wie dies bei der Linie Dielsdorf-Mederweningen geschehen ist, die Verhältnisse allmählich bessern.

VI.

Was nun die grundsätzliche Frage anbelangt, ob die Bundesbahnen gegen Leistung eines Beitrages die Linie NiederweningenDöttingen erstellen sollen oder nicht, so muss diese Frage aus nachstehenden Gründen bejaht werden.

Ili Die Bestrebungen für die Erstellung einer Surbtalbahn gehen bis in die Sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Es besteht eine äusserst geringe Wahrscheinlichkeit, dass die Bahn als Privatbahn finanziert werden kann. Das wirtschaftliche Bedürfnis der Surbtalbahn wird allgemein anerkannt. Die Tatsache, dass die bestehende Bahn als Stumpenbahn in Niederweningen endet, hat eine gewisse Entvölkerung des untern Surbtales zur Folge gehabt. Das Surbtal ist entwicklungsfähig und wird durch die Bahn einen erheblichen Aufschwung erhalten.

Es handelt sich bei der Surbtalbahn um die Ausfüllung einer empfindlichen Lücke im Bundesbahnnetze. Konsequenzen sind nicht zu befürchten, da bei der Surbtalbahn ganz ausnahmsweise Verhältnisse vorliegen, wie sie sonst im Bundesbahnnetz nirgends vorkommen. Die Linie kann auch einen gewissen militärischen Nutzen bringen, wenn sie wenigstens ein Ausweichgeleise für Militärzüge ungefähr in der Mitte der Strecke Oberglatt-Döttingen besitzt. Für die Postverwaltung ergeben sich durch gänzliche oder teilweise Unterdrückung von Postkursen Ersparnisse von jährlich Fr. 5000--10,000. Die von Kantonen, Gemeinden und Privaten gezeichneten Beiträge im Gesamtbetrage von Fr. 700,000 beweisen deutlich, wie sehr die Erstellung der Bahn von der beteiligten Landesgegend gewünscht wird, und in wie hohem Grade dieselbe einem wirklichen Bedürfnisse entspricht.

Bei der weitern Ausgestaltung des Bundesbahnnetzes kann man sich nicht streng an ein etappeuweises Vorgehen halten, sondern es rechtfertigt sich, auch vor dem Rückkaufe der wichtigeren normalspurigen Nebenbahnen kleinere Bahnen von mehr lokaler Bedeutung zu erstellen, wenn hierfür ein dringendes Bedürfnis besteht, und die beteiligte Bevölkerung zu erheblichen Opfern bereit ist.

Eine Gefährdung des finanziellen Gleichgewichtes der Bundesbahnen ist nicht zu befürchten, da die anfangs ungenügenden Betriebsergebnisse sich bei dem sicher eintretenden Aufschwung von Handel, Industrie und Gewerbe im Laufe der Zeit bessern werden.

Mit Bezug auf die Höhe des Beitrages ist zu sagen, dass die beteiligten Kantone, Gemeinden und Privaten das Äusserste getan haben und ihnen nicht ein Mehreres zugemutet werden kann. Mehr als Fr. 700,000 wird nicht erhältlich sein. Das Surbtalbahnkomitee hatte schon grosse Mühe, um Zeichnungen in diesem Betrage zu erhalten. Kann man sich nicht entschliessen, sich mit diesem Beitrag zu begnügen, so wird das Zustandekommen der Bahn verunmöcdicht.

112

VII.

Da es sich bei der Linie Niederweningen-Döttingen um den Bau einer n e u e n Linie im Sinne von Artikel 4 des Bundesgesetzes vom 15. Oktober 1897 betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen, und nicht bloss, wie beim Hauensteinbasistunnel, um die Verbesserung einer bereits bestehenden Linie handelt, ist der Erlass eines Bundesgesetzes erforderlich. Der Entwurf eines solchen ist vom Eisenbahndepartement den Regierungen der Kantone Aargau und Zürich, der Generaldirektion der schweizerischen Bundesbahnen und Herrn Nationalrat Eggspühler, Präsident des Surbtalbahnkomitees, zur Vernehmlassung zugestellt worden. Im Art. 3 dieses Entwurfes ist mit unserem Einverständnis der von der beteiligten Landesgegend zu leistende Beitrag auf Fr. 700,000 festgesetzt worden.

Die Generaldirektion erklärte mit Schreiben vom 26. Dezember 1913, dass ihr der Gesetzesentwurf zu besonderen Bemerkungen nicht Anlass gebe. Indem sie dann kurz auf die Stellungnahme der Bundesbahnbehörden in der Sache zurückkommt, führt sie hinsichtlich der Höhe des Beitrages folgendes aus : Das empfehlende Gutachten des Verwaltungsrates beruhe auf der Voraussetzung, dass die Kantone Zürich und Aargau an den Bau der Surbtalbahn einen Beitrag à fonds perdu im Betrage von Fr. 900,000 leisten. Da der betreffende Beschluss mit 20 gegen 18 Stimmen gefasst worden sei, müsse mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass die Beschlussfassung ein anderes Ergebnis gehabt hätte, wenn als Bedingung für den Bau der Bahn durch den Bund ein Beitrag von nur Fr. 700,000 in Frage gekommen wäre. Die Generaldirektion hätte es daher begrüsst, wenn eine nochmalige Befragung des Verwaltungsrates möglich gewesen wäre. Nachdem nun aber der Bundesrat beschlossen habe, den eidgenössischen Räten den Bau der Surbtalbahn durch den Bund unter der Bedingung zu beantragen, dass die Kantone Aargau und Zürich vor Beginn der Bauarbeiten einen Gesamtbeitrag von Fr. 700,000 leisten und die ständerätliche Kommission bereits auf 12. Januar 1914 zur Vorberatung der Vorlage zusammentreten werde, erachte die Generaldirektion eine nochmalige Befragung des Verwaltungsrates für ausgeschlossen. Sie nehme deshalb davon Umgang, eine bezügliche Anregung zu machen, obschon sie, um es zu wiederholen, bezweifle, dass der Verwaltungsrat bei dieser veränderten Sachlage und im Hinblick

113 auf die Notwendigkeit, das Baubudget der Bundesbahnen nach Möglichkeit zu entlasten, wieder zu einem empfehlenden Gutachten gelangen würde.

Mit Schreiben vom 23. und 24. Dezember sprachen Herr Nationalrat Eggspühler und die Regierungen der Kantone Aargau und Zürich den Wunsch aus, es möchte die im Art. 3 des Entwurfes an die Ermächtigung zum Bau der Bahn geknüpfte Bedingung, wonach der Beitrag von Fr. 700,000 v o r Beginn der Bauarbeiten zu leisten sei, dahin abgeändert werden, dass die Einzahlung ratenweise nach Massgabe des Fortschreitens der Bauarbeiten geschehen könne. Die Bauausgaben seien von den S. B. B.

auch nicht vor Beginn der Bauarbeiten zu leisten, und die ratenweise Einzahlung bringe für die Beitragspflichtigen eine gewisse Erleichterung, die sich schon rechtfertigen lasse. Auch der Bund und die Kantone leisten ihre Beitrage an öffentliche Werke in der Regel in Raten.

Obschon dieser Wunsch begreiflich erscheint, glaubten wir doch, demselben nicht Rechnung tragen zu sollen, weil wir der beteiligten Landesgegend schon dadurch in sehr weitgehendem Masse entgegengekommen sind, dass wir den zu leistenden Beitrag von Fr. 900,000 auf Fr. 700,000 ermässigt haben. Ferner besteht eine gewisse Gefahr, dass bei der grossen Zahl von Beitragspflichtigen die ratenweise Einzahlung umständliche Weiterungen zur Folge haben kann, was insbesondere dann eintreten ·wird, wenn beitragspflichtige Private während der Bauzeit sterben sollten. Es empfiehlt sich daher, mit dem Bau erst dann zu beginnen, wenn die Fr. 700,000 vollständig einbezahlt sind.

Zu weitern Bemerkungen gibt uns der nachfolgende Entwurf keinen Anlass. Wir empfehlen Ihnen denselben zur Annahme und benützen auch diese Gelegenheit, Sie, Tit., unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 6. Januar

1914.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Vizepräsident: Motta.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

114 (Entwurf.)

Bundesgesetz betreffend

den Bau einer normalspurigen Eisenbahn von Niederweningen nach Döttingen (Surbtalbahn) als Fortsetzung der Eisenbahn Oberglatt-Niederweningen.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe des Surbtalbahnkomitees vom 17. Mai 1911; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 6. Januar 1914, beschliesst: Art. 1. Die Bundesbahn Verwaltung wird ermächtigt, als Fortsetzung der Eisenbahn Oberglatt-Niederweningen eine Eisenbahn von N i e d e r w e n i n g e n nach D ö t t i n g e n (Surbtalbahn) mit einer Spurweite von 1,435 m, 18°/oo Höchststeigung und einem kleinsten Halbmesser von 250 m, im Kostenvoranschlag von Fr. 2,500,000 zu bauen.

Art. 2. Die Bahn wird als Nebenbahn im Sinne des Bundesgesetzes vom 21. Dezember 1899 erklärt.

Art. 3. Die durch Art. l erteilte Ermächtigung ist an die Bedingung geknüpft, dass die Kantone Aargau und Zürich an die Baukosten vor Beginn der ßauarbeiten einen Gesamtbeitrag von Fr. 700,000 leisten.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend den Bau einer normalspurigen Eisenbahn von Niederweningen nach Döttingen (Surbtalbahn) als Fortsetzung der Eisenbahn Oberglatt-Niederweningen. (Vom 6. Januar 1914.)

In

Bundesblatt

Dans

Feuille fédérale

In

Foglio federale

Jahr

1914

Année Anno Band

1

Volume Volume Heft

02

Cahier Numero Geschäftsnummer

496

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

14.01.1914

Date Data Seite

101-114

Page Pagina Ref. No

10 025 247

Das Dokument wurde durch das Schweizerische Bundesarchiv digitalisiert.

Le document a été digitalisé par les. Archives Fédérales Suisses.

Il documento è stato digitalizzato dell'Archivio federale svizzero.