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Bericht des

Bundesrates an die Kommission des Nationalrates für das Rückkaufsgesetz, betreffend Ausführung oder Subventionierung von projektierten normalspurigen Nebenbahnen (zu Art. 7).

(Vom 13. September 1897.)

Tit.

In Ihrer Sitzung vom 14. August d. J. in Interlaken hat Herr Gobat die Aufnahme folgenden neuen Artikels nach Art. 7 des Rückkaufsgesetzes beantragt : ,,Der Bund wird den Bau derjenigen normalspurigen und ·direkt an das Bundesbahnnetz anschließenden Linien, deren Anlagekapital im Zeitpunkt der Durchführung des Rückkaufs wenigstens zur Hälfte gesichert sein wird, entweder selbst übernehmen oder an diese Unternehmungen eine Subvention leisten, im gleichen Betrage, wie sie der beteiligte Kanton gewährt. " Sie haben uns diesen Antrag zur Untersuchung und Berichterstattung überwiesen.

Wie wir schon in der Rückkaufsbotschaft vom 25. März 1897 (pag. 109) ausgesprochen haben, wird es Aufgabe des Bundes sein, im Falle der Verstaatlichung der Hauptbahnen zur Mithülfe bei der Gründung und nachher beim Betrieb von erst projektierten Nebenbahnen Hand zu bieten, wie dieses in den Staaten des Auslandes seit Jahren geschieht. Verfrüht wäre es aber, heute schon über das System der Beteiligung zu beschließen ; denn die Frage der

220 Nebenbahnen ist noch keineswegs vollständig abgeklärt, und es.

wäre z. B. verfehlt, gemäß dorn gestellten Antrage ein Präjudiz, zu gunsten der norrnalspurigen Nebenbahnen zu schaffen, indem nur diese auf die finanzielle Unterstützung des Bundes Anspruch haben sollen. Dieser Vorschlag steht im Gegensatz zur Eingabe der Regierung des Kantons Graubünden vom 25. Juni 1897, welche eine Bundessubvention für ein Schmalspurbahnnetz verlangt.

Abgesehen davon, daß vor der Beteiligung des Bundes an irgend einem Bahnprojckt einläßliche Studien über dessen volkswirtschaftliche Bedeutung vorzunehmen sind, wie wir in dem .Berichte an Ihre Kommission betreffend die Eisenbahnverbindungen der Ostschweiz ausgeführt haben, wäre es jedenfalls für die Bundeskasse höchst gefährlich, ganz allgemein die Ausführung oder namhafte Unterstützung jeder beliebigen Bahnunternehmung zum voraus zuzusichern, sobald deren Anlagekapital anderweitig zur Hälfte gesichert ist. Der Bund könnte so gezwungen sein, ganz irrationellen und für das allgemeine Interesse geradezu schädlichen Linien zur Verwirklichung zu verhelfen. Die Feststellung von allgemeinen Grundsätzen für Unterstützung von neuen Bahnprojekten erfordert ganz umfassende Untersuchungen und sorgfältige Überlegung, wenn nicht in volkswirtschaftlicher Hinsicht geradezu Unheil angerichtet werden soll, durch Verleitung zu ungerechtfertigten Unternehmungen ; es könnte auf den Zeitpunkt der Durchführung der Verstaatlichung der Hauptbahnen ein förmlicher Wettlauf von Konkurrenzprojekten entstehen.

Anderseits ist es zu eng, die Leistung einer Subvention gerade nach der Beteiligung eines Kantons zu bemessen. Warum sollen Subventionen von beteiligten Gemeinden und Korporationen nicht das gleiche Recht beanspruchen, namentlich in Kantonen, in welchen eine kantonale Subvention schwer flüssig zu machen ist? Die Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Kantonen spielt eine viel zu große Rolle, als daß auf dieses Element das Hauptgewicht gelegt werden dürfte.

Die Zusicherung in Art. 7, Abs. 3, des Gesetzescntwurfes, daß die Überschüsse der Bundesbahnen auch für Erweiterung des schweizerischen Eisenbahnnetzes mit Inbegriff der Nebenbahnen zu verwenden seien, genügt, um den festen Willen des Gesetzgebers, auch in dieser Richtung Unterstützung angedeihen zu lassen, zu dokumentieren. Alles weitere muß aber der künftigen Entwicklung überlassen werden, wenn nicht verfrühte und nicht genau überlegte Entschließungen gefaßt werden sollen.

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Aus diesen und den bereits in den ändern an Sie gerichteten Berichten entwickelten Gründen beantragen wir Ihnen, d e n A n t r a g d e s H e r r n Gobat a b z u l e h n e n .

Genehmigen Sie, Tit., bei diesem Anlaß die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 13. September 1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates : Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft : Ringier.

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Bericht des Bundesrates an die Kommission des Nationalrates für das Rückkaufsgesetz, betreffend Ausführung oder Subventionierung von projektierten normalspurigen Nebenbahnen (zu Art. 7). (Vom 13. September 1897.)

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1897

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15.09.1897

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219-221

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