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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend die Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Wallis für die Verbauung der Gamsen.

(Vom 18. Juni 1897.)

Tit.

Mit Schreiben vom 11. Mai 1. J. hat das Baudepartement dea Kantons Wallis dem eidgenössischen Departement des Innern zu Händen des Bundesrates und der Bundesversammlung ein Subventionsgesuch für die Verbauung der Lozence und der Gamsen eingereicht und dem Gesuch die erforderlichen Projektvorlagen beigegeben.

Indem wir hier, was die allgemeinen Verhältnisse und die Entwicklung der Fluß- und Wildbachkorrektionen im Kanton Wallis anbelangt, auf unsere Botschaft vom 18. Juni 1. J. über die Verbauung der Lozence verweisen, begnügen wir uns mit der Beschreibung des Bachgebietes der Gamsen und des für die Unschädlichmachung dieses Wasserlaufes aufgestellten Projektes.

Die Gamsen entspringt den am Westabhange des Rauthorns gelegenen Gletschern und durchfließt ein 11 Va km. langes enges Thal, das zwischen den Einzugsgebieten der Visp, der Saltine und des Krummbaches eingebettet und fast genau nach Norden gerichtet, die Fletschhorngruppe mit der Rhoneebene verbindet.

Vom Fuß des Gamsengletschers bis zur Rhone beträgt die Niveaudifferenz ungefähr 2000 m., was einem durchschnittlichen Gefalle von 20 °/o entspricht. Das Einzugsgebiet umfaßt im ganzen 38,454 km 2 , wovon 8 auf Wälder, 14 auf Alpenweiden und sonstiges.

Kulturland, 13 auf Felshänge und der Rest auf Gletscher fallen.

724 Im obera Teil des Thaies, wo das Gefalle verhältnismäßig schwach und der Bach ganz ungefährlich ist, sind die Alpweiden von Nantz, die von ziemlich gut bestockten Hängen eingeschlossen werden.

Aber von den Sennhütten bei Niedersten an nimmt der Bach allmählich einen ändern Charakter an. Die flache Thalmulde verschwindet, das Wasser stürzt am Fuße steiler, zerklüfteter Geröllhalden wild über Felsstufen und Geröllablagerungen einer engen, tiefen Schlucht zu, an deren nördlichem Ausgang sich ein mächtiger Schuttkegel auftürmt, welcher die Rhone hart an die ihr rechtes Ufergebiet begrenzende Berglehne drängt.

Oberhalb des Einganges der in Glanzschiefer eingeschnittenen Felsrinne befinden sich, hauptsächlich auf der rechten Thalseite bei den ,,Drei Lärchen", zahlreiche Runsen, die eine ausgiebige Geschiebsquelle bilden und durch Abspülung und Verwitterung immer größere Dimensionen annehmen.

Diese Vorkommnisse, verbunden mit dem ausgedehnten Einzugsgebiet und einem starken Gefäll, bedingen die Wichtigkeit des Wildbaches mit Bezug auf das Regime der Rhone. In der That führt die Gamsen bei anhaltenden Niederschlägen und zur Zeit der Schneeschmelze dem Hauptfluß gewaltige Geschiebsmassen zu, welche den Abfluß des letztern hemmen und zugleich die Straßenund Eisenbahnverbindung zwischen Visp und Brig fortwährend gefährden.

Die Einschränkung und Aufstauung der Rhone und die Unsicherheit der Kommunikationen auf dem Schuttkegel rufen schon lange einer Abhülfe. Heute, wo die Durchstechung des Simplons der Verwirklichung entgegengeht und der Kanton durch sein neues Gesetz in der Lage ist, sich finanziell ebenfalls an der Lösung dieser Aufgabe zu beteiligen, kann mit der Inangriffnahme von Sicherungsarbeiten nicht länger gezögert werden, und es haben daher die Baubehörden des Kantons Wallis mit Einreichung vorliegenden Projektes die Grundlage für die rationelle Verbauung der Gamsen geschaffen. Durch Verstopfung der. hauptsächlichsten Geschiebsquellen und Rückhaltung des Gerölls im Sammelkanal und auf dem Schuttkegel soll die Bildung von Muhrgängen und deren schädliche Wirkung bekämpft, oder besser, verunmöglicht werden.

Zu diesem Zwecke sieht das Projekt die Erstellung von zehn Thalsperren mit 180 m. Ufermauern, diverser Runsenverbauungen und eines großen, 12J/a Hektaren umfassenden Ablagerungsplatzes vor, und es berechnen sich die Kosten dieser Arbeiten wie folgt:

725 1. Ablagerungsplatz: a. Erdarbeiten und Böschungsversicherungen mit Rollsteinen Fr.

6. Erstellung von 3 Brücken ,, c. Landerwerb und Expropriationen . . . . ,, 2. Thalsperren im Bachbett: 10 steinerne Querbauten ,, 180 m. Ufermauern ,, Fundationen und Felssprengungen . . . . ,, 3. Runsenverbauungen, steinerne Querbauten etc. ,, 4. Bauaufsicht und Unvorhergesehenes . . . . ,, Total

43,470 4,500 1,000 36,166 10,800 14,400 68,640 21,024

Fr. 200,000

Unser Oberbauinspektorat, welches die Besichtigung des Gamserthales schon vor einiger Zeit vorgenommen hat, ist mit dem Projekt im allgemeinen einverstanden, indem es annimmt, daß durch Ausführung der in demselben vorgesehenen Bauten die Geschiebeführung wesentlich vermindert werde. Im Falle dies nicht in dem gewollten Maße gelingen sollte, so wäre man vielleicht genötigt, gewisse Arbeiten in der Schlucht und auf dem Ablagerungsplatz später noch in Betracht zu ziehen; ehe man aber hierüber die nötigen Erfahrungen, während und nach der Ausführung der projektierten Bauten, gesammelt hat, liegt kein Grund vor, eine Änderung der Vorlage zu empfehlen.

Das eidgenössische Oberforstinspektorat, welchem ebenfalls das vorliegende Projekt mit Bezug auf die dortigen forstlichen Verhälthältnisse mitgeteilt worden ist, äußert sich in seinem Berichte folgendermaßen : Die untere Hälfte des Nanzthales ist tief zwischen Felswänden eingeschnitten, und erst mit der Alp ,,Hintersten" beginnt eine eigentliche Thalsohle mit schönen Alp weiden (Bististafel und Oberstalp).

Das Nanzthal hat eine Gesamtfläche von 3779 ha.*), wovon 973 h. *) oder 26 °/o Wald. Gletscher und Felsen und die über der Waldvegetation liegenden Flächen nehmen 1892 ha.*) ein, so daß die Waldungen vom Rest 52 % bedecken. Das Eigentum der Waldungen liegt in den Händen der Gemeinden Brig und Glis, von Genossenschaften und Privaten. Sie bestehen hauptsächlich aus Fichten, Lärchen und Arven mit Weißtannen und Kiefern.

*) Nach den topographischen Aufnahmen von 1883/84 für das Blatt Nr. 497 und von 1886/87 für das Blatt Nr. 501 vom Atlas Siegfried.

726 Der wirtschaftliche Zustand der bezeichneten Waldungen bietet das Bild der meisten unserer Hocbgebirgswaldungen dar, uod haben sich hauptsächlich die obern und ganz besonders die zuhinterst im Thal liegenden obersten Lärchenbestände stark gelichtet.

Nach dem Gesagten kann es sich im Nanzthal nicht um Neuanlage von Waldungen, sondern nur um Erhaltung und bessere Bewirtschaftung der bestehenden handeln. In dieser Hinsicht ist zu bemerken, daß in früheren Jahren Waldstrecken für den Holzhandel geschlagen wurden oder abgebrannt sind und sich nicht wieder zu Hochwald verjüngt haben.

So ist eine den Gemeinden ßrig und Glis gehörende Waldung auf der rechten Thalseite, unweit außerhalb des großen, zu verbauenden Schlipfes, seiner Zeit abgebrannt und gegenwärtig nur noch mit Birken bekleidet. In diesen Birkenbestand und namentlich in die vorhandenen Lücken sollten Fichten, Tannen und Lärchen eingepflanzt werden.

Weiter hinten im Thaïe, unter der Alp ^Drei Lärchen", liegt die noch kahle Fläche des Baumannswaldes, dessen stärkeres Holz für den Handel geschlagen wurde, während der Rest 1884 verbrannte. Noch ist nur wenig natürliche Verjüngung vorhanden und eine künstliche Wiederbestockung durch Anpflanzung dringend nötig.

Die kleine Alp ,,Drei Lärchen" gehört der Genossenschaft Mattenstafel und wird zu Fr. 100 verpachtet. Der Pächter hält 10--17 Stück Großvieh und 40 Ziegen. Letztere sollen, wie man mich versichert, unter besonderer Hirtschaft stehen und nur in das Gebiet ob den Waldungen getrieben werden. Ob diese Angabe zuverlässig, fragt sich. Jedenfalls dürfte der Wunsch am Orte sein, die Genossenschaft möchte im Interesse ihrer eigenen Waldungen die Alp eingehen lassen und auf den geringen jährlichen Zins von Fr. 100 verzichten.

Die Alp ,,Hintersten" wird mit 90 Stück Großvieh, aber keinen Ziegen, geladen ; es versteht sich aber von selbst, daß die Waldweiden von genannter Alp und den Alpen Bististafel und Oberstalp stark ausgenutzt werden. Es dürfte daher seitens der Genossenschaft Visperterminen, als Besitzerin der dortigen Waldungen und Alpen, für die allmähliche Wiederverjüngung der lichten Lärchenwaldungen durch Unterpflanzungen etwas geschehen.

Die von dieser Amtsstelle beantragten forstlichen Bedingungen sind im Art. 7 des folgenden Bundesbeschlußentwurfes aufgenommen worden.

Die Frage, ob die vorgeschlagenen Verbauungsavbeiten in der Gamsen vom Bunde subventioniert werden können, ist mit Rück-

727 sieht auf das Regime der Rhone und der Aufrechterhaltung des Verkehrs auf der Simplonstraße und eventuell der Simplonbahn sowohl in hydrographischer als in militärischer und volkswirtschaftlicher Beziehung ohne Zweifel zu bejahen.

Was das Beitrags Verhältnis anbelangt, so befinden wir uns für die Gamsen im gleichen Fall wie bei der Verbauung der Lozence, und wir nehmen keinen Anstand, auch hier das Gesuch des Kantons Wallis um Bewilligung des maximalen Beitrages von 50 °/o zu unterstützen, da die direkten Interessen der Gemeinde Glis nicht derartige sind, daß sich eine starke Belastung dieser Gemeinde rechtfertigen ließe.

Für die Bauzeit nehmen wir 5 Jahre an, und es würde daher das jährliche Maximum des zu bewilligenden Bundesbeitrages Fr. 20,000 betragen.

Somit erlauben wir uns, den hohen eidgenössischen Räten den nachfolgenden Beschlußentwurf zu unterbreiten und zur Genehmigung zu empfehlen.

Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkommenen Hochachtung.

B e r n , den 18. Juni

1897.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident:

Deucher.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

Bundesblatt. 49. Jahrg. Bd. III.

48

728 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

Zusicherung eines Bundesbeitrages an den Kanton Wallis für die Verbauung der Gamsen.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht eines Schreibens des Baudepartementes des Kantons Wallis vom 11. Mai 1897, einer Botschaft des Bundesrates vom 18. Juni 1897 ; auf Grund des Bundesgesetzes betreffend die Wasserbaupolizei im Hochgebirge vom 22. Juni 1877, beschließt: Art. 1. Dem Kanton Wallis wird ein Bundesbeitrag für die Verbauung der Gamsen, Gemeinde Glis, zugesichert.

Dieser Beitrag wird festgesetzt zu 50% der wirklichen Kosten bis zum Maximum von Fr. 100,000 als 50 °/o der Voranschlagssumme von Fr. 200,000.

Art. 2. Für die Ausführung dieser Arbeiten werden 5 Jahre gerechnet, von dem Inkrafttreten der Beitragszusicherung (Art. 8) an gerechnet.

Art. 3. Das Ausführungsprojekt und der definitive Kostenvoranschlag bedürfen der Genehmigung des Bundesrates.

729 Art. 4. Die Ausbezahlung dieser Subvention erfolgt im Verhältnis des Fortschreitens der Arbeiten, gemäß den von der Kantonsregierung eingesandten und vom eidgenössischen Departement des Innern verifizierten Kostenansweisen ; das jahrliehe Maximum beträgt Fr. 20,000 und die Auszahlung desselben findet unter Voraussetzung entsprechender Arbeitsleistung, erstmals im Jahre 1898, statt.

Bei Berechnung des Bundesbeitrages werden berücksichtigt die eigentlichen Baukosten, einschließlich Expropriationen und die unmittelbare Bauaufsicht, dann die Kosten der Anfertigung des Ausführungsprojektes und des speciellen Kostenvoranschlages, sowie die Aufnahme des Perimeters; dagegen sind dahier nicht in Anschlag zu bringen irgend welche andere Präliminarien, die Funktionen von Behörden, Kommissionen und Bearntungen (von den Kantonen laut Art. 7 a des Wasserbaupolizeigesetzes zu bestellende Organe), auch nicht Geldbeschaffung und Verzinsung.

Art. 5 Dem eidgenössischen Departement des Innern sind jährliche Bauprogramme zur Genehmigung einzureichen.

Art. 6. Der Bundesrat läßt die plangemäße Bauausführung und die Richtigkeit der Arbeits- und Kostenausweise kontrollieren. Die Kantonsregierung wird zu obigem Zwecke dem Beauftragten des Bundesrates die nötige Auskunft und Hülfeleistung zukommen lassen.

Art. 7. Der Kanton Wallis wird eingeladen, folgende Aufforstungs- und Schutzbauten auszuführen : a. Die seiner Zeit abgebrannte, den Gemeinden Brig und Glis gehörende, jetzt mit Birken bewachsene Waldfläche ist bis Ende 1899 mit Fichten, Tannen und Lärchen auf eine Entfernung von 2--3 m. zu bepflanzen.

b. Ebenso ist die Fläche des seiner Zeit zum Teil verkauften, im übrigen abgebrannten Baumannwaldes unter der Alp ,,drei Lärchen", den Gemeinden Brig und Glis und der Genossenschaft Visperterminen angehörend, bis spätestens

730

Ende 1900 wieder mit Fichten, Lärchen und Arven zu bestocken.

c. Der Genossenschaft Mattenstafel wird empfohlen, im Interesse ihrer eigenen Waldungen die Alp ,,drei Lärchen11, von der sie nur Fr. 100 Zins löst, wieder zu Wald eingehen zu lassen. Jedenfalls dürfen die Ziegen nicht in den Wald getrieben werden.

d. Die Besitzer der Alpen Hintersten, ßististafel und Oberstalp sind von der Regierung des Kantons Wal lis anzuhalten, die dortigen lückigen Lärchenwaldungen nach einem zu entwerfenden Kulturplan durch Unterpflanzungen von Fichten und Arven allmählich wieder zu verjüngen und vor Weidgang zu schützen.

Art. 8. Die Zusicherung des Bundesbeitrages tritt erst in Kraft, nachdem von Seiten des Kantons Wallis die Ausführung dieser Verbauungen gesichert sein wird.

Für die Vorlegung der bezüglichen Ausweise wird der Regierung eine Frist von einem Jahre, vom Datum dieses Beschlusses an, gesetzt.

Der Bundesbeitrag fällt dahin, wenn der geforderte Ausweis nicht rechtzeitig geleistet wird.

Art. 9. Der Unterhalt der subventionierten Arbeiten ist gemäß dem eidgenössischen Wasserbaupolizeigeset/.e vom Kanton Wallis zu besorgen und vom Bundesrate zu überwachen.

Art. 10. Dieser Beschluß tritt, als nicht allgemein verbindlicher Natur, sofort in Kraft.

Art. 11. Der Bundesrat ist mit der Vollziehung desselben beauftragt.

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1897

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23.06.1897

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723-730

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