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uudesblatt.

Jahrgang V. Band I» Nro.

2O.

Samstag, den 23. April 1853.

Mau abonnirt ausschließlich beim nächstgelegenen Postamt. Preis für das Jahr 1853 im ganzen Umfange der Schweiz p o r t o f r e i ·gxfn. 4. 40 Sentimen. Inferate sind f x a n k i r t an die Expedition ttnznfenden. Gebühr 15 (Sentimeli per Zeile odex deren Raum.

Note der f. f. österreichischen Gesandtschaft in Bern an den schweizerischen Bundesrath.

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(Vom 13. April 1853.)

Die kaiserliche Regierung hat von der geehrten Note welche Seine Ercellenz der Herr Bundes Präsident und der hohe schweizerische Bundes Rath unterm 21. v. Mts.

au den unterzeichneten k. k. Geschäststräger gerichtet haben, Kenntniß genommen und aus diesen Aktenstücken ersehen, daß der schweizerische Bundes Rath aus den Er..-.

gebnissen der von dem eidgenössischen Kommissär gepflo# Öenen Untersuchung die Ueberzeugung gefchöpft haben will, daß die gegen den Kanton Tessjn angeordneten Maßregeln in den vorgefallenen Thatsa-chen keinen hinreichenden Grund finden.

Die kais. Regierung hat keine Veranlassung zu be-

zweifeln, daß der eidgenöffische Kommissär sich der Er* Buudesblatt. Jahrg. v. Bd, i.

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futlung des ihm ertheilten Auftrags mit Unparteilichkeit, Umficht und Strenge unterzogen habe.

Ob es ihm aber unter den obwaltenden Verhaltnissen möglich gewesen und auch gelungen sei, die Wahrheit tückfichtlich der mit dem Mailänder Attentat zusammen* hängenden Thatsachen in ihrem ganzen Umfange und nach allen Richtungen an das Licht zu ziehen, dieß zu beurtheilen if... die kais. Regierung um so weniger in der Sage, als ihr die Resultate der zu Mailand im Gange befindlichen Untersuchung noch nicht vorliegen.

Wie dem auch sei, immerhin genügen schon die von dem hohen Bundes Rath selbst bestätigten Thatsachen, um sowohl die gegen den Canton ...tessi« angeordneten Sicherheitsmaßregeln als auch die Forderungen vollständig zu rechtfertigen, welche der Unterzeichnete in feiner Note vom 18. Februar und im Auftrage feiner Allerhöchsten Regierung in der Abficht gestellt hat, um für die Zukunft Bürgschaften für die vollständige Erfüllung der völkerrechtlichen Pflichten von Seiten des Cantons ìlesfin zu erlangen.

Nach der Darstellung des hohen Bundes Rathes ift

es jedenfalls unzweifelhaft, daß politische Flüchtlinge in größerer oder geringerer Anzahl im Canton Tesfin ge# duldet wurden, so wie daß daselbst die gefährlichsten Sendlinge der Umsturzparthei mit Leichtigkeit ab und zugehen und den Schauplatz ihrer wühlerischen Thätigkeit aufschlagen konnten. Und darf man fich hierüber wundern, wenn der schweizerische Bundes Rath selbst zugibt, daß im Canton Tesfin so wenig als in andern Cantonen eine Controlle durchreisender Fremden besteht, und wenn ferner nicht in Abrede gestellt wird, daß selbst Mazzini von frühern Zeiten her -- natürlich in golge wiederholten längeren Ausenthalts -- sowohl im Canton

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..reffin bekannt war, daß er, wenn er in den letzten Wochen daselbst sich aufgehalten hätte, gewiß erkannt worden sein würde. Eben so wenig darf es dann Er.» staunen erregen, wenn bei so bewandten Umständen der durch die revolutionären Umtriebe in feiner Sicherheit bedrohte Nachbarstaat, durch verdoppelte Wachsamkeit und Strenge den völligen Mangel derselben in den Beaufsichtigungsanstalten des erwähnten Santons, z«

ersehen genöthigt ist.

Die kais. Regierung hat sich sonach nicht, wie der hohe Bundes Rath anzunehmen geneigt scheint, durch vorgefaßte Meinungen zu irrigen Urtheilen verleiten lassen, allerdings aber haben die langen und bitteren Erfahrungen die aus der Gefchichte ihrer Beziehungen zu dem Canton Tessin hervorgegangen sind, einen eben so natürlichen als wohlbegründeten Einfluß auf ihre Entfchließungen ausüben müssen.

Wenn der hohe Bundes Rath, um die von der kais.

Regierung in dieser Beziehung angeführten früheren Vorgänge in einem milderen Lichte erfcheinen zu lassen, sich bemüht hat, gleichfalls in der Vergangenheit An.« haltspunkte zu finden, um feinerfeits Anklagen gegen die kaiserliche Regierung zu erheben, fo kann es Ihrer Würde durchaus nicht angemessen fein, ein geld zu betreten wo die Rollen in ganz unzulässiger Weife umgetaufcht fein würden. Nicht an Ihr ist es. Sich gegen itberdieß völlig unhaltbare Anfchuldigungen zu vertheidigen, fondern Sie ist es hingegen die dermalen begrün.» dete Veranlassung hat. Abhülfe gegen gerechte Beschwer# den zu fordern.

Die kaiserliche Regierung ist bereit anzuerkenneit, daß zu diesem Ende schon einige zweckentsprechende An, ordnungen von dem eidgenössischen Ccmm,ssa'r getroffen

664 worden find. Nach der Verficherung des hohen Bundes

Rathes ist eine Anzahl Flüchtlinge ans Tesfin ansge.» wiesen, andere find aus der Schweiz entfernt oder in das Innere des Sandes versetzt, wieder andere endlich in Untersuchung gezogen worden.

Die aufgefundenen Wassenvorräthe find mit Beschlag belegt oder in das Innere der Schweiz gesendet, die Druckerei vonCapolago, aus welcher so viele aufrühre.--.

tische und verderbliche Erzeugnisse hervorgegangen, ist in Folge der Verhaftung eines Mitinteressenten freiwillig geschlossen.

Ueber 11 noch zurückgebliebene Flüchtlinge erwartet der schweizerische Bundes Rath noch näheren Bericht.

Der hohe Bundes Rath hat überdieß die Verficheruiii., gegeben, daß sein Bestreben vorzugsweise darauf gerichtet .ist, im Eanton Tesfin diejenigen Anordnungen zu treffen, die geeignet sein können, für die Zukunft jeden Stoff zu wirklich begründeten Beschwerden zu be-

seitigen.

Dieses Bestreben scheint allerdings dem von der kais.

Regierung gleich anfänglich gestellten Verlangen zu begegnen, vollkommene Bürgschaften gegen gefährliche, von dem Gebiete der Eidgenossenschaft aus, Ihre eigene Sicherheit bedrohende Unternehmungen zu erlangen.

Jedoch hat Sie mit Bedauern in der Note des Bundes Rathes jede bestimmte Andeutung über diese Ihr für die Zukunft zu gewährenden Bürgschaften vermißt.

Der Unterzeichnete kann daher nicht umhin, im Nahmen seiner Allerhöchsten Regierung dasjenige was von Ihr in dieser Beziehung noch erwartet wird.. näher ju bezeichnen :

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Unter diefen Bürgschaften rechnet das kais. Cabinet vor Allem, eine bestimmte Zuficherung darüber, daß in der unmittelbaren Nähe der österreichischen Gränze, alfo im Teffin so wie in Graubünden politische Flüchtlinge überhaupt nicht geduldet werden sollen. Der Unterzeichnete muß demnach darauf bestehen daß auch die 11 noch im Tesfin verweilenden Flüchtlinge entfernt und jedenfalls eine Ausnahme von diefer Regel ohne die Zustimmung der kais. Regierung nicht gestattet werde.

Damit aber auch dieser Grundsatz durchgeführt und von demfelben in Zukunft nicht wieder durch gfahrläffigkeit der Cantonal Behörden oder aus anderen Ursachen abgewichen werden könne, glaubt die kais. Regierung mit vollem Fug und Recht eine wirksame Controlle in Anspruch nehmen zu können, über deren Modalitäten Sie mit dem hohen Bundes Rathe in nähere Befpre* chung zu treten und feine allenfallsigen Ansichten entge# genzunehmen bereit ist.

Es ist diesfeits gleich anfänglich das Verlangen gestellt worden, daß politische Flüchtlinge die sich direkt oder indirekt an dem Mailänder Attentate betheiligt hat.ten, aus dem Gebiete der Eidgenossenfchaft ausgeschlossen würden. In folgerichtiger Uebereinstimmnng mit dieser Forderung erwartet die Regierung Seiner Majestät des Kaisers, daß der schweizerische Bundes Rath sich bereit erkläre, auch in Zukunft solche Flüchtlinge, welche die .Pflichten des Asyls durch notorische Betheiligung an re# volutionnären, gegen die Sicherheit des Kaiserstaats gerichteten Umtrieben, verletzt hätten, auf fchweizerifchent Gebiet nicht länger zu dulden, fobald deren Entfernung im diplomatischen Wege begehrt wird.

Erst wenn auch in dieser Hinsicht bestimmte Zusiche-* rungen Seitens der Eidgenossenschaft gegeben sein wer-*

666 den, wird es dem kais. Cabinete erlaubt sein, mit volliger Beruhigung in Erwägung zu ziehen, welche Srleich..terungen in der angeordneten Gränzsperre eintreten können.

Indem der Unterzeichnete die Ehre hat die letztgefällige Note Seiner Ereellenz des Herrn Bundes Präfidenten und des hohen schweizerischen Bundes Rathes vom 21.

v. Mts. hiemit zu beantworten, beehrt er sich zugleich die Bemerkung beizufügen, daß die kais. Regierung den weiteren Mittheilungen die fich der hohe schweizerische Bundes Rath in Bezug auf die Angelegenheit der aus* gewiesenen Capuziner und der säeularifirten Seminarien von folleggio und Ascona vorbehalten hat, mit Ungeduld entgegensteht, nachdem die Erledigung dieser Angelegenheiten auf die volle Wiederherstellung der freundnachbar* lichen Verhältnisse Oesterreichs mit der Schweiz einen wesentlichen Einfluß äußern muß.

Zugleich benützt Unterzeichneter auch diesen Anlaß um den Ausdruck seiner ausgezeichnetsten Hochachtung zu erneuern.

Bern den 13.-.April 1853.

" Gs. Äatnicfj.

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