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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Einfuhr aus der zollfreien Zone von Hoch-Savoyen und der Landschaft Gen.

(Vom 19. März 1895.)

Tit.

I.

Die Behandlung der Einfuhr aus den zollfreien Zonen in dio Schweiz war bis 1. Februar 1892 zum größten Teil vertragsmäßig, nämlich durch den an diesem Tage erloschenen schweizerischfranzösischen Handelsvertrag, und durch die noch gültige Specialkonvention vom 14. Juni 1881, betreffend die Zone von HochSavoyen, geregelt.

Diese letztere Konvention gewährleistet der Zone für die Dauer von 30 Jahren folgende Begünstigungen: 1. Zollfreiheit für 10,000 hl. Wein; 2. Zollfreiheit für die unbeschränkte Einfuhr von Gerberrinde und Lohkuchen, Brennholz, Holzkohle und Sägespänen, gemeinen Bausteinen, Dachziegeln und Backsteinen, Kalk und Gips ; 3. Zollfreiheit für den kleinen Marktverkehr mit Gemüse, Obst und Kartoffeln, Getreide und Reps in Garben, Kleie, Stroh und Heu, Fischen und Geflügel, Eiern, Milch und Butter ; 4. eine Zollreduktion um 75 % für bestimmte Quantitäten von grobem Leder, gegerbten Kalb-, Schaf- und Ziegenfellen ; 5. Befreiung vom schweizerischen Ausfuhrzoll für bestimmte Quantitäten von rohen Häuten und Fellen.

Der Handelsvertrag enthielt, außer den allgemeinen Vertragstarifen für die Einfuhr, in die Schweiz und in Frankreich, ein Specialreglement zu gunsten des P a y s de G ex mit folgenden Erleichterungen: 1. Zollfreiheit für 2000 q. Weißwein; 2. Zollfreiheit für die unbeschränkte Einfuhr der gleichen Artikel, wie die in der Konvention betreffend die Zone von Hoch-Savoyen genannten (siehe oben, unter 2), außerdem für Bauholz, Bretter, Leisten und Rebstecken, Gras, Heu, Stroh und Streue, Bäume und

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Sträucher, Getreide und Reps in Garben, Hanf und Flachs, medizinische Pflanzen, tierische und vegetabilische Abfälle, Knochen, Hörner und Talg, Lehm, Töpferthon, Thonerde und Schlacken, Korbwareu und Siebe; 3. Zollfreiheit für bestimmte Quantitäten von Bier, Obstwein, Käse, rohen Häuten, gegerbten Fellen und grobem Leder, Werkzeugen für die Landwirtschaft und für Zeugschmiede, Packkisten, Kunsttischler-, Schreiner- und Zimmcrmannsarbeiten, Möbeln, Fässern, gemeinen Töpfer- und groben Eisenwaren, Marmor von Thoiry, Kleidern und Weißwäsche; 4. Zollfreiheit für den kleinen Marktverkehr, wie in der Konvention betreffend die Zone von Hoch-Savoyen, ausgenommen Fische, jedoch unter Hinzufügung von Brot und Honig ; 5. Befreiung vom schweizerischen Ausfuhrzoll für bestimmte Quantitäten von rohen Häuten und Fellen; 6. Zollfreiheit für den Veredlungsverkehr mit zugeschnittenen Kleidern zum Nähen im Pays de G ex.

Im übrigen galt für die Einfuhr aus beiden Zonen der schweizerisch-französische Vertragstarif; soweit dieser nichts bestimmte, wurden französische Waren wie diejenigen der meistbegünstigten Nation behandelt.

Nach dem Erlöschen des alten Vertrages wurde bekanntlich Frankreich in Erwartung einer Verständigung über einen neuen Vertrag provisorisch auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation behandelt; was das Pays de Gex betrifft, so wurden die Vergünstigungen, welche das Vertragsreglement enthielt, einstweilen aufrecht erhalten. Die Einfuhr aus den Zonen konnte sich demnach während des Jahres 1892 im wesentlichen noch unter den gleichen Bedingungen vollziehen, wie während der Vertragsperiode.

Eine vollständige Änderung trat hingegen am 1. Januar 1893 ein. Infolge der Ablehnung des im Juli 1892 zwischen den beiden Regierungen abgeschlossenen Handelsübereinkommens seitens der französischen Kammer wurden durch provisorischen Bundesratsbeschluß vom 27. Dezember 1892 und in Ausführung des Bundesbeschlusses vom 22. Dezember des gleichen Jahres für die wichtigeren französischen Exportartikel Differentialzölle aufgestellt und die provisorische Anwendung des Reglements für das Pays de Gex aufgehoben. Es blieben nur noch die Vergünstigungen in Kraft, welche die Konvention von 1881 für die Zone von Hoch-Savoyen enthält. Die Erzeugnisse des Pays de Gex fielen gänzlich unter den Differentialtarif, soweit derselbe
sich auf Erzeugnisse erstreckt, welche dieses Ländchen exportiert.

Für die hauptsächlichsten Exportartikel dieser beiden Zonen waren die Zolländerungen folgende :

Einfuhr ans den Zonen im Durchschnitt der Jahre 1890/92.

Hoch-Savoyen.

Gex.

Total.

Zollfrei.1) Verzollt. Zollfrei.2) Verzollt. Menge.

Wert.

hl.

hl.

hl.

hl.

hl.

Fr. 1000.

26,071

-- -- -- -- -- -- 1-- 409 -- 1,202 4,772

4,032 Stück.

2,154

1,648 1,973

-- -- -- -- -- --

11,733 3,566

7,196 4,712

q6,084 6,440 5,008

187 1,991

865

33,122

547 Wein

Stück.

770 502 88 92 1,379 3,222

25 1,214 5,5

144

Differentialzoll.

Fr.

Fr.

per 100 kg.

25. --

3. 50 per Stück.

2,418 2,475 11,821 3,658 8,575 7,934

1,335 852 1,147 187 714 278

Ochsen Kühe Mastkälber andere Kälber Schweine Schafe

1,006 1,550 708 356 830

Fleisch 4) Butter Käse Geflügel Eier

q-

q--

Vertragszoll.

621 6,705 172 7,046 123 , 6,345 0,7 1,395 12 6,919

15. -- 18. -- 10. -- 5. -- 4. -- ; 5. -- . 50

30. -8)

40. -- 20. -- 12. -- .

8. -3) ; 12.

4. --

per 100 kg.

4. 50 7. -- 4. -- 4. -- ; 6. -- 1. --

35. -- 12. --

25. -- 10. -- ; 16.

4. -3)

') Zollfreie Einfuhr gemäss der Konvention von 1881, sowie im landwirtschaftlichen Grenzverkehr und im Marktverkehr.

2 ) Zollfreie Einfuhr gemäss Reglement von 1882, sowie im landwirtschaftlichen Grenzverkehr und im Marktverkehr.

") Ansatz des Generaltarifs.

4 ) Frisch geschlachtetes.

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Da die zollfreien Zonen ihrer geographischen Lage wegen hauptsächlich auf den Absatz ihrer Erzeugnisse nach der Schweiz angewiesen sind, so wurden sie durch die neuen Zölle in ihren Existenzbedingungen auf das empfindlichste getroffen, während sie hingegen allen Erzeugnissen der Schweiz und des Auslandes überhaupt nach wie vor zollfrei offen standen ; es lag in diesem Gegensatz der Eiufuhrbedingungen in die Zonen und in die Schweiz unleugbar eine Ungleichheit, welche auf die Dauer nicht aufrecht erhalten werden konnte. Da indessen eine ungleiche Behandlung der Erzeugnisse des französischen Zollgebiets und der Zonen die Einrichtung einer besonderen, umständlichen Kontrolle bedingte, um Mißbrauch zu verhüten, so war eine sofortige Auseinanderhaltung der beiden Gebiete eine Unmöglichkeit. Nachdem die allgemeinen Maßregeln, welche die Ablehnung unseres Handelsübereinkommens durch die französische Kammer erfordert hatte, getroffen waren, ermangelten wir nicht, den Verhältnissen der zollfreien Zonen unsere besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und zu untersuchen, wie und in welchem Grade diesen Verhältnissen und den dringenden Wünschen, die sich im Kanton Gent' sowohl als in den industriellen Kreisen der übrigen Kantone und in den Zonen kundgaben, entgegengekommen werden könnte. Das Resultat unserer Untersuchung war der Beschluß vom 9. Mai 1893, der den Zonen eine Ausnahmestellung einräumte und dem Sie in der darauffolgenden Session Ihre Genehmigung erteilten.

Nach jenem Beschlüsse konnten die Hauptprodukte beider Zonen, Wein und Vieh, in bestimmten Quantitäten zum Konventionaltarif eingeführt werden, soweit die Konvention betreffend die Zone von Hoch-Savoyen für Wein nicht Zollfreiheit gewährte, ebenso eine Anzahl anderer, landwirtschaftlicher und industrieller Erzeugnisse des Pays de G-ex, zu dessen Gunsten zugleich der frühere zollfreie Marktverkehr wieder hergestellt 'wurde.

Die Ausführung dieses Beschlusses bewirkte zwar eine wesentliche Erleichterung für die Zonen, gereichte diesen jedoch nicht zur vollen Befriedigung. Einesteils waren darin viele Erzeugnisse, namentlich Butter (außer dem Marktverkehr), Käse und frisches Fleisch, noch nicht inbegriffen, sondern blieben dem Differentialtarif unterworfen ; anderseits gab die quantitative Beschränkung der Einfuhr der begünstigten Produkte Anlaß zur
Unzufriedenheit.

Um mißbräuchliche Einfuhren aus dem französischen Zollgebiet zu verhüten, waren in unserem Beschlüsse von 1893 auf Grund der durchschnittlichen Einfuhr aus den Zonen in den Jahren 1890 bis 1892 für die begünstigte Einfuhr der betreffenden Artikel Maximal-

23 quantitäten festgesetzt worden ; dieser Limitierung entsprechend, ·erhielten die Präfekturbehörden in den Zonen von unserer Zollverwaltung Gutscheine (bons de crédit) zum Zwecke der Verteilung unter die am Export nach der Schweiz interessierten Bewohner.

Die Verteilung wurde aber in durchaus mangelhafter Weise vorgenommen, so daß die Bons teilweise in die Hände von Personen gelangten, welche derselben für eigene Erzeugnisse gar nicht bedurften und sie deshalb an Interessenten verkauften, welche gar keine oder zu wenige erhalten hatten. Wir machten die französische Regierung auf die Folgen dieser mangelhaften Verteilung der Bons und die Notwendigkeit eines sorgfältigeren Verfahrens aufmerksam. Als es sich um die Frage handelte, ob nicht die Bons pro 1894, in Gewärtigung eines andern Vcrteilungsmodus, zunächst nur teilweise an die Präfektur in Annecy übermittelt werden sollen, wurde uns jedoch der Wunsch ausgedrückt, sämtliche Bons auf einmal zu erhalten, zugleich aber versichert, daß die Abgabe dieser neuen Bons nur gegen jedesmaligen Nachweis des Bedürfnisses erfolgen, und daß man sich übrigens bemühen werde, ein zweckmäßigeres Kontrollsystem überhaupt auszumitteln.

Zu der Unzulänglichkeit des Kontrollmodus gesellte sich dann infolge der ganz außerordentlichen Weinernte des Jahres 1893 auch die Unzulänglichkeit der Maximalquantitäten von 4000 hl.

Wein für die Zone von Hoch-Savoyen und von 2000 hl. für das Pays de Gex. Der Absatz des reichen Ernteertrages drohte wegen dieser, auf dem Durchschnitt der normalen Einfuhren von 1890 bis 1892 fußenden Quantitätslimiten schwierig oder teilweise ganz unmöglich zu werden. Es bemächtigte sich deshalb der Bevölkerung in den Zonen eine gewisse Aufregung, welche später noch wuchs, als auch die Weinernte im Jahre 1894 eine un»'ewönliche zu O werden versprach.

In der Märzsession der eidgenössischen Räte wurde von den Herren Ador, Favon und 22 Mitunterzeichnern eine auf die Erweiterung unseres Beschlusses vom 9. Mai abzielende Motion eingebracht.

Dieser Motion folgten in der Zeit bis zur Junisession der Bundesversammlung verschiedene Kundgebungen für und gegen eine Ausdehnung der Begünstigungen der Zonen, worunter einerseits namentlich eine Petition von 245, am Absatz nach den Zonen interessierten Kaufleuten und Industriellen aus fast allen Teilen der Schweiz, anderseits diejenige der Komitees des waadtländischon Weinsyndikates und des landwirtschaftlichen Klubs der Bundesversammlung.

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Angesichts dieser verschiedenartigen Kundgebungen richteten wir am 20. Juni an den Nationalrat folgende Mitteilung: ,,Am 10. April laufenden Jahres haben die Herren Ador, ,,Favon und 22 Mitunterzeichner im Nationalrat eine Motion mit ,,folgendem Wortlaut gestellt: ,,1. Der Bundesrat wird eingeladen, in der nächsten Session "der Bundesversammlung über die Gesamtheit unserer gcgen,,wärtigen wirtschaftlichen Beziehungen mit den freien Zonen von "Hoch-Savoyen und der Landschaft Gex Bericht au erstatten.

,,2. In Erwägung, daß die schweizerischen Produkte in den ,,Zonen gleich behandelt werden, wie die aus Frankreich selbst ,,stammenden, wird d e r Bundesrat eingeladen, z u ,,der Freizonen in der Schweiz die Behandlung auf dem Fuße ,,der meistbegünstigten Nation zu sichern, soweit dies nicht bereits ,,durch den Bundesratsbeschluß vom 9. Mai 1893 geschehen ist, ,,immerhin unter Vorbehalt der gegen Mißbrauch der Einfuhr,,erleichterungen zu treffenden Schutzmaßregeln.

,,Der Bundesrat ist sich des Interesses, das sich an diese ,,Motion knüpft, vollständig bewußt, aber abgesehen davon, daß ,,er noch eine ihm von der französischen Regierung über eine ,,Verbesserung des Systems der Einfuhrgutscheine und der Kon,,trolle der Herkunft der Erzeugnisse in Aussicht gestellte Ant,,wort erwartet, hält er sich für verpflichtet, dem Nationalrate ,,mitzuteilen, daß er seit dem Zeitpunkt, da die Motion gestellt ,,worden ist, und teilweise schon vorher verschiedene Eingaben ,,erhalten hat, welche sich auf die Frage der Zonen beziehen; ,,es sind dies insbesondere eine Petition des Syndikates der waadt,,ländischen Weinbauern, eine solche von 260 schweizerischen ,,Industriellen und Kaufleuten und eine Eingabe des landwirt,,schaftlichen Klubs der Bundesversammlung.

,,Diese verschiedenen Kundgebungen mit ganz kontradikto,,rischer Tendenz erheischen eine Behandlung im Zusammenhange ,,und eine erneute Prüfung, über deren Resultat der Bundesrat ,,noch im Ungewissen ist. Unter diesen Umständen hält er dafür, ,,daß eine Diskussion der Motion Ador-Favon heute verfrüht ,,wäre.

,,Wir versichern Sie, daß wir die Fragen, um welche es ,,sich in dieser Angelegenheit handelt, nicht aus den Augen ver,,lieren werden, und benutzen den Anlaß, Ihnen, Herr Präsident,, ,,geehrte Herren Nationalräte, den Ausdruck unserer vorzüglichen ,,Hochachtung zu erneuern."

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Die Motion wurde auf diese Mitteilung hin von den Herren Ador und Favon mit folgender Erklärung zurückgezogen: ,,Die Unterzeichneten nehmen, im Namen der Mitunterzeichner ,,ihrer Motion vom 10. April abhin, Akt von den Erklärungen der ,,bei Beginn der heutigen Sitzung verlesenen Zuschrift des Bundes,,rates, aus welcher hervorgeht, daß die von ihnen verlangte neuer.n liehe Prüfung der schweizerischen Handelsbeziehungen mit den ,,freien Zonen in Angriff genommen ist, und daß die von ihnen ,,hervorgehobenen Punkte in der vom Bundesrat unternommenen ,,Gesamtuntersuchung zur Behandlung gelangen worden. Sie setzen ,,volles Vertrauen in die Sorgfalt, womit diese hohe Behörde die ,,bei der Frage in Betracht fallenden nationalen Interessen vertreten ,,wird, und beehren sich demgemäß, Ihnen anzuzeigen, daß sie ihre ,,Motion zurückziehen.11 Als wir unsere Mitteilung an den Nationalrat richteten, hatten wir über das Ergebnis der uns vom französischen Ministerium zugesicherten Untersuchung über die Einrichtung eines neuen Kontrollmodus noch keine Kenntnis.

Auf Grund wiederholter Informationen in Paris waren wir jedoch zu der Annahme eines baldigen Abschlusses dieser Untersuchung berechtigt; jedenfalls hielten wir es für erforderlich, deren Ergebnis abzuwarten, bevor wir irgend einen neuen Beschluß faßten, denn der Inhalt des letztern hing teilweise von dem neuen Kontrollmodus ab. Erst Mitte November erhielten wir hierüber eine Eröffnung des französischen Botschafters in Bern, des Inhalts, daß seine Regierung geneigt wäre, die Frage einer bessern Kontrolle dadurch zu lösen, daß das System der Ursprungsnachweisung durch die sogenannten déclarations fondamentales, welches System seit 1863 für die Kontrollierung der zollfreien Einfuhren aus den Zonen in das französische Zollgebiet angewendet wird, auch auf die Ausfuhren aus den Zonen nach der Schweiz, angewendet würde, sofern wir geneigt sein sollten, die landwirtschaftlichen Produkte dieser Gebiete ohne Quantitätsbeschränkung nach dem Konventionaltarif zu behandeln.

Diese Eröffnung machte einläßliche Untersuchungen über das offerierte Kontrollsystem erforderlich, so daß es, abgesehen von andern Schwierigkeiten, schon aus diesem Grunde nicht wohl möglich gewesen wäre, der Bundesversammlung schon in der Dezembersossiou eine Vorlage zu unterbreiten.

In der Zone
und in Genf war man indessen infolge der abermaligen großen Weinernte und der Ungewißheit über die Beibehaltung oder Aufhebung der Quantitätslimiten, sowie des Systems der Bons aufs neue beunruhigt.

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Am 13. November schrieb uns der Staatsrat von Genf, daß man daselbst und in den Zonen infolge unserer Mitteilung an den Nationalrat mit Bestimmtheit schon im Dezember eine Vorlage oder wenigstens eine bestimmte Erklärung an die Bundesversammlung .erwarte. Der Staatsrat ersuchte gleichzeitig um Audienz für eine Delegation, welche uns die Dringlichkeit einer konventionellen Behandlung der Zonenprodukte und einer zweckmäßigeren Kontrolle auseinandersetzen sollte. Die gewünschte Audienz fand am 1. Dezember statt ; die Auseinandersetzungen der Delegation wurden von den hierzu beauftragten Vorstehern des Departements des Auswärtigen, des Finanz- und Zolldepartements und des Industrie- und Landwirtschaftsdepartements ad referendum entgegengenommen.

Diesem Schritte des Staatsrates folgte am 27. Dezember eine analoge Eingabe der genferischen Mitglieder der Bundesversammlung.

In unserer am 15. Dezember erfolgten schriftlichen Antwort au den Staatsrat von Genf setzten wir die Umstände auseinander, welche uns an einer sofortigen Beschlußfassung hinderten, und versicherten übrigens diese Behörde, daß wir auf eine rechtzeitige und alle Interessen befriedigende Lösung dor Zonenangelegenheit bedacht sein werden.

Am gleichen Tage richteten wir an den Nationalrat folgende Mitteilung : "Wir haben Ihnen unterm 16. Juni dieses Jahres mitgeteilt, ,,daß wir die hohe Bedeutung, welche der Motion Ador-Favon zu,,kommt, nicht verkennen, angesichts der widersprechenden Kundgebungen über diese Angelegenheit aber eine neue und allseitige ,,Prüfung derselben vornehmen müssen.

,,Die Petition wurde ' zurückgezogen ; wir sind indessen von "den Abgeordneten des Kantons Genf dringend ersucht worden, der "Bundesversammlung das Ergebnis unserer Untersuchungen über die "Möglichkeit einer unbeschränkten Zulassung landwirtschaftlicher ,,Erzeugnisse der Zonen zum Vertragstarif, vorbehaltlich einer ge,,nügenden Kontrolle des Ursprunges, mitzuteilen.

,,Wir haben der Regierung von Genf, welche sich ihrerseits ,,an uns wendete, die besonderen Gründe dargelegt, die uns ver,,hindert haben, den eidgenössischen Räten eine Vorlage über die ,,Zonenfrage noch im Laufe dieser Session zu machen. Wir hegen ,,jedoch die bestimmte Hoffnung, in Bälde eine Lösung dieser Frage ,,vorlegen zu können, welche alle Interessen zu befriedigen ge,, eignet ist."

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Nach Verlesung dieses Sehreibens des Bundesrates gab Herr Favon im Namen der Genfer Deputation folgende Erklärung ab : ,,Indem die Abordnung des Kantons Genf von den Erklä"rungen des Bundesrates Vormerkung nimmt, spricht sie ihr leb.,, hartes Bedauern darüber aus, daß diese hohe Behörde es nicht als ,,in ihrem Mandat liegend erachtet hat, die Zonenfrage in der gegen,,wärtigen Session zu lösen. Der Bundesrat macht in der Mitteilung ,,an den Staatsrat von Genf, auf die er Bezug nimmt, besondere ,,Zweckmäßigkeitsgründe für die Verschiebung geltend. Wir haben ,,daher in dieser Angelegenheit nicht weiter in den Bundesrat zu ,,dringen, aber wir müssen nochmals des bestimmtesten wiederholen, ,,daß wir vollständig davon überzeugt sind, daß die Zonenfrage eine ,,schnelle und von jeder anderen Angelegenheit getrennte Behand,,lung und Lösung erfordert, und wir sind sicher, in dieser Bey, ziehung uns in vollkommenem Einverständnis mit der Regierung ,,von Genf zu befinden.

,,Die Abordnung des Kautons Genf hegt immerhin die Hoff,,nung, daß die rasche Folge, welche der Bundesrat den in seiner ,,Mitteilung enthaltenen Versprechen geben wird, jeder »u befürch,,tenden Eventualität vorbeugen werde. Der Ausdruck i n B ä l d e ,,bedeutet nach der Auffassung der Delegation eine Lösung in den ,,ersten Monaten des kommenden Jahres, und sie macht den Bundes,,rat darauf aufmerksam, daß eine weitere Verschiebung ernsthafte ,,Gefahren nach sich ziehen würde..

,,Es ist gewiß möglich, im Verlaufe einiger Wochen ein ,,System vorzubereiten, durch das alle beteiligten Interessen be"friedigt werden können, und das den Bewohnern der Zonen, wo ,,unsere Erzeugnisse frei eingehen, den Konventionaltarif zu teil ,,werden läßt, auf den sie thatsächlich das augenscheinlichste An,,recht haben ; dabei ist natürlich eine genaue Kontrolle vorbehalten, ,,welche die Produktionsinteressen unseres Landes in wirksamer ,,Weise zu wahren im stände ist.

"Die Abordnung des Kantons Genf spricht zum Schluß ihr ,,volles Zutrauen zu den Absichten des Bundesrates aus."

Auf Veranstaltung der genferischen Abgeordneten richtete ferner eine Anzahl von Mitgliedern des Nationalrates am 18. Dezember folgende A d r e s s e a n d e n B u n d e s r a t : ,,Die unterzeichneten Mitglieder des Nationalrates, überzeugt ,,von der Wichtigkeit der vom Bundesrate dem Nationalrate unterm ,,17. dieses Monats bezüglich der Frage der freien Zonen von Hoch,,Savoyen und der Landschaft Gex gemachten Mitteilung, erlauben

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,,sich, die gütige Aufmerksamkeit des Bundesrates auf die ernsten ,,Gründe zu lenken, welche zu gunsten einer prompten Lösung ,,dieser Frage sprechen.

,,Sig. : Comtesse. P. Ceresole. L. Forrer. Dr. Bachmann.

,,P. Jolissaint. Dr. Gobat. Marti. Jos. Choquard. A. Künzli. Louis ,,de Diesbach. Jeanhenry. Dr. Paul Speiser. Cramer-Frey. Hammer.

,,H. Wunderly - von Muralt. Hilty. Louis Martin, dirti. P. Bolla.

,,J. Keel. Dr. F. Schmid (Uri)."

Dieser Kundgebung folgte am 19. Dezember die nachstehende G e g e n a d r e s s e des l a n d w i r t s c h a f t l i c h e n K l u b s der Bundesversammlung : ,,Angesichts des Umstandes, daß einige Mitglieder des National,,rates den Bundesrat um eine prompte Lösung der in der Motion ,,Ador-Favon und Mitunterzeichner niedergelegten Frage ersucht ,,haben, spricht der landwirtschaftliche Klub sein volles Vertrauen ,,aus, daß der Bundesrat die schweizerischen Produktionsinteressen ,,wahren werde.

,,Der landwirtschaftliche Klub hat allen Grund, zu befürchten, ,,daß durch die vom genferischen Handel gewünschte Lösung allen ,,beliebigen Erzeugnissen der Zone und anderswoher in unbegrenzten ,,Mengen und ohne sichere Kontrolle zum größten Schaden der ,,schweizerischen Produktion Thür und Thor geöffnet werden.

,,Er befürchtet auch, daß dadurch ein Präcedenzfall geschaffen ,,werden möchte, der an anderen Punkten der schweizerischen ,,Grenze angerufen werden könnte.

,,Er ersucht daher den Bundesrat, die Frage sorgfältig, aber ,,ohne Übereilung, zu prüfen, indem er dabei, bevor er den eidgenössischen Räten wieder Mitteilung macht, auch den Handels,,beziehungen mit Frankreich überhaupt Rechnung trägt.

,,Endlich will es ihm scheinen, daß die richtige Lösung vor ,,allem in einem neuen allgemeinen Handelsabkommen zwischen ,,Frankreich und der Schweiz gesucht werden müsse.

"Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer ausgezeichneten ,,Hochachtung !

,,Sig. : Heinr. Steinemann. Eug. Fonjallaz. Jenny. R. Stein,,hauer. J. Cavat. Delarageaz. Müller, Ständerat. G. Raschein.

,,Viquerat. Th. Schmid, Nationalrat. J. Suter, Nationalrat. Fr. X.

,,Widmer, Nationalrat. W. Meyer, Nationalrat. Baidinger. Rebmann.

,,Nietlisbach, Nationalrat. Ming, Nationalrat. G. Berger, Nationalrat.

,,Risch. Em. Gaudard. Schwander, Nationalrat. G. Th. Bühler.

"J. Kuntsehen.

29 ,,Die Unterzeichneten schließen sich der gegenwärtigen Adresse ^des landwirtschaftlichen Klubs an den h. Bundesrat an : ,,Dinkelmann. Alfr. Perrig. E. Decologny. Grieshaber. M. Eris^mann. Albertini. Neuhaus. J. Scherrer-Füllemann. De Werra.

,,Vogelsanger. Déglon. W. Good. Decurtins. Merkle. E. Frey.

,,Lusser, Ständerat. Th. Wirz. Scherb. Gr. Schoch. G. Muheim.

nlO. Munzinger. Jordan-Martin. Hohl. J. Hildebrand. Kellersberger.

,,J. Stutz. Leumann. Grand. M. von Matt. H. Gisi. Steiger (St.

,,Gallen). Bühler (Bern). Zschokke. Bangerter. Steiger (Bern).

^Staub. Hediger. Zimmermana. J. Moser. E. Moser. Häni.a II.

Wir haben seither die ganze Angelegenheit und namentlich auch das von der französischen Regierung offerierte Kontrollsystem einer eingehenden Prüfung unterworfen; gestützt auf das Ergebnis derselben sind wir zu dem in der Anlage enthaltenen Beschlüsse vom 23. Februar dieses Jahres gelangt, welchen wir am 1. März in Kraft gesetzt haben, und den wir Ihnen hiermit nachträglich zur Gutheißung unterbreiten.

Durch diesen Beschluß wird im großen und ganzen ungefähr die Behandlung hergestellt, welche die Erzeugnisse der zollfreien Zonen vor dem Ausbruch des Zollkrieges mit Frankreich genossen.

Für landwirtschaftliche und Bodenprodukte, sowie für eine Anzahl von industriellen Erzeugnissen werden keine Differentialzölle mehr erhoben, sondern die Ansätze des Konventional- beziehungsweise Gebrauchstarifs angewendet. Für verschiedene Erzeugnisse des Pays de Gex wird Zollfreiheit gewährt; die Quantitätslimiten werden fallen gelassen, mit Ausnahme derjenigen für die zollfreie Einfuhr von Weißwein aus dem Pays de Gex.

Was die Nachweisung des Ursprungs betrifft, so hat dieselbe für Wein, Vieh und Hartkäse durch die sogenannten déclarations fondamentales, für die übrigen Artikel durch Ursprungszeugnisse zu geschehen.

Im einzelnen unterscheidet sich der neue Beschluß von demjenigen vom 9. Mai 1893 wie folgt: 1. Z o n e von H o c h - S a v o y e n . Der Beschluß von 1893 beschränkte die Anwendung des allgemeinen Gebrauchstarifs auf gewisse Quantitäten von Vieh und Wein. Der neue Beschluß hebt diese Quantitätslimiten auf und fügt den genannten Artikeln noch Käse, Butter (außer dem konventionellen zollfreien Markt-

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verkehr), frisch geschlachtetes Fleisch, gedörrtes Obst, eingestampfte Früchte und Beeren, Krauter und Wurzeln zur Destillation, eingesalzene Gemüse, lebende Pflanzen, Bau- und Nutzholz, auch gesägt, gespalten oder abgebunden, grobe Korbflechterwaren und Besen aus Reisig, ferner polierbare Bausteine und Steinhauerarbeiten hinzu. Außerdem wird in den durch die mehrgenannte Konvention von 1881 zollfrei erklärten kleinen Marktverkehr (frisches Obst und Gemüse, Kartoffeln, Getreide und Reps in Garben, Kleie, Stroh und Heu, Fische, Geflügel, Eier, Milch und Butter) auch der Honig eingereiht.

Die Begünstigungen, welche außerdem die Konvention von 1881 gewährt, haben wir schon in der Einleitung (S. 1) aufgezählt.

In unserem Beschlüsse sind weder diese konventionellen Erleichterungen, noch diejenigen Artikel aufgeführt, welche bei der Einfuhr aus dem französischen Zollgebiete überhaupt keinem Differentialzoll unterliegen, sondern für welche eo ipso die durch unsern allgemeinen Gebrauchstarif festgesetzten Zölle oder Zollbefreiungen KUV Anwendung kommen. Es sind dies namentlich Abfalle und Düngstoffe, ferner Tierhörner, Talg, Medizinalpflanzen, Heu, Stroh, Sämereien, Erden und mineralische Stoffe, Eis, Brot, Honig, Milch, Flachs und Hanf.

2. P a y s de G ex. Der Beschluß von 1893 enthielt mit Ausnahme des kleinen Marktverkehrs mit Butter, Eiern, Geflügel, Obst, Katoffeln, Gemüse, Brot, Honig und Milch keine Zollbefreiungen.

Der neue Beschluß erklärt als zollfrei 2000 q. Weißwein, ferner Bau- und Nutzholz, Bretter, Latten, Schindeln, Rebstecken und Flechtweiden, grobe Korbflechter- und Siebmacherwaron, Besen aus Reisig, Brennholz, Holzkohlen, Gerberrinde und Lohkuchen, lohende Pflanzen, medizinische Pflanzen, Getreide in Garben, Flachs, Hanf, Reps, Talg, Hörner, Bau- und Backsteine, Dachziegel und Kalk.

Die meisten dieser Erzeugnisse waren nach dem frühern Beschluß zum Gebrauchstarif zugelassen.

Von wichtigeren Artikeln des Pays de Gex, die bisher dem Differentialtarif unterlagen, werden von nun an namentlich frisch geschlachtetes Fleisch, Butter (außer dem zollfreien kleinen ftlarktverkehr) und Hartkäse nach dem Gebrauchstarif zugelassen.

Anlage II enthält eine Gesamtübersicht der Zollbohandlung der Erzeugnisse der Zonen nach dem bestehenden schweizerischen Zolltarif, nach der Übereinkunft von 1881 und unserm Beschlüsse vom 23. Februar dieses Jahres, Anlage III eine Übersicht der Einfuhr

31 aus den genannten Gebieten, soweit dieselbe von den Einfuhren aus dem französischen Zollgebiet ausgeschieden werden kann. Für die A u s f u h r nach den Zonen liegen gar keine besondern Angaben vor ; dieselbe wurde vor zwei Jahren nach Ermittlungen der Handelskammer in Genf auf 16 Millionen Franken geschätzt.

3. N a c h w e i s u n g des U r s p r u n g s . Wir haben die Mängel der bisherigen Kontrolle und Ursprungsermittlung bereits in der Einleitung hervorgehoben.

Das neue System, welches gemäß Art. 3 des Beschlusses auf Wein, Vieh und Hartkäse angewendet werden soll, besteht in den sogenannten déclarations fondamentales, die, wie schon erwähnt^ für die Zollbefreiungen, die Frankreich für die Einfuhr aus den Zonen in das französische Zollgebiet gewährt, bereits seit 1863, d. h. seit der Annexion der Zone von Hoch-Savoyen, als Kontrolle benützt werden. Jeder Besitzer von V i e h z. B., welcher von den Zollerleichterungen für die Ausfuhr nach dem französischen Zollgebiet oder nach der Schweiz Gebrauch zu machen wünscht, hat nach diesem sorgfältig ausgedachten Systeme alljährlich vor dem 1. Februar in ein Formular einzuschreiben, wie viele Stücke vonjeder Gattung er besitzt, und für jedes dieser Stücke das Signalement, sowie bei Kühen die eventuelle Trächtigkeit anzugeben. Diese Deklarationen sind dem Maire einzureichen, welcher die Unterschrift des Deklaranten legalisiert und ferner bescheinigt, daß das deklarierte Vieh aus der Zone stammt. Von außerhalb der Zone eingeführte Tiere dürfen überhaupt nicht in die Deklaration eingetragen werden. Für jedes der 8 Arrondissements, in welchedie Zone von Hoch-Savoyen zerfällt, ist ein Contrôleur eingesetzt, welcher die Deklarationen der Eigentümer an Ort und Stelle verifiziert. Wenn sich Unrichtigkeiten herausstellen, so wird der Deklarant nach den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen bestraft und kann außerdem von der Zollvergünstigung ausgeschlossen werden. Einige Tage vor der Ausfuhr eines oder mehrerer derdeklarierten Stücke Vieh hat sich der Besitzer an den Contrôleur zu wenden, um von demselben unter Angabe der Nummer, mit welcher diese Stücke in der déclaration fondamentale eingetragen sind, einen Ausfuhrschein (extrait-permis) zu erlangen ; in diesen Schein trägt der Contrôleur die Nummern und alle Merkmale, welche in der déclaration fondamentale
angegeben sind, ein. Außerdem bescheinigt der Maire, daß die betreffenden Gemeinden seuchenfrei sind. Nur bei Vorweisung solcher Ausfuhrscheine wird das betreffende Vieh von den Zollbeamten an der Grenze zu den begünstigten Bedingungen zugelassen. Jedes Stück wird mit dem

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Signalement verglichen, was an der schweizerischen Grenze durch den Grenztierarzt, also durch einen Sachverständigen geschieht.

Nach dem Richtigbefund wird der Ausfuhrschein von der Zollbehörde abgestempelt und nach Verifikation durch die betreffende Bezirkszolldirektion allmonatlich an den Contrôleur, welcher sie ausgestellt hat, zurückgesandt. Dieser letztere trägt die Thatsache der erfolgten Ausfuhr in die déclaration fondamentale ein und streicht die bezüglichen Nummern und Angaben in der letztern durch. Die während des Jahres von den Kühen, die in der déclaration fondamentale als trächtig erklärt wurden, geworfenen Kälber werden ·ebenfalls in die déclaration eingetragen, wofür daselbst besondere Rubriken reserviert sind. In der Zone selbst während des Jahres angekaufte und aus derselben stammende Tiere sind mittelst eines besonderen Formulars dem Contrôleur des Arrondissements, welchem ·der Käufer angehört, zu verzeigen, worauf der erstere dieselben in die déclaration fondamentale des Käufers einträgt. Die so erhandelten Tiere dürfen aber erst im nächsten Jahr ausgeführt werden.

Durch besondere Verifikatoren werden die Angaben der Deklaranten an Ort und Stelle untersucht.

In analoger, ebenfalls sehr genauer Weise wird die Kontrolle betreffend Wein und Käse ausgeübt.

Für Wein muß das betreffende Rebenareal und das mutmaßliehe Produktionsquantum jeweilen vor dem 1. Oktober deklariert werden. Für Käse hat die Deklarierung der Zahl der Milchkühe der betreffenden Käserei und der voraussichtlichen Käseproduktion nach Stückzahl und Gewicht jeweilen vor dem Beginn der Fabrikation zu erfolgen. Jedes fabrizierte Stück Käse wird amtlich mit einer Nummer versehen, die nach der Ausfuhr oder dem allfälligen Übergang in den inländischen Konsum in der Liste gestrichen wird.

Unsere Zollverwaltung hat sich von der zweckmäßigen Einrichtung und der zuverlässigen Funktion dieses Kontrollsystems im allgemeinen überzeugt; an der loyalen Durchführung desselben durch die französischen Beamten, von deren Genauigkeit selbstverständlich manches abhängt, haben wir keinen Grund zu zweifeln, so daß wir die Übertragung des Systems auf die Ausfuhr aus den Zonen nach der Schweiz mit Beruhigung acceptieren konnten. Die deklarierte Gesamtzahl, beziehungsweise Gesamtquantität jeder Art von Vieh, sowie von Käse und Wein wird
der schweizerischen Zollbehörde mitgeteilt ; ferner wird die Zahl oder Menge, welche davon in das französische Zollgebiet ausgeführt worden ist, allmonatlich amtlich publiziert. Auf diese Weise vermag sich unsere Verwaltung jederzeit

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Rechenschaft darüber zu geben, wie viel von jedem der betreffenden Erzeugnisse der Zonen während des Jahres noch eingeführt werden kann. Es ist ferner zu bemerken, daß sich die beidseitigen Gebietszolldirektionen in Beziehung zu einander setzen werden, um sieh ihre Beobachtungen über die Funktion der Kontrolle gegenseitig mitzuteilen und sich über allfällige Verbesserungen zu verständigen.

Für jeden Mißbrauch der beschlossenen Erleichterungen ist im Art. 4 unseres Beschlusses außer den gesetzlichen Bußen und Strafen die Konfiskation der Waren und der Ausschluß des oder der Schuldigen von den Vorteilen des Beschlusses vorgesehen.

Sollten übrigens wider Erwarten unsere Erfahrungen ungünstige!

sein, so können die beschlossenen Erleichterungen, ihrem durchaus autonomen Charakter entsprechend, selbstverständlich jederzeit ganz oder teilweise widerrufen werden ; ein Vorbehalt dieser Art ist im Artikel 5 formuliert.

Die Natur unseres Beschlusses ist diejenige einer Gesamtheit von Zollerleichterungen zu gunsten zweier französischer Gebietsteile, die wegen ihrer geographischen Lage hauptsächlich auf den Absatz ihrer Erzeugnisse nach Genf angewiesen sind, die mit dieser Stadt thatsächlich seit Jahrhunderten in den intensivsten wirtschaftlichen Wechselbeziehungen stehen, deren Grenzen unseren Erzeugnissen, unabhängig von der Zollpolitik Frankreichs, ohne jede Zollschranke, geöffnet sind, mit denen uns außerdem auch gemeinschaftliche; Neutralität verbindet, und die auf Grund dieser mannigfachen Beziehungen Anspruch auf unsere vollste freundnachbarliche Rücksichtnahme haben.

Unser Beschluß ist denn auch im Kanton Genf sowohl als in den Zonen von der großen Mehrheit der Bevölkerung mit Befriedigung und Anerkennung aufgenommen worden. Die Anspruch» auf reciproke Zollfreiheit sämtlicher Einfuhren aus den Zonen, die von extremer Seite aus der Zollfreiheit dieser Gebiete und den Verträgen von 1815 hergeleitet werden wollen, müssen dagegen als zu weitgehend und rechtlich unhaltbar zurückgewiesen werden.

Die genannten Verträge bedingen die Versetzung der französischen Zolllinie hinter den Jura ohne irgend welche Verpflichtung zu Lasten der Schweiz; wenn die Einfuhr in die Zonen zollfrei ist, so ist dies zwar ein Vorteil für unsere Beziehungen mit denselben, den wir nach Gebühr zu würdigen haben, der aber selbstverständlich nicht uns zuliebe und nicht zu unserem ausschließlichen Vorteil, sondern zum Besten der Zonen selbst geschaffen worden ist.

Bundesblatt.

47. Jahrg.

Bd. II.

34 So weilig uns somit eine völlige Reciprocität, die den Zonen nicht einmal von Frankreich seihst gewährt wird, zugemutet werden kann, so sehr sind hingegen diejenigen Erleichterungen gerechtfertigt, die. wir zu gunsten der Zonen thatsächlich beschlossen nahen, und wir hoffen zuversichtlich, daß dieselben allgemein, auch von unseren landwirtschaftlichen Interessenten, gebilligt werden. Die Behandlung auf dem Fuße der meistbegünstigten Nation, die wir keinem Laude verweigern, das uns Gegenrecht hält und der Einfuhr unserer Erzeugnisse keine besondern Schwierigkeiten bereitet, können wir den Zonen, woselbst diese Bedingungen in vollem Maße zutreffen, auf die Dauer nicht vorenthalten. Die Erzeugnisse dieser Gebiete, die den unsrigen zollfrei offen stehen, können wir, nachdem nun, mit Ausnahme unmöglich zu kontrollierender Industrieerzeugnisse, ein befriedigender Kontrollmodus zum Schutze gegen Mißbrauch gefunden ist, nicht länger mit Differentialzöllen belasten, auch wenn dies, von anderen Gesichtspunkten aus betrachtet, in unserem Interesse läge. Die Bedenken, welche bis jetzt in landwirtschaftlichen Kreisen gegen die Begünstigung der Zonen geäußert worden sind, richten sich übrigens bekanntlich weniger gegen das Prinzip als gegen die Gefahr des M i ß b r a u c h s. Diese (refahr darf nun aber, dank dein neuen Kontrol[verfahren, als ausgeschlossen betrachtet worden. Wir fühlen uns deshalb zu der Erwartung berechtigt, daß unser auf Billigkeit sowohl als auf politischen Erwägungen beruhender Beschluß vom '23. Februar die allseitige Zustimmung finden werde, und empfehlen Ihnen den beiliegenden Beschlussesentwurf aus voller Überzeugung zur Genehmigung.

Empfangen Sie, Tit., bei diesem Anlaß die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

Bern, den 19. März 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates.

D e r B u n d es p r ä s i de n t :

Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

35 (Entwurf.)

Bundesbeschluß betreffend

die Einfuhr aus der zollfreien Zone von HochSavoyen und der Landschaft Gex.

Die B u n d e s v e r s a m m l u n g der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht der Bestimmungen von Art. 35 des Bundesgesetzes über das Zollwesen, vom 28. Juni 1893 (A. S. n. F. XIII, 692), einer Botschaft des Bundesrates vom 19. März 1895, beschließt: Dem vom Bundesrate in Anwendung von Art. 35 des Zollgesetzes und mit Rücksicht auf die besondern Beziehungen der zollfreien Zone von Hoch-Savoyen und der Landschaft Gex zu der Schweiz gefaßten Beschluß vom 23. Februar 1895 betreffend die Einfuhr aus diesen Gebieten in die Schweiz wird die Genehmigung erteilt und dessen Vollziehung gutgeheißen.

Schweizerisches Bundesarchiv, Digitale Amtsdruckschriften Archives fédérales suisses, Publications officielles numérisées Archivio federale svizzero, Pubblicazioni ufficiali digitali

Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Einfuhr aus der zollfreien Zone von Hoch-Savoyen und der Landschaft Gex. (Vom 19. März 1895.)

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Jahr

1895

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

13

Cahier Numero Geschäftsnummer

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23.03.1895

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19-35

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