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Botschaft über ein Konsumkreditgesetz

vom 12. Juni 1978

Sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, Wir unterbreiten Ihnen den Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Konsumkredit (KKG) mit dem Antrag auf Zustimmung.

Wir beantragen Ihnen ferner, folgende parlamentarischen Vorstösse abzuschreiben : 1970 P 10199 1971 I 10951 1971 P 10788

Gesetzesverletzungen beim Abschluss von Teilzahlungsverträgen (N 16. 3. 70, Deonna) Bundesgesetz über die Abzahlungs- und Vorauszahlungsverträge (N 2. 6. 71, Deonna) Abzahlungsgeschäfte (N 6. 10. 71, Schaffer).

Wir versichern Sie, sehr geehrte Herren Präsidenten, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung.

12. Juni 1978

Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Ritschard Der Bundeskanzler: Huber

1978-124

20 Bundesblatt. 130.Jahrg. Bd. II

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Übersicht Ziel der Revision ist die Verbesserung, Verstärkung und Erweiterung des Sozialschutzes im Bereich der Verbraucherkreditgeschäfte, namentlich der durch Teilzahlung gekennzeichneten Veräusserungs- und Gebrauchsüberlassungsverträge, verwandter Erscheinungsformen von Dienstleistungsverträgen sowie des Kleinkredits.

Das Gesetz bezweckt die Revision der Artikel 226-228 des Obligationenrechts (OR) betreffend den Abzahlungs- und den Vorauszahlungskauf, die Ergänzung des Neunten Titels dieses Gesetzes über die Leihe durch einen Dritten Abschnitt über den Kleinkredit, die Einführung entsprechender Strafbestimmungen in einem neuen Zwanzigsten Titel des Zweiten Buches des Strafgesetzbuches (StGB) und die Anpassung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) sowie des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb (UWG) im Sinne einer einheitlichen Regelung des Konsumkreditwesens.

Bei den Teilzahlungsgeschäften mit Kauf- oder kaufsähnlichem Charakter geht es im wesentlichen darum, die bereits der geltenden Regelung für Abzahlungs- und Vorauszahlungsverträge zugrundeliegenden Zielvorstellungen besser zu verwirklichen und durchzusetzen, Umgehungsversuchen entschiedener entgegenzutreten und den Schutz des Kreditkonsumenten gegen übermässige Verpflichtungen im Rahmen einer privatrechtlich vertretbaren Sozialpolitik auszubauen. Ferner soll die sinngemässe Anwendung dieser Schutzvorschriften auf analog strukturierte Dienstleistungsverträge, wie beispielsweise Fernkursverträge, erleichtert werden.

Wirksame Verbesserungen lassen sich indessen nur realisieren, wenn gleichzeitig durch eine parallele Neuordnung im Bereich der Darlehensgeschäfte ein Ausweichen auf die Konsumfinanzierung durch Barkredite verhindert wird. Im übrigen rechtfertigt sich eine restriktive Ordnung für das Kleinkreditwesen auch unabhängig vom Umgehungsproblem aus denselben sozialpolitischen Erwägungen wie bei den Sachund Dienstleistungsverträgen auf Kreditbasis, sind doch die Gefahren im gesamten Bereich des Konsumkredits weitgehend identisch.

Nachdem sich im bisherigen Teilzahlungsrecht das rein zivilrechtliche Instrumentarium als unzulänglich erwiesen hat, sieht der Entwurf neu auch strafrechtliche Sanktionen gegen die Verletzung der wichtigsten Schutzvorschriften vor.

Die Änderung des SchKG bringt einzig eine
Anpassung der Bestimmungen über das Konkursprivileg für Sparguthaben beim Vorauszahlungskauf an die 1971 revidierten Vorschriften des Bankengesetzes.

Im UWG schliesslich sollen die zivil- und strafrechtlichen Vorschriften über die Werbung für Teilzahlungsgeschäfte und die Abwerbung von Teilzahlungskäufern terminologisch angepasst, die Anforderungen an die Transparenz der Werbung entsprechend den neuen Bestimmungen des Teilzahlungsrechts verschärft sowie auf den Bereich des Kleinkredits ausgedehnt werden. Dazu kommt als wichtige Neuerung eine Erweiterung der Aktivlegitimation zugunsten der Konsumentenschutzorganisationen.

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Botschaft I

Allgemeiner Teil

II

Wesen und Bedeutung des Konsumkredits

III

Probleme der neueren Entwicklung

Das Phänomen des Konsumkredits, um dessen rechtliche Erfassung und Domestizierung sich dieser Entwurf bemüht, ist nicht neu. Definiert man wirtschaftlich den Konsumkredit als «zeitweise Überlassung von wirtschaftlichen Gütern oder Geld unter Vorbehalt des Vermögensanspruchs und - in der Regel - der Verzinsung zum Zwecke der Beschaffung von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern» u, so dürfte diese Methode der Bedarfsdeckung jeder Wirtschaftsform, die sich über die reine Selbstversorgung hinaus entwickelt, mindestens tendenziell innewohnen.

Neu hingegen sind die Dimensionen, welche die Verbreitung und damit auch die Problematik des Konsumkredits in den letzten Jahrzehnten angenommen haben und mit denen sich die Rechtsordnung bisher nur in beschränktem Masse befasst hat.

Hervorstechendes Charakteristikum dieser neueren Entwicklung ist zunächst die Verselbständigung des Konsumkredits als Mittel zur Förderung des Absatzes und der Produktion von Massengütern. Durch Vorwegnahme künftiger Kaufkraft des Konsumenten wird diesem der Zugang zum Markt .erleichtert, was nacheinander ein Anschwellen der Nachfrage, des Angebots und schliesslich der Kaufkraft der im Produktionsprozess Beschäftigten zur Folge hat. Entsprechend wachsen auch die Konsumbedürfnisse, die überdies eine natürliche Tendenz zeigen, der jeweiligen Leistungsfähigkeit stets um einige Schritte voraus zu sein.2' In diesem Sinne dürfte für breite Schichten die Feststellung zutreffen, «dass unbesehen der Einkommensstufe dem durchschnittlichen Familienoberhaupt immer noch 10 oder 20 Prozent seines Einkommens fehlen, um das ,kulturelle' Existenzminiumum seiner Familie zu decken» 3>. Angesichts der skizzierten gegenseitigen Abhängigkeit und Verflechtung von Herstellungs- und Verbrauchsphase im Wirtschaftsprozess, die kaum mehr erkennen lassen, welche Phase chronologisch oder gar logisch der andern vorangeht4', gibt es - abgesehen von allfälligen Sättigungserscheiriungen oder konjunkturellen Einbrüchen grösseren Ausmasses - kaum noch Gründe, weshalb die Spirale von Angebot und Nachfrage zum Stillstand kommen sollte.

Das ursprüngliche, durch die Kreditgewährung lediglich verdeckte Kaufkraftdefizit wird dabei nicht abgebaut; es kann sich im Gegenteil noch vergrössern - dann nämlich, wenn die effektive Einkommensentwicklung hinter den bevorschussten Erwartungen zurückbleibt. Das kann dazu führen, dass die Mittel zur Amortisierung früherer Kredite durch erneute Darlehensaufnahme beschafft werden müs-

" Schärer, Das Abzahlungsgeschäft (Ein Beitrag zur Wirtschafts- und Sozialproblematik des Konsumkredits), Diss. Bern 1960, 9.

2) Schärer, a. a. O. 83.

3) Schärer, a. a. O. 8.

4 > Marbach, «Praktische Nationalökonomie» in Festgabe Jacob Loreriz,58 f.

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Eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt in dieser Entwicklung die Werbung, die den natürlichen Geltungstrieb des Menschen anspricht und ihn zu stetigem Vergleich seines jeweiligen Lebensstandards mit dem nächsthöheren herausfordert. Damit wird ein Konsumverhalten gefördert, das sich zunehmend von der eigentlichen Bedarfsdeckung auf die Ebene gesellschaftlicher Konkurrenz verlagert. Leicht erhältliche Kredite zu Konsumzwecken sind geeignet, diesen Trend zu verstärken.

«Mit der Entwicklung des Kreditwesens ergibt sich die bedeutungsvolle und gefährliche Möglichkeit, über die durch Erwerb und Vermögen gegebene Kaufkraft hinaus zu konsumieren. Gleichzeitig werden Wirtschaftssubjekte, die bisher wohl Bedürfnisse, nicht aber kaufkraftgestützte Bedürfnisse hatten, instand gesetzt, am Markt als Käufer aufzutreten».5> Diese Feststellung zeigt den eigenartig'paradoxen Charakter des Konsumkredits in seiner heutigen Funktion und Ausprägung auf: einerseits ist er zwar immer noch das typische «Notstandsgeschäft» als das er ursprünglich verstanden wurde, anderseits und gleichzeitig aber auch ein typisches «Wohlstandsgeschäft», dessen Verbreitung offensichtlich eng mit der neueren konjunkturellen Entwicklung zusammenhängt, wobei Ursache und Wirkung nicht immer leicht auseinanderzuhalten sind. Indessen hat die Hebung des Wohlstandes den Notstand nicht einfach eliminiert, sondern ihn lediglich von der Ebene des biologisch-elementaren auf jene des konventionellen Zwangsbedarfs emporverschoben.

Der Erfolg der Konsumfinanzierung durch Kredite ist denn auch unbestreitbar, was die Annahme nahelegt, dass sie einem legitimen Bedürfnis entsprechen kann.

Tatsächlich eröffnet der Konsumkredit breitesten Schichten die Möglichkeit, jederzeit in den sofortigen Genuss notwendiger, nützlicher und der Annehmlichkeit dienender Güter oder Dienstleistungen zu gelangen, ohne schon im gleichen Zeitpunkt den vollen Gegenwert aufbringen oder die erforderlichen Mittel vorgängig durch Sparen äufnen zu müssen. Manche Kreditnehmer ziehen es offensichtlich vor, sich einem nachträglichen, durch den Genuss des zu erwerbenden Gutes zusätzlich motivierten «Sparzwang» zu unterwerfen, als die nötigen Teilbeträge zum voraus aus dem Erwerb abzuzweigen und ohne unwiderrufliche Zweckbestimmung auf die Seite zu legen.

Zugunsten des Konsumkredits
spricht ferner, dass auf diese Weise Kaufkraft für den Erwerb qualitativ höherstehender und dauerhafterer Güter eingesetzt und gebunden, also auch volkswirtschaftlich gesehen in gesündere Bahnen gelenkt wird.

Diese Kaufkraft liefe nämlich sonst Gefahr, im unmittelbaren Alltagsverbrauch aufzugehen, da sie in einem bestimmten Zeitpunkt zu grösseren Baranschaffungen nicht ausreicht.

Eine gewisse Rolle spielt schliesslich das «Inflationsargument». Danach ist es in Zeiten der Teuerung und Geldentwertung offensichtlich günstiger, sich in Ausnützung der gegenwärtigen Kaufkraft des Geldes Sachvermögen zu bilden und dabei als Geldschuldner vom unveränderlichen Nominalwert des kreditierten Entgelts zu profitieren, als in der Rolle des Sparers bis zur Ansammlung eines entsprechenden Barbetrags das Entwertungsrisiko übernehmen zu müssen. 6> 5) Schärer a. a. O. 3.

M Lisowsky, «Zur Frage des Konsumkreditbedarfs» in Probleme des Konsumkredits, 20.

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Nun sind es aber gerade diese sozialen und volkswirtschaftlichen Vorzüge des Konsumkredits, denen auch gewisse soziale und volkswirtschaftliche Risiken innewohnen. Die an sich begrüssenswerte Erleichterung des Zugangs zum Markt und die damit verbundene Verbreiterung und Hebung des Wohlstandes kann für den Konsumenten eine Versuchung bedeuten, sich in einen Zustand der Abhängigkeit von fremden Mitteln und der Belastung mit Schulden hineinzubringen, der in seiner vollen Tragweite nicht selten erst dann realisiert wird, wenn bereits ernsthafte Schwierigkeiten auftreten. Dabei spielt das psychologische Element eine entscheidende Rolle: die zeitliche Erstreckung der Zahlungspflicht und ihre Staffelung in eine Vielzahl - einzeln betrachtet - relativ bescheidener Teilbeträge hat einen nicht zu unterschätzenden «Verniedlichungseffekt». 7 > Es entspricht zudem der Natur der Sache, dass sich das Angebot, heute zu erwerben und morgen zu bezahlen, doch in erster Linie an wirtschaftlich schwächere Verbraucher wendet, selbst wenn heute zunehmend auch besser gestellte Konsumenten von diesem Zahlungsmodus im Sinne einer «angenehmen Erleichterung» Gebrauch machen.S! Das vorrangige und häufigere Motiv bleibt indessen der Wunsch nach Überbrückung der Diskrepanz zwischen den vorhandenen Bedürfnissen und den verfügbaren Mitteln. Dabei sind verständlicherweise in den primär angesprochenen Bevölkerungsschichten der Nachholbedarf und das Bestreben, sich einem gehobenen Standard anzugleichen, besonders ausgeprägt, so dass von daher die Gefahr einer Überschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit und, als Folge davon, einer Kettenverschuldung zunimmt. Diese Risiken wirken sodann auf die Kreditbedingungen und die Darlehens- oder Kreditkaufverträge zurück, indem sich die Kreditgeber durch entsprechende Risikozuschläge und oftmals auch durch einseitig zu ihren Gunsten lautende Nebenabreden im Rahmen des dispositiven Rechts gegen Verluste absichern. Daraus können sich für den in geschäftlichen und rechtlichen Dingen regelmässig weniger erfahrenen Kreditnehmer unangemessene Belastungen auch dann ergeben, Wenn die Kreditkosten objektiv nicht als übersetzt und die Sicherungsklauseln nicht als missbräuchlich zu qualifizieren sind. Immerhin lehrt die Erfahrung, dass dem allgemeinen Problem der Formularverträge und der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen im Bereich der Konsumkreditgeschäfte besondere Aktualität zukommt 9 '.

Zurückhaltend ist auch die Funktion der Konsumkreditierung als Ermunterung zu zweckgerichtetem Sparen zu beurteilen. 10) Objektiv betrachtet steht der durch Kredite finanzierte Konsum in diametralem Gegensatz zur Anlage von Ersparnissen. Der Sparer bildet ein Vermögen, das selbst bei inflationsbedingter Entwertung ein Aktivum darstellt und zu gegebener Zeit als reelle Kaufkraft eingesetzt 7

> Guhl/Merz/Kummer. Das Schweizerische Obligationenrecht (6. Aufl.), 305.

> Schärer a.a.O. 63f, Giger, Systematische Darstellung des Abzahlungsrechts, 26.

9l Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines Bundesgesetzes über den Abzahlungsund den Vorauszahlungsvertrag vom 26. Januar 1960 (BB1 1960 I 523ff.), 535: «Die vom Händler oder Darleiher selbst ausgefertigten typisierten Verträge ... sind wahre Fundgruben für juristische Klauseln, durch die der Verkäufer ein Höchstmass an Vorteilen für seine Rechtsstellung zu erlangen trachtet und dem Käufer die Wahrung seiner Rechte erschwert». Ähnlich Giger, a.a.O. 18 und 37ff., Stofer, Kommentar zum Schweiz. Bundesgesetz über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag (2. Aufl. 1972),'20.

K» Schärer a.a.O. 75ff.

s

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werden kann. Demgegenüber bewirkt der nachträgliche «Sparzwang», den sich der Kreditnehmer auferlegt, stets nur einen Abbau von Passiven, der zumal dann als drückend empfunden wird, wenn sich das erworbene Konsumgut als Fehlinvestition erweist oder der Schuldner infolge Überschätzung seiner Möglichkeiten in Bedrängnis gerät.

Auch das Inflationsargument11* darf nicht überbetont werden. Zumindest darf der Gesetzgeber nicht schon zum vorneherein von gestörten Währungsverhältnissen ausgehen, als ob dies der Normalzustand wäre, mit dem auch für die Zukunft gerechnet werden müsste; ist doch gerade das Abstellen oder das «Vertrauen» auf eine immer weiter fortschreitende Teuerung nicht die geringste Ursache eben dieser Teuerung.

Heikel zu beantworten ist die Frage, inwieweit dem Konsumkredit selber inflationistische Tendenzen innewohnen und welcher Stellenwert ihm allgemein unter konjunkturpolitischen und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten zukommt.

Man scheint überwiegend der Auffassung zu sein, das Konsumkreditwesen widerspiegle im wesentlichen den gesamtwirtschaftlichen Konjunkturverlauf, verstärke sich also in Zeiten des Aufschwungs und eher optimistischer Einkommenserwartungen und schwäche sich bei Depressionen entsprechend ab. Diese Diagnose wird durch die neuere Entwicklung insofern bestätigt, als sich offenbar das Interesse an Kreditkäufen und Darlehen zu Gebrauchszwecken in der Rezession weitgehend parallel zur Nachfrage nach Konsumgütern zurückgebildet hat 12\ seit 1976/77 jedoch wieder deutlich anzieht.

Allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Aufblähung der Konsumfinanzierung durch Kredite einen bestehenden inflationären Trend zusätzlich verschärft und dass die Schwierigkeiten, die sich in einer auf Hochkonjunktur folgenden Rezessionsphase für längerfristig verpflichtete Konsumkreditnehmer ergeben, eine zusätzliche Drosselung der Nachfrage bewirken können. 13>. Mithin ist auch die Wirksamkeit einer antizyklischen Konsumkreditpolitik, selbst wenn sie eine gewisse psychologische Wirkung haben mag, eher skeptisch zu beurteilen. 14> Gesamthaft lässt sich feststellen, dass der Konsumkredit im Rahmen einer gesunden Gesamtwirtschaft und in privatwirtschaftlich vernünftigen Proportionen geeignet sein kann, gewisse Schwankungen im Verhältnis zwischen Produktion und Absatz auszugleichen. 15>
Das setzt indessen voraus, dass die finanzierten Gebrauchsgüter relativ dauerhaft sind und dass sie reellen Bedürfnissen entsprechen - Bedürfnissen, von denen man grundsätzlich annehmen kann, dass sie früher oder später ohnehin, d. h. auch ohne Kreditaufnahme, befriedigt worden wären.

Fragwürdig wird der Konsumkredit dann und in dem Masse, in dem er einen

11 12

) Lisowsky a.a.O. 20f.

> Vgl. den Artikel «Fette Kleinkreditjahre sind vorbei» in der Schweiz. Handelszeitung Nr. 32 vom 7. 8. 75, sowie zur Frage im allgemeinen: Schärer a. a. O. 77 ff., Hinterkircher, Konsulnfinanzierung in der Schweiz (Diss. Zürich 1951) 211, Wagner, «Der privatwirtschaftliche Konsumkredit in volkswirtschaftlicher Sicht» in Probleme des Konsumkredits (zit. Anm. 6), 121 ff.

13 > Schärer a.a.O. 80, Wagner a.a.O. 127.

14) Schärer a. a. O. 79, Wagner a. a. O. 126, Hinterkircher a. a. O. 211 f.

15) Schärer a. a. O. 61, Wagner a. a. O. 114ff.

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volkswirtschaftlich nicht gedeckten Überkonsum begünstigt1® und für den einzelnen zu Schwierigkeiten führt, die auch auf die Familie und die Gesellschaft nachteilig wirken können.

Aufgabe des vorliegenden Entwurfs ist es daher, ausgehend von der wirtschaftlichen Realität und mit angemessenen Ordnungs- und Schutzbestimmungen dafür zu sorgen, dass die Vorzüge des Konsumkredits voll ausgeschöpft werden können, indem seine Risiken und Missbrauchsmöglichkeiten auf ein Minimum beschränkt werden.

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Formen des Konsumkredits

Kredit zur Beschaffung von Gebrauchs- und Verbrauchsgütern sowie «konsumierbaren» Dienstleistungen kann in verschiedensten Spielarten auftreten.

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Warenkredit und Geldkredit, je nachdem, ob unmittelbar Waren oder Dienstleistungen auf Kredit geliefert bzw. erbracht werden oder aber Geld leihweise zur Verfügung gestellt wird. Klassisches Beispiel des Warenkredits ist das Abzahlungsgeschäft, während man als Prototyp des Geldkredits zu Konsumzwecken den «Kleinkredit» bezeichnen kann.

Ein weiteres Kriterium kann dasjenige der Teilzahlung sein. Diese ist zwar an sich kein begriffswesentliches Merkmal des Konsumkredits, doch ist - zumindest im Bereich des Warenkredits - anerkannt, dass die hauptsächlichen Gefahren, die ein Bedürfnis nach gesetzgeberischen Massnahmen geweckt haben, vor allem durch diese Aufteilung der kreditierten Geldschuld in eine grössere Anzahl geringerer Beträge hervorgerufen werden. Bei den Barkrediten kann dagegen, wie namentlich die Erfahrungen mit entsprechenden Bestimmungen unter der Herrschaft des Kreditbeschlusses n> gezeigt haben, nicht entscheidend auf dieses Kriterium abgestellt werden; hier haben sich mannigfache Kreditformen entwickelt, die trotz fehlender Teilzahlungsverpflichtung dieselben wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen zeitigen wie die Ratenkredite.

Aber auch zwischen Waren- und Geldkredit sind die Grenzen unscharf. Vom einfachen Sach- oder Dienstleistungsgeschäft auf Kreditbasis bis zum reinen, zweckneutralen Bardarlehen gibt es zahlreiche Zwischenformen der Absatz- und Kundenfinanzierung ! 8>, bei denen ein Dritter als Kreditgeber in das Verhältnis zwi- sehen Lieferant und Konsument eingeschaltet wird. Dazu kommt, dass auch die eigentlichen Barkredite überwiegend (nach Schätzungen zu etwa zwei Dritteln) für die Anschaffung von Konsumgütern verwendet werden.

Nach dem Willen des Gesetzgebers von 1962 hätten drittfinanzierte Geschäfte bereits vom geltenden Recht erfasst werden sollen (Art. 226m Abs. 2 OR), soweit sie auf einem Zusammenwirken von Händler und Darleiher beruhten. In der Praxis ist diese Regelung weitgehend unbeachtet geblieben und durch eine massive Veri® Schärer a. a. O. 74, Wagner a. a. O. 117, Giger a. a. O. 26.

17

> Verordnung über die Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte vom 10. Januar 1973 (AS 1973 88) mit Abänderungen vom 16. Januar 1974 (AS 1974 235) und 23. April 1975 (AS 1975 838), erlassen gestützt auf die Art. 5 und 6 des Bundesbeschlusses über Massnahmen auf dem Gebiete des Kreditwesens vom 20. Dezember 1972 (AS 1972 3068).

18) Stofer Kommentar 8 ff.

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lagerung auf «unabhängige» persönliche Darlehen überspielt worden. Diese Lücke zu schliessen, ist ein Hauptziel der Vorlage.

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Konsumkredit und Vorauszahlungsvertrag

Der Vorauszahlungsvertrag, auch Vorspar- oder Sparkaufvertrag genannt 19>, lässt sich grundsätzlich nicht dem Konsumkredit zuordnen. Kredit wird hier, wenn überhaupt, dem Händler oder Dienstleistungsunternehmer vom Kunden gewährt, der das Entgelt für eine künftige Sach- oder Dienstleistung im voraus und typischerweise ebenfalls in periodischen Teilzahlungen zu entrichten hat. Es handelt sich mithin um ein Pränumerandogeschäft, das indessen auch abgesehen von der Ratenzahlung hinsichtlich seiner sozialpolitischen Problematik mannigfache Parallelen zum Verbraucherkredit aufweist. Beide Geschäftsformen sind auf dieselbe wirtschaftliche Situation zugeschnitten und wenden sich an denselben Adressaten: an den Konsumenten, dessen gegenwärtige Kaufkraft nicht ausreichen würde, um seine Bedürfnisse durch Abschluss eines Bargeschäfts zu befriedigen. Und in beiden Fällen wird er einer erheblichen Gefahr und Versuchung ausgesetzt, seine Bedürfnisse und seine finanzielle Leistungsfähigkeit unzutreffend einzuschätzen. Ausserdem kann sich, besonders bei grösseren und entsprechend langfristigen Sparverträgen (Aussteuerverträge), sehr oft ein vorzeitiger Bedarf nach dem angestrebten Gut einstellen, was dann regelmässig zur Umwandlung des Spargeschäfts in ein Kreditgeschäft führt. Im übrigen ist auch der Vorauszahlungsvertrag primär von der Anbieterseite her als absatzstimulierendes und -sicherndes Mittel konzipiert worden, mit dem sich ursprünglich erst noch billige Betriebskredite einbringen liessen. Endlich ist daran zu erinnern, dass sich insbesondere im Akquisitionswesen ähnliche oder noch krassere Missstände zeigten als bei den Spielarten des eigentlichen Konsumkredits.

Aus allen diesen Gründen rechtfertigt sich der Einbezug des Vorauszahlungsvertrags in eine Neuregelung des Konsumkreditwesens.

12

Die einzelnen Sparten des Teilzahlungs- und Konsumkreditwesens

121

Das Abzahlungsgeschäft

121.1

Begriff und Entwicklung

Das Abzahlungsgeschäft lässt sich definieren als Austausch wirtschaftlicher Leistungen gegen Geld, wobei zunächst die charakteristische Sach- oder Dienstleistung erbracht, die Entgeltforderung dagegen befristet aufgeschoben und derart gestaffelt wird, dass sie in sukzessiven Teilzahlungen zu erfüllen ist. Als weitere Voraussetzung muss immerhin dazu kommen, dass die typische Leistung des Abzahlungsgläubigers in sachlicher und zeitlicher Hinsicht eine Einheit darstellt, so dass die Aufteilung und zeitliche Dehnung der Entgeltleistung ausschliesslich 1!

» Zum Vorauszahlungsvertrag im allgemeinen: Giger, Der Sparkaufvertrag (Winterthur 1960), Jeanprêtre, La vente à tempérament et la vente-épargne d.e lege ferenda (ZSR NF 77, 1958, 361aff.), Stofer Kommentar, 21 ff.

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oder doch überwiegend durch das Kreditbedürfnis des Kunden motiviert erscheint und sich nicht schon aus der Natur des betreffenden Geschäfts als Dauerverhältnis ergibt, wie beim echten Sukzessivlieferungsvertrag, bei der echten Miete, beim Arbeitsvertrag, bei auf Dauer angelegten Werkvertrags- oder Auftragsverhältnissen oder beim Versicherungsvertrag. Auch Rentenleistungen sind keine Abzahlungen an eine Gesamtschuld, sondern durch den laufenden Unterhaltsbedarf in ihrer zeitlichen Abfolge bestimmte Barleistungen. Heikel kann sich die Abgrenzung zwischen dem Abzahlungsgeschäft und einem Bargeschäft dann gestalten, wenn es nach dem Vertragsabschluss zu einer Stundung kommt und sich der Gläubiger mit einem ratenweisen Abbau der Geldschuld einverstanden erklärt. Eine echte Stundung, welche die Qualifikation des Vertrags als Konsumkreditgeschäft ausschliesst, darf grundsätzlich nur angenommen werden, wenn sie auf spontanem Entgegenkommen des Gläubigers bei unerwartet auftretenden Zahlungsschwierigkeiten beruht und sich diesen Charakter auch dadurch wahrt, dass keine offensichtlich auf Gewinn angelegten Zinsen und Kosten verrechnet werden.

Anfangs des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten aufgekommen, erlebte diese Kreditmethode ihren entscheidenden Aufschwung zu Beginn unseres Jahrhunderts mit der einsetzenden industriellen Massenproduktion und dann vor allem mit dem Siegeszug des Automobils. In der Schweiz trat der eigentliche Boom zusammen mit dem konjunkturellen Auftrieb in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre ein. Unter dem neuen Abzahlungsrecht ergab sich von 1963 an eine scheinbare Wendung, indem die klassischen Abzahlungskäufe stetig zurückgingen 20>, während die persönlichen Darlehen augenfällig zunahmen. In erheblichem Umfange zugenommen haben auch - wie sich aus Beobachtungen von Sozialberatungsdiensten, Konsumentenorganisationen. Vormundschaftsbehörden, Betreibungsämtern und Gerichten sowie aus verschiedenen parlamentarischen Vorstössen seit 1964 21 > ergibt - die Versuche, Kreditgeschäfte in gesetzlich nicht eindeutig erfassten Rechtsformen abzuwickeln. Mit dem inzwischen wieder aufgehobenen konjunkturellen Notrecht konnte in den Jahren 1973 und 1974 vorübergehend und als Reflexwirkung auch ein Sozialschutzeffekt erzielt werden, der vor allem deshalb erwähnenswert ist. weil er neben
dem Kleinkredit ausdrücklich auch Miet- und Leasingverträge erfasste, die seit einiger Zeit als besonders umgehungsverdächtig erkannt worden waren. Trotz der offensichtlich rückläufigen Entwicklung seit 1962 bleibt das Abzahlungsgeschäft ein wichtiges Element der Konsumfmanzierung, das zudem bei einem neuerlichen Konjunkturaufschwung und vor allem unter einem entsprechend verschärften Regime für Kleinkredite wieder an Aktualität gewinnen könnte.

121.2

Das geltende Recht im Spiegel von Doktrin und Praxis

Das im wesentlichen auf den Entwürfen des damaligen Basler Zivilgerichtspräsidenten Dr. H. Stofer basierende Bundesgesetz vom 23. März 1962 über den AbzaElungs- und den Vorauszahlungsvertrag hat die rudimentäre Regelung über den 20) Bei Guhl/Merz/Kummer OR (6. Aufl.) 319 wird der Rückgang bis 1971 auf etwa 50% geschätzt.

21) Unten Ziff. 131 493

Verzug bei Abzahlungsgeschäften, die bereits der Gesetzgeber von 1911 in die Artikel 226-228 des ergänzten Obligationenrechts aufgenommen hatte, durch eine umfassende Ordnung des Abzahlungsvertrags in 12 Artikeln (226a-226w OR) mit 29 Absätzen ersetzt.

Entsprechend ihrer systematischen Eingliederung im Kaufrecht geht die Regelung vom paradigmatischen Fall des AbzahlungsfazM/es aus, auf den auch die meisten Bestimmungen primär zugeschnitten sind. Doch geht der Geltungsbereich des Gesetzes, das auch Vorschriften ohne spezifischen Bezug auf Sachlieferungsverträge enthält - so hinsichtlich der Form, der Zustimmung des Ehegatten, des Verzichtsrechts, der Vertragsdauer, der Lohnzession und der Einrede des Abzahlungsschuldners sowie der Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsklauseln -, erheblich über das Kaufrecht im engeren Sinne hinaus. Nach Artikel 226m Absatz l OR gelten die Bestimmungen über den «Abzahlungsvertrag» (Marginale zu Art. 226aff.) «für alle Rechtsgeschäfte und Verbindungen von solchen, ...., soweit die Parteien damit die gleichen wirtschaftlichen Zwecke wie bei einem Kauf auf Abzahlung verfolgen, gleichgültig welcher Rechtsform sie sich dabei bedienen».

Als Beispiel werden «Miet-Kauf-Verträge» ausdrücklich genannt. Sodann schreibt Absatz 2 derselben Bestimmung eine sinngemässe Anwendung auf «Darlehen zum Erwerb beweglicher Sachen... wenn Verkäufer und Darleiher... zusammenwirken» vor. Anderseits werden durch Absatz 4 typische Abzahlungskäufe, bei denen die vom Gesetzgeber anvisierten Gefahren weniger akut erscheinen, von der Sonderregelung weitgehend ausgenommen. Problematischstes Beispiel dieser Privilegierung sind die Verträge, bei denen der Gesamtpreis in weniger als vier Raten zu begleichen ist.

Die wichtigsten Schutzbestimmungen lassen sich wie folgt charakterisieren: Zunächst wird durch Form- und Inhaltsvorschriften versucht, den Vertragsabschluss für den Kreditnehmer so zu gestalten, dass sich dieser der Tragweite seiner Verpflichtungen so klar und deutlich wie möglich bewusst wird und sich vor allem über die einzelnen Kauf- und Kreditbedingungen volle Rechenschaft geben kann.

Diesem Zweck dient auch das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung des Ehegatten bzw. des gesetzlichen Vertreters und vor allem das sogenannte «Verzichtsrecht», das dem Käufer die Möglichkeit gibt, den
Vertrag binnen fünf Tagen seit Erhalt des beidseitig unterzeichneten Vertragsdoppels schriftlich zu widerrufen.

Damit soll der Grundsatz «pacta sunt servanda» nicht aufgehoben, sondern der besonderen Situation angepasst werden : der Abzahlungskunde soll erst dann endgültig gebunden sein, wenn er sich unbeeinflusst über seine Verpflichtungen hat klarwerden können.

Zentrale Bedeutung hat sodann die Vorschrift über die Mindestanzahlung und die Beschränkung der Vertragsdauer. Mit dem Erfordernis der Mindestanzahlung soll ein doppelter Zweck erreicht werden: Abschreckung derjenigen Käufer, die nicht in der Lage wären, wenigstens einen substanziellen Teil des Kaufpreises in bar zu leisten, d. h. automatischer Zwang zu einer mehr oder weniger vernünftigen Kreditauslese seitens des Verkäufers, einerseits, und Verminderung des in Raten abzuzahlenden kreditierten Betrages, d.h. Verkleinerung des beidseitigen Risikos und Ermässigung der Kreditbedingungen, anderseits. Wer als Konsument nicht barzahlungsfähig ist, soll mindestens anzahlungsfähig sein. Die zeitliche Beschränkung erscheint insofern als logisches Pendant zum Anzahlungsgebot, als 494

die damit erzielte Kreditlimitierung nicht durch eine Dauerverschuldung für den Restbetrag mit entsprechend auflaufenden Stundungszinsen in ihren Wirkungen aufgehoben werden soll. Die Begrenzung der Vertragsdauer erheischt daher auch eine zurückhaltende Zulassung von Stundungsvereinbarungen. Einer entsprechenden zeitlichen Beschränkung bedarf sodann auch die Gültigkeitsdauer von Lohnzessionen, die neben dem Eigentumsvorbehalt das gängigste Sicherungsmittel bei Abzahlungsgeschäften darstellt. Die umfangmässige Begrenzung solcher Abtretungen oder Verpfandungen durch das betreibungsrechtliche Existenzminimum und der Anspruch auf Festsetzung des Notbedarfs durch den Betreibungsbeamten gilt jetzt nach der arbeitsvertraglichen Regel von Artikel 325 OR allgemein.

Der Käufer wird ferner gegen eine allzu einseitige Ausnützung des dispositiven Rechts zu seinen Lasten dadurch geschützt, dass ein vertraglicher Vorausverzicht auf die Verrechnungseinrede gegenüber dem Verkäufer (soweit es sich um Forderungen aus dem Abzahlungsvertrag selbst handelt) sowie vom Grundsatz des Artikels 169 OR abweichende Vereinbarungen, welche eine Schlechterstellung des Käufers durch Abtretung der Kaufpreisforderung bewirken würden, ausgeschlossen sind. Schliesslich soll der Kreditkäufer jederzeit die Möglichkeit haben, das Kreditverhältnis zu beenden, indem er seine Verpflichtungen vorzeitig erfüllt; dieses Recht des Barauskaufs wird deshalb gesetzlich gewährleistet und seine Ausübung insofern prämiert, als dem Barauskäufer ein Anspruch auf entsprechende Ermässigung des Teilzahlungszuschlags zugebilligt wird.

Im Verzugsrecht hat das Gesetz von 1962 den in Ansätzen bereits vorhandenen Schutz des Abzahlungskäufers gegen allzu rigorose Massnahmen des Gläubigers, insbesondere Verfall- und Verwirkungsklauseln, durch einschränkende Voraussetzungen weiter ausgebaut und die Ansprüche des Verkäufers bei Rückabwicklung des Vertrags abschliessend festgelegt sowie für Härtefalle ein besonderes richterliches Stundungsrecht vorgesehen.

Endlich ist mit dem Ausschluss von Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsklauseln ein Hauptanwendungsfall jener meist kleingedruckten Vertragsbestimmungen erfasst worden, welche die Stellung des Kunden unbillig erschweren.

Schon recht bald nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts haben sich ausser dem Gesetzesredaktor
und -kommentator Dr. Stofer einige mit der Materie besonders vertraute Autoren zu einzelnen Auslegungs- und Anwendungsproblemen geäussert22'. Im Jahre 1972 legte sodann der Zürcher Professor H. Giger eine umfas22)

Namentlich: Giger, Formulargestaltung und Umgehungsgeschäfte beim Mietkaufvertrag (SJZ 59. 1963, 193 ff.). Anwendungs- und Umgehungsprobleme der neuen Bestimmungen über den Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag (SJZ 60, 1964, 317 ff.

und 333 ff.), Geldleistung als vertragstypenbestimmender Faktor - Zur Umformung des Abzahlungsvertragsbegriffs (in Festgabe Oftinger, Zürich 1969, 63 ff.), Stellungnahmen zur rechtlichen Wertung des Fernkurs- und Unterrichtsvertrags (NZZ Nr. 717 vom 9. 12. 69, 28, und Nr. 86 vom 21. 2. 70, 13). Haberthur, Les ordonnances du Tribunal fédéral concernant l'inscription des pactes de réserve de propriété (JdT 111, 1963, II 66 ff.). Herold, Die Zustimmung des andern Ehegatten beim Abschluss von Abzahlungskäufen (FamRZ 1962, 232 ff), Die wirtschaftliche Bedeutung des Abzahlungskredits (in Orientierungen der Schweiz. Volksbank Nr. 45, November 1963).

Hug, Zur Problematik des Mietkaufvertrages (in Festschrift Schönenberger, Fribourg 1968, 267 ff.). Jeanpretre, Das Bundesgesetz über den Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag (Der Armenpfleger. 1964 Nr. 4), Le versement initial et la durée du contrat dans la vente par acomptes (SJZ 61, 1965, 181 ff.), La cession de salaire, spéciale495

sende «Systematische Darstellung des Abzahlungsrechts» auf soziologischer und dogmatischer Basis vor.23'Ein Überblick über diese Literatur zeigt, dass im Mittelpunkt der Diskussion die Frage des Anwendungsbereichs steht. Probleme ergaben sich vor allem durch das Aufkommen von Vertragsformen, bei welchen nicht ohne weiteres ein deutliches Überwiegen der Veräusserungs- bzw. Eigentumserwerbsabsicht der Parteien festzustellen war, wie bei Miet- und Leasingverträgen24' und sodann bei den zunehmend verbreiteten Fernkursverträgen25', die einerseits Fragen der Abgrenzung zwischen Abzahlungs- und Sukzessivlieferungsvertrag aufwarfen und anderseits den Übergang von den Sach- zu den Dienstleistungsgeschäften anzeigten. Die Tendenz der Doktrin angesichts dieser Phänomene, die mehr oder weniger offensichtlich Umgehungsmotive verraten, lässt sich generell dahin charakterisieren, dass eine extensive Anwendung des Abzahlungsrechts befürwortet und die Rechtsprechung dazu ermuntert wird, die Generalklausel des Artikels 226m Absatz l wirksamer einzusetzen. In der «Systematischen Darstellung» von Giger setzt sich dann aber die radikalere Forderung nach einer prinzipiellen Neuorientierung durch: der Abzahlungsvertrag soll zum selbständigen Yertragstypus (beruhend auf der «vertragtypenbestimmenden» Kraft der kreditabbauenden Ratenzahlung) erhoben und das Gesetz entsprechend revidiert werden26'.

Zu Kontroversen haben auch die Vorschriften der Absätze 2 und 3 von Artikel 226m OR Anlass gegeben, welche die Anwendung des Abzahlungsrechts auf Drittfinanzierungskombinationen regeln. Erstaunlich aber ist die geringe Beachtung, die in der Literatur der legalen Ausweichmöglichkeit über die nicht koordinierte Kundenfinanzierung in Form von persönlichen Darlehen geschenkt wird.

Zwar wird im Kommentar Stofer anerkannt, dass der Kleinkreditschuldner ähnlichen Gefahren ausgesetzt sei wie der Abzahlungskäufer, ohne dass aber daraus weitere Konsequenzen gezogen würden. 27> Auch Giger sieht die Gefahr einer Aushöhlung des Abzahlungsrechts durch Barkredite, billigt ihr aber nur theoretische Bedeutung zu. 28> In seinem Vorschlag zur Einführung des Abzahlungsvertrags als eines selbständigen Vertragstypus wird das Darlehen - im Gegensatz zu den Dienstleistungsverträgen - ebenfalls nicht ausdrücklich erwähnt.

23) 24 >

25) 26 ) 2V) 28)

ment dans les dispositions sur la vente par acomptes... (SJZ 63, 1967, 17 ff. und 37 ff.). Kellerhals, Probleme der bankmässigen Finanzierung von Abzahlungskäufen (Wirtschaft und Recht 15, 1963, 99 ff.). Meyer H., Die Restschuldversicherung im Abzahlungs- und Kreditgeschäft (SJZ 63, 1967, 133 ff.). Meyer J., Gesamtverfall und vorzeitige Rückzahlung von Abzahlungsdarlehen (SJZ 65, 1969, 252 ff). Patry, La nouvelle loi sur les ventes par acomptes (JdT 112, 1964, I 130ff.). Schwarzenbach, Der Eigentumsvorbehalt, seine Bedeutung im Abzahlungsgeschäft (Diss. Zürich 1967). Stofer, Grundsätzliche Bemerkungen zum BG über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag (Festgabe zum Schweiz. Juristentag 1963, Basel 1963, 231 ff).

Zweifel, Die Neuregelung des Teilzahlungskaufes (ZBJV 99, 1963, 121 ff.).

Zit. oben Anm. 8 Lussi, Das Leasing-Geschäft (Diss. Zürich 1966). Schubiger, Der Leasing-Vertrag nach schweizerischem Privatrecht (Diss. Fribourg 1970). Hausheer, FinanzierungsLeasing beweglicher Investitionsgüter (ZBJV 106, 1970, 209 ff.). Stauder, Le contrat de finance-equipement-leasing (Xème Journée juridique, Genève 1970, 7 ff).

Burkhardt, Der Fernkursvertrag (Diss. Bern 1974).

Systematische Darstellung 193 f. und 202 f. im Gegensatz zu Geldleistung (zit. oben Anm. 22) 84.

Stofer Kommentar 13 f. und 99 f.

Giger, Systematische Darstellung 67 f.

496

Hinsichtlich der Einschränkungen des Anwendungsbereichs hat vor allem die Privilegierung der sogenannten «Dreiratengeschäfte» eine Stellungnahme der Doktrin herausgefordert 29>, indem sich :die Frage stellte, ob die Ratenbegrenzung absolut gelte oder ein Umgehungsgeschäft dann angenommen werden könne, wenn die drei Raten ohne sachlichen Grund zeitlich derart auseinandergezogen werden, dass sie einfach als Zusammenfassung mehrerer kleiner Teilzahlungen erscheinen, die im Normalfall monatlich zu begleichen gewesen wären. Das Problem stellt sich umso deutlicher, als nach dem.Kommentar Stofer 30 ' selbst ein eigentlicher Barkauf als Umgehung qualifiziert werden könnte, wenn dabei zum vornherein feststand, dass der Schuldner faktisch gezwungen sein werde, um Stundung und ratenweisen Abbau der Schuld nachzusuchen.

Die Rechtsprechung zeigt, nachdem sie sich zunächst in ihrem relativ weiten Interpretationsspielraum nur mit etwelcher Zurückhaltung bewegt hatte, ähnliche Tendenzen zur Ausweitung des Geltungsbereiches der abzahlungsrechtlichen Vorschriften. Allerdings hatte sie auch nicht überaus häufig Gelegenheit, zu diesen Problemen Stellung zu nehmen, was vermutlich in erster Linie auf die verbreitete «Gerichtsscheu» des Publikums, aber auch auf eine heimliche Komplizenschaft zwischen Käufern und Verkäufern zurückzuführen ist. die es - um den gesetzlichen Restriktionen zu entgehen - vorzogen, Streitfälle unter sich zu regeln. Mit der allgemeinen Abnahme des Interesses am Abzahlungsgeschäft sind sodann seit Beginn der siebziger Jahre die publizierten Entscheide zu den Artikeln 226a ff. des OR geradezu selten geworden.

Es passt in dieses Bild, dass ein grosser Teil der ersten und richtungsweisenden Entscheide zunächst auf einem Nebengeleise, nämlich im Rahmen von Aufsichtsbeschwerden über die Führung des Eigentumsvorbehaltsregisters ergangen ist, was der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts Gelegenheit gab, sich namentlich zu den Gültigkeitsvoraussetzungen der Artikel 226a Absatz 2 (Vertragsinhalt), 2260 (Zustimmung des Ehegatten oder des gesetzlichen Vertreters) und 226c (Verzichtsrecht) des revidierten OR zu äussern31> und in einzelnen Fällen auch zum Anwendungsbereich des Gesetzes Stellung zu nehmen. 32> Weitere Ansatzpunkte ergaben sich unter strafrechtlichen Aspekten, wie beispielsweise bei der Anwendung der neuen UWG-Bestimmungen über die Werbung für Abzahlungsverträge33) und neustens auch beim Vollzug der konjunkturrecht29

> Giger, Systematische Darstellung, 69 ff.

30) Stofer Kommentar, 141.

' SD Z. B. BGE 89 III 25 und 54 zur Auslegung von Art. 226a Abs. 2, 89 III 58 zur Zustimmung des Ehegatten (Art. 226e), 89 III 83, 90 III 29 und 92 III 34 zum Verzichtsrecht nach Art. 226c; dem letztgenannten Urteil kommt besonderes Gewicht zu. indem das Bundesgericht hier in betont strenger Interpretation entschied, die Bedenkfrist müsse dem Käufer - unter Vorbehalt konkludenten Verhaltens nach Art. 226c Abs. 2 - unverkürzt zur Verfügung stehen.

32) Z. B. BGE 96 III 51 zur Frage, ob ein Mähdrescher unter das Privileg von Art. 226m Abs. 4 bezüglich zu gewerblicher Nutzung bestimmter Gegenstände falle.

Aus der kantonalen Praxis zur analogen Frage ferner: ZR 67 (1968) 79 betr. Zigarettenautomat und 69 (1970) 366 betr. Registrierkasse; BISchK 27 (1963) 89 betr.

Druckkochapparat, 29 (1965) 26 betr. Personenauto, 32 (1968) 62 betr. Taxi und 33 (1969) 57 betr. Stationswagen; SIZ 61 (1965) 96'betr. Musikautomat und 68 (1972) 518 betr. Sportwagen; ZBIV 102 (1966) 304 betr. Kaffeemaschine; BJM 1976, 102 betr. Spielautomat.

33) BGE 86 IV 160. Ferner SJZ 71 (1975) 113 sowie ZR 68 (1969) 89.

497

liehen Erlasse, wo das Bundesgericht entscheidend zur Konkretisierung der Abgrenzung zwischen echter und falscher Miete beigetragen hat, wobei es auf den faktischen Zwang zur Fortsetzung des Verhältnisses abstellte. 34> Grössere Schwierigkeiten bereiteten den Gerichten die bereits erwähnten «Dreiratenverträge», wo das Bundesgericht erst im Jahre 1972 die Kontroverse damit beenden konnte, dass es die zweckkonforme extensive Interpretation für jedenfalls nicht willkürlich erklärte.35) Sehr häufig betrafen diese Dreiratenkombinationen auch Fernkurs- und Unterrichtsverträge, die wegen ihrer gemischten kauf- und auftragsrechtlichen Natur zusätzliche Probleme boten. Auch hier zeigte sich bald die Tendenz, solche Geschäfte im Zweifel dem Abzahlungsrecht zu unterstellen, um den nicht selten geprellten Kunden zuhilfezukommen36); dazu dürfte auch ein · verbreitetes Missbehagen über zweifelhafte Akquisitionsmethoden beigetragen haben.37) Nach einigem Hin und Her 38> scheint sich in neuerer Zeit die Auffassung durchgesetzt zu haben, dem Schutzbedürfnis der Kursteilnehmer sei mit einer kumulativen Anwendung der zwingenden Bestimmungen sowohl des Abzahlungs- wie des Auftragsrechts entgegenzukommen, um insbesondere bei den angeblich unkündbaren Verträgen den jederzeitigen Widerruf zu ermöglichen. 39> Ferner findet sich die Meinung, «der Abschluss von Kursverträgen mit Leuten, die offensichtlich nicht imstande sind, dem Kurs zu folgen oder daraus irgendeinen Nutzen zu ziehen, stelle einen Rechtsmissbrauch dar». 40> Die besondere Problematik der Drittfinanzierung (Art. 226m Abs. 2 und 3 OR) hat in der Rechtsprechung nur einen äusserst bescheidenen Niederschlag gefunden, nicht zuletzt wohl deshalb, weil der Anwendung der einschlägigen Bestimmungen auf dem Weg über nicht oder nicht offensichtlich zweckgebundene persönliche Darlehen ausgewichen werden konnte. Immerhin lässt sich in den wenigen publizierten Entscheiden die Tendenz erkennen, ein relevantes «Zusammenwirken» von Verkäufer und Darleiher auch bei relativ lockeren Kontakten anzunehmen. 41>

34) BGE 101 IV 98.

35 > SJZ 68 (1972) 253. Zur Zürcher Kontroverse zwischen Obergericht und Kassationsgericht: SJZ 65 (1969) 95 gegenüber 66 (1970) 23 und 68 (1972) 173. Ferner SJZ 60 (1964) 220 und 69 (1973) 56 sowie zum verwandten Problem des Schein-Barkaufs SJZ 62 (1966) 12 und neustens 73 (1977) 108.

36) So bereits SJZ 60 (1964) 362 und 363, später 62 (1966) 42 und 44, 64 (1968) 54 und 69 (1973) 72 sowie ZBJV 102 (1966) 302.

37) Vgl. BGE 100 II 400 E. 3b 38) Anwendung von Auftragsrecht: SJZ 62 (1966) 42 und 304, 64 (1968) 24, 66 (1970) 8 und 57, 67 (1971) 26, 68 (1972) 173; BJM 1968,147; SemJud 88 (1966) 513. Annahme eines Vertrages sui generis: SJZ 60 (1964) 253 und beiläufig auch 363.

39) SJZ 66 (1970) 57 und vor allem 68 (1972) 173 und 175 sowie bereits BJM 1971, 229 4t» BJM 1971, 229. Ähnlich Stofer Kommentar 55 4i) BJM 1970, 72, 1974, 261 und 1976, 102; ZR 71 (1972) 96; SemJud 88 (1966) 49. Zum Fall eines drittfinanzierten «Schulkaufvertrags» auch SJZ 66 (1970) 57 sowie, mit ähnlicher Argumentation, SJZ 65 (1969) 208 ff. betr. die Umgehung von Art. 416 OR durch Drittfinanzierung eines Heiratsvermittlungsvertrags.

498

122

Das Vorauszahlungsgeschäft

122,1

Begriff und Entwicklung

Der Vorauszahlungsvertrag lässt sich - wirtschaftlich betrachtet - als das Spiegelbild des Abzahlungsvertrags bezeichnen, indem hier der für beide Kategorien typische Teflzahlurigsmodus statt für den sukzessiven Abbau des kreditierten Entgelts zur vorgängigen Äufnüng der Vergütung für eine in Zukunft zu erbringende Sach- oder Dienstleistung eingesetzt wird. Bei der neueren Spielart des eigentlichen «Sparvertrags», wie sie seit 1963 für längerfristige Vorauszahlungsverhältnisse einzig zulässig ist, ergibt sich allerdings eine gewisse Verselbständigung der Vorauszahlungspflicht, indem die Raten zunächst auf ein eigenes Sparkonto des Schuldners einzuzahlen sind und somit einstweilen in dessen Vermögen bleiben.

Aber diese Sparabrede hat im Rahmen des Gesamtverhältnisses lediglich akzidentelle Bedeutung; ihrer Funktion nach bleiben die Vorauszahlungen nach wie vor Kaufpreis-, Werklohn- oder Honorarraten. Diese funktionelle Betrachtungsweise rechtfertigt - entgegen gewissen Kritiken aus der Doktrin 42> - die systematische Koordination von Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag als Unterarten des Teilzahlungsgeschäfts. Der Vorauszahlungsvertrag lässt sich demnach definieren als Austausch von wirtschaftlicher Leistung gegen Geld, wobei die charakteristische Sach- oder Dienstleistung bis zur vollständigen Tilgung oder Sicherstellung der Entgeltsforderung durch zeitlich gestaffelte Teilzahlungen aufgeschoben wird.

Der Vorauszahlungsvertrag ist vor allem in den fünfziger Jahren zu beachtlicher Verbreitung gelangt, gehört aber heute beinahe wieder der Rechtsgeschichte an.

Zunächst gleichsam als Reaktion auf die Missstände im Abzahlungswesen entwikkelt, gerieten auch die Sparverträge nach kurzer Zeit selber in Misskredit, insbesondere wegen der oft irreführenden Weise, in welcher sie bei unerfahrenen Interessenten an den Mann gebracht wurden, und wegen der für den Sparer zeitlich und betragsmässig einschneidenden Bindung und Einschränkung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit. Die äusserst restriktiven Bestimmungen des Gesetzes von 1962 haben zusammen mit der inflationären Entwicklung den Niedergang dieser Geschäftsform besiegelt. Entgegen gewissen Annahmen ist sie jedoch nicht völlig ausgestorben, sondern wird namentlich in der Möbelbranche in bescheidenem Rahmen und ohne den früheren Grossaufwand für die Werbung noch praktiziert.

122.2

Doktrin und Praxis zum geltenden Recht

Die seit dem 1. Januar 1963 geltenden Bestimmungen über den Vorauszahlungsvertrag regeln diesen als Gegenstück zum Abzahlungsvertrag soweit möglich in Anlehnung an die dort entwickelten Grundsätze. Unter verschiedenen Gesichtspunkten ist allerdings die gesetzliche Regelung hier zweispurig angelegt, indem sie grundsätzlich zwischen unter- und überjährigen Verträgen unterscheidet und für die zweite Kategorie weitergehende Schutzbestimmungen vorsieht. In Übereinstimmung mit dem Abzahlungsrecht sind namentlich die mittelbaren Gültigkeitserfordernisse beim Vertragsabschluss (Zustimmung des Ehegatten oder des ge«) Giger, Sparkaufvertrag (zit. Anm. 19) 134 ff.

499

setzlichen Vertreters, Verzichtsrecht) sowie die Beschränkung von Nebenabreden (Lohnzession, Einreden des Käufers, Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsklauseln) und die Stundungsbefugnis des Richters geordnet. Ebenso gilt das Schriftlichkeitserfordernis, wobei aber entsprechend der besonderen Natur der Vereinbarung andere Angaben verlangt werden, insbesondere für überjährige Verträge die Bezeichnung der als Zahlstelle fungierenden Bank, des dem Käufer geschuldeten Zinses sowie der Hinweis auf das Kündigungsrecht und das hiefür zu zahlende Reugeld.

Von zentraler Bedeutung sind sodann für die überjährigen oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträge die Vorschriften über. die Einzahlung der Vorausraten auf ein persönliches Spar- oder Einlagekonto des Schuldners bei einer Bank, über welches die Parteien nur im gegenseitigen Einverständnis verfügen können, sowie die Bestimmungen über das Kündigungsrecht. Dem Schutz gegen übermässige zeitliche Bindungen dient die Beschränkung der Zahlungspflicht auf höchstens fünf Jahre seit Vertragsabschluss. Wiederum in Anlehnung an die abzahlungsrechtlichen Vorschriften ist endlich der Schuldnerverzug des Vorauszahlungspflichtigen geregelt, wobei der Rücktritt des Gläubigers vom Vertrag (Terminverfall ist vollständig ausgeschlossen) verschiedene Wirkungen hat, je nachdem, ob es sich um einen unter- oder überjährigen Vertrag handelt und der Rücktritt vor oder nach Abruf der Kaufsache oder gar erst nach ihrer Lieferung erfolgt. Dabei lassen sich die abzahlungsrechtlichen Bestimmungen teilweise sinngemäss auf den Verzug des Vorauszahlungsschuldners übertragen.

Gegenstand wissenschaftlicher Erörterung ist der Vorauszahlungsvertrag nur während sehr kurzer Zeit - zwischen 1956 und 1960, d.h. praktisch ausschliesslich unter gesetzgebungspolitischem Gesichtspunkt - gewesen. Nachdem noch im Jahre 1958 in einem Referat für den Schweizerischen Juristenverein festgestellt werden konnte, über den Vorauszahlungsvertrag bleibe alles, oder doch beinahe alles, noch zu sagen 43), und nachdem zwei Jahre später - als der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des OR bereits publiziert hatte - eine umfassende analytische Darstellung des Sparkaufvertrags von Giger44) erschien, war mit dem Inkrafttreten des neuen Rechts tatsächlich schon alles gesagt. Der praktisch eliminierte
Vorauszahlungsvertrag fiel auch als dogmatisches Problem aus Abschied und Traktanden.

Ein ähnliches Bild bietet die Rechtsprechung. In den fünfziger Jahren hatten sich die Gerichte ausgiebig mit einschlägigen Streitfällen zu befassen, wobei die Frage der Bestimmbarkeit der gegenseitigen Rechte und Pflichten sowie jene der Zulässigkeit der zeitlichen Bindung und finanziellen Belastung der Voraussparer unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsschutzes (Art. 27 Abs. 2 ZGB) im Vordergrund standen. Bis zum gegenteiligen Wahrspruch des Bundesgerichts zeigten die kantonalen Entscheide eine deutlich repressive Tendenz. 45> Aber auch die wohlwollende höchstrichterliche Beurteilung46' vermochte das lädierte Ansehen des 43

> Jeanprêtre (zit. Anm. 19) 414a.

> Giger (zit. Anm. 19).

«> Vgl. SJZ 52 (1956) 241, 53 (1957) 121 und 224; ZBJV 93 (1957) 450; SemJud 79 (1957) 529; SJZ 54 (1958) 58 und 273, ZBJV 95 (1959) 451 gegenüber BJM 1954, 54, SJZ 53 (1957) 291 und 54 (1958) 56.

46) BGE 84 II 13, 266 und 628 sowie 8511 413.

44

500

Vorauszahlungsvertrags nicht mehr entscheidend aufzupolieren. Die seit 1963 ergangenen Urteile lassen sich beinahe an den Fingern einer Hand abzählen und betreffen teilweise noch altrechtliche Verträge.47) Das Bundesgericht hatte zunächst nur zu einem betreibungsrechtlichen Problem im Zusammenhang mit Vorauszahlungsraten Stellung zu nehmen.48' Erst in neuerer Zeit bot sich ihm noch eine vereinzelte Gelegenheit, einen als Barkauf getarnten Vorauszahlungsvertrag zu entlarven und dadurch klarzustellen, dass die Generalklausel von Artikel 226m Absatz l OR auch ohne ausdrückliche Verweisung in Artikel 228 auf Vorauszahlungsverträge entsprechend anwendbar sei. 49) 123

Der Kleinkredit

123.1

Begriff und Entwicklung

Es gibt heute weder einen banktechnisch noch wirtschaftlich noch gar juristisch klar umrissenen Begriff des Kleinkredits. Fest steht zunächst nur, dass es sich um eine Form von Kredit, d.h. der Überlassung von Leihkapital mit der Verpflichtung zur Rückerstattung und regelmässig auch zur Bezahlung einer Gegenleistung in Form von Zins und Kosten handelt. Das Merkmal der «Kleinheit» lässt verschiedenen Interpretationen Raum. Nächstliegendes Kriterium ist zweifellos die relative Geringfügigkeit des Kreditbetrags; wenn aber 1939 von Beträgen zwischen 500 und maximal 3000 Franken50) die Rede war und gegenwärtig bereits von Summen bis zu 30000 Franken gesprochen wird, so zeigt sich daran eine Verschiebung der Grössenordnung, die nicht mehr allein durch die Teuerung zu erklären ist. Anderseits gilt der Kleinkredit auch als Kredit des kleinen Mannes und wird in diesem Bereich teils mit kleingewerblichem Produktivkredit identifiziert, teils in entgegengesetzter Weise dem Konsumtivkredit zugeordnet. Immerhin scheint heute kaum mehr bestritten, dass ein weit überwiegender Teil der Kleinkredite dem Verbrauch zugeführt wird. SD Uneinheitlich präsentiert sich diese Kreditform auch hinsichtlich der Kosten. Während die sogenannten «Sozialkredite» der Kantonalbanken zu sehr günstigen Bedingungen gewährt werden, fallen die Kleinkredite der hierauf spezialisierten erwerbsorientierten Institute gerade durch ihre Kostspieligkeit auf, nämlich durch Sätze, die regelmässig zwischen 12 und 18: Jahresprozenten liegen. 52> Als Gründe hiefür werden insbesondere die erhöhten Risiken (Kleinkredite sind typischerweise ungesichert), die erheblichen Refinanzierungskosten, die bedeutenden Aufwendungen für die Werbung und vor allem der administrative und buchhalterische Aufwand bei der laufenden Kon4v> 2BJV 100 (1964) 202; BJM 1965, 241; SJZ 62 (1966) 12.

48) BGE 90 III 1.

49) BGE 98 la 348.

50) Perren. Das Kleinkredit-Problem (Zürich 1939) 27, Vgl. auch den Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 6. Sept. 1946 zum Postulat Lachenal/Vodoz betr. die Bekämpfung des Wuchers im Kleinkreditwesen (BB1 1946 III 85 ff.).

511 Nach Dubs, Das Sozialkreditgeschäft der schweizerischen Kantonalbanken (Zürich/ St. Gallen 1965) 42 wären 1962/63 rund 13% der Kleinkredite produktiv eingesetzt worden. Die Abgrenzung zwischen Konsum-
und Produktivkredit ist allerdings nicht immer leicht: vgl. Strickler, Das Kleinkreditgeschäft (Diss. Zürich 1970) 42.

52 > Hinterkircher in «Schweizer Dokumentation für Politik und Wirtschaft» Bd. I, Rubrik «Abzahlungskredit».

501

trolle und Verarbeitung der Rückzahlungsraten genannt. In der Tat ist der Kleinkredit normalerweise als Abzahlungskredit konzipiert ; die neuere Entwicklung namentlich unter den konjunkturpolitisch motivierten Kreditrestriktionen - hat allerdings Zweifel daran aufkommen lassen, ob das Kriterium der Teilzahlung noch eine zweckgerechte Abgrenzung des Kleinkredits gegenüber anderen Darlehensformen mit ähnlicher Interessenlage gestatte. 53) Unter Einbezug der rechtlichen Aspekte lässt sich somit der Kleinkredit in neutraler Weise beschreiben als ein zu verhältnismässig hohem Zins- und Kostensatz gewährtes, nicht oder nicht vollwertig sichergestelltes persönliches Darlehen in eher niederem Betrag, das üblicherweise in regelmässigen Raten zu amortisieren ist und überwiegend Konsumzwecken dient.

Der kleine Kredit als persönliches Bardarlehen zur Überwindung finanzieller Engpässe bei individuellen oder familiären Notlagen oder ertragsarmen Perioden in saisonorientierten landwirtschaftlichen oder gewerblichen Kleinbetrieben kann als Urform des Kredits überhaupt bezeichnet werden, dem allerdings von jeher wegen der Gefahren der Abhängigkeit und Verschuldung eine gewisse Problematik anhaftet. So hat man sich auch in der Schweiz mit den Darlehensformen, für die sich heute der Begriff des Kleinkredits eingebürgert hat, zunächst vor allem unter dem Gesichtspunkt des Wuchers befasst. 54>. Die moderne Entwicklung des Kleinkredits dagegen hängt im wesentlichen mit den Änderungen im Konsumverhalten breitester Bevölkerungsschichten zusammen, wie sie in den einleitenden Ausführungen zum Konsumkredit im allgemeinen (Ziff. 111) skizziert worden sind. Im Gesamtrahmen des Konsumkredits zeigt sich aber auch eine deutliche Verlagerung vom eigentlichen Warenkredit und den verschiedenen Formen der zweckgebundenen Finanzierung auf den freien Geldkredit, was auch ein Abgehen vom Erfordernis der Kreditsicherung (etwa durch Eigentumsvorbehalt) bedeutet.

Dieser Trend lässt sich aus den verfügbaren statistischen Unterlagen hinreichend klar ablesen: Die Zürcher Aufsicht über die Darleiher und Kreditvermittler 55> registrierte 1945 bei den ihr unterstellten Instituten einen Gesamtumsatz von 7,3 Millionen Franken, der bis 1950 auf 11,9 Millionen anstieg und 1955 bereits 20,4 Millionen Franken erreichte, die sich auf 16 110 Einzeldarlehen
in der durchschnittlichen Höhe von 1267 Franken verteilten. Ebenfalls 1955 waren allein in der Stadt Zürich56' 13 155 Kaufverträge mit Eigentumsvorbehalt für eine gesamte Forderungssumme von 29,1 Milliorien Franken eingetragen worden.

1960 belief sich der Gesamtumsatz der im Kanton Zürich beaufsichtigten Kleinkreditinstitute auf annähernd 47 Millionen Franken für 34270 Darlehen, was einer zahlenmässigen Zunahme um etwa 113 Prozent bei einer Umsatzsteigerung 53

> Das Teüzahlungskriterium figurierte noch in der Kleinkreditdefinition von Art. 3 Abs. 7 des Kreditbeschlusses vom 20. Dez. 1972 (zit. Anm. 17); nach dem neuen BB vom 19. Dez. 1975 über Geld- und Kreditpolitik (AS 1975 II 2568) sind dagegen Kleinkredite alle «Kredite, die ohne bankübliche Sicherheiten an Privatpersonen gewährt werden» (Art. 3 Abs. 6).

54 > Postulat Lachenal/Vodoz (zit. Anm. 50).

55 > Die Zahlenangaben sind den Geschäftsberichten des Regierungsrates an den zürcherischen Kantonsrat entnommen.

5 ® Gemäss Statistischem Jahrbuch der Stadt Zürich.

502

um etwa 130 Prozent in fünf Jahren entspricht. Im gleichen Jahr wurden noch 49716 Teilzahlungskaufverträge mit einer Gesamtkreditsumme von 51,2 Millionen Franken finanziert. 1962 waren es 87 618 finanzierte Verträge für gesamthaft 66,5 Millionen Franken, während 44 987 Barkredite im Umfang von 73,35 Millionen Franken gewährt wurden.

1963 machten sich die Restriktionen des neuen Abzahlungsrechts bemerkbar: die in Zürich registrierten Finanzierungen von Teilzahlungsverträgen gingen innerhalb eines Jahres zahlenmässig um 40 Prozent, summenmässig um 30 Prozent zurück; in ähnlichem Verhältnis reduzierten sich die Eintragungen im Eigentumsvorbehaltsregister. Demgegenüber stellt man bei den persönlichen Darlehen eine Umsatzzunahme um 27 Prozent auf 93,7 Millionen Franken bei einer zahlenmässigen Vermehrung um 13 Prozent auf 51 128 Einzelgeschäfte fest, was einer durchschnittlichen Kredithöhe von 1833 Franken entspricht.

Bis 1970 ergibt sich sodann eine weitere Abnahme der finanzierten Kaufverträge um rund 50 Prozent gegenüber 1962 (im Eigentumsvorbehaltsregister der Stadt Zürich um 70 Prozent), während sich die Zahl der Darlehen im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt hat und umfangmässig auf das Viereinhalbfache angestiegen ist. Ebenfalls verdoppelt hat sich die durchschnittliche Kredithöhe von 1833 auf 3613 Franken.

Allein von 1971 auf 1972 beträgt der Zuwachs an Barkrediten 15 Prozent-bei einer Umsatzsteigerung um 24 Prozent, nämlich von 88 808 auf 101603 Abschlüsse und von gesamthaft 378,7 Millionen auf 469,8 Millionen Franken. Im Vergleich zu 1962 beträgt die Zunahme 540 Prozent.

Unter der Herrschaft des Kreditbeschlusses trat in den Jahren 1973 und 1974 ein erheblicher Rückgang ein: der Umsatzverlust gegenüber 1972 belief sich 1973 auf nahezu 50 Prozent: zahlenmässig ergab sich eine Abnahme um 45 955 Geschäfte auf 55 468 Abschlüsse, was etwa dem Stand von 1963/64 - bei immerhin fast doppelter Gesamtsumme - entspricht.

Seither hat wiederum eine, allerdings durch die Rezession gebremste, Aufwärtsbewegung eingesetzt. Von 60 248 Darlehen im Jahre 1974 stieg die Zahl der Barkredite bis 1976 auf 81 107; der Umsatz erholte sich im gleichen Zeitraum von 307,3 Millionen auf 531,25 Millionen Franken. Unentwegt gestiegen ist die durchschnittliche Kredithöhe: verglichen mit 1970 hat sie sich bis 1976
(6550 Fr.) beinahe verdoppelt. Seit 1975 ist auch bei den finanzierten Abzahlungsgeschäften wieder eine leichte Zunahme festzustellen; ihre Bedeutung neben dem Barkredit bleibt jedoch bescheiden.

Überträgt man das Verhältnis der Barkredite zu den finanzierten Teilzahlungsgeschäften von ungefähr 7: l gemäss der Zürcher Statistik für 1972 auf das für dasselbe Jahr geschätzte Gesamtvolumen der Abzahlungskredite von 2,2 Milliarden Franken 57>. so ergibt sich ein Anteil der persönlichen Darlehen an dieser Gesamtsumme von gegen 2 Milliarden Franken. Zahlenmässig dürften von den rund 630 000 in jenem Jahr erteilten Ratenkrediten somit rund 550 000 als Bardarlehen mit einer durchschnittlichen Höhe von 3600 Franken gewährt worden sein. Das ergibt praktisch auf jeden zehnten Einwohner bzw. jeden fünften Erwerbstätigen 57

> Hinterkircher, Abzahlungskredit (zit. Anm. 52).

503

einen Kredit, der ungefähr dem Anderthalb- bis Zweifachen eines durchschnittlichen Monatslohns in jener Einkommensklasse entsprach, aus der sich der Grossteil der Kreditnehmer rekrutiert. Dies scheint unter dem hier interessierenden sozialpolitischen Aspekt aussagekräftiger als die Feststellung, dass die genannten 2 Milliarden Franken nur knapp 2 Prozent des Bruttosozialprodukts bzw. 3 Prozent des privaten Konsums ausmachten oder dass sich die Pro-KopfVerschuldung der schweizerischen Bevölkerung im internationalen Vergleich an der untersten Grenze bewegte.

Auf zwei Erscheinungen bleibt im Zusammenhang mit der Entwicklung des Kleinkreditwesens noch hinzuweisen. Einmal auf den ausgeprägten Konzentrationsprozess, der sich in dieser Branche abspielt, nachdem sich zunehmend auch Gross- und Lokalbanken ins Geschäft eingeschaltet und teilweise bestehende Institute übernommen haben. Diese Tendenz hat bereits zu einer erheblichen Verminderung der spezialisierten Kleinkreditbanken, aber auch zu einer Senkung der Zins- und Kostensätze dank Rationalisierung und Konkurrenzdruck geführt.

Eine Sonderstellung nehmen sodann die sogenannten Sozialkredite ein, welche von den Kantonalbanken - in allerdings bescheidenem Umfang - zweckgebunden für notwendige und nützliche Auslagen, namentlich als Ehestandsdarlehen, zu sehr günstigen Bedingungen (bis zu 60 Prozent unter den sonst üblichen Sätzen) gewährt werden. Zwar ist nicht anzunehmen, dass dieses kaum kostendeckende «Geschäft», das zudem eine aufwendige individuelle Beratung und Betreuung des Kreditnehmers erfordert, noch wesentlich ausgebaut werden kann. Immerhin könnte ein Einstieg der Kantonalbanken ins eigentliche Kleinkreditgeschäft eine weitere Reduktion der Kreditkosten und hinsichtlich der sozialen Problematik im allgemeinen eine gewisse Entspannung bewirken.

123.2

Gegenwärtige Rechtslage. Doktrin und Praxis

Das ordentliche Bundesrecht enthält keine spezifischen Bestimmungen über den Kleinkredit, nachdem früheren Anläufen zu einer teilweisen Regelung - dem Postulat LachenaI/Vodoz58> und Artikel 226d des Entwurfs zum Bundesgesetz über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag von I96059' - kein Erfolg beschieden war. Die an sich anwendbaren Regeln über den Darlehensvertrag (Art. 312ff. OR) sind praktisch von geringer Bedeutung, ebenso die zivil- und strafrechtlichen Wuchervorschriften und die weitgehend wirkungslos gebliebenen Bestimmungen über drittfinanzierte Abzahlungsgeschäfte (Art. 226m Abs. 2 und 3 OR). Im öffentlichrechtlichen Bereich ist allenfalls das Bankengesetz zu nennen, das indessen primär dem Schutz der Bankengläubiger und nicht demjenigen ihrer Schuldner dient, und dem ohnehin nur ein Teil der Kleinkreditunternehmen unterstellt ist.

Eine gewisse Minimalordnung ist interkantonal durch das Konkordat vom S.Oktober 195760> über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen geschaffen worden, dem indessen bisher nur acht Kantone - Bern, s« Zit. Anm. 50 59) BEI 1960 I 591 60) SR 221.121.1 504

Zug, Freiburg, Schaffhausen. Waadt, Wallis. Neuenburg und Genf - beigetreten sind. Es enthält insbesondere eine Höchstsatzbestimmung für die Kreditkosten auf 18 Jahresprozente, beschränkt die Werbung, untersagt die Kreditmäkelei, gewisse Kundenakquisitionsmethoden. das «Schneeball»-System und Koppelungsgeschäfte, schreibt eine Orientierung des Kunden über die Kreditbedingungen vor Vertragsabschluss und die Aufnahme bestimmter Angaben in den schriftlich auszufertigenden Vertrag vor. Ursprünglich verpflichtete es zudem den Kreditgeber, eine vorzeitige Rückzahlung des Darlehens zu akzeptieren und im Vertrag auf das entsprechende Recht des Kreditnehmers und den Anspruch auf Reduktion der Kreditkosten hinzuweisen; diese Bestimmung hat jedoch das Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde hin als bundesrechtswidrig aufgehoben. 6 " Auf kantonaler Ebene hat insbesondere der Kanton Zürich das Kleinkreditwesen durch die sogenannte Darleihernovelle vom 22. November 1942 und die darauf gestützte Verordnung vom 10. Dezember 1942 über die Darleiher, Darlehens- und Kreditvermittler einer eingehenden gewerbepolizeilichen Ordnung unterworfen, die dem erwähnten Konkordat in wesentlichen Punkten als Vorbild diente. Verwaltungsrechtlich werden die erfassten Gewerbe einer Bewilligungspflicht und behördlichen Aufsicht unterstellt. Eine ähnliche Regelung hatte 1944 Genf geschaffen; sie wurde indessen nach dem Beitritt des Kantons zum Konkordat im Sinne einer Ergänzung desselben totalrevidiert. Ergänzende Bestimmungen in beschränkterem Umfange haben ferner die Konkordatskantone Zug und Waadt erlassen.

Wie zum Darlehen überhaupt ist auch zum Kleinkredit nur spärliche Literatur vorhanden; mit der besonderen Problematik des modernen Massengeschäfts haben sich lediglich vereinzelte Autoren und auch sie meist nur unter besonderen Gesichtspunkten - namentlich des Wuchers und des Kreditbetrugs - befasst 62>.

Ebenso selten finden sich dazu Gerichtsentscheide. Bemerkenswert ist immerhin der Umstand, dass das Konkordat über seinen beschränkten räumlichen Anwendungsbereich hinaus Bedeutung für die bundesgerichtliche Auslegung des Artikels 21 OR (Übervorteilung) gewonnen hat ö 3 > . Interessant ist auch der Entscheid eines Zürcher Rechtsöffnungsrichters. der einen Darlehensvertrag als rechtsmissbräuchlich qualifizierte, weil
damit die Unklagbarkeitsvorschrift des Artikels 416 OR für Ansprüche aus Heiratsvermittlung umgangen werden sollte 64>. Einzelne nicht publizierte Entscheide sind wegen Widerhandlungen gegen die Verordnung über die Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte unter der Herrschaft des Kreditbeschlusses ergangen, wobei namentlich der Begriff des Kleinkredits zur Diskussion stand. So wurde unter die Definition von Artikel 3 Absatz 7 des Kreditbeschlusses («Kredite, die ohne bankübliche Sicherheiten an Privatpersonen gewährt werden und mit Einschluss des Zinses in regelmässigen Raten abzuzahlen sind») auch ein ungedeckter Kontokorrentkredit subsumiert, dessen Limite sich in bestimmten, zum voraus festgelegten Zeitabständen gleichmässig reduzierte.

Als «Kleinkredite» betrachtete das mit dem Vollzug der Verordnung beauftragte 6i) Urteil vom 4. März 1959, nicht publiziert (vgl. AS 1959 626) f"2' Dubs und Strickler (zit. Anm.51): ferner - zur Fraee der Selbstarskunft von Kreditinteressenten - Pesch und v. Buren in SJZ 66 (1970) 323 ff. bzw. 67 (1971) 8 f.

63) BGE 93 II 189, dazu Merz in ZBJV 101 (1969) 20. Vgl. auch SJZ 59 (1963) 340.

M) SJZ 65 (1969) 208 505

Finanz- und Zolldepartement ferner sogenannte «Festgelder», die ohne formelle Verpflichtung zu ratenweiser Rückzahlung, aber mit der Einladung an den Schuldner gewährt wurden, «unverbindlich und freiwillig» periodische Einzahlungen auf ein bei derselben Bank eröffnetes Sparkonto zu leisten. In einem neusten Entscheid (Praxis des Bundesgerichts 66, 1977, Nr. 110) hat zudem das Bundesgericht einen Kleinkreditvertrag wegen Verstosses gegen das Verbot der Gewährung eines neuen Kredits vor der Rückzahlung eines früheren nichtig erklärt.

13

Vorgeschichte der Revision

131

Parlamentarische Vorstösse

Schon kurze Zeit nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag meldeten sich kritische Stimmen, welche darauf hinwiesen, dass im Bereich der Konsumkreditgeschäfte zunehmend versucht werde, die einschränkenden Vorschriften durch Einsatz neuer Vertragsformen zu unterlaufen, und dass die Rechtsprechung hierauf nur zögernd und unsicher reagiere.

In einer Kleinen Anfrage vom 2. Oktober 1964 machte Nationalrat Deonna den Bundesrat darauf aufmerksam, dass zunehmend für Mietgeschäfte geworben werde, die offenbar der Umgehung des Abzahlungsrechts dienten. Der Bundesrat antwortete, grundsätzlich sei das Instrumentarium zur Erfassung solcher Umgehungsgeschäfte vorhanden; es scheine allerdings, dass gewisse Kreise das Vertrauen, welches ihnen der Gesetzgeber mit der Wahl einer zivilrechtlichen Lösung entgegengebracht habe, nicht zu würdigen wüssten, so dass allenfalls eine Verschärfung der Vorschriften ins Auge gefasst werden müsste.

Mit der Problematik der Fernkursverträge und des Ausweichens auf Barkredite befasste sich eine weitere Kleine Anfrage von Nationalrat Schaffer vom 24. Juni 1965, worauf der Bundesrat diese Verlagerung als «augenfällig» bezeichnete, gleichzeitig aber geltend machte, seine Vorschläge zur Verhinderung dieser Entwicklung seien vom Parlament abgelehnt worden, so dass es nun Sache der Rechtsprechung sei, offensichtliche Umgehungstatbestände als solche zu behandeln.

Aufgrund einer Intervention von Nationalrat Graber in der Sommersession 1967 ersuchte sodann die Geschäftsprüfungskommission das Justiz- und Polizeidepartement um Abklärung der Frage, ob die zivilrechtliche Regelung des Abzahlungsgeschäfts durch strafrechtliche Sanktionen erfolgversprechend verstärkt werden könne. Die rechtsvergleichend und durch Anhörung interessierter Kreise durchgeführte Untersuchung ergab jedoch keine eindeutigen Ergebnisse, so dass das Departement in Anbetracht des zu erwartenden politischen Widerstandes und einer verstärkten Abwanderung in den Barkredit zu negativen Empfehlungen gelangte; allerdings blieb unbestritten, dass der bestehende Zustand weder rechtlich noch politisch zu befriedigen vermöge.

Inzwischen hatte Nationalrat Deonna am 10. März 1969 eine Motion eingereicht, in der er erneut auf die bekannten Umgehungspraktiken hinwies und den Bundesrat aufforderte, die erforderlichen Massnahmen zur Ausschaltung dieser Missbräuche zu treffen, allenfalls einen Entwurf zur Verschärfung und Verdeutlichung 506

des Gesetzes von 1962 vorzulegen. Es gehe namentlich darum, die Unterwanderung des Gesetzes durch Leasing- und Kleinkreditgeschäfte zu verhindern, was mit entsprechenden strafrechtlichen Mitteln erreicht werden könnte. Aufgrund des ablehnenden Bescheids des Justiz- und Polizeidepartements an die Geschäftsprüfungskommission beantragte der Bundesrat am 16.: März 1970 die Umwandlung der Motion in ein Postulat, womit sich der Motionär einverstanden erklärte, gleichzeitig aber ankündigte, dass er nötigenfalls durch eine Einzelinitiative die Revision in Gang bringen werde.

Bereits am 16. Dezember 1970 reichte Nationalrat Schaffer ein neues Postulat ein, in welchem der Bundesrat eingeladen wurde, dem .Parlament Bericht und Antrag über Massnahmen zur Unterbindung von Umgehungsgeschäften im Bereich des Abzahlungsrechts - insbesondere durch Bankdarlehen und'Simulierte Kaufpreisfestsetzungen zur Verwässerung des Anzahlungsgebots - sowie zur Unterstellung der Fernlehrkurse zu unterbreiten. Unterdessen hatte Nationalrat Deonna am 2. Juni 1971 einen formulierten Entwurf zu einem neuen Bundesgesetz über die Abzahlungs- und Vorauszahlungsverträge als Einzelinitiative eingereicht. Der Bundesrat nahm daher am 6. Oktober 1971, das Postulat Schaffer entgegen und ersuchte die zur Behandlung der Initiative Deonna eingesetzte nationalrätliche Kommission, es in ihre Behandlung des Gesamtproblems einzubeziehen.

Der Entwurf Deonna lief darauf hinaus, die Regelung der Teilzahlungsgeschäfte aus dem Obligationenrecht in ein Spezialgesetz zu überführen und sie im Sinne der Konzeption Giger über das Kaufrecht hinaus auf jede Art von Verträgen auszudehnen, bei denen ein «Lieferant» gegen nachträgliche oder vorgängige ratenweise Zahlungen des «Abnehmers» eine irgendwie geartete Leistung, (mit Ausnahme einiger speziell zu umschreibender Arten von Dienstleistungen) erbringe.

Den Bestimmungen über den Abzahlungsvertrag sollten aufgrund einer Vermutung auch Gelddarlehen unterstellt sein. Schwerpunkt des Entwurfs bildete die Einführung von Strafbestimmungen für die Verletzung des Anzahlungsgebots und die Anstiftung des Bcrgers zu falschen Angaben über die Verwendung von Darlehen.

Ferner sollte das Strafantragsrecht für Verstösse gegen die einschlägigen UWGBestimmungen (Art. 13 Est. h und i) auch Verbraucherschutzverbänden eingeräumt
und Handelsreisenden sowie Hausierern generell untersagt werden, Bestellungen für Teilzahlungsverträge aufzunehmen oder solche Verträge abzuschliessen.

Ein vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement zuhanden der nationalrätlichen Kommission durchgeführtes Vernehmlassungsverfahren ergab eine grundsätzlich positive Einstellung weiter Kreise zu, den Zielen der Initiative Deonna. Konzeption und Systematik wurden hingegen uneinheitlich beurteilt.

Diese Konzeption wurde übereinstimmend auch von den beiden Gutachtern Stofer und Jeanprêtre, die prinzipiell eine Revision ebenfalls befürworteten,! abgelehnt. Während aber Dr. Stofer die Verstärkung der zivilrechtlichen Regelung durch Strafbestimmungen im Rahmen des Strafgesetzbuches für opportun ansah, hielt Prof. Jeanprêtre Strafsanktionen nur in Verbindung mit einer administrativen Kontrolle für wirksam, die aus praktischen Gründen nicht alle Teilzahlungshändler, sondern nur die weniger zahlreichen Kleinkreditinstitute erfassen könnte. Demgemäss sei für diesen Bereich, wie auch für das Fernkurswesen, ein 507

Spezialgesetz erforderlich; zustimmend äusserte sich Jeanprêtre auch zur Ergänzung des UWG und des Handelreisendengesetzes. Gegen die Ausdehnung des Teilzahlungsrechts auf Dienstleistungsverträge meldeten beide Experten Bedenken an. Aufgrund dieser Lagebeurteilung beschloss die Kommission des Nationalrats am 31. August 1972, auf die Initiative Deonna grundsätzlich einzutreten.

Angesichts der Komplexität der Materie setzte sie aber die materielle Beratung des Initiativentwurfes aus, nachdem der Vorsteher des Eidgenössischen Justizund Polizeidepartements erklärt hatte, der Bundesrat sei zur Ausarbeitung einer entsprechenden Revisionsvorlage bereit.

Unterdessen war es noch zu weiteren parlamentarischen Vorstössen gekommen, die direkt oder indirekt mit dem nunmehr abgesteckten Revisionsbereich im Zusammenhang standen. Am 18. März 1961 wurden im Nationalrat zwei Postulate (Sauser und Müller-Luzern) betreffend das Fernlehrwesen angenommen; dieses bildet auch Gegenstand eines Postulats Thalmann vom 2. Juni 1975. Mit Missständen im Kleinkreditwesen befasste sich ferner eine Kleine Anfrage Mugny vom 28. Juni 1972, bei deren Beantwortung der Bundesrat auf die bevorstehende Gesamtüberprüfung des Teilzahlungsrechts verweisen konnte. Im gleichen Sinne wurde eine Einfache Anfrage Renscl^ler vom 18. Juni 1975 zum Ausbau des Sozialschutzes für Kleinkreditschuldner beantwortet. Weitere Berührungspunkte ergaben sich zum Postulat Ganz vom 18. September 1973, das gesetzliche Vorschriften zur zeitlichen und betragsmässigen Beschränkung der Lohnzession forderte, sowie zur Standesinitiative des Kantons Neuenburg vom 27. Juni 1969 und zum Postulat Josi Meier vom 10. März 1977, in denen nach dem Muster des Artikels 226c OR ein Rücktrittsrecht für «Haustürgeschäfte» gefordert wird.

132

Die Arbeit der Expertenkommission und das Vernehmlassungsverfahren

132.1

Überblick über die Vorschläge der Expertenkommission

Am 19. März 1973 setzte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement eine Expertenkommission mit dem Auftrag ein, die in der Initiative Deonna und weiteren parlamentarischen Vorstössen aufgeworfenen Probleme einer Revision des Teilzahlungsrechts sowie damit zusammenhängende Fragen abzuklären und zuhanden des Departements eine entsprechende Vorlage zu erarbeiten. Der Kommission unter dem Vorsitz von Professor und Kantonsrichter Dr. Raymond Jeanprêtre (Neuenburg) gehörten als Vertreter der Wissenschaft die Professoren Dr.

Hans Giger (Zürich) und Dr. Hans Merz (Bern) sowie der Redaktor des Gesetzes von 1962, Dr. Hellmut Sto fer (Basel) an; ferner Frau Emma Degoli (Massagno) als Vertreterin der Frauenorganisationen und der Konsumenten, Fürsprecher Dr.

Rudolf Altermatt (Bern) als Gewerbevertreter, Professor Dr. J.P. Pointet (Zürich) als Vertreter der Arbeitgeberorganisationen, Herr Louis Joye (Bern) vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund sowie die Herren Dr. Heinz Hinterkircher (Zürich) und Fürsprecher Hans-Rudolf Renfer (Bern) als Bankenvertreter.

Bereits zu Beginn ihrer Beratungen entschied sich die Kommission einhellig dafür, ihren Auftrag in völliger Loslösung vom formulierten Entwurf der Initiative Deonna in Angriff zu nehmen, deren Konzeption in wesentlichen Punkten 508

nicht mit der geltenden Rechtsordnung vereinbar schien. Ferner wurde beschlossen, die Fragen einer staatlichen Aufsicht über Fernlehrinstitute und des Vertragsabschlusses durch Handelsreisende auszuklammern.

In der Folge erarbeitete die Kommission, gestützt auf Teilentwürfe ihres Präsidenten, zwei Vorentwürfe: einen Entwurf zu einem Bundesgesetz über den Teilzahlungskauf, durch den die Artikel 226a~226m OR aufgehoben und durch entsprechende neue Vorschriften ersetzt, sodann einzelne Bestimmungen über den Vorauszahlungskauf und die gemeinsamen Bestimmungen für beide Arten des Teilzahlungskaufes angepasst und schliesslich Artikel 219 Absatz 4 SchKG hinsichtlich des Konkursprivilegs des Vorauszahlungskäufers mit dem revidierten Bankengesetz in Übereinstimmung gebracht werden sollten ; ferner den Entwurf zu einem selbständigen Kleinkreditgesetz mit zivil-, verwaltungs- und strafrechtlichen Vorschriften und einer Anpassung und Ergänzung des UWG und des Bankengesetzes. Diese Entwürfe wurden Ende Juni 1974 dem Justiz- und Polizeidepartement mit einem ausführlichen erläuternden Bericht der Kommission eingereicht.

Die Vorschläge der Expertenkommission lassen sich in den Grundzügen wie folgt charakterisieren :

132.11

Abzahlung«- und Vorauszahlungskauf

An der geltenden Ordnung sollten keine prinzipiellen Änderungen vorgenommen werden. Insbesondere wurde die Konzeption des Abzahlungsvertrags als eines selbständigen Typus verworfen. Hingegen war die Kommission der Meinung, das angestrebte Ziel einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs über den Kauf hinaus, und namentlich auf einzelne Dienstleistungsgeschäfte, lasse sich auch im Rahmen des bisherigen Systems erreichen; angesichts der Schwierigkeiten, dafür eine allgemeine Klausel zu formulieren, entschied man sich für eine Kompetenz; delegation an den Bundesrat.

Die Kommission konnte sich auch in der Frage der Einführung von Strafbestimmungen nicht dazu entschliessen, von der rein zivilrechtlichen Konzeption abzuweichen. Sie vertrat die Auffassung, ohne.gleichzeitige Verwaltungskontrolle würden Strafbestimmungen praktisch wirkungslos bleiben, da mit den Konsumenten als Anzeigern nicht gerechnet werden könne und ausser ihnen niemand die Strafverfolgung in Gang bringen würde ; eine administrative Beaufsichtigung der zahllosen Händler sei aber nicht durchführbar. Ausserdem ergäben sich Schwierigkeiten mit der Rechtssicherheit («Keine Strafe ohne Gesetz»).

Aufgrund dieser Lagebeurteilung beschränkte sich die Kommission in ihrem Entwurf auf verdeutlichende und in einzelnen Punkten verschärfende Korrekturen, Anpassungen sowie Straffungen. Diesen Vereinfachurigsbemühungen fielen u. a.

gewisse als selbstverständlich erachtete Angaben im schriftlich abzufassenden Vertrag (Art. 226a Abs. 2 Ziff. l, 2, 9, 10 und 11 OR), aber auch das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung des gesetzlichen Vertreters (Art. 226e Abs. 2 OR) zum Opfer, das als ungerechtfertigte Abweichung von der allgemeinen Bestimmung des Artikels 19 ZGB fallengelassen wurde. Im Sinne einer Teuerungsanpassung sollte künftig die Zustimmung des Ehegatten erst bei einem Gesamtkauf509

preis von über 2000 Franken verlangt werden (Art. 226b Abs. l OR). Dagegen sollte das Widerrufsrecht (Art. 226c OR) durch eine Verlängerung der Bedenkfrist von fünf auf sieben Tage verstärkt werden.

Die einschneidensten Änderungen schlug die Kommission hinsichtlich der Mindestanzahlung und der Beschränkung der Vertragsdauer vor. Dem Bundesrat, dem vorgeworfen worden war, er habe seine Verordnungskompetenz nach Artikel 226d Absatz 2 OR zu konjunkturpolitischen Zwecken missbraucht, sollte diese Kompetenz weggenommen und die verschiedenen Ansätze im Gesetz selbst fixiert werden. Ferner sollte mittels einer dem Verkäufer auferlegten Betreibungspflicht eine striktere Einhaltung der gesetzlichen Höchstdauer des Vertrags gewährleistet werden. Die Gültigkeitsdauer für Lohnzessionen sollte mit einer Karenzfrist von drei Monaten der konkret vereinbarten Vertragsdauer angepasst werden (Art. 226e OR).

Beim Barauskauf (Art. 226g OR) liess die Kommission den bisherigen Vorbehalt für wechselmässig gesicherte Forderungen fallen, glaubte aber wegen der relativen Seltenheit solcher Geschäfte auf ein generelles Wechselverbot verzichten zu können.

Bei den VerzugsVorschriften (Art. 226/z und 226z' OR) wurde die bisherige Regelung im Prinzip übernommen, teilweise allerdings mit materiell wesentlichen Vereinfachungen. So wollte die Kommission die Beschränkung der Ansprüche des Verkäufers auf den Betrag, den er bei rechtzeitiger Erfüllung des Vertrags erhalten hätte (Art. 226; Abs. l OR), fallen lassen und die Kompetenz zu besonderer richterlicher Stundung (Art. 226k OR) auf den Fall des Rücktritts nach erfolgter Lieferung beschränken.

Der Geltungsbereich der Vorschriften über den Abzahlungskauf blieb prinzipiell nach den Intentionen des Gesetzgebers von 1962 abgesteckt, wobei allerdings die Drittfinanzierungskombinationen nach Artikel 226m Absätze 2 und 3 nunmehr dem neuen Kleinkreditgesetz unterstellt werden sollten. Einzelne Umgehungsgeschäfte wurden nicht mehr ausdrücklich erwähnt, um der Praxis grösstmöglichen Spielraum zu lassen. Für die Ausdehnung auf Dienstleistungsgeschäfte sollte der Bundesrat zuständig sein. Bei den Einschränkungen des Geltungsbereichs wurden die Voraussetzungen des kaufmännischen Privilegs etwas verschärft und bei den 3-Raten-Geschäften die Sicherung eingebaut, dass es sich um monatlich
aufeinanderfolgende Raten handeln müsse; dagegen sollten die Freigrenze von 200 auf 300 Franken erhöht und die praktisch unbedeutenden nicht gewerbsmässigen Abzahlungsgeschäfte weitergehend als bisher privilegiert werden.

Im Bereich der Vorauszahlungskäufe schlug die Kommission materiell lediglich zwei geringfügige Änderungen vor: die ausschliessliche Einzahlung der Vorauszahlungen für überjährige Verträge auf S/wkonten mit entsprechendem Konkursprivileg (Art. 2270 Abs. l OR) und eine teuerungsbedingte Anpassung der Reugeldlimiten in Artikel 227/Absatz 2 OR.

Bei den gemeinsamen Bestimmungen für den Abzahlungs- und den Vorauszahlungskauf (Art. 228 OR) wurde die Anwendbarkeit der Vorschrift über die Ausdehnung des Anwendungsbereichs einschliesslich der bundesrätlichen Kompetenz zur Erfassung von Dienstleistungsgeschäften ausdrücklich auf den Vorauszahlungsvertrag erstreckt und zudem eine neue Ermächtigung des Bundesrats einge510

fügt, zahlenmässig fixierte Grenzbeträge anfälligen wesentlichen Kaufkraftschwankungen des Geldes anzupassen.

132.12

Kleinkredit

Vollkommen neu,,wenn auch in den zivilrechtlichen Bestimmungen soweit möglich in Analogie zum Abzahlungsrecht, gestaltete die Kommission das als Spezialgesetz konzipierte Kleinkreditgesetz, das einen zusätzlichen verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Teil enthielt.

i In der heiklen Frage der Definition des Kleinkredits kam man zu einer Kompro- , missformel, indem von fünf zur Diskussion stehenden Kriterien deren drei verwertet wurden. Dem Gesetz wären danach unterstellt: worden : Darlehen bis zu einem Höchstbetrag von 25 000 Franken, deren Kosten einen vom Bundesrat festgesetzten Mindestsatz übersteigen und die in zwei oder mehr Raten zurückzuzahlen sind. Ungeteilte Zustimmung fand allerdings nur das Kriterium des Mindestsatzes, während eine Minderheit gegenüber dem Teilzahlungskriterium und dem betragsmässigen Plafond die Befürchtung äusserte, damit würden Umgehungen erleichtert. Gewerbliche Darlehen sollten nicht erfasst werden, wogegen der Checkkredit ausdrücklich unterstellt wurde.

Dem Abzahlungsrecht nachgebildet waren die Vorschriften über Form und Inhalt des Vertrags, Zustimmung des Ehegatten, gesetzlich limitierte Vertragsdauer mit Betreibungspflicht des Kreditgebers, Erleichterung der vorzeitigen Rückzahlung, zeitliche Beschränkung der Lohnzession und abschliessende Regelung der Verzugsfolgen sowie Ausschluss von Gerichtsstands- und Schiedgerichtsklauseln.

Nicht übernommen wurden das Verzichtsrecht binnen sieben Tagen und die beim Kreditgeschäft unpraktikable Mindestanzahlung. Dafür sollten grundsätzlich die Gewährung eines neuen Kleinkredits vor der vollständigen Rückzahlung eines früheren unterbunden, die Finanzierung von Abzahlungsgeschäften verboten, die entgeltliche Darlehensvermittlung untersagt und Klauseln über eine vorzeitige Kündigung des Darlehens mit Nichtigkeit belegt werden. Der Entwurf sah ferner nach dem Muster des Konkordats über Missbräuche im Zinswesen einen vom Bundesrat festzulegenden Maximalsatz vor und stellte Regeln über Begriff und Berechnungsmodus der Darlehenskosten auf. Für die Verzugszinsen wurde eine besondere, von Artikel 104 OR abweichende Ordnung getroffen. Einer speziellen Lösung bedurfte auch der Fall des nichtigen Vertrags, wo es darum ging, zu verhindern, dass der Borger in Schwierigkeiten käme, wenn er die ausbezahlte Kreditsumme nach den
Regeln über die ungerechtfertigte Bereicherung auf einmal zurückerstatten müsste; die für die Fälligkeit der Einzelraten vereinbarten Termine sollten auch in diesem Falle gelten, was dazu führt, dass der Kleinkredit praktisch einem zinslosen Darlehen gleichkommt.

Hervorstechendes Element des Kommissionsentwurfs waren die verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Bestimmungen, mit! denen die zivilrechtliche Grundordnung verstärkt werden sollte. Grundlage der von der Bankenkommission auszuübenden Aufsicht sollte ein Bewilligungssystem sein. Die Aufsichtsbehörde hätte die Geschäftstätigkeit der unterstellten Unternehmen und die Gestaltung der Formularverträge zu überwachen sowie eine Statistik des Kleinkreditgeschäfts zu führen gehabt. Strafrechtliche Sanktionen waren ausser für Verstösse 511

gegen die verwaltungsrechtlichen Bestimmungen namentlich auch für die Verletzung der Höchstsatzvorschrift und die Übertretung des Mäklerverbots vorgesehen. Sie wären durch einen allgemeinen Ungehorsamslatbestand ergänzt worden.

Aus den Übergangs- und Schlussbestimmungen des Entwurfs ist namentlich die Änderung und Ergänzung des UWG durch einen neuen Tatbestand über unkorrekte Werbung für Kleinkredite sowie die Einführung eines Klagerechts der Konsumentenschutzorganisationen entsprechend der Anregung in der Initiative Deonna zu erwähnen. Ausserdem sollte Artikel 23 des Bankengesetzes über die Organisation und Tätigkeit der Bankenkommission im Hinblick auf deren neue Aufsichtsfunktion angepasst werden. Schliesslich wäre kantonales Recht, insbesondere das Konkordatsrecht, bis auf einen minimalen Restbestand gewerbepolizeilicher Vorschriften aufgehoben worden.

132.2

Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens

Im zweiten Halbjahr 1974 wurden die Entwürfe der Expertenkommission sowie deren Bericht den Kantonen, politischen Parteien, interessierten Verbänden und Organisationen sowie Bundesstellen (Nationalbank, Bankenkommission, Kommission für Konsumentenfragen) zur Vernehmlassung unterbreitet. Von den angefragten 25 Kantonen und Halbkantonen äusserten sich deren 21, von 10 politischen Parteien deren 7. Ferner gingen Antworten von sämtlichen grossen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen, von über zwanzig Berufs- und Interessenverbänden aus Gewerbe-, Handels- und Bankenkreisen, von Konsumenten-, Frauen-, sozialen, gemeinnützigen und kirchlichen Organisationen sowie einzelnen nicht offiziell angefragten Interessenten ein.

Die Notwendigkeit einer Revision des Teilzahlungsrechts wurde von allen Beteiligten - mit Ausnahme einer politischen Partei - bejaht oder wenigstens nicht bestritten; vereinzelte Stellungnahmen bezweifelten allerdings in getrennter Würdigung der beiden Gesetzesentwürfe die Unentbehrlichkeit oder Zweckmässigkeit des einen oder andern. Indessen herrschte gesamthaft das kritische «Ja - aber...» vor, wobei den einen die Vorschläge der Kommission zu weit, einer Mehrheit dagegen zu wenig weit gingen. Vor allem hinsichtlich der Behandlung des Teilzahlungskaufs wurde den Experten der Vorwurf allzu grosser Zurückhaltung, ja sogar deutlicher Verschlechterungen und Rückschritte gegenüber dem geltenden Recht gemacht.

Im übrigen muss das Ergebnis des Vernehmlassungsverfahrens sowohl zu den grundsätzlichen Optionen wie zu einzelnen Revisionspunkten als disparat und kontrovers bezeichnet werden. Zwar wurde der prinzipielle Verzicht auf Übernahme der Konzeption Deonna bzw. Giger kaum mehr angefochten. Sonst, aber spiegeln die Vernehmlassungen - wenn auch meist mit umgekehrtem Vorzeichen - auf breiterer Basis die Verhältnisse in der Expertenkommission wider, wo in zahlreichen sowohl grundlegenden wie Einzelfragen die Weichen mit sehr knappen Mehrheiten oder gar mit Stichentscheid des Präsidenten gestellt worden waren. So z. B. in der Frage der strafrechtlichen Verstärkung des Teilzahlungsrechts, wo der negative Entscheid des Kommissionspräsidenten von einer Mehrheit der Konsultierten, die sich dazu äussern, bedauert wird. Überwiegend negativ ist auch die generelle Tendenz der Kommission zu Straffung und Vereinfa512

chung kommentiert worden; sie bewirke eine grössere Rechtsunsicherheit und überdies in einzelnen Punkten - wie bei der Streichung des Zustimmungserfordernisses für den Vertragsabschluss durch Minderjährige - einen Abbau des Sozialschutzes. Mehrheitlich ablehnend sind die Stellungnahmen zum Entscheid der Kommission, die Kompetenz des Bundesrates zur Anpassung der Mindestanzahlung und Vertragshöchstdauer beim Abzahlungskauf aufzuheben.

Im Bereich des Kleinkredits halten sich negative und positive Äusserungen zur allgemeinen Konzeption des Spezialgesetzes ungefähr |die Waage, insbesondere was die Wünschbarkeit und Zweckmässigkeit der Verwaltungsaufsicht und strafrechtlicher Sanktionen betrifft. Auf ziemlich einhellige Ablehnung - ausser von Seiten der direkt interessierten Kreise - ist hingegen das von der Kommission knapp gutgeheissene Teilzahlungskriterium als Element der Kleinkreditdefmition gestossen; es wurde weithin - in Übereinstimmung mit der Kommissionsminderheit - als Versuch abqualifiziert, den Geltungsbereich der Schutzvorschriften zum vorneherein so stark einzuschränken, dass ihnen durch anderweitige Kreditformen bequem und legal ausgewichen werden könne.

Auf die divergierenden Ansichten zu den einzelnen Revisionsvorschlägen wird bei der Kommentierung des überarbeiteten Entwurfs zurückzukommen sein. Einstweilen ist zusammenfassend festzuhalten, dass die vielfältige Kritik an den Vorentwürfen eine Überprüfung der Gesamtvorlage unumgänglich machte, wobei es in erster Linie galt, dem doch recht eindeutig zum Ausdruck gekommenen Postulat nach merklicher Verstärkung des Sozial- und Konsumentenschutzes Rechnung zu tragen.

14

Probleme und Aufgaben der Revision

141

Grundsätzliche Aspekte

In der Begründung zu seiner Initiative gab Nationalrat Deonna folgende, bereits 1964 vom Bundesrat in der Antwort auf die Kleine Anfrage Deonna angedeutete Diagnose der Situation im Konsumkreditwesen: «Der Gesetzgeber rechnete mit der Achtung des Bürgers vor dem Gesetz... Aber die Entwicklung hat gezeigt, dass das Vertrauen des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt war. Die Wirklichkeit ist gekennzeichnet durch eine wachsende Zahl von Missbräuchen.» Damit ist das Grundproblem jeder Gesetzgebung mit ausgeprägt sozialschutzorientierter Zielsetzung in einer Epoche relativ hohen Lebensstandards und tatsächlicher oder vermeintlicher Emanzipation breiter Bevölkerungsschichten angesprochen. Eingriffe in die als Ausdruck der Persönlichkeitsentfaltung verstandene Vertrags- und Konsumfreiheit stossen nicht bloss auf den Widerstand derer, die als Händler und Kreditgeber von der gesteigerten Nachfrage profitieren und denen die Vertragsfreiheit in erster Linie zustatten kommt, sondern ebenso auf das Unverständnis und die Ablehnung des Konsumenten,!der solche Einschränkungen als Beeinträchtigung seiner unmittelbaren Interessen und den Schutz vor sich selbst als Bevormundung empfindet. Dem Normalverbraucher, dem die Vorsorge für alte und kranke Tage weitgehend abgenommen worden ist und dessen Dispositionshorizont regelmässig durch die monatliche Entlöhnung bestimmt wird, erscheint ein Konsumgeschäft um so interessanter, je weniger er dafür auf einmal 513

auslegen muss und je längere Zahlungsfristen und kleinere Raten ihm angeboten werden. So kommt es gleichsam zu einem - durchaus auf Willensübereinstimmung beruhenden, wenn auch meist stillschweigenden und häufig unbewussten Bündnis der Vertragspartner mit dem Ziel, ihre trotz aller Gegensätzlichkeit konvergierenden Interessen contra oder praeter legem durchzusetzen. Und gegenüber solcher Komplizität bleiben auch zwingende Bestimmungen und entsprechende Sanktionen weitgehend wirkungslos - ganz einfach deshalb, weil sich der Kunde, selbst wenn er von seinen Rechten Kenntnis hätte, gar nicht darauf berufen will und selbst bei Schwierigkeiten lieber auf Stundungsvorschläge seiner Gläubiger oder vielversprechende Offerten von Sanierungsbüros eingeht als es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung ankommen zu lassen. Zweifellos spielt hier auch das allgemeine, im Bereich der Konsumgeschäfte aber besonders akute Problem der verbreiteten Scheu vor der Justiz und ihren Kosten mit. So ist es kein Zufall, dass eine weit überwiegende Zahl von Streitigkeiten über offene oder getarnte Abzahlungs- und Vorauszahlungsgeschäfte nicht oder nicht direkt vor die Gerichte gelangt, sondern durch Einschaltung amtlicher oder privater Fürsorgestellen, Konsumentenorganisationen oder gar von Presseorganen ausgetragen werden .

und dass der Ruf nach wirkungsvollerem gesetzlichem Schutz in erster Linie von solchen Institutionen erhoben wird.

Angesichts dieser widersprüchlichen Situation ist die Versuchung gross, nur zwei, diametral entgegengesetzte aber konsequente, Lösungen zu sehen: Entweder eine Rückkehr zur unbehüteten privatautonomen Vertragsgestaltung mit dem Argument, dass es nicht Sache des Staates sei, den als mündig und verantwortungsbewusst vorgestellten Bürger wegen einer Minderheit leichtfertiger und unkritischer Verbraucher in seiner Freiheit einzuschränken. Oder aber die bewusste Realisierung eines dicht gewobenen Netzes von Vorschriften und Sanktionen mit dem Ziel, die Achtung des Bürgers vor dem Gesetz zu erzwingen, ihn auch gegen seinen Willen gegen die Machenschaften profitgieriger Anbieter und gegen seine eigene Unvernunft in Schutz zu nehmen. Auch dafür Hessen sich eine Reihe guter Gründe anführen. So ist es eine Tatsache, dass die Vertragsfreiheit für den Durchschnittskonsumenten kaum denselben Stellenwert
hat wie für seinen geschäftserfahrenen Vertragspartner, der ihn mit psychologisch ausgefeilter Werbung beeinflussen und ihm die Geschäftsbedingungen praktisch diktieren kann.

Ferner kann argumentiert werden, es sei eben die Aufgabe des Rechts, sich gerade jener anzunehmen, die nicht imstande sind, sich selber zu schützen, selbst wenn sie tatsächlich eine Minderheit bildeten. Schliesslich könnte auch ein öffentliches Interesse an der Einhaltung des positiven Rechts geltend gemacht werden, das unter Umständen auch gegen den Willen des einzelnen durchgesetzt werden müsse, der nicht nur als Individuum, sondern auch als Repräsentant einer Kategorie von Rechtsgenossen zu betrachten sei, die allgemein des Schutzes bedürfen.

In Wirklichkeit sind indessen radikale Lösungen weder in der einen noch in der anderen Richtung gangbar. Dazu kommt, dass sich die psychologische Situation dank der Aufklärungsarbeit der Konsumentenorganisationen und der zunehmenden Bereitschaft der Rechtsprechung zu verbraucherfreundlichen Entscheiden doch merkbar gewandelt hat. Es kann heute in vermehrtem Masse davon ausgegangen werden, dass in den interessierten Kreisen eine gewisse Einsicht in die Notwendigkeit eines besseren Ausgleichs vorhanden ist. Zeugnis davon legen 514

etwa die in verschiedenen Branchen freiwillig eingeführten Ehrencodices oder Richtlinien für eine korrekte Akquisitions- und Vertragspraxis ab. Solche Massnahmen sind als erfreuliche Zeichen eines wachsenden Verantwortungsbewusstseins gegenüber dem schwächeren Partner, gegenüber der Gemeinschaft und gegenüber der liberalen Rechtsordnung zu werten und anzuerkennen; im übrigen erbringen sie auch den praktischen Beweis dafür, dass Loyalität und Rentabilität nicht unbedingt Gegensätze darstellen müssen. Für den Gesetzgeber resultiert aber daraus eine Verpflichtung: nämlich dafür zu sorgen, dass dieser Mindeststandard auch gegenüber denjenigen durchgesetzt werden kann, die sich der Mitverantwortung entschlagen, dadurch die Konkurrenzbedingungen verfälschen und die Bemühungen um ein sauberes Geschäftsgebaren und ein entsprechendes «Image» durchkreuzen.

Die Revisionsvorlage kann sich demnach in wesentlichen Teilen an schon erkennbaren Tendenzen zur Verwirklichung eines vernünftigen Sozialschutzes und Interessenausgleichs orientieren. Sie kann und soll sich darauf beschränken, die vorhandenen Ansätze zu konkretisieren und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen. Neuerungen sind nur soweit in Betracht zu ziehen, als es der Zweck einer ausgewogenen aber wirksamen Ordnung des Konsumkreditwesens erfordert, welche Auswüchse eliminiert, um die positiven sozialen und wirtschaftlichen Aspekte desto besser zur Geltung zu bringen.

142

Brennpunkte der Revision

142.1

Konsumkreditspezifische Probleme

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass das Abzahlungsrecht von 1962: bei etwas freierer Auslegung und Anwendung eine taugliche Handhabe zur Erfassung zahlreicher Spielarten des Konsumkredits geboten hätte, was sich anhand der beachtlichen Fortschritte der neueren Praxis auch belegen lässt. Indessen hat diese jüngste Entwicklung den Eindruck nicht mehr zu verwischen vermocht, dass die bestehenden gesetzlichen Grundlagen;Missbräuche und Umgehungen eher gefördert als 'verhindert hätten. Symptomatisch hiefür ist eine im Vernehmlassungsverfahren zum Ausdruck gekommene Meinung, wonach es als legitim anzusehen sei, wenn unter dem Druck «sachlich nicht gerechtfertigter, willkürlicher und existenzbedrohender Beschneidung der Geschäftstätigkeit» nach Vertragsformen gesucht werde, die nicht unter die «unheilvollen» Restriktionen fallen. Tatsache ist jedenfalls, dass die rechts- und sozialpolitischen Absichten des damaligen Gesetzgebers nur unvollkommen realisiert worden sind und dass durch die unterschiedliche Beurteilung teilweise unverhüllt bösgläubig geführter Ausweichmanöver eine bedenkliche Rechtsunsicherheit entstanden ist, aus der sich das Unbehagen gegenüber dem geltenden Recht erklärt.

142.11

Probleme des Geltungsbereichs

Rückblickend muss es wohl als Mangel angesehen werden, dass der Geltungsbereich der Schutzvorschriften nicht deutlicher über den als Musterbeispiel in den Vordergrund gestellten Abzahlungs-Kauf hinaus auf alle Geschäftsformen erwei515

tert worden ist, die praktisch zum gleichen Ergebnis führen. Die ausdrückliche Erwähnung des Miet-Kauf-Vertrags als nächstliegendem Ausweichgeschäft hat nicht ausgereicht, Umgehungen durch etwas raffinierter ausgestaltete Miet-, Leasing-, Abonnements- und Sukzessivlieferungsverträge, Scheinbarkäufe und künstlich verkürzte 2- oder 3-Raten-Geschäfte zweifelsfrei und wirksam einzubeziehen.

Schwierigkeiten sind auch durch den Mischcharakter der Fernkursverträge entstanden. Und gestützt vor allem auf diese Erfahrungen kann man einen weiteren Mangel darin sehen, dass die vom Gesetzgeber an sich gewollte oder der Praxis mindestens freigestellte Erweiterung des Geltungsbereichs auf Dienstleistungsverträge wie Reisearrangements, Reparaturen, Kleiderreinigung, Heiratsvermittlung und dergleichen, durch die systematische Einordnung des Abzahlungsrechts beim Kauf behindert wird - selbst wenn solche Konsumkreditgeschäfte in der Schweiz noch kaum verbreitet sind.

Offenkundig versagt hat sodann die an sich schon aus der Generalklausel von Artikel 226m Absatz l OR abzuleitende und in den Absätzen 2 und 3 derselben Bestimmung näher geregelte Erfassung von Drittfinanzierungsgeschäften. Die Expertenkommission stellt dazu in ihrem Schlussbericht fest: «In Wirklichkeit wird diesen Bestimmungen nicht nachgelebt. Die vorgeschriebene Form wird nicht eingehalten. Streng rechtlich wären solche Darlehensverträge nichtig. Tatsächlich werden aber solche Verträge zu hunderten und lausenden abgeschlossen und erfüllt. Das Gesetz ist toter Buchstabe geworden.» Hinzu kommt aber noch ein weiteres: Unabhängige, nicht auf einem «Zusammenwirken» von Händler und Kreditgeber beruhende Konsumdarlehen sind überhaupt nicht erfasst, nachdem es das Parlament seinerzeit bewusst - wenn auch wohl in Verkennung der Tragweite seines Entscheids - abgelehnt hat, diesen Tatbestand einzubeziehen. Selbst wenn man die Entwicklung des Kleinkredits in den letzten 15 Jahren nicht ausschliesslich damit erklären kann, dass die persönlichen Darlehen eine «legale Umgehung» des Abzahlungsrechts gestatteten, zeigt doch die gegenläufige Tendenz in den beiden Sparten deutlich, dass die eine den Konsumkreditmarkt auf Kosten der anderen erobert hat. Und zu den Vorzügen des Geldkredits gehörte neben seiner vielseitigen Verwendbarkeit und technischen Einfachheit eben
zweifellos auch das Fehlen einschränkender Vorschriften. Deshalb muss - auch ganz abgesehen von der Umgehungsproblematik - festgestellt werden, dass auf dem Darlehenssektor eine empfindliche Lücke im Sozialschutz klafft, die um so bedenklicher ist, als diese Art der Kreditierung den Konsumenten im Vergleich zur entsprechenden Ratenkaufvariante regelmässig erheblich teurer zu stehen kommt (je nach Laufzeit bis zu 25%).

142.12

Probleme der Durchsetzung

Die Kritik am geltenden Recht richtet sich nicht bloss gegen die primären, ordnenden und gestaltenden, Regeln und Gebote, sondern beanstandet vor allem auch, dass die für den Fall ihrer Nichteinhaltung vorgesehenen Sanktionen ungenügend seien, was namentlich unter dem Gesichtspunkt der Prävention Beachtung verdiene. Solche Erwägungen hat Nationalrat Deonna denn auch in den Vordergrund gestellt und daraus den Schluss gezogen, es sei «eine Strafe mit vorbeugender Wirkung vorzusehen, welche die Lieferanten und Darleiher veranlasst, 516

das Gesetz zu befolgen.» Auch die Expertenkommission war grundsätzlich der Auffassung, strafrechtliche Sanktionen Hessen sich rechtfertigen, weil durch Verstösse gegen die zwingenden zivilrechtlichen Bestimmungen nicht nur das Interesse des einzelnen Konsumenten, sondern auch der Sozialschutz als solcher betroffen sei. Weil sie aber glaubte, ein strafrechtliches Instrumentarium lasse sich nur im Zusammenspiel mit einer Verwaltungsaufsicht wirksam einsetzen, beschränkte sie diese Verstärkung des zivilrechtlichen Schutzes auf das Gebiet der Kleinkredite.

142.13

Einzelprobleme

Hier ist zunächst die Frage der Simultan- und der Kettenverschuldung zu erwähnen, die vor allem seit dem Überhandnehmen der Barkredite aufgetaucht ist, indem häufig bei verschiedenen Darleihern gleichzeitig Darlehen aufgenommen oder beim gleichen Kreditgeber bereits bestehende Kredite durch neue abgelöst oder auf dieselben aufgestockt werden. Bekanntlich hat bereits die nunmehr aufgehobene konjunkturpolitisch begründete Verordnung über die Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte versucht, dieser auch sozialpolitisch bedenklichen Erscheinung entgegenzutreten.

Eine weitere Auswirkung der Verlagerung vom Abzahlungsgeschäft auf die Drittfinanzierung und die Barkredite ist das von den Kreditinstituten selbst angeprangerte «Provisionen(un)wesen», das sich vor allem im Bereich des Automobilhandels breitgemacht habe und zu einer spürbaren Verteuerung des Kredits führe.

Man sei nicht selten, um das Geschäft zu bekommen, gezwungen, den Händlern für die Vermittlung überhöhte Mäklerentschädigungen zu bezahlen.

Unter dem Gesichtspunkt des Sozialschutzes wird gelegentlich auch gerügt, dass die Bestimmungen des Abzahlungsrechts über die Einreden des Käufers und den Barauskauf durch wechselmässige Verpflichtungen des Schuldners ausmanövriert werden könnten. Das Problem wurde auch in der Expertenkommission aufgeworfen, mangels konkreter Anhaltspunkte für Missbräuche aber nicht weiterverfolgt.

142.2

Generelle Probleme des Konsumentenschutzes im Bereich des Konsumkredits

Es gibt eine Reihe von Fragen, deren Problematik nicht unmittelbar mit dem Wesen des .Konsumkredits zusammenhängt, aber in diesem Bereich nicht selten besonders deutlich hervortritt und deshalb in die Revisionsüberlegungen einbezogen werden muss.

, : .

142.21

Informationsprobleme

Im Vordergrund dieses Fragenkomplexes steht die Werbung, die zu verbreiteter Kritik Anlass gibt. Es fällt auf, wie häufig dieses Problem in den Vernehmlassungsantworten aufgegriffen wird, obschon es gar nicht direkt zur Diskussion gestellt worden war. Dabei fehlt es nicht an teilweise recht scharfen Stellungnahmen gegen die «aufdringliche, marktschreierische und oft unwahre Reklame», wie sie 2l

Bundesblatt. 130.Jahra.Bd.il

517

gerade auch bei der Kleinkreditpropaganda grassiere. Vom Gesetzgeber wird hier Abhilfe gefordert, wobei die Vorschläge von einem allgemeinen Verbot über verschiedene Einschränkungen (etwa der Fernsehreklame oder der unaufgeforderten Zustellung von Prospekten) bis zur Unterbindung anonymer Inserate reichen.

Zur Begründung wird in einzelnen Stellungnahmen auch auf den Verteuerungseffekt des notorischen hohen Werbeaufwands hingewiesen. Unterschiedliche Auffassung herrschen darüber, ob die Kompetenz zur Regelung der Werbung dem Bund übertragen oder primär den Kantonen überlassen werden soll.

In den Bereich der Information gehört in einem gewissen Sinne auch das Problem der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und Formularverträge. Die von der Expertenkommission vorgeschlagene Kontrolle der Kleinkreditverträge ist denn auch allgemein begrüsst worden. Es wird eine übersichtliche und leichtverständliche Darstellung der Kreditbedingungen und jener Klauseln gefordert, die dem Konsumenten besondere Rechte einräumen oder besondere Verpflichtungen auferlegen. Gegen Vertragsredaktoren, die zwingend vorgeschriebene oder sonst wesentliche Angaben durch Kleindruck der Aufmerksamkeit des Interessenten zu entziehen suchen oder sie überhaupt weglassen, sollen angemessene Sanktionen ergriffen werden können.

Häufig wird schliesslich die Meinung vertreten, einer der Hauptgründe für die unzureichende Durchsetzung der gesetzlichen Vorschriften sei die mangelhafte Information des Bürgers und Konsumenten über die ihm zustehenden Rechte und Rechtsbehelfe. Einzelne Konsumentenschutzorganisationen haben jüngst die Initiative zur Behebung dieses Mangels durch Herausgabe entsprechender Aufklärungsbroschüren ergriffen; weitere Vorschläge sollen mit den interessierten Organisationen und Verwaltungsstellen ausgearbeitet werden.

142.22

Probleme des Zugangs zur Justiz

Immer wieder lässt sich feststellen, dass der Weg der gerichtlichen Auseinandersetzung von vielen Leuten selbst dann nicht in Betracht gezogen wird, wenn sie über ihre rechtlichen Möglichkeiten mehr oder weniger klar im Bilde wären.

Zahlreiche Hindernisse ökonomischer und psychologischer Art stehen dem «Kampf ums Recht» im Wege, im Bereich der Konsumgeschäfte häufig auch die einfache Überlegung, dass sich der Aufwand wegen der relativ bescheidenen Streitwerte nicht lohne. Dass hier ein ernstzunehmendes rechts- und justizpolitisches Problem besteht, das zum Unbehagen gegenüber der bisherigen Ordnung, zur unzureichenden Beteiligung der Rechtsprechung an der Fortbildung und Stärkung des Sozialschutzes und zur Verlagerung der Auseinandersetzungen von den Gerichten zu Fürsorge- und Selbsthilfeorganisationen beigetragen hat, kann nicht bestritten werden. Es ist jedoch daran zu erinnern, dass der Bund hier angesichts der geltenden verfassungsmässigen Kompetenzausscheidung hinsichtlich des Verfahrensrechts nur einen bescheidenen Einfluss ausüben kann.

142.23

Das Vertreterproblem

Mit der Revision des Teilzahlungsrechts wird als weiteres allgemeines Problem dasjenige des Vertragsabschlusses durch «Vertreter», «Berater» usw. in Verbin518

düng gebracht. Diesen «Aussendienstmitarbeitern» werden auch in den Vernehmlassungen Überrumpelung, Falschinformation und andere fragwürdige Praktiken gegenüber Konsumenten vorgeworfen, die an der Haustür, bei Verkaufsdemonstrationen und Tarnveranstaltungen unter Druck gesetzt werden. Eine direkte Beziehung zum Konsumkreditbereich wird mit der Forderung der Initiative Deonna hergestellt, Handelsreisenden und ambulanten Händlern den Abschluss solcher Geschäfte schlechthin zu untersagen. Zudem besteht ein enger Zusammenhang mit der Frage der Formularverträge, indem den Vertretern auch zur Last gelegt wird, sie versuchten, durch Überredungskünste die Leute zu möglichst rascher Unterzeichnung möglichst ungelesener Vertragstexte zu verleiten.

142.24

Besondere Vertragsverhältnisse

In neuerer Zeit sind, vor allem auf dem Dienstleistungssektor, bestimmte, gesetzlich nicht spezifisch geregelte Vertragstypen unter dem Gesichtspunkt des Konsumentenschutzes im allgemeinen und teilweise auch des Konsumkredits besonders aktuell geworden. An erster Stelle sind diesbezüglich die Fernkursverträge zu erwähnen, bei welchen sich die Rechtsprechung besonders darum bemüht hat, durch Anwendung des Abzahlungsrechts eine gewisse Abhilfe zu schaffen. Zunehmender Kritik .waren ebenfalls die Reise- und Heiratsvermittlungsverträge ausgesetzt, bei denen ebenfalls teilzahlungsrechtliche Aspekte existieren, da Reiseagenturen - bisher vor allem im Ausland - offenbar dazu übergegangen sind, ihre Dienste unter dem Motto «Fly now - pay later» gegen Ratenzahlung anzubieten, während gewisse Ehevermittlungsinstitute versuchten, ihre unklagbaren Forderungen durch Drittfinanzierungskombinationen sicherzustellen. In allen Fällen reichen indessen die Postulate zur Sanierung der Verhältnisse weit über die eigentliche Problematik des Konsumkredits hinaus, sei es dass eine eigentypische zivilrechtliche Normierung dieser Vertragsformen verlangt oder gar eine staatliche Beaufsichtigung der betreffenden Unternehmen gefordert wird.

15

Übersicht über das ausländische Recht

Auch im Ausland ist das Kbnsumkreditrecht Gegenstand intensiver gesetzgeberischer Aktivitäten im Rahmen eines allgemeinen Ausbaus des Verbraucherschutzes. Zahlreiche Staaten haben auf diesem Gebiet neue Vorschriften erlassen oder Revisionen in Gang gesetzt. Entsprechende Anregungen und Empfehlungen gehen auch von verschiedenen internationalen Organisationen aus.

1501

Deutschland

Am 1. Oktober 1974 ist das Zweite Gesetz zur Änderung des bereits 1969 novellierten Abzahlungsgesetzes, von 1894 in Kraft getreten. Die bestehende, der schweizerischen in einzelnen Punkten verwandte Regelung wurde insbesondere durch ein Widerrufsrecht des Käufers ergänzt, das ihm eine einwöchige Bedenkfrist einräumt und worüber er in «drucktechnisch deutlich gestalteter Weise» belehrt werden muss, ansonst der Fristbeginn gehemmt wird. Im übrigen soll dieses 519

Wiederrufsrecht auch für Verträge über wiederkehrende Leistungen (wie Zeitschriftenabonnemente, Mitgliedschaften in Buchklubs) sowie für Dienstleistungsgeschäfte auf Abzahlung (namentlich Fernkurse) gelten. Ferner muss der schriftliche Vertrag nunmehr auch eine Angabe über den effektiven (unter Berücksichtigung der kreditabbauenden Raten berechneten) Jahreszins enthalten. Interessant ist die für Formfehler vorgesehene Sanktion: der Vertrag ist nicht ungültig, kommt aber erst mit der effektiven Übergabe der Kaufsache zustande und verpflichtet den Käufer nur im Betrag des Barzahlungspreises. Ähnlich dem schweizerischen enthält auch das deutsche Gesetz eine Generalklausel zur Erfassung von abzahlungsähnlichen Geschäften ; mangels einer besonderen Ordnung für Barkredite hat ihr die Rechtsprechung auch Finanzierungsdarlehen unterstellt.

In angrenzenden Bereichen sind neuestens auch Vorschriften über den Fernunterricht (in Kraft seit 1. Jan. 1977) und über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (in Kraft seit 1. April 1977) erlassen worden; ein Reiseveranstaltungsgesetz ist in Vorbereitung.

1502

Österreich

In Österreich gilt nach wie vor das sogenannte Ratengesetz von 1961, das ebenfalls mit Formvorschriften, Mindestanzahlung und Beschränkung der Vertragsdauer operiert. Eine im Jahre 1975 ausgearbeitete Regierungsvorlage zur Novellierung dieses Gesetzes, mit der namentlich auch Teilzahlungsdarlehen erfasst und der Anwendungsbereich auf sog. Wiederkehrschuldverhältnisse im Buch-, Zeitschriften- und Musikalienhandel sowie Werkverträge ausgedehnt werden sollte, ist im Hinblick auf eine allfällige Übernahme in ein allgemeineres Konsumentenschutzgesetz einstweilen zurückgestellt worden.

1503

Schweden

Massgebender Erlass war in Schweden bisher das Gesetz von 1915 über den Kauf unter Vorbehalt, das nun nach dem Vorschlag einer Regierungskommission durch ein umfassendes Konsumkreditgesetz abgelöst werden soll. Die neue Regelung soll sich grundsätzlich auf alle Kreditformen, insbesondere auch Kreditkarten, erstrecken. Vorgesehen sind Vorschriften über die klare Werbung und Abfassung der Verträge hinsichtlich der Kreditkosten. Bei der Finanzierung von Konsumanschaffungen soll der Kredit auf 75 Prozent des Barkaufpreises (entsprechend einer Mindestanzahlung von 25 Prozent) und zeitlich auf 24 Monate beschränkt werden. Weitere Bestimmungen betreffen die Erleichterung der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits (Barauskauf) und die Einschränkung der Ansprüche des Verkäufers auf Rückgabe der Kaufsache im Verzugsfall. In das neue Gesetz würden auch die Bestimmungen des bereits in Kraft stehenden Konsumkaufgesetzes von 1973 integriert, welche die Einreden des Käufers gegenüber dem Drittfinanzierer gewährleisten und ein Verbot wechselmässiger Verpflichtung bei Kreditkäufen statuieren. Ein besonderes Gesetz von 1971 sieht für Haustürgeschäfte ein einwöchiges Wiederrufsrecht vor; es gilt namentlich auch für Käufe auf Kreditkarten- oder Abzahlungsbasis. Mittelbar sind für das Konsumkredit520

wesen ferner das Marktgesetz von 1975 und das Gesetz von 1971 über das Verbot unkorrekter Vertragsbedingungen von Bedeutung. Die Anwendung und Durchsetzung des Konsumentenschutzgesetzes ist besonderen Behörden (Konsumentenombudsman) und Marktgerichten übertragen.

\ 1504

Norwegen

Das Abzahlungsrecht beruht auf einem Abzahlungsgesetz von 1916 und einem Gesetz über den Handel von 1935; beide Erlasse wurden mehrmals revidiert und 1974 durch ein Königliches Dekret ergänzt, das primär wirtschaftspolitische Zwecke verfolgt (Kreditkontrolle), aber gleichzeitig dem Schutz der Konsumenten dient. Das eigentliche Abzahlungsgesetz befasst sich vor allem mit dem Schutz des Käufers bei Geltendmachung eines Rücktrittsrechts oder Eigentumsvorbehalts durch den Verkäufer. Im übrigen existieren Vorschriften über die Werbung, über Form und Inhalt der Verträge und die erforderlichen Angaben der Kreditbedingungen. Grundsätzlich ist eine Mindestanzahlung von 35 Prozent des Barkaufpreises vorgeschrieben; beim Automobilkauf beträgt der Ansatz 60 Prozent und die Vertragsdauer ist auf zwölf Monate beschränkt. Im übrigen bedürfen Abzahlungshändler einer polizeilichen Bewilligung. Auch in Norwegen sind Vorarbeiten für ein neues Gesetz über den Kreditkauf im Gange, welches vor allem die Information über die Kreditkosten verbessern und die Rechte des Käufers gegenüber einem als Kreditgeber auftretenden Dritten sichern soll. Seit 1972 besteht ferner ein Gesetz über die Kontrolle des Marktverhaltens.

1505

Dänemark

Das dänische Gesetz über den Abzahlungskauf von 1954 richtet sich allgemein gegen den Missbrauch des Abzahlungssystems und ist in seiner Anwendung nicht auf Konsumgeschäfte Privater beschränkt. Das Schwergewicht der relativ zwingend - zugunsten des Käufers - ausgestalteten Bestimmungen liegt auf dem Schutz des in Verzug geratenen Abzahlungsschuldners gegen die Folgen der Geltendmachung des Eigenturhsvorbehalts ; dieser ist im übrigen nur gültig, wenn eine Anzahlung von mindestens 20 Prozent des Gesamtkaufpreises geleistet worden ist. Das Gesetz erfasst ausdrücklich auch Mietkaufverträge; es wird angenommen, dass Leasing-Verträge ebenfalls darunter fallen. Besondere Bestimmungen für andere Formen von Kreditkäufen, die nicht Abzahlungscharakter haben, fehlen hingegen. Das Justizministerium hat indessen 1973 eine Kommission eingesetzt, welche das Bedürfnis nach einer Revision und Erweiterung des geltenden Rechts für den ganzen Bereich des Kreditkaufs abklären soll. Zur Diskussion steht namentlich die Einführung eines Widerrufsrechts des Käufers sowie die Verpflichtung des Verkäufers zur Offenlegung der Kreditkosten. Der Schlussbericht der Kommission wird noch dieses Jahr erwartet., · . , Im Rahmen eines generellen Konsumentenschutzes ist 1974 nach schwedischem Vorbild ein Gesetz über das Marktverhalten erlassen worden, das insbesondere eine richterliche Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ermöglicht.

1975 wurde sodann durch Änderung des Vertragsgesetzes eine entsprechende Ge22

Bundesblatt. 130.Jahrg. Bd. II

:

·

521

neralklausel über die Korrektur unangemessener Klauseln eingeführt. Mit der Durchsetzung des Gesetzes über das Marktverhalten ist ein VerbraucherOmbudsmann beauftragt, der vor allem verhandelnd wirken soll, aber auch zur Erhebung von Zivilklagen legitimiert ist. Diese Legitimation steht im übrigen ausser einzelnen Konsumenten auch Verbraucherorganisationen zu. Daneben besteht seit 1974 auch ein besonderer Verbraucherbeschwerdeausschuss, der Reklamationen über Sach- oder Dienstleistungen in einem einfachen und billigen Verfahren unter Vorbehalt des ordentlichen Prozesswegs beurteilt.

1506

Niederlande

Grundlage der holländischen Teilzahlungsgesetzgebung sind die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches über den Kauf auf Abzahlung und den Mietkauf. Sie schreiben u. a. Schriftlichkeit für Konventionalstrafen und Schadenersatzklauseln zulasten des Käufers vor und ermächtigen den Richter, solche Klauseln abzuändern oder aufzuheben; ebenso wird die Geltendmachung des Terminverfalls beschränkt, das Recht auf vorzeitige Rückzahlung garantiert und eine Vollmacht an den Verkäufer, Lohn oder andere periodische Einkünfte des Käufers einzuziehen, als widerrufbar erklärt. Beim Mietkauf wird vor allem für den Schutz des Käufers beim Rücktritt des Verkäufers unter Rückforderung der Kaufsache gesorgt. Im übrigen bestimmt das Ehegüterrecht, dass ein Ehegatte nur mit Zustimmung des andern auf Abzahlung kaufen kann. 1973 wurde auch ein besonderes Gesetz über den Mietkauf von Immobilien mit Schutzvorschriften zugunsten des Mietkäufers erlassen. Das eigentliche, 1973 im Zusammenhang mit dem Erlass des Kolportagegesetzes revidierte und durch verschiedene Ausführungserlasse ergänzte Gesetz über das Teilzahlungssystem von 1961 enthält vor allem verwaltungsrechtliche Vorschriften über die Registrierung und Bewilligungspflicht von Händlern und Finanzierungsinstituten, über die Mind'estanzahlung (die je nach Dauer des Vertrags zwischen 20 und 90% variieren kann) sowie über Form und Inhalt der Verträge und die dem Käufer zu gebenden Informationen. In ähnlicher Weise ist die Gewährung von Bardarlehen zu Konsumzwecken durch ein Gesetz über den konsumtiven Geldkredit geregelt, das am 1. November 1976 das frühere Geldverleihergesetz abgelöst hat. Zu erwähnen ist schliesslich das Kolportagegesetz, das seit Ende 1975 in Kraft ist und neben administrativen und strafrechtlichen Bestimmungen über die Tätigkeit der Kolporteure namentlich ein achttägiges Widerrufsrecht des Kunden vorsieht. Kreditkolportage ist generell untersagt; die Abzahlungskolportage unterliegt besonderen Einschränkungen.

1507

Belgien

Belgien verfügt über eine relativ breit angelegte Regelung des Konsumkreditrechts. Das Gesetz vom 9. Juli 1957 über den Abzahlungskauf und seine Finanzierung ist durch Ergänzungen von 1965 und 1970 auch auf persönliche Teilzahlungskredite ausgedehnt worden. Sein Anwendungsbereich erstreckt sich zudem auf bestimmte, durch königliche Verordnung bezeichnete Dienstleistungsverträge auf Abzahlung, nämlich Reisevermittlung, Autoreparatur und Fernunterricht.

Abzahlungsgeschäfte, Finanzierungsdarlehen (einschl. Warenchecks) sowie per522

sönliche Teilzahlungskredite unterstehen im wesentlichen analogen Bestimmungen hinsichtlich Form und Inhalt des Vertrags, Mindestanzahlung bzw. Kreditbeschränkung, zeitlicher Limitierung und Höchstkostensatz (die im einzelnen durch königlichen Erlass, abgestuft je nach Vertragsgegenstand und Kreditdauer, festgelegt werden), ferner hinsichtlich vorzeitiger Rückzahlung mit entsprechender Reduktion der Kreditkosten und des Schutzes des Kreditnehmers gegen allzu rigorose, Verzugsfolgen (Terminverfall). Eine Besonderheit stellt die Vorschrift dar, wonach der Vertrag erst mit der Leistung der Mindestanzahlung zustandekommt, was praktisch zum selben Ergebnis führt wie ein Widerrufsrecht. Ein solches ist aber für Geschäfte, die ausserhalb der Geschäftslokalitäten des Händlers abgeschlossen werden, noch zusätzlich vorgesehen, wobei die Bedenkfrist sieben Tage seit Leistung der Anzahlung beträgt. Ähnlich wie im deutschen Recht besteht die Sanktion bei Verstössen gegen Formvorschriften, die zeitliche Beschränkung und die Höchstsatzbestimmungen in einer Reduktion der Ansprüche des Gläubigers auf den Barkaufpreis bzw. den ausbezahlten Darlehensbetrag. Die zivilrechtlichen Vorschriften sind durch ein administratives Bewilligungs- und Kontrollsystem sowie Strafsanktionen verstärkt. Ein Vorentwurf zu einer umfassenden Regelung der Konsumkredite, die namentlich auch Kreditkarten und Kontokorrentverhältnisse einbeziehen und die Kreditvermittlung regeln soll, ist zurzeit in Vorbereitung; auf eine Sonderregelung der Drittfinanzierung neben der Regelung der persönlichen Darlehen soll verzichtet werden. Ferner ist vorgesehen, das bisher auf Bardarlehen beschränkte Wechselverbot zu verallgemeinern und die Vorschriften über die Werbung zu verstärken.

1508

Frankreich

Die französische Regelung des Konsumkredits beruht auf dem Dekret vom 20. Mai 1955 über den Kreditkauf, das auch die Drittfinanzierung durch «prêts affectés», aber nicht die persönlichen Darlehen erfasst; dagegen sind Miet-KaufVerträge, Probemiete und Kauf auf Probe mit ratenweise zu bezahlendem «dépôt de garantie» von der Rechtsprechung als Umgehungsgeschäft qualifiziert worden.

Im Zentrum des Erlasses stehen die Vorschriften über die Beschränkung des Kreditbetrags im Verhältnis zum Barkaufpreis - was auf die Anordnung einer Mindestanzahlung hinausläuft - und eine zeitliche Limitierung. Diese Ansätze werden jeweils nach den Marktverhältnissen vom Conseil national du crédit festgelegt.

1976 galt ein einheitlicher Kreditplafond von 80 Prozent für alle Güterkategorien, während die maximale Laufzeit auf 24 Monate für Automobile und 21 Monate für die übrigen Konsumgüter (mit Ausnahme der privilegierten Bücher, Musikalien und Nähmaschinen) fixiert war. Ausserdem wird Schriftlichkeit des Vertrags und ausreichende Information des Konsumenten über die Kreditbedingungen vorgeschrieben. Die Nichteinhaltung dieser Vorschriften zieht zivil- und strafrechtliche Sanktionen nach sich; zivilrechtlich bewirkt ein Verstoss grundsätzlich die absolute Nichtigkeit des Vertrags, was sich daraus erklärt, dass die Kreditkaufvorschriften in erster Linie kreditpolitische Bedeutung haben und lediglich sekundär dem Konsumentenschutz dienen. Sie sind 1966 durch ein Gesetz über den Wucher ergänzt worden, welches Höchstzinsvorschriften, Bestimmungen über die Berechnung des effektiven Kostensatzes, über Werbung und «démarchage» 523

sowie über die Kreditvermittlung enthält. Weitere Gesetze von 1972 beschränken die Kreditkolportage, insbesondere durch Einführung eines Widerrufsrechts. Im Jahre 1976 hat die Regierung einen neuen Gesetzesentwurf über die Information und den Schutz des Publikums im Bereich der Kreditgeschäfte vorgelegt, der alle Konsumkreditformen erfassen soll. Er soll vor allem eine vollständige und objektive Information der Kreditnehmer über die Kreditbedingungen und über ihre Rechte gewährleisten, ihnen eine siebentägige Bedenkfrist mit Widerrufsrecht einräumen, ihren Schutz in Drittfmanzierungskombinationen verbessern, die vorzeitige Rückzahlung des Kredits ermöglichen und die Verzugsfolgen regeln. Auf der Grundlage des neuen Gesetzes werden Konsumentenorganisationen das ihnen im Gesetz über Handel und Handwerk von 1973 eingeräumte Klagerecht nunmehr auch im Bereich des Konsumkredits vermehrt einsetzen können.

1509

Italien

Das italienische Gesetz über den Ratenkauf vom 15. September 1964 ist durch Gesetz vom 27. Dezember 1973 aufgehoben worden.

1510

Grossbritannien

Am 31. Juli 1974 hat das britische Parlament einen sehr ausführlichen und umfassenden Consumer Crédit Act verabschiedet, der - nach Erlass der zum Teil noch ausstehenden Ausführungsvorschriften - die bisherige, in zahlreichen Einzelgesetzen und Verordnungen über den Geldverleih, das Pfandleihgewerbe, den Mietkauf, die Fahrnisverschreibung, die gesetzlichen Vertragsklauseln usw. verstreute und durch Fallrecht ergänzte Regelung ersetzen soll. Der Consumer Crédit Act erfasst den Konsumkredit in jeglicher Form, als Waren- und Geldkredit und grundsätzlich unabhängig vom Rückzahlungsmodus, wobei allerdings Ausnahmen für Verträge mit weniger als drei Raten vorgesehen sind. Ferner sollen Kredite ausgenommen werden, die einen bestimmten Maximalbetrag übersteigen und deren Kreditkosten unter einem zu bestimmenden Mindestsatz liegen. Neben den eigentlichen Kreditverträgen, zu welchen auch Mietkaufgeschäfte gerechnet werden, sind ferner längerdauernde «Konsummietverträge» sowie Koppelungsverträge, Sicherungsverträge und Vermittlungs- sowie Schuldenregulierungsgeschäfte einbezogen. Das Gesetz regelt die Verhältnisse der Parteien in jedem Stadium ihrer Beziehungen, so in der vorvertraglichen Phase namentlich die Werbung und die Vertragsanbahnung und -Vermittlung durch Handelsreisende und Vertreter ausserhalb der Geschäftslokale. Für den Vertragsabschluss gelten strenge Formund Inhaltsvorschriften sowie Bestimmungen über den Widerruf der Offerte durch den Kunden und ein fünftägiges Rücktrittsrecht. Bei Drittfinanzierung besteht eine Solidarhaftung des Kreditgebers und des Lieferanten für falsche Zusicherungen und Vertragsverletzungen des letzteren. Das Recht des Konsumenten, einen Kredit vorzeitig und mit entsprechendem Diskont zurückzuzahlen, ist gewährleistet. Für MietkaufVerträge und bedingte Käufe ist ausserdem ein Rückgaberecht des Schuldners gegen Leistung eines gesetzlich beschränkten Reugelds vorgesehen; für Mietverträge besteht ein Kündigungsrecht. Auch für den Verzugsfall ist der Konsument geschützt; unter gewissen Voraussetzungen ist z. B. die 524

Rücknahme der Ware nur mit richterlicher Erlaubnis möglich. Sicherungsverträge unterstehen gewissen Einschränkungen; insbesondere ist die Verwendung von Wechseln ausgeschlossen. Zahlreiche Bestimmungen sind durch Strafsanktionen verstärkt. Ausserdem ist das Konsumkreditwesen einer administrativen Aufsicht durch den «Director General of Fair Trade» unterstellt, der auch die Bewilligungspflicht handhabt und für die Information des Publikums sowie des Handelsministeriums besorgt ist.

1511

Vereinigte Staaten von Amerika

Bis in die neuere Zeit wurde das Konsumkreditrecht in den Vereinigten Staaten vorwiegend durch die einzelnen Staaten geregelt. Die einzelnen Gesetze befassen sich mit einzelnen Kategorien von Abzahlungsgeschäften (namentlich im Automobilhandel), legen Höchstzinse fest (Usury Laws) oder sehen Beschränkungen der Kredithöhe und der Vertragsdauer bei Kleinkrediten, teilweise auch eine Bewilligungspflicht für Kreditinstitute vor (Small Loan Acts). Ein konkordatartiger Uniform Conditional Sales Act enthält gewisse Bestimmungen über den Eigentumsvorbehalt. Bundesrechtlich wurden erste Bestrebungen zur Erfassung und Disziplinierung des Konsumkredits im Rahmen kriegswirtschaftlich motivierter Massnahmen unternommen, indem das Federai Reserve Board (Bankaufsichtsbehörde) während des Zweiten Weltkrieges ermächtigt wurde, eine sog. Régulation W aufzustellen, die auch Bestimmungen über Abzahlungsgeschäfte (Mindestanzahlung, Beschränkung der Vertragsdauer) enthielt. Konsumentenpolitische Ziele verfolgt dagegen die seit 1968 im Aufbau begriffene Gesetzgebung im Rahmen des Consumer Crédit Protection Act. Sie umfasst1 zunächst einen Truth in Lending Act, aufgrund dessen 1969 die Régulation Z. ein Erlass zur Gewährleistung klarer Information über die Kreditbedingungen (Disclosure), in Kraft gesetzt wurde. Diese Régulation Z ist inzwischen verschiedentlich revidiert worden, namentlich im Hinblick auf den Wildwuchs des Kreditkartengeschäfts (Unterbindung der unaufgeforderten Zustellung von Kreditkarten. Beschränkung der Inhaberhaftung bei Missbrauch). Der Truth in Lending Act wurde ferner durch eine Fair .Crédit Billing Act (1974) über das Vorgehen bei Beanstandung der Kreditabrechnung und einen Consumer Leasing Act (1976) betreffend die Information über Bedingungen und Kosten des Leasingvertrags ergänzt. Ein Fair Crédit Reporting Act (1970), als Titel 6 des Consumer Crédit Protection Act 1971 in Kraft getreten, enthält Bestimmungen über den Datenschutz gegenüber Kreditauskunfteien. Der Equal Crédit Opportunity Act (1975/76) und die dazugehörige Régulation B richten sich gegen die Diskrimination bei der Kreditgewährung, insbesondere in bezug auf Rasse, Hautfarbe, Religion, Nationalität, Geschlecht, Zivilstand usw. Durch den Federai Trade Commission Improvement Act von 1975 wird sodann das Federai Reserve Board
verpflichtet, im Bereich der Bankengeschäfte, entsprechend der Tätigkeit der Federai Trade Commission für die übrigen Konsumgeschäfte, Vorschriften über unfaire Praktiken aufzustellen und ein Verfahren zur Behandlung von Klagen der Verbraucher zu entwickeln. Eine entsprechende Régulation AA ist am 29. Oktober 1976 in Kraft getreten. Eine von der Federai Trade Commission aufgestellte Holder Rule (Préservation of Consumers Claims and Défenses, 1976) qualifiziert es als unfair, wenn ein auf 525

Kreditbasis abgeschlossener Sach- oder Dienstleistungsvertrag im Hinblick auf eine allfällige Abtretung der Kreditforderung nicht den ausdrücklichen Vermerk enthält, dass dem Schuldner alle Einreden aus dem Grundgeschäft erhalten bleiben. Für die Anwendung der Bestimmungen über den Konsumkredit sind die Bankaufsichtsbehörden zuständig. Die bisher wichtigsten praktischen Auswirkungen zeigen sich im Bereich der Ausgestaltung der Formularverträge. Beachtenswert ist schliesslich, dass die meisten der soeben skizzierten Gesetze die Möglichkeit von «class actions» vorsehen, d.h. von Klagen, die im Namen aller betroffenen Konsumenten erhoben werden und damit über den Einzelfall hinaus wirken.

Als Kläger treten dabei nicht selten Konsumentenorganisationen auf, wobei das Ziel der Klageeinleitung oder -androhung primär darin gesehen wird, die Händler und Finanzierungsinstitute zu einem freiwilligen aussergerichtlichen Verzicht auf die beanstandeten Praktiken zu bewegen.

1512

Der EG-Richtlinienentwurf über den Verbraucherkredit

Die EG-Kommission hat im Mai 1976 einen 3. Vorentwurf zu einer Richtlinie über den Verbraucherkredit vorgelegt, die einerseits den Schutz des Kreditkonsumenten verbessern und anderseits durch Harmonisierung der diesbezüglichen Bestimmungen zur weiteren Liberalisierung des Waren- und Dienstleistungsverkehrs im EG-Raum beitragen soll. Die Richtlinie erfasst grundsätzlich sämtliche Verbraucherkreditverträge, wobei als Beispiele namentlich Kaufverträge mit aufgeschobener Zahlung, Miet-Kauf-Verträge, Reisevermittlungs- und (im 2. Vorentwurf) Fernkursverträge auf Abzahlung sowie Kreditausweis (Kreditkarten)-verträge erwähnt werden. Im übrigen wird bei Drittfinanzierung unterschieden zwischen einem «zweckgebundenen», vom Kreditgeber kontrollierten und gesteuerten, und einem «verbundenen», d. h. auf einem Zusammenwirken zwischen Lieferant und Darlehensgeber beruhenden, Kredit. Das Teilzahlungskriterium, das im zweiten Vorentwurf im Sinne einer Mindestzahl von drei Raten vorgesehen war, ist im dritten Vorentwurf fallengelassen worden. Die Richtlinie verpflichtet die nationalen Gesetzgeber, Vorschriften über eine klare und wahre Werbung sowie die Bekanntgabe der Kreditbedingungen in den Geschäftslokalitäten zu erlassen und den Abschluss von Konsumkreditverträgen durch ambulante Anbieter zu untersagen. Ferner soll Schriftlichkeit vorgeschrieben werden (wobei dem nationalen Recht überlassen bliebe, ob als Gültigkeits- oder nur Beweisform), und der notwendige Inhalt des Vertrags mit deutlichen Angaben über die Kreditbedingungen und anderen Rechte und Pflichten des Konsumenten festgelegt werden; als Sanktion für fehlende Angaben ist - unter Vorbehalt richterlicher Korrektur prinzipiell die Reduktion auf den Barpreis bzw. den ausbezahlten Darlehensbetrag vorgesehen. Sodann wird ein Widerrufsrecht mit siebentägiger Bedenkfrist statuiert, das indessen nur für Kreditkäufe oder finanzierte Kaufverträge und lediglich dann gelten soll, wenn der Vertrag ausserhalb der Geschäftsräume des Lieferanten abgeschlossen wurde; für das Versandgeschäft gilt nach deutschem Muster eine Sonderregelung. Sehr weitgehend geschützt wird der Konsument gegen die Geltendmachung des Eigentumsvorbehalts: sobald ein Viertel des Gesamtpreises bezahlt wurde, kann der Lieferant die Sache nur noch mit richterlicher Genehmigung zurücknehmen. Vorzeitige Rückzahlung mit entsprechendem 526

Diskont soll jederzeit möglich sein. Sowohl beim verbundenen wie beim zweckgebundenen Kredit kann der Konsument bei Nicht- oder Schlechterfüllung des Grundvertrags seine Rechte aus Verzug oder Gewährleistung auch gegenüber dem Kreditgeber geltend machen; entsprechendes gilt bei Abtretung der Forderung aus einem Konsumkreditvertrag. Missbräuchliche, d.h. den Verbraucher übermässig belastende Klauseln sollen generell untersagt sein, insbesondere jegliche Vertragsstrafe. Die Verwendung von Wechseln soll grundsätzlich ausgeschlossen sein. Schliesslich. werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, entweder eine staatliche Aufsicht mit Bewilligungspflicht für sämtliche Unternehmen im Konsumkreditbereich oder eine Beschwerdebehörde einzuführen, an die sich die Verbraucher mit ihren Problemen wenden können. Zu gerichtlicher Klage bezüglich missbräuchlicher Vertragsklauseln oder unkorrekter Formularverträge sollen auch Konsumentenorganisationen oder eine dazu bestimmte staatliche Instanz legitimiert sein.

1513

Empfehlungen der OECD

Die Kommission für Konsumentenpolitik der OECD hat einen Bericht über den Verbraucherschutz im Bereich des Konsumkredits ausgearbeitet,, der vom OECDRat genehmigt worden ist und in folgende Empfehlungen mündet: Die Mitgliedstaaten sollten Vorschriften über eine klare, wahrheitsgemässe und vollständige Information des Konsumenten hinsichtlich der Kreditbedingungen und der ihm zustehenden Rechte im Rahmen der Werbung und Vertragsredaktion erlassen.

Die Gesetzgebung soll ferner jegliche Diskriminierung bei der Kreditgewährung unterbinden und den Schutz der Persönlichkeit gegenüber Datenbanken im Kreditsektor sichern. Zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sollen die Haustürgeschäfte eingeschränkt, das Widerrufsrecht garantiert und missbräuchliche Vertragsklauseln nichtig erklärt werden. Bei Drittfinanzierung sollen die Rechte des Verbrauchers gegen den Lieferanten auch gegenüber dem Kreditgeber durchgesetzt werden können. Die Verwendung von Wechseln und anderen begebbaren Wertpapieren soll einschränkend reglementiert oder untersagt werden. Dem Verbraucher sollen einfache und billige Verfahren zur gerichtlichen Durchsetzung seiner!Rechte zur Verfügung gestellt werden, wobei die Klagelegitimation auch Konsumentenverbänden einzuräumen ist. Die Einhaltung der Bestimmungen über den Konsumkredit soll durch zivil-, straf- oder verwaltungsrechtliche Sanktionen sichergestellt werden.

2

Besonderer Teil: Erläuterung des Entwurfs

21

Allgemeine Konzeption

211

Wahl des Instrumentariums

Zu entscheiden war zunächst die Frage, mit welchen Mitteln die angestrebte Verbesserung des Sozialschutzes im Konsumkreditwesen zu realisieren versucht werden soll. Dabei stand zum vornherein fest, dass die Basisordnung:wie bisher zivilrechtlicher Natur sein müsse, handelt es sich doch bei den zu regelnden Geschäftsformen um privatrechtliche, zumindest in den Grundzügen bereits im Obligationenrecht normierte Verträge. Es galt mithin, die Möglichkeiten des Privat527

rechts - dem Schutzzweck entsprechend allerdings mit vorwiegend zwingenden Bestimmungen - auszuschöpfen, bevor flankierende Vorschriften straf- oder verwaltungsrechtlicher Art in Betracht gezogen werden konnten. Das ist im wesentlichen durch Weiterentwicklung der geltenden Bestimmungen über den Teilzahlungskauf sowie Schaffung einer weitgehend parallelen Ordnung der Darlehensund Kreditgeschäfte geschehen.

Indessen konnte die Erfahrung nicht unberücksichtigt bleiben, dass ein rein zivilrechtlich konzipiertes Instrumentarium nicht über genügend Durchschlagskraft verfügt, um den Schutzvorschriften die nötige Beachtung zu sichern. Es fragte sich daher, wieweit die privatrechtliche Grundordnung durch strafrechtliche und administrative Massnahmen und Sanktionen zu verstärken sei. Das Vernehmlassungsergebnis vermochte hiefür keine eindeutige Richtung aufzuzeigen. Strafsanktionen wurden zwar mehrheitlich begrüsst, doch rügten zahlreiche Stellungnahmen die einseitige Unterstellung des Kleinkredits unter dieses strengere Regime, die zu einer Diskriminierung des Barkredits gegenüber dem Warenkredit führe. Wenig überzeugend waren auch die Reaktionen auf die vorgeschlagene administrative Kontrolle der Kleinkreditunternehmen ; teils wurde sie als notwendiges Übel in Kauf genommen, teils als übermässiger Verwaltungsaufwand oder auch wieder unter dem Gesichtspunkt der rechtsungleichen Behandlung von Teilzahlungsgeschäft und Kleinkredit abgelehnt.

Angesichts dieser uneinheitlichen Beurteilung gaben schliesslich praktische Erwägungen den Ausschlag für die nun vorgeschlagene Lösung, die sich auf eine strafrechtliche Verstärkung der zivilrechtlichen Ordnung beschränkt, damit aber sämtliche Konsumkreditgeschäfte erfasst. Das drängte sich insbesondere deshalb auf, weil sich mit dem Wegfall des überwiegend abgelehnten Teilzahlungskriteriums bei der Definition des Kleinkredits der Kreis der nach ursprünglicher Konzeption bewilligungspflichtigen und zu beaufsichtigenden Unternehmen ganz erheblich vergrössert hätte. Damit wurde dem Hauptargument der Expertenkommission, wonach sich die administrative Kontrolle im relativ beschränkten Bereich der Barkreditbranche noch mit einigermassen vertretbarem Aufwand bewerkstelligen lasse, der Boden entzogen. Hätte man trotzdem daran festgehalten, so wäre die «privilegierte» Behandlung
der Abzahlungshändler erst recht als stossend empfunden worden. Eine umfassende verwaltungsrechtliche, d.h. gewerbepolizeiliche Beaufsichtigung des gesamten Konsumkreditwesens aber hätte einen Apparat erfordert und Kosten verursacht, die, zumal im gegenwärtigen finanzpolitischen Klima, nicht zu verantworten sind. Auch von den Kantonen können solche Massnahmen nicht ohne weiteres erwartet werden ; es bleibt ihnen aber anheimgestellt, den bundesrechtlich zu garantierenden Minimalschutz in diesem Sinne auszubauen.

212

Gesetzgebungsmethodik und Systematik

Der soeben erläuterte Grundsatzentscheid wirkt sich auch auf die methodische und systematische Ausgestaltung des Entwurfs aus. Nachdem nur noch zivil- und strafrechtliche Bestimmungen zur Diskussion stehen, kann von der nicht durchwegs günstig aufgenommenen Schaffung eines Spezialgesetzes abgesehen und, dem Prinzip der Gesamtkodifikation entsprechend, der Rahmen bestehender Ge528

setze eingehalten werden: Danach wären die privatrechtlichen Normen - wie schon das bisherige Teilzahlungsrecht - dem Obligationenrecht und die strafrechtlichen Vorschriften dem Strafgesetzbuch einzuordnen. Gegen den Einbau der Strafsanktionen in die strafrechtliche Gesamtkodifikation ergeben sich keine grundsätzlichen Bedenken. Unter dem Gesichtspunkt der zu schützenden Rechtsgüter handelt es sich bei den ins Auge gefassten Tatbeständen vordergründig um Delikte gegen das Vermögen: der Kreditnehmer soll davor bewahrt werden, in einer für ihn verhängnisvollen Weise über seine gegenwärtigen und vor allem künftigen finanziellen Mittel zu verfügen. Darüberhinaus erstreckt sich der Schutz aber insofern auch auf öffentliche Interessen, als Verstösse gegen das zwingende Konsumkreditrecht, dessen soziale Zielsetzung und die Bestrebungen um Erhaltung einer auch materiell funktionierenden Privatautonomie beeinträchtigen. Schutzobjekt ist ferner - nach den gemachten Erfahrungen - das Ansehen der Rechtsordnung selbst, die nicht mehr «ungestraft» umgangen und ausmanövriert werden soll. Dies sind alles Anliegen, denen die Einordnung der entsprechenden Bestimmungen ins gemeine Strafrecht besser gerecht wird als eine «Exilierung» ins Nebenstrafrecht.

Gegen die Integration der zivilrechtlichen Bestimmungen ins Obligationenrecht ist - namentlich von Nationalrat Deonna - argumentiert worden, die allgemeine Privatrechtskodifikation, die sich prinzipiell an der Willens- und Vertragsfreiheit orientiere, dürfe nicht mit sozialpolitisch motivierten Ausnahmevorschriften belastet und verfälscht werden. So beachtenswert dieser Standpunkt auch sein mag, so unmittelbar drängt sich dabei doch die Frage auf, ob hier nicht - gewissermassen entgegen der eigenen Diagnose - an einem idealtypischen Bild des Privatrechts festgehalten wird, das nicht mehr der Wirklichkeit entspricht. Tatsächlich kann kaum mehr bestritten werden, dass die rein liberalistische Konzeption des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs den heutigen Umständen mit ihren zahlreichen Ungleichgewichtssituationen nicht voll gerecht zu werden vermag und in einzelnen Bereichen pervertiert zu werden oder sich gar selber aufzuheben droht. Die Erfahrung zeigt, dass absolut verstandene Privatautonomie und konsequente Ausnützung der Vertragsfreiheit zur Aushöhlung eben dieser
Freiheit führen können. Die Gesetzgebung über Teilzahlungsgeschäfte ist nicht das einzige Beispiel einer Reaktion auf solche Erscheinungen; man denke etwa an das Arbeitsvertrags-, das Miet- oder auch das Kartellrecht. In allen diesen Gebieten geht es einzig darum, faktische Ungleichheiten zu neutralisieren und so die Voraussetzungen wiederherzustellen, unter welchen privatautonomes Handeln überhaupt erst möglich wird. Dieses Bemühen darf und soll sich durchaus in der Zivilrechtskodifikation widerspiegeln. Der vorliegende Entwurf ordnet Spielarten von Verträgen, die zum traditionellen Bestand der Schuldrechtsverträge gehören: des Kaufs und des Darlehens. Es rechtfertigt sich daher, die Bestimmungen über den Teilzahlungskauf und den Kleinkredit in den entsprechenden Titeln des Obligationenrechts unterzubringen.

In der Initiative Deonna war die Lösung durch ein Spezialgesetz auch in der Absicht gewählt worden, die Regelung der Konsumkreditgeschäfte aus der herkömmlichen Vertragstypologie herauszulösen, um sie unabhängig vom jeweiligen Gegenstand des Vertrags (Veräusserung, Gebrauchsüberlassung, Dienstleistung) primär auf das nach Giger massgebende Element der «kreditabbauenden Raten529

Zahlung» auszurichten. Der Entwurf lehnt diese Konzeption eines eigentypischen Abzahlungsvertrags aus den nachfolgenden (unter Ziff. 221.1) zu erörternden Gründen und in Übereinstimmung mit der Auffassung der Expertenkommission sowie mit der im Vernehmlassungsverfahren vorherrschenden Meinung ab, so dass sich auch unter diesem Gesichtspunkt eine «Flucht in die Speziai gesetzgebung» nicht aufdrängt. Im übrigen lassen es die verbreiteten Klagen über Gesetzesinflation, Zersplitterung und Unübersichtlichkeit der Rechtsordnung als tunlich erscheinen, von der Schaffung neuer Sondererlasse und der Ausgliederung bereits integrierter Bestimmungen aus bestehenden Gesetzen abzusehen.

Die aus diesen Erwägungen hervorgegangene Methodik des Entwurfs gestattet es, im Gegensatz zu den Vorschlägen der Expertenkommission ein einheitliches Gesetz über den Konsumkredit vorzulegen, das zunächst den Gesamtzusammenhang der Materie besser zum Ausdruck bringt, sich dann aber in eine Revision und Ergänzung des Obligationenrechts und des Strafgesetzbuchs sowie kleinere Änderungen des SchKG und UWG auflöst.

213

Gesonderte Regelung der Darlehensgeschäfte

Das geltende Abzahlungsrecht hat versucht, den gesamten Bereich der eigen- und drittfinanzierten Konsumkreditgeschäfte mit einer einheitlichen Regelung aufzufangen, indem die Schutzvorschriften auch auf Verhältnisse Anwendung finden sollten, bei welchen der Konsument selber als Kreditnehmer des drittfinanzierenden Darlehensgebers auftritt. Es wurden damit allerdings nur diejenigen Barkredite erfasst, die auf einem Zusammenwirken von Lieferant und Darleiher beruhten. Dieser Versuch ist offensichtlich gescheitert. Angesichts dieser Situation hat sich bereits die Expertenkommission dafür entschieden, das Darlehensgeschäft generell aus dem eigentlichen Teilzahlungs(kauf)recht auszuklammern und es grundsätzlich unabhängig von der Absprache zwischen Lieferant und Kreditgeber und ohne Rücksicht auf den konkreten Verwendungszweck des Barkredits - einer besonderen Regelung zu unterstellen. Diese Konzeption wird im Entwurf übernommen, wobei selbstverständlich dem Zusammenspiel von Darlehen und Lieferungsgeschäft weiterhin angemessen Rechnung getragen werden soll.

22

Kommentar zu den Bestimmungen im einzelnen

221

Erster Teil : Teilzahlungskauf und verwandte Geschäfte

221.1

Vorbemerkung: Ablehnung eines selbständigen Vertragstyps

Nach der von Giger entwickelten Konzeption hätte die Revision des Teilzahlungsrechts aus den unbefriedigenden Erfahrungen mit dem geltenden Recht die Konsequenz in der Weise zu ziehen gehabt, dass das Abzahlungsrecht aus dem beengenden Kontext des Kaufrechts herausgelöst worden wäre, um generell auf sämtliche Ratenkreditvereinbarungen, namentlich Gebrauchsüberlassungsverträge (Mietkauf, Leasing) und Dienstleistungsverträge (namentlich Fernkurs- und Unterrichtsverträge) angewendet werden zu können. Dies sollte durch Schaffung eines selbständigen neuen Vertragstypus erreicht werden, bei welchem - im Gegensatz zur geltenden Ordnung - die Zahlungsart zum bestimmenden Faktor ge530

worden wäre. Den durch die Sach- oder Dienstleistung charakterisierten «Unterarten» dieses einheitlichen «Abzahlungsvertrags» wäre jeweils durch Beizug der entsprechenden spezifischen Normen gemäss herkömmlicher Typologie Rechnung zu tragen gewesen.

Die Anerkennung eines derartigen, alle übrigen Kontraktstypen überlagernden Abzahlungsvertrags brächte eine fundamentale Umformung des Systems mit sich, die - gemessen an der Zwecksetzung - als unverhältnismässig starker Eingriff bezeichnet werden muss. Der Vorschlag beruht auf einer Überbewertung der in der Ratenzahlung und Kreditierung liegenden Gemeinsamkeit gegenüber den für die sachgerechte Erfassung der «Unterarten» ausschlaggebenden und von der Zahlungsmodalität unabhängigen Verschiedenheiten. Darüber hinaus wird die Figur des Abzahlungsvertrags ihrem eigenen Anspruch insofern nicht gerecht, als sich einerseits aus ihrer abstrakten Umschreibung keine für den gesamten Konsumkreditbereich gültigen Regeln ableiten lassen und anderseits auch Verträge einbezogen würden, denen das Teilzahlungsrecht nicht angemessen wäre. Gerade so zentrale Bestimmungen wie das Anzahlungsgebot oder die Verzugsvorschriften passen kaum auf Bardarlehen oder Dienstleistungsverträge. Aus den Prinzipien des Abzahlungsrechts lassen sich auch keine Lösungen für die spezifischen Probleme solcher Verträge gewinnen, so z. B. für die Frage der Beendigung des Vertrags durch Kündigung oder für die Behandlung der kreditkosten beim Darlehen. Ausserdem fehlen, namentlich für die primär anvisierten Dienstleistungsverträge, ausreichende Kriterien zur Ausscheidung jener Geschäfte, die nicht dem Konsumbereich zuzurechnen sind, wie insbesondere die Verträge im Tätigkeitsbereich der liberalen Berufe (Arzt, Rechtsanwalt). Entsprechende Vorbehalte gelten auch gegenüber einer analogen Verselbständigung des Vorauszahlungsvertrags, wie sie in der Initiative Deonna vorgesehen war.

Die Ablehnung der allzu radikalen These eines einheitlichen Abzahlungs- oder Vorauszahlungsvertrags mit ihren weitreichenden dogmatischen und systematischen Implikationen bedeutet indessen nicht, dass dem berechtigten Grundanliegen dieser Konzeption nicht anderswie zum Durchbruch verholfen werden kann und muss. Der Entwurf geht davon aus, dass sich ein besserer Schutz des Kreditkonsumenten durchaus im Rahmen der bewährten
Systematik des Vertragsrechts verwirklichen lässt. Die exemplarische Anknüpfung beim Kauf entspricht dem Modellcharakter dieses Konsumgeschäfts und erlaubt es, eine Grundordnung zu entwickeln, die sich ganz oder teilweise, unmittelbar oder sinngemäss auf ähnlich strukturierte Konsumkreditverträge übertragen lässt. Wo es sich darum handelt, Gebrauchsüberlassungsverträge mitzuerfassen, die praktisch auf die Übertragung von «Nutzungseigentum» hinauslaufen, genügt eine Verdeutlichung des bereits im geltenden Recht enthaltenen wirtschaftlichen Analogieprinzips. Bei den Dienstleistungsverträgen geht es - soweit sich wirklich konsumkreditspezifische Probleme ergeben - in erster Linie darum, dem Konsumenten als dem regelmässig schwächeren Vertragspartner ausreichende Klarheit über seine Verpflichtungen zu verschaffen und ihn vor Übereilung zu bewahren; dabei stehen die Formalisierung des Vertragsschlusses sowie die Einräumung einer Bedenkfrist mit Widerrufsmöglichkeit im Vordergrund. Ein solches Bedürfnis besteht indessen lediglich bei einzelnen, besonders exponierten Verträgen mit Massenkonsumcharakter; es genügt daher eine gezielte Unterstellung dieser Spezialfälle unter das 531

Abzahlungsrecht. Bei den persönlichen Darlehen dagegen muss die bestehende Lücke mit eigens auf diesen Tatbestand zugeschnittenen Normen ausgefüllt werden, die sich nur teilweise aus dem Teilzahlungsrecht herleiten Hessen.

221.2

Abzahlungskauf und verwandte Geschäfte

221.201 Begriff und Geltungsbereich Das im besonderen Teil des OR allgemein übliche Schema, der Regelung eines bestimmten Vertrags eine Umschreibung der wichtigsten Tatbestandselemente voranzustellen, wird auch hier befolgt. Entsprechend der soeben dargestellten Konzeption bezieht sich diese Definition zunächst nur auf den AbzaMungskauf als Prototyp der zu erfassenden Ratenkreditgeschäfte. Doch werden der Modellcharakter des Kaufs und das gesetzgeberische Ziel einer am Schutzzweck orientierten Generalisierung des Abzahlungsrechts dadurch unterstrichen, dass die (bisher am Schluss der kaufrechtlichen Ordnung figurierenden) Vorschriften über den Geltungsbereich vorgezogen und der Definition unmittelbar angegliedert werden. Das soll den prinzipiellen Gehalt dieser Normen und ihren engen Konnex mit der Begriffsbestimmung verdeutlichen; gleichzeitig wird diese neue Systematik auch logischen Anforderungen besser gerecht.

Artikel 226: Begriff Die im bisher leerstehenden Artikel 226 untergebrachte und dadurch von den nachfolgenden Verhaltensnormen deutlicher abgehobene Definition ist gegenüber dem Text des geltenden Artikels 226a Absatz l nur redaktionell verbessert worden. Hingegen wurden Text und Marginale in Übereinstimmung gebracht, indem nun auch im Randtitel von «Teilzahlungskauf» und «Abzahlungskauf» die Rede ist.

Artikel 226a: Ausdehnung des Geltungsbereichs Ausgehend vom klassischen Abzahlungskauf werden in dieser Bestimmung mittels einer Kombination von Generalklausel und konkreten Beispielen Leitlinien gezogen, an denen sich die Praxis bei der Rechtsverwirklichung und -fortbildung sicherer als bisher soll orientieren können. Der Aufbau des Artikels folgt einerseits der Typenordnung des Obligationenrechts und hält sich anderseits an die praktischen Erfahrungen mit den häufigsten Umgehungsgeschäften unter dem bisherigen Recht.

Die Generalklausel im Absatz l ist im Vergleich zum geltenden Recht etwas erweitert, indem sie nicht mehr die identische wirtschaftliche Zweckbestimmung wie beim Abzahlungskauf verlangt, sondern eine «ähnliche» genügen lässt. Sie ist ferner dadurch objektiviert, dass eine Bezugnahme auf den Parteiwillen fehlt. Und sie ist vor allem konkretisiert durch eine von der bundesgerichtlichen Praxis inspirierte Vermutung, wonach Gebrauchsüberlassungsverträge - mit oder ohne,
ausdrückliche oder stillschweigende, Kaufsoption - dann Konsumkreditcharakter haben, wenn sie darauf angelegt sind, den Mieter in eine Situation zu bringen, in welcher der Abbruch des Mietverhältnisses angesichts des damit in Kauf zu nehmenden Verlustes des bereits geleisteten Entgelts wirtschaftlich unvernünftig erschiene. Ein derartiger faktischer Zwang zur Fortführung des Mietverhältnisses 532

kann regelmässig angenommen werden, wenn innerhalb der festen Mietdauer ein Viertel des Barkaufpreises (oder mehr) «abbezahlt» werden muss (vgl. BGE 95 IV 101 und 101IV 98); bei unbestimmter Vertragsdauer ohne klare Kündigungsregelung besteht ein erhebliches Risiko, dass eine analoge Situation eintritt. Immerhin kann nicht völlig ausgeschlossen werden, dass in Einzelfällen tatsächlich ein vernünftiges Interesse an einer längerfristigen Gebrauchsüberlassung besteht; für derartige Situationen wird deshalb die Möglichkeit eines (grundsätzlich dem Vermieter obliegenden) Gegenbeweises vorbehalten. In diesem Zusammenhang wird neben Miete und Mietkauf der1 Klarstellung halber auch der Leasingvertrag erwähnt, obschon er als solcher dem schweizerischen Recht unbekannt ist und das hier .einzig interessierende Konsumgüterleasing regelmässig schon aufgrund der Generalklausel als Abzahlungskauf oder jedenfalls als Mietkauf oder Miete zu qualifizieren ist. Das gilt namentlich für die im Automobilhandel üblichen Leasingverträge. Ausser Betracht bleibt, wegen der generellen Ausnahme für gewerbliche Abzahlungsgeschäfte unter Vorbehalt der Verzugsbestimmungen (Art. 2260 Abs. 3), das Leasing von Investitionsgütern.

Absatz 2 will den unechten Sukzessivlieferungsvertrag durch Angabe von Indizien seiner «Unechtheit» in den Griff bekommen. Allgemein ist festzuhalten, dass die klassischen Motive echter Sukzessivlieferungsverträge, wie Lagerhaltungsprobleme, Verarbeitungskapazität oder besondere Absatzverhältnisse, im Bereich der Konsumgeschäfte kaum eine Rolle spielen. Die Bestimmung visiert vor allem die gestaffelte Lieferung von Büchern, Schallplatten und dergleichen an, soweit sie nicht durch ein echtes Subskriptionsverfahren - das als wirtschaftliche Notwendigkeit auf seilen des Verkäufers anerkannt werden könnte -- bedingt ist. Auf seilen des Kunden ist ausschlaggebend, ob er .die ratenweise Lieferung ausschliesslich oder überwiegend deshalb bevorzugt, weil er sich die einmalige Anschaffung gegen Barzahlung nicht leisten könnte und daher auf sukzessive Teilzahlungen angewiesen ist. Dagegen lässt sich bei einem Zeitungs- oder Zeitschriftenabonnement der Sukzessivlieferungscharakter aus der Natur des Geschäfts begründen.

Absatz 3 bringt die Erweiterung des Anwendungsbereichs auf Dienstleistungsverträge und entspricht
damit einem Hauptanliegen der Initiative Deonna, dem sich nach einigem Zögern auch die Expertenkommission angeschlossen hatte. Allerdings erwies es sich als unmöglich, dafür eine allgemeine und abstrakte Formel zu finden, die nicht auch Verträge einbezogen hätte, deren Unterstellung unter das Abzahlungsrecht nicht erwünscht ist, insbesondere im Bereich freiberuflicher Dienstleistungen. Der Entwurf hält sich daher an den Vorschlag der Expertenkommission und ermächtigt den Bundesrat, bestimmte Vertragsverhältnisse mit Teilzahlungscharakter zu erfassen, wenn sich bei ihnen ein besonderes Bedürfnis nach verstärktem Sozialschutz zeigen sollte. In der Schweiz sind solche Erscheinungen bisher nicht in nennenswertem Umfang zu verzeichnen, so dass der Bestimmung vorwiegend prophylaktische Bedeutung - etwa im Hinblick auf kreditierte Reisearrangements («Fly now - pay later»), Reinigungs- oder Reparaturabonnements und dergleichen - zukommt. Eine Ausnahme bilden dabei die Fernkursverträge, die seit geraumer Zeit zu Klagen Anlass geben und wo die Rechtsprechung bereits bisher auf das Abzahlungsrecht zurückgegriffen hat, um «überrumpelten» Kunden einen gewissen Schutz zu gewähren. Einem verbreiteten und auch im Vernehmlassungsverfahren mehrfach vertretenen Postulat folgend, wird 533

deshalb diese spezielle Vertragsgattung von Gesetzes wegen unmittelbar dem Abzahlungsrecht unterstellt, sofern sie die Merkmale eines Konsumkreditgeschäfts aufweist. Um allfälligen Umgehungsversuchen durch Verträge gemischten Charakters (z. B. mit Klassenunterricht an Wochenenden) vorzubeugen, erfasst der Entwurf generell «Verträge über Unterricht, der ganz oder teilweise in Fernkursen erteilt wird und für den Teilzahlungen zu entrichten sind»; dagegen gilt das Abzahlungsrecht nicht für den reinen Direktunterricht, auch wenn das Entgelt in sukzessiven Zahlungen zu entrichten ist (vgl. Ziff. 121.2). Die vorgeschlagene Lösung bezweckt vor allem, dem Fernkursinteressenten das Widerrufsrecht nach Artikel 226g einzuräumen und ihm dadurch die Möglichkeit zu geben, sich aus einer übereilt eingegangenen Verpflichtung zu lösen. Wieweit Fernkurs- und Unterrichtsvertrag überdies privatrechtlich oder gar verwaltungsrechtlich besonders zu regeln seien, kann im Rahmen des Teilzahlungsrechts nicht weiter geprüft werden. Immerhin will der Entwurf eine derartige Entwicklung auch nicht präjudizieren. Entsprechendes gilt im übrigen für andere Dienstleistungsverträge, bei denen die Kompetenz des Bundesrates aktuell werden könnte.

Entsprechend dem hievor (Ziff. 213) entwickelten Konzept der getrennten Regelung von direkt kreditierten Konsumgeschäften und Darlehensgeschäften wird in Absatz 4 der Kleinkredit explizit aus dem Abzahlungsrecht im engeren Sinne ausgeklammert, weil sich die Probleme dieser Materie nicht mit der einfachen Analogieformel der Generalklausel von Absatz l lösen lassen, zumal das Teilzahlungskriterium für Barkredite fallengelassen werden muss.

Artikel 226b: Einschränkung des Geltungsbereichs Das geltende Recht (Art. 226m Abs. 4 OR) nimmt verschiedene Kategorien von Geschäften, die definitionsgemäss grundsätzlich dem Abzahlungsrecht unterstellt wären, von der Anwendung eines grossen Teils der Schutzvorschriften aus. Die Revision bezweckt, diese Ausnahmen aufgrund der gemachten Erfahrungen zu präzisieren und, soweit erforderlich, enger zu umschreiben, um gewissen deutlich zutagegetretenen Schutzbedürfnissen besser zu entsprechen.

Das gilt zunächst für die in Absatz l geregelten Teilzahlungsgeschäfte, die sich als sogenannte 3-Raten-Verträge unter dem bisherigen Recht als besonders problematisch
erwiesen haben (vgl. oben Ziff. 121.2). Um der hier herrschenden Rechtsunsicherheit und Missbrauchsanfälligkeit den Riegel zu schieben, übernimmt der Entwurf eine Anregung der Initiative Deonna, der auch die Expertenkommission gefolgt war : Danach soll das Privileg nur noch gelten, wenn ein Abzahlungsvertrag eine Minimalzahl von monatlich aufeinanderfolgenden Raten vorsieht. Ausserdem wird das zulässige Ratenminimum - entsprechend der strengeren Lösung des konjunkturellen Dringlichkeitsrechts - von drei auf zwei, d.h. auf die erste Stufe des Abzahlungsgeschäfts überhaupt, herabgesetzt; dies in der Meinung, dass sich eine solche einmonatige Kreditierung praktisch kaum noch vom Bargeschäft mit normaler Zahlungsfrist unterscheidet und deshalb über grössere Beträge schwerlich mit Kunden vereinbart werden dürfte, die mangels verfügbarer Mittel auf Kredit angewiesen sind. Anderseits lässt es sich bei dieser strikten Beschränkung des Privilegs verantworten, die betroffenen Geschäfte vollständig d.h. auch bezüglich der bisher anwendbaren Verzugsvorschriften - aus dem Abzahlungsrecht auszuklammern.

534

Verstärkt wird der Schutz auch bei den Bagatellgeschäften, die bei relativ niedrigem Kaufpreis innerhalb relativ kurzer Dauer abgewickelt werden (Abs. 2). Ausser den schon bisher anwendbaren Verzugsbestimmungen werden sie auch dem Verbot der Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsklauseini unterstellt und der erweiterten richterlichen Kompetenz zur Gewährung von Zahlungserleichterungen zugänglich gemacht. Ferner soll die sinngemässe Anwendung von Artikel 226z Absätze 3 und 4 garantieren, dass die 6-Monats-Grenze auch effektiv eingehalten wird; hinsichtlich einer allfälligen Verlängerung der Vertragsdauer durch den Richter nach Artikel 226; Absatz 4 ist die «sinngemässe» Anwendung dieser Bestimmung so zu verstehen, dass die gesetzliche Höchstdauer um nicht mehr als die Hälfte, also um maximal drei Monate, überschritten werden darf. Schliesslich wird neu die Schriftform, gegebenenfalls die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters und jenes Minimum an Angaben über die Kreditbedingungen verlangt, das dem Kunden den Vertragsabschluss in Kenntnis der eingegangenen Verpflichtungen erlaubt. Nichteinhaltung der Form-, Zustimmungs- und Inhaltsvorschriften zieht in diesem Fall ohne weiteres die Ungültigkeit des Vertrags nach sich; auf die Anwendung des in Artikel 226e vorgesehenen differenzierten Sanktionssystems kann angesichts der geringfügigen wirtschaftlichen Tragweite verzichtet werden.

Diese Verschärfungen rechtfertigen sich unseres Erachtens, deshalb, weil man es hier mit den typischen Geschäften des «kleinen Mannes» zu tun hat, in die er wegen ihrer scheinbaren Harmlosigkeit um so leichter hineinschlittert und bei denen sich im Streitfall eine gerichtliche Auseinandersetzung kaum lohnt. Die Stellung des «Klein-Kreditkonsumenten» bedarf deshalb vor allem einer prophylaktischen Stärkung.

: Absatz 3 fasst die Kategorien des kaufmännischen Abzahlungsgeschäfts und des Ratenkaufs von Produktivgütern zusammen, bei welchen sich die Privilegierung aus dem mangelnden Konsumcharakter des Geschäfts ergibt. Gegenüber dem geltenden Recht bringt der Entwurf eine Einschränkung der Ausnahme in persönlicher und sachlicher Hinsicht. Ausreichende kaufmännische Erfahrung wird nur noch demjenigen zugebilligt, der selber als Firmeninhaber im Handelsregister eingetragen ist: damit wird ein bereits im geltenden Recht vorhandener
Ansatz, wonach Zeichnungsberechtigte von Genossenschaften des Sozialschutzes teilhaftig bleiben sollten, konsequent weitergeführt. In einer Vorlage, welche die Verbesserung des Sozialschutzes anstrebt, kann eher in Kauf genommen werden, dass in Einzelfällen auch geschäftserfahrene Personen von den Restriktionen betroffen werden, als dass Schutzbedürftige wegen formaler Kriterien vom Schutzbereich ausgeschlossen bleiben.

Ein gewisser Formalismus herrschte bis jetzt auch hinsichtlich der sachlichen Privilegierung von Produktivgütern, indem hiefür einzig auf die objektive Beschaffenheit des Vertragsgegenstands abgestellt wurde. Auch diese schematische Ordnung vermochte indessen Zweifelsfälle nicht auszuschliessen und konnte zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. So bestand eine erhebliche Unsicherheit etwa darüber, ob der Schutz des Abzahlungsrechts einem Rentner gewährt werden könne, dem eine Soft-Ice-Maschine angedreht worden war. oder einem Studenten, der sich auf den Kauf eines Spielautomaten eingelassen hatte. Der Entwurf beschränkt daher die Ausnahmeregelung auf Fälle, in denen ein Kaufmann oder ein hauptberuflich Selbständigerwerbender Anschaffungen auf Abzahlung tätigt, 535 '

die mit seiner konkreten Geschäftstätigkeit in offenkundigem Zusammenhang stehen. Beim Kauf typischer Konsumgüter oder anderer Gegenstände, die keinerlei betriebsbedingte Funktionen haben, ist das Abzahlungsrecht somit unabhängig von der kaufmännischen Erfahrung des Erwerbers in vollem Umfang anwendbar - sofern der Käufer es nicht vorzieht, bar zu bezahlen oder seine Schuld in höchstens zwei Raten nach Absatz l zu tilgen. Aber auch da, wo es sich eindeutig um eine Investition im Rahmen eines Betriebs, Gewerbes oder einer sonstigen Berufsausübnng handelt (unter Umständen also auch bei einem Leasing-Vertrag im Sinne von Art. 226a Abs. 1), bleibt - wie schon im geltenden Recht - die Anwendung der besonderen Schutzbestimmungen für den Verzugsfall vorbehalten.

Vollständig fallengelassen wurde die nach dem geltenden Artikel 226a Absatz 2 OR für nicht gewerbsmässig abgeschlossene Verträge vorgesehene Erleichterung des Vertragsabschlusses hinsichtlich Form und Inhalt. Sie war praktisch bedeutungslos, und ein erweitertes Privileg, wie es die Expertenkommission befürwortete, hätte Umgehungsgeschäfte durch Einschaltung von Strohmännern begünstigen können.

221.202 Vorschriften über den Vertragsabschluss Zu den wichtigsten Anliegen des Verbraucherschutzes gehört auch im Bereich des Konsumkredits die Verhinderung übereilter und unüberlegter Vertragsabschlüsse, bei denen der Kunde sich nicht klar und bewusst Rechenschaft über die übernommenen Verpflichtungen und die ihm zustehenden Rechte abgibt. Diese Erkenntnis hatte bereits die Gesetzgebung von 1962 massgeblich bestimmt. Der Entwurf hält sich weitgehend an jenes Vorbild, strebt aber eine Präzisierung, einen Ausbau und eine Verschärfung der bisherigen Regelung an.

Artikel 226c: Form und Inhalt des Vertrags, Zustimmung mitverantwortlicher oder mitbetroffener Personen Absatz l regelt neben dem beibehaltenen Schriftlichkeitserfordernis die Anforderungen an den Vertragsinhalt, die aber im Gegensatz zu den stark kritisierten Empfehlungen der Expertenkommission nicht reduziert und gestrafft, sondern im Interesse grösserer Transparenz erweitert und verdeutlicht werden. Insbesondere werden genauere Angaben über die Kreditbedingungen verlangt, indem der Teilzahlungszuschlag nicht mehr bloss in einem Frankenbetrag, sondern unter Angabe des kontokorrentmässig auf den
mittleren Verfall zu berechnenden Jahreskostensatzes auszuweisen ist. Dieser darf im übrigen den vom Bundesrat für entsprechende Kleinkredite festgesetzten Höchstsatz nicht übersteigen; auch wenn solche Fälle in der Praxis selten auftreten, scheint es im Interesse einer einheitlichen Ordnung des Konsumkredits angezeigt, dieses Wucherverbot auch für Abzahlungsgeschäfte zu konkretisieren. Der Begriff des Teilzahlungszuschlags wird ferner dahin präzisiert, dass er sämtliche geldwerten Leistungen umfasst, die der Käufer über den Barkaufpreis hinaus zu erbringen hat, wie sich aus der Umschreibung des Gesamtkaufpreises ergibt. Eine besondere Kategorie «anderer dem Käufer obliegender Leistungen» im Sinne der bisherigen Ziffer 6 von Artikel 226a Absatz 2 OR gibt es nicht mehr. Auch die Höhe der Anzahlung muss nach dem Entwurf in Franken und in Prozenten des Barkaufpreises angegeben 536

werden, so dass die Einhaltung der Vorschrift über die Mindestanzahlung leichter überprüft werden kann; entsprechendes gilt für eine allfällige Anrechnung von an Zahlung akzeptierten Sachwerten, wie beispielsweise bei der Rücknahme eines alten Automobils beim Verkauf eines neuen. Neu ist schliesslich, dass der Vertrag auch einen Hinweis auf das Recht des Käufers enthalten muss, den Vertrag jederzeit durch Barauskauf vorzeitig und gegen entsprechende Ermässigung des Teilzahlungszuschlags zu beenden.

Absatz 2 übernimmt mit einer redaktionellen Verdeutlichung und Erweiterung das schon bestehende Erfordernis der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters zum Vertragsabschluss durch eine Person mit beschränkter oder fehlender Geschäftsfähigkeit. Die von der Expertenkommission unter Hinweis auf die allgemeinen Regeln des ZGB vorgeschlagene Streichung wurde in der Vernehmlassung allgemein abgelehnt. In der Tat bedürfen gerade junge oder behinderte Leute eines besonderen Schutzes ; dies gilt namentlich auch im Hinblick auf die erweiterte Verfügungsmacht von Kindern über ihren Arbeitserwerb, die ihnen durch den neuen Artikel 323 des ZGB in der Fassung vom 25. Juni 1976 eingeräumt wird.

Unverändert beibehalten wurde auch das Zustimmungserfordernis unter Ehegatten für Abzahlungsverpflichtungen von über 1000 Franken (Abs. 3).

In beiden Fällen muss die schriftliche Zustimmung durch Mitunterzeichnung des Vertrags spätestens im Zeitpunkt des definitiven Vertragsabschlusses nach Artikel 226d, d. h. bei Abgabe der Empfangsbestätigung für das erhaltene Vertragsdoppel, erteilt werden. Absatz 4 präzisiert ausserdem. dass diese Zustimmung - im Gegensatz zu einer offenbar verbreiteten Auffassung - keine (solidarische) Mithaftung des Zustimmenden begründet: eine solche bedürfte einer zusätzlichen und ausdrücklichen Vereinbarung durch gesonderte Unterzeichnung des Vertrags.

Artikel 226d: Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ist insbesondere für den Termin der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des Ehegatten (Art. 226c Abs. 4) und für den Beginn der Widerrufsfrist (Art. 226g Abs. 1) von Bedeutung. Die neue Vorschrift bringt eine zusätzliche und zweifache Formälisierung: Einerseits wird nunmehr von Gesetzes wegen verlangt, was in der Praxis bereits unter geltendem Recht weit
verbreitet war, nämlich eine ausdrückliche Bescheinigung seitens des Käufers, dass er ein beidseitig unterzeichnetes Doppel des Vertrags erhalten habe.

Damit ist - zumal beim Vertrag unter Abwesenden - sowohl dem Verkäufer gedient, der nicht mehr damit rechnen muss, dass der Käufer den Erhalt des Vertragsdoppels bestreitet, wie auch dem Käufer, den die Notwendigkeit einer zweiten Unterschrift (auch wegen der Aussergewöhnlichkeit dieses Erfordernisses) zu nochmaliger Überlegung anhalten soll. Zudem muss der Käufer gleichzeitig bescheinigen, den vollständigen Text der gesetzlichen Bestimmungen über den Konsumkredit erhalten zu haben. Auch wenn man sich - angesichts der zahlreichen Fälle von ungelesen unterzeichneten Vertragsformularen - keinen allzu grossen Illusionen über die Wirksamkeit dieser Massnahme hingeben darf, ist dem Konsumenten auf diese Weise doch wenigstens die Möglichkeit gegeben und erleichtert, sich umfassend über seine Pflichten und seine Rechte" zu orientieren und 23 Bundesblatt. 130Jahrg. Bd.II

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namentlich das Widerrufsrecht in voller Kenntnis der Rechtslage auszuüben oder bewusst verwirken zu lassen. Zwar kann ihm damit der «Kampf ums Recht» nicht abgenommen werden, doch können - im Rahmen des zivilrechtlich Vertretbaren -- bessere Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Selbstverständlich steht es dem Verkäufer frei, dem Käufer zur Abgabe dieser Bescheinigung eine angemessene Frist anzusetzen, nach deren unbenutztem Ablauf die Bindung dahinfällt.

Artikel 226e : Sanktionen bei Form- und Inhaltsmängeln Unter dem geltenden Recht gab es nur eine Sanktion. Formmängel oder das Fehlen der Angaben über den Kaufgegenstand, die Höhe der Anzahlung, den Barkaufpreis und den Gesamtkaufpreis sowie des Hinweises auf das Widerrufsrecht des Käufers führten zur Ungültigkeit (Nichtigkeit) des Vertrags ; ebenso die fehlende Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des Ehegatten, wo die entsprechenden Voraussetzungen hiefür gegeben waren. Andere Mängel - Unterlassung der Angaben über den Teilzahlungszuschlag, «andere» Leistungen des Käufers, Höhe und Fälligkeit der Raten, fehlende Bezifferung des Verzugs- und Stundungszinses - waren überhaupt nicht sanktioniert; in Frage gekommen wäre höchstens ein, allerdings recht prekärer, Schadenersatzanspruch des Käufers gegenüber dem Verkäufer unter dem Titel der culpa in contrahendo.

Der Entwurf führt demgegenüber eine differenzierte Sanktionenordnung ein. Sie beruht auf der Überlegung, däss der Verkäufer durch Androhung eines Verlusts eher zu korrekter Vertragsredaktion angehalten werden kann als durch die blosse Nichtigkeit, welche einfach zur Rückabwicklung des Vertrags ohne weitere Folgen führen würde.

Vollnichtigkeit tritt nach Absatz l nur noch ein, wenn die Schriftform nicht eingehalten ist, die Angaben über die wesentlichen Punkte der Grundvereinbarung (Parteien, Vertragsgegenstand, Barkaufpreis) fehlen, der Vertrag den Hinweis auf das Widerrufsrecht des Käufers nicht enthält, der gesetzliche Vertreter oder der Ehegatte nicht zugestimmt hat oder der Vertrag wegen Missachtung von Artikel 226 geltend machen kann, seinerseits ,aber dem Käufer einen zehnprozentigen Jahreszins auf den von diesem bereits geleisteten Zahlungen schuldet, wobei der Beginn dieser Zinspflicht für den Gesamtbetrag der bezogenen Raten einheitlich auf den Tag der Vertragsunterzeichnung durch den Verkäufer zurückbezogen wird.

Betreffen dagegen die inhaltlichen Mängel die Kreditbedingungen (Teilzahlungszuschlag, Gesamtkaufpreis, Anzahlung, Zahl, Betrag und Fälligkeit der Teilzahlungen, Hinweis auf das Barauskaufsrecht), so sieht Absatz 2 hiefür, in Wiederaufnahme der vom Bundesrat bereits in seinem Entwurf von 1960 (Art. 226a Abs. 3) vorgeschlagenen Lösung und in Anlehnung an ausländische Vorbilder (Deutschland, Belgien), lediglich die Kürzung der Ansprüche des Verkäufers auf den Barkaufpreis vor. Damit kann der Vertrag - sofern der Käufer es nicht vorzieht, ihn fristgerecht nach Artikel 226g zu widerrufen - aufrechterhalten bleiben, wobei der Kunde ohne jeden Kreditzuschlag in den Genuss der Ratenzahlung gelangt. Ent538

scheidend ist indessen die präventive Bedeutung der Bestimmung. Die im zweiten Satz vorgesehene Beschränkung der Zahlungsfrist soll analog Artikel 226i verhindern, dass der Käufer allzu lange gebunden bleibt.

Absatz 3 enthält die Sanktion für fehlende oder gesetzwidrige Angaben über den Verzugs- und Stundungszins. Sie besteht darin, dass für diesen Fall der gesetzliche Normalsatz von 5 Prozent nach Artikel 104 Absatz l OR zum Maximalsatz erklärt wird.

Artikel 226f: Nachträgliche Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts oder einer Zession Hier handelt es sich nicht um Mängel des Vertrags im eigentlichen Sinne, da solche Vereinbarungen nicht unbedingt getroffen werden müssen. Es geht aber darum, den Konsumenten vor Verpflichtungen und Belastungen zu schützen, die er beim Vertragsabschluss nicht zu überblicken und entsprechend in Rechnung zu stellen vermochte.

Ist beim Vertragsabschluss ein Eigentumsvorbehalt oder eine Lohnzession oder -Verpfändung nicht vereinbart worden, so kann der Käufer nach Absatz l damit im Gegensatz zum geltenden Recht - nachträglich nicht mehr belastet werden.

Ebenso ist - abweichend von den allgemeinen Regeln über die Forderungsabtretung - eine nachträgliche Zession der Kaufpreisforderung ohne mindestens stillschweigende Zustimmung des Schuldners nicht mehr möglich, sofern der Verkäufer sich das Recht dazu nicht schon beim Vertragsabschluss ausdrücklich vorbehalten hatte (Abs. 2).

' Artikel 226g: Widerrufsrecht Das Widerrufsrecht, bisher unter der Bezeichnung «Verzicht» in Artikel 226c OR geregelt, ist ebenfalls neu konzipiert und ausgebaut. Zunächst dogmatisch, indem es nun wieder (wie schon im bundesrätlichen Entwurf von 1960) beim richtigen Namen genannt und nicht mehr künstlich als aufschiebende, sondern seinem Zweck entsprechend als auflösende Bedingung gestaltet wird. Geht es doch in Wirklichkeit darum, dem Käufer, der während der Bedenkfrist doch noch zum Schluss kommt, er habe sich auf ein Geschäft eingelassen, das er eigentlich nicht wollte oder durch das er in Schwierigkeiten geraten könnte, das Recht zum «Aussteigen» zu geben. Dass damit der Grundsatz «pacta sunt servanda» im strikten Sinn durchbrochen wird, vermochte auch die bisherige Konstruktion nicht zu vermeiden. Ausschlaggebend aber ist die Einsicht, dass jenes eiserne Prinzip des Vertragsrechts nur dann
volle und materiell begründete Geltung beanspruchen kann, wenn die zu haltende Verpflichtung aus überlegtem und frei gebildetem Entschluss heraus eingegangen worden ist.

; : Absatz l legt in diesem Sinne den Grundsatz des Widerrufsrechts sowie die Form und Befristung seiner Ausübung fest. Für die Erstreckung dieser Frist von fünf auf sieben Tage war die Überlegung wegleitend, dass damit einheitlich eine einwöchige Bedenkfrist für alle Verträge gewährt werden kann, gleichgültig, an welchem Wochentag sie abgeschlossen werden. Bereits unter dem geltenden Recht verlängerte sich nämlich die 5-Tage-Frist aufgrund von Artikel 78 Absatz l OR in Verbindung mit dem Gesetz über den Fristenlauf an Samstagen auf sieben bzw.

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sechs Tage, je nachdem, ob der Vertrag an einem Montag oder Dienstag abgeschlossen wurde. Im übrigen ist erwünscht, dass die Frist in jedem Fall ein Wochenende einschliesst, das die Möglichkeit zu gründlicher Überprüfung des Vertrags bietet. Die Bestimmung stellt ausserdem im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis (BGE 92 III 34) klar, dass dem Käufer die volle Bedenkfrist gewahrt werden muss, dass er also den Vertrag bis zum letzten Postabgang des siebenten Tages jederzeit widerrufen und damit unter Umständen auch auf einen schon vorher ausgesprochenen - und nach der neuen Regelung unwirksamen - Verzicht zurückkommen kann. Dieser Gedanke ist übrigens auch in Absatz 4 weitergeführt, der einen Verzicht durch konkludentes Verhalten (wie bisher nach Art. 226c Abs. 2 OR möglich) prinzipiell ausschliesst.

Die Vorschriften über die Wahrung der Frist durch Postaufgabe der Widerrufserklärung und über das Verbot jeglicher Entschädigungsfolge (Abs. 2 und 3) sind lediglich redaktionell überarbeitet und präzisiert.

Neu ist dagegen Absatz 4, der nicht nur den konkludenten Verzicht auf den Widerruf durch Benützung der bereits empfangenen Kaufsache ausschliesst, sondern generell darauf hinwirken will, dass keine Lieferung vor Ablauf der Bedenkfrist erfolgt. Eine Ausnahme davon soll nur in Fällen dringenden Bedarfs auf besonderen und ausdrücklichen Wunsch des Kunden gemacht werden, wofür der Verkäufer die Beweislast trägt. Nur dann hat er nämlich auch - in Abweichung von Absatz 3 - Anspruch auf eine minimale Entschädigung bei Widerruf, die höchstens 10 Prozent der Mindestanzahlung betragen kann. Das Abstellen auf die Anzahlung ergibt sich daraus, dass die Sache nach Artikel 2267; Absatz l nur gegen Leistung der gesetzlichen Mindestanzahlung überhaupt geliefert werden darf, was erlaubt, ein allfälliges Benützungsentgelt auf einfache Weise durch Verrechnung geltend zu machen und zurückzubehalten.

In Übereinstimmung mit Absatz 3 von Artikel 226/z hat der Verkäufer dann keinen Anspruch auf dieses Entgelt, wenn die Lieferung ohne gleichzeitige oder vorherige Anzahlung erfolgte. In gleicher Weise gilt ein allfälliger Schadenersatzanspruch des Verkäufers wegen Beschädigung oder Verlustes der verfrüht gelieferten Kaufsache immer im Umfang der gesetzlichen Mindestanzahlung als getilgt, unabhängig davon, ob er diese
Anzahlung tatsächlich empfangen hat oder nicht (Abs. 5).

Es versteht sich von selbst, dass der Verkäufer auf sein Entschädigungsrecht zugunsten des Käufers verzichten kann, so dass diese neue Bestimmung keinen Einfluss auf die Gepflogenheiten des Versandhandels zu haben braucht. Hingegen wurde darauf verzichtet, für den Versandhandel generell eine Ausnahme vom Widerrufsrecht zu statuieren, wie das gewisse ausländische Erlasse vorsehen (z. B.

das deutsche Abzahlungsgesetz und der EG-Richtlimenentwurf). Das übliche Rückgaberecht wird dadurch nicht betroffen; es eröffnet dem Versandkäufer lediglich eine zusätzliche Möglichkeit, sich vom Vertrag zurückzuziehen, indem dessen definitives Zustandekommen ausser von der Nichtausübung des Widerrufsrechts auch noch davon abhängig gemacht wird, dass der Kaufgegenstand nicht fristgerecht zurückgesandt wird. Einer solchen, für den Abzahlungskäufer vorteilhafteren, Vereinbarung steht die gesetzliche Regelung nicht im Wege.

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221.203 Anzahlungsgebot und Beschränkung der Vertragsdauer Zu den wichtigsten Schutzvorschriften gehörten bereits im geltenden Recht (Art. 226rf OR) die Regeln über die Mindestanzahlung und die zeitliche Beschränkung des Abzahlungsvertrags. Die Anzahlung ist einerseits Zahlungsfähigkeitstest für den Käufer und anderseits Kriterium einer gesunden Kreditauslese für den Verkäufer. Sie ermässigt somit für beide Parteien das Kreditrisiko. Die Begrenzung der Vertragsdauer will eine übermässige zeitliche:Bindung des Kreditnehmers verhindern, die sich durch auflaufende Zinsen und Kosten wie auch wegen der mit zunehmender Dauer wachsenden Unsicherheit über die Entwicklung der allgemeinen und individuellen wirtschaftlichen Situation verhängnisvoll auswirken kann. Ausserdem zwingt die zeitliche Limitierung zur Festsetzung angemessener Monatsraten, was wiederum die vernünftige Kreditauswahl begünstigt. Beide Massnahmen haben also zugleich Warn- und Schutzfunktion.

Artikel 226h: Mindestanzahlung Die neue Regelung soll auf dem Fundament der bisherigen die Warnung verschärfen und den Schutz des Teilzahlungskäufers verstärken. Zu diesem Zweck wird in Absatz l zunächst die Mindestanzahlung von bisher 20 auf 30 Prozent des Barkaufpreises erhöht. Damit ist eine gewisse Garantie dafür gegeben, dass die Verpflichtung umfangmässig in einem für den Schuldner überblickbaren Rahmen bleibt.

Im Gegensatz zum Vorentwurf der Expertenkommission verzichtet der Entwurf darauf, für bestimmte Konsumgüterkategorien verschärfte oder privilegierende Ansätze vorzusehen, die das System komplizieren und den Anschein einer rechtsungleichen Behandlung verschiedener Branchen erwecken können. Immerhin soll der Bundesrat im Rahmen seiner Verordnungskompetenz (Abs. 2) unter dem Gesichtspunkt des Sozialschutzes - auf den er jetzt ausdrücklich verpflichtet wird gewisse Differenzierungen vornehmen und strengere Bedingungen gegebenenfalls nur für einzelne Bereiche festlegen können, in denen die Problematik des Abzahlungskredits besonders akut in Erscheinung tritt.

Die Frage, ob der Bundesrat überhaupt noch ermächtigt sein sollte, die gesetzlichen Ansätze auf dem Verordnungswege zu modifizieren und veränderten Verhältnissen anzupassen, war in der Expertenkommission umstritten. Indes stiess der Mehrheitsvorschlag, im Gesetz selber invariable
Ansätze zu fixieren und damit jeden konjunkturpolitischen «Missbrauch» der Modifikationskompetenz zu unterbinden, im Vernehmlassungsverfahren auf verbreitete Kritik, selbst aus Kreisen, die sonst alles andere als «interventionistisch» eingestellt sind. Jedenfalls überwog deutlich die Auffassung, sozial- und konjunkturpolitische Voraussetzungen und Auswirkungen der Konsumkreditordnung Hessen sich nicht mit der Schärfe auseinanderhalten, wie dies die Experten anzunehmen schienen ; vielmehr stünden beide Gesichtspunkte in zwangsläufigem Zusammenhang, indem sich der Schutzgrad automatisch auf das Konsum- und Kreditinteresse der Verbraucher auswirke, wie anderseits konjunkturelle Massnahmen zur Drosselung oder Ankurbelung des Verbrauchs gleichzeitig die soziale Problematik des Konsumkreditwesens milderten oder verschärften. Der Entwurf übernimmt daher grundsätzlich die bisherige Lösung, die dem Bundesrat innerhalb eines bestimmten Rahmens eine Anpassung gestattet, ohne dass deswegen die gesamte Gesetzgebungsmaschi541

nerie in Gang gesetzt werden muss. Dabei werden aber die gesetzlichen Anforderungen im Entwurf als Mindestansätze betrachtet, die selbst in Perioden stagnierender oder rückläufiger Wirtschaftsentwicklung im Interesse eines wirksamen Sozialschutzes nicht gelockert werden dürfen. Verstösse gegen das Anzahlungsgebot werden - wie bisher - zivilrechtlich mit dem Verlust der Ansprüche des Verkäufers auf den bei Lieferung (oder Beginn der Dienstleistung) nicht bezahlten Teil der Anzahlung sanktioniert (Absatz 3). Dazu kommen strafrechtliche Sanktionen (Art. 332to StGB).

Ferner gilt als Bezahlung nach dem Entwurf grundsätzlich nur noch Barzahlung.

Damit sollen Umgehungsgeschäfte verhindert werden, mit denen sich der Kreditnehmer dem Ausweis über ein Minimum an effektiv verfügbaren eigenen Mitteln entziehen könnte. Eingeschränkt wird dieses Barzahlungsgebot allerdings in dem Sinne, dass die Anzahlung ganz oder teilweise in Form von Sachwerten erbracht werden kann, sofern diese einen objektiv bestimmbaren Verkehrswert aufweisen.

Die genaue Bezifferung dieses Anrechnungswertes ist in den schriftlichen Vertrag aufzunehmen (Art. 226c Abs. l Ziff. 6), was die Kontrolle erleichtert. Mit diesem Vorbehalt ist den Bedürfnissen der Praxis, namentlich im Automobilhandel, Rechnung getragen; er drängt sich auch deshalb auf, weil ein striktes Verbot der Sachleistung an Zahlungsstatt durch Pro-forma-Käufe oder durch den Einsatz von Strohmännern allzu leicht umgangen werden könnte.

Ungültig ist die Anzahlung schliesslich, wenn der Kreditwürdigkeitstest deshalb nicht taugt, weil der Schuldner dafür fremde Mittel, insbesondere solche aus einem Kleinkredit, einsetzt (Abs. 3, 1. Halbsatz); Voraussetzung für die entsprechende Sanktion ist hier allerdings, dass der Anzahlungsgläubiger von diesem Umgehungstatbestand Kenntnis hatte oder nach den Umständen haben musste.

Artikel 226i: Höchstdauer; Teilzahlungen Die zeitliche Beschränkung des Vertrags ist im Entwurf der Übersichtlichkeit halber in einen eigenen Artikel ausgegliedert worden. Auch hier tritt eine Verschärfung ein, indem die Höchstdauer von bisher 30 auf 24 Monate verkürzt wird (Abs. 1) und vom Bundesrat nur mehr weiter verkürzt, nicht aber verlängert werden kann (Abs. 2).

Das auch hier geltende Barzahlungsgebot richtet sich insbesondere gegen Wechselmassige
Verpflichtungen des Abzahlungsschuldners, durch die ihm die garantierten Einreden (Art. 2261) abgeschnitten und der Barauskauf (Art. 226m) erschwert würden. Deshalb wird dieses implizite Wechselverbot - wie es explizit im neuen englischen Konsumkreditrecht vorgesehen, in Schweden und Belgien vorgeschlagen und in den EG- und OECD-Dokumenten empfohlen wird - ebenfalls strafrechtlich verstärkt (Art. 332ler StGB). Selbstverständlich kann mit diesen Massnahmen der Kreditkonsument nicht vor der Geltendmachung der Wechselforderung durch einen gutgläubigen Dritten geschützt werden, wenn trotz des Verbots ein Akzept ausgestellt und weiter begeben worden ist ; er kann aber den Verkäufer im Umfang des Wechselbetrags aus ungerechtfertigter Bereicherung und darüber hinaus für weiteren Schaden aus unerlaubter Handlung belangen.

Neu ist bezüglich der Abzahlungsraten zur Tilgung der Restschuld ausser dem Barzahlungsgebot in Absatz l auch vorgeschrieben, dass sie in gleich hohen, höchstens einen Monat auseinanderliegenden Beträgen zu leisten sind. Damit 542

werden die Parteien gezwungen, die Teilzahlungen so festzusetzen, dass sie ihre Warnfunktion erfüllen und dem Kunden einen klaren Überblick über die regelmässig erforderlichen, sein Einkommen belastenden Teilsummen vermitteln; Vereinbarungen, nach welchen auf eine Mehrzahl kleinerer'am Schlüsse noch einige überhöhte Raten folgen, die wegen ihrer zeitlichen Entfernung keine Hemmungen auslösen und das Risiko einer Überschreitung der Vertragsdauer erhöhen, sind damit ausgeschlossen. Die Nichtbeachtung dieser Vorschrift würde in Verbindung mit den, Artikeln 226c Absatz l Ziffer 7 und 226e Absatz 2 Ziffer 4 zum Verlust des Anspruchs des Verkäufers auf den Teilzahlungszuschlag führen.

Die Sanktion bei der Überschreitung der gesetzlichen Höchstdauer besteht;|wie bei der Anzahlung, im Verlust des Anspruches des Verkäufers auf den bei Auslaufen der Vertragsdauer ausstehenden Teil der Restschuld (Abs. 3).

Von zentraler Bedeutung ist im Rahmen der vorgeschlagenen Revision der neue Absatz 4 von Artikel 226Ì, der im Zusammenhang mit dem Problem der Überschreitung der Vertragsdauer durch Stundung dem Richter eine umfassende Kontrollfunktion zuweist - eine Konzeption, die sich an der 'namentlich im britischen Konsumkreditrecht zutagetretenden und teilweise auch im EG-Entwurf spürbaren Tendenz orientiert. Ausgangspunkt ist die bereits von der Expertenkommission getroffene Feststellung, dass sich die bisherige Regelung von Artikel 226d Absatz 3 OR nicht bewährt habe, weil sich der Schuldner kaum je auf die zu seinem Schutz statuierte Ungültigkeit von unzulässigen Stundungsvereinbarungen berufe, sondern sie - selbst unter an Wucher grenzenden Zinsbedingungen - als willkommene Gefälligkeit des Gläubigers betrachte. Die Kommission hatte deshalb in ihren Vorentwurf als zusätzliche Sicherung (nach dem Vorbild des konjunkturellen Dringlichkeitsrechts) eine Betreibungspflicht (richtig: Obliegenheit) des Verkäufers aufgenommen. Diese Lösung stiess in der Vernehmlassung auf wenig Verständnis. Es wurde ihr von der einen Seite übertriebene Strenge vorgeworfen, weil sie den Gläubiger zu rücksichtlosem Inkasso zwinge und damit den Sozialschutz in sein Gegenteil verkehre ; von der anderen Seite wurde bemängelt, die von der Expertenkommission vorgesehene sechsmonatige Karenzfrist zur Einleitung der Zwangsvollstreckung laufe
auf eine kalte Verlängerung der gesetzlichen Höchstdauer um ein halbes Jahr hinaus. Der Entwurf versucht daher, einen neuen Weg aufzuzeigen, für den im wesentlichen die zwei folgenden Erwägungen bestimmend sind : Einerseits muss verhindert werden, dass die gesetzliche Limitierung der Vertragsdauer durch schwer kontrollierbare Zahlungsaufschübe unterlaufen werden kann und sich der Verkäufer durch scheinbares Entgegenkommen auf dem Rücken des Schuldners zusätzliche Gewinne in Form von Stundungszinsen verschafft. Das erfordert eine relativ rigorose Ordnung, welche für den Normalfall die Durchsetzung der zeitlichen Beschränkung sicherstellt, auch wenn dies mit einer gewissen Härte gegenüber dem laxen Schuldner verbunden ist. Der Verkäufer darf daher, will er seiner Ansprüche nicht verlustig gehen, mit der Geltendmachung fälliger Raten nicht zuwarten und muss sie notfalls auch in Betreibung setzen. Anderseits ist dafür zu sorgen, dass in wirklichen Härtefällen, wo keiner der Parteien vorgeworfen werden kann,, sich leichtfertig auf das Kreditgeschäft eingelassen oder um seine zeitgerechte und korrekte Abwicklung nicht gekümmert zu haben, eine konstruktive Lösung gefunden werden kann, sofern begründete Aussicht auf eine 543

Sanierung binnen nützlicher Frist besteht. Diese Aufgabe soll jedoch nach dem Entwurf dem Richter übertragen werden, von dem eine realistischere, objektivere und ausgewogenere Beurteilung der Situation und der Erfolgschancen erwartet werden kann, als wenn der Entscheid - wie bisher - praktisch dem Belieben oder der Willkür des Gläubigers anheimgestellt wird. Sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Zahlungserleichterungen gegeben - unvorhersehbare Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Käufers, verzögerungsfreie Geltendmachung der verfallenen Raten, begründete Aussicht auf Erfüllung - so soll der Richter in der Wahl und Gestaltung der zweckdienlichen Massnahmen weitgehend frei sein.

Dazu gehört auch die Kompetenz, Lohnzessionen entsprechend den konkreten Verhältnissen zu modifizieren (Art. 226k Abs. 2). Beschränkt wird das Ermessen des Richters lediglich im Bezug auf die Dauer der Vertragsverlängerung; er soll dabei nicht über 12 zusätzliche Monate hinausgehen, was der Hälfte der in Absatz l festgelegten gesetzlichen Höchstdauer von 24 Monaten entspricht.

Die vorgeschlagene Lösung ist nicht so neu, wie sie zunächst scheinen mag.

Schon bisher wurde in der Doktrin die Auffassung vertreten, das nach Wortlaut und systematischer Einordnung erst für den Verzugsfall vorgesehene richterliche Stundungsrecht (Art. 226k OR) könne bei sich abzeichnenden Schwierigkeiten bereits vorher beansprucht werden. Der Entwurf hält dies nun explizit fest und räumt die Legitimation zur Geltendmachung des Stundungsbegehrens beiden Parteien ein, weil auch der Verkäufer unter der neuen Regelung ein eminentes Interesse daran hat, sich die Zulässigkeit einer allfälligen Überschreitung der Höchstdauer richterlich bescheinigen zu lassen. Auch ist ihm in Zweifelsfâllen mit einer vorherigen gerichtlichen Abklärung der Frage, ob die Voraussetzungen der Stundung gegeben seien, besser gedient, als wenn man sie erst nachträglich verneinen und damit die Ungültigkeit entsprechender Vereinbarungen feststellen würde. Die vermehrte und erleichterte Einschaltung des Richters, die zusätzlich durch bundesrechtliche Anordnung eines einfachen und raschen Verfahrens begünstigt werden soll, kann im übrigen die erwünschte Nebenwirkung haben, dass bei dieser Gelegenheit allfällige Nichtigkeits- oder Reduktionsgründe bezüglich des
Teilzahlungszuschlags zum Vorschein kommen, die sich zum Vorteil des Abzahlungsschuldners auswirken können.

221.204 Beschränkung der Lohnzession Die Expertenkommission hatte vorgeschlagen, " Lohnabtretungen oder -Verpfändungen jeweils um drei Monate über die konkret vereinbarte Vertragsdauer hinaus gelten zu lassen. Diese Lösung wurde im Vernehmlassungsverfahren verschiedentlich unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit einerseits und des Schutzgedankens anderseits kritisiert. Vereinzelt wurde auch ein vollständiges Verbot der Lohnzession angeregt, und es ist nicht auszuschliessen, dass eine sehr strikte Auslegung des Barzahlungsgebots von Artikel 226?' zum gleichen Ergebnis führen könnte. Eine derart radikale Lösung - wie sie allerdings vom Standpunkt des Sozialschutzes aus konsequent gewesen wäre - ist indessen abzulehnen. Die völlige Unterbindung dieses für breite Bevölkerungsschichten einzigen Sicherungsund Kreditmittels könnte zu einer erheblichen Verteuerung der Konsumkredite Anlass geben, sie damit unverhältnismässig erschweren und sogar weitgehend ver544

unmöglichen. Damit würde die Revision jedoch ihr Ziel verfehlen, das keineswegs darin besteht, dem Konsumkredit den Boden zu entziehen, sondern ihn im Gegenteil durch Bekämpfung seiner Gefahren und Auswüchse auf eine gesunde Basis zu stellen.

Artikel 226k : Zeitliche Begrenzung von Lohnabtretungen und -Verpfändungen Bezüglich der zeitlichen Limitierung (betragsmässig gilt jetzt die allgemeine Schranke des Art. 325 OR) hält sich Absatz l grundsätzlich an die bisherige Rege- ' hing, mit dem Unterschied immerhin, dass die Begrenzung nicht mehr absolut (nach dem geltenden Art. 226e Abs. l OR auf zweieinhalb Jahre seit Vertragsabschluss), sondern unter Bezugnahme auf die nach Artikel 226; Absatz l oder Absatz 2 vorgeschriebene Höchstdauer des Vertrags Testgelegt wird. Da es sich um eine Maximalbegrenzung handelt, steht es den Parteien frei, eine kürzere Gültigkeitsdauer der Abtretung oder Verpfändung - übereinstimmend oder abweichend von der Vertragsdauer - zu vereinbaren; die Parallelität ist also nicht automatisch gewährleistet, dürfte aber angesichts der relativ kurzen Höchstvertragsdauer die Regel bilden. Will sich hingegen der Verkäufer für den Fall der Nichtbezahlung der letzten Raten die Berufung auf die Lohnzession während einer gewissen Karenzfrist über die Vertragsdauer hinaus sichern, so ist er gezwungen, diese gegenüber dem gesetzlichen Maximum entsprechend kürzer anzusetzen - eine durchaus erwünschte Konsequenz.

Auf eine besondere Erwähnung der Abtretung oder Verpfändung von Ansprüchen des Käufers gegen Wohlfahrtseinrichtungen wurde verzichtet, da in der Praxis die meisten Fürsorgeeinrichtungen die Abtretung und Verpfandung der Forderung auf ihre Leistung statutarisch völlig ausschliessen. Eine entsprechende Vorschrift wird voraussichtlich auch ins Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge aufgenommen werden (vgl. auch Art. 331c Abs. 2 OR und Art. 20 Abs. l AHVG). Im übrigen ist daran zu erinnern, dass in analoger Weise die Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen auch dienstvertraglich ausgeschlossen werden kann.

Neu ist in Absatz 2 die besondere Erwähnung der richterlichen Kompetenz, Lohnzessionen und -Verpfändungen vorzeitig aufzuheben, sie zu sistieren, über die gesetzliche Höchstdauer hinaus zu verlängern oder betragsmässig der wirtschaftlichen
Lage des Schuldners anzupassen. Zweck dieser Bestimmung ist es, die Möglichkeiten des richterlichen Eingriffs im Rahmen und unter den Voraussetzungen des Artikels 226z Absatz 4 (Stundungsrecht) mit Bezug auf die in Artikel 226Ä; geregelten Sicherungsvereinbarungen zu konkretisieren.

221.205 Besondere Schutzbestimmungen Hinsichtlich der Einreden des Käufers und seines Rechts, ein Kreditverhältnis durch vorzeitige Erfüllung (Barauskauf) früher als vereinbart zu beenden, übernimmt der Entwurf in den Grundzügen die bisherige Regelung, baut sie jedoch zugunsten des Abzahlungskäufers noch weiter aus. Im wesentlichen geht es bei diesen speziellen Bestimmungen darum, eine Ausnützung des dispositiven Rechts seitens des Verkäufers zu Lasten der schwächeren Vertragspartei zu verhindern 545

und eine möglichst rasche Bereinigung der Situation des Schuldners samt ihren Abhängigkeiten und Risiken zu fördern.

Artikel 2261 : Einreden des Käufers Nach Artikel 126 OR kann der Schuldner auf die Möglichkeit der Verrechnung nach Artikel 120 OR verzichten. Auch der in Artikel 169 OR statuierte Grundsatz, wonach der Schuldner Einreden, die ihm gegen den Zedenten zustehen, auch gegenüber dem Zessionar geltend machen kann, kann vertraglich wegbedungen werden. Entsprechende Klauseln in einem Abzahlungsvertrag können sich für den Käufer verhängnisvoll auswirken. So wird er beim Ausschluss der Verrechnungseinrede namentlich im Rechtsöffnungsverfahren erheblich benachteiligt.

Erst recht können ihm durch Einschaltung eines Drittgläubigers in Verbindung mit einem Einredenausschluss praktisch alle Verteidigungsmittel, die ihm sonst gegen den Verkäufer direkt zustünden, aus der Hand geschlagen werden. Die neue Bestimmung des Entwurfs erklärt den Verrechnungsanspruch des Käufers (Abs. 1) und das Recht zur Geltendmachung seiner Einreden im Zessionsfall (Abs. 2) für «unabdingbar». Damit wird lediglich etwas stärker und einheitlicher das formuliert, was bereits der geltende Artikel 226/ OR mit unterschiedlichen Ausdrücken für die beiden Tatbestände damit meint, dass der Käufer auf die Verrechnung «nicht zum voraus verzichten» kann, bzw. dass seine Einreden bei einer Abtretung der Kaufpreisforderung «weder beschränkt noch aufgehoben» werden können. «Unabdingbarkeit» bedeutet Unbeachtlichkeit eines vertraglich abgegebenen Verzichts. Dagegen bleibt es dem Schuldner selbstverständlich unbenommen, im gegebenen Zeitpunkt de facto auf die Einreden zu verzichten, indem er sie gegenüber der geltend gemachten Forderung nicht erhebt oder ihm Rahmen einer vergleichsweisen Einigung fallen lässt.

Über das bisherige Recht geht nun der Entwurf in Absatz 2 insofern hinaus, als er dem Käufer in einer Art «Durchgriff» das Recht einräumt, allfällige Einreden aus dem Kaufvertrag gegenüber einem Drittgläubiger auch dann zu erheben, wenn dieser nicht die zedierte Kaufpreisforderung, sondern einen ihr nur wirtschaftlich entsprechenden, rechtlich selbständigen, aber vom Verkäufer vermittelten oder in Zusammenarbeit mit ihm zustandegekommenen Anspruch geltend macht - eine Situation, wie sie sich namentlich bei der Kundenfinanzierung
ergeben kann, die ein direktes Darlehensverhältnis zwischen dem Käufer und dem Kreditgeber begründet. Ähnliche Schutzbestimmungen finden sich in etlichen neueren ausländischen Erlassen oder Entwürfen zum Konsumkreditrecht (so in Schweden, Norwegen, Frankreich, Grossbritannien, im EG-Richtlinienentwurf und in den OECDEmpfehlungen), wo zum Teil sogar eine umfassende Solidarhaftung von Verkäufer und Darleiher bei «verbundenen» und «zweckgebundenen» Krediten vorgesehen wird. Das Problem ist allerdings angesichts der in unserer Vorlage gewählten Konzeption einer getrennten Regelung von Abzahlungsgeschäften und Barkrediten nicht gleichermassen aktuell wie in Rechtsordnungen, die von einem einheitlichen Begriff des Konsumkreditgeschäfts ausgehen. Grundsätzlich fällt ein Bardarlehen unabhängig von seiner Zweckbestimmung unter die Vorschriften über den Kleinkredit, und da gemäss dem neuen Artikel 318« aus einem zur Finanzierung eines Abzahlungsgeschäfts gewährten Kleinkredit kein klagbarer Anspruch des Kreditgebers entsteht, würde sich insofern der Vorbehalt besonderer Einreden erübrigen. Immerhin ist denkbar, dass gewisse Drittfinanzierungskombinationen 546

deshalb nicht erfasst werden, weil die Darlehenskosten unter dem für die Qualifikation als Kleinkredit massgebenden Mindestsatz (Art. 318a) angesetzt werden könnten. Auch in einem solchen Fall ist es aber eine blosse Frage der Rechtstechnik, ob die Finanzierung mit einer Abtretung der Kaufpreisforderung gekoppelt oder als reines Darlehensgeschäft aufgezogen wird; und die rechtstatsächliche Entwicklung weist eher auf einen Terrainverlust der Abtretungsvariante hin. Es wäre unangebracht, den Käufer, der sich dieser rechtlichen Subtilitäten regelmässig gar nicht bewusst wird, bei der reinen Darlehenskpnstruktion schlechter zu behandeln. Er soll deshalb seine Einreden hinsichtlich des Zustandekommens des Kaufvertrags, allfälliger Wülensmängel oder Erfüllungsstörungen in gleicher Weise wie gegenüber dem Verkäufer jedem anderen Gläubiger gegenüber geltend machen können, dessen Ansprüche faktisch der Kaufpreisforderung entsprechen und auf einem Zusammenwirken mit dem primär verantwortlichen Lieferanten beruhen.

; Zu präzisieren ist in diesen! Zusammenhange immerhin, dass sich die Unabdingbarkeit nach wie vor nur auf diejenigen Einreden bezieht, die dem Schuldner aufgrund des Vertrags und zwingender Gesetzesvorschriften von Anfang an zustanden. So ist z. B. die vertragliche Beschränkung oder Aufhebung von Gewährleistungsansprüchen 'Oder die Freizeichnung für andere Vertragsverletzungen seitens des Verkäufers weiterhin zulässig und wäre in gleicher Weise auch gegenüber dem Drittgläubiger wirksam. Die Frage, wieweit der Konsument ganz allgemein gegen illoyale und einseitig belastende Klauseln zu schützen sei (etwa im Sinne der Europaratsresolution [76] 47 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen oder des neuen deutschen Gesetzes über die Allgemeinen Vertragsbedingungen), kann nicht im Rahmen dieser Vorlage und isoliert für Kreditgeschäfte beantwortet und gelöst werden.

Artikel 226m : Vorzeitige Erfüllung Nach Artikel 226g des geltenden OR hat der Käufer das Recht, die Restschuld aus einem Abzahlungsgeschäft - entgegen den vertraglich bestimmten Fälligkeitsterminen und der vereinbarten Kreditdauer - jederzeit durch sogenannten «Barauskauf» abzulösen, sofern er hiefür keine Akzepte begeben hat.

Dieser Vorbehalt wird im neuen Artikel 226m fallengelassen, nachdem Wechselmassige Verpflichtungen
durch Artikel 226/ (Barzahlungsgebot) schlechthin ausgeschlossen sind. Im übrigen ist die neue Bestimmung in zwei Absätze aufgegliedert, deren erster den Grundsatz des Rechts auf vorzeitige Erfüllung statuiert (Absatz 1). Durch diese Verselbständigung des Prinzips gegenüber dem in Absatz 2 geregelten. eigentlichen Barauskauf wird im Unterschied zum bisherigen Recht eine beschleunigte Tilgung der Schuld nicht mehr bloss durch einmalige und abschliessende Bezahlung des Gesamtsaldos, sondern auch durch vorzeitige Zahlung eines Teils der Raten oder durch höhere als die vertraglich festgelegten Teilzahlungen ermöglicht. Im Ergebnis wird damit die Regel von Artikel 81 Absatz l OR für den Bereich des Abzahlungskaufs zwingend erklärt.

Hingegen geht aus Absatz 2 hervor, dass der - von Artikel 81 Absatz 2 OR abweichende - Anspruch des Abzahlungskäufers auf einen Diskont weiterhin nur bei einmaliger und vollständiger Tilgung der Restschuld entsteht. In diesem Rahmen erfolgt aber eine Besserstellung insofern, als sich der gesetzliche Minimaldiskont 547

nach dem Entwurf von bisher 50 auf nunmehr 75 Prozent des auf die nicht beanspruchte Kreditdauer entfallenden Teilzahlungszuschlags erhöht. Dadurch kann ein vermehrter Anreiz zur vorzeitigen Ablösung von Konsumkreditschulden geschaffen werden, ohne dass dem Kreditgeber, der seinerseits von Refinanzierungskosten und Buchhaltungsspesen entlastet wird, ein unzumutbarer Nachteil entstünde.

221.206 Verstärkung des Schuldnerschutzes beim Verzug Abzahlungsgeschäfte werden typischerweise und ihrer eigentlichen Bestimmung nach vor allem von Verbrauchern eingegangen, deren wirtschaftliche Verhältnisse entsprechende Anschaffungen gegen Barzahlung nicht gestatten würden. Diese begrenzte Leistungsfähigkeit setzt sie zusammen mit der relativ langen Dauer ihrer Verpflichtungen aus einem Kreditgeschäft und der dadurch bedingten Unsicherheit über die in diesem Zeitraum möglichen Entwicklungen in besonderem Masse der Gefahr aus, mit der Tilgung ihrer Schulden in Rückstand zu geraten.

Anderseits besteht beim Abzahlungshändler und.Kreditgeber angesichts dieses erhöhten Risikos eine natürliche Tendenz, sich im Rahmen des dispositiven Rechts durch entsprechend scharfe Vertragsklauseln abzusichern und seine Ansprüche im Verzugsfall rigoros durchzusetzen. Diese Situation veranlasste bereits den Gesetzgeber von 1911, in den Artikeln 226-228 OR zum Schütze des Schuldners einschränkende Vorschriften hinsichtlich Terminverlust- und Verwirkungsklauseln sowie zur Begrenzung der Ansprüche des Verkäufers bei der Geltendmachung eines Rücktrittsrechts und Eigentumsvorbehalts vorzusehen. Diese im wesentlichen bewährte Ordnung wurde im Gesetz von 1962 in den Grundzügen übernommen und durch detailliertere Bestimmungen über die Voraussetzungen und Folgen des Verzugs ergänzt, die eine zwingende und abschliessende Regelung darstellen. Auch der vorliegende Entwurf begnügt sich mit einem angemessenen Ausbau der bestehenden Regeln, die er ausserdem systematisch etwas deutlicher zu gliedern versucht.

Artikel 226n: Verzugszins Diese neue Bestimmung, die aus den Diskussionen um die parallele Regel beim Kleinkredit entstanden ist, beschränkt den Verzugs- und den Stundungszins auf den für den Teilzahlungszuschlag vereinbarten und nach Artikel 226c Absatz l Ziffern 4 und 10 im schriftlichen Vertrag festzuhaltenden Satz. Es soll damit eine
zusätzliche, konventionalstrafähnliche Belastung des in Verzug geratenen Schuldners durch gelegentlich an Wucher grenzende Zinsen verhindert und der abschliessende Charakter der gesetzlichen Verzugsordnung noch besser gewährleistet werden. Ausserdem hat es der Richter im Rahmen von Artikel 226z Absatz 4 in der Hand, die Zinsbelastung den konkreten Umständen anzupassen.

Artikel 226o: Wahlrecht des Verkäufers In Absatz l wird der Anzahlungsverzug in Übereinstimmung mit dem geltenden Artikel 226A Absatz l OR geregelt und lediglich redaktionell dahin präzisiert, dass der Rücktritt vom Vertrag auch in diesem Falle den unbenutzten Ablauf einer mindestens zweiwöchigen Mahnfrist voraussetzt (bisher Art. 226h Abs. 3 OR).

548

Für den Verzug des Käufers mit den nach der Anzahlung (bzw. nach der Lieferung der Kaufsache) zu leistenden Teilzahlungen statuiert Absatz 2 zunächst den Grundsatz, dass der Verkäufer - sofern nicht die besonderen Voraussetzungen von Absatz 3 gegeben sind - lediglich die Zahlung der ausstehenden Raten (zuzüglich eines allfälligen Verzugszinses) fordern kann.

Erst wenn der Ausstand mit mehreren Raten mindestens 10 Prozent des Gesamtkaufpreises oder, mit einer einzigen Rate, mindestens 25 Prozent dieses Preises ausmacht, kann der Verkäufer nach Absatz 3 die Fälligkeit der gesamten Restschuld herbeiführen oder vom Vertrag zurücktreten, wenn er sich diese Möglichkeiten ausdrücklich vorbehalten und den säumigen Schuldner zuvor unter Ansetzung einer Nachfrist von mindestens zwei Wochen gemahnt hat. Soweit hält sich die Vorschrift im Rahmen des bisherigen Artikels 226h Absatz 2 OR. Neu ist der Vorschlag, dass das Wahlrecht des Verkäufers zwischen Einforderung der Restschuld und Rücktritt vom Vertrag in jedem Fall mit seiner Ausübung konsumiert sein soll. Das war zwangsläufig schon bisher der Fall, wenn sich der Verkäufer für die Rücktrittsvariante entschloss. soll aber künftig auch umgekehrt gelten: beruft er sich auf die Terminverlustklausel, so ist damit ein späterer Rücktritt ausgeschlossen. Auf diese Weise kann das für den Schuldner ausserordentlich belastende Ergebnis vermieden werden, dass er zunächst für den Restkaufpreis betrieben und ausgepfändet wird und der Gläubiger dann erst noch, wenn er nicht vollständig befriedigt wurde, den Rücktritt erklärt und den Kaufgegenstand zurücknimmt.

Umstritten war von jeher die Frage, ob dem Verkäufer der Rücktritt auch dann noch offenstehen sollte, wenn der Schuldner sich nur noch mit der letzten Rate im Verzug befindet. Das geltende Recht bejahte sie aus der Überlegung heraus, dass die gegenteilige Lösung unkorrekte Käufer dazu ermuntern könnte, auf eine Vorzugsbehandlung bei der letzten Rate zu spekulieren, und dem Verkäufer Verluste zufügen könnte, die letztlich auf die zahlungswilligen Kunden überwälzt würden. Ein Vorschlag, die letzte Rate trotzdem - allenfalls unter Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs - zu privilegieren, wurde auch in der Expertenkommission deutlich verworfen, in der Vernehmlassung aber verschiedentlich wieder aufgegriffen. Der Entwurf
wählt daher in Absatz 4 eine Mittellösung, indem er den1 Rücktritt beim Verzug mit der letzten Rate zwar weiterhin zulässt, dafür aber einen speziellen vertraglichen Vorbehalt und die Ansetzung einer verlängerten Mahnfrist von minimal einem Monat verlangt, während welcher der Käufer die Rückabwicklung des Vertrags durch Tilgung der Restschuld abwenden kann. Im übrigen dürften aufgrund, der Vorschrift von Artikel 226/ Absatz l, wonach die nach der Anzahlung verbleibende Restschuld in gleich hohe Raten aufzuteilen ist, Verzüge mit der letzten Teilzahlung eher seltener als bisher vorkommen.

Artikel 226p : Ansprüche des Verkäufers beim Rücktritt Hinsichtlich der Wirkungen eines Rücktritts des Verkäufers nach Lieferung der Kaufsache ergeben sich gegenüber dem geltenden Recht (Art. 226; Abs. l OR) keine materiellen Änderungen. Das Grundprinzip der Rückabwicklung des Vertrags ist in Absatz l festgehalten und lediglich durch den Vorbehalt abweichender richterlicher Anordnungen im Sinne von Artikel 226z' Absatz 4 (bisher Art. 226fc OR) ergänzt.

549

Absatz 2 zählt abschliessend die Ansprüche auf, die dem Verkäufer neben dem Herausgabeanspruch als Vergütung und Entschädigung für den Gebrauch der Sache zustehen. Auch in diesem Punkt ändert sich grundsätzlich nichts gegenüber dem geltenden Recht; insbesondere bleibt es - entgegen dem in der Vernehmlassung überwiegend negativ kommentierten Antrag der Expertenkommission dabei, dass «Mietzins» und Entschädigung das auf den Abzahlungskauf bezogene Erfüllungsinteresse nicht übersteigen können (BGE 62 II 30 und Art. 226; Abs. l, Schlussatz, des geltenden OR). Nicht ausdrücklich gesagt, aber selbstverständlich ist, dass im Falle eines Rücktritts nach der Lieferung der Betrag der gesetzlichen Mindestanzahlung auf die Ansprüche des Verkäufers unabhängig davon anzurechnen ist, ob er den entsprechenden Betrag tatsächlich erhalten hat oder nicht (vgl. Art. 226g Abs. 5).

Auf Dienstleistungsverträge, soweit sie dem Abzahlungsrecht unterstellt sind oder unterstellt werden könnten, sind die auf den Kauf zugeschnittenen Verzugsbestimmungen nicht ohne weiteres übertragbar. Eine sinngemässe Anwendung würde bedeuten, dass ein Rücktritt des Dienstleistungsschuldners, nachdem er bereits mit der Arbeitsleistung begonnen hat, im wesentlichen nach den für den Werkvertrag (Art. 377 OR) oder den Auftrag (Art. 404 und 402 OR) geltenden Regeln zu behandeln wäre. Während aber beim Auftrag ohnehin der jederzeitige Widerruf seitens des Auftraggebers zulässig ist und der Beauftragte in diesem Falle - unter dem Vorbehalt der «Unzeitigkeit» - nicht mehr als den Ersatz seiner bisherigen Aufwendungen und Auslagen beanspruchen kann, müsste beim Werkvertrag der Anspruch des Unternehmers auf «volle Schadloshaltung» entsprechend dem Sozialschutzzweck des Abzahlungsrechts angemessen, d. h. unter Berücksichtigung allfälliger besonderer Investitionen und eines pro rata kalkulierten Beitrags an die Generalunkosten, aber ohne besonderen Gewinnzuschlag, bemessen werden. Nach analogen Überlegungen wäre zu verfahren, wenn im Rahmen eines «Abzahlungs-Auftrags» ein Schadenersatzanspruch wegen Unzeitigkeit des Widerrufs geltend gemacht würde.

Absatz 3 entspricht dem heutigen Artikel 226z' Absatz 2 OR und regelt den Anspruch des Verkäufers, der vor der Lieferung der Kaufsache, d. h. wegen Verzugs des Käufers mit der Anzahlung, vom Vertrag
zurücktritt. Hier wurde der Vorschlag der Expertenkommission übernommen, diesen Anspruch zu vereinfachen und zu beschränken : er ist fortan - ohne Unterscheidung nach Kapitalzins, Wertverminderung und Konventionalstrafe - auf maximal 10 Prozent des Barkaufpreises begrenzt.

Artikel 226g: Kürzung des Teilzahlungszuschlags beim Terminverfall Diese Bestimmung ist neu; sie lehnt sich an die von der Expertenkommission für den parallelen Tatbestand beim Kleinkredit entwickelte Regel an und statuiert einen gesetzlichen Diskont auf den Teilzahlungszuschlägen, denen wegen der vorzeitigen Kapitalrückholung kein effektiver Kredit mehr entspricht. Das Prinzip ist dasselbe wie beim Barauskauf, wobei jedoch im Verzugsfall dem Umstand, dass der Käufer eine Vertragsverletzung zu vertreten hat, durch entsprechende Reduktion des Diskontanspruchs auf 50 (statt 75) Prozent des restlichen Teilzahlungszuschlags Rechnung getragen wird. Im gleichen Sinne wird vorgeschrieben, dass Verzugszinsen vom Zeitpunkt der Fälligkeit der Restschuld an nur noch auf der diskontierten Forderung berechnet werden dürfen.

550

221.207 Die Garantie der ordentlichen Gerichtsbarkeit Artikel 226r : Verbot von Gerichtsstands- und Schiedgerichtsklauseln Diese Bestimmung bringt eine lediglich redaktionell modifizierte Fassung der bisher in Artikel 2261 OR verankerten Ungültigkeit vertraglicher Klauseln, durch die der Abzahlungskäufer im voraus darauf verzichten würde, sich auf den Wohnsitzgerichtsstand im Sinne von Artikel 59 Absatz l BV zu;berufen und Streitigkeiten aus dem Abzahlungsgeschäft vom ordentlichen staatlichen Richter beurteilen zu lassen. Es handelt sich dabei um einen klassischen Fall von Formularvertragsklauseln, die im Rahmen;einer am Gebot von Treu und Glauben orientierten Auslegung unter dem Gesichtspunkt der Ungewöhnlichkeit zu prüfen sind und gegenüber welchen sich daher auch ein besonderer Schutz des Abzahlungskäufers rechtfertigt.

221.3

Vorauszahlungskauf und verwandte Geschäfte

Anders als im Bereich der eigentlichen Kpnsumkreditgeschäfte hat sich die Situation bei den Sparverträgen unter dem geltenden Recht so gründlich normalisiert, dass sich allein für diese Kategorie eine Revision jedenfalls nicht aufgedrängt hätte. Soweit derartige Geschäfte - etwa in der Möbel- und Aussteuerbranche überhaupt noch abgeschlossen werden, hält man sich an die gesetzlichen Vorschriften. Umgehungsgeschäfte und Missbräuche sind selten; die Gerichte haben sich mit den Artikeln 227aff des OR kaum mehr zu befassen. Aufgrund dieser Lagebeurteilung hatte sich denn auch die Expertenkommission damit begnügt, einige redaktionelle Verbesserungen und einzelne geringfügige materielle Änderungen vorzuschlagen, welche vor allem der Kongruenz mit dem revidierten Abzahlungsrecht und einer Anpassung an die Bankengesetzrevision vom l I.März 1971 dienen sollten. Auch im Vernehmlassungsverfahren wurde diesen Retouchen keine grosse Beachtung zuteil.

Die nochmalige Überprüfung der geltenden Regelung, insbesondere unter dem Gesichtspunkt grösstmöglicher Übereinstimmung mit dem modifizierten Abzahlungsrecht, hat nun aber doch ergeben, dass gewisse Korrekturen und Präzisierungen dazu beitragen könnten, die Überblickbarkeit, Verständlichkeit und systematische Kohärenz der einschlägigen Normen zu verbessern, wenn sich dazu schon Gelegenheit bietet. Es ist auch nicht von vorneherein auszuschliessen, dass der Vorauszahlungsvertrag in Zeiten abflauender Inflation wieder an Attraktivität gewinnen könnte.

Hauptanliegen des Entwurfs ist es, die wesentliche Unterscheidung zwischen längerfristigen und kurzfristigen Verträgen, die im geltenden Recht erst in Einzelproblemlösungen in Erscheinung tritt (Art. 2270, 227d, 227f, 227g Abs. 2.und 221h Abs. 2 und 3 OR), grundsätzlicher und deutlicher herauszuarbeiten.

221.301 Begriff und Geltungsbereich Artikel 227: Begriff .

, Der Begriff des Vorauszahlungskaufs wird in'strikter1 Entsprechung zu jenem des Abzahlungskaufs (Art. 226) umschrieben. Es bleibt also insbesondere auch dabei, 551

dass die Vorausraten als Abschlagszahlungen dem Verkäufer als Gläubiger geschuldet sind, unabhängig davon, ob er - wie beim unterjährigen Vertrag direkte Zahlung an sich selber fordern oder lediglich - wie beim überjährigen oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Vertrag - Einlagen auf das Sparkonto des Käufers bei der als Treuhänderin fungierenden Bank verlangen kann.

Artikel 227a: Geltungsbereich Hinsichtlich des Geltungsbereichs der Schutznormen ist zunächst auf Artikel 228 Absatz l zu verweisen, der nunmehr ausdrücklich festhält, dass die Bestimmungen über die Ausdehnung des Geltungsbereichs beim Abzahlungskauf (Art. 226a) auf den Vorauszahlungsvertrag sinngemäss anwendbar sind. Diese Analogie war, was namentlich die Generalklausel (Art. 226ö Abs. 1) und die im Entwurf jetzt speziell erwähnten unechten Sukzessivlieferungsgeschäfte (Art. 226a Abs. 2) anbelangt, schon bisher von der Doktrin anerkannt (Stofer, Kommentar 214). Dasselbe muss grundsätzlich für die Erfassung allfälliger, nach dem Vorauszahlungsmodus gestalteter Dienstleistungsverträge (Art. 226a Abs. 3) gelten; auch hier wäre also der Bundesrat ermächtigt, eine ganze oder teilweise Unterstellung unter das Teilzahlungsrecht anzuordnen, sofern sich (einstweilen nicht erkennbare) Anhaltspunkte für das Aufkommen solcher Vereinbarungen und ein entsprechendes Sozialschutzbedürfnis ergeben sollten.

Artikel 227a selbst kann sich somit darauf beschränken, den unmittelbaren Anwendungsbereich der Vorschriften über den Vorauszahlungskauf abzustecken, wobei der Entwurf versucht, eine etwas detailliertere Abgrenzung der schutzbedürftigen Vorauszahlungsverhältnisse unter Berücksichtigung der Verschiedenheiten zwischen längerfristigen oder nicht eindeutig befristeten Verträgen einerseits und kurzfristigen, d. h. auf höchstens ein Jahr abgeschlossenen Verträgen anderseits vorzunehmen. Entscheidend für die Zuweisung zur einen oder anderen Kategorie ist der Zeitpunkt der abschliessenden Erfüllung des Vertrags durch den Sach- (allenfalls auch Dienst-)leistungsschuldner, d. h. der Zeitpunkt der Lieferung, der nicht ohne weiteres mit dem Ablauf der - von Gesetzes wegen befristeten - Zahlungspflicht des Sparkäufers zusammenfallen muss (Art. 111k Abs. l, bisher Art. 227g Abs. l OR).

In Absatz l wird nunmehr auch für den Vorauszahlungsvertrag präzisiert,
von welcher Mindestzahl von Raten an die Schutznormen des Teilzahlungsrechts Platz greifen. Bei auf mehr als ein Jahr oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträgen (die unter dem einheitlichen Begriff «überjährige Verträge» zusammengefasst werden) kann schon die Vereinbarung von zwei Raten ein Schutzbedürfnis entstehen lassen, weil der Käufer sich für eine längere oder doch nicht eindeutig absehbare Dauer bindet und damit erhöhte Risiken eingeht (Ziffer l).

Dabei kann es nicht darauf ankommen, ob bei einem Zweiraten-Vertrag die zweite Teilzahlung noch vor, oder Zug um Zug oder kurze Zeit nach Lieferung zu entrichten sein soll, da Artikel 111h die Auszahlung des Kaufpreises grundsätzlich erst bei oder nach der Lieferung zulässt. Bei unterjährigen Verträgen ist dagegen darauf zu achten, dass relativ verbreitete und an sich harmlose Zahlungsbedingungen, die z. B. eine Anzahlung bei Vertragsschluss, allenfalls eine weitere Zwischenrate und eine Saldozahlung bei Lieferung vorsehen, nicht ungebührlich erschwert werden. Der Entwurf wahrt deshalb hier die Parallele zum Abzahlungs552

kauf und unterstellt die kurzfristigen Verträge erst dann dem Teilzahlungsrecht, wenn sie auf mehr als drei Monate abgeschlossen und mindestens drei pränumerando zu leistende Raten vereinbart worden sind (Ziff. 2, vgl. Art. 2266 Abs. 1).

In Absatz 2 werden - entsprechend der bisherigen Regelung in Art. 227i OR und der Parallelbestimmung von Art. 226e Abs. 3 - Verträge mit kaufmännischem oder gewerblichem Charakter freigestellt. Da solche Geschäfte in der Praxis äusserst selten sind, drängt sich indessen auch eine nur teilweise Unterstellung - wie beim Abzahlungskauf - hier nicht auf.

221.302 Vorschriften über den Vertragsabschluss Die Situation des Sparvertragsinteressenten ist hinsichtlich des Vertragsabschlusses mit jener des Kreditkäufers weitgehend identisch. Es geht auch hier darum, angemessene Sicherungen gegen Überrumpelung. Übereilung und undurchsichtige Vertragsbedingungen einzubauen. Einzelne abzahlungsrechtliche Vorschriften lassen sich daher ohne weiteres auf den Vorauszahlungsvertrag übertragen, so namentlich die Bestimmungen über den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Art. 226d) und das Widerrufsrecht (Art. 226g) ; hiefür genügen entsprechende Verweisungen in den gemeinsamen teilzahlungsrechtlichen Bestimmungen (Art. 228 Abs. 1). Hingegen scheint es angebracht, das Erfordernis der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des Ehegatten (Art. 226c Abs. 2-4) ausdrücklich zu wiederholen, um jedes Missverständnis über die korrekte Gestaltung des Vertrags auszuschliessen.

Artikel 227b: Form und Inhalt des Vertrags, Zustimmung In den Grundzügen kann das Abzahlungsrecht auch hinsichtlich der Vorschriften über Form und Inhalt des Vertrags als Vorbild dienen. Immerhin erfordert hier die sachgerechte Durchführung der Analogie ein Eingehen auf die Charakteristika des Vorauszahlungsvertrags. Materiell enthält Artikel 2270 Absatz l wenig Neuerungen gegenüber dem geltenden Artikel 227a Absatz 2 OR : sie betreffen einerseits die Angabe des Verzugs- bzw. Stundungszinses (Ziff. 7), anderseits die Aufnahme allfälliger Abreden über eine Lohnzession (oder -Verpfändung) oder eine Abtretung des Kaufpreises, die auch beim Vorauszahlungsvertrag in Betracht kommen könnten (Ziff. 8).

Systematisch neu ist die Zusammenfassung der nur für überjährige Verträge erforderlichen Angaben betreffend Bank, Verzinsung der Einlagen und Kündigungsrecht in einer eigenen und ausdrücklich auf diese besondere Voraussetzung hinweisenden Ziffer (Ziff. 6, Bst.a-c).

Die Absätze 2-4 betreffend die Zustimmung entsprechen wörtlich den Vorschriften von Artikel 226c über denselben Gegenstand.

Artikel 227c: Sanktionen bei Form- und Inhaltsmängeln Auch bei den Sanktionen ist den Eigenheiten der Sparabrede Rechnung zu tragen. Im geltenden Recht zieht die Nichteinhaltung der Form- und Inhaltsvorschriften schlechthin Nichtigkeit nach sich. Diese Strenge erscheint, abgesehen von der schwer zu begründenden Abweichung gegenüber der Ordnung beim Ab553

zahlungskauf, nicht in jeder Hinsicht angemessen. Der Entwurf differenziert daher auch hier nach sachlichen Kriterien.

Vollnichtigkeit ist angebracht, wo die Schriftform als primäres Gültigkeitserfordernis nicht eingehalten oder die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des Ehegatten nicht gegeben wurde; ferner, wenn Hauptpunkte des Vertrags, wie die Bezeichnung der Partner, eines bestimmbaren Vertragsgegenstandes und einer bestimmten Gesamtforderung des Verkäufers fehlen oder mangelhaft sind, oder wenn Angaben fehlen oder mangelhaft sind, denen eine besondere Schutzfunktion zukommt, wie der Hinweis auf das Widerrufsrecht und - bei längerfristigen Verträgen - die Bezeichnung der zur Entgegennahme der Vorauszahlungen befugten Bank; nichtig ist der Vertrag schliesslich, wenn die besonderen Gültigkeitsvoraussetzungen des Artikels 226d (Übergabe des beidseitig unterzeichneten Vertragsdoppels und des Gesetzestextes) nicht erfüllt sind, bzw. wenn die entsprechende Bescheinigung des Käufers fehlt (Abs. 1). Neu ist auch hier ein «Strafzins» zulasten des Verkäufers auf den vom Käufer bereits geleisteten und ihm bei Nichtigkeit des Vertrags zurückzuerstattenden bzw. freizugebenden Vorauszahlungen vorgesehen. Diese Regel gilt sowohl für überjährige wie für unterjährige Verträge; im erstgenannten Fall, wo dem Käufer bereits der Sparzins der Bank zusteht, reduziert sich die Verpflichtung des Verkäufers um den entsprechenden Betrag.

Absatz 2 sanktioniert Mängel in den Angaben, die sich auf die speziellen Modalitäten der Vorauszahlung beziehen. Hier scheint präventiv und repressiv eine Sanktion angezeigt, die es dem Käufer erlaubt, sich auf Kosten des Verkäufers alle Vorteile aus dem Vertrag zunutze zu machen oder sich zumindest ohne jeden Verlust aus seinen Verpflichtungen zu befreien. Demzufolge wird ihm ein Wahlrecht eingeräumt, den Vertrag entschädigungslos zu kündigen oder aber im Werte der bereits geleisteten Vorauszahlungen Waren aus dem gesamten vom Vertrag erfassten Sortiment unter Beanspruchung sämtlicher vertraglich zugesicherter Vergünstigungen zu beziehen. Was insbesondere den Zins anbetrifft, auf welchen der Käufer bei überjährigen oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Verträgen Anspruch hat, so steht ihm dieser selbstverständlich auch bei Ausübung des Kündigungs- oder Bezugsrechts
mindestens in der durch Artikel 221d Absatz l vorgeschriebenen «üblichen Höhe» zu.

Zu beachten ist indessen bei jeder Berufung auf Form- oder Inhaltsmängel nach den Absätzen l und 2 von Artikel 221 c der Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs : Ist der mangelhafte Vertrag durch Austausch von Leistung und Gegenleistung beidseitig erfüllt worden, ohne dass sich der Mangel effektiv auf die Abwicklung des Geschäfts ausgewirkt hat, so würde eine nachträgliche Geltendmachung der Nichtigkeit oder des Kündigungsrechts gegen Treu und Glauben verstossen (vgl.

Stofer Kommentar 184).

Die in Absatz 3 vorgesehene Sanktion bezüglich fehlender oder gesetzwidriger Angaben über den Verzugs- oder Stundungszins (vgl. Art. 2211 Abs. 1) ist der entsprechenden Bestimmung beim Abzahlungskauf (Art. 226e Abs. 3) nachgebildet.

Ein Unterschied besteht - in Anbetracht der veränderten Interessenlage - darin, dass solche Zinsen beim Vorauszahlungskaufmangels korrekter Festsetzung im Vertrag überhaupt nicht gefordert werden können.

554

Nicht speziell erwähnt sind die Rechtsfolgen versäumter Vereinbarungen über Lohnzession oder -Verpfandungen oder über eine Abtretung der Kaufpreisforderung. Artikel 226/wird durch Artikel 228 Absatz l (Gemeinsame Bestimmungen) als auf den Vorauszahluneskauf anwendbar erklärt.

221.303 Schutz des Sparkäufers Artikel 227d: Sicherung der Vorauszahlungen Der Schutz des Käufers gegen den Verlust der vorausbezahlten Beträge bei längerfristigen Verträgen ist ein Hauptanliegen der gesetzlichen Regelung der Vorauszahlungsgeschäfte. Der Entwurf verstärkt diesen Schutz entsprechend dem Vorschlag der Expertenkommission.

Absatz l schreibt nun zwingend die Einzahlung der Vorausraten auf ein Sparkonto bei einer nach Artikel 15 des Bankengesetzes zur Entgegennahme solcher Einlagen berechtigten Bank vor. Die Beschränkung auf eigentliche Sparkonten unter Ausschluss der bisher ebenfalls zugelassenen Depositen- und Einlagekonten - ist durch eine entsprechende Ausweitung der Geschäftstätigkeit namentlich der Grossbanken in den letzten Jahren möglich geworden. Sie bezweckt vor allem, den Vorauszahler in den Genuss des Konkursprivilegs für Spareinlagen kommen zu lassen. Dieses Vorrecht ist durch das revidierte .Bankengesetz (Art. 15 Abs. 5) erweitert worden, indem zusätzlich zur ursprünglichen Vorzugskollokation von 5000 Franken in der 3. Klasse ein weiteres Privileg 4. Klasse bis zum doppelten Betrag eingeführt wurde.

Dem trägt auch Absatz 3 Rechnung : Für den Fall, dass der Käufer seine Zahlungen entgegen der Vorschrift von Absatz l an den Verkäufer selbst oder einen anderen unbefugten Empfänger geleistet hat, geniesst er ihnen gegenüber dieselben Konkursprivilegien, wie sie ihm gegenüber einer Bank im Sinne von Artikel 15 des Bankengesetzes zugestanden hätten. Gegenüber dem geltenden Artikel 2275 Absatz 3 OR ergibt sich eine weitere Abweichung insofern, als auch die Möglichkeit ins Auge gefasst wird, dass der Käufer seine Raten weder an eine berechtigte Bank noch an den Verkäufer selbst leistet, sondern: an einen unbefugten Dritten z. B. an ein nicht zur Entgegennahme von Spareinlagen berechtigtes Finanzinstitut oder einen vom Verkäufer unabhängigen Hersteller oder Lieferanten, eine Verbands-Treuhandstelle und dergleichen. Ausserdem wird, abgesehen von der Frage der Zwangsvollstreckung, deutlicher ausgeführt, worin
die Sanktion bei fehlgeleiteter Zahlung besteht: Der Käufer kann den Vertrag entschädigungslos kündigen und sein Guthaben samt Zinsen herausverlangen, wobei ihm der Verkäufer dafür zusammen mit einem allfälligen Drittempfänger solidarisch haftet.

Absatz 2, der die Aufgabe der Bank als Treuhänderin umschreibt, ist gegenüber dem geltenden Artikel 2276 Absatz 2 OR materiell unverändert.

221.304 Weitere Rechte und Pflichten der Parteien Die Vorschriften über das Bezugsrecht des Käufers, die; Preisbestimmung und die Modalitäten der Kaufpreiszahlung erfahren gegenüber dem geltenden Recht (Art. 111 c-ITIe OR) keine tiefgreifenden Änderungen. Sie werden aber systema555

tisch etwas übersichtlicher geordnet, teilweise gestrafft und durch eine Bestimmung über den Abruf (Art. 227g) ergänzt.

Artikel 227e : Preisbestimmung Die Absätze l und 2 sind lediglich redaktionell überarbeitet.

Dagegen wurde der bisherige Absatz 3 fallengelassen, der abweichende Vereinbarungen für den Fall zuliess, dass sie sich für den Käufer als günstiger erweisen sollten. Eine für den Käufer günstigere Nachforderung im Sinne von Absatz l ist nicht denkbar. Will er dagegen auf eine Preiserhöhung eingehen, weil er dafür einen entsprechenden Mehrwert erhält, so handelt es sich um eine Vertragsänderung, die keiner besonderen Regelung bedarf. Ebenso versteht es sich von selbst, dass Absatz 2 einem günstigeren Angebot als es dort zum Schutz des Käufers vorgeschrieben ist, nicht entgegensteht.

Artikel 227f: Bezugsrecht des Käufers Absatz l stellt den Grundsatz auf, dass der Käufer den Vorauszahlungskauf jederzeit in ein vorzeitiges Bargeschäft umwandeln und die Übergabe der Kaufsache gegen Zahlung des ganzen Kaufpreises verlangen kann. Es handelt sich gewissermassen um das vorauszahlungsvertragliche Gegenstück zum «Barauskauf» beim Abzahlungsgeschäft. Gestrichen wurde der bisherige Vorbehalt der «üblichen Lieferfristen», der sich ohne weiteres aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergibt.

In Absatz 2 wird die missverständliche Formulierung des geltenden Artikels 227c Absatz 2 OR dahin verdeutlicht, dass die Einhaltung der Vorschriften über den Abzahlungskauf nur dann erforderlich ist, wenn die gesamte Kaufsache vor Bezahlung des ganzen Kaufpreises geliefert wird, nicht dagegen in den Fällen von Absatz 1.

Beim Teilbezugsrecht gibt die gegenwärtige Regelung (Art. 227c Abs. 3 OR) zu Zweifeln darüber Anlass, ob solche Vorbezüge auch über den Betrag der bereits geleisteten Vorauszahlungen hinaus, praktisch also auf Kredit, getätigt werden können. Ein derartiger Anspruch des Käufers auf teilweise Umwandlung des Vorauszahlungskaufes in einen Abzahlungskauf stünde indessen in offenem Widerspruch zu den Grundtendenzen des Gesetzes. Der revidierte Absatz 3 verzichtet daher einerseits auf das Erfordernis der Mindestanzahlung im Sinne von Artikel 226h, lässt aber anderseits Teilbezüge nur im Umfang der bereits geleisteten Vorauszahlungen zu, so dass kein Kreditverhältnis entstehen kann. Der Käufer wird
ferner insofern etwas besser gestellt als bisher, als der Sicherheitsrückbehalt des Verkäufers - in Übereinstimmung mit dem Reugeldansatz des Artikels 227z Absatz 4 (bisher Art. 227/Abs. 2 OR) - von 10 auf 5 Prozent der Restforderung reduziert wird.

Artikel 227g: Abruf Diese neu aufgenommene Bestimmung legt ausdrücklich fest, dass der Abruf der Ware erst erfolgen darf, wenn der Käufer den Vertrag vollständig erfüllt hat oder zumindest erfüllungsbereit ist (vgl. Art. 82 OR). Damit kann die Verzugsregelung (Art. 227/) erheblich vereinfacht werden, indem ein Verzug des Käufers nach dem Abruf der Kaufsache ausgeschlossen ist. Vollends entfällt auch die - beim Vor556

auszahlungskauf ohnehin widersinnige - Situation eines Käuferverzugs nach der Lieferung (Art. 227/7 Abs. 4. des gelt. OR).

Artikel 227h : Auszahlung des Kaufpreises Die geltende Bestimmung (Art. Illd OR) wird in zwei Absätze aufgegliedert.

Zum Schutz des Käufers soll der Verkäufer beim langfristigen Vertrag die Auszahlung des Kaufpreises von der Bank erst verlangen können, wenn er seinerseits erfüllt hat. Dieser Grundsatz wird in Absatz I statuiert und dahin verdeutlicht, dass die Bank die Auszahlung erst vornehmen darf, wenn ihr eine Bestätigung des Käufers über den Empfang der Ware (Lieferschein) vorgelegt wird. Auf diese Weise ermöglicht man es dem Käufer, seine Rechte im Fall mangelhafter Lieferung besser zu wahren.

Absatz 2 enthält die Ausnahme, wonach der Käufer bereits beim Abruf der Ware aus seinem Guthaben eine Art Anzahlung zur Deckung allfälliger Beschaffungsoder Lieferungsspesen des Verkäufers freigeben kann. Gegenüber dem geltenden Artikel TLld OR ergibt sich hier eine kleine materielle Änderung aus dem im ganzen Entwurf durchgehaltenen redaktionellen Konzept. Bruchteile einheitlich in Prozenten auszudrücken. Dadurch vermindert sich die vor der Lieferung zugunsten des Verkäufers verfügbare Quote von bisher einem Drittel des Kaufpreises auf 30 Prozent, d. h. um 3 !/3 Prozent.

221.305 Beendigung des Vertrags Artikel 227i: Kündigungsrecht bei längerfristigen Verträgen Diese Bestimmung regelt das Kündigungsrecht des Käufers im wesentlichen gleich wie der bisherige Artikel 227/OR. Sie ist lediglich systematisch etwas anders gegliedert und hinsichtlich der unentgeltlichen Kündigung etwas erweitert.

Absatz l ist unverändert.

In Absatz 2 werden die Ansprüche des Käufers geregelt, die ihm in jedem Falle also unabhängig vom konkreten Kündigungsgrund - zustehen: die Rückerstattung der bereits geleisteten Vorauszahlungen samt den üblichen Bankzinsen im Sinne von Artikel TLld Absatz l.

In Absatz 3 wird die Voraussetzung eines Reugeldanspruchs des Verkäufers negativ formuliert: ein solcher Anspruch besteht nur, wenn der Vertrag «nicht aus wichtigen Gründen» gekündigt worden ist. Der generelle Vorbehalt des wichtigen Grundes anstelle der bisherigen Enumeration von Kündigungsgründen soll es der Rechtsprechung erlauben, weitere Umstände zu berücksichtigen, bei deren Eintritt eine Reugeldforderung
nicht mit dem Schutzzweck des Gesetzes harmonieren würde, z. B. die Nichtverheiratung des Käufers, der einen Aussteuervertrag abgeschlossen hat. die Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland oder der Verlust der Handlungsfähigkeit.

In Absatz 4 werden die in absoluten Beträgen festgelegten Reugeldmaxima im Sinne einer leichten Anpassung an die seit 1962 eingetretene Teuerung etwas angehoben: nämlich von 100 auf 150, bzw. von 250 auf 300 Franken, je nachdem, ob der Vertrag innert Monatsfrist oder später gekündigt worden ist.

557

Artikel 227k : Ablauf der Vertragsdauer Die geltenden Vorschriften über die Dauer der Zahlungspflicht des Käufers und die Beendigung der Leistungspflicht des Verkäufers (Art. 227g- Abs. l und 2 OR) werden in den Absätzen l und 2 mit einer redaktionellen Präzisierung hinsichtlich des Beginns des Fristenlaufs materiell unverändert übernommen.

Neu ist hingegen Absatz!, der einer Anregung verschiedener Firmen entgegenkommt, eine positivrechtliche Regelung für die Beendigung von Verträgen mit «verschollenen» Kunden zu treffen, denen die in Absatz 2 vorgesehene Mahnung nicht zugestellt werden kann. Für diesen Fall der Unerreichbarkeit eines Sparkontoinhabers wird angeordnet, dass der Verkäufer die unbestellbare Mahnung auf Kosten des Käufers veröffentlichen und nach unbenutztem Ablauf einer weiteren dreimonatigen Frist unter Einforderüng des in Artikel 227; Absatz 4 vorgesehenen Reugelds und des Aufwendungsersatzes für eine angemessene Publikation der Mahnung vom Vertrag zurücktreten kann. Der Zweck der Vorschrift erschöpft sich indessen darin, für die Beendigung derart prekärer Verhältnisse eine praktische Lösung zu geben; sie lässt das Verhältnis zwischen dem Kontoinhaber und der Bank unberührt und entscheidet insbesondere auch nicht die in der Literatur kontroverse Frage der Verjährung von Sparguthaben.

221.306 Schutz des Schuldners beim Verzug Die Regelung des Verzugs konnte durch Aufnahme der neuen Bestimmung über den Abruf (Art. 227g-) etwas vereinfacht werden, entspricht aber im übrigen weitgehend derjenigen des geltenden Artikels 227/z OR. Redaktionell wurde sie der Neufassung der Parallelbestimmungen für den Abzahlungskauf (Art. 226o Abs. 2-4) angepasst und, was die Wirkungen eines Rücktritts des Verkäufers betrifft, von Verweisungen entlastet.

Artikel 2271: Voraussetzungen und Wirkungen des Verzugs Absatz l enthält die umfangmässige Beschränkung des Verzugs- und Stundungszinses nach dem Modell von Artikel 226», mit dem Unterschied, dass hier - entsprechend dem geringeren Risiko und Interesse des Vorauszahlungsgläubigers der Normalsatz von 5 Prozent nach Artikel 104 OR zum Höchstsatz erhoben wird.

In Absatz 2 wird wiederum die Regel statuiert, dass der Verkäufer beim Verzug des Käufers grundsätzlich nur die Bezahlung der ausstehenden Vorauszahlungen (zuzüglich eines allfälligen Verzugszinses) fordern kann.

Absatz 3 regelt die besonderen Voraussetzungen, unter denen der Verkäufer auf den Verzug des Käufers durch Rücktritt vom Vertrag reagieren kann, in Übereinstimmung mit dem geltenden Artikel 227h Absatz l OR und in redaktioneller Anpassung an die Parallelbestimmung von Artikel 2260 Absätze 3 und 4 des Entwurfs.

Absatz 4 behandelt diejenigen Fälle, in welchen die Interessenlage bei einer Auflösung des Vertrags durch Rücktritt des Verkäufers derjenigen entspricht, die beim Abzahlungsvertrag vor der Lieferung der Kaufsache, also beim Anzahlungsver558

zug des Käufers, besteht. Dementsprechend wird beim unterjährigen Vertrag die Regel von Artikel 226p Absatz 3 übernommen, wonach der Verkäufer lediglich eine Entschädigung oder Konventionalstrafe von maximal 10 Prozent des Kaufpreises bzw. seiner Gesamtforderung verlangen darf.

Anders verhält es sich beim längerfristigen Vertrag. Nachdem durch Artikel 227g ein Verzug nach Abruf der Kaufsache ausgeschlossen ist, steht dem Vorauszahlungsschuldner stets noch das Kündigungsrecht offen. Demzufolge kann auch beim Verzug die Rechtsfolge keine andere sein als bei der Ausübung des Kündigungsrechts nach Artikel 2111: der Anspruch des Verkäufers beschränkt sich auf das im Rahmen der gesetzlichen Höchstgrenze vereinbarte Reugeld (Absatz 5).

Dass überdies allfällige besondere - über die üblichen Bankzinsen hinausgehende - Vergünstigungen, die dem Käufer im Hinblick auf eine normale Erfüllung des Vertrags gewährt worden waren, an den Verkäufer zurückfallen, ergibt sich aus ihrer (stillschweigend) resolutiv bedingten Natur von selbst ; die ausdrückliche Erwähnung dieser Folgerung bleibt lediglich im Interesse einer möglichst unveränderten Übernahme des bisherigen Textes zur Vermeidung von Missverständnissen stehen.

Aus der in Artikel 228 Absatz l enthaltenen Verweisung auf Artikel 226; Absatz 4 und Artikel 226fc Absatz 2 ergibt sich im übrigen, dass auch beim Vorauszahlungskauf der Richter Stundung oder andere Zahlungserleichterungen gewähren kann. Die Verlängerung der Vertragsdauer wird allerdings beim Vorauszahlungsvertrag, wo die zeitliche Beschränkung viel weniger spürbar ist und der Verkäufer keinen eigentlichen Verlust seiner Ansprüche zu befürchten hat, kaum sehr häufig zur Diskussion stehen. Die sinngemässe Anwendung des Abzahlungsrechts würde grundsätzlich dazu führen, dass die Zahlungspflicht des Käufers um nicht mehr als die Hälfte der gesetzlichen Höchstdauer, beim unterjährigen Vertrag also um höchstens sechs Monate, beim längerfristigen um maximal zweieinhalb Jahre erstreckt werden darf; doch sollte im letzteren Fall nicht ohne Not über die in Artikel 226z Absatz 4 festgelegten zwölf Monate hinausgegangen werden. Das Problem wird vermutlich ohnehin selten aktuell werden, da der Richter dem in Schwierigkeiten geratenen Schuldner regelmässig die Vertragsauflösung durch Kündigung empfehlen wird.

221.4

Einheitliche teilzahlungsrechtliche Bestimmungen

Artikel1228 des Entwurfs enthält wie bisher Artikel 228 OR die Vorschriften über die gegenseitige Anwendbarkeit der Bestimmungen über den Abzahlungs- bzw.

den Vorauszahlungskauf im je anderen Bereich der Teilzahlungsgeschäfte.

Artikel 228: Gemeinsame Bestimmungen In Absatz,!, wo es um die analoge Anwendung der Regeln über den Abzahlungskauf auf Vorauszahlungsgeschäfte geht, ist die Liste der übertragbaren Normen entsprechend der veränderten Konzeption des Abzahlungsrechts erweitert : auf die Vorschriften über die Ausdehnung des Geltungsbereichs (vgl. die einleitenden Bemerkungen zu Art. lila in Ziff. 221.301), über den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, die nachträgliche Vereinbarung einer Lohnabtretung oder -verpfän559

düng und die nicht vertraglich vorbehaltene Abtretung der Kaufpreisforderung sowie über die richterlichen Befugnisse zur Modifikation des Vertrags (vgl. dazu aber die Schlussbemerkungen zu Art. 2211 in Ziff. 221.306).

Die Anwendbarkeit der Vorauszahlungsregeln auf Abzahlungskäufe mit langen Lieferfristen (Abs. 2) bleibt gegenüber dem bisherigen Artikel 228 Absatz 2 OR materiell unverändert.

222

Zweiter Teil: Kleinkredit

222.1

Vorbemerkung: Begriff und Abgrenzungskriterien

Im Rahmen der Vertragstypologie des Obligationenrechts ist der typische Kleinkredit in Form des einmaligen persönlichen Barkredits als Darlehen oder - sofern er als revolvierender Kredit auf einem Krediteröffnungsvertrag im Hinblick auf sukzessive Bezüge beruht - als darlehensähnliches Geschäft zu qualifizieren. Daraus ergibt sich die systematische Einordnung der Kleinkreditvorschriften in den Neunten Titel des Obligationenrechts, anschliessend an dessen Zweiten Abschnitt über das Darlehen. An die Begriffsbestimmung des Darlehens in Artikel 312 OR hat sich demgemäss auch die Legaldefinition des Kleinkredits anzulehnen.

Auf dieser Grundlage ist sodann mittels spezifischer Kriterien der direkt anvisierte Konsum-Kleinkredit einzugrenzen, der den Sozialschutzvorschriften des neuen Rechts zu unterstellen und damit den revidierten Bestimmungen über den Teilzahlungskauf als Ergänzung und Parallele anzupassen ist. Auf die Problematik dieser Abgrenzungskriterien ist bereits im Allgemeinen Teil (Ziff. 123.1 und 132.12) hingewiesen worden. Auch bei der Bearbeitung des vorliegenden Entwurfs standen im wesentlichen folgende speziellen Merkmale zur Diskussion: - die besonderen Modalitäten der ratenweisen Kapitalrückzahlung und Verzinsung (Teilzahlungskriterium) - die relative Bescheidenheit der verfügbaren Kreditsumme (betragsmässiges Kriterium - «Plafond») - die relativ hohen Kreditkosten (Mindestsatzkriterium) - die mangelnde Deckung (Kriterium der fehlenden «banküblichen Sicherheiten») - der konsumtive Verwendungszweck (Konsumkriterium).

Der Entwurf übernimmt für die Umschreibung des Kleinkredits lediglich zwei der fünf zur Auswahl stehenden Kriterien: das Erfordernis eines relativ hohen Kostenniveaus und die summenmässige Grenze. Für den Verzicht auf weitere Definitionselemente waren die folgenden Überlegungen massgebend: Der Vorentwurf der Expertenkommission enthielt als drittes typisches Merkmal dasjenige der Teilzahlung, wie es bereits in die Kleinkreditdefinition des konjunkturellen Dringlichkeitsrechts (vgl. Ziff. 123.1, Anm. 53) aufgenommen worden war und auch wegen der Entsprechung zum Abzahlungsgeschäft nahelag. Bereits in der Expertenkommission hatte sich aber eine starke Minderheit gegen die Beibehaltung dieses Kriteriums ausgesprochen, weil sie befürchtete, mit einer solchen Einschränkung des
Anwendungsbereichs werde den Kreditgebern und ihren Kunden das Ausweichen auf nicht ohne weiteres subsumierbare Kreditformen allzu leicht, bzw. der Rechtsprechung die schutzzweckkonforme Erfassung solcher 560

Umgehungsgeschäfte allzu schwer gemacht. Man dürfe hier nicht die Fehler wiederholen, die entscheidend zur ungenügenden Wirkung und Durchsetzung des Abzahlungsrechts beigetragen hätten. Auch im Vernehmlassungsverfahren ist das Teilzahlungskriterium überwiegend skeptisch, aufgenommen worden. Im übrigen waren die Erfahrungen, welche die mit dem Vollzug der konjunkturellen Sondervorschriften beauftragten Behörden in dieser Hinsicht machten, ihrerseits nicht dazu angetan, jene Befürchtungen gegenstandslos ;erscheinen zu lassen. So registrierte man namentlich eine deutliche Zunahme :der Kontokorrentkredite, auf welche das Merkmal der regelmässigen .Ratenzahlung - selbst bei sukzessiver Herabsetzung der Kreditlimite - nicht mehr stricto sensu zutrifft, ferner von sogenannten Festgeldern, die sich begrifflich als eigentliches.Gegenstück zum Teilzahlungsdarlehen darstellen, aber durch mehr oder weniger informelle Nebenabreden oder «Empfehlungen» (periodische Einzahlungen auf ein separates Sparkonto u. ä.) praktisch zum selben Ergebnis führten.

Gegenüber dem primären Zweck der Revision, den Konsumkredit generell in den Griff zu bekommen und die Ausmanövrieriing des Abzahlungsrechts durch den Barkredit zu verhindern, vermag das Hauptargument für die Beibehaltung des Teilzahlungskriteriums nicht Stich zu halten. Die Befürworter machen geltend, rasch wechselnde (insbesondere steigende) Zinsbedingungen würden zur Unterstellung «normaler», d. h. nicht schutzbedürftiger. Kreditverhältnisse unter die Kleinkreditvorschriften führen. Das trifft freilich schon deshalb nicht zu, weil bei allgemein steigender Tendenz auch die Blankokreditsätze als Berechnungsgrundlage des Mindestsatzes die Bewegung mitmachen würden, so dass sich die Anpassung automatisch ergäbe. Abgesehen davon aber wäre im Interesse eines möglichst umfassenden Sozialschutzes eher in Kauf zu nehmen, dass zeitweilig gewisse Grenzfälle ohne zwingende Notwendigkeit miterfasst würden, als dass umgekehrt echte Konsumkredite unberücksichtigt blieben.

Kennzeichnend für den konsumorientierten Kleinkredit ist sodann in der Tat der weitgehende Verzicht des Kreditgebers auf Sicherstellung, woraus sich übrigens auch - wenigstens teilweise - die relativ hohe Zinsbelastung erklärt, die sich durch Einschluss einer entsprechenden Risikoprämie ergibt. Entgegen dem
Vorbild von Artikels Absatz? des Kreditbeschlusses von 1972 und Artikels Absatz 6 des geltenden Bundesbeschlusses über Geld- und Kreditpolitik (SR 951.90) hat es bereits die Expertenkommission abgelehnt, das Kriterium der fehlenden «banküblichen Sicherheiten» zu übernehmen, das ; sie als zu wenig präzis und zuverlässig erachtete; ein Standpunkt, der im Vernehmlassungsverfahren von kompetenter Seite geteilt wurde. Der Entwurf schliesst sich dieser Betrachtungsweise vor allem deshalb an, weil dem Sicherstellungskriterium neben dem Mindestsatzerfordernis keine selbständige Bedeutung zukommt. Wird für die Bestimmung dieses Minimalsatzes eine genügende Marge im Vergleich zu den normalen Blankokreditsätzen gewählt, .so ist automatisch dafür gesorgt, dass Kredite mit bankmässiger Deckung nicht unter die Vorschriften über den Kleinkredit fallen. Eine doppelte Absicherung erscheint insofern nicht nur überflüssig, sondern könnte zu Missverständnissen Anlass geben.

Was endlich das Kriterium des konsumtiven Verwendungszwecks betrifft, so lässt sich nicht bestreiten, dass es materiell das zutreffendste wäre, geht es doch erklärtermassen darum, gerade in diesem Bereich Ordnung zu schaffen. Gewichtige 561

Gründe der Rechtssicherheit und Praktikabilität sprechen aber gegen eine derartige Einschränkung der Kleinkreditdefinition und des Anwendungsbereichs der Schutzvorschriften. Eine Differenzierung - etwa nach Darlehen zur Finanzierung notwendiger, nützlicher und luxuriöser Aufwendungen - würde zu grösster Unsicherheit führen. Ausserdem wäre dem Kreditgeber, den ja im Streitfall die Beweislast für die zweckentsprechende Verwendung des Geldes träfe, eine effektive Kontrolle gar nicht zuzumuten. Er müsste sich, sofern ihm an seriöser Abklärung gelegen ist, auf die Selbstdeklaration des Interessenten verlassen, der seinerseits ein Interesse daran haben kann, den Restriktionen des Kleinkreditrechts auszuweichen. Auch diesbezüglich dürfen die Erfahrungen mit dem Abzahlungsrecht nicht vernachlässigt werden.

Ganz ohne Rücksichtnahme auf die Zweckbestimmung kommt allerdings auch der vorliegende Entwurf nicht aus : gewerbliche Kredite sollen - analog den beim Teilzahlungskauf vorgesehenen Einschränkungen des Geltungsbereichs (Art. 2266 Abs. 3 und 227a Abs. 2) - nicht erfasst werden. Ausserdem spielt der Verwendungszweck auch eine Rolle beim Verbot der kleinkreditmässigen Finanzierung von Abzahlungsgeschäften (Art. 318«; vgl. Ziff. 222.305) sowie hinsichtlich der Einreden, die dem Kreditnehmer beim zweckgebundenen Kredit gegenüber dem Kreditgeber zugebilligt werden (Art. 3187 Abs. 2; vgl. Ziff. 222.308).

222.2

Verhältnis zum Abzahlungsrecht, insbesondere beim Kreditkartengeschäft

Wie bereits unter Ziffer 213 ausgeführt, will der Entwurf den Barkredit grundsätzlich unabhängig vom Abzahlungsgeschäft einer eigenen - wenn auch weitgehend vom Teilzahlungsrecht inspirierten und es ergänzenden - Ordnung unterstellen, nachdem sich die einheitliche Erfassung von kombinierten Darlehens- und Sach- oder Dienstleistungsgeschäften im geltenden Recht (Art. 226m Abs. 2 und 3 OR) nicht bewährt hat. Die neue Regelung des Abzahlungskaufes und verwandter Geschäfte bezieht sich demnach nur noch auf den direkten, in einem Sachoder Dienstleistungsvertrag voll integrierten Kredit, der dem Konsumenten nicht in Form eines selbständigen Darlehens, sondern lediglich durch befristeten Aufschub der in Raten abzubauenden Entgeltsschuld unmittelbar vom Gläubiger derselben gewährt wird; ob dieser sich allenfalls den Vertrag seinerseits durch einen Dritten darlehensmässig finanzieren lässt (Absatzfinanzierung), was den Abzahlungsschuldner nicht berührt, spielt dabei keine Rolle. Demgegenüber sollen die Normen über den Kleinkredit - soweit dessen spezifische Merkmale gegeben sind -jeden Barkredit erfassen, bei welchem der Konsument als selbständiger Darlehensnehmer auftritt, und zwar ungeachtet des Verwendungszwecks dieses Darlehens. Kundenfmanzierung fällt also unter das Kleinkreditrecht, gleichgültig ob Darleiher und Lieferant zu diesem Zweck zusammenwirken oder nicht. Allerdings wird die kleinkreditmässige Finanzierung von Abzahlungsgeschäften überhaupt ausgeschlossen (vgl. Art. 226h Abs. 3 und 318«), so dass der Kreditkonsument praktisch vor die Alternative gestellt ist, entweder vom Verkäufer (Unternehmer, Beauftragten) direkt einen eigentlichen Abzahlungskredit zu beanspruchen und für die Raten aus eigenen Mitteln aufzukommen, oder ein persönliches 562

Darlehen aufzunehmen und damit den Kaufpreis (Werklohn. Honorar) bar zu bezahlen.

i Aus dieser neuen «zweispurigen» Konzeption des Konsumkreditrechts ergibt sich, dass nunmehr auch gewisse Spielarten eindeutig koordinierter Kundenfinanzierung durch konzertierte Verbindung von Darlehen und Bargeschäft nicht mehr dem Abzahlungs-, sondern dem Kleinkreditrecht unterstehen. Das würde zunächst für den sogenannten - allerdings kaum mehr aktuellen - Checkkredit gelten, bei dem eine Finanzierungsorganisation auf Abzahlung Gutscheine abgibt, die bei bestimmten, mit der Herausgeberorganisation rahmenvertraglich verbundenen Geschäften an Zahlungsstatt entgegengenommen werden. Viel bedeutsamer aber ist die Anwendung auf das in jüngster Zeit stark aufgekommene Kreditkartengeschäft, das ganz ähnlich organisiert ist. Hier ist indessen zwischen verschiedenen Kategorien zu unterscheiden, was einerseits ^die Zuordnung zum Konsumkreditrecht überhaupt, und anderseits, innerhalb desselben, die Zugehörigkeit zum Kleinkredit oder zum Abzahlungsgeschäft betrifft : Eine echte Konsumkreditfunktion kommt nur jenen Karten zu, bei welchen dem Inhaber über eine längere - jedenfalls die bei Bargeschäften üblichen Zahlungsfristen übersteigende Zeitspanne hinweg ein entgeltlicher (in der Regel revolvierender) Kredit gewährt oder - bei grundsätzlicher Festsetzung normaler (in der Regel einmonatiger) Zahlungsfristen - mindestens die Möglichkeit eingeräumt wird, gegen Berechnung eines entsprechenden Kreditzuschlags eine Verlängerung der Zahlungsfrist zu beanspruchen («Kreditkarten im eigentlichen Sinn»). So gestatten gewisse Kreditkartenherausgeber ihren Kunden, die Schulden aus einer Abrechnungsperiode ganz oder teilweise in mehreren Monatsraten abzuzahlen; der hierfür erhobene Teilzahlungszuschlag entspricht regelmässig den bei vergleichbaren Kleinkrediten angewandten Sätzen.

Anders verhält es sich dagegen bei jenen Karten, deren Inhaber zur sofortigen oder doch kurzfristigen Tilgung der aufgelaufenen Monatsschuld verpflichtet sind («Akkreditivkarten»). Bei ihnen tritt die Kreditfunktion hinter der Hauptfunktion der Karte als Ausweis und Zahlungsmittel im bargeldlosen Einkauf so stark zurück, dass die typischen Risiken des Konsumkredits kaum gegeben sind. Diese kurzfristige Kreditierung erfolgt übrigens grundsätzlich kostenlos. Überdies,
wird vom Interessenten normalerweise der Nachweis eines gewissen Mindesteinkommens verlangt, das Gewähr für seine Kreditwürdigkeit bietet. Die Inhaber solcher Karten rekrutieren sich denn auch aus Bevölkerungsschichten, die auf eine eigentliche Kreditierung für ihre Konsumausgaben nicht angewiesen wären. Allerdings sind gewisse Karten so ausgestaltet, dass dem Inhaber ihre Benützung als eigentliches Kreditmittel oder als blosse Akkreditivkarte wahlweise zu Gebote steht.

Nicht verschwiegen sei in diesem Zusammenhang, dass auch die reine Akkreditivkarte nicht völlig unbedenklich ist. In den USA, wo dieses bequeme Zahlungsmittel eine enorme Verbreitung erlangt hat, haben sich Probleme vor allem daraus ergeben, dass gewisse Konsumenten gleichzeitig eine ganze Anzahl verschiedener Kreditkarten benützen und dadurch den Überblick über ihre Verpflichtungen verlieren. Unbestreitbar ist auch, dass selbst bei kurzfristiger Kreditierung schon die Möglichkeit, alle Bedürfnisse und Wünsche bargeldlos zu befriedigen, eine erhebliche Versuchung für den Verbraucher darstellt. Indessen würde eine umfassende Regelung auch für diesen Bereich den als Revision des Teilzahlungsrechts abgesteckten Rahmen des vorliegenden Entwurfs bei : weitem sprengen.

563

Innerhalb der «Kreditkarten im eigentlichen Sinne», die somit hier einzig zur Diskussion stehen, ist sodann noch eine weitere Unterscheidung zu beachten, welche für das Verhältnis zwischen Kleinkredit- und Abzahlungsrecht eine Rolle spielt. Das soeben Ausgeführte bezog sich implizit nur auf jene Form von Kreditkarten, die - wie früher die Warenchecks - von einer selbständigen Finanzierungsorganisation oder Bank herausgegeben werden, die zwar mit den angeschlossenen Verkaufs- oder Dienstleistungsunternehmen (den sogenannten «Vertragsunternehmen») durch einen Vertrag (den «Vertragsunternehmen-Vertrag») verbunden, aber nicht mit ihnen identisch ist. Bei dieser «qualifizierten Kreditkarte» handelt es sich demnach um eine Form der Drittfinanzierung. Daneben gibt es aber auch die sogenannte «einfache Kreditkarte», die hierzulande von einzelnen Warenhäusern abgegeben wird und bei der Herausgeber und Vertragsunternehmen identisch sind. Ist nun bei einer solchen einfachen Kreditkarte eine ratenweise Abzahlung der in einer Rechnungsperiode aufgelaufenen Schuld gestattet (ist sie demnach gleichzeitig Kreditkarte «im eigentlichen Sinn»), so könnte erwogen werden, dieses Kreditverhältnis nicht dem Kleinkredit-, sondern dem Abzahlungsrecht zu unterstellen. Der Entwurf verzichtet auf diese Differenzierung und unterwirft alle Kreditkarten im eigentlichen Sinne einheitlich dem Kleinkreditrecht. Massgebend ist dabei die Überlegung, dass das Abzahlungsrecht grundsätzlich erst beim Abschluss des sogenannten «Einzelvertrags», d. h.

bei der effektiven Inanspruchnahme des mit der Kreditkarte verfügbaren Kredits, eingreifen könnte, weil erst dann die gegenseitigen Leistungen im Sinne von Artikel 226 (allenfalls 226a) überhaupt bestimmbar würden. Damit würde eine äusserst komplizierte und aufwendige Regelung statuiert, indem bei jedem Einzelvertrag sämtliche Formvorschriften wie auch die Widerrufsfrist beachtet werden müssten. Demgegenüber erscheint es wesentlich einfacher, anzunehmen, dass bereits mit der Abgabe der Kreditkarte, bzw. beim Abschluss des als Krediteröffnungsvertrags zu qualifizierenden Kreditkartenvertrags, dem Inhaber ein Kleinkredit zur Verfügung gestellt wird, und die entsprechenden Schutzvorschriften bereits in diesem Zeitpunkt - dafür nur einmal für die gesamte, gesetzlich beschränkte, Vertragsdauer -
anzuwenden. Dieses Vorgehen entspricht praktisch der geltenden Regelung in Artikel 226;« Absatz 3 OR, wo vorgesehen war, dass bei der Kombination von Barkäufen mit Teilzahlungsdarlehen die Vorschriften über den Abzahlungsvertrag nur einmal, nämlich beim Abschluss des Darlehensvertrags, einzuhalten seien. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass dieser Darlehens- bzw. Krediteröffnungsvertrag nun selber gewissen Restriktionen unterliegt, die einen angemessenen Sozialschutz gewährleisten. Das gegenüber dem Abzahlungsrecht wegfallende Anzahlungsgebot wird dabei weitgehend durch die verkürzte Vertragsdauer (Laufzeit des Kleinkredits) wettgemacht.

222.3

Kommentar zu den einzelnen Bestimmungen

222.301 Begriffsbestimmungen und Geltungsbereich Artikel 318a: Definition des Kleinkreditvertrags Anknüpfend an Artikel 312 OR umschreibt Absatz l den Kleinkredit als die entgeltliche Verpflichtung des Kreditgebers, dem Kreditnehmer eine Summe Geldes als Darlehen auszuhändigen oder sie ihm im Sinne eines Krediteröffnungsvertra564

ges zur Inanspruchnahme zur Verfügung zu halten. Durch; die Verweisung auf das Darlehen wird erreicht, dass die Definition auch die Rückerstattungspflicht des Borgers einschliesst, ohne dass sie hier nochmals ausdrücklich erwähnt zu werden braucht. Die Wendung «auszuhändigen oder zur Verfügung zu halten» zeigt an, dass nicht bloss das einmalige Darlehen (Festkredit), sondern auch der revolvierende Kontokorrentkredit erfasst wird.

Ausgehend von dieser Basisdefinition wird nun der speziell zu regelnde Kleinkredit durch zwei typische Kriterien vom Normaldarlehen bzw. -kredit abgegrenzt : einerseits durch die obere summenmässige Begrenzung auf 40 000 Franken und anderseits durch eine untere Limite hinsichtlich der Kreditkosten, womit gleichzeitig die Entgeltlichkeit des Kleinkredits festgehalten wird, die beim gewöhnlichen Darlehen nicht begriffswesentlich ist (vgl. Art. 312 und 313 OR).

Die summenmässige Höchstgrenze wurde aus dem Vorentwurf der Expertenkommission trotz einiger Bedenken übernommen, nachdem sich dieses Kriterium unter dem Gesichtspunkt der im Begriff selbst angesprochenen «Kleinheit» doch aufzudrängen schien und im Vernehmlassungsverfahren nicht auf prinzipiellen Widerstand gestossen war. Seine praktische Bedeutung dürfte neben dem Mindestkostensatz allerdings gering sein, indem Kredite über grössere Summen doch in der Regel nur gegen angemessene Sicherheiten und damit zu Bedingungen gewährt werden, die normalerweise unter dem Mindestkostensatz für Kiemkredite liegen sollten. Die Plafonnierung mag immerhin für Sonderfälle ihre Berechtigung haben und wegen der Klarheit der ziffernmässig fixierten Grenze zusätzlich zur Rechtssicherheit beitragen. Der Grenzbetrag von 40 000 Franken, der - wie andere in absoluten Zahlen ausgedrückte Limiten dieses Entwurfs - vom Bundesrat bei spürbaren Veränderungen der Kaufkraft des Geldes1 modifiziert werden kann (Art. 2 der Schlussbestimmungen), wurde auf Empfehlung der Nationalbank gewählt, nachdem sich die derzeit bekannten Höchstsummen für Konsumdarlehen im Bereich von 30000 Franken bewegen. Verschiedenen Anregungen im Vernehmlassungsverfahren folgend wurde dazu ein Sicherheitszuschlag von weiteren 10 000 Franken (33,3%) gerechnet, womit verhindert werden soll, dass hohe Summen lediglich zum Zwecke der Gesetzesumgehung vereinbart werden. Gegen
allfällige Simulationen müsste die Rechtsprechung unter Heranziehung allgemeiner Grundsätze (Art. 18 OR) einschreiten.

Zentrales Element der Kleinkreditdefinition bleibt somit die relative Kostspieligkeit der anvisierten Darlehen und Kredite, die teils auf das erhöhte Risiko (mangelnde Deckung), teils auf die Refinanzierungskosten und Werbeaufwendungen sowie vor allem auf den besonderen administrativen Aufwand für ihre Abwicklung und Kontrolle zurückzuführen ist, anderseits aber auch den Kreditnehmer entsprechend grösseren Gefahren aussetzt und damit den Hauptgrund für rechtliche Schutzmassnahmen bildet. Kleinkredite sind demnach solche, die einen unter Berücksichtigung der besonderen Kostenintensität dieses Geschäfts in angemessenem Abstand von den üblichen Kreditbedingungen festzusetzenden Mindestsatz übersteigen. Es ist Sache des Bundesrates, diese Grenze möglichst optimal zu fixieren und gegebenenfalls zu modifizieren, wobei in Absatz 2 der Rahmen abgesteckt ist, innerhalb dessen die Regierung von ihrem Ermessen unter Würdigung der wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten Gebrauch machen kann.

565

Als Berechnungsgrundlage dient der «für Blankokredite üblicherweise vereinbarte Bruttosatz». Er wurde als Basis anderen denkbaren Vergieichsgrössen (Diskontsatz, Hypothekarzins, Sparheftzins) vorgezogen, weil er als Zinssatz für (ungedeckte) Personalkredite dem Kleinkreditsatz am nächsten verwandt ist. Zudem zeichnet er sich durch relativ grosse Konstanz aus : in der eher bewegten Periode zwischen 1969 und 1973 hielten sich die Schwankungen im Rahmen von l !/4 Prozent (zwischen minimal 5 Vi und maximal 63/4%), wobei der massgebende mittlere Satz sich lediglich im Bereich von 0,5 Prozent (zwischen 5% und 6!/4%) veränderte.

Die erforderlichen Angaben finden sich in den statistischen Unterlagen und Berichten der Nationalbank.

Die Expertenkommission hatte in ihrem Vorentwurf auf den Nettosatz der Blankokredite abgestellt, was in der Vernehmlassung verschiedentlich als inkongruent bezeichnet wurde, weil anderseits der massgebende Kostensatz beim Kleinkredit als Bruttosatz konzipiert sei (vgl. Art. 318e). Die Vorlage trägt dieser Kritik Rechnung. Sie weicht vom Vorentwurf auch darin ab, dass die Rahmengrenzen für die Bestimmung des Mindestkostensatzes nicht durch einen Prozent- oder Punktezuschlag bezogen auf das Kapital, sondern in einem Prozentverhältnis zum Ausgangssatz festgelegt werden, was eine konstante Proportion ergibt. Nach Auswertung der verschiedenen Stellungnahmen zu dieser Frage hat sich als angemessener Variationsbereich ein Rahmen zwischen 25 und 50 Prozent über dem üblicherweise vereinbarten Bruttosatz herauskristallisiert. Bei einem angenommenen mittleren Bruttosatz für Blankokredite von 8 Prozent, könnte also der Bundesrat bei voller Ausschöpfung seiner Kompetenz Kredite zum Satz von über 10 Prozent dem Kleinkreditrecht unterstellen, müsste dies aber jedenfalls bei Krediten tun, für welche mehr als 12 Prozent an Zins und Kosten - berechnet auf den mittleren Verfall gemäss Artikel 318e Absatz 2 - verlangt werden. Damit dürfte auch hinsichtlich der unteren Grenze Gewähr dafür geboten sein, dass normale kommerzielle Kredite und namentlich die Sozialkredite der Kantonalbanken von den Restriktionen nicht betroffen werden.

Artikel 318b: Definition, Berechnung und Beschränkung der Kreditkosten Die Kreditkosten sind, wie bereits aus ihrer Bedeutung für den Begriff des Kleinkredits ersichtlich
geworden ist (vgl. Ziff. 123.1 und die Erläuterungen zu Art. 318a) ein zentrales Problem des Sozialschutzes. Hier setzen denn auch schon frühere Versuche und Bemühungen an, das Kreditwesen unter dem Gesichtspunkt der Übervorteilung in den Griff zu bekommen ; so namentlich das Postulat Lachenal/Vodoz von 1944 (vgl. Ziff. 123.1 Anm. 50) und das Konkordat zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen (SR 221.121.1). Es geht demnach primär um eine angemessene und vor allem klarere Begrenzung entsprechender Forderungen, als sie durch die allgemeinen Wuchertatbestände des Zivil- und Strafrechts gewährleistet werden kann (Art. 21 OR und Art. 157 StGB). Die Festsetzung solcher Höchstsätze setzt aber auch eine eindeutige Definition der Kreditkosten und einen gesetzlich festgelegten Kalkulationsmodus voraus. Solche Regeln sind zudem für die präzise Information des Kreditinteressenten in der Werbung und beim Vertragsabschluss unentbehrlich.

Absatz l enthält den Begriff der Kreditkosten und bestimmt ihn - wie sich übrigens auch aus Artikel 318J Absatz l Ziffer 4 ergibt - als Differenz zwischen der 566

ausbezahlten Kreditsumme und dem gesamten rückzahlbaren Betrag. Keine Rolle spielt dabei die allfällige Aufteilung der Kosten in verschiedene Posten mit unterschiedlicher Bezeichnung wie Gebühren, Kommissionen, Provisionen, Restschuldversicherungsprämien usw. (bezüglich allfälliger Behandlungsgebühren bei Ablehnung des Kreditgesuchs vgl. Ziff. 222.306 zu Art. 3180). Aus Artikel 3180 Absatz l geht im übrigen klar hervor, dass sich die Kreditkosten immer nur auf die tatsächlich beanspruchte oder ausbezahlte Kreditsumme beziehen können.

Absatz 2 umschreibt den Berechnungsmodus, der namentlich für die Angaben im Vertrag (Art. 318a! Abs. l Ziff. 3) und in der Werbung (Art. l Abs. 2 Bst. k und 13 Est. i UWG in der neuen Fassung) von Bedeutung ist. Wie in der Praxis üblich, hat diese Berechnung in Jahresprozenten zu erfolgen. Die gesetzliche Anleitung ist indessen vor allem für den typischen Teilzahlungskredit (oder den ihm gleichgestellten Kredit mit gleichmässig sinkender Limite) wesentlich, indem hierfür ausdrücklich die Berechnung auf den mittleren Verfall, ,d. h. unter Berücksichtigung der, sukzessiven Kapitalrückerstattung, vorgeschrieben wird. Diesbezüglich gibt der heutige rechtsfreie Zustand häufig Anlass zu Irrtümern, weil die Kreditinstitute den Kostensatz regelmässig nicht (bzw. nur den Kreditzuschlag in Franken) angeben und der unerfahrene Kreditnehmer den Satz - wenn überhaupt - in rein linearer Berechnung ermittelt. Wird ihm z. B. ein Kredit von 1000 Franken, rückzahlbar in zwölf Monatsraten zu je 91 Franken offeriert, so errechnet er sich einen Jahreskostensatz von 9,2 Prozent, indem er einfach den Zuschlag von 92 Franken zum Kapital und zur vollen Laufzeit von einem Jahr in Beziehung setzt. Richtig, d. h. degressiv auf den mittleren Verfall nach der Formel: p. a.-Satz =

24 x Zinsbetrag x 100 Kredit x (Laufzeit+1)

berechnet, ergibt sich dagegen ein Satz von 16,98, d.h. rund 17 Prozent.

Absatz 3 ist als Kompetenzbestimmung ausgestaltet, die den Bundesrat ermächtigt und verpflichtet, die obere Grenze der zulässigen Kosten durch Höchstsatzvorschriften festzulegen, Von «Höchstsätzen» in der Mehrzahl ist deshalb die Rede, weil es sich angesichts der unterschiedlichen durch das Kleinkreditrecht erfassten Kreditformen und allenfalls auch hinsichtlich unterschiedlicher Laufzeiten rechtfertigen könnte, eine entsprechend abgestufte Skala von Grenzwerten vorzusehen; doch besteht zu derartiger Differenzierung keine Verpflichtung. Beim Erlass der einschlägigen Vorschriften wird in erster Linie von der in den Konkordatskantonen sowie in Zürich positivrechtlich fixierten und darüber hinaus beinahe zu Gewohnheitsrecht gediehenen Höchstgrenze von 18 Jahresprozenten (vgl.

BGE 93 II 189) auszugehen sein; auf dieser Grundlage können sodann ergänzende sozialpolitische Erwägungen unter Berücksichtigung des allgemeinen Zinsund Kostenniveaus angestellt werden. Selbstverständlich ist in dieser generellen Kompetenz auch die Befugnis zur späteren Anpassung des oder der Höchstsätze an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse enthalten.

Artikel 318c: Geltungsbereich In Absatz l wird ausdrücklich festgehalten, dass auch Kreditkartenverträge und Kredite, die in Form von Warengutscheinen gewährt werden, ungeachtet ihrer konkreten Ausgestaltung - als einfache oder qualifizierte Kreditkartenverhält567

nisse (vgl. oben Ziff. 222.2) - unter die Bestimmungen über den Kleinkredit fallen, sofern sie dessen typischen Merkmale - namentlich einen über dem Minimum liegenden Kostensatz - aufweisen. Dabei handelt es sich mehr um. eine Klarstellung und Abgrenzung gegenüber dem Abzahlungsrecht als um eine eigentliche Erweiterung des Geltungsbereichs, indem es sich jedenfalls um Kreditverhältnisse handelt, die der einen oder anderen Kategorie von Konsumkrediten zugeordnet werden müssten. Tatsächlich verhält es sich auch so, dass Kreditkarten im eigentlichen Sinne, bei denen die Kredit- gegenüber der Zahlungsmittelfunktion in den Vordergrund tritt, zu Bedingungen abgegeben werden, die denjenigen des klassischen Kleinkredits durchaus entsprechen. Unternehmen, welche Karten ausgeben, die alternativ als eigentliche Kreditkarte oder blosse Akkreditivkarte benützt werden können, werden sich durch die neuen Bestimmungen veranlasst sehen, die beiden Kategorien deutlich auseinanderzuhalten, da auf Alternativkarten die Schutzbestimmungen einheitlich angewendet werden müssten.

Absatz 2 enthält die dem Abzahlungs- und Vorauszahlungsrecht entsprechende Einschränkung des Geltungsbereichs für «gewerbliche Kredite», d. h. solche, die in offenkundigem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit eines hauptberuflich Selbständigerwerbenden oder im Handelsregister als Geschäftsfirma eingetragenen Kreditnehmers stehen. Der Kreditgeber wird sich dabei primär auf die Auskunft des Kreditnehmers selbst stützen; doch gebietet es die Sorgfaltspflicht in Zweifelsfällen, sich die Angaben des Kunden vom Handelsregisteramt bestätigen zu lassen oder einen Nachweis selbständiger hauptberuflicher Tätigkeit zu verlangen. Dagegen ändert sich an der Subsumtion, bzw. Befreiung von der Beachtung der Kleinkreditvorschriften, selbstverständlich nichts, wenn der Kreditnehmer den zu gewerblichen Zwecken erhaltenen Kredit auskunftswidrig für den persönlichen Konsum verwendet; er geht in diesem Falle des ihm zugedachten Schutzes verlustig und kann wegen falscher Angaben bestraft werden (Art. 332iuillciuies StGB in der Fassung des Entwurfs). Im Gegensatz zur Regelung beim Abzahlungskauf (Art. 226e Abs. 3), wo einzelne Schutzbestimmungen für den Verzug anwendbar bleiben, und in Übereinstimmung mit der Parallelvorschrift beim Vorauszahlungskauf (Art. 227a
Abs. 2) ist die Privilegierung der gewerblichen Kredite eine vollständige. Das lässt sich damit rechtfertigen, dass beim Barkredit normalerweise schon das Mindestsatzerfordernis für den Ausschluss kommerzieller Darlehen sorgt; die explizite Einschränkung des Geltungsbereichs dürfte daher nur in seltenen Fällen überhaupt aktuell werden, wo ein für gewerbliche Kredite ungewöhnlich hoher Kostensatz durch besondere Umstände begründet sein könnte.

Wie im Teilzahlungsrecht wurde hingegen auch beim Kleinkredit darauf verzichtet, eine weitere Ausnahme für nicht gewerbsmässig gewährte Darlehen und Kredite vorzusehen. Wiederum ist es der Mindestkostensatz in Artikel 318a, der ein besonderes Privileg für solche «Freundschaftsdarlehen» überflüssig macht. Werden höhere Zinsen und Kosten gefordert, so rechtfertigt sich die Qualifikation «freundschaftlich» kaum mehr, dafür um so eher der Schutz des Kreditnehmers gegenüber dem offensichtlich mehr auf seinen eigenen Vorteil bedachten «Freund». Es besteht daher kein Anlass den Schutz des Gesetzes in einer Weise zurückzubinden, die lediglich Strohmännergeschäfte gewerbsmässiger Kreditgeber fördern könnte.

568

Unnötig erscheint endlich, wegen der generellen Freistellung von Darlehen und Krediten zu günstigeren als den für den Mindestsatz erforderlichen Bedingungen, eine besondere Privilegierung von Bagatellgeschäften analog dem, was Artikel 226b Absatz 2 für Abzahlungskäufe vorsieht.

222.302 Vorschriften über den Vertragsabschluss Die Bestimmungen über den Vertragsabschluss sind soweit möglich jenen des Teilzahlungsrechts nachgebildet und sollen die Transparenz der Vertrags- und Kreditbedingungen sowie den Schutz des Kreditinteressenten vor unüberlegt eingegangenen Verpflichtungen sicherstellen. Dies geschieht durch entsprechende Form-, Inhalts- und Zustimmungserfordernisse mit angemessenen Sanktionen und vor allem auch durch Einführung eines Widerrufsrechts nach dem Vorbild der Bestimmungen über den Abzahlungs- und Vorauszahlungskauf. Bei den Anforderungen an den Vertragsinhalt ergeben sich aus der einheitlichen Erfassung von Fest- und Kontokorrentkrediten einige Besonderheiten, auf die im folgenden näher einzugehen ist.

Artikel 318d: Form-. Inhalts- und Zustimmungserfordernisse Absatz l verlangt wie bei den anderen Konsumkreditverhältnissen zunächst die Einhaltung der Schriftform, d. h. einen schriftlich redigierten und gemäss Artikel 13 OR unterzeichneten Vertrag.

Hinsichtlich des Inhalts entsprechen die Ziffern l (persönliche Angaben), 7 (Widerrufsrecht). 8 (Recht auf vorzeitige Erfüllung), 9 (Verzugs- und Stundungszins), 10 (Vereinbarungen betreffend Lohnzession und Abtretung der Kreditforderung) und 11 (Datierung) genau den Parallelvorschriften beim Abzahlungskauf (Art. 226c Abs. 1).

In Ziffer 2 tritt anstelle der'Angabe des Kaufgegenstands die Angabe der auszubezahlenden bzw. - bei Kontokorrentverhältnissen - der maximal verfüg- und beanspruchbaren Summe. Das bedeutet, dass Kontokorrentkredite mit Kleinkreditcharakter immer zu limitieren sind; eine Überziehung bedürfte demnach des'Abschlusses eines neuen Kleinkreditvertrags, was indessen durch Artikel 318m (Zweitkredite) ausgeschlossen ist.

Dem Teilzahlungszuschlag beim Abzahlungskauf entsprechen beim Kleinkredit die Kreditkosten. Es ist ein Hauptanliegen des Entwurfs, dem Kreditnehmer diesbezüglich grösstmögliche Klarheit zu verschaffen. Ziffer 3 schreibt daher vor, dass diese Kosten (deren gesetzliche Definition und Berechnungsart in
Art. 3186 festgelegt sind) in Franken und in Jahresprozenten angegeben werden müssen.

Bei Festkrediten bietet diese Angabe keine Schwierigkeiten; dagegen lässt sich bei revolvierenden Krediten, wo der Umfang der Bezüge nicht zum voraus feststeht, die Kostenbelastung in Franken nicht angeben. Der Entwurf schreibt daher vor, dass die Maximalbelastung aufzuführen ist, d. h. diejenigen Kosten, die bei einer vollen Ausschöpfung der zur Verfügung gestellten Summe während der ganzen Vertragsdauer berechnet würden. Entsprechend, aber unter Berücksichtigung der Amortisationen, wäre in Fällen zu verfahren, in denen die Kreditlimite in bestimmten zeitlichen Abständen reduziert wird; für die Abgaben nach Ziffer 3 ist davon auszugehen,1 dass die Limite in den verschiedenen Phasen immer voll'aus24 Bimdesblatt. 130Jahrg. Bd. II

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geschöpft wird. Dem Kreditgeber steht es selbstverständlich frei, weitere beispielhafte Angaben darüber in den Vertrag aufzunehmen, wie sich die Kreditkosten bei geringerer und/oder kürzerfristiger Beanspruchung des Kredits gestalten; die gesetzliche Vorschrift hat nur den Charakter einer Minimalanforderung.

Ziffer 4 verlangt die Angabe des maximalen rückzahlbaren Gesamtbetrags, d. h.

dessen, was der Kreditnehmer bei voller Ausschöpfung des ihm eröffneten oder ausbezahlten Kredits schulden würde. Dieser Gesamtbetrag setzt sich aus der empfangenen Summe und den Kreditkosten zusammen, worunter nach Artikel 318e Absatz l alle vom Kreditnehmer zusätzlich zur Kapitalrückzahlung geschuldeten Beträge zu verstehen sind. Der hier ausgewiesene Betrag muss also der Summe der in den Ziffern 2 (Kreditsumme) und 3 (Kreditkosten) erwähnten Beträge entsprechen. Zusätzliche Spesen oder Kosten dürfen nicht verrechnet werden.

Nach Ziffer 5 muss der Vertrag auch die Angabe der Laufzeit enthalten, die der Vertragsdauer beim Abzahlungskauf entspricht und wie diese gesetzlich beschränkt wird (Art. 318p). Das bedeutet, dass auch ein Kontokorrentkredit entsprechend befristet, innerhalb der gesetzlichen Höchstdauer abgeschlossen und allenfalls durch einen neuen Vertrag ersetzt werden muss, für den wiederum alle Form- und Zustimmungserfordernisse einzuhalten sind.

Ziffer 6 bezieht sich nur auf Teilzahlungskredite, denen Kontokorrentkredite mit periodisch sinkender Beanspruchungsgrenze, d. h. sukzessive reduzierter Kreditlimite, gleichgestellt sind. Wird eine derartige ratenweise Rückzahlung oder Amortisation vorgesehen, wie dies beim klassischen Kleinkredit zutrifft, so ist die Zahl und Fälligkeit der Raten sowie deren Betrag im Vertrag anzugeben. Bei Kontokorrentkrediten, wo die effektiv beanspruchte Summe nicht zum voraus feststeht, ist der Maximalbetrag zu nennen, der bei voller Ausschöpfung der jeweiligen Limite geschuldet wäre.

Die Absätze 2, 3 und 4 regeln die Voraussetzungen und Modalitäten der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters bzw. des Ehegatten gleich wie beim Abzahlungskauf. Für die Frage, ob die Zustimmung des Ehegatten erforderlich sei, ist der maximale rückzahlbare Gesamtbetrag massgebend ; es genügt, dass die Belastung, wie sie bei voller Ausschöpfung des Kredits während der ganzen Vertragsdauer
abgesehen von allfälligen Verzugs- oder Stundungszinsen - entstehen würde, die Grenze von 1000 Franken übersteigt.

Artikel 318e : Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Diese Bestimmung stimmt wörtlich mit der entsprechenden Vorschrift von Artikel 226e beim Abzahlungskauf überein (vgl. Ziff. 221.202).

Artikel 318f: Sanktionen bei Form- und Inhaltsmängeln Beim Barfcredit lassen sich die Sanktionen für die Nichteinhaltung der Inhaltserfordernisse nicht in gleicher Weise differenzieren wie beim Abzahlungskauf, wo .

sich das Kreditelement amputieren und das Geschäft dadurch auf einen gewöhnlichen Kauf reduzieren lässt. Ob man nur den Anspruch des Kreditgebers auf die Kreditkosten verneint oder die Nichtigkeit des Vertrags vorsieht, läuft hier auf dasselbe hinaus, nämlich darauf, dass der Kreditnehmer einfach den empfangenen oder beanspruchten Kreditbetrag zurückzuerstatten hat. Allerdings könnte er 570

in Schwierigkeiten geraten, wenn er infolge der Nichtigkeit in die Stellung eines Schuldners aus ungerechtfertigter Bereicherung manövriert würde und auf einen Schlag ein Kapital zurückzahlen müsste, für dessen Rückerstattung er mit einer Frist von bis zu anderthalb Jahren gerechnet hatte (Art. 318p Abs. 1). Es muss deshalb ein Rückerstattungsmodus vorgesehen werden, der solchen Umständen Rechnung trägt (Art. 318g).

Absatz l bestimmt, dass Kleinkreditverträge, die der Schriftform nicht genügen oder in denen wesentliche Angaben über die Parteien, die Kreditsumme und die Kreditbedingungen sowie über die besonderen Rechte des Kreditnehmers (Widerruf, vorzeitige Rückzahlung) fehlen, fehlerhaft sind oder den gesetzlichen Anforderungen widersprechen, nichtig sind. Dasselbe gilt, wenn die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder des Ehegatten in den Fällen von Artikel 318rf Absätze 2 und 3 nicht oder nicht rechtzeitig (Art. 318d Abs. 4) eingeholt worden ist oder wenn die Bescheinigung des Kreditnehmers über die Einhaltung der Gültigkeitserfordernisse nach Artikel 318e (Vertragsdoppel, Gesetzestext) fehlt.

Absatz 2 betreffend den Verzugs- und Stundungszins entspricht der Parallelbestimmung beim Abzahlungskauf (Art. 226e Abs. 3).

Artikel 318g: Die besonderen Wirkungen der Nichtigkeit Um zu vermeiden, dass der Kreditnehmer im Falle eines nichtigen Vertrags in eine heikle Situation gerät, sieht der Entwurf eine bereits von der Expertenkommission vorgeschlagene Lösung vor: der nichtige Kleinkreditvertrag wird in ein zins- und kostenloses Darlehen verwandelt, was etwa ;dem Verlust des Teilzahlungszuschlages beim Abzahlungskauf (Art. 226e Abs. 2) entspricht.

Absatz l legt in diesem Sinne den Grundsatz fest, wonach der Kreditnehmer, der im Zeitpunkt der Feststellung und Geltendmachung der Nichtigkeit eine bestimmte Summe bereits erhalten bzw. den Kredit in bestimmtem Umfange bereits beansprucht hat, diesen Betrag spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Höchstdauer zurückzuzahlen hat. Er kann sich damit also Zeit lassen, und zwar unter Umständen über die im nichtigen Vertrag vereinbarte und gegenüber der gesetzlichen Maximallaufzeit kürzere Frist hinaus. Ausserdem kann ihm der Richter beim Vorliegen wichtiger Gründe, die eine Stundung oder Zahlungserleichterung rechtfertigen, noch eine zusätzliche
Fristerstreckung gewähren, wie dies im Rahmen eines gültigen Vertrags möglich wäre (Art. 318/? Abs. 4). Auch was die Verhältnisse bei einem allfälligen Verzug anbelangt, werden die entsprechenden Vorschriften (Art. 318i/) sinngemäss anzuwenden sein.

Absatz 2 sieht vor, dass die Rückerstattung der im Rahmen eines nichtigen Vertrags bereits getätigten Bezüge grundsätzlich in Raten zu erfolgen hat, und zwar gleichgültig, ob der nichtige Vertrag den Teilzahlungsmodus bereits vorsah oder als Darlehen mit einmaliger oder Kontokorrent mit unbestimmter Rückzahlung konzipiert war. Die geschuldete Summe wird entsprechend der bis zum Ablauf der Höchstlaufzeit noch verbleibenden Periode in gleich hohe Raten aufgeteilt, die höchstens einen Monat auseinander liegen dürfen. .Diese Regelung bezweckt, den durch die Nichtigkeit begünstigten Kreditnehmer zu einer gewissen Zahlungsdisziplin anzuhalten und zu vermeiden, dass er mit dem billigen Geld allzu leichtfertig umgeht und schliesslich mit dem Gesamtbetrag in Verzug kommt. In Ausnahmefällen, wo der Kredit aus besonderen Gründen auf einmalige Rückzah571

lung beim Ablauf der Vertragsdauer gestellt war - etwa weil der Kreditnehmer auf diesen Zeitpunkt hin mit dem Fälligwerden seiner Ansprüche aus einer Lebensversicherung oder einer sonstigen Forderung rechnet -, so dass ihn die Raten unerwartet belasten würden, kann den speziellen Verhältnissen im Rahmen einer richterlichen Stundung nach Absatz l Rechnung getragen werden.

Trotzdem strebt aber der Entwurf eine möglichst rasche Bereinigung der durch einen nichtigen Vertrag entstandenen Situation an. Darauf ist Absatz 3 angelegt, der in einem gewissen Sinne die Regeln über die vorzeitige Rückzahlung des Kredits (Art. 318/-J auf diesen Sonderfall überträgt und in seiner pönalen Wirkung für den Kreditgeber auch mit der Zinspflicht des Abzahlungskäufers gemäss Artikel 226e Absatz l verwandt ist. Zahlt nämlich der Kreditnehmer das geschuldete Kapital statt in Monatsraten in einem Mal zurück, so kann er davon l Prozent für jeden nicht beanspruchten Monat der ihm nach Absatz l und 2 an sich noch zur Verfügung stehenden Frist abziehen. Beliefe sich beispielsweise die Schuld bei Geltendmachung der Nichtigkeit auf 500 Franken und verblieben bis zum Ablauf der Laufzeit noch zehn Monate, so könnte sich der Kreditnehmer mit einer Saldozahlung von 450 Franken (entsprechend einem Abzug von 10%) befreien.

Die vorgeschlagene Lösung bringt dem Kreditgeber, der einen nicht vorschriftsgemässen Vertrag abschliesst, eine erhebliche Einbusse, namentlich wenn der Kreditnehmer das Verhältnis durch einmalige Zahlung nach Absatz 3 beendet. Es ist deshalb nachdrücklich daran zu erinnern, dass die Sanktionen primär präventiven Charakter haben. Wer auf korrekte Redaktion des Vertrags achtet, kommt nicht zu Schaden. Anderseits steht natürlich auch diese Regelung unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs: Der Kreditnehmer, der durch unwahre Angaben die Nichtigkeit des Vertrags herbeigeführt hat, soll sich nicht darauf berufen können. In solchen Fällen könnte sich im Gegenteil der Kreditgeber auf die Nichtigkeit berufen und den Kreditnehmer allenfalls aus Artikel 41 OR in Verbindung mit dem entsprechenden Straftatbestand von Artikel 332«uln<'uies StGB (in der Fassung des Entwurfs) auf Schadenersatz belangen.

Artikel 318h: Nachträgliche Vereinbarung von Zessionen Diese Bestimmung ist nach dem Modell von Artikel 226/ gestaltet und
will verhindern, dass dem Kreditnehmer nach dem Vertragsabschluss noch neue Verpflichtungen auferlegt werden können.

Dementsprechend schliesst Absatz l die nachträgliche Vereinbarung von Lohnzessionen und -Verpfandungen aus.

Gegen eine nachträgliche Abtretung der Kreditforderung (z. B. zum Inkasso) kann sich der Kreditnehmer durch schriftliche Ablehnung wehren (Abs. 2).

Artikel 318i: Widerrufsrecht. Grundsatz Die Expertenkommission hatte eine Übernahme des Widerrufsrechts ins Kleinkreditrecht mit der Begründung abgelehnt, die gegenüber dem Abzahlungskauf bestehenden Unterschiede hinsichtlich der vertragstypischen Leistung (Geld statt Ware) und der Vertragsabwicklung (keine wortgewaltige Einwirkung auf den Borger, leichte Feststellbarkeit der ihm entstehenden Verpflichtungen) liessen ein solches Recht des Kreditnehmers als «nicht notwendig» erscheinen. Der Ent572

scheid wurde allerdings in den ersten Phasen der Beratung getroffen und später nicht mehr diskutiert. Er stiess denn auch im Vernehmlassungsverfahren auf verbreitete Kritik. In der Tat vermögen die Argumente der Expertenkommission kaum zu überzeugen. Vielmehr zeigt die Praxis, dass gerade auch beim Kleinkredit der Interessent im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einen unzureichenden Überblick über die ihm erwachsenden Verpflichtungen hat und dass ein legitimes Bedürfnis besteht, sich innerhalb einer kurzen Bedenkfrist nochmals besinnen und allenfalls aus dem übereilt eingegangenen Vertrag lösen zu können.

Die Absätze 1-3 entsprechen vollständig den Parallelvorschriften für den Abzahlungs- und den Vorauszahlungskauf (Art. 226g; vgl. Ziff. 221.202).

Auch Absatz 4 verfolgt einen ähnlichen Zweck wie Absatz 4 von Artikel 226g: das Widerrufsrecht soll nicht durch ein «fait accompli» illusorisch gemacht werden.

Im Gegensatz zur Regelung beim Abzahlungskauf wird indessen beim Kleihkredit auch kein Vorbehalt dringenden Bedarfs gemacht. Gerade wer in einer akuten Notlage Geld braucht, soll nicht unter Druck in : ein teures Kleinkreditgeschäft «hineinschlittern». Der Entwurf schliesst deshalb eine Auszahlung der Kreditsumme öder eine Freigabe des Verfügungsrechts darüber (z. B. durch Aushändigung einer Kreditkarte oder Kontoeröffnung) grundsätzlich aus. Die Verantwortung dafür wird dem Kreditgeber Überbunden, womit man ihm eine gewisse Härte zumutet, die aber zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks unerlässlich scheint. Wird der Kreditnehmer vorschriftswidrig vor Ablauf der Widerrufszeit instand gesetzt, über den Kredit zu verfügen, so verliert der Kreditgeber in analoger Anwendung der Bestimmungen über die Wirkung der Nichtigkeit (Art. 318g) im entsprechenden Umfang seinen Anspruch auf die Kreditkosten und hat sich allenfalls auch den «Negativzins» bei vorzeitiger Rückzahlung abziehen zu lassen.

Artikel 318k : Widerruf eines kleinkreditmässig finanzierten Vertrags Diese zusätzlich eingefügte Bestimmung erweitert die Wirkung des Widerrufsrechts über den eigentlichen Kleinkredit hinaus auf Geschäfte, die man in der Terminologie des EG-Richtlinien-Entwurfs als «zweckgebundene» oder «verbundene» Kredite bezeichnen kann. Es geht hier um den Fall, wo mit dem Kleinkredit ein beliebiges (Konsum-) Geschäft über
irgendeine Sach- oder Dienstleistung finanziert werden soll und wo dem «Lieferanten» bekannt ist oder nach den Umständen bekannt sein müsste, dass der Kunde sich die Mittel dazu durch Aufnahme eines Darlehens oder Kredits zu verschaffen beabsichtigt; sei es, dass der Lieferant selbst dem Kunden eine solche Finanzierung,vorschlägt oder vermittelt, sei es, dass er aus den Vertragsverhandlungen auf .eine entsprechende Notwendigkeit oder Absicht schliessen muss. In solchen Fällen - wo häufig auch der Kreditgeber Kenntnis vom Verwendungszweck des Kredits haben wird, aber nicht haben muss - wäre dem widerrufsberechtigten Kreditnehmer wenig gedient,. wenn er nur den Kreditvertrag, nicht aber das zu finanzierende Konsumgeschäft loswerden könnte, das er regelmässig ohne die Aussicht l auf eine Dritt finanzierung nicht abgeschlossen hätte. Es rechtfertigt sich deshalb, ihm diese Möglichkeit wenigstens da einzuräumen, wo der Vertragspartner mit einer solchen Situation rechnen müsste. Die besonderen Voraussetzungen für :die Gewährung des Widerrufsrechts, wie wir sie in unserer Antwort auf die Einfache Anfrage Eggli vom I.Juni 1977 umschrieben haben, sind hier erfüllt.

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Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der «kombinierte» Widerruf gegenüber einem Drittgläubiger nur bei Bargeschäften, d. h. nur bei solchen Verträgen in Betracht kommt, die nicht unter die Bestimmungen über den Abzahlungskauf fallen. Dafür ist einerseits durch Artikel 226h Absatz 3 gesorgt, wonach der Abzahlungsverkäufer seines Anspruchs auf die Anzahlung verlustig geht, wenn er weiss oder wissen muss, dass sich der Käufer die Mittel dafür durch Aufnahme eines Kleinkredits beschafft hat (vgl. Ziff. 221.203); anderseits hat auch der Kreditgeber, der mit einem Kleinkredit wissentlich ein Abzahlungsgeschäft finanziert, keinen klagbaren Anspruch auf Kapitalrückzahlung und Kreditkosten (Art. 318«; vgl. Ziff. 222.305).

Absatz l statuiert den Grundsatz, wonach der Widerruf des Kleinkreditvertrags mit einem Widerruf des zu finanzierenden Vertrags verbunden werden kann, wenn der Gläubiger von der Kreditaufnahme Kenntnis hatte oder haben musste.

Unerheblich wird dabei sein müssen, ob sich Kenntnis oder Verdacht konkret auf einen Kleinkredit im technischen Sinne richteten; es genügt, wenn Anhaltspunkte für irgendeine Form der Drittfinanzierung bestanden haben und diese dann effektiv unter die Vorschriften über den Kleinkredit fällt. Der Widerruf hat auch gegenüber dem Dritten durch schriftliche Erklärung zu erfolgen, und zwar grundsätzlich gleichzeitig mit dem Widerruf des Kreditvertrags, also jedenfalls binnen der für denselben geltenden Frist.

Absatz 2 präzisiert, dass der Widerruf gegenüber dem Dritten zu seiner Gültigkeit der gleichzeitigen Übermittlung eines Doppels der Widerrufserklärung gegenüber dem Kreditgeber bedarf, was der Klarstellung der Rechtslage dient.

Absatz 3 regelt die Folgen des Widerrufs im Verhältnis zum Drittgläubiger, soweit dieser bereits Leistungen erbracht hat. Handelt es sich um einen Sachleistungsvertrag, so liegt die Analogie zur Ordnung beim Rücktritt im Abzahlungsgeschäft auf der Hand (Art. 226p Abs. 2; vgl. Ziff. 221.206). Bei Dienstleistungsverträgen kann ein entsprechendes Resultat durch Anwendung der Regeln über den Auslagen- und Verwendungsersatz nach Auftragsrecht (Art. 402 OR) erzielt werden.

222.303 Verbot der Kreditmäkelei Artikel 3181: Kleinkreditvermittlung Nach Aussagen von Bankenkreisen hat sich die Vermittlung von Finanzierungskrediten namentlich im
Automobilhandel zu einer eigentlichen Provisionenjagd ausgewachsen, wobei die Händler von den Kreditinstituten unter Ausnützung der scharfen Konkurrenz Provisionen bis zu 15 Prozent forderten. Dass die Problematik dieser Praktiken schon früher erkannt wurde, zeigt die kantonalzürcherische Regelung, welche die Vermittlungsgebühren nach einer im umgekehrten Verhältnis zur Kreditsumme sinkenden Prozentskala begrenzt und sie noch zusätzlich um soviel reduziert als sie die Gesamtbelastung des Kreditnehmers zusammen mit den Kreditkosten auf über 18 Jahresprozente anwachsen lassen (Art. 14 der Verordnung über Darleiher, Darlehens- und Kreditvermittler). Das Konkordat zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen (Art. 2) bestimmt seinerseits, dass für die Kreditvermittlung vom Borger oder Kreditnehmer keinerlei 574

Entschädigung oder Kostenrückerstattung verlangt werden darf. Beide Regelungen vermögen indessen nicht vollständig zu verhindern, dass sich auch die vom Kreditgeber zu bezahlenden Provisionen in Form von Akquisitionsunkosten verteuernd auf die vom Konsumenten zu tragenden Kreditkosten auswirken. Im übrigen mag die Aussicht auf einen mittels Provisionen zu erzielenden doppelten Gewinn die Händler dazu verleiten, ihren Kunden auch dann eine Drittfmanzierung zu empfehlen, wenn diese nicht darauf angewiesen oder - schlimmer - gar nicht kreditwürdig sind.

Der Entwurf übernimmt daher den Standpunkt der Expertenkommission, welche ein generelles Verbot der entgeltlichen Kreditvermittlung im Bereich der Kleinkredite vorgeschlagen hatte. Zivilrechtlich werden entsprechende Vereinbarungen durch Artikel 318/ nichtig erklärt. Dazu kommen strafrechtliche Sanktionen sowohl gegenüber dem Kreditgeber wie gegenüber dem Vermittler (Art.,332quat" StGB in der Fassung des Entwurfs). Über die Effektivität des Verbots darf man sich allerdings nicht allzu grossen Illusionen hingeben, da verschiedenste Tarnformen der Provisionsgewährung denkbar und vielfach schwer nachzuweisen sind (Einräumung vorteilhafter Konditionen bei eigenen Betriebskrediten des Vermittlers u. dgl.). Im Vordergrund steht deshalb die präventive Wirkung des Verbots sowie die Bekämpfung offener Missbräuche.

222.304 Massnahmen gegen die Kettenverschuldung Artikel 318m : Verbot von Zweitkrediten Konsum auf Vorschuss trägt namentlich für den darauf angewiesenen, wenig finanzkräftigen Verbraucher und insbesondere bei Finanzierung durch Barkredit den Keim zur Kettenverschuldung in sich. Wer einmal die Annehmlichkeiten einer nicht durch Mangel an Bargeld gehemmten Beanspruchung des grossen Angebots an Gütern und Dienstleistungen genossen hat, erliegt immer leichter der Versuchung, ohne grosse Rücksicht auf das scheinbar noch in weiter Ferne liegende «dicke Ende» von der Hand in den Mund zu leben und sich bei allenfalls doch auftretenden Schwierigkeiten mit der Aufnahme weiterer fremder Mittel zu behelfen. Die intensive Werbung für Kleinkredite, in der die Leichtigkeit und Raschheit der Geldbeschaffung als besondere Vorteile herausgestrichen werden, appelliert geradezu an diese Neigung, die für den Adressaten erhebliche Gefahren birgt. Dass die Mehrfach-
und Kettenverschuldung ein wichtiges Problem darstellt, ist denn auch weithin unbestritten. Hingegen gehen die Meinungen darüber, ob und wie sich dafür angemessene Lösungen finden lassen, auseinander.

Die Frage ist unter anderem auch im Rahmen des Ausschusses für Konsumentenpolitik der OECD im Hinblick auf die Empfehlungen über den Verbraucherkredit diskutiert worden, ohne dass man sich über wirksame Massnahmen zu einigen vermocht hätte. Gegen eine Beschränkung der Aufnahme von Zweitdarlehen wurde insbesondere der Einwand einer zu weitgehenden Beschränkung der individuellen Freiheit vorgebracht; wenn man den Bürger nicht vollends bevormunden wolle, müsse man es seiner Vernunft und Urteilskraft überlassen, seine finanzielle Leistungsfähigkeit abzuschätzen. Von Millionen Kreditoperationen führe nur ein sehr kleiner Teil zu Über- und Kettenverschuldung, so dass die Pflicht zur Amortisierung eines früheren Darlehens vor Aufnahme eines neuen einen unverhältnis575

massigen Eingriff in die Privatautonomie all derer bedeuten würde, die ihre Kreditverhältnisse reibungslos abwickelten. Der Schutz einer Minderheit vor der eigenen Leichtfertigkeit dürfe sich nicht zum Nachteil der grossen Mehrheit von vernünftigen Kreditnehmern auswirken. Ausserdem wurden Praktikabilitätsargumente und Gründe des Persönlichkeitsschutzes geltend gemacht: Die Aufnahme von Zweitkrediten liesse sich nur mittels eines ausgebauten zentralen Informationssystems wirksam verhindern, was eine erhebliche Gefahr von Eingriffen in die Persönlichkeitssphäre mit sich brächte.

Ähnlichen Bedenken ist auch im Kreis der Expertenkommission Ausdruck verliehen worden. Ausserdem wiesen die Bankenvertreter auf die ungleiche Behandlung von Abzahlungsgeschäften und Barkrediten hin, auf das Interesse der Kreditinstitute, sich eine Dauerkundschaft zu schaffen und mit ihr Vertrauensbeziehungen zu unterhalten, sowie auf die Möglichkeit der Umgehung eines allfälligen Verbots von Zweitkrediten. Trotzdem entschied sich die Kommission mehrheitlich dafür, ein solches Verbot in ihren Vorentwurf aufzunehmen. Ausschlaggebend war hierfür vor allem auch die Überlegung, die gesetzliche Beschränkung der Laufzeit von Kleinkrediten wäre illusorisch, wenn alte Darlehen einfach durch neue abgelöst und so beliebig verlängert werden könnten. Die Bestimmung war in Anlehnung an Artikel 3 der konjunkturrechtlichen Verordnung über die Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte konzipiert. Danach sollte ein Kleinkredit dem Interessenten oder seinem mit ihm zusammenlebenden Ehegatten vor der vollständigen Amortisation eines früheren, unter die Bestimmungen über den Kleinkredit fallenden Darlehens nur «zur Überbrückung unvorhergesehener Schwierigkeiten» gewährt werden dürfen. Vorausgesetzt war dabei, dass der Kreditgeber von einem bestehenden Erstdarlehen keine Kenntnis hatte und auch bei gehöriger Aufmerksamkeit (Art. 3 Abs. 2 ZGB) nicht hätte haben können. Diese Gutgläubigkeit hätte sich im wesentlichen auf die Selbstauskunft des Kreditnehmers stützen können; weitere Nachforschungen hätte man dem Kreditgeber grundsätzlich nicht zugemutet.

Der Vorschlag fand im Vernehmlassungsverfahren geteilte Aufnahme. Man befürchtete vor allem praktische Schwierigkeiten, wenn auf die Einrichtung einer allenfalls vom Staat selber aufzubauenden und
lückenlos funktionierenden - zentralen Kreditinformationsstelle verzichtet werde, und stand im übrigen auch einer solchen Institution misstrauisch gegenüber. Ausserdem wurde häufig auf die Widersprüchlichkeit des Vorbehalts von Zweitkrediten zur Überbrückung von Schwierigkeiten hingewiesen, die ausgerechnet Leute in ohnehin prekären Verhältnissen «privilegieren» würde.

Der vorliegende Entwurf hält am Grundsatz eines Verbots von Zweitkrediten fest, versucht aber gleichzeitig, verschiedenen berechtigten Einwänden Rechnung zu tragen. Für die Beibehaltung spricht, dass es sich bei der Mehrfach- und Kettenverschuldung um ein Kernproblem des Konsumkreditrechts überhaupt handelt und dass der Verzicht auf entsprechende Massnahmen eine Sozialschutzgesetzgebung in diesem Bereich lückenhaft, inkonsequent und unglaubwürdig erscheinen liesse. Dieser Gesichtspunkt beansprucht namentlich gegenüber der Berufung auf Freiheit und Vernunft das Übergewicht, weil mit diesen Argumenten der ganzen Vorlage der Boden entzogen werden könnte. Dass mit der Beschränkung des Verbots auf Barkredite eine gewisse Diskrimination gegenüber dem Abzahlungsgeschäft stattfindet, ist als unvermeidlich in Kauf zu nehmen. Es ist nicht 576

denkbar, ein System aufzubauen, das eine vollständige Kontrolle in dieser gesamten Sparte erlauben würde. Anderseits ist zu bedenken, dass es bei Abzahlungsgeschäften wohl auch zu einer mehrfachen Verschuldung, aber kaum zu einer Kettenverschuldung kommen kann, so dass die Gefahr hier insgesamt doch geringer ist. Zutreffend und zu berücksichtigen ist dagegen der Einwand, es sei unlogisch, Ausnahmen von dem Verbot der Zweitkredite .gerade da zuzulassen, wo das Risiko der Überschuldung wegen einer Notlage des Kreditnehmers am grössten sei. Es gibt in solchen Fällen andere Möglichkeiten finanzieller Unterstützung als die Zuflucht zum teuren Kleinkredit. Schliesslich ist auch anzuerkennen, dass die wirksame Durchsetzung des Verbots nur mit Hilfe einer gut funktionierenden zentralen Informationsstelle möglich ist, der alle Kreditinstitute angeschlossen sein sollten. Eine solche Institution existiert bereits unter der Bezeichnung «Zentralstelle für Kreditinformation» (ZEK), der bis heute freilich der Nachteil anhaftet, dass ihr nicht alle Institute, darunter auch sehr bedeutende, beigetreten sind.

Der Verband Schweizerischer Kreditbanken und Finanzierungsinstitute hat aber in seiner Vernehmlassung selbst eine entsprechende Beitrittsverpflichtung für Aussenstehende befürwortet, allerdings unter Ablehnung der gleichzeitigen «Kreditsperre». Der Entwurf sieht von einer ausdrücklichen Verpflichtung in diesem Sinne ab, die sich nicht mehr mit dem der neuen Konzeption zugrundeliegenden Verzicht auf verwaltungsrechtliche Massnahmen vereinbaren liesse. Dagegen will er die Kreditgeber durch eine wirksame zivilrechtliche Sanktion und zusätzliche Strafbestimmungen indirekt dazu anhalten, sich einer entsprechend ausgebauten und umfassenden Debitorenkontrolle anzuschliessen und sie auch zu benützen.

Aus diesen Erwägungen verfügt Absatz l schlechthin die Unklagbarkeit von Ansprüchen aus einem vor der endgültigen Liquidation eines früheren Kleinkredits abgeschlossenen neuen Vertrag. Dieselbe Sanktion würde selbstverständlich auch eingreifen, wenn der frühere Kredit ohne effektive Schuldentilgung durch blosse Pro-forma-Saldierung beendet worden ist. Zur Verhinderung von Umgehungen ist auch der Ehegatte-des Kreditnehmers in das Verbot einbezogen, sei es dass er Schuldner des Erstkredits ist. sei es, dass er selbst als
Kreditnehmer auftritt, solange der andere .einen früheren Kredit noch nicht · vollständig zurückbezahlt hat; vorausgesetzt ist allerdings, wie beim Zustimmungserfordernis, dass die Ehegatten einen gemeinsamen Haushalt führen. Irgendwelche Ausnahmen von dem Verbot sind aus den hievor geschilderten Gründen nicht mehr vorgesehen; sie würden lediglich Rechtsunsicherheit verursachen. Entgegen dem Expertenentwurf kommt es auch nicht mehr auf den guten Glauben :des Kreditgebers an. Die Pflicht zur Abklärung, ob noch unbereinigte frühere Kleinkredite bestehen, trifft ihn ohne jede Einschränkung. Das bedeutet, dass er isich nicht einfach auf die Selbstauskunft des Interessenten verlassen kann, sondern praktisch zum Anschluss an ein zentrales und zuverlässiges Schuldnerregister gezwungen ist.

Was die persönlichkeitsrechtliche Problematik der zentralen Debitorenkontrolle anbelangt, die auch im britischen und amerikanischen Konsumkreditrecht und in den OECD-Empfehlungen berücksichtigt wird, so geht der Entwurf davon aus, dass diese Fragen im generellen Kontext eines verbesserten Persönlichkeits- und Datenschutzes zu behandeln und zu lösen sind, wozu gegenwärtig die Vorarbeiten laufen. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass das Bankgeheimnis (Art. 47 BankG) durch den indirekten Zwang zum Aufbau und Betrieb einer Evidenzzen577

traie im Bereich des Kleinkredits teilweise aufgehoben wird. Das ist die natürliche Konsequenz der hier vorgenommenen Wertung, wonach der Schutz des Kreditkunden vor übermässiger Verschuldung dem Schutz der Geheimsphäre vorgeht.

Im übrigen bleibt es dem Kreditgeber selbstverständlich unbenommen (und ist sogar wünschenswert), den Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass das Geschäft bei einer solchen Zentrale gemeldet und registriert wird.

Absatz 2 enthält ein Sicherheitsventil, das eine ungerechtfertigte «Bestrafung» des Kreditgebers durch die UnkJagbarkeitsvorschrift von Absatz l dann verhindern oder mindestens mildern soll, wenn er vom Kreditnehmer hinsichtlich bestehender früherer Kleinkredite belegen worden ist. Eine voll funktionierende zentrale Kreditinformation würde diese Bestimmung allerdings weitgehend überflüssig machen. Sie hat aber ihre Bedeutung für die Übergangszeit und später allenfalls für nicht völlig auszuschliessende Einzelfälle, in denen die Kontrolle versagt. Zum strafrechtlichen Aspekt der falschen Selbstauskunft wird näheres in Ziffer 223.24 ausgeführt.

222.305 Kleinkredite in Verbindung mit Abzahlungsgeschäften Artikel 318n : Finanzierung von Abzahlungskäufen Nach der bereits dargelegten Konzeption des Entwurfes werden Abzahlungsgeschäfte, die auf direkter Kreditierung des Kaufpreises (oder - je nach der Natur des Vertrags - einer entsprechenden Vergütung) durch den Lieferanten selbst beruhen, grundsätzlich vom Bar-(Klein-)kredit getrennt behandelt und die beiden Bereiche des Konsumkredits auch separat, allerdings unter Berücksichtigung ihrer parallelen und zum Teil komplementären Funktion, geregelt (Ziff. 213 und 222.2). Die hier vorgeschlagene Bestimmung, welche ebenfalls auf eine Anregung der Expertenkommission zurückgeht, gehört zu denen, die über diese Trennungslinie hinweg die Verbindung zwischen den beiden Teilbereichen herstellen und die Koordination gewährleisten sollen. Die Vorschriften des Abzahlungsrechts über die Mindestanzahlung und die Höchstdauer des Vertrags (Art. 226A und 2260 würden ihr Ziel verfehlen, wenn sich der Schuldner durch Aufnahme eines Kleinkredits dem Kreditwürdigkeitstest entziehen und eine Verlängerung der gesetzlich beschränkten Ratenzahlungspflicht herbeiführen könnte. Insofern bedeutet Artikel 318n eine der neuen Konzeption angepasste
Wiederaufnahme des. dem geltenden Artikel 226m Absatz 2 OR zugrundeliegenden Gedankens. Es geht ferner darum, den Abzahlungsschuldner davor zu bewahren, in ein «Zweifronten-Kreditverhältnis» oder - bei Ablösung der Schuld aus einem Abzahlungsgeschäft mit kleinkreditmässig beschafften Mitteln - vom Regen in die Traufe zu geraten.

Dafür ist einerseits durch Artikel 226/z Absatz 3 (vgl. Ziff. 221.203) gesorgt, der sich gegen den Abzahlungsverkäufer richtet, wenn er wissentlich die Umgehung des Anzahlungsgebots durch Drittfinanzierung toleriert oder den Käufer sogar dazu anleitet; anderseits soll auch der Kreditgeber zu solchen Missbräuchen nicht Hand bieten und seines Anspruchs auf Rückzahlung und Kreditkosten verlustig gehen, wenn er vom vorschriftswidrigen Verwendungszweck der Kreditsumme Kenntnis hatte oder bei zumutbarer Aufmerksamkeit hätte haben können.

In Analogie zu Artikel 318m wird deshalb die Forderung des Kreditgebers mit Unklagbarkeit belegt. Das kann indessen nicht mit derselben Strenge und Konse578

quenz geschehen wie beim Verbot von Zweitkrediten, weil bezüglich des Verwendungszwecks der Kleinkredite die Möglichkeit einer zuverlässigen Kontrolle nicht besteht. Die Unklagbarkeit wird demnach nur den Kreditgeber treffen, der in dieser Hinsicht nicht gutgläubig war bzw. vernünftigerweise nicht gutgläubig sein konnte. Er wird sich also im Prinzip, d. h. sofern zwischen ihm und dem Abzahlungsverkäufer keine Vorabsprache, Geschäftsverbindung oder sonstige Beziehungen bestehen und sich auch aus den übrigen Umständen keine Anhaltspunkte für Umgehungsabsichten des Kreditinteressenten ergeben, auf dessen Selbstauskunft verlassen dürfen, ohne weitere Nachforschungen über die Wahrhaftigkeit des Vertragspartners anstellen zu müssen. Immerhin ergibt sich aus der Zurechnung vermeidbarer Unkenntnis eine Erkundigungspfücht des Kreditgebers, deren er sich am sichersten durch Einholung einer entsprechenden schriftlichen Erklärung des Kreditnehmers entledigen wird, wie dies übrigens in der Praxis schon heute gang und gäbe ist.

222.306 Beanspruchung und Zurverfügungstellung der Kreditsumme Artikel318o: Auszahlung Diese Bestimmung beruht auf Hinweisen und Vorschlägen, die im Rahmen des Vernehmlassungsverfahrens eingebracht wurden. Zunächst sollte verhindert werden, dass dem Kreditnehmer zum vorneherein ein Teil der zugesagten Kreditsumme als Sicherheit für den Kreditgeber, zur Deckung irgendwelcher nicht im Vertrag ausgewiesener bzw. in die Kreditkosten eingerechneter Gebühren, Kommissionen und dergleichen vorenthalten wird, während er auf dem ganzen vereinbarten Betrag die Kosten zu zahlen hat. Ferner gab es Hinweise auf gewisse Umgehungspraktiken (insbesondere auch im Hinblick auf das Verbot der Zweitkredite), indem beispielsweise dem Kunden das Doppelte oder Dreifache des im Antrag verlangten Betrags gewährt, der Überschuss aber nicht ausgehändigt sondern beim gleichen Institut auf ein Sparheft angelegt wurde, wobei wiederum auf dem gesamten Betrag die vertragsmässigen Kreditkosten verrechnet wurden; die Bank profitierte somit nicht bloss vom Zins des Kleinkredits, sondern gleichzeitig und zusätzlich auch noch vom Passivgeldzufluss des Sparhefts. Schliesslich machte man darauf aufmerksam, dass in der Praxis nicht selten zwischen Vertragsabschluss und Auszahlung der Kreditsumme längere Zeit verstreicht und
dass der Kreditnehmer sich in einer solchen Situation häufig nicht mit einer Inverzugsetzung des Kreditgebers zu helfen weiss. Daran lässt sich die Überlegung anschliessen, dass das in einer längerdauernden Verzögerung der gewünschten Auszahlung (oder wenigstens eines entsprechenden Angebots) zum Ausdruck kommende Desinteresse des Kreditgebers zum willkommenen Anlass genommen werden darf, den Kreditnehmer aus einer unter dem Gesichtspunkt des Sozialschutzes ohnehin nicht besonders erwünschten Bindung zu befreien und das für ihn trotz allen Schutzvorschriften mit gewissen Gefahren verbundene Kreditverhältnis zu beenden.

In diesem Sinne verankert Absatz l zunächst den Grundsatz, dass bei Auszahlung der Kreditsumme oder eines Teils davon wie auch bei anderweitigen Verfügungen des Kreditnehmers über ein Kleinkreditkonto (z. B. durch Zahlungsauftrag oder Unterzeichnung des Rechnungsbelegs beim Kreditkartengeschäft) keinerlei Ab579

züge oder Rückbehalte vorgenommen werden dürfen, die dazu führen würden, dass der Kreditnehmer auf nicht effektiv bezogenen oder beanspruchten Beträgen Kreditkosten zu bezahlen hätte.

Dieser Gedanke ist in Absatz 2 der Bestimmung sanktioniert und gleichzeitig noch etwas weitergeführt. Die Ansprüche des Kreditgebers werden strikt auf effektiv getätigte und durch persönliche schriftliche Bescheinigung des Kreditnehmers (Quittung oder Anweisung) ausgewiesene Bezüge beschränkt. Das bedeutet zunächst, dass der Vertrag selbst nur dann als Schuldanerkennung und Rechtsöffnungstitel im Sinne von Artikel 82 SchKG gelten kann, wenn er auch die Empfangs- oder Verfügungsbestätigung des Kreditnehmers über die gesamte Kreditsumme enthält. Ist der Kredit nur teilweise beansprucht worden, so müssten für spätere Bezüge oder Verfügungen zusätzliche Bescheinigungen verlangt werden.

Darüber hinaus schliesst die vorgeschlagene Bestimmung die Einforderung einer Bereitstellungskommission für den nicht beanspruchten Betrag sowie die Haftung des Kreditnehmers für Verfügungen unbefugter Dritter aus. Damit entfällt allerdings auch die Möglichkeit, Kreditkarten zur Verwendung durch mehrere Personen (etwa Familienangehörige des Kreditnehmers) auszugeben; diese Konsequenz darf aber angesichts der gerade mit derartigen personell erweiterten Kreditverhältnissen verbundenen höheren Risiken ohne weiteres in Kauf genommen werden. Dagegen wird durch Artikel 3180 Absatz l die Frage allfälliger Bearbeitungsgebühren nicht berührt, die von Kreditinteressenten für den Fall gefordert werden, dass der Vertrag nicht zustandekommt; es wäre Sache des kantonalen Rechts, gegen Missbräuche in diesem Bereich einzuschreiten. Soweit übrigens von überhöhten Gebühren eine abschreckende Wirkung ausgeht, können sie sogar durchaus erwünscht sein. Kommt hingegen ein Kleinkreditvertrag zustande, so müssen diese Kreditprüfungs- und Bearbeitungsgebühren in die gesetzlich begrenzten Kreditkosten integriert werden (Art. 318e).

Selbstverständlich sind auch bezüglich dieser Vorschrift Umgehungsversuche denkbar, indem etwa dem Kunden lediglich eine Pro-forma-Quittung zur Unterzeichnung vorgelegt oder auf andere Weise dafür gesorgt wird, dass er von dem ihm vielleicht sogar tatsächlich ausgehändigten Geld einen Teil sogleich wieder abzweigt und dem Kreditgeber
in der einen oder anderen Form zurückerstattet, z. B. eben auf ein Sparheft beim gleichen Institut anlegt. Es wird Sache der Rechtsprechung sein, derartige Machenschaften als Simulation oder Verstoss gegen ein Zielverbot zu entlarven und entsprechend zu sanktionieren. Ein derart vorgehender Kreditgeber könnte sich unter Umständen auch strafrechtlich wegen mittelbarer Täterschaft oder Anstiftung zu Urkundenfälschung zu verantworten haben.

Absatz 3 bestimmt, dass ein Kleinkredit nach Ablauf eines Monats seit Ablauf der Widerrufsfrist von Artikel 318/ dahinfällt, wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine Auszahlung der Kreditsumme oder eines Teils davon erfolgt oder mindestens im Sinne von Artikel 82 OR gehörig angeboten worden ist.

222.307 Laufzeit Zu den zentralen Schutzmassnahmen gehört auch im Bereich der Barkredite die zeitliche Begrenzung des Kreditverhältnisses (vgl. zum Abzahlungskauf 580

Ziff. 221.203). Eine gesetzliche Höchstdauer für die Rückzahlung von Kleinkrediten war bereits in der mehrfach erwähnten konjunkturrechtlichen Verordnung über die Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte vorgesehen und wurde auch von der Expertenkommission in ihren Vorentwurf übernommen. Im übrigen drängt sie sich schon deshalb auf. weil die Regelung des Kleinkredits ja vor allem auch die - heute noch legale - Umgehung des Abzahlungsrechts über den Kleinkredit verhindern soll. Würde dessen Laufzeit nicht in koordinierter Weise beschränkt, so bliebe ein wesentlicher Anreiz zum Ausweichen auf den Barkredit bestehen.

Abgesehen davon gehört eine relativ kurze Laufzeit zürn eigentlichen Wesen des Kleinkredits als Überbrückungskredit und begünstigt auch hier eine vernünftige Kreditauswahl. Der Entwurf setzt deshalb ebenfalls eine entsprechende Höchstlaufzeit fest (Art. 318p).

Gegenüber der Regelung beim Abzahlungskauf ergeben sich beim Kleinkredit insofern besondere Probleme, als nicht bloss Festkredite mit einmaliger Auszahlung der vollen Kreditsumme und fixen Rückzahlungsterminen (einmalig oder in Raten) sondern auch revolvierende (Kontokorrent-) Kredite berücksichtigt werden müssen. Der letzteren wegen kann für den Beginn der Laufzeit nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung der Kreditsumme abgestellt werden, weil sonst das Kreditverhältnis - solange die Limite nicht voll ausgeschöpft, ist - durch jeden neuen Bezug wieder verlängert würde. Als einheitlicher Anfangstermin muss daher ein für beide Parteien klar feststellbares Datum gewählt werden, das eine eindeutige zeitliche Limitierung gestattet. Dies aber hat zur Folge, dass bei kontokorrentmässig geführten Krediten (insbesondere auch bei Kreditkartengeschäften) unter Umständen ein Teil der verfügbaren Dauer unbenutzt abläuft und dass für Bezüge, die gegen Ende dieser festen Dauer getätigt werden, nur noch kurze Rückzahlungsfristen zur Verfügung stehen. Ist ein Kredit während längerer Zeit überhaupt nicht beansprucht worden, so entstehen keine grösseren Schwierigkeiten : Es muss einfach im Zeitpunkt des Bedarfs ein neuer Vertrag abgeschlossen werden, sofern die im laufenden Vertrag verbleibende Zeit als Kreditdauer nicht ausreicht. Anders, wenn bereits Bezüge gemacht und :noch nicht vollständig zurückbezahlt worden sind: In diesem Fall steht dem Abschluss
eines neuen Vertrags die Bestimmung von Artikel 318m entgegen; soll für den neuen Bezug die volle gesetzliche Höchstlaufzeit zur Verfügung stehen, so muss zuerst die noch offene Schuld durch (vorzeitige) Rückzahlung vollständig getilgt werden. Diese Ordnung bringt ohne Zweifel gegenüber der gegenwärtig herrschenden absoluten Freiheit eine erhebliche Erschwerung mit sich. Sie ist aber im Interèsse eines wirksamen Sozialschutzes unentbehrlich und ist im übrigen nur deshalb notwendig geworden, weil im Hinblick auf bereits bekannte und neu zu befürchtende Umgehungsgeschäfte auf das Teilzahlungskriterium in der Definition des Kleinkredits verzichtet werden musste. Für den klassischen Teilzahlungs-Kleinkredit ergeben sich denn auch aus der vorgeschlagenen Lösung keine zusätzlichen Probleme.

Die gesetzliche Beschränkung der Laufzeit muss im übrigen mit der maximalen Vertragsdauer beim Abzahlungskauf so koordiniert werden, dass sie diese keinesfalls übersteigt. Nur so ist dafür Gewähr geboten, dass Kleinkredite nicht weiterhin als «günstigere» Variante des Konsumkredits hinsichtlich der Rückzahlungsfrist erscheinen und damit die Regelung des Abzahlungsgeschäfts weitgehend ins Leere stösst.

581

Was die Sanktion bei Überschreitung der Höchstlaufzeit und deren Verlängerung durch richterliche Anordnung betrifft, so kann die Parallelität zum Abzahlungsrecht (Art. 226z Abs. 3 und 4) gewahrt werden. In ähnlicher Weise können auch die Bestimmungen über die Beschränkung der Dauer von Lohnzessionen und -Verpfändungen (Art. 318^) und über die vorzeitige Rückzahlung (Art.318r) aus den entsprechenden Vorschriften zum Abzahlungskauf (Art. 226k und 226m) übernommen werden.

Artikel 318p: Beschränkung der Laufzeit Absatz l setzt die gesetzliche Höchstlaufzeit auf achtzehn Monate seit Ablauf der Widerrufsfrist (Art. 3180 fest- Diese Dauer wurde vor allem mit Rücksicht auf die maximale Vertragsdauer beim Abzahlungskauf gewählt ; es wird dadurch eine Differenz von einem halben Jahr geschaffen, die das Ausweichen vom Abzahlungsgeschäft auf den Kleinkredit uninteressant macht. Dieser Gedanke wird sodann in Absatz 2 für eine allfällige Modifikation der Höchstlaufzeit auf dem Verordnungswege wieder aufgenommen und konsequent durchgeführt. Die 18 Monate entsprechen im übrigen dem Vorschlag einer Minderheit der Expertenkommission und liegen nur knapp unter der nach Aussagen aus Bankenkreisen durchschnittlich beanspruchten Laufzeit von 21 - 22 Monaten. Ein wesentliches Argument für die Verkürzung gegenüber der Höchstvertragsdauer beim Abzahlungskauf ist schliesslich, dass nur auf diese Weise der zwangsläufige Verzicht auf die Anzahlung beim Barkredit einigermassen wettgemacht werden kann; die Warn- und Schutzfunktion des Anzahlungsgebots muss hier gleichsam auf die entsprechend reduzierte Vertragsdauer übertragen und konzentriert werden. Bei Teilzahlungskrediten führt dies zu vergleichsweise erhöhten Rückzahlungsraten, die sich in einem erwünschten Sinne hemmend auf den Entschluss zu wenig leistungsfähiger Interessenten auswirken können. Aber auch wenn die Rückzahlung bis zum Ablauf der Höchstdauer freigestellt ist und in einem oder mehreren Malen erfolgen kann, wird sich der Kreditnehmer die Sache angesichts der relativ kurzen Frist besser überlegen.

Weshalb als Anfangstermin für die Bestimmung der Höchstlaufzeit nicht die Auszahlung der Kreditsumme angenommen werden konnte, wie es der üblichen Praxis entspricht, wurde einleitend bereits dargetan. Unter diesen Umständen, erschien die nächstliegende Lösung,
auf den Ablauf der Widerrufsfrist abzustellen, d. h. auf einen Zeitpunkt der beim normalen Kleinkredit mit sofortiger Inanspruchnahme der vollen Summe regelmässig mit der Auszahlung zusammenfallen oder ihr nur um kurze Zeit vorangehen wird. In den meisten Verträgen ist denn auch die unverzügliche Auszahlung vorgesehen, bzw. der Vertrag selbst gleichzeitig als Quittung und Schuldanerkennung ausgestaltet.

Für feste Teilzahlungskredite ist sodann in Anlehnung an die Parallelbestimmung des Abzahlungsrechts (Art. 226z Abs. 1) eine Aufteilung des rückzahlbaren Gesamtbetrags in gleichhohe und mindestens monatlich aufeinanderfolgende Raten vorgesehen (vgl. Ziff. 221.203).

Absatz 2 erlaubt auch beim Kleinkredit eine Modifikation der Höchstlaufzeit auf dem Verordnungsweg, wenn sich Abweichungen von der 18-Monats-Frist aus sozialpolitischen Gründen und unter Berücksichtigung der Konjunkturlage als notwendig erweisen sollten. Im Gegensatz zur Regelung beim Abzahlungskauf 582

kann hier angesichts der relativen Kürze der gesetzlichen Richtdauer auch eine geringfügige Verlängerung ins Auge gefasst werden. Dabei ist freilich der Rahmen - unter Berücksichtigung des gegenüber der Vertragsdauer für Abzahlungsgeschäfte einzuhaltenden Abstandes - ziemlich eng bemessen. Da nach Artikel 226i Absatz l die fixe Höchstdauer bei 24 Monaten liegt, kann die Laufzeit für Kleinkredite bei Wahrung einer Minimaldifferenz von 3 Monaten nicht über 21 Monate hinaus erstreckt werden. Anderseits müsste bei voller Ausschöpfung der Kompetenz zur Verkürzung der Vertragsdauer bei den Abzahlungsgeschäften auf 15 Monate die Höchstlaufzeit für Kiemkredite entsprechend auf 12 Monate festgesetzt werden; ein Bedürfnis zu noch weitergehender Begrenzung ist kaum denkbar, so dass diese Jahresfrist gleichzeitig als untere Limite bezeichnet werden kann.

Bezüglich der Absätze 3 und 4, die vollständig den Absätzen 3 und 4 von Artikel 226z entsprechen, kann auf die Erläuterungen zu jener Bestimmung (Ziff. 221.203) verwiesen werden. Wiederholt sei immerhin, dass durch das Barzahlungsgebot auch beim Kleinkredit wechselmässige Verpflichtungen des Schuldners ausgeschlossen sind.

Artikel 318q: Zeitliche Begrenzung von Lohnabtretungen und -Verpfändungen Die Bestimmung hält sich an das Vorbild von Artikel 226fr, so dass auch hierfür auf den dortigen Kommentar (Ziff. 221.204) verwiesen werden kann. Die völlige Synchronisation von Lohnzession und Höchstlaufzeit hat im übrigen wie beim Abzahlungskauf zur Folge, dass der Kreditgeber, der1 sich für den Fall des Ausbleibens der Saldozahlung eine gewisse Karenzfrist für die Geltendmachung der Lohnabtretung oder -Verpfandung wahren will, eine kürzere als die gesetzlich zulässige Laufzeit vereinbaren muss.

Artikel 318r: Vorzeitige Rückzahlung Diese Vorschrift regelt den Parallelfall zum Barauskauf beim Abzahlungsgeschäft. Der Schuldner zahlt den Kredit freiwillig vor Ablauf der vereinbarten oder gesetzlichen Laufzeit zurück. Er macht also von einem Recht Gebrauch, das ihm nach den allgemeinen Regeln über die Erfüllung (Art. 81 Abs. l OR) zustünde, das aber gerade beim verzinslichen Darlehen durch die «Willensmeinung der Parteien» bzw. das Interesse des Gläubigers ,an der gewinnbringenden Geldanlage, ausgeschlossen sein könnte. Analog zur Regelung beim Abzahlungskauf wird
dieses Recht hier zwingend erklärt, ebenso - im Gegensatz zu Artikel 81 Absatz 2 OR - der Anspruch auf einen Minimaldiskont, sofern die Restschuld durch einmalige Zahlung beglichen wird.

Absatz l statuiert dementsprechend das (unabdingbare)1 Recht des Kreditnehmers, jederzeit seine Schuld ganz oder teilweise durch Zahlung oder Teilzahlung zu tilgen (vai. Art. 226m Abs. l, Ziff. 221.205).

Absatz 2 verankert den Anspruch des Kreditnehmers auf einen Diskont von minimal 75 Prozent der auf die nicht beanspruchte Kreditdauer entfallenden Kreditkosten (analog Art. 226m Abs. 2), sofern die Schuld: durch einmalige Saldozahlung vollständig beglichen und damit das Kreditverhältnis beendet wird. Dabei versteht sich von selbst, dass diese Regelung nur für die typischen Kleinkredite von praktischer Bedeutung ist. bei denen ein oder mehrere fixe Rückzahlungster583

mine vereinbart worden sind. Handelt es sich demgegenüber um einen Kontokorrentkredit, bei welchem der Kreditnehmer im Rahmen der (konstanten) Limite jederzeit Bezüge tätigen und bis zum Ablauf der Höchstlaufzeit ebenso beliebig zurückzahlen kann, wobei die Kreditkosten nach der effektiven betragsmässigen und zeitlichen Beanspruchung berechnet werden, so stellt sich das Problem der vorzeitigen Rückzahlung gar nicht; der vom Gesetz verfolgte Zweck ist dann schon durch die entsprechende Gestaltung des Kreditvertrags erreicht.

Artikel 318s: Ausschluss der Kündigung Auch diese Vorschrift betrifft einen Fall vorzeitiger Rückzahlung. Im Unterschied zum Fall von Artikel 318r geht es aber hier um eine Verpflichtung des Kreditnehmers, die ihm vertraglich auferlegt werden könnte, indem sich der Kreditgeber - wie dies gegenwärtig nicht selten zutrifft - ein jederzeitiges Kündigungsrecht (Art. 314 OR) vorbehält. Vor solchen Klauseln soll der Kreditnehmer, der regelmässig auf die volle Laufzeit für die Rückzahlung angewiesen ist und durch einen vorzeitigen Verfall des Kredits in erhebliche Schwierigkeiten geraten könnte, geschützt werden. Sie werden deshalb mit Nichtigkeit belegt.

Bereits in der Expertenkommission war diskutiert worden, ob von dieser Regel gewisse Ausnahmen - etwa für den Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder des Wegzugs des Schuldners - vorgesehen werden sollten. Der Entwurf hält sich in diesem Punkt an die von der Kommissionsmehrheit vertretene Auffassung, dass die allgemeinen betreibungsrechtlichen Möglichkeiten, durch Arrest die Fälligkeit herbeizuführen (Art. 271 Abs. 2 i. V. m. Abs. l Ziff. l und 2 SchKG), dem Kreditgeber ausreichenden Schutz gewähren.

222.308 Schutz des Kreditnehmers bei Abtretung der Kreditforderung und beim zweckgebundenen Kredit Die Abtretung der Kreditforderung durch den Kreditgeber an einen Dritten spielt beim Barkredit nicht dieselbe Rolle wie beim Abzahlungsgeschäft (vgl. Art. 226/ Abs. 2, l. Halbsatz), wo sie namentlich der Drittfinanzierung (des Händlers oder des Kunden) dienstbar gemacht wird und, bei entsprechendem Einredenausschluss, .den Schuldner nicht bloss seiner Einreden hinsichtlich der akzessorischen Kreditgewährung sondern auch bezüglich der primären Sach- oder Dienstleistung verlustig gehen Hesse. Bei der gleichsam «freischwebenden», autonomen
Kreditforderung des Barkreditgebers bestehen diese Risiken nicht im gleichen Ausmass; immerhin sind sie im Hinblick auf Inkassozessionen doch zu beachten. Nach Informationen der Expertenkommission unterhalten einzelne Kleinkreditinstitute zu diesem Zweck selbständige Tochtergesellschaften.

Verwandt mit dem Problem der Verselbständigung einer zedierten Abzahlungsforderung ist hingegen die praktisch wesentlich wichtigere und auch heiklere Frage, ob und wie dem Umstand Rechnung getragen werden kann, dass auch der streng rechtlich vollkommen eigenständige «persönliche» Barkredit - wenigstens aus der Sicht des Kreditnehmers - mit dem Konsumgeschäft, zu dessen Finanzierung er verwendet wird, wirtschaftlich eine Einheit bildet oder doch in enger Verbindung steht. Für den Kreditgeber ist dieser funktionelle Zusammenhang mindestens dann ebenfalls erkennbar, wenn er im Einvernehmen mit dem Lieferanten 584

des Konsumgutes handelt ; sei es, dass dieser ihm den Konsumenten als Kreditkunden vermittelt, sei es, dass er selbst Kredite zur Finanzierung bestimmter Geschäfte mit ihm verbundenen Unternehmern anbietet. Bei einer derartigen Verflechtung von Kredit- und eigentlichem Erwerbsgeschäft wirkt es stossend, dass die Kreditschuld des Verbrauchers von Mängeln und Leistungsstörungen im Bereich des finanzierten Vertrags überhaupt nicht berührt, d. h. die rein rechtstechnische Dissoziation von Leistung und Gegenleistung (bzw. Forderung und Gegenforderung) zu einer Schlechterstellung des Konsumenten führen soll. Aus diesem Grunde sehen moderne, Regelungen des Konsumkreditrechts vielfach besondere Vorschriften zum Schutz des Kreditnehmers bei Drittfmanzierungskombinationen vor, die bis zur umfassenden Solidarhaftung von Kreditgeber und Sachoder Dienstleistungsschuldner reichen ; so namentlich etwa das neue britische Abzahlungsrecht, die Entwürfe in Schweden, Norwegen und Frankreich sowie die EG-Richtlinie und die Empfehlungen der OECD. Einen Ansatz in dieser Richtung, der sich allerdings nicht bewährt hat, enthielt übrigens auch schon das geltende Abzahlungsrecht in Artikel 226m Absätze 2 und 3 OR. Der vorliegende Entwurf geht weniger weit als die konsequentesten ausländischen Vorbilder; er begnügt sich damit, dem Kreditnehmer beim zweckgebundenen und im Einvernehmen zwischen Lieferant und Kreditgeber zustandegekommenen Finanzierungs-Kleinkredit rein defensiv jene Einreden auch gegenüber dem Kreditgeber (oder einem Zessionar der Kreditforderung) zuzubilligen, die ihm im Rahmen eines einheitlichen Konsumgeschäfts gegenüber der Entgeltsforderung des Lieferanten zustünden.

Artikel 318t : Einreden des Kreditnehmers Absatz / enthält die Parallelbestimmung zu Artikel 2261 Absatz 2, erster Halbsatz, beim Abzahlungskauf. Hier geht es nur darum, dem Kreditnehmer die Einreden, die sich unmittelbar aus dem Kleinkreditvertrag ergeben, auch gegenüber einem (Inkasso-) Zessionar zu wahren. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift, wie sie beim Abzahlungskauf zur Erfassung allfälliger Drittfinanzierungskombinatiönen ohne Abtretung und ohne Kleinkreditcharakter vorgesehen werden musste (vgl. Ziff. 221.205), fällt hier ausser Betracht.

Absatz 2 bezieht sich auf die kleinkreditmässige Finanzierung von
Konsumgeschäften, die zwischen Konsument und Lieferant als Barzahlungsgeschäfte abgewickelt werden. Sobald es sich um ein Abzahlungsgeschäft handelt, griffe das generelle Finanzierungsverbot von Artikel 318« ein; dass der Vorbehalt der Gutgläubigkeit des Kreditgebers (vgl. Ziff. 222.305) beim zweckgebundenen und einvernehmlichen Finanzierungskredit zum Tragen kommen könnte, ist kaum vorstellbar.

«Zweckgebunden» ist ein Kredit, wenn er für den Kreditgeber erkennbar zur Finanzierung eines bestimmten Konsumgeschäfts eingesetzt werden soll. Dabei braucht diese Zweckbindung nicht geradewegs zur eigentlichen Grundlage des Kreditvertrags in dem Sinne gemacht zu werden, dass dessen Bestand davon abhängig wäre. Anderseits muss der Kreditgeber vom Verwendungszweck doch eine ausreichend sichere Kenntnis haben: er muss wissen, dass er in eine Kombination von Kredit- und Erwerbsgeschäft einbezogen wird, aus der ihm zusätzliche Verpflichtungen erwachsen können.

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585

Mit dieser Erkennbarkeit der Zweckbindung hängt die weitere Voraussetzung eng zusammen, dass der Kleinkredit sich aus einem (planmässigen) «Zusammenwirken» zwischen Kreditgeber und Lieferant ergeben haben muss. Dabei kann die Initiative entweder vom Lieferanten ausgehen, der dem Kreditgeber den Kunden vermittelt - diesem z. B. die Kreditantragsformulare übergibt oder den Kreditantrag dem Finanzierungsinstitut direkt übermittelt -, oder es kann umgekehrt der Kreditgeber sein, der von sich aus zweckgebundene Finanzierungskredite zur Verwendung bei ihm angeschlossenen oder verbundenen Lieferanten anbietet (Kreditkarten). Auf ein entsprechendes Zusammenwirken kann allenfalls auch aus weiteren Umständen - wie direkte Auszahlung der Kreditsumme an den Lieferanten, mehr oder weniger enge und dauernde Geschäftsbeziehungen zwischen Lieferant und Kreditgeber, wirtschaftliche Abhängigkeit des einen vom anderen usw. - geschlossen werden. Umsomehr würde die Einredenregelung selbstverständlich gelten, wenn das «Zusammenwirken» sich schon aus der wirtschaftlichen Identität von Kreditgeber und Lieferant (Konzernbindung, Tochtergesellschaft) ergibt.

Eine Beschränkung ergibt sich - dem Zweck des Konsumentenschutzes entsprechend - hinsichtlich der zu finanzierenden Verträge nach ihrem Gegenstand. Es muss sich um den Erwerb einer beweglichen Sache oder einer «konsumierbaren» Dienstleistung handeln. Bei den Dienstleistungen erscheint eine besondere Präzisierung deshalb überflüssig, weil es im Bereich der freiberuflichen Dienste - die selbstverständlich nicht erfasst werden sollen - kaum je zu einem Zusammenwirken mit einem Kleinkreditinstitut kommen wird.

Sind die hievor umschriebenen Voraussetzungen erfüllt, so kann der Kreditnehmer die Einreden, die ihm aus dem Sach- oder Dienstleistungsvertrag gegen eine Direktforderung des Lieferanten zustünden (wegen Konsens-, Form- oder Willensmängeln, Rechtswidrigkeit, Unsittlichkeit, Nicht- oder Schlechterfüllung), auch gegenüber dem Kreditgeber geltend machen. Nicht gefeit ist er allerdings wie beim Abzahlungskauf (vgl. Ziff. 221.205 zu Art. 2261) - dagegen, dass der Lieferant zum vorneherein seine Haftung für Mängel der Lieferung oder andere Vertragsverletzungen wegbedingt, soweit dies gesetzlich zulässig ist; eine solche Freizeichnung würde sich ohne weiteres auf das
Verhältnis zum Kreditgeber übertragen. In diesem Zusammenhang ist übrigens darauf hinzuweisen, dass sich der Kreditgeber in einem gewissen Umfange auch selbst gegen Einreden des Kreditnehmers aus dem finanzierten Vertrag abschirmen kann, indem er seine Verpflichtung zur Auszahlung der Kreditsumme an die aufschiebende Bedingung knüpft, dass der Kreditnehmer die Lieferung abgenommen und für gut befunden habe. Bei der Finanzierung von auf Dauer angelegten Dienstleistungen entfällt diese Möglichkeit allerdings.

222.309 Schutz des Schuldners beim Verzug Die Verzugsbestimmungen sind denen des Abzahlungsrechts (Art. 226«, 226o Abs. 3 und 226q) nachgebildet, so dass im wesentlichen auf die Erläuterungen unter Ziffer 221.206 verwiesen werden kann. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die Verzugsregelung beim Kleinkredit auch Kredite erfasst, die nicht nach 586

dem Teilzahlungsmodus zurückzuzahlen sind: einerseits Festkredite, anderseits Kontokorrentkredite, bei denen Bezug und Rückzahlung im Belieben des Kreditnehmers stehen. Für sie gilt einzig die Beschränkung des Verzugszinses auf die Höhe des jeweils vereinbarten Kreditkostensatzes. Dagegen beziehen sich die Bestimmungen über Voraussetzungen und Wirkungen des Terminverfalls (ein Rücktritt vom Vertrag kommt hier nicht in Betracht) einzig auf Teilzahlungsdarlehen und die ihnen gleichgestellten Kontokorrentkredite mit gleichmässig sinkender Limite.

Artikel 3J8u: Verzug des Kreditnehmers Absatz l betreffend den Verzugs- und den Stundungszins entspricht genau der ParallelbestLmmimg von Artikel 226«.

Dagegen verzichtet der Entwurf - entgegen dem Vorschlag der Expertenkommission - auf eine besondere Regelung des Beginns der Verzugszinspflicht in dem Sinne, dass auf den Verzug mit Rückzahlungsraten, die sowohl Kapital wie Zinsen enthalten, einheitlich die, Sondervorschrift von Artikel 105 Absatz l OR anzuwenden gewesen wäre, so dass Verzugszinse erst vom Tag der Anhebung der Betreibung oder der gerichtlichen Klage an zu bezahlen gewesen wären. Abgesehen davon, dass dies dem Kreditgeber einen gewissen Verlust verursacht und ihn zu vermehrten Betreibungen gezwungen hätte, schien im Falle gewerbsmässiger Kreditgewährung auch das gesetzgeberische Motiv des Artikels 105 OR nicht ohne weiteres gegeben ; dieser bezieht sich nämlich ausser auf Zinsen auch auf Renten und geschenkte Summen, so dass angenommen werden kann, die Verzugszinspflicht sollte vor allem dort eingeschränkt werden, wo die ausstehende Leistung normalerweise nicht zur Reinvestition bestimmt ist. Das würde indessen beim Kleinkreditgeschäft nicht zutreffen. Angesichts der generellen Kürzung des Verzugszinses im Rahmen von Absatz 3 wird der Schuldnerschutz durch Anwendung der Normalregel von Artikel 104 OR nicht wesentlich geschwächt.

Absatz 2 beschränkt bei Teilzahlungskrediten den Terminverfall analog zu Artikel 226o Absatz 3 beim Abzahlungskauf. Hingegen erübrigte sich eine besondere Regel für den Verzug mit der letzten Rate (vgl. Art. 226o Abs. 4), da ein Rücktritt beim Barkredit nicht denkbar ist und der, Terminverlust zu keinem anderen Resultat führen kann als die normale Einforderung der letzten Rate.

Absatz 3 ist Artikel 226q nachgebildet
und regelt einerseits den Diskont, der dem Schuldner bei vorzeitiger Einforderung der gesamten Restschuld gewährt werden muss. anderseits die entsprechende Kürzung der Verzugszinse.

222.310 Garantie der ordentlichen Gerichtsbarkeit Artikel 318v : Gerichtsstand und Schiedsgericht Auch hier handelt es sich um eine Übernahme des für Abzahlungsgeschäfte geltenden Ausschlusses von Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsklauseln (vgl.

Art. 226r; Ziff. 221.207).

,

587

223

Dritter Teil: Strafbestimmungen

223.1

Vorbemerkungen

223.11

Zweck der Sanktionen und geschützte Rechtsgüter

In den Ziffern 211 und 212 ist bereits ausgeführt worden, welche Erwägungen uns veranlasst haben, nach dem Verzicht auf verwaltungsrechtliche Bestimmungen und in Abweichung von den Vorschlägen der Expertenkommission, Strafsanktionen zur Verstärkung der wichtigsten zivilrechtlichen Vorschriften im Bereich des Teilzahlungskaufs und des Kleinkredits vorzusehen und eine entsprechende Ergänzung des Strafgesetzbuches zu beantragen.

Die Erfahrungen mit dem geltenden Teilzahlungsrecht haben gezeigt, dass zivilrechtliche Sanktionen allein nicht ausreichen, um den Schutzvorschriften die gewünschte und erforderliche Beachtung zu sichern. So wurde die Einführung von Strafbestimmungen bereits durch die Intervention von Nationalrat Graber 1967 zur Diskussion gestellt und in der Folge von Nationalrat Deonna in seinem Postulat von 1970 und in der Einzelinitiative von 1971 wieder aufgegriffen (vgl.

Ziff. 131). Die Expertenkommission glaubte Strafsanktioneh nur in Verbindung mit einer Verwaltungsaufsicht vorschlagen zu können und beschränkte sich daher auf verwaltungsstrafrechtliche Massnahmen in ihrem Entwurf zu einem Spezialgesetz über den Kleinkredit. Im Vernehmlassungsverfahren wurde die strafrechtliche Verstärkung der zivilrechtlichen Ordnung mehrheitlich begrüsst und anderseits bedauert, dass für Verstösse gegen die Vorschriften über den Teilzahlungskauf nichts Entsprechendes - auch ohne administrative Kontrolle - vorgesehen sei (vgl. Ziff. 132). Die meisten ausländischen Konsumkreditgesetzgebungen enthalten ebenfalls Strafbestimmungen. Solche werden namentlich auch in den Empfehlungen der OECD angeregt.

Die Zweckmässigkeit von Strafbestimmungen lässt sich vor allem mit dem Hinweis darauf anzweifeln, dass angesichts der bereits erwähnten «Komplizität» von Kreditgebern und Kreditnehmern mit einer erheblichen Dunkelziffer zu rechnen sei. Dieser Gesichtspunkt gab auch den Ausschlag in der Expertenkommission, wo die Meinung vorherrschte, Strafnormen, die nicht effektiv angewandt und durchgesetzt werden könnten, würden der Glaubwürdigkeit der Rechtsordnung mehr schaden als der Verzicht darauf. Demgegenüber ist aber festzuhalten, dass das zu erwartende Dunkelfeld nur eines von mehreren Argumenten in der kriminalpolitischen Diskussion darstellt und zudem je nach der Zielsetzung unterschiedlich gewichtet werden
muss. So darf insbesondere das Moment der Prävention nicht ausser Acht gelassen werden, dem umso grössere Bedeutung zukommt, je höherwertig die zu schützenden Rechtsgüter eingeschätzt werden. Ginge es nur um individuelle vermögensrechtliche Interessen, wie man bei vordergründiger Betrachtung zunächst annehmen könnte, so müsste das Präventionsargument wohl zurückhaltend beurteilt werden. Im Bereich des Konsumkredits ist indessen die soziale Dimension ausschlaggebend : Schutzgut ist vor allem die Entschliessungsfreiheit des schwächeren Vertragspartners, d. h. die Privatautonomie als Fundament eines freiheitlichen Zivilrechts und die (wirtschaftliche) Persönlichkeit des Verbrauchers, die durch übermässige Bindung und Verschuldung in einer auch öffentliche Interessen berührenden Weise beeinträchtigt werden kann. Darüber hinaus besteht auch ein eminentes öffentliches Interesse daran, dass das positive 588

Recht durchgesetzt und damit das Ansehen der Rechtsordnung gewahrt werden kann. Es· darf angenommen werden, dass Strafbestimmungen doch etwas dazu beitragen können, die Einhaltung der privatrechtlichen Schutzvorschriften zu fördern und systematische Umgehungen - wie sie unter dem geltenden Recht vorgekommen sind - in einem gewissen Umfang zu verhüten. Dies bestätigen denn auch die Erfahrungen, die das Finanz- und Zolldepartement beim Vollzug des Kreditbeschlusses und der darauf gestützten Verordnung über die Kleinkreditund Abzahlungsgeschäfte gemacht hat. Im übrigen dürfen die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, dass der betroffene Konsument selbst die Strafverfolgung nicht ohne weiteres in Gang bringen wird, auch nicht überschätzt werden! Es dürfte wohl nicht selten vorkommen, dass Kreditkonsumenten gerade wegen finanzieller Probleme mit Institutionen oder Behörden in Berührung kommen, welche Unregelmässigkeiten feststellen und Anzeige erstatten .können. Dabei ist nicht zuletzt an die Strafverfolgungsbehörden selbst zu denken, die im Rahmen einer gegen den Kunden geführten Untersuchung Verstösse gegen die Vorschriften über den Konsumkredit aufdecken und entsprechende Massnahmen einleiten können. Gerade Firmen, welche diese Vorschriften missachten, laufen vermehrt Gefahr, solche Kunden anzuziehen und auf diesem Weg zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Ein weiterer Gesichtspunkt 'bleibt zu berücksichtigen : Die Hauptschwäche eines rein privatrechtlich konzipierten Sozialschutzes besteht darin, dass er auf die eigene Initiative der Betroffenen angewiesen ist, nämlich darauf, dass sie sich ihr Recht vor'dem Zivilrichter erstreiten. Und gerade davor scheuen viele Verbraucher aus Unkenntnis oder wirtschaftlichen und psychologischen Gründen zurück (vgl. Ziff. 142.22). Der Einsatz des Strafrechts ermöglicht dagegen ein Tätigwerden der Behörden von Amtes wegen und vermag dadurch einen vielleicht bescheidenen, aber nicht geringzuachtenden Beitrag zur teilweisen Lösung dieses Problems zu leisten.

' 223.12 ; Zur Frage der Rechtssicherheit («Keine Strafe ohne Gesetz») ' :

'

l

Zu den Einwänden, die gegen die Einführung von Strafbestimmungen vorgebracht wurden, gehört auch; die Befürchtung, die vorgesehenen Tatbestände würden wegen ihrer Unbestimmtheit gegen den fundamentalen Grundsatz verstossen, wonach nur bestraft werden kann, «wer eine Tat begeht, die das Gesetz ausdrücklich mit Strafe bedroht» (Art. l StGB). Tatsachlich ergibt sich eine gewisse Schwierigkeit daraus, dass die primäre Frage, ob überhaupt ein den Vorschriften über den Konsumkredit unterstehender Vertrag vorliege, unter Umständen nicht auf Anhieb zu beantworten sein wird. Diese Gefahr besteht weniger beim Kleinkredit, dessen Definition auf eindeutig ziffernmässig feststellbaren Kriterien beruht, als beim Teilzahlungskauf, wo die Generalklausel einen gewissen Interprétations- und Subsumtionsspielraum offenlässt. Immerhin bemüht sich der Entwurf auch hier, den Geltungsbereich durch Erwähnung der wichtigsten Umgehungsformen und einzelner, bestimmter Vertragstypen so klar wie möglich abzustecken.

Auch hinsichtlich der analog zu behandelnden Dienstleistungsgeschäfte dürfte die Rechtssicherheit gewahrt sein: die Fernkursverträge sind ausdrücklich erwähnt und die Kompetenz des Bundesrates so gestaltet, dass auch nur wieder einzelne, 589

bestimmte, weitere Verträge unterstellt werden können. Zu beachten ist aber vor allem, dass die vorgesehenen Strafbestimmungen sich nur an Verkäufer und Kreditgeber richten, die solche Verträge gewerbsmässig abschliessen. Damit wird implizite eine Kenntnis der einschlägigen Regeln vorausgesetzt, bzw. - wenn auch fahrlässige Begehung mit Strafe bedroht wird - ein Erwerb dieser Kenntnisse zur Pflicht gemacht. Wer in einem Spezialgebiet mit Sonderregeln tätig ist, handelt pflichtwidrig unvorsichtig (Art. 18 Abs. 3 StGB), wenn er sich die erforderlichen Kenntnisse nicht aneignet. Im übrigen dürften nicht selten die Rechtskenntnisse gerade jener Händler und Kreditgeber ausgezeichnet sein, die dieses Recht zu umgehen trachten und sich auch entsprechend juristisch beraten lassen.

Was die Strafbarkeit des Kunden wegen falscher Selbstauskunft betrifft (nachfolgend Ziff. 223.24), so dürfte hier die Subsumtionsfrage kaum eine Rolle spielen, weil falsche Angaben nur auf entsprechende Fragen des Vertragspartners gemacht werden und dieser die Fragen wiederum nur stellt, wenn er die Anwendung der Vorschriften über den Teilzahlungskauf oder den Kleinkredit überhaupt in Betracht zieht. Abgesehen davon wird der Kunde ohnehin nur bei vorsätzlich falscher Auskunft bestraft.

223.13

Deliktsart und systematische Einordnung

Der Entwurf beschränkt sich auf Übertretungstatbestände. Unter dem Gesichtspunkt der Prävention hätten sich auch Vergehensstrafen - wie sie im Vorentwurf der Expertenkommission zum Kleinkreditgesetz vorgesehen waren - ins Auge fassen lassen. Für den Verzicht auf die Androhung von Gefängnis war zunächst die Überlegung massgebend, dass strafrechtliche Sanktionen als Verstärkung einer zivilrechtlichen (wenn auch zwingenden) Regelung für unsere Rechtsordnung doch ein Novum darstellen, welches eine gewisse Zurückhaltung hinsichtlich der Strafdrohung nahelegt.

Anderseits wurde erwogen, dass die beabsichtigte generalpräventive Wirkung sich auch mit einer angemessenen Erhöhung des Bussenmaximums sollte erzielen lassen können, wie es in anderen vergleichbaren Fällen (Bankengesetz, Anlagefondsgesetz) vorgesehen ist und sich auch hier angesichts des Umstandes rechtfertigt, dass man es regelmässig mit einer ziemlich finanzkräftigen Täterschaft zu tun haben wird. Ausserdem dürfte auch die zusätzlich vorgeschlagene Nebenstrafe des spezifischen Gewerbeverbots einen nicht unbedeutenden vorbeugenden Effekt haben.

Im übrigen führt die Beschränkung auf Übertretungen dazu, dass die Bestimmungen der Artikel 102 ff. StGB anwendbar werden. Das bedeutet insbesondere, dass Versuch und Gehilfenschaft nur auf ausdrückliche gesetzliche Anordnung strafbar sind (Art. 104 Abs. l StGB) und dass auch das Berufs- und Gewerbeverbot, welches aber ohnehin den Bedürfnissen des Konsumkreditrechts angepasst werden muss, ausdrücklicher Erwähnung bedarf (Art. 104 Abs. 2 StGB).

Die Wahl der Deliktsart hat sich auch auf die systematische Einordnung ausgewirkt. Wären Vergehen vorgesehen worden, so hätte sich mit mehr Nachdruck die Frage gestellt, ob ein Einbau in den Zweiten Titel des Besonderen Teils (Strafbare Handlungen gegen das Vermögen) erfolgen solle. Indessen wäre diese Ein590

Ordnung dem Anspruch des Sozialschutzes nicht voll gerecht geworden. Anderseits hätte die als zweite Lösung in Betracht fallende Einreihung in den ziemlich zusammengewürfelten Neunzehnten Titel (Übertretungen bundesrechtlicher Bestimmungen) den Eindruck erwecken können, dass es sich bei den Strafnormen des Konsumkreditrechts nicht um besonders wichtige Regeln handle. So bot sich schliesslich die Schaffung eines neuen Zwanzigsten Titels (Übertretungen der Bestimmungen über den Konsumkredit) an, der einerseits den spezifischen Charakter dieser Tatbestände zum Ausdruck bringt und sich anderseits ohne allzu grosse Eingriffe in die Gliederung des StGB am Ende des Zweiten Buches anfügen lässt.

Im übrigen ist nicht auszuschliessen, dass dieser neue Titel in einem späteren Zeitpunkt allenfalls noch ergänzt werden und zusätzliche Bestimmungen im Rahmen eines allgemeineren und weiter ausgebauten Verbraucherschutzes aufnehmen könnte.

223.2

Kommentar zu den einzelnen Tatbeständen

223.21

Schutz gegen irreführende Formularverträge

Artikel 332bis: Verwendung vorschriftswidriger Vertragsformulare Nach den Artikeln 226c Absatz l, 227b Absatz l und 318rf Absatz l des Entwurfes muss ein Teilzahlungskauf- oder Kleinkreditvertrag schriftlich abgefasst sein und eine Anzahl zwingend vorgeschriebener Angaben enthalten. Fehlende oder mangelhafte Angaben werden durch entsprechende zivilrechtliche Massnahmen sanktioniert. Auch hier bleibt aber das Problem bestehen, dass zahlreiche Konsumenten ihre Rechte nicht kennen oder jedenfalls nicht ausüben, so dass die vorgesehenen1 Sanktionen wirkungslos bleiben.

Nun würde es offensichtlich zu weit gehen, jede unkorrekte oder unvollständige Vertragsredaktion strafrechtlich zu ahnden. Indessen kommt unter den verschiedenen vorgeschriebenen Angaben der einen hervorragende Bedeutung zu, nämlich dem Hinweis auf das Widerrufsrecht des Kunden (Art. 226c Abs. l Ziff. 8, Art. 2276 Abs. l Ziff. 5 und Art. 318^ Abs. l Ziff. 7). Mit Hilfe dieses einfach auszuübenden Gestaltungsrechts wird der Kreditkonsument instand gesetzt, die bereits perfekte vertragliche Bindung nach erneuter Überlegung aufzuheben und damit alle weiteren Probleme und Schwierigkeiten zum vorneherein zu vermeiden. Er ist also in seinem Schutz und in seiner verstärkten Entschlussfreiheit empfindlich geschmälert, wenn er von dieser Möglichkeit keine Kenntnis hat. In der Tat kommt es auch immer wieder vor, dass Teilzahlungsverträge ohne Hinweis auf das Widerrufsrecht ausgefertigt werden, offenbar in der durchaus berechtigten Annahme, der grösste Teil der so Übertölpelten werde den Mangel gar nicht bemerken. Es scheint deshalb gerechtfertigt, diese besonders wichtige Angabe aus dem Katalog der Inhaltserfordernisse herauszugreifen und denjenigen Händler oder Kreditgeber zu bestrafen, der bewusst darauf ausgeht, seinen Kunden das Widerrufsrecht vorzuenthalten.

Der objektive Tatbestand ist demnach in Absatz l umschrieben als Verwendung von Vertragsformularen, die nicht die vollständigen Angaben über das Widerrufsrecht des Kunden enthalten, beim gewerbsmässigen Abschluss von Verträgen, die den Vorschriften über den Teilzahlungskauf oder über den Kleinkredit unterstehen.

591

Vorausgesetzt ist zunächst, dass der Täter diese Verträge, bei denen das Zivilrecht eine schriftliche Ausfertigung und hinsichtlich des Inhalts eben den Hinweis auf das Widerrufsrecht verlangt, gewerbsmässig abschliesst. Das Element der Gewerbsmässigkeit bezieht sich also hier - wie auch in den folgenden Artikeln 332ler und 332« uatcr - nicht als besonderes Schuldmerkmal direkt auf die Begehung der strafbaren Handlung, sondern auf die geschäftliche Aktivität des Täters, in deren Rahmen er Teilzahlungs- und Kleinkreditverträge abschliesst. Im Gegensatz zur zivilrechtlichen Regelung, wo der Entwurf die einschränkende Voraussetzung der Gewerbsmässigkeit (Art. 226a Abs. 2 OR) aufgegeben hat, soll die Strafsanktion den Privaten, der bei einem Gelegenheitsverkauf oder einem Gelegenheitsdarlehen die Vorschriften über den Vertragsinhalt missachtet, nicht treffen.

Eine ähnlich restriktive Wirkung hat übrigens auch das weitere Erfordernis der .Verwendung von «Vertragsformularen». Darunter sind in erster Linie gleichlautende und standardisierte, gedruckte oder vervielfältigte Vertragstexte im Sinne Allgemeiner Geschäftsbedingungen zu verstehen, wie sie im Teilzahlungs- und Kleinkreditwesen gebräuchlich sind und meist unverändert für alle Abschlüsse verwendet werden. Immerhin dürfte der Begriff nicht so eng ausgelegt werden, dass man sich der Strafdrohung einfach dadurch entziehen könnte, dass man sich auf handschriftlich redigierte Verträge kapriziert. «Formular» ist vielmehr jede schriftliche Vertragsausfertigung, die nicht ohne weiteres als Einzelexemplar einer zwischen Privaten ausgehandelten und von ihnen schriftlich fixierten Vereinbarung erkenntlich ist.

Zentrales objektives Tatbestandsmerkmal ist sodann, dass die verwendeten Formulare nicht die vollständigen Angaben über das Widerrufsrecht des Kunden enthalten. Mit «vollständig» ist gemeint, dass der Hinweis sich auf alle Elemente erstrecken muss, die der Kunde zur form- und fristgerechten sowie unbeschwerten Ausübung seines Rechtes kennen muss. Es genügt also nicht, festzuhalten, dass der Vertrag innert sieben Tagen widerrufen werden könne, sondern es muss ausdrücklich festgehalten werden, dass dies schriftlich und innerhalb von sieben Tagen seit dem Vertragsabschluss, d. h. dem Datum der Empfangsbestätigung für das Vertragsdoppel und den Gesetzestext
(Art. 226d und 318e), zu geschehen habe, und dass dem Kunden aus dem Widerruf keine Kosten erwachsen (vgl.

BGE 90 III 29).

Der subjektive Tatbestand erfordert Vorsatz, da die ausdrückliche Erstreckung auf Fahrlässigkeit fehlt (Art. 18 Abs. l i. V. m. Art. 102 StGB). Damit ist Strafbarkeit insbesondere dann ausgeschlossen, wenn der Täter den oder die abgeschlossenen oder abzuschliessenden Verträge, selbst pflichtwidrig unsorgfältig nicht als solche erkannt hat, die den Vorschriften über den Teilzahlungskauf oder über den Kleinkredit unterstehen. Immerhin dürfte in solchen Fällen nicht selten Eventualvorsatz anzunehmen sein, wenn der Händler (oder Kreditgeber) zwar nicht geradewegs einen Abzahlungs- oder Vorauszahlungskauf oder ein durch die Generalklausel miterfasstes Geschäft abschliessen und dabei dem Kunden den Hinweis auf das Widerrufsrecht vorenthalten wollte, aber doch die Möglichkeit, dass der Vertrag unter diese Vorschriften falle und der Kunde somit nicht Kenntnis von dem ihm zustehenden Recht erhalten könnte, in Betracht zog und in Kauf nahm. Auch unmittelbar auf die Verwendung der vorschriftswidrigen Formulare bezogen, dürfte blosse Fahrlässigkeit die Ausnahme bilden. Man wird demjeni592

gen, für dessen geschäftliche Tätigkeit der Vertrag redigiert wurde oder der ihn sogar selbst formuliert hat. die Entschuldigung kaum je abnehmen, der Hinweis auf das Widerrufsrecht sei aus Versehen unterlassen worden oder er habe im konkreten Fall ein falsches Formular erwischt.

Die Strafandrohung ist Haft oder Busse im üblichen Rahmen, d. h. nach Artikel 106 Absatz l StGB bis zum Höchstbetrag von 5000 Franken. In einzelnen Fällen könnte dieser Rahmen allenfalls durch die Annahme von Gewinnsucht im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 StGB gesprengt werden, doch ist der objektive Tatbestand wenig darauf angelegt, ein solches Gesinnungsmerkmal erkennen zu lassen. Jedenfalls darf nicht schon aus dem natürlichen Gewinnstreben des Händlers oder Kreditgebers auf Gewinnsucht geschlossen werden.

Absatz 2 handelt von der Einziehung der vorschriftswidrigen Vertragsformulare.

Die ausdrückliche Erwähnung dieser in Artikel 58 StGB allgemein vorgesehenen und gemäss Artikel 102 StGB auch auf Übertretungen anwendbaren Massnahme bewirkt, dass die in Artikel 58 Absatz l Buchstaben a und b umschriebenen Voraussetzungen (Massnahme «zur Beseitigung eines unrechtmässigen Zustandes geboten» bzw. «Gefährdung der öffentlichen Ordnung») nicht mehr im einzelnen Fall nachgewiesen werden müssen, sondern als gegeben betrachtet werden können.

Nach Absatz 3 sind abweichend von der für Übertretungen geltenden Regel (Art. 104 Abs. l StGB) auch Versuch und Gehilfenschaft zur Verwendung vorschriftswidriger Formulare strafbar. Versuch ist denkbar, wenn solche Formulare zur Verwendung bereitgestellt und allenfalls im Rahmen von Vertragsverhandlungen benützt, dann aber beispielsweise auf entsprechende Einwendungen des Kunden hin zurückgezogen werden. Gehilfenschaft könnte bei demjenigen angenommen werden, der im Auftrag des Händlers oder Kreditgebers Formulare ohne Angaben über das Widerrufsrecht formuliert und redigiert. Bei einem juristischen Berater, der seinem Auftraggeber aus eigener Initiative die Auslassung des vorgeschriebenen Hinweises empfiehlt, müsste dagegen Anstiftung angenommen werden; ob er allenfalls auch als mittelbarer Täter bestraft werden könnte, ist für Sonderdelikte - wie sie hier zur Diskussion stehen - umstritten.

223.22

Übertretungen im Bereich der Abzahlungs- und der Vorauszahlungsgeschäfte

Artikel 332'" : Widerhandlungen gegen die Vorschriften über den Teilzahlungskauf Adressat dieser Bestimmung ist - wie in Artikel 332bis - grundsätzlich der Verkäufer (oder Lieferant) als geschäftserfahrene Partei im Rahmen eines unter die Artikel 226 ff. oder 227ff. OR fallenden Vertrags; er ist gehalten, die einschlägigen Vorschriften zu kennen und für ihre Beachtung zu sorgen. Als Täter kommt aber auch ein Zessionar der (Kaufpreis-)Forderung in Betracht, insbesondere hinsichtlich der Überschreitung der Höchstdauer beim Abzahlungskaufoder bei der Einforderung eines überhöhten Reugelds beim Vorauszahlungskauf. Darüber hinaus kann sich zufolge Ziffer l Absatz 2 Buchstabe a der Täterkreis bei der unbefugten Entgegennahme von Vorauszahlungen auch auf Dritte erweitern, die vorschriftswidrig als Zahlstelle fungieren (vgl. oben Ziff. 221.303 zu Art. 221 d Abs. 3). Auch 593

hier wird im übrigen bezüglich der strafrechtlich zu sanktionierenden Verstösse gegen zwingendes Zivilrecht eine Auswahl getroffen, welche nur die wichtigsten Schutzbestimmungen einbezieht.

Ziffer l ist in zwei Absätze gegliedert, deren erster den Abzahlungskauf und die ihm gleichgestellten Verträge betrifft, während sich der zweite auf den Vorauszahlungskauf und verwandte Geschäfte bezieht. Die einzelnen Tatbestände sind in beiden Absätzen ihrerseits mit Buchstaben bezeichnet.

Absatz l Buchstabe a stellt unter Strafe, was man als «Abzahlungswucher» bezeichnen könnte. Er enthält demnach die Sanktion zu Artikel 226c Absatz l Ziffer 4, wo festgehalten ist, dass der in Jahresprozenten auf den mittleren Verfall (vgl. Ziff. 222.301 zu Art. 318e Abs. 2) berechnete Teilzahlungszuschlag den vom Bundesrat gemäss Artikel 3186 Absatz 3 für entsprechende Kleinkredite festgesetzten Höchstsatz nicht übersteigen darf. Zum allgemeinen Wuchertatbestand von Artikel 157 StGB steht die Verletzung der Höchstsatzvorschrift im Verhältnis der Subsidiarität. Im konkreten Fall wird demnach abzuklären sein, ob der geforderte unzulässige Teilzahlungszuschlag auch generell (d. h. unabhängig vom spezifischen Sozialschutz zugunsten des Kreditkonsumenten) in offenbarem Missverhältnis zur Leistung des Kreditgebers steht und dem Kunden in Ausbeutung seiner Notlage, Abhängigkeit, Geistesschwäche, Unerfahrenheit, Charakterschwäche oder seines Leichtsinns abgerungen oder aufgezwungen worden ist.

Nach Absatz l Buchstabe b wird bestraft, wer als Händler entgegen Artikel 226A Absätze l und 3 seine Leistung erbringt, ohne sich dafür spätestens Zug um Zug mit der Lieferung die volle Mindestanzahlung in zulässiger Form aushändigen zu lassen. Strafbar macht sich der Händler auch, wenn er eine Anzahlung akzeptiert von der er weiss, dass sie sich der Kunde aus fremden Mitteln, insbesondere durch Aufnahme eines Kleinkredits, beschafft hat; hier kommt namentlich auch die fahrlässige Begehung (Ziff. 2) in Betracht, wenn der Anzahlungsgläubiger bei pflichtgemässer Vorsicht hätte erkennen können, dass die Anzahlung nicht aus eigenen Mitteln des Schuldners stammt. Die Strafwürdigkeit dieses Verhaltens ergibt sich - trotzdem der Verkäufer damit in erster Linie sich selber schadet - aus dem besonderen Gewicht, das der Gesetzgeber der Warii- und
Schutzfunktion der Anzahlung zumisst (vgl. Ziff. 221.203). Zudem spielt vor allem hier die Überlegung eine Rolle, dass der Abzahlungskunde selbst das Anzahlungsgebot als lästig empfinden und sich deshalb gegen seine Missachtung nicht zur Wehr setzen, geschweige denn auf die zivilrechtliche Sanktion berufen wird (oben Ziff. 141 und Ziff. 223.11 a. E.). Denkbar ist sogar, dass der Kunde den Verkäufer veranlasst, auf die Anzahlung zu verzichten; dann könnte sich strafrechtlich die Frage der Anstiftung stellen.

Strafbar macht sich nach Absatz l Buchstabe c der Händler ferner, wenn er die gesetzliche Höchstdauer des Vertrags nach Artikel 226; Absatz l oder Absatz 2 nicht respektiert, ohne beim Richter eine Verlängerung nach Absatz 4 dieser Vorschrift erwirkt zu haben. Der Tatbestand müsste selbstverständlich auch als erfüllt angesehen werden, wenn Zahlungen nach Ablauf der ordnungsgemäss bewilligten Verlängerung gefordert oder entgegengenommen würden.

Absatz l Buchstabe d sanktioniert ferner ausdrücklich das in der zivilrechtlichen Regelung lediglich implizit - im Barzahlungsgebot - zum Ausdruck kommende 594

Wechselverbot. Die strafrechtliche Verstärkung dieses Schutzes empfiehlt sich vor allem deshalb, weil mit der zivilrechtlichen Sanktion gegenüber dem Verkäufer die Geltendmachung der Wechselforderung durch gutgläubige Dritte nicht verhindert werden kann und der Kunde sich häufig auch mit dem ihm an sich zustehenden Rückforderungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht wirksam zu wehren und schadlos zu halten weiss.

Absatz 2 Buchstabe a bezieht sich auf das in Artikel 221'd Absatz l für überjährige oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Vorauszahlungsgeschäfte statuierte Gebot, wonach die Vorauszahlungen nicht an den Gläubiger direkt sondern auf ein Sparkonto des Schuldners bei einer zur Entgegennahme solcher Einlagen berechtigten Bank mit Treuhänderfunktion zu: leisten sind. Dieser Schutzbestimmung kommt im Rahmen des Vorauszahlungsrechts zentrale Bedeutung zu.

Schon 1962 war es ein Hauptanliegen der Revision, den Vorauszahler gegen den Verlust seiner gebundenen Ersparnisse abzusichern. Aus diesen Gründen rechtfertigt sich die strafrechtliche Erfassung. Der Tatbestand des unbefugten Einforderns bzw. der unbefugten Entgegennahme von Vorauszahlungen zeigt eine gewisse Verwandtschaft mit bestimmten Vermögensdelikten, insbesondere mit der Veruntreuung (Art. 140 StGB), der Unterschlagung (Art. 141 StGB) und allenfalls mit dem Betrug (Art. 148 StGB). Bei der Veruntreuung kann - abgesehen von der Bereicherungsabsicht - das Merkmal des «Anvertrauens» problematisch sein, weil die Vorauszahlungen dem Verkäufer ja nicht bloss zur Verwahrung oder Verwaltung im Interesse des Käufers sondern zur Tilgung einer, allerdings noch aufgeschobenen Schuld, zugeleitet werden. Dagegen bewirkt die Vorschrift von Artikel 121(1 Absatz l immerhin eine rechtliche Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Gläubigers, welche dessen Stellung dem eines Inhabers anvertrauten Gutes annähert. Sofern die Zahlungen nicht aufgrund gegenseitigen Einverständnisses sondern aus Unkenntnis oder Versehen, aber doch aus eigener Initiative des Käufers direkt dem Verkäufer oder einem unbefugten Dritten geleistet werden, kommt Unterschlagung in Frage, sofern die Nichtbeachtung von Artikel 221d seitens des Käufers als Irrtum im Sinne von Art. 141 StGB betrachtet wird. Betrug könnte schliesslich in Frage stehen, wenn der Verkäufer dem
Käufer bewusst vortäuschte, die Zahlungen seien an ihn direkt zu leisten und von Anfang an beabsichtigte, das empfangene Geld für sich zu verwenden, insbesondere, wenn er damit rechnete, es nicht mehr zurückerstatten und auch den Gegenwert in Waren nicht liefern zu können. Als Übertretung aber ist die unbefugte Entgegennahme von Vorauszahlungen auch ohne Bereicherungsabsicht und - zufolge Ziffer 2 - auch bei bloss fahrlässiger Begehung strafbar.

Absatz 2 Buchstabe b enthält ebenfalls einen wucherähnlichen Tatbestand, hier bezogen auf das durch Artikel 227; Absatz 4 begrenzte Reugeld für die Kündigung des Vertrags. (Hinsichtlich des Verhältnisses dieser Übertretung zu Art. 157 StGB vgl. die Bemerkungen zu Abs. l Bst. a hievor).

Was den Strafrahmen anbelangt, so ist für diese Verstösse alternativ Haft oder Busse angedroht, wobei Artikel 50 Absatz 2 StGB (i. V; m. Art. 102 StGB) zu beachten ist, der eine Verbindung beider Strafen ermöglicht. Das Bussenmaximum ist aus präventiven Erwägungen und angesichts der finanziellen Leistungsfähigkeit der möglichen Täter und des wirtschaftlichen Charakters der Delikte gegenüber dem bescheidenen Höchstbetrag von 5000 Franken gemäss Artikel 106 Ab595

satz l erheblich erhöht. Die Grenze von 50 000 Franken entspricht den Ansätzen im Bankengesetz (Art. 46 und 47) und im Anlagefondsgesetz (Art. 49). Ist Gewinnsucht im Spiel, so ist der Richter auch an diesen Höchstbetrag nicht gebunden (Art. 106 Abs. 2 StGB). Ausserdem ist (über Art. 102 StGB) auch Artikel 58 StGB betreffend die Einziehung eines unrechtmässigen Vorteils anwendbar (nachfolgend Ziff. 223.25 a. E.).

Ziffer 2 reduziert für die fahrlässige Begehung der in Ziffer l genannten Handlungen das Bussenmaximum auf 30 000 Franken, womit gleichzeitig Artikel 18 Absatz l StGB Genüge getan ist, der für die Strafbarkeit fahrlässiger Delikte eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung verlangt.

Ebenso verhält es sich nach Artikel 104 Absatz l StGB hinsichtlich der Strafbarkeit von Versuch und Gehilfenschaft bei Übertretungen (Ziff. 3). Die hohe Einschätzung der durch das Konsumkreditrecht geschützten Rechtsgüter rechtfertigt es, auch schon deren Gefährdung durch unvollendete Verstösse und die Unterstützung solcher Verstösse durch Gehilfen unter Strafe zu stellen.

223.23

Übertretungen im Bereich des Barkredits

Artikel 332iucuer : Widerhandlungen gegen die Vorschriften über den Kleinkredit Die Bestimmung ist weitgehend analog zur vorangehenden aufgebaut. Adressat ist primär der Kreditgeber oder ein allfälliger Zessionar der Kreditforderung, soweit die Überschreitung der Höchstlaufzeit, allenfalls auch ein Verstoss gegen das Wechselverbot oder die Ausrichtung verbotener Vermittlungsprovisionen in Frage stehen. Absatz! von Ziffer l erfasst zusätzlich den Kreditvermittler bzw.

den Kreditmäkler. Strafandrohung und Strafrahmen stimmen ebenfalls mit jenen des Artikels 332ter überein.

Ziffer l zählt in Absatz l sechs Widerhandlungen des Kreditgebers oder Zessionars auf. Absatz 2 bezieht sich auf Verstösse von Kreditvermittlern gegen das Verbot der Kreditmäkelei (Art. 318/).

Absatz l Buchstabe a sanktioniert den «Kleinkreditwucher», d. h. die vertragliche Vereinbarung oder die tatsächliche Einforderung höherer als der vom Bundesrat gemäss Artikel 318e Absatz 3 höchstens zugelassenen Kreditkosten (vgl. dazu die Bemerkungen zu Art. 332ter Ziff. l Abs. l Est. a _ unter Ziff. 223.22 hievor).

In Absatz l Buchstabe b wird die wissentliche Übertretung des Verbots von Zweitkrediten (Art. 318w, vgl. oben Ziff. 222.304) mit Strafe bedroht. Vorsätzliche Begehung wird namentlich dann in Frage kommen, wenn der frühere Kleinkredit, der die Gewährung des verbotenen zweiten blockiert, bereits durch den gleichen Kreditgeber erfolgte. Da nach Ziffer 2 aber auch die fahrlässige Übertretung des Verbots unter Strafe gestellt ist, muss auch derjenige Kreditgeber mit einer Strafverfolgung rechnen, der seine Pflicht zur Abklärung, insbesondere durch Rückfrage bei der zentralen Debitorenkontrolle, vernachlässigt. Dabei wird man eine gewisse Zurückhaltung in der Beurteilung solcher Fälle beobachten müssen, solange noch keine zuverlässige Möglichkeit der Informationsbeschaffung besteht. In einem späteren Zeitpunkt könnte aber allenfalls bereits die Weigerung eines Kreditgebers, sich an dieser Institution zu beteiligen und sie auch zu benützen, den Vorwurf der Fahrlässigkeit begründen. Im übrigen lassen sich auch bei 596

diesem Tatbestand Sorgfaltsverletzungen denken, die bereits als Eventualvorsatz zu qualifizieren wären. Falsche Auskünfte des Kreditnehmers würden den Kreditgeber auch nicht ohne weiteres entlasten; doch setzt sich damit der Kreditnehmer selbst der Strafverfolgung nach Artikel 332«TM")TM» (nachfolgend Ziff. 223.24) aus.

In ähnlicher Weise macht sich der Kreditgeber strafbar, der vorsätzlich oder fahrlässig (Ziff. 2) einen Kleinkredit gewährt, von dem er weiss oder annehmen muss, dass ihn der Empfänger zur Finanzierung eines Abzahlungsgeschäfts zu verwenden beabsichtigt (Abs. l Bst. c). Entsprechend den geringeren Kontrollmöglichkeiten (vgl. Ziff. 222.305 zu Art. 318«), wird hier allerdings Fahrlässigkeit nur angenommen werden dürfen, wenn Umstände gegeben waren, die einen relativ dringenden Verdacht vorschriftswidriger Zweckbestimmung des Kredits zu begründen geeignet waren. Fehlten solche Anhaltspunkte, so wird man davon ausgehen können, dass der Kreditgeber seiner Erkundigungspflicht mit der Einholung einer Selbstauskunft Genüge getan hat.

Absatz l Buchstabe d entspricht dem Paralleltatbestand zur Überschreitung der Höchstvertragsdauer beim Abzahlungskauf (Art. 332tcr Ziff. l Abs. l Bst. c; vgl.

Ziff. 223.22 hievor).

Absatz l Buchstabe e sanktioniert analog Artikel 332ter Ziffer l Absatz l Buchstabe e das Wechselverbot (vgl. Ziff. 223.22 hievor)., .

' Nach Absatz l Buchstabe/ endlich macht sich der Kreditgeber strafbar, der in Missachtüng von Artikel 318/ (vgl. oben Ziff. 222.303) einem Kreditvermittler Provisionen oder entsprechende Belohnungen in Aussicht stellt oder tatsächlich gewährt. Es handelt sich also gleichsam um ein bestechungsähnliches Verhalten, durch welches der Kreditvermittler zum Kreditmäkler gemacht werden soll. Man muss sich bewusst sein, dass gerade diese Strafdrohung ganz überwiegend präventive Zwecke - im Sinne einer Verhinderung der kreditverteuernden «Provisionenjagd» - verfolgt, weil Verstösse in der Praxis häufig sehr schwierig nachzuweisen sein und die Beteiligten kaum Anzeige erstatten werden, solange «eine Hand die andere wäscht». Immerhin darf auch hier die zu erwartende Dunkelziffer nicht den Ausschlag geben.

Absatz 2 enthält die spiegelbildliche Bestimmung zum soeben besprochenen Absatz l Buchstaben f : in gleicher Weise wie der Kreditgeber, der eine Belohnung
in Aussicht stellt oder gewährt, macht sich der Vermittler strafbar, der eine solche Belohnung verlangt oder annimmt (analog der passiven Bestechung). Es fällt auf, dass hier im Gegensatz zu den Widerhandlungen der Händler und Kreditgeber nicht vorausgesetzt ist, dass der Kreditvermittler der Mäkelei gewerbsmässig obliegt. Dies hat seinen Grund vor allem darin, dass dem Kreditgeber die Ausrichtung von Provisionen schlechthin verboten wird; daher soll der Vermittler solche Belohnungen ebenso ausnahmslos nicht annehmen dürfen, gleichgültig, ob er in der Absicht handelt, sich ein Erwerbseinkommen zu verschaffen oder sich lediglich als Gelegenheitsmäkler betätigt. Zudem erstreckt sich so der Präventiveffekt der Strafbestimmung ausdrücklich auch auf Strohmännergeschäfte.

Die Absätze 2 und 3 regeln, die Strafbarkeit der fahrlässigen Begehung (bei entsprechender Reduktion des Bussenmaximums) sowie des Versuchs und der Teilnahme als Gehilfe in gleicher Weise wie bei der analogen Bestimmung von Artikel 332ler (vgl. Ziff. 223.22 hievor).

597

223.24

Widerhandlungen des Teilzahlungskunden oder des Kreditnehmers

Zum Schütze des Kreditkonsumenten schränkt das Konsumkreditrecht sowohl die Vertragsfreiheit des Kreditgebers bzw. des Lieferanten auf Kredit wie auch jene des Kunden ein. Die Verantwortung für die Einhaltung der Schutzvorschriften weist es in erster Linie dem Kreditgeber als dem regelmässig erfahreneren und wirtschaftlich stärkeren Vertragspartner zu; gegen ihn richten sich primär die zivilrechtlichen und die strafrechtlichen Sanktionen. Gerade hinsichtlich der letzteren kann man sich aber fragen, ob nicht auch der Kunde einen angemessenen Teil dieser Verantwortung mitzutragen habe, wenn er dem Gesetz bewusst zuwiderhandelt und sich seinem Schutz durch vorsätzlich falsche Angaben zu entziehen sucht. Die Frage ist auch im Vernehmlassungsverfahren verschiedentlich aufgeworfen und - sogar von Konsumentenseite her - positiv beantwortet worden.

Das Problem hat eine gewisse Ähnlichkeit mit demjenigen, das sich beim Obligatorium des Gurtentragens stellt : Darf der Gesetzgeber so weit gehen, denjenigen zu bestrafen, der freiwillig auf den ihm zugedachten Schutz verzichtet? Man wird dies dann für vertretbar halten, wenn man nicht beim einseitig individualistischen Aspekt stehen bleibt, sondern das soziale Element mitberücksichtigt. Akzeptiert man die These, dass der Staat die Rechtsgenossen in gewissen Situationen besonderer Gefährdung vor sich selbst schützen soll (und darauf beruht erklärtermassen das ganze Konsumkreditrecht), so erscheint auch die strafrechtliche Verstärkung dieses Schutzes durchaus konsequent. Sie richtet sich nicht in erster Linie gegen den renitenten Einzelnen, sondern gegen den unbotmässigen Repräsentanten einer insgesamt als schutzbedürftig erachteten Kategorie von Bürgern, der nicht bloss sich selbst einer Gefahr aussetzt, sondern darüber hinaus das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Rechtsordnung in Frage stellt. Zudem kann -der Kunde durch sein Verhalten fremdes Vermögen schädigen. Es liegt auf der Hand, dass auch hier die präventive Bedeutung der Strafnorm im Vordergrund steht.

Artikel 332i"ini"!es: Falsche Angaben des Kunden Beim Vertragsabschluss kann der Kunde die Anwendung des Konsumkreditrechts namentlich dadurch zu vereiteln suchen, dass er dem Vertragspartner wahrheitswidrige Auskünfte über seinen Zivilstand, über sein Alter oder über seine hauptberufliche Tätigkeit
als Selbständigerwerbender erteilt (vgl. Art. 226c Abs. l Ziff. l, 221 b Abs. l Ziff. l und 3\Sd Abs. l Ziff. 1). Er kann ferner darauf ausgehen, sich entgegen der Vorschrift von Artikel 318m einen zweiten Kleinkredit zu ergattern, solange ein früherer (den er selbst oder sein Ehegatte, mit dem er in gemeinsamem Haushalt lebt, aufgenommen hat) noch nicht vollständig zurückbezahlt ist. Oder er kann versuchen, sich im Widerspruch zu Artikel 318« die Mittel zur Finanzierung eines Abzahlungsgeschäfts durch Aufnahme eines KJeinkredits zu beschaffen, indem er den Kreditgeber unrichtig über den Verwendungszweck der Kreditsumme informiert. Artikel 332iuin
598

Falsche Angaben, insbesondere in schriftlichen Selbstauskünften, können allerdings unter Umständen auch den Tatbestand des Betrugs (Art. 148 StGB) erfüllen. Ob eine «arglistige Irreführung» im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, hängt aber namentlich davon ab, wieweit dem Verkäufer oder Kreditgeber die Überprüfung der Information zugemutet werden kann, bzw. wieweit der Kunde damit rechnet, dass eine solche Überprüfung stattfindet. Die Grenze zur einfachen Lüge dürfte daher nicht selten heikel zu ziehen sein. Ausserdem erfordert Betrug, dass ein Vermögensschaden gestiftet wird, was beim Kreditbetrug voraussetzt, der Käufer oder Kreditnehmer habe bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gewusst oder bewusst damit gerechnet, den Vertrag nicht erfüllen, d. h. die kreditierte Summe nicht zurückzahlen zu können. Eine Schädigung des Verkäufers oder Kreditgebers könnte sich allenfalls auch aus der Nichtigkeit des Vertrags oder dem sanktionsweisen Verlust des Rückerstattungsanspruchs (Art. 318m und 318«) ergeben, sofern der Kunde bewusst darauf spekuliert. Doch wird auch ein darauf gerichteter Vorsatz häufig schwer nachzuweisen sein. Im übrigen geht es bei der Pönalisierung der falschen Auskunfterteilung, wie bereits angedeutet, nicht primär um den Schutz des Vermögens des Kreditgebers, sondern um den Sozialschutz als solchen und die Durchsetzung des zu seiner Verwirklichung erlassenen zwingenden Zivilrechts. Nur daraufist der vorgesehene Übertretungstatbestand ausgerichtet; sollte im Einzelfall ein ausgewachsener Betrug oder allenfalls eine böswillige Vermögensschädigung nach Artikel 149 StGB vorliegen, so liesse sich angesichts der Verschiedenheit der geschützten Rechtsgüter echte Idealkonkurrenz annehmen, sofern man den Unrechtsgehalt der Widerhandlung gegen das Konsumkreditrecht nicht als im Vermögensdelikt mitberücksichtigt und durch die höhere Strafe abgegolten betrachtet. Konkurrenzprobleme könnten sich - angesichts der wenig einheitlichen Rechtsprechung auf diesem Gebiet auch mit den Urkundendelikten, namentlich der Falschbeurkundung gemäss Artikel 251 StGB, ergeben. Immerhin dürfte diesbezüglich die Auffassung den Vorzug verdienen, wonach die falschen Angaben des Kreditinteressenten lediglich Parteibehauptungen in Form schriftlicher Lügen darstellen, denen keine Beweisfunktion zukommt ; der
vorgeschlagene . Übertretungstatbestand hätte somit durchaus selbständige Bedeutung. Anders verhielte es sich, wenn der Kunde einen gefälschten Ausweis zur Bestätigung seiner Angaben benützt oder beispielsweise die Unterschrift des Ehegatten für die Zustimmung zum Vertragsabschluss fälscht.

Im übrigen ist in diesem Zusammenhang noch kurz darauf hinzuweisen, dass der Kunde unter Umständen als Anstifter des, Verkäufers oder Kreditgebers zu Widerhandlungen gemäss den Artikeln 332ter und 332 qualer bestraft werden kann, wenn er ihn vorsätzlich zu einer der dort aufgeführten Übertretungen bestimmt (Art. 24 i. V. m. Art. 102 StGB); dass auch ein Aussenstehender an einem Sonderdelikt als Anstifter oder Gehilfe teilnehmen kann, ist allgemein anerkannt.

223.25

Gemeinsame Bestimmungen

Dieser Titel ist insofern nicht ganz präzise, als sich die Gemeinsamkeit der folgenden Bestimmungen lediglich auf die Artikel 332bis, 332ter und 332
599

nicht auch die Widerhandlungen des Kunden erfasst, wie sich übrigens auch inhaltlich aus den beiden in Betracht fallenden Vorschriften (Art. 332sexies und 3 3 2 se C
Artikel 332sexies : Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben Absatz l dient der Klarstellung, dass die Strafbarkeit der handelnden natürlichen Personen für die in Ausübung ihrer geschäftlichen oder dienstlichen Verrichtungen begangenen Straftaten auch dann gegeben ist, wenn die das Sonderdelikt begründende Eigenschaft - hier: des Abzahlungs- oder Vorauszahlungsgläubigers bzw. Kreditgebers (allenfalls auch des Zessionars einer entsprechenden Forderung oder des Kreditvermittlers) - nicht ihnen persönlich, sondern dem Geschäftsherrn zukommt, in dessen Interesse sie als Untergebene, Beauftragte oder Vertreter tätig sind. Das Problem stellt sich allerdings nicht mit derselben Schärfe wie im Bereich der Artikel 172 und 326 StGB, weil die Bezeichnung der Täterschaft in den Artikeln 332bis - 332?uater relativ weit und ohne direkten Bezug auf die Sondereigenschaft gefasst ist («Wer gewerbsmässig Verträge abschliesst, die den Vorschriften über den Teilzahlungskauf oder über den Kleinkredit unterstehen...» bzw. «Wer im Rahmen eines gewerbsmässig abgeschlossenen, den Vorschriften über Abzahlungskauf/Vorauszahlungskauf/Kleinkredit unterstehenden Vertrags...»). Trotzdem verhält es sich eindeutig so, dass die Verantwortung für den Abschluss und die Abwicklung dieser Verträge in erster Linie beim Geschäftsinhaber liegt, so dass eine analoge Situation wie beim eigentlichen Sonderdelikt gegeben ist.

Absatz 2 hält sodann ausdrücklich
fest, was sich im wesentlichen auch aus allgemeinen Grundsätzen der Täter- bzw. Mittäterschaft im Sinne einer massgebenden Beteiligung an der Tatherrschaft ableiten liesse (vgl. BGE 96 IV 169 E. 1/7): Wer als Geschäftsherr, Arbeitgeber, Auftraggeber oder Vertretener Straftaten seiner Hilfsperson nicht nach Möglichkeit verhindert oder aufhebt, ist als Mittäter zur Verantwortung zu ziehen. Er begeht ein unechtes Unterlassungsdelikt, indem er seine Rechtspflicht verletzt, solche Handlungen weisungsgebundener Mitarbeiter zu verhindern oder sie zumindest - wenn er erst nachträglich davon Kenntnis erhält - in ihren Wirkungen aufzuheben. Dabei ist auch die fahrlässige Begehung strafbar, die sich unter Umständen aus einem organisatorischen Verschulden (unzureichende Auswahl, Instruktion oder Kontrolle) ergeben kann.

Absatz 3 endlich präzisiert, welche natürlichen Personen als verantwortliche Leiter des Geschäftsbetriebs im Sinne von Absatz 2 zur Rechenschaft zu ziehen sind.

600

Artikel 332se'"ì
Nun kann der Gesetzgeber nach Artikel 104 Absatz 2 StGB den Erlass eines Berufsverbots auch bei Übertretungen durch ausdrückliche Bestimmung anordnen.

Das heisst, dass zumindest an der Bedingung der mehr als dreimonatigen Freiheitsstrafe nicht festgehalten werden muss. Im Bereich des Konsumkredits muss aber auch die weitere Voraussetzung der behördlichen Bewilligung fallen gelassen werden, da eine solche für die in Betracht fallenden Gewerbe nicht ohne weiteres erforderlich ist. Das gilt - überdies mit kantonalrechtlichen Unterschieden sowohl für den Warenvertrieb und entsprechende Dienstleistungsgeschäfte (Fernkursunternehmen), die den Bestimmungen über den Teilzahlungskauf unterstehen, wie auch für die Gewährung von Kleinkrediten durch Finanzierungsinstitute, welche nur zum Teil vom Bankengesetz erfasst werden und nur in einzelnen Kantonen einer besonderen Bewilligungspflicht unterstellt sind.

Damit entfernt sich die hier in Aussicht genommene Massnahme so weit vom Vorbild des Artikels 54 StGB, dass von einer sinngemässen Anwendung oder Übertragung jener Vorschrift kaum mehr die Rede sein kann. Es empfiehlt sich zudem, anstelle der schlechten Prognose und der Minimalstrafe eine etwas allgemeiner umschriebene Voraussetzung einzuführen, welche den besonderen Verhältnissen im Konsumkreditrecht besser angepasst ist, aber auf ähnlichen Überlegungen beruht: Danach soll das Verbot Konsumkreditverträge abzuschliessen
bzw. zessionsweise erworbene Forderungen aus solchen Verträgen geltendzumachen - auf eine Dauer von mindestens sechs Monaten und höchstens fünf Jahren - nur dann ausgesprochen werden können, wenn der Betroffene die in den Artikeln 332bls-332quat" enthaltenen Verbote nicht bloss einmalig und leicht, sondern fortgesetzt oder wiederholt und in schwerwiegender Weise übertreten hat (Abs. 1). Damit wird auch der besonders einschneidenden Wirkung dieser Massnahme Rechnung getragen, die den Täter unter Umständen empfindlicher trifft, als die eigentliche Strafe.

Im übrigen präzisiert die Bestimmung, dass das Verbot nicht nur dem unmittelbar handelnden Täter, sondern - was wichtiger ist - auch dem Geschäftsherrn im Sinne von Artikel 332sexies Absatz 2 auferlegt werden kann. Und da es sich - trotz des pönalen Charakters - nicht um eine Strafe, sondern um eine sichernde Massnahme handelt, muss sie auch direkt gegenüber juristischen Personen oder Firmen ohne Rechtspersönlichkeit ausgesprochen werden können.

Absatz 2 bestimmt sodann unmittelbar die Sanktion für die Übertretung des Verbots. Eine solche Bestimmung scheint deshalb erforderlich, weil Artikel 294 25 BundesblaU.i30.Jahrg.Bd.il

.

601

StGB, der die Übertretung des gewöhnlichen Berufsverbots mit Strafe belegt, auf den Sonderfall des Verbotes des Abschlusses von Konsumkreditverträgen nicht ohne weiteres anwendbar wäre. Gleichzeitig ergibt sich die Gelegenheit, auch hier das Busserimaximum entsprechend den Ansätzen der Artikel 332ter und 332iuater festzusetzen.

In diesem Zusammenhang ist noch kurz auf andere Massnahmen hinzuweisen, die im Gefolge von Verstössen gegen die Bestimmungen des Konsumkreditrechts angeordnet werden können. Diesbezüglich ist zunächst der revidierte Artikel 58 StGB zu beachten, der unabhängig von der Strafbarkeit einer bestimmten Person (also auch gegenüber juristischen Personen) die Einziehung unrechtmässig erlangter Vermögenswerte erlaubt. Durch diese Vorschrift, die auch im Übertretungsstrafrecht Geltung hat (Art. 102 StGB), ist dafür gesorgt, dass sich, selbst bei beschränkter Höhe der angedrohten Busse, strafbares Verhalten auch im Bereich des Konsumkreditwesens nicht mehr lohnt. Über Artikel 60 StGB kann ausserdem eine Zuweisung der eingezogenen Vermögenswerte an allfällige geschädigte Kunden erfolgen.

In Betracht fällt schliesslich auch eine Publikation des Strafurteils nach Artikel 61 StGB. Die Zweckmässigkeit dieser Massnahme ist allerdings unter verschiedenen Gesichtspunkten umstritten, weshalb sie beispielsweise im SVG anlässlich dessen letzter Revision gestrichen wurde. Im Bereich des Konsumkreditrechts kann sie aber als Warnung des Publikums ihren guten Sinn haben.

224

Vierter Teil: Anpassung des SchKG

Nach Artikel 219 Absatz 4 SchKG gemessen die Ansprüche des Vorauszahlungskäufers gegen den Verkäufer, der unbefugt Vorauszahlungen entgegengenommen hat (Art. 2275 Abs. 3 des geltenden OR), entsprechend der für Spareinlagen geltenden Regelung ein Konkursvorrecht in der Dritten Klasse bis zum Betrag von 5000 Franken. Inzwischen ist aber Artikel 15 Absatz 2 des Bankengesetzes, auf dem diese Vorschrift beruhte, durch das Bundesgesetz vom 11. März 1971 in bezug auf das Konkursprivileg dahin revidiert worden, dass für zusätzliche 5000 Franken ein weiteres Vorrecht in der Vierten Klasse eingeführt wurde. Eine Anpassung hinsichtlich der Ansprüche des Vorauszahlungskäufers drängt sich daher auf.

Artikel 219 Absatz 4 Dritte Klasse Buchstabe d Hier geht es zunächst darum, die Terminologie und die Verweisung den neuen Bestimmungen über den Vorauszahlungskauf anzupassen : Privilegiert werden die Ansprüche des Käufers aus einem «Vorauszahlungskauf» (statt: «Vorauszahlungsvertrag») ; die Verweisung hat sich auf Artikel 227^ Absatz 3 (bisher Art. 2270 Abs. 3) zu beziehen. Ferner ist es unter dem Gesichtspunkt der Systematik angezeigt, den privilegierten Betrag - wie beim Bankenprivileg (Art. 219 Abs. 4 Dritte Klasse Bst. b) - im SchKG selbst, statt wie bisher in der entsprechenden OR-Vorschrift zu erwähnen. Das erlaubt eine Entlastung von Artikel 211 d Absatz 3, indem dort kurz gesagt werden kann, der Käufer gemesse gegen den Empfänger der Vorauszahlungen «die gleichen Konkursvorrechte wie ge602

genüber der Bank» ; diese Formulierung enthält gleichzeitig den Hinweis auf das : zusätzliche 'Privileg Vierter Klasse.

Artikel 219 Absatz 4 Vierte Klasse Buchstabe c Diese Bestimmung ist neu einzufügen, um dem Vorauszahlungskäufer auch das Privileg ; Vierter Klasse für den 5000 Franken übersteigenden Betrag bis zur Höchstsumme von 10000 Franken einzuräumen.

225

Fünfter Teil: Unlauterer Wettbewerb

225.1

Vorbemerkung

Bereits das geltende U WG enthält besondere Bestimmungen über den unlauteren Wettbewerb im Bereich der Abzahlungs- und Vorauszahlungsverträge, die durch das Bundesgesetz von 1962 eingefügt worden sind. Als Verstoss gegen Treu und Glauben und Missbrauch des Wettbewerbs wird insbesondere die verschleierte Werbung mit unklaren Angaben über die Vertragsbedingungen sowie die Anstiftung zur missbräuchlichen Ausübung des Widerrufs- oder Kündigungsrechts bezeichnet (Art. l Abs. 2 Bst. i und k UWG). Dem durch solches Verhalten in seinen wirtschaftlichen Interessen gefährdeten oder geschädigten Konkurrenten und dem geschädigten Kunden sowie entsprechenden Berufs- und Wirtschaftsverbänden stehen zivilrechtliche Ansprüche nach Artikel 2 UWG sowie ein Strafantragsrecht nach Artikel 13 UWG zu.

Im Rahmen des Entwurfs gilt es zunächst, diese Vorschriften den neuen Bestimmungen über den Teilzahlungskauf anzupassen und sie auf den Bereich der Kleinkredite auszudehnen. Die Expertenkommission hatte sich auf Änderungen beschränkt, die sich unmittelbar aus der ratio legis des revidierten Teilzahlungsrechts und der neuen Vorschriften über den Kleinkredit ergaben. Im Vernehmlassungsverfahren wurde dagegen verschiedentlich der Wunsch geäussert, die Werbung strengeren Beschränkungen zu unterwerfen. Insbesondere bekannten sich mehrere Stellungnahmen zur Auffassung der Kommissionsminderheit, wonach eine genaue Angabe der wichtigsten Vertrags- und Kreditbedingungen generell, und nicht bloss dann vorgeschrieben werden sollte, wenn eine Auskündigung überhaupt konkrete Hinweise auf den Preis oder die Kosten eines Geschäfts enthalte. Ferner wurde wiederholt angeregt. Massnahmen: zur Ausschaltung der anonymen Werbung vorzusehen.

' Allgemein begrüsst wurde sodann die von der Expertenkommission aus der Initiative Deonna übernommene und vom blossen Strafantragsrecht auf die zivilrechtlichen Ansprüche erweiterte Klagelegitimation der Korisumentenschutzorganisationen, die einem auch im Ausland verbreiteten Postulat zur Verstärkung des Konsumentenschutzes entspricht und speziell für den Bereich des Konsumkredits auch in der EG-Richtlinie und in den OECD-Empfehlungen gefordert wird.

225.2

Ergänzung des Katalogs einzelner Verstösse gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im 1 Wettbewerb

Artikel l Absatz 2: Begriff des unlauteren Wettbewerbs (Anwendungsfälle aus dem Bereich des Konsumkreditwesens) 603

Die Änderungen betreffen die Buchstaben i-1, wobei es sich bei den Buchstaben i und l um eine Anpassung der bereits bestehenden Buchstaben i und k handelt, während sich der neue Buchstabe k auf den Kleinkredit bezieht. Der besseren Übersichtlichkeit wegen wurden die Tatbestände systematisch so gruppiert, dass die Vorschriften über die Werbung - je für den Teilzahlungskauf und den Kleinkredit (Bst. i und k) - vorangestellt und die gemeinsam für beide Bereiche geltende Bestimmung über die Anstiftung zum Widerruf bzw. zur Kündigung am Schluss plaziert werden.

Buchstabe i qualifiziert als unlauteren Wettbewerb jegliche öffentliche Auskündigung über einen Abzahlungskauf oder ein ihm gleichgestelltes Rechtsgeschäft im Sinne von Artikel 226a, die nicht eine eindeutige Bezeichnung der Firma des Offerenten enthält oder in welcher klare Angaben über den Bar- und den Gesamtkaufpreis oder eine genaue Bezifferung des Teilzahlungszuschlages in Franken und Jahresprozenten fehlen.

Unter «öffentlichen Auskündigungen» sind grundsätzlich alle Werbeveranstaltungen zu verstehen, die sich nicht an einen klar bestimmten und begrenzten Kreis von Personen richten. Es kann sich um Inserate, Plakate und dergleichen handeln, aber auch um Streuprospekte, die mit oder ohne Adresse allen Haushaltungen eines Bezirks oder einer grösseren Region oder willkürlich ausgewählten Personen zugestellt werden. Ebenso fallen Schaufensterauslagen sowie Fernsehreklame und ähnliche Formen nicht gezielter Werbung darunter.

Als erstes Erfordernis klarer Werbung wird neu die Verpflichtung zu eindeutiger Bezeichnung des Anbieters eingeführt. Damit ist dem Wunsch nach Verpönung der anonymen Werbung Rechnung getragen, mit welcher Kreditkunden unter blossen Postfach- oder Deckadressen zum Abschluss von Teilzahlungsgeschäften verlockt werden. Im übrigen entspricht diese Verpflichtung auch den Bestimmungen über den notwendigen Inhalt der Verträge (Art. 226c Abs. l Ziff. 1) und ist zudem für die Feststellung allfälliger Verstösse gegen die weiteren Gebote korrekter Werbung von Bedeutung.

In dieser Hinsicht erweitert die neue Fassung den Schutz von Konkurrenten und Kunden zunächst in der Weise, dass entsprechend dem Vorschlag der Expertenkommissionsminderheit eine allgemeine Pflicht zu detaillierter Werbung unter Angabe der Vergleichsgrössen Bar-
und Gesamtkaufpreis sowie des Teilzahlungszuschlags in Franken und Jahresprozenten statuiert wird. Die Einschränkung, dass solche Angaben nur zu machen seien, wenn sich die Werbung nicht in allgemeinen Anpreisungen erschöpft, sondern konkrete Preisofferten enthält, wird also fallen gelassen, nachdem notorisch ist, dass viele potentielle Kunden sich gerade durch vage Slogans (wie «unschlagbare Bedingungen», «20% günstiger als bei der Konkurrenz», «bequeme Ratenzahlung» usw.) zu Vertragsabschlüssen verleiten lassen. Die Vorschrift bedeutet, dass künftig für Abzahlungsgeschäfte nur noch mit - wenigstens beispielhafter - Angabe der Kreditbedingungen für einzelne oder mehrere Artikel (bzw. Dienstleistungen) geworben werden darf.

Im einzelnen verlangt das Gesetz - wie bisher - klare Angaben über den Bar- und den Gesamtkaufpreis sowie den Teilzahlungszuschlag, so dass der Interessent ohne eigenen rechnerischen Aufwand ermessen kann, um wieviel sich das Geschäft durch die Kreditierung verteuert und ob es ihm unter diesen Umständen 604

noch ebenso interessant erscheint, wie wenn lediglich der Betrag einer Einzelrate werbewirksam in den Vordergrund gestellt würde. Neu ist, dass der Teilzahlungszuschlag nicht bloss in Franken, sondern auch in Jahresprozenten - und zwar gemäss Artikel 226c Absatz l Ziffer 4 auf den mittleren Verfall (vgl. die Formel in Ziff. 223.301) berechnet - anzugeben ist; diese Rechenaufgabe kann auch dem noch nicht mit Computer arbeitenden Verkäufer doch eher zugemutet werden als dem einzelnen Konsumenten.

Buchstabe k enthält die parallele Vorschrift bezüglich der Werbung für Kleinkredite. Vorgeschrieben sind hier ausser der Bezeichnung der Firma des Kreditgebers klare Angaben über die Kreditsumme, den maximalen rückzahlbaren Gesamtbetrag und die maximalen Kreditkosten, die wiederum in Franken und in Jahresprozenten zu beziffern sind. Für Kontokorrentkredite, bei denen die Summe der Bezüge und somit auch die Kreditkosten nicht zum vorneherein feststehen, ist der Vorschrift Genüge getan, wenn die Vertrags- und Kreditbedingungen an einem Beispiel unter Annahme der maximalen Ausschöpfung des Kredits und Angabe der höchstens zu bezahlenden Kreditkosten klargelegt werden. Dabei bleibt es dem werbenden Kreditinstitut selbstverständlich unbenommen, auf die Verminderung der Kosten bei entsprechend geringerer Inanspruchnahme des Kredits und beschleunigter Rückzahlung hinzuweisen. Das Gesetz schreibt auch hier nur Minimalerfordernisse vor (vgl. oben Ziff. 222.302 zu Art. 318t/ Abs. l Ziff. 3).

Buchstabe l entspricht dem bisherigen Buchstaben k von Artikel l Absatz 2 UWG, wonach gegen Treu und Glauben im Wettbewerb verstösst, wer als Teilzahlungsverkäufer einen Käufer veranlasst, einen bereits mit einem Konkurrenten abgeschlossenen Teilzahlungsvertrag zu widerrufen oder - sofern es sich um einen Vorauszahlungsvertrag handelt - zu kündigen, um selber mit ihm einen solchen Vertrag abzuschliessen. Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist konsequenterweise auf Kleinkreditgeschäfte auszudehnen; nachdem der Entwurf auch für diesen Bereich die Einführung des Widerrufsrechts (Art. 31Sz) vorschlägt. Die Tragweite der Bestimmung wird im übrigen dadurch automatisch noch vergrössert, dass nun auch das Konkurrenzverhältnis zwischen Waren- und Geldkredit ausdrücklich erfasst wird: unzulässig wäre danach eine «Verleitung zum
Vertragsbruch» sowohl seitens eines Kleinkreditgebers (oder -Vermittlers) zum Nachteil eines Abzahlungshändlers wie auch der umgekehrte Sachverhalt.

Artikel 13: Strafbare Handlungen Die Bestimmung bildet die genaue strafrechtliche Entsprechung zu den in Artikel l Absatz 2 UWG aufgezählten Tatbeständen (mit Ausnahme der Verletzung von Arbeitsbedingungen gemäss Bst. h). Die Einzelvorschriften betreffend den Konsumkredit - Buchstaben h--k - lauten denn auch wörtlich gleich, so dass auf die Erläuterungen zum vorstehend besprochenen Artikel verwiesen werden kann.

Beizufügen ist lediglich, dass im Schlussati des Artikels 13 die Legitimation zum Strafantrag ausdrücklich auf «Organisationen» erstreckt wird, womit die Konsumentenschutzorganisationen gemeint sind, denen neu auch eine weniger eng umschriebene Berechtigung zur Zivilklage eingeräumt werden soll (nachfolgend Ziff. 225.3).

605

225.3

Verstärkung des Schutzes gegen unlautere Werbung durch Einschaltung der Konsumentenorganisationen

Der Schutz gegen unlautere Werbung, der durch die soeben erläuterten Ergänzungen der Artikel l Absatz 2 und 13 UWG gewährleistet werden soll, leidet unter einer doppelten Schwäche. Zunächst unter dem bereits mehrfach hervorgehobenen allgemeinen Handikap, dass die Durchsetzung des Rechts von der Initiative der Betroffenen abhängt (vgl. oben Ziff. 142.12 und 142.22), soweit nicht Offizialdelikte ein Eingreifen von Amtes wegen ermöglichen (oben Ziff. 223.11).

Dieser Nachteil macht sich im Bereich des UWG auch hinsichtlich der strafrechtlichen Behelfe bemerkbar, indem Artikel 13 einen Strafantrag voraussetzt. Dazu kommt, dass der entwicklungsgeschichtlich bedingte und ohne Überlastung dieser Vorlage nicht zu korrigierende Einbau der Normen über die Werbung in das UWG dem Anspruch dieser Schutzvorschriften nicht voll gerecht zu werden vermag. Dieses Gesetz zieht seiner gesamten Struktur nach (die durch einzelne Abweichungen nicht prinzipiell in Frage gestellt ist) die Auswirkungen unlauteren Geschäftsgebarens grundsätzlich nur im horizontalen Verhältnis unter Konkurrenten in Betracht, und behandelt den Kunden im wesentlichen als Aussenstehenden, die Verletzung seines Anspruchs auf Loyalität lediglich als Reflex des Wettbewerbsmissbrauchs. Zwar enthält Artikel 2 Absatz 2 einen zaghaften Ansatz zu einer Drittwirkung des Lauterkeitsschutzes gegenüber dem Konsumenten; und Absatz 3 derselben Bestimmung, der die Klagelegitimation von «Berufs- und Wirtschaftsverbänden» statuiert, lässt in einer verklausulierten Verweisung auf Absatz 2 erkennen, dass das Klagerecht allenfalls auch Verbraucherverbänden zustehen könnte.

Praktisch sind diese spaltbreit geöffneten Türen zur Aussenwelt der Nichtwettbewerber indessen wertlos. Denn dem in «Mit-Leidenschaft» gezogenen Verbraucher wird die Klageberechtigung (und das Strafantragsrecht) nur zugestanden, wenn er «in seinen wirtschaftlichen Interessen geschädigt» ist, wogegen dem Konkurrenten die Klageberechtigung bereits bei Gefährdung solcher Interessen zusteht (vgl. BGE 83 IV 105). Gerade was allfällige Verstösse gegen das Gebot der klaren Werbung für Konsumkreditgeschäfte betrifft, sind damit dem Kunden die Hände gebunden. Er wird regelmässig nicht imstande sein, nachzuweisen, dass er z. B. wegen unklarer Angaben in einem Inserat einen effektiven und relevanten Schaden
erlitten hat; und dieser wäre selbst dann zweifelhaft, wenn im Einzelfall feststünde, dass bei genauerer Kenntnis der Vertragsbedingungen ein günstigeres oder überhaupt kein Kreditgeschäft abgeschlossen worden wäre. Diese Untauglichkeit überträgt sich sodann auf ein allfälliges Klagerecht einer Konsumentenschutzorganisation, welche eher noch willens und in der Lage wäre, eine Verletzung der Werbevorschriften gerichtlich beurteilen zu lassen, weil nach Absatz 3 von Artikel 2 UWG die Legitimation des Verbandes von derjenigen des Mitglieds abhängt. Insofern ergibt sich schliesslich noch eine weitere Schwierigkeit daraus, dass die meisten Konsumenten gar nicht selber Mitglieder eines solchen Verbandes sind. Die bestehenden Schutzorganisationen beruhen nur zum Teil auf Einzelmitgliedschaften individueller Verbraucher; sie werden weitgehend von Wirtschafts- und Interessenverbänden getragen, die allgemeinere oder spezifischere Ziele verfolgen und teilweise sogar selber im Handel tätig sind. Bis heute ist denn auch kein einziger Fall einer Zivil- oder Strafklage eines Kunden oder einer Ver606

braucherorganisation wegen unlauteren Wettbewerbs bekannt geworden. Will man demnach - im'Rahmen des UWG und gemäss seiner gegenwärtigen Konzeption - ein einigermassen wirksames Instrument zur Bekämpfung unkorrekter Werbung für Konsumkredite schaffen, so müssen die Konsumentenorganisationen eingeschaltet werden, welche bereits heute eine wichtige Überwachungs- und Informationsaufgabe erfüllen. Was ihnen fehlt, sind taugliche Mittel, um darüber hinaus Missbräuchen auch mit staatlicher Unterstützung entgegentreten zu können. Dazu bedarf es aber einer Lockerung der geltenden restriktiven Ordnung der Legitimation zu Zivilklage und Strafantrag, indem das Klagerecht dieser Organisationen von demjenigen ihrer Mitglieder und von'der Voraussetzung einer Schädigung losgelöst wird.

Die' Einführung eines Klagerechts der Konsumentenorganisationen im Rahmen der Konsumkreditvorlage verfolgt einen spezifischen und beschränkten Zweck, nämlich den Werbevorschriften im Bereich des Konsumkredits eine grössere Schlagkraft zu sichern. Die soeben von einer Expertenkommission in Angriff genommene Gesamtüberprüfung des UWG sowie eine sich daraus allenfalls ergebende neue Konzeption des Wettbewerbsgesetzes sollen dadurch in keiner Weise präjudiziert werden. Die punktuelle Revision von Artikel 2 versteht sich lediglich als vorläufige konkrete Massnahme zur Verstärkung der Drittwirkung des heutigen Gesetzes und deutet bestenfalls eine der möglichen Richtungen an. nach denen hin : sich das Wettbewerbsrecht künftig entwickeln könnte.

Artikel 2 Absatz 4: Die Legitimation von Konsumentenschutzorganisationen zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche : . Die neue Bestimmung verleiht diese Legitimation - nach dem Vorbild von Artikel 12 Absatz l des Natur- und Heimatschutzgesetzes (SR 451) «Organisationen von gesamtschweizerischer oder regionaler Bedeutung, die sich statutengemäss dem Konsumentenschutz widmen».

Der Begriff der «Organisation» ist bewusst weit und untechnisch gewählt, um die Klageberechtigung nicht von einer bestimmten Rechtsform der in Frage kommenden Institutionen abhängig zu machen. Normalerweise wird es sich um Vereine im Sinne der Artikel 60ff. ZGB handeln, doch sind andere Arten körperschaftlichen Zusammenschlusses, insbesondere auch Stiftungen denkbar. Ebenso ist die Voraussetzung der «statutengemässen»
Ausrichtung auf den Konsumentenschutz nicht im formellen Sinn, strikt auf Gesellschafts- oder Vereinsstätuten bezogen, zu verstehen.

Gegenüber dem Modell des NHG ist auch das Erfordernis der «gesamtschweizerischen» Bedeutung (als Abgrenzung gegen lokal gebundene und Spezialinteressen verfechtende Gruppen) um die «regionale» Dimension erweitert. Damit wird dem Umstände Rechnung getragen, dass einige wichtige und besonders aktive Organisationen, die zwar den gesamtschweizerischen als Kollektivmitglieder angeschlossen, aber noch mehr und direkter als diese an der Front tätig sind, ihre Arbeit auf bestimmte Landesteile konzentrieren.

Primäre Voraussetzung der Klageberechtigung ist, dass sich die betreffenden Organisationen statutengemäss «dem Konsumentenschutz widmen». Gemeint ist damit eine eindeutige, wenn nicht ausschliessliche Zweckbestimmung und -ver607

pflichtung auf die Aufgaben der Konsumenteninformation und -beratung, eventuell auch der politischen Interessenvertretung, aus der sich auch eine sachliche Legitimation zur Ausübung von Kontroll- und Vertretungsfunktionen ableiten lässt. Institutionen, welche ähnliche Zwecke nur im Rahmen eines weiteren Aktionsprogramms mit unspezifischer Zielsetzung verfolgen oder gar als Spezialressort eines Handelsunternehmens - gleichsam als Kundendienst - Konsumentenschutz betreiben, blieben grundsätzlich ausgeschlossen. Anderseits sieht der Entwurf (wie bereits der Vorentwurf der Expertenkommission) davon ab, weitere Vorbehalte im Bezug auf eine allfällige finanzielle Verflechtung der Organisationen mit Wirtschaftsgruppen oder Unternehmungen aufzunehmen, um einem Missbrauch des Klagerechts zu Konkurrenzkämpfen vorzubeugen. Ein solcher ist nach der bisherigen Tätigkeit der in Betracht fallenden Konsumentenorganisationen kaum zu befürchten, während explizite Einschränkungen im Gesetz das neue Instrument in seiner Wirkung nachhaltig beeinträchtigen könnten. Es wird deshalb Sache der Rechtsprechung sein, in Zweifelsfällen die Unabhängigkeit einer klagenden Organisation und ihre «Legitimation zur Legitimation» näher zu prüfen.

Die Klageberechtigung der Konsumentenschutzorganisationen soll sich auf die in Artikel 2 Absatz l UWG unter den Buchstaben a-c aufgezählten Ansprüche auf Feststellung der Widerrechtlichkeit, Unterlassung weiterer Verstösse und Beseitigung rechtswidriger Zustände bzw. Richtigstellung unrichtiger oder irreführender Äusserungen erstrecken. Schadenersatz- und Genugtuungsansprüche im Sinne der Buchstaben d und e sind schon von der rein vikariierenden Funktion dieser speziellen Verbandsklage her ausgeschlossen. Damit ist gleichzeitig auch gesagt, dass das Klagerecht der Organisation nicht von demjenigen eines Mitglieds und insofern auch nicht von einer konkreten Schädigung irgend einer bestimmten Person abhängig sein kann. Das ergibt sich aus dem Verweis auf Absatz l, der ein Vorgehen schon bei Gefährdung wirtschaftlicher Interessen ermöglicht, und aus der ausdrücklichen Abgrenzung gegenüber Absatz 3 mit dem Nachsatz «in diesen Fällen ist die Klageberechtigung der Organisation von derjenigen ihrer Mitglieder unabhängig».

Entsprechend der spezifischen Zielsetzung des Konsumkreditgesetzes bleibt
die Aktivlegitimation der Konsumentenschutzorganisationen vorerst beschränkt auf Klagen «gegen unlauteren Wettbewerb im Zusammenhang mit Teilzahlungskäufen und ihnen gleichgestellten Rechtsgeschäften oder Kleinkrediten». Eine allfällige Ausdehnung dieser Verbandsklage auf ähnliche Tatbestände irreführender Werbung und unkorrekten Geschäftsgebarens in anderen Bereichen muss der laufenden «grossen» Revision des UWG vorbehalten bleiben.

Mit dieser besonderen Klageberechtigung der Konsumentenschutzorganisationen wird keine Popularklage und auch keine eigentliche «class action» nach amerikanischem Vorbild (im Sinne einer Klage Privater im öffentlichen Interesse mit Ausschaltung des finanziellen Prozessrisikos) eingeführt. Trotzdem dürfte von ihr eine gewisse und durchaus erwünschte Breitenwirkung ausgehen, die der Geltendmachung individueller Ansprüche weitgehend fehlt. Dazu bedarf es keiner Erweiterung der Rechtskraft des Urteils in der Weise, dass es über die Prozessparteien hinaus für alle Betroffenen Geltung erlangen würde. Vielmehr genügt bereits die faktische präjudizielle Wirkung eines Feststellungs-, Unterlassungs- oder Beseiti608

gungsurteils hinsichtlich eines (namentlich bei der Werbung) an die Öffentlichkeit tretenden und an sie gerichteten Verhaltens, zusammen mit der Möglichkeit, solchen Entscheiden in den Informationsorganen der klagenden Organisationen eine gewisse Publizität zu verleihen. Im übrigen ist auch hier wieder die in erster Linie präventive Bedeutung des neuen Instruments zu betonen. Sein Hauptzweck liegt nicht darin, den Gerichten zusätzliche Arbeit aufzuladen, sondern es den klageberechtigten Organisationen zu erlauben, gegenüber Unternehmen mit unkorrekten Werbe- und Akquisitionsmethoden wirksamer aufzutreten und sie zu freiwilliger Beachtung geschäftlichen Anstands anzuhalten.

226

Sechster Teil: Schlussbestimmungen

226.1

Hilfskreditgewerbe

Artikel 318/ verfügt die Nichtigkeit von Abreden über einen Mäklerlohn bei der Vermittlung von Kleinkrediten. Ein anderes wichtiges, zeitlich nachgeordnetes, Hilfskreditgewerbe. das zunehmende Verbreitung erlangt hat. ist die Schuldenberatung und Schuldenregulierung durch Treuhand- oder sog. Sanierungsbüros. In zahlreichen Inseraten wird mit dem Angebot solcher Dienste um die Gunst verschuldeter Kunden geworben, und wohl nicht ganz zu Unrecht wird diesen Beratern und Regulierern nachgesagt, dass sie darauf spezialisiert seien, dort noch etwas zu holen, wo nichts mehr zu holen ist. Das geschieht insbesondere dadurch, dass dem Klienten zunächst einmal ein Honorar- bzw. Kostenvorschuss abgenommen wird. Abgesehen von der damit verbundenen Benachteiligung der anderen Gläubiger, kann auf diese Weise auch der Schuldner zusätzlich in Schwierigkeiten geraten, um so mehr, als der Sanierungsbeauftragte - evidenterweise keine Gewähr für die Zustimmung der betroffenen Gläubiger übernehmen kann und insofern auch weitgehend risikolos arbeitet und kassiert.

Nun ist mit den neuen Bestimmungen über den Konsumkredit, namentlich den Vorschriften über die ausschliessliche richterliche Stundungsbefugnis (Art. 226i Abs. 4 und Art. 318/j Abs. 4). schon weitgehend dafür gesorgt, dass die Schuldentilgung in einigermassen geordneten Bahnen verläuft. Zudem kann bei seriöser Beratung und rechtzeitiger Ausarbeitung eines Sanierungsplanes dem Schuldner unter Umständen doch ein echter Dienst geleistet werden. Es geht also lediglich darum, allenfalls noch mögliche Auswüchse zu unterbinden. Die Anregung, mit der Regelung des Konsumkreditwesens auch diesen Bereich zu erfassen, stammt aus dem neuen britischen Recht (vgl. oben Ziff. 1510).

Artikel l : Schuldenregulierung Der Entwurf beschränkt sich auf eine rein zivilrechtliche Massnahme, indem er ähnlich wie beim Mäklerlohn (Art. 413 Abs. l OR) und beim Provisionsanspruch des Agenten (Art. 418g Abs. 3 OR), aber absolut zwingend - den Vergütungsanspruch des Schuldenberaters oder -regulierers erst mit dem Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung mit dem oder den betroffenen Gläubigern entstehen lässt (Abs. 1). Das bedeutet, dass bei Nichterfüllung dieser Suspensivbedingung ein allfälliger Honorar- und Kostenvorschuss aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden kann. Im übrigen wird auch hier darauf verzichtet, diese 609

Regelung auf die gewerbsmässige Beratung und Regulierung zu beschränken, einerseits, um Strohmännergeschäfte auszuschalten, anderseits, weil private Schuldenregulierung regelmässig als Freundschaftsdienst und daher unentgeltlich geleistet werden sollte.

Ebenfalls aus dem Recht des Mäklervertrags (Art. 417 OR) übernommen ist die Bestimmung von Absatz 2, die eine richterliche Herabsetzung einer unverhältnismässig hohen Vergütung auf einen angemessenen Betrag ermöglicht. Dabei handelt es sich, wie beim gesamten Artikel überhaupt, um eine auf die spezielle Schutzbedürftigkeit und immanente «Notlage» des verschuldeten Kreditkonsumenten zugeschnittene Konkretisierung des allgemeinen Übervorteilungstatbestandes von Artikel 21 OR.

226.2

Anpassung frankenmässig bestimmter Grenzbeträge

Artikel 2: Kaufkraftklausel In einzelnen Bestimmungen des Entwurfs, wo gewisse Ansätze oder Grenzwerte in Verhältniszahlen festgelegt sind, wird bereits eine Kompetenz des Bundesrates vorgesehen, allfällige Anpassungen vorzunehmen, die sich unter veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen zur Wahrung eines angemessenen Sozialschutzes als notwendig erweisen könnten (vgl. Art. 226h Abs. 2, Art. 226; Abs. 2," Art. 318a Abs. l und 2, 3186 Abs. 3, 318j5 Abs. 2).

Ähnliche Zwecke, aber bezogen auf die in absoluten Zahlen, d. h. in Frankenbeträgen ausgedrückten Grenzbeträge, verfolgt auch Artikel 2 der Schlussbestimmungen. Hier geht es darum, den in diesen Limiten enthaltenen Schutz auch bei spürbaren konjunkturellen Schwankungen in den gleichen Proportionen zu halten, ohne dafür eine ganze Gesetzesrevision in Gang setzen zu müssen. Ein Vorbild für diese Verordnungskompetenz findet sich in Artikel 25bis des Militärversicherungsgesetzes (SR 833.1), der den Bundesrat verpflichtet, die Renten «bei jedem spürbaren Anstieg oder Rückgang des Landesindexes der Konsumentenpreise» anzupassen. Von diesem Muster weicht die hier vorgeschlagene Bestimmung insofern ab, als sie nicht auf den Index, sondern - genereller - auf die «Kaufkraft des Geldes» abgestellt; diese Formulierung ist vorzuziehen, weil sie ein «Durchschlagen» der Diskussionen um die Zusammensetzung und Berechnung des Index in den Bereich des Konsumkredits verhindert und dem Bundesrat grössere Ermessensfreiheit belassi. Anderseits ist durch das Erfordernis der «wesentlichen» Veränderung dafür gesorgt, dass - im Interesse der Rechtssicherheit - keine allzu häufigen und nicht unbedingt erforderlichen Anpassungen erfolgen.

Im einzelnen bezieht sich die Bestimmung auf folgende Grenzwerte: , - die 200 Franken-Grenze für Bagatell-Abzahlungsgeschäfte (Art. 226b Abs. 2) - die 1000 Franken-Limite für die Zustimmung des Ehegatten (Art. 226c Abs. 3, 2276 Abs. 3 und Art. 318d Abs. 3) - die Begrenzung des Reugelds bei der Kündigung eines Vorauszahlungskaufs (Art. 227z Abs. 4) - den Kleinkredit-Plafond von 40000 Franken (Art. 318a Abs. 1).

610

226.3

Anwendung des neuen Rechts auf altrechtliche Verträge

Artikels: Übergangsrecht Diese Bestimmung ermöglicht - nach dem Vorbild von Artikel 3 der Schlussbestimmungen zum Gesetz von 1962 - die Anwendung neuer Schutzvorschriften zugunsten des Kreditkonsumenten auf altrechtliche Verträge dort, wo dies ohne allzu massiven Eingriff in die Interessen des Verkäufers oder Kreditgebers möglich ist.

Im Bereich des Abzahlungskaufs (Abs. l) lässt sich eine derartige «unechte Rückwirkung» vertreten hinsichtlich: - der richterlichen Befugnis, Stundung oder andere Zahlungserleichterungen zu gewähren und die hiefür erforderlichen Modifikationen des Vertrags anzuordnen (Art. 226/ Abs. 4), allerdings nur in dem Sinne, dass die Parteien seine Dienste dann in Anspruch nehmen können und müssen, wenn der Kunde nach dem Inkrafttreten des neuen Rechts in nicht vorausgesehene wirtschaftliche Bedrängnis gerät; vom Verkäufer selbst bereits vorher: gewährte Stundungen im Rahmen des geltenden Artikels 226^ Absatz 3 OR werden dadurch nicht berührt; , - der (entsprechenden) richterlichen Modifikation oder Anpassung von Lohnzessionen oder -Verpfändungen (Art. 226A: Abs. 2); - des verstärkten Barauskaufsrechts (Art. 226/?i Abs. 2); - der im wesentlichen mit dem geltenden Recht übereinstimmenden Ansprüche des Verkäufers, der wegen Verzugs des Käufers vom Vertrag zurücktritt (Art. 226p) ; die einzige relevante Verbesserung zugunsten des Käufers besteht in der gesamthaften Begrenzung der Forderung des Verkäufers beim Anzahlungsverzug auf 10 Prozent des Barkaufpreises (Art; 226p Abs. 3); - der Reduktion des Teilzahlungszuschlags und der Verzugszinse (analog dem Barauskauf) bei vorzeitiger Rückzahlung zufolge Terminverfalls (Art. 226
Von den neuen Vorschriften über den Vorauszahlungskauf ist gemäss Absatz 2 nur Artikel 227Ä: Absatz 3 betreffend die Vertragsbeendigung gegenüber dem «verschollenen» Käufer auf laufende Verträge anwendbar. Bekanntlich wurde diese Vorschrift gerade zu diesem Zweck und auf Anregung verschiedener Unternehmen für hängige Sparverträge aufgenommen (vgl. oben Ziff. 221.305 a. E.).

Die Anwendung des neuen Rechts auf die bisher überhaupt nicht geregelten, im Zeitpunkt des Inkrafttretens laufenden Kleinkreditverträge (Abs. 3) folgt im wesentlichen der in Absatz l für Abzahlungsgeschäfte : statuierten Ordnung. Was den Verzug anbelangt, beschränkt sie sich allerdings
auf die Reduktion der Kreditkosten und des Verzugszinses entsprechend der Verkürzung der Laufzeit, soweit diese - bei Fest- und Teilzahlungskrediten - überhaupt zum vorneherein bestimmt war (Art. 318« Abs. 3); dabei fällt der Ablauf der zweiwöchigen Mahnfrist als massgebender Zeitpunkt für die Berechnung des Diskonts ausser Betracht, es sei denn, der Vertrag habe zufällig eine solche vorgesehen.

611

226.4

Derogatorische Kraft des Bundesrechts

Artikel 4: Aufhebung kantonaler Vorschriften Entgegen ihrer positiven Formulierung dient diese Bestimmung nicht so sehr der Bestätigung des allgemeinen Grundsatzes von Artikel 2 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung für den Bereich des Konsumkreditrechts, als vielmehr der Bekräftigung eines (unechten) Vorbehalts im Sinne von Artikel 6 Absatz l ZGB (bzw. Art. 335 StGB) mit einer gewissen Betonung der «expansiven Kraft des kantonalen öffentlichen Rechts» (vgl. Huber N. 70ff. zu Art. 6 ZGB im Berner Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Bd. I/l). Dieser Vorbehalt ergibt sich insbesondere aus der ausdrücklichen Feststellung, dass das Konsumkreditgesetz nur diejenigen kantonalen Vorschriften aufheben, bzw. den Erlass entsprechender neuer Vorschriften ausschliessen will, die mit ihm «im Widerspruch» stehen.

In der Tat muss die bundesrechtliche Regelung des Konsumkreditwesens als Minimalordnung verstanden werden, die zwar einen angemessenen Sozialschutz verwirklicht, aber nicht Anspruch darauf erhebt, das Problem abschliessend zu lösen. So ist namentlich der Verzicht auf verwaltungsrechtliche Vorschriften, mit .denen insbesondere eine Bewilligungspflicht und administrative Kontrolle der Händler und Kreditgeber'hätte eingeführt werden können, aus rein praktischen und finanziellen Gründen erfolgt und kann in keiner Weise als «qualifiziertes Schweigen» des Bundesgesetzgebers gedeutet werden. Es muss daher den Kantonen unbenommen bleiben, Abzahlungs- oder Vorauszahlungsgeschäfte sowie Kredit- und Hilfskreditgeschäfte weiteren gewerbepolizeilichen Beschränkungen zu unterwerfen, soweit dies durch ein «haltbares öffentliches Interesse» begründet und mit dem «Sinn und Geist des Bundesrechts vereinbar» erscheint. Diesbezüglich ist insbesondere davon auszugehen, dass das Bundesrecht - wie im KKG deutlich zum Ausdruck kommt - die an sich garantierte Vertragsfreiheit und Privatautonomie in diesem besonderen Bereich nicht als absoluten, jeder anderen Erwägung übergeordneten Wert versteht. Es kann also zumindest solange nicht verletzt sein, als das kantonale öffentliche Recht im Sinne negativer, eben «polizeilicher» Staatstätigkeit auf Bekämpfung und Verhinderung von Missbräuchen gerichtet ist.

Es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Bestimmungen des Konkordats über Massnahmen zur Bekämpfung
von Missbräuchen im Zinswesen (SR 221.121.1) sowie der selbständigen oder ergänzenden kantonalen Gesetze auf dem Gebiet der Kreditgewährung und -Vermittlung Bestand haben, soweit sie durch das KKG nicht offensichtlich derogiert oder überflüssig gemacht werden. Dies gilt namentlich etwa für das Verbot des Schneeball-Systems (Art. 6 des Konkordats), der Gebührenforderung für nicht zustandegekommene Geschäfte (Art. 7 des Konkordats, vgl. oben Ziff. 222.306 zu Art. 3180) oder der Koppelungsgeschäfte (Art. 8 des Konkordats). Vorbehalten bleiben ferner - auch im Bereich der Abzahlungsgeschäfte - Einschränkungen des Markt- und Hausierverkehrs oder andere Verbote hinsichtlich des Aufsuchens und Anwerbens von Kunden ausserhalb der Geschäftslokalitäten des Anbieters (vgl. Art. 10 des Konkordats).

Ebenso sind weitergehende kantonale Bestimmungen über die Werbung denkbar, soweit sie nicht anders als durch Widerspruch mit dem KKG gegen das Bundes612

recht (insbesondere die Handels- und Gewerbefreiheit im Sinne von Art. 31, allenfalls in Verbindung mit Art. 4 BV) verstossen: Unberührt bleiben schliesslich vor allem kantonalrechtliche Bewilligungs- und Aufsichtsvorschriften samt den entsprechenden Sanktionen.

Eindeutig aufgehoben sind hingegen Höchstsatzvorschriften (wie Art. l des Konkordats oder Art. 213 des Zürcher EG zum ZGB), indem das Bundesrecht (Art. 318i Abs. 3 OR in der Fassung des Entwurfs) hier - bezüglich der Kleinkredite und der Abzahlungsgeschäfte (vgl. Art. 226c Abs. l Ziff. 4) - den Vorbehalt des Artikels 73 Absatz 2 OR gleichsam zurücknimmt und die Lücke mit zivilrechtlichen Mitteln, im Sinne einer Konkretisierung von Artikel 21 OR (Übervorteilung) füllt. Ebenso trifft die Aufhebung allfällige kantonale Bestimmungen über Vertragsgestaltung und Vertragsabschluss Und macht Vorschriften betreffend Entschädigungsforderungen von Kreditvermittlern (Art. 2 des Konkordats) oder betreffend überhöhte Schuldanerkennungen (Art. 4 des Konkordats) im Bereich der Kleinkredite überflüssig.

226.5

Schlussklauseln

Artikels: Referendum und Inkrafttreten Es handelt sich um die in Bundeserlassen üblichen Schlussformeln über die Unterstellung unter das fakultative Referendum und die Kompetenz des. Bundesrates zur Bestimmung des Zeitpunkts des Inkrafttretens.

227

Anhang: Internationales Privatrecht

Das Problem des anwendbaren Rechts ist insofern nicht von überragender Bedeutung, als die internationalen Beziehungen in Konsumkreditverträgen bis heute noch kaum in Erscheinung getreten sind. Angesichts der in praktisch allen Staaten, zu denen solche Kontakte denkbar sind, lebhaften und durch Richtlinien oder Empfehlungen supranationaler Organisationen in Richtung Vereinheitlichung beeinflussten gesetzgeberischen Tätigkeit zur Verwirklichung eines besseren Sozialschutzes (vgl. oben Ziff. 15), dürften sich auch in Zukunft keine ernsthaften Schwierigkeiten ergeben.

De lege lata und gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung - die sich allerdings zur konkreten Frage hinsichtlich Abzahlungs- oder anderen Konsumkreditgeschäften nicht geäussert hat - steht grundsätzlich die Vertragstypenformel. d. h. die Anknüpfung an die charakteristische Leistung im Vordergrund, was bedeuten würde, dass mangels abweichender Rechtswahl in der Regel das Recht am Geschäftssitz des Lieferanten bzw. Kreditgebers zur Anwendung käme; im Falle des Abschlusses eines Konsumkreditvertrags durch einen in der Schweiz domizilierten Kunden im Ausland also das ausländische Recht, allenfalls unter dem hier wohl wenig wirksamen Vorbehalt des «ordre public». Immerhin wäre abgesehen von der Anknüpfung an den Ort der gelegenen Sache, soweit dingliche Rechte zur Diskussion stehen - eine Anwendung schweizerischen Rechts mindestens auf solche Verträge denkbar, die von der Schweiz aus auf dem Korrespondenzweg mit einem ausländischen Lieferanten oder Kreditgeber abgeschlossen 613

werden (vgl. Stofer, Kommentar 36). Im übrigen scheint sich, wie auch die Vorarbeiten zur Kodifikation des schweizerischen Internationalen Privatrechts zeigen, immer deutlicher die Auffassung durchzusetzen, wonach bei Verträgen, für welche eine besondere Schutzgesetzgebung zugunsten einer Partei («loi d'application immédiate») besteht, an den Ort des gewöhnlichen Aufenthaltes der schwächeren Partei anzuknüpfen sei. Auch die freie Rechtswahl stünde bei derartigen Verhältnissen unter dem Vorbehalt ausreichenden Sozialschutzes. Es besteht kein Zweifel, dass die Konsumkreditverträge zu dieser Kategorie zu rechnen sind.

3

Personelle und finanzielle Auswirkungen für Bund und Kantone

31

Personelle Auswirkungen

Während beim Bund keinerlei Auswirkungen auf den Personalbestand in Betracht kommen, könnte sich für die Kantone eine gewisse zusätzliche Belastung der Gerichte und Betreibungsämter ergeben, deren Ausmass schwer abzuschätzen ist, sich jedoch in bescheidenem Rahmen halten sollte.

32

·

Finanzielle Auswirkungen

'Unmittelbare finanzielle Verpflichtungen resultieren aus dem Konsumkreditgesetz weder für den Bund noch für die Kantone. Das Geschäft ist in den Richtlinien der Regierungspolitik in der Legislaturperiode 1975-1979 vom 28. Januar 1976 (BB1 1976 l 442 [S. 487]) angekündigt worden; es ist nicht haushaltrelevant und deshalb im Finanzplan nicht aufgeführt.

4

Verfassungsmässigkeit

41

Die Bundeskompetenz

Der Entwurf stützt sich auf die Artikel 64 und 64bis der Bundesverfassung, welche dem Bund die Rechtsetzungszuständigkeit auf den Gebieten des Zivil- und des Strafrechts zuweisen.

Was namentlich die Gesetzgebungshoheit des Bundes im Privatrecht anbelangt, so lässt sie sich für die Regelung des Konsumkredits nicht nur auf die generalklauselartige Ermächtigung zum Erlass zivilrechtlicher (im Gegensatz zu öffentlichrechtlichen) Normen nach Absatz 2 von Artikel 64 BV gründen, sondern auch direkt auf die Zuteilung der Rechtsetzungskompetenz in einem bestimmten Sachgebiet, nämlich «über alle auf den Handel und Mobiliarverkehr bezüglichen Rechtsverhältnisse» (Art. 64 Abs. l BV). Das Konsumkreditgesetz bezieht sich auf Rechtsverhältnisse zwischen Privaten, die klarer- und herkömmlicherweise dem Obligationenrecht zuzuordnen sind. Kaum mehr bestritten dürfte heute ferner sein, dass aufgrund dieser Ermächtigung auch Normen mit sozialpolitischer Zielsetzung und vorwiegend zwingendem Charakter erlassen werden können.

Vorbilder dafür existieren bereits im Bürgschaftsrecht, im Mietrecht und im Arbeitsrecht. Immerhin wird sich an einem gewissen Punkt die Frage stellen, wie weit die Sozialbelastung der Handlungsfreiheit gehen dürfe, ohne den Rahmen 614

der freiheitlichen Verfassung zu sprengen; sie geht dann über in das Problem der materialen Verfassungsmässigkeit, d.h. der Vereinbarkeit einer Sozialschutzgesetzgebung mit den fundamentalen Freiheits- und Grundrechten (nachfolgend Ziff. 42).

Die Vorschriften der Artikel 226; Absatz 4 und 318/> Absatz 4 des Entwurfs, welche für richterliche Eingriffe und Modifikationen von Konsumkreditverträgen ein einfaches und rasches Verfahren und die örtliche Zuständigkeit des Richters am Wohnsitz des Kunden vorsehen, werfen die weitere Frage nach dem Verhältnis dieser Bestimmungen zu Artikel 64 Absatz 3 und zu Artikel 59 Absatz l BV auf.

Hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Kompetenzzuteilung an die Kantone kann als allgemein anerkannt gelten, dass das Bundeszivilrecht insofern eine gewisse «expansive Kraft» entfalten darf, als es die Rechtsverwirklichung - in Anbetracht der dienenden Rolle des Prozessrechts - mit ausreichender Dringlichkeit verlangt.

Dass diese Rechtsverwirklichung in bezug auf die (nunmehr obligatorisch vom Richter vorzunehmende) Gewährung von Zahlungserleichterungen und Anpassung der Verträge im Bereich des Konsumkredits in Frage gestellt wäre, wenn sie nicht in einem unkomplizierten, speditiven und entsprechend billigen Verfahren erfolgte, liegt auf der Hand. Insofern darf das Erfordernis der sachlichen Notwendigkeit ohne weiteres als gegeben betrachtet werden.

Was die Gerichtsstandsgarantie des Artikels 59 BV anbelangt, die allenfalls vom Verkäufer oder Kreditgeber dagegen angerufen werden könnte, dass der Käufer oder Kreditnehmer das Stundungsbegehren am eigenen Wohnsitz anhängig machen kann, so ist zu beachten, dass nicht ein selbständiger obligatorischer Anspruch aus dem Vertrag («persönliche Ansprache») geltendgemacht wird, sondern vielmehr ein Recht auf staatlichen Beistand im Hinblick auf die erfüllungsorientierte Umgestaltung und Anpassung der vertraglichen Regelung und die Inanspruchnahme einer anders nicht zu erreichenden Verlängerung der Vertragsdauer bzw. Laufzeit. Die besondere Natur dieses Rechts zeigt sich im übrigen auch darin, dass es von beiden Parteien gemeinsam ausgeübt werden kann, womit sich der Beitrag des Richters auf einen Akt der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit reduziert und unter Umständen lediglich als behördliche Genehmigung einer Parteivereinbarung
(ähnlich wie bei der Scheidungskonvention) erscheint. Ferner, kann darauf hingewiesen werden, dass Artikel 59 BV nach konstanter Lehre und Rechtsprechung'ausschliesslich im Interesse des Schuldners und nicht in demjenigen des Gläubigers wirkt ; der Verkäufer oder Kreditgeber wird aber im Rahmen der Artikel 226 i Absatz 4 und 318/? Absatz 4 lediglich in seiner Eigenschaft als Gläubiger der kreditierten bzw. der Kreditforderung; angesprochen. Im übrigen bedarf auch diese Massnahme unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverwirklichung im Interesse eines wirksamen Schutzes des Kreditkonsumenten keiner weiteren Rechtfertigung.

'

42

Das Verhältnis zu den verfassungsmässigen Grundrechten

Das Problem der Vereinbarkeit einer Sozialschutzgesetzgebung im Bereich des Konsumkredits mit den Grundwerten und -rechten unserer freiheitlichen Verfassung kann sich insbesondere im Bezug auf die Vertragsfreiheit als Ausfluss der 615

persönlichen (Wirtschafts-) Freiheit und auf die Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV) stellen. Überdies sind allgemeine Grundsätze mit Verfassungsrang, wie namentlich Erforderlichkeit und Verhältnismässigkeit, sowie das Gebot der Rechtsgleichheit zu beachten.

Indessen können diese Fragen nicht ohne Berücksichtigung der tatsächlichen und gegenüber dem geschichtlichen Hintergrund der fraglichen Verfassungsnormen zum Teil tiefgreifend umgestalteten Verhältnisse beantwortet werden. Das gilt in erster Linie für das Prinzip der Privatautonomie. Die Grundvoraussetzung der Chancengleichheit, auf der die liberale Rechtsauffassung beruht, ist durch zahlreiche Einflüsse wirtschaftlicher und sozialer Natur in gewissen Bereichen erheblich beeinträchtigt, so dass auch die Zielvorstellung des selbsttätigen und selbstverantwortlichen Interessenausgleichs zur Fiktion wird. Es ist nicht zu übersehen, dass die Vertragsfreiheit nicht für alle am Wirtschafts- und Rechtsverkehr Beteiligten denselben Stellenwert hat. Es stehen sich nicht selten Partner gegenüber, deren finanzielle Leistungsfähigkeit, technische, kaufmännische und rechtliche Kenntnisse derart auseinanderklaffen, dass ein gleichgewichtiges gegenseitiges Einpendeln der Bedürfnisse und Ansprüche nicht erwartet werden kann. Solche Umstände können dazu führen, dass die Vertragsfreiheit eben durch den konsequenten Gebrauch, den der Stärkere von ihr macht, für den Schwächeren illusorisch wird. Derartige Situationen zwingen den Staat, mit privatrechtlichen oder anderen Mitteln die Privatautonomie um ihrer selbst willen zu beschränken, zu verhindern, dass sie durch Missbrauch von innen ausgehöhlt wird und dass sich daraus sozial schädliche Auswirkungen ergeben. Es kann nicht bestritten werden, dass im Konsumkreditwesen solche Erscheinungen zutagegetreten sind. Es ist deshalb Aufgabe des Rechts, und namentlich des Privatrechts, faktische Ungleichheiten in dem Masse zu neutralisieren, wie es nötig ist, um auch dem schwächeren Partner eine Ausgangs- und Verhandlungsposition zu verschaffen, die ihm eine echte Wahl, Gestaltungsvarianten und letztlich auch den Verzicht auf einen für ihn ungünstigen Vertrag - die effektive Ausübung auch der negativen Abschlussfreiheit - erlaubt.

Was die Handels- und Gewerbefreiheit anbelangt, so bedarf auch sie einer gewissen
Relativierung oder mindestens eines angemessenen Gegengewichts. Auch wenn sie in ihrer überlieferten Konzeption einseitig als individualrechtliche Freiheit des Unternehmers, d. h. des Anbieters, verstanden wird, kann der Abnehmer nicht ausserhalb der Verfassung und einer ihm als Individuum zustehenden Wirtschaftsfreiheit gestellt werden. Mithin stösst.die Handels- und Gewerbefreiheit, auch ohne ausdrückliche Anerkennung eines entsprechenden Grundrechts des Verbrauchers, dort an ihre konstitutionellen Grenzen, wo sie den gleichwertigen Anspruch des Partners auf wirtschaftliche und rechtliche Selbstbestimmung negiert. Struktur- oder konjunkturpolitische Ziele aber, gegenüber welchen der Handels- und Gewerbefreiheit ein anerkannter Vorrang zukommt, verfolgt der Entwurf keine.

Dem unter Berufung auf Artikel 4 BV allenfalls möglichen Einwand einer ungleichen, privilegierten Behandlung der Kreditkonsumenten vor anderen Verbraucherkategorien ist entgegenzuhalten, dass der Gleichheitsgrundsatz nicht undifferenzierte Gleichmacherei, sondern lediglich gebietet, Gleiches nach Massgabe seiner Gleichheit, Ungleiches nach Massgabe seiner Ungleichheit zu behandeln. Die 616

Gründe, die für einen besonderen Schutz des Kreditnehmers oder Kreditkäufers sprechen, sind in dieser Botschaft ausführlich dargelegt. Dass sich endlich die vorgeschlagenen Massnahmen auch im Rahmen der Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit halten, dürfte schon dadurch belegt sein, dass sie lediglich die spürbar zutagegetretenen Lücken des geltenden Abzahlungsrechts schliessen und gegen offensichtliche Versuche gerichtet sind, den anerkannten Zweck des Gesetzes zu vereiteln.

617

Konsumkreditgesetz (KKG)

Entwurf

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 64 und 64 bls der Bundesverfassung, nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 12. Juni 1978 D, beschliesst : I

Der sechste Titel des Obligationenrechts2) wird wie folgt geändert:

Art. 226 (neu) C. TeiizahL^bzahlungskauf es

Durch den Abzahlungskauf verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer eine bewegliche Sache vor der Zahlung des Kaufpreises zu liefern, und der Käufer, den Kaufpreis in Teilzahlungen zu entrichten.

Art. 226a

2. Geitungs' Die Bestimmungen über den Abzahlungskauf gelten auch für ^Ausdehnung Rechtsgeschäfte, mit denen sich ähnliche wirtschaftliche Zwecke erreichen lassen. Ein solcher Zweck wird vermutet bei Miet-, MietKauf und Leasingverträgen, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen oder frühestens nach Bezahlung von 25 Prozent des Barkaufpreises kündbar sind.

2

Die Bestimmungen über den Abzahlungskauf gelten für Verträge über zeitlich gestaffelte Sachlieferungen, wenn die Staffelung für den Verkäufer wirtschaftlich nicht notwendig ist und einem offenkundigen Kreditbedürfnis des Käufers entspricht.

3 Für Verträge über Unterricht, der ganz oder teilweise in Fernkursen erteilt wird und für den Teilzahlungen zu entrichten sind, gelten die Bestimmungen über den Abzahlungskauf sinngemäss; der Bundesrat kann diesen Bestimmungen aus Gründen des Sozialschutzes weitere Dienstleistungsverträge unterstellen, bei denen das Entgelt in Teilzahlungen zu entrichten ist.

4 Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über den Kleinkredit.

D BEI 1978 II 485

2) SR 220 618

Konsumkredit

b. Einschränkungen

Art. 226b Die Bestimmungen über den Abzahlungskauf gelten nicht, wenn ^er G esam tkaufpreis i n zwe j Teilzahlungen, die Anzahlung Inbegriffen, zu entrichten ist, welche innerhalb eines Monats fällig werden.

l

2

Beträgt der Gesamtkaufpreis nicht mehr als 200 Franken und dauert der Vertrag nicht länger als sechs Monate, so gelten nur die Artikel 226n, 226o Absätze 2-4, · 226p, 226r und, sinngemäss, 226; Absätze 3 und 4. Der Vertrag muss jedoch nach Artikel 226c Absatz l schriftlich abgefasst sein und den Barkaufpreis, den Teilzahlungszuschlag, den Gesamtkaufpreis sowie die Anzahl, den Betrag und die Fälligkeit der Teilzahlungen angeben ; er bedarf ferner der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nach Artikel 226c Absatz 2.

3

Übt der Käufer hauptberuflich eine .selbständige Erwerbstätigkeit aus oder ist er als Geschäftsfirma im Handelsregister eingetragen und steht der Kauf mit seiner Geschäftstätigkeit in offenkundigem Zusammenhang, so gelten nur die Artikel 226/7, 2260 Absätze 2-4 sowie 226p Absätze l und 2.

3. Vertragsabschluss a. Form-, Inhalts- und Zustimmungserfordernisse

Art. 226c 1 Der Vertrag muss schriftlich abgefasst sein und folgende'Angaben enthalten : 1. den Namen und die vollständige Adresse der Parteien sowie das Alter, den Zivilstand und den Beruf des Käufers; 2. den Gegenstand des Kaufes; 3. den Barkaufpreis; 4. den Teilzahlungszuschlag,in Franken und in Jahresprozenten des um die Anzahlung verminderten Barkaufpreises, berechnet auf den mittleren Verfall, wobei die vom Bundesrat für Kleinkredite festgesetzten Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen ; 5. den Gesamtkaufpreis, welcher der Summe von Barkaufpreis und Teilzahlungszuschlag entsprechen muss; 6. die Anzahlung in Franken und in Prozenten des Barkaufpreises sowie den Anrechnungswert einer allenfalls an Zahlung genommenen Sache; 7. die Anzahl, den Betrag und die Fälligkeit der Teilzahlungen; 8. den Hinweis auf das Recht des Käufers, den Vertrag bis zum siebenten Tag nach seinem Abschluss schriftlich und unentgeltlich zu widerrufen: 9. den Hinweis auf das Recht des Käufers, den Restkaufpreis vorzeitig zu bezahlen, und auf die dadurch bewirkte Verminderung des Teilzahlungszuschlags;

619.

Konsumkredit

10. den bei Verzug oder Stundung geschuldeten Zins; 11. allfällige Vereinbarungen über einen Eigentumsvorbehalt, eine Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen oder eine Abtretung der Kaufpreisforderung; 12. den Ort und das Datum der Vertragsunterzeichnung.

2

Der Vertrag bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, wenn der Käufer unmündig oder entmündigt ist.

3

Der Vertrag bedarf der Zustimmung des Ehegatten des Käufers, wenn dieser mit ihm einen gemeinsamen Haushalt führt und der Gesamtkaufpreis 1000 Franken übersteigt.

4

Der gesetzliche Vertreter oder der Ehegatte muss seine Zustimmung durch Mitunterzeichnung spätestens beim Vertragsabschluss abgeben; sie begründet keine Mithaftung.

Art. 226d b. Massleitpunkt

Der Vertrag ist erst dann gültig abgeschlossen, wenn der Käufer dem Verkäufer auf einem von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsdoppel mit einer zusätzlichen Unterschrift und mit der Angabe des Datums bescheinigt, dass er einen beidseitig unterzeichneten Vertrag sowie den vollständigen Text der gesetzlichen Bestimmungen über den Konsumkredit erhalten hat.

Art. 226e c. Mängel

620

J

Der Vertrag ist nichtig, wenn 1. die Schriftform nicht eingehalten ist; 2. Name und Adresse der Parteien anhand der Vertragsurkunde nicht ohne weiteres feststellbar sind; 3. eine der Angaben über den Gegenstand des Kaufes oder über den Barkaufpreis fehlt oder fehlerhaft ist und nicht ohne weiteres berichtigt werden kann; 4. nicht auf das Widerrufsrecht des Käufers hingewiesen wird; 5. der gesetzliche Vertreter oder der Ehegatte nicht zugestimmt hat; 6. die Bescheinigung des Käufers fehlt, dass er das Vertragsdoppel und die gesetzlichen Bestimmungen über den Konsumkredit erhalten hat.

Der Verkäufer hat nur Anspruch auf die Rückerstattung der Kaufsache; dagegen schuldet er dem Käufer die empfangenen Zahlungen mit einem Zins von zehn Jahresprozenten, von der Vertragsunterzeichnung an gerechnet.

Konsumkredit 2

Der Käufer schuldet nur den Barkaufpreis, wenn eine der folgenden Angaben fehlt, den gesetzlichen Anforderungen widerspricht oder fehlerhaft ist und nicht ohne weiteres berichtigt werden kann : 1. der Teilzahlungszuschlag; 2. der Gesamtkaufpreis; 3. die Anzahlung; 4. die Teilzahlungen; 5. der Hinweis auf das Recht des Käufers, den Restkaufpreis vorzeitig zu bezahlen und auf die dadurch bewirkte Verminderung des Teilzahlungszuschlags.

Der Barkaufpreis ist innert der gesetzlichen Höchstdauer in gleich hohen Teilzahlungen abzuzahlen, die höchstens einen Monat auseinanderliegen dürfen.

3

Ist der bei Verzug oder Stundung geschuldete Zins nicht angegeben oder übersteigt er den gesetzlichen Höchstsatz, so können höchstens 5 Jahresprozente gefordert werden.

d. EigentumsAbtretungen

Art. 226f i Ein Eigentumsvorbehalt oder eine Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen kann nach dem Vertragsabschluss nicht mehr vereinbart werden.

- Tritt der Verkäufer die Kaufpreisforderung ab. ohne sich dies im Vertrag ausdrücklich vorbehalten zu haben, so kann der Käufer den Gläubigerwechsel binnen sieben Tagen seit Erhalt der Abtretungsanzeige durch schriftliche Erklärung an den Verkäufer ablehnen.

Art. 226g

4. Widerruf

' Der Käufer hat das unabdingbare Recht, den Vertrag bis zum siebenten Tag seit seinem Abschluss schriftlich zu widerrufen.

- Die Frist ist eingehalten, wenn die Widerrufserklärung am siebenten Tag der Post übergeben wird.

3

Der Käufer schuldet weder Entschädigung noch Reugeld.

4

Hat jedoch der Verkäufer dem Käufer auf dessen ausdrückliches Ersuchen die Kaufsache vor Ablauf der Widerrufsfrist geliefert, so ist er beim Widerruf berechtigt, für jeden vollen Tag der Besitzdauer l Prozent, insgesamt aber höchstens 10 Prozent der Mindestanzahlung als Entgelt zurückzubehalten.

5

Der Verkäufer hat zudem Anspruch 1 auf Schadenersatz bei Beschädigung oder Verlust der Kaufsache ; an seine Forderung auf Entgelt und Schadenersatz wird stets der Betrag der gesetzlichen Mindestanzahlung angerechnet.

621

Konsumkredit

5. Rechte und Pflichten der Parteien , a. Mindestanzahlung

Art. 226h 1 Spätestens bei der Lieferung der Kaufsache muss der Käufer mindestens 30 Prozent des Barkaufpreises in bar anzahlen oder dafür eine bewegliche Sache mit feststellbarem Verkehrswert an Zahlung geben.

2

Aus Gründen des Sozialschutzes kann der Bundesrat die Mindestanzahlung für alle oder für bestimmte Kaufgegenstände bis auf 40 Prozent erhöhen.

3

Liefert der Verkäufer, ohne die volle Mindestanzahlung in bar oder in zulässigen Sachwerten erhalten zu haben, so verliert er den Anspruch auf den nicht geleisteten Teil ; die Anzahlung gilt als nicht geleistet, soweit sie nicht aus eigenen Mitteln des Käufers stammte oder dieser sich die Mittel dazu durch Aufnahme eines Kleinkredits beschafft hatte und der Verkäufer dies wusste oder wissen musste.

Art. 226i 1 b. HöchstDer Käufer muss den Restkaufpreis innerhalb von 24 Monaten dauer; seit Vertragsabschluss in bar und in gleich hohen Teilzahlungen abTeilzahlungen zahlen, die höchstens einen Monat auseinanderliegen dürfen.

2 Aus Gründen des Sozialschutzes kann der Bundesrat die Höchstdauer des Vertrags für alle oder für bestimmte Kaufgegenstände bis auf 15 Monate verkürzen.

3

Der Verkäufer verliert den Anspruch auf den Teil des Restkaufpreises, der bei Ablauf der Höchstdauer des Vertrags nicht in bar bezahlt worden ist.

4

Ist jedoch der Käufer durch Umstände, die bei Vertragsabschluss nicht vorausgesehen werden konnten, in wirtschaftliche Bedrängnis geraten, so kann ihm der Richter seines Wohnsitzes auf Begehren einer oder beider Parteien eine Stundung oder andere Zahlungserleichterungen gewähren und dabei die Vertragsdauer um höchstens 12 Monate verlängern. Der Richter darf dem Begehren nur entsprechen, wenn der Verkäufer bereits fällige Teilzahlungen ohne Verzögerung eingefordert hat und begründete Aussicht besteht, der Käufer werde seine Verpflichtungen bis zum Ablauf der Verlängerung erfüllen; er trifft seine Anordnungen in einem einfachen und raschen Verfahren.

c. Lohnabtretungen

Art. 226k 1 Die Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen des Käufers ist nur bis zum Ablauf der Höchstdauer des Vertrags gültig.

2

Wenn die Voraussetzungen für Zahlungserleichterungen erfüllt sind, kann der Richter Lohnabtretungen oder -Verpfändungen vor-

622

Konsumkredit zeitig aufheben, vorübergehend aussetzen oder um höchstens 12 Monate verlängern; er kann ferner ihren Betrag der wirtschaftlichen Lage des Käufers anpassen.

d. Einreden es au ers

e. Vorzeitige Erfüllung

6. Verzug e 5 a Verzug"

Art. 226Ì l Der Käufer hat das unabdingbare Recht, seine Forderungen aus ^gj^ Abzahlungskauf mit seinen Schulden, gegenüber dem Verkäufer zu verrechnen.

- Der Käufer hat das unabdingbare Recht, seine Einreden aus dem Abzahlungskauf gegenüber jedem Abtretungsgläubiger sowie gegenüber jedem anderen Gläubiger geltend zu machen, dessen Forderung sich auf den Abzahlungskauf bezieht und im Einvernehmen mit dem Verkäufer zustande gekommen ist.

An. 226m l Der Käufer kann den Restkaufpreis vorzeitig bezahlen.

; ' ~ 2 Begleicht er die Restschuld durch einmalige Zahlung, so sind ihm wenigstens 75 Prozent des Teilzahlungszuschlags nachzulassen, der auf die nicht beanspruchte Vertragsdauer :entfällt.

Art. 226n (neu) Der bei Verzug oder Stundung geschuldete Zins darf den Satz nicht übersteigen, der für den Teilzahlungszuschlag vereinbart worden ist.

und Stundungszins

b. Wahlrecht vfrkäufers

Art. 226o (neu'j ' Ist der Käufer mit der Anzahlung im Verzug, so kann der Verkäufer entweder deren Bezahlung fordern oder, nachdem er dem Käufer eine zweiwöchige Frist zur Erfüllung angesetzt hat. vom Vertrag zurücktreten.

2 Ist der Käufer mit Teilzahlungen im Verzug, so kann der Verkäufer nur deren Bezahlung fordern.

3 Ist jedoch der Käufer mit mehreren Teilzahlungen im Verzug, die zusammen mindestens 10 Prozent des Gesamtkaufpreises ausmachen, oder mit einer Teilzahlung, die 25 Prozent dieses Preises ausmacht, so kann der Verkäufer, wenn er sich dies im Vertrag ausdrücklich vorbehalten hat, entweder vom Vertrag zurücktreten oder, unter Verzicht auf den Rücktritt, den Restkaufpreis fordern; vorher muss er dem Käufer eine zweiwöchige Frist zur Erfüllung angesetzt haben.

4 Ist der Käufer mit der letzten Teilzahlung im Verzug, so kann der Verkäufer nur dann vom Vertrag zurücktreten, wenn er sich für die-

623

Konsumkredit

sen Fall den Rücktritt besonders vorbehalten hat; vorher muss er dem Käufer eine Frist von mindestens einem Monat zur Erfüllung angesetzt haben.

c. Rücktritt

Art. 226p (neu) ' Ist der Verkäufer nach der Lieferung der Kaufsache vom Vertrag zurückgetreten, so müssen die Parteien die empfangenen Leistungen zurückerstatten; vorbehalten bleiben abweichende Anordnungen des Richters bei der Gewährung von Zahlungserleichterungen.

2

Der Verkäufer kann ausser der Rückgabe der Kaufsache einen angemessenen Mietzins sowie eine Entschädigung für ausserordentliché Abnützung, für Beschädigung oder Verlust fordern, gesamthaft jedoch nicht mehr, als er durch vertragsgemässe Erfüllung erhalten hätte.

3

Ist der Verkäufer vor der Lieferung der Kaufsache zurückgetreten, so kann er als Entschädigung oder als Konventionalstrafe höchstens 10 Prozent des Barkaufpreises fordern.

Art. 226q (neu) d. Terminverfall

1. GerichtsScïïedTM serlcht

Fordert der Verkäufer den Restkaufpreis, so vermindert sich dieser um 50 Prozent des Teilzahlungszuschlags, der auf die Zeit nach Ablauf der zweiwöchigen Frist entfällt; vom gleichen Zeitpunkt an dürfen Verzugszinse nur auf der gekürzten Forderung berechnet werden.

Art. 226r (neu) Der in der Schweiz wohnhafte Käufer kann nicht zum voraus darau f verzichten, Streitigkeiten aus dem Abzahlungskauf vom ordentliehen Richter seines Wohnsitzes beurteilen zu lassen.

Art. 227 (neu)

II. Vorauszahlungskauf 1. Begriff

Durch den Vorauszahlungskauf verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer eine bewegliche Sache nach der Zahlung des Kaufpreises zu liefern, und der Käufer, den Kaufpreis zum voraus in Teilzahlungen zu entrichten.

Art. 227a

2. Geltungsbereich

624

1

Die Bestimmungen über den Vorauszahlungskauf gelten l. für Verträge, die auf mehr als ein Jahr oder auf unbestimmte Zeit abgeschlossen sind (überjährige Verträge) und mindestens zwei Teilzahlungen vorsehen, selbst wenn die letzte Teilzah-

Konsumkredit

lung erst bei der Lieferung der Kaufsache oder, binnen einem Monat danach fällig wird; 2. für Verträge, die auf höchstens ein Jahr, aber mindestens drei Monate abgeschlossen sind (unterjährige Verträge) und mindestens drei Teilzahlungen vorsehen.

2

Sie gelten nicht, wenn der Käufer hauptberuflich eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt oder als Geschäftsfirma im Handelsregister eingetragen ist und der Kauf mit seiner Geschäftstätigkeit in offenkundigem Zusammenhang steht.

Art. 227b 3. Vertragsabschluss a. Form-,

Inhalts- und erfordernisse

' Der Vertrag muss schriftlich absefasst sein und folgende Angaben enthalten : i den Namen und die vollständige Adresse der Parteien sowie das Alter, den Zivilstand und den Beruf des Käufers; 2. den Gegenstand des Kaufes; 3. die Gesamtforderung des Verkäufers : 4. die Anzahl, den Betrag und die Fälligkeit der Vorauszahlungen sowie die Dauer der Zahlungspflicht: 5. den Hinweis auf das Recht des Käufers, den Vertrag bis zum siebenten Tag nach seinem Abschluss schriftlich und unentgeltlich zu widerrufen; 6. bei überjährigen Verträgen zudem: a. die zur Entgegennahme der Vorauszahlungen befugte Bank; b. den dem Käufer geschuldeten Zins; c. den Hinweis auf das Recht des Käufers, den Vertrag bis zum Abruf der Ware jederzeit zu kündigen, und auf das hiefür geschuldete Reugeld; 7. den bei Verzug oder Stundung geschuldeten Zins; 8. allfällige Vereinbarungen über eine Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen oder eine Abtretung der Kaufpreisforderung; 9. den Ort und das Datum der Vertragsunterzeichnung.

2

Der Vertrag bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, wenn der Käufer unmündig oder entmündigt ist.

? Der Vertrag bedarf der Zustimmung des Ehegatten des Käufers, wenn dieser mit ihm einen gemeinsamen Haushalt führt und die Gesamtschuld 1000 Franken übersteigt.

4

Der gesetzliche Vertreter oder der Ehegatte muss seine Zustimmung durch Mitunterzeichnung spätestens beim Vertragsabschluss abgeben; sie begründet keine Mithaftung.

625

Konsumkredit Art. 227c b. Mängel

Der Vertrag ist nichtig, wenn 1. die Schriftform nicht eingehalten ist ; 2. Name und Adresse der Parteien anhand der Vertragsurkunde nicht ohne weiteres feststellbar sind; 3. eine der Angaben über den Gegenstand des Kaufes oder über die Gesamtforderung des Verkäufers fehlt oder fehlerhaft ist und nicht ohne weiteres berichtigt werden kann; 4. nicht auf das Widerrufsrecht des Käufers hingewiesen wird; 5. bei überjährigen Verträgen die Bezeichnung der Bank fehlt oder fehlerhaft ist und nicht ohne weiteres berichtigt werden kann; 6. der gesetzliche Vertreter oder der Ehegatte nicht zugestimmt hat; 7. die Bescheinigung des Käufers fehlt, dass er das Vertragsdoppel und die gesetzlichen Bestimmungen über den Konsumkredit erhalten hat (Art. 226d).

Sind bereits Vorauszahlungen geleistet worden, so schuldet der Verkäufer dem Käufer darauf einen Zins von zehn Jahresprozenten, von der Vertragsunterzeichnung an gerechnet.

2

Der Käufer kann den Vertrag entschädigungslos kündigen oder im Wert der bereits geleisteten Zahlungen Waren zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen beziehen, wenn eine der folgenden Angaben fehlt, den gesetzlichen Anforderungen widerspricht oder fehlerhaft ist und nicht ohne weiteres berichtigt werden kann: 1. Anzahl, Betrag und Fälligkeit der Vorauszahlungen sowie Dauer der Zahlungspflicht; 2. bei überjährigen Verträgen: a. der dem Käufer geschuldete Zins; b. der Hinweis auf sein Kündigungsrecht.

3 Ist der bei Verzug oder Stundung geschuldete Zins nicht angegeben oder übersteigt er den gesetzlichen Höchstsatz, so kann er nicht gefordert werden.

Art. 227d 1 Beim überjährigen Vertrag hat der Käufer die Vorauszahlungen 4. Rechte und Pflichten an eine Bank zu leisten, die zur Entgegennahme von Spareinlagen der Parteien a. Sicherung berechtigt ist. Die Zahlungen werden einem auf seinen Namen lauder Voraustenden Sparkonto gutgeschrieben und in der üblichen Höhe verzahlungen zinst.

2

Die Bank muss die Interessen beider Parteien wahren. Auszahlungen bedürfen der Zustimmung der Vertragspartner; diese kann nicht zum voraus erteilt werden.

626

Konsumkredit 3

Hat der Käufer seine Vorauszahlungen nicht an eine berechtigte Bank geleistet, so kann er den Vertrag jederzeit entschädigungslos kündigen und die Herausgabe seines Guthabens samt dem vertraglich vereinbarten Zins fordern; der Verkäufer und ein allfälliger Drittempfänger haften ihm dafür solidarisch. Ausserdem geniesst der Käufer bei der Zwangsvollstreckung gegen jeden Empfänger der Zahlungen die gleichen Konkursvorrechte wie gegenüber der Bank.

Art.227e b. Preisbestimmung

l

Wird der Kaufpreis beim Vertragsabschluss bestimmt, so ist der Vorbehalt einer Nachforderung nichtig.

2

Ist der Käufer verpflichtet, für einen Höchstbetrag Ware nach seiner Wahl zu beziehen, deren Preis nicht schon im Vertrag bestimmt worden ist, so muss ihm der Verkäufer die gesamte Auswahl zu den üblichen Barkaufpreisen anbieten.

Art. 227f c. Vorzeitiger Bezug

! Gegen Zahlung des ganzen Kaufpreises kann der Käufer jederzeit die Lieferung der Kaufsache verlangen.

2 Eine Lieferung der gesamten Kaufsache vor Bezahlung des ganzen Kaufpreises darf nur erfolgen, wenn die Vorauszahlungen den Betrag der gesetzlichen Mindestanzahlung für einen gleichwertigen Abzahlungskauf erreicht haben und auch die übrigen für einen solchen Kauf geltenden Vorschriften eingehalten sind.

3 Hat der Käufer mehrere bestimmte Sachen gekauft oder sich das Recht zur Auswahl vorbehalten, so kann er schon vor Bezahlung des ganzen Kaufpreises, entsprechend den bereits geleisteten Vorauszahlungen, die Ware in Teillieferungen abrufen, sofern es sich nicht um eine Sachgesamtheit handelt. Der Verkäufer ist jedoch nur so weit zu Teillieferungen verpflichtet, als ihm 5 Prozent der Restforderung als Sicherheit verbleiben.

Art. 227g

d. Abruf

Der Käufer kann die Kaufsache erst abrufen, wenn er die letzte Vorauszahlung geleistet oder gehörig angeboten hat.

Art. 227h e. Auszahlung l Bei einem überjährigen Vertrag darf die Bank den Kaufpreis erst des Kai " des Kaufauszahlen, wenn ihr eine Bestätigung des Käufers über den Emppreises fang der Ware vorgelegt wird.

627

Konsumkredit

2

Der Käufer kann jedoch dem Verkäufer schon beim Abruf der Ware bis zu 30 Prozent des Kaufpreises aus seinem Guthaben freigeben ; eine Verpflichtung hierzu darf nicht im voraus vereinbart werden.

Art. 227i 5. Beendigung a" Kund"88

' Einen überjährigen Vertrag kann der Käufer bis zum Abruf der Jederzeit kündigen.

2 ist der Vertrag gekündigt, so hat der Käufer Anspruch auf die Rückerstattung der vorausbezahlten Beträge samt den üblichen Bank zinsen.

Ware

3

Ein Reugeld darf nur verlangt werden, wenn der Vertrag nicht aus wichtigen Gründen gekündigt worden ist.

4 Das Reugeld darf 2Vz Prozent der Gesamtforderung des Verkäufers nicht übersteigen und höchstens 150 Franken betragen, wenn der Vertrag innert einem Monat seit seinem Abschluss gekündigt wird; wird er später gekündigt, so darf das Reugeld 5 Prozent nicht übersteigen und höchstens 300 Franken betragen.

Art. 227k (neu) b. Ablauf der Vertragsdauer

'Die Pflicht zur Leistung von Vorauszahlungen endigt fünf Jahre nach VertragsabschluSS.

2

Hat der Käufer bei einem überjährigen Vertrag die Ware nach acht Jahren nicht abgerufen, so kann der Verkäufer, nachdem er dem Käufer eine Mahnfrist von drei Monaten angesetzt hat, vom Vertrag zurücktreten; er hat die gleichen Ansprüche wie bei einer Kündigung des Käufers.

3 Kann dem Käufer die Mahnung nicht zugestellt werden, so kann sie der Verkäufer im amtlichen Publikationsorgan des letzten Wohnsitzes des Käufers auf dessen Kosten mit dem Hinweis darauf veröffentlichen, dass er vom Vertrag zurücktrete, wenn der Käufer die Ware nicht binnen drei Monaten seit der Bekanntmachung abrufe. Nach Ablauf dieser Frist kann der Verkäufer von der Bank die Auszahlung des Reugelds und den Ersatz der Publikationskosten verlangen.

Art. 2271 (neu) 6. Verzug des Kaufes

' Der bei Verzug oder Stundung geschuldete Zins darf 5 Jahresprozente nich{ überstdgen 2

Ist der Käufer mit Vorauszahlungen im Verzug, so kann der Verkäufer nur deren Bezahlung fordern.

628

Konsumkredit 3 Ist jedoch der Käufer mit mehreren Vorauszahlungen im Verzug, die zusammen mindestens 10 Prozent der Gesamtforderung ausmachen, oder mit einer Vorauszahlung, die 25 Prozent dieser Forderung ausmacht, oder mit der letzten Vorauszahlung, so kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten ; vorher muss er dem Käufer eine Frist von einem Monat zur Erfüllung angesetzt haben.

4 Tritt der Verkäufer von einem unterjährigen Vertrag zurück, so kann er als Entschädigung oder Konventionalstrafe höchstens 10 Prozent der Gesamtforderung verlangen.

5 Tritt der Verkäufer von einem überjährigen Vertrag zurück, so kann er nur das vereinbarte Reugeld sowie allfällige Vergünstigungen beanspruchen, die er dem Käufer über die üblichen Bankzinsen hinaus gewährt hat.

m. GemeinStimmungen

Art. 228 ' Die für den Abzahlungskauf geltenden Bestimmungen über die Ausdehnung des Geltungsbereichs (Art. 226« Abs. 1-3), den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (Art. 226d), die nachträgliche Vereinbarung einer Lohnabtretung oder -Verpfändung und die nicht vertraglich vorbehaltene Abtretung der Kaufpreisforderung (Art. 226f), das Widerrufsrecht des Käufers (Art. 226g), die Befugnisse des Richters (Art. 226; Abs. 4, 226k Abs. 2), die Gültigkeit der Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen (Art. 226k Abs. 1) und die Einreden des Käufers (Art. 2261) sowie über Gerichtsstand und Schiedsgericht (Art. 226r) gelten sinngemäss auch für den Vorauszahlungskauf.

2 Die Bestimmungen über den Vorauszahlungskauf gelten sinngemäss für den Abzahlungskauf, wenn die Lieferfrist mehr als ein Jahr beträgt oder von unbestimmter Dauer ist und der Kauf er, vor der Lieferung der Ware Zahlungen zu leisten hat.

II

Der neunte Titel des Obligationenrechts1' wird wie folgt ergänzt: Dritter Abschnitt: Der Kleirikredit (neu) : Art.318a A. Begriffe ' Durch den Kiemkreditvertrag verpflichtet sich der Kreditgeber, vertragnkredlt" dem Kreditnehmer eine Summe von höchstens 40 000 Franken als Darlehen auszuhändigen oder zur Verfügung zu halten, und der

D SR 220 629

Konsum kredit

Kreditnehmer, für die beanspruchte Summe Kreditkosten zu bezahlen, welche einen bestimmten Mindestsatz übersteigen.

2 Dieser Mindestsatz wird vom Bundesrat bestimmt und liegt um 25-50 Prozent über dem für Blankokredite üblicherweise vereinbarten Bruttosatz.

II. Kreditkosten

Art. 318b 1 Kreditkosten sind, ungeachtet ihrer Bezeichnung, sämtliche Beträge, die der Kreditnehmer zusätzlich zur ausbezahlten Kreditsumme schuldet.

2 Sie sind in Jahresprozenten zu berechnen, die bei Teilzahlungskrediten und bei Krediten mit periodisch sinkender Beanspruchungsgrenze auf den mittleren Verfall bezogen werden.

3 Die Jahresprozente dürfen die vom Bundesrat festgesetzten Höchstsätze nicht übersteigen.

B. Geltungsbereich

C. Vertragsabschluss I. Form-, Inhalts- und Zustimmungserfordernisse

630

Art. 318c 1 Die Bestimmungen über den Kleinkredit gelten auch für kreditierte Warenchecks und für Kreditkarten.

2 Sie gelten nicht, wenn der Kreditnehmer hauptberuflich eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt oder als Geschäftsfirma im Handelsregister eingetragen ist und der Kleinkredit mit seiner Geschäftstätigkeit in offenkundigem Zusammenhang steht.

Art. 318d 1 Der Vertrag muss schriftlich abgefasst sein und folgende Angaben enthalten : 1. den Namen und die vollständige Adresse der Parteien sowie das Alter, den Zivilstand und den Beruf des Kreditnehmers; 2. die auszubezahlende oder maximal verfügbare Kreditsumme; 3. die maximalen Kreditkosten in Franken und in Jahresprozenten; 4. den maximalen rückzahlbaren Gesamtbetrag, bestehend aus Kreditsumme und Kreditkosten; 5. die Laufzeit des Kredits; 6. bei Teilzahlungskrediten und bei Krediten mit periodisch sinkender Beanspruchungsgrenze die Anzahl, den Maximalbetrag und die Fälligkeit der Teilzahlungen; 7. den Hinweis auf das Recht des Kreditnehmers, den Vertrag bis zum siebenten Tag nach seinem Abschluss schriftlich und unentgeltlich zu widerrufen;

Konsumkredit

8. den Hinweis auf das Recht des Kreditnehmers, den Kleinkredit vorzeitig zurückzuzahlen, und auf die dadurch bewirkte Verminderung der Kreditkosten; 9. den bei Verzug oder Stundung geschuldeten Zins; 10. allfâllige Vereinbarungen über eine Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen oder über eine Abtretung der Forderung des Kreditgebers; 11. den Ort und das Datum der Vertragsunterzeichnung.

2

Der Vertrag bedarf der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters, wenn der Kreditnehmer unmündig oder entmündigt ist.

3

Der Vertrag bedarf der Zustimmung des Ehegatten des Kreditnehmers, wenn dieser mit ihm einen gemeinsamen Haushalt führt und der maximale rückzahlbare Gesamtbetrag 1000 Franken übersteigt.

4

Der gesetzliche Vertreter oder der Ehegatte muss seine Zustimmung durch Mitunterzeichnung spätestens beim Vertragsabschluss abgeben; sie begründet keine Mithaftung.

Art.318e II. Masslehpuiikt '

Der Vertrag ist erst dann gültig abgeschlossen, wenn der Kreditnehdem Kreditgeber auf einem von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsdoppel mit einer zusätzlichen Unterschrift und mit der Angabe des Datums bescheinigt, dass er einen beidseitig unterzeichneten Vertrag sowie den vollständigen Text der gesetzlichen Bestimmungen über den Konsumkredit erhalten hat.

mer

Art.318f III. Mängel I.Sanktionen

' Der Vertrag ist nichtig, wenn j die Schriftform nicht eingehalten ist; 2. Name und Adresse der Parteien anhand der Vertragsurkunde nicht ohne weiteres feststellbar sind; 3. eine der Angaben über die Kreditsumme, die Kreditkosten, den rückzahlbaren Gesamtbetrag, die Laufzeit oder allfällige Teilzahlungen fehlt, den gesetzlichen Anforderungen widerspricht oder fehlerhaft ist und nicht ohne weiteres berichtigt werden kann; 4. nicht auf das Widerrufsrecht des Kreditnehmers hingewiesen wird; 5. nicht auf;das Recht des Kreditnehmers zur vorzeitigen Rückzahlung des Kleinkredits und auf die dadurch bewirkte Verminderung der Kreditkosten hingewiesen wird; 6. der gesetzliche Vertreter oder der Ehegatte nicht zugestimmt hat; , i 631

Konsumkredit

7. die Bescheinigung des Kreditnehmers fehlt, dass er das Vertragsdoppel und die gesetzlichen Bestimmungen über den Konsumkredit erhalten hat.

2 Ist der bei Verzug oder Stundung geschuldete Zins nicht angegeben oder übersteigt er den gesetzlichen Höchstsatz, so können höchstens 5 Jahresprozente gefordert werden.

Art. 318g 2. Wirkungen der Nichtigkeit

3. Abtretungen

D. Widerruf I. Gegenüber dem Kreditgeber

1

Ist der Vertrag nichtig, so hat der Kreditnehmer die bereits empfangene oder beanspruchte Kreditsumme bis zum Ablauf der Höchstlaufzeit zurückzuzahlen; der Richter kann ihm jedoch eine Stundung oder andere Zahlungserleichterungen gewähren und dabei die Höchstlaufzeit um höchstens neun Monate verlängern, wenn wichtige Gründe es rechtfertigen.

2 Die Kreditsumme ist in gleich hohen Teilzahlungen zurückzuzahlen, die höchstens einen Monat auseinanderliegen dürfen.

3 Zahlt der Kreditnehmer seine Schuld in einem Mal zurück, so kann er davon für jeden nicht beanspruchten Monat der Höchstlaufzeit l Prozent abziehen.

Art. 318h 1 Eine Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen kann nach dem Vertragsabschluss nicht mehr vereinbart werden.

2 Tritt der Kreditgeber seine Forderung ab, ohne sich dies im Vertrag ausdrücklich vorbehalten zu haben, so kann der Kreditnehmer den Gläubigerwechsel binnen sieben Tagen seit Erhalt der Abtretungsanzeige durch schriftliche Erklärung an den Kreditgeber ablehnen.

Art. 318i 1 Der Kreditnehmer hat das unabdingbare Recht, den Vertrag bis zum siebenten Tag seit seinem Abschluss schriftlich zu widerrufen.

2 Die Frist ist eingehalten, wenn die Widerrufserklärung am siebenten Tag der Post übergeben wird.

3

Der Kreditnehmer schuldet weder Entschädigung noch Reugeld.

Vor Ablauf der Widerrufsfrist darf die Kreditsumme weder ganz noch teilweise ausbezahlt oder dem Kreditnehmer zugänglich gemacht werden; vorzeitig ausbezahlte oder zur Verfügung gestellte Beträge sind nach den Bestimmungen über die Wirkungen der Nichtigkeit zurückzuzahlen.

4

632

Konsumkredit

Art. 318k u. Gegenu ei Dritten

'War der zu widerrufende Kleinkredit zur Tilgung der Schuld aus abgeschlossenen anderen Vertrag bestimmt, so kann der Kreditnehmer auch diesen anderen! Vertrag durch entspre. chende schriftliche Erklärung an den betroffenen Gläubiger widerrufen, wenn dieser beim Vertragsabschluss von der beabsichtigten Kreditaufnahme wusste oder wissen musste.

e j nem vor h er

2

Der Widerruf gegenüber dem Dritten ist nur gültig, wenn ihm ein Doppel der Widerrufserklärung an den Kreditgeber beigefügt ist.

3

War dem Kreditnehmer aufgrund des widerrufenen Vertrags bereits eine Sache zu Eigentum übertragen oder zum Gebrauch überlassen worden, so schuldet er dem Gläubiger einen angemessenen Mietzins sowie eine Entschädigung .für ausserordentliche Abnützung, für Beschädigung oder Verlust: für bereits erbrachte Dienstleistungen schuldet er ihm Ersatz der Auslagen und Verwendungen nach den Bestimmungen über den Auftrag (Art. 402).

' ' Art. 318!

E. Kleinvermittlung

Die Vereinbarung eines Entgelts für die Vermittlung von Kleinkrediten ist nichtig.

Art. 318m F. Zweitere ne

' Aus einem Kleinkreditvertrag, der abgeschlossen wird, solange der Kreditnehmer oder sein Ehegatte, mit dem er einen gemeinsamen Haushalt führt, einen früheren Kleinkredit noch nicht vollständig zurückbezahlt hat, entsteht kein klagbarer Anspruch auf Rückzahlung und Kreditkosten.

!

2

;

Der Kreditgeber kann jedoch vom Kreditnehmer Schadenersatz fordern, wenn dieser das Bestehen eines anderen Kleinkredits geleugnet hat und eine Nachprüfung seiner Angaben nicht möglich war.

Art. 318n G. FinanvonTM!zahlungskäufen

Aus einem Kleinkreditvertrag, der abgeschlossen wird, obschon der Kreditgeber weiss oder wissen muss, dass die Kreditsumme ganz ocjer teilweise zur Finanzierung der Anzahlung oder zur Ablösung der Restschuld aus einem den Vorschriften über den Abzahlungskauf unterstehenden Vertrag bestimmt ist, entsteht kein klagbarer Anspruch auf Rückzahlung und Kreditkosten.

26 Bundesblatl.130Jalire.Bd.il

633

Konsumkredit

Art. 318o H. Auszahung

' Bei Auszahlungen oder anderen Belastungen der Kreditsumme darf der Kreditgeber keinen Abzug oder Rückbehalt machen.

2

Ein Anspruch auf Rückzahlung und Kreditkosten entsteht nur für Beträge, deren Empfang oder Freigabe der Kreditnehmer persönlich durch schriftliche Quittung oder Anweisung bescheinigt hat und die mit den Angaben im Vertrag übereinstimmen.

3 Der Vertrag erlischt, wenn die Kreditsumme nicht binnen einem Monat seit Ablauf der Widerrufsfrist ausbezahlt oder gehörig angeboten worden ist.

J.Laufzeit kungS° ra"

Art. 318p 'Ein Kleinkredit ist innerhalb von 18 Monaten seit Ablauf der Widerrufsfrist zurückzuzahlen, feste Teilzahlungskredite in gleich hohen Teilzahlungen, die höchstens einen Monat auseinanderliegen dürfen.

2

Aus Gründen des Sozialschutzes kann der Bundesrat die Höchstlaufzeit bis auf 12 Monate verkürzen oder bis auf 21 Monate verlängern; sie muss jedoch stets um wenigstens drei Monate kürzer sein als die niedrigste Höchstdauer für Abzahlungskäufe.

3 Der Kreditgeber verliert den Anspruch auf den Teil der Kreditschuld, der bei Ablauf der Höchstlaufzeit nicht in bar bezahlt worden ist.

4

Ist jedoch der Kreditnehmer durch Umstände, die bei Vertragsabschluss nicht vorausgesehen werden konnten, in wirtschaftliche Bedrängnis geraten, so kann ihm der Richter seines Wohnsitzes auf Begehren einer oder beider Parteien eine Stundung oder andere Zahlungserleichterungen gewähren und dabei die Laufzeit des Kredits um höchstens neun Monate verlängern. Der Richter darf dem Begehren nur entsprechen, wenn der Kreditgeber bereits fällige Rückzahlungen ohne Verzögerung eingefordert hat und begründete Aussicht besteht, der Kreditnehmer werde seine Verpflichtungen bis zum Ablauf der Verlängerung erfüllen ; er trifft seine Anordnungen in einem einfachen und raschen Verfahren.

II. Lohnabtretungen

634

Art. 318q ! Die Abtretung oder Verpfändung von Lohnforderungen des Kreditnehmers ist nur bis zum Ablauf der Höchstlaufzeit des Kredits gültig.

2 Wenn die Voraussetzungen für Zahlungserleichterungen erfüllt sind, kann der Richter Lohnabtretungen oder -Verpfändungen vor-

Konsumkredit zeitig aufheben, vorübergehend aussetzen oder um höchstens neun Monate verlängern ; er kann ferner ihren Betrag der wirtschaftlichen Lage des Kreditnehmers anpassen.

in. Vorzeitige Beendigung lungsrecht 1

Art. 318r ' Der Kreditnehmer kann den Kleinkredit vorzeitig zurückzahlen.

2 Begleicht er die Restschuld durch einmalige Zahlung, so sind ihm wenigstens 75 Prozent der Kreditkosten nachzulassen, die auf die nicht beanspruchte Kreditdauer entfallen.

An. 318s 1. Ausschluss Kündigung

K. Einreden nehme« ''"

L. Verzug nehme'rs '

Abreden, die dem Kreditgeber ein Recht zu vorzeitiger Kündigung einräumen, sind unter Vorbehalt der Bestimmungen über den Verzug des Kreditnehmers nichtig.

An. 318t ] Der Kreditnehmer hat das unabdingbare Recht, seine Einreden aus dem Kleinkreditvertrag gegenüber jedem Abtretungsgläubiger geltend zu machen.

2 Ist der Kleinkredit zur Finanzierung des Erwerbs einer beweglichen Sache oder einer Dienstleistung gewährt worden, so kann der Kreditnehmer seine Einreden aus dem Erwerbsvertrag auch dem Kreditgeber oder dem Abtretungsgläubiger entgegenhalten, sofern die Finanzierung durch ein Zusammenwirken von Sach- oder Dienstleistungsschuldner und Kreditgeber zustande gekommen ist.

Art.318u ] Der bei Verzug oder Stundung geschuldete Zins darf den Satz nicht übersteigen, der für die Kreditkosten vereinbart worden ist.

2 Ist der Kreditnehmer bei einem Teilzahlungskredit oder bei einem Kredit mit periodisch sinkender Beanspruchungsgrenze mit mehreren Teilzahlungen im Verzug, die zusammen mindestens 10 Prozent des gesamten rückzahlbaren Betrags ausmachen, oder mit einer Teilzahlung, die 25 Prozent dieses Betrags ausmacht, so kann der Kreditgeber, wenn er sich dies im Vertrag ausdrücklich vorbehalten hat, die Rückzahlung der gesamten Restschuld fordern; vorher muss er dem Kreditnehmer eine zweiwöchige Frist -zur Erfüllung angesetzt haben.

3 Fordert der Kreditgeber die Rückzahlung der gesamten Restschuld, so vermindert sich diese um 50 Prozent der Kreditkosten, welche auf die Zeit nach Ablauf der zweiwöchigen Frist entfallen; 635

Konsumkredit

vom gleichen Zeitpunkt an dürfen Verzugszinse nur auf der gekürzten Forderung berechnet werden.

Art. 318v M. Gerichts- Der in der Schweiz wohnhafte Kreditnehmer kann nicht zum vorSchiedsgericht aus darauf verzichten, Streitigkeiten aus dem Kleinkreditvertrag vom ordentlichen Richter seines Wohnsitzes beurteilen zu lassen.

III

Das zweite Buch des Schweizerischen Strafgesetzbuches1' wird wie folgt ergänzt: Zwanzigster Titel: Übertretungen der Bestimmungen über den Konsumkredit (neu) Art. 332b's 1. Verwendung ! Wer gewerbsmässig Verträge abschliesst, die den Vorschriften über den Adrige?15" Teilzahlungskauf oder den Vorschriften über den KleinVertragskredit unterstehen, und dabei Vertragsformulare verwendet, die formulare nicht die vollständigen Angaben über das Widerrufsrecht des Kunden enthalten, wird mit Haft oder mit Busse bestraft.

2

Die vorschriftswidrigen Vertragsformulare werden eingezogen.

3

Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

Art. 332
l. Mit Haft oder mit Busse bis zu 50 000 Franken wird bestraft,

gegen die über de" Teilzahlungskauf

wer im Rahmen eines gewerbsmässig abgeschlossenen, den VorSchriften über den Abzahlungskauf unterstehenden Vertrags a einen Teilzahlungszuschlag fordert oder sich versprechen lässt, welcher die vom Bundesrat für Kleinkredite festgesetzten Höchstsätze übersteigt ; b. seine Leistung erbringt, ohne die volle Mindestanzahlung in bar oder in zulässigen Sachwerten erhalten zu haben, oder sie erbringt, obschon er weiss, dass die Anzahlung nicht aus eigenen Mitteln des Kunden stammt oder dieser sich die Mittel dazu durch Aufnahme eines Kleinkredits beschafft hat; c. nach Ablauf der Höchstdauer des Vertrags Zahlungen fordert oder entgegennimmt, ohne dazu durch richterliche Anordnung ermächtigt zu sein;

Handlungen

D SR 311.0

636

Konsumkredit d. den Kunden veranlasst, Wechsel auszustellen, solche von ihm entgegennimmt oder weiterbegibt; wer im Rahmen eines gewerbsmässig abgeschlossenen, den Vorschriften über den Vorauszahlungskauf unterstehenden überjährigen Vertrags a. unbefugt Vorauszahlungen fordert oder entgegennimmt; b. für die Kündigung des Vertrags ein Reugeld fordert oder sich versprechen lässt, das den gesetzlichen Satz oder Höchstbetrag übersteigt.

2. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 30 000 Franken.

3. Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

Art. 332i'""er 3. Widerhandlungen gegen die Vorschriften über den Kleinkredit

1. Mit Haft oder mit Busse bis zu 50000 Franken wird bestraft, wer im Rahmen eines gewerbsmässig abgeschlossenen, den Vorschriften über den Kleinkredit unterstehenden Vertrags a. Kreditkosten fordert oder sich versprechen lässt, welche die vom Bundesrat festgesetzten Höchstsätze übersteigen; b. einen Kleinkredit gewährt, obschon er weiss, dass der Kreditnehmer oder sein Ehegatte, mit dem dieser einen gemeinsamen Haushalt führt, einen früheren Kleinkredit noch nicht vollständig zurückbezahlt hat; · c. einen Kleinkredit gewährt, obschon er weiss, dass die Kreditsumme ganz oder teilweise zur Finanzierung der Anzahlung oder zur Ablösung der Restschuld aus einem den Vorschriften über den Abzahlungskauf unterstehenden Vertrag bestimmt ist; d. nach Ablauf der Höchstlaufzeit des Kredits Zahlungen fordert oder entgegennimmt, ohne dazu durch richterliche Anordnung ermächtigt zu sein; e. den Kreditnehmer veranlasst, Wechsel auszustellen, solche von ihm entgegennimmt oder weiterbegibt; f. für die Vermittlung von Kleinkreditgeschäften eine Belohnung anbietet, verspricht, ausrichtet oder dem Vermittler zukommen lässt; wer sich für die Vermittlung von Kleinkreditgeschäften eine Belohnung versprechen lässt, eine solche fordert oder entgegennimmt.

2. Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 30 000 Franken.

3. Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.

637

Konsumkredit

4. Falsche Angaben des Kunden

5. Widerhandlungen in Geschäftsbetrieben

6. Verbot des Abschlusses von Konsumkreditver-

638

Art. 332iuir">uies Wer als Kunde beim Abschluss eines Teilzahlungskaufs oder eines Kiemkreditvertrags falsche Angaben über seine persönlichen, rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse oder über die Verwendung der Kreditsumme macht, wird mit Busse bestraft.

Art. 332sexles 1 Werden die in den Artikeln 332bis - 332iuater unter Strafe gestellten Handlungen beim Besorgen der Angelegenheiten einer juristischen Person, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, Einzelfirma oder Personengesamtheit ohne Rechtspersönlichkeit oder sonst in Ausübung geschäftlicher oder dienstlicher Verrichtungen für einen andern begangen, so sind die Strafbestimmungen auf diejenigen natürlichen Personen anwendbar, welche die Tat verübt haben.

2 Der Geschäftsherr, Arbeitgeber, Auftraggeber oder Vertretene, der es vorsätzlich oder fahrlässig in Verletzung einer Rechtspflicht unterlässt, eine Widerhandlung des Untergebenen, Beauftragten oder Vertreters abzuwenden oder in ihren Wirkungen aufzuheben, untersteht den Strafbestimmungen, die für den entsprechend handelnden Täter gelten.

3 Ist der Geschäftsherr, Arbeitgeber, Auftraggeber oder Vertretene eine juristische Person, Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, Einzelfirma oder Personengesamtheit ohne Rechtspersönlichkeit, so wird Absatz 2 auf die schuldigen Organe, Organmitglieder, geschäftsführenden Gesellschafter, tatsächlich leitenden Personen oder Liquidatoren angewendet.

Art. 332sePties 'Sind die in den Artikeln 332b's - 332quater unter Strafe gestellten Handlungen fortgesetzt oder wiederholt begangen und dabei die Vorschriften über den Konsumkredit schwer verletzt worden, so kann der Richter dem Täter oder seinem nach Artikel 332sexies Absatz 2 verantwortlichen Geschäftsherrn, Arbeitgeber, Auftraggeber oder Vertretenen für sechs Monate bis zu fünf Jahren verbieten, Teilzahlungskäufe und ihnen gleichgestellte Verträge sowie Kleinkreditverträge abzuschliessen oder Forderungen aus solchen Verträgen geltend zu machen.

2 Die Übertretung des Verbots wird mit Haft oder mit Busse bis zu 50 000 Franken bestraft.

Konsumkredit

IV

Das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs ] > wird wie folgt geändert: Art. 219 Abs. 4 Dritte Klasse Est. d d. Die Ansprüche des Käufers aus einem Vorauszahlungskauf (Art. Illd Abs. 3 OR) bis zum Betrag von 5000 Franken.

Art. 219 Abs. 4 Vierte Klasse Bst. c (neu) c. Die Ansprüche des Käufers aus einem Vorauszahlungskauf (Art. 221d Abs. 3 OR), soweit sie 5000 Franken um nicht mehr als weitere 5000 Franken übersteigen.

V

Das Bundesgesetz vom 30. September 1943 über den unlauteren Wettbewerb 2 ' wird wie folgt geändert:

Art. l Abs. 2 Bst. i, k und Bst. l (neu) i. es bei öffentlichen Auskündigungen über einen Abzahlungskauf oder ein ihm gleichgestelltes Rechtsgeschäft unterlässt, seine Firma eindeutig zu bezeichnen, klare Angaben über den Bar- und den Gesamtkaufpreis zu machen sowie den Teilzahlungszuschlag in Franken und Jahresprozenten genau zu beziffern ; k. es bei öffentlichen Auskündigungen über Kleinkredite unterlässt, seine Firma eindeutig zu bezeichnen, klare Angaben über die Kreditsumme und den maximalen rückzahlbaren Gesamtbetrag zu machen sowie die maximalen Kreditkosten in Franken und Jahresprozenten genau zu beziffern; l. einen Käufer oder Kreditnehmer, der einen Abzahlungskauf, einen Vorauszahlungskauf oder einen Kleinkreditvertrag abgeschlossen hat, veranlasst, den Vertrag zu widerrufen, oder ·einen Käufer, der einen Vorauszahlungskauf abgeschlossen hat, veranlasst, diesen zu kündigen, um selber mit ihm einen solchen Vertrag abzuschliessen.

Art. 2 Abs. 4 (neu) 4 Die Ansprüche aus den Buchstaben a-c stehen ferner Organisationen von gesamtschweizerischer oder regionaler Bedeutung, die sich i> SR 281.1 2) SR 241 639

Konsumkredit

statutengemäss dem Konsumentenschutz widmen, insofern zu, als sich die Klage gegen unlauteren Wettbewerb im Zusammenhang mit Teilzahlungskäufen und ihnen gleichgestellten Rechtsgeschäften oder Kleinkrediten richtet; in diesen Fällen ist die Klageberechtigung der Organisation von derjenigen ihrer Mitglieder unabhängig.

Art. 13 Bst. h, i und Bst. k (neu) sowie Schlussatz h. unterlässt, bei öffentlichen Auskündigungen über einen Abzahlungskauf oder ein ihm gleichgestelltes Rechtsgeschäft seine Firma eindeutig zu bezeichnen, klare Angaben über den Barund den Gesamtkaufpreis zu machen sowie den Teilzahlungszuschlag in Franken und Jahresprozenten genau zu beziffern; i. unterlässt, bei öffentlichen Auskündigungen über Kleinkredite seine Firma eindeutig zu bezeichnen, klare Angaben über die Kreditsumme und den maximalen rückzahlbaren Gesamtbetrag zu machen sowie die maximalen Kreditkosten in Franken und Jahresprozenten genau zu beziffern; k. einen Käufer oder Kreditnehmer, der einen Abzahlungskauf, einen Vorauszahlungskauf oder einen Kleinkreditvertrag abgeschlossen hat, veranlasst, den Vertrag zu widerrufen, oder einen Käufer, der einen Vorauszahlungskauf abgeschlossen hat, veranlasst, diesen zu kündigen, um selber mit ihm einen solchen Vertrag abzuschliessen, wird, auf Antrag von Personen, Verbänden oder Organisationen, die zur Zivilklage berechtigt sind, mit Gefängnis oder mit Busse bestraft.

VI

Schlussbestimmungen Art. l Schuldenregulierung 1 Für Beratung und andere Dienste im Zusammenhang mit der Tilgung von Schulden aus einem den Bestimmungen über den Teilzahlungskauf oder über den Kleinkredit unterstehenden Vertrag kann vom Schuldner eine Vergütung erst dann gefordert werden, wenn sich der Gläubiger mit der vorgeschlagenen Liquidation einverstanden erklärt hat.

2

Eine unverhältnismässig hohe Vergütung kann der Richter auf einen angemessenen Betrag herabsetzen.

Art. 2 Kaufkraftklausel Bei wesentlicher Veränderung der Kaufkraft des Geldes kann der Bundesrat die in den Artikeln 226* Absatz 2, 226c Absatz 3, 227* Absatz 3, 227; Absatz 4, 318« 640

Konsumkredit

Absatz l und 318d Absatz 3 des Obligationenrechts1) in Franken ausgedrückten Beträge entsprechend anpassen.

Art. 3

Übergangsrecht

;

1 Die Artikel 226i Absatz 4, 226k Absatz 2, 226m Absatz 2, 226p und 226q des Obligationenrechts D gelten auch für Abzahlungskäufe, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind.

-Der Artikel 111k Absatz 3 des Obligationenrechts1) gilt auch für Vorauszahlungskäufe, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind.

3 Die Artikel 318p Absatz 4, 318q Absatz 2, 318r und 318u Absatz 3 des Obligationenrechts L' gelten auch für Kleinkreditverträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind.

Art. 4

Aufhebung kantonaler Vorschriften

:

Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden die damit im Widerspruch stehenden kantonalen Vorschriften aufgehoben.

Art. 5 1

Referendum und Inkrafttreten

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

6092

D SR 220

641

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Botschaft über ein Konsumkreditgesetz vom 12. Juni 1978

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1978

Année Anno Band

2

Volume Volume Heft

38

Cahier Numero Geschäftsnummer

78.043

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

19.09.1978

Date Data Seite

485-641

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