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B erich t des

schweizerischen .Konsuls in Algier, Herrn Eugen Joly aus dem Danton Waadt, über das Jahr 1869.

(Vom 15. Februar 1870.) .

An den hohen schn.eiz. Bundesrath.

Lage im .Allgemeinen.

Es wird im Allgemeinen anerkannt, 186..) eine bemerkenswerthe Verbesserung kerung der drei Provinzen herbeigeführt relativen Aussehwuug genommen, welcher nungen der vorhergeheuden Jahre wieder

dass die gute Ernte des Jahres in den Zustanden der Bevolhat. Der Handel hat einen ihn nach den getäuschten Hofseinigermaßen emporrichtete.

Das Kolonisatiouswerk ist gehemmt. deun die Erstellung dreier Dorfer, von denen jedes ungefähr 100 Haushaltungen zählt, ist in Wirklichkeit nicht als ein bedeutender Fortschritt anzusehen. Diese neuen schon bevölkerten Dorser sind Ben .l1nn, an der Strasse nach Eonstantine; C.uedsli, in der Ebene von Chelif, 8idi ......ached, in der Ebene von Mitidja. Judessen will man nächstens 1000 Hektaren in der Gemeinde Teniet-el-Haad, in der Brovinz Algier , vertheilen , und man geht mit dem Gedanken um, auf den jezt noch unbevolkerten Ebenen zwischen Oued-el-Alleng und Marengo Ortschaften anzulegen.

Es ist noch immer die Rede . davon , auf dem Abhauge des Ben Adcha, so wie aus demjenigen von C.ued-Fodda (dieses lettere im Militärbezirk), je ein Dors zu gründen.

469 Die politischen Ereignisse in Spanien haben die Einwanderung in .Algerien begünstigt. Zahlreiche Züge sind angekommen, allein die Einwanderer schienen keine wohlhabenden Leute zu sein. Sie können indessen gute Kolonisten werden, denn dieses Volk eignet sieh am bessten zur Kolonisirung Algeriens in seinem gegenwärtigen Zustande. Es ist

thätig und massig, zwei höchst werthvolle Eigenschaften in diesem Lande.

Die Zeit rükt indessen heran, wo der Aufenthalt in diesem .Lande sür jedermann angenehm wird, selbst sür die Volker des nordlichen Europas, welche in ihrem Lande an rasche und bequeme Transportmittel gewöhnt sind. Man hofft, dass im Jahr 1870 nahezu die vollständige Länge der Eisenbahn von Algier nach Oran eröffnet sein werde. .^on diesem Zeitpunkte an werden Waaren aller Art mit Leichtigkeit ins Jnnere gelaugen und auf eine Entfernung von 450 Kilometer ^um Verkaufe angeboten werden können , ebenso werden die hauptsächlichsten Ansiedlungspunkte mit den Seehäfen von Algier und .^ran sür den Absaz der Landesprodukte in direkte Verbindung kommen.

Algier bestrebt sich mehr und mehr , mit Rizza in ernstliche Konkurrenz zu treten. Die Gasthöfe der Stadt und die Landhäuser Mustaphas sind dieses Jahr von englischen Familien , welche das Klima dieser Vrovinz demjenigen des Südens Europas vorziehen , übersüllt.

Sie lassen auf einem dem britischen Generalkonsul gratis abgetretenen Landstük eine Kirche erbauen. Abgesehen pon einem im Süden der Brovinz Oran ausgebrochenen, aber sogleich unterdrükten Ausstaude erfreute sich Algerien dieses Jahr einer vollkommeuen Ruhe.

Handel de.^ ^afen^ ..^u Algier.

^Einfuhr.

Die Einsuhr, die im Jahr 1868 aus Fr. 77,886,283 gestiegen war, sank im Jahr 18.69 auf 67 Millionen wegen der.stattgesundenen

Abnahme derjeuigen Artikel, die auf dem Markte Algiers mit der ^ört-

lichen Produktion konkurriren. So betrug im Jahr 186..). die .Ziffer der aus Weizen gewonnenen Mehlsorten 1,978,715 Kilo, diejenige des Jahres 1869 nnr noch 938,938 Kil. Trokene Gemüse, frische, getroknete und ölige Früchte und Kartoffeln erlitten einen ziemlich starken Absehlag. Die aus dem Mutterlauge und Spauien herkommenden Bro-

dukte saukeu von 11,742 Kilo, im Jahr 1868, auf 8,494 Kilo im Jahr 1869. Die

aus fetten Körnern

gewonnenen ^elsorten erlitten

ebensalls eine starke Verminderuug. .Von 1.200,000 Kilo sind sie auf 491,000 Kilo herabgesuuken.

470 Roher und rafsinirter Znker sind sich nngesähr gleich geblieben.

18^.

Rasfinirter Zuker . . . Kilo 2,557,9l2 Rohzuker . . . . . . " 471,349 Kaffee . . . . . . ,, 1,031,307

18^.

Kilo 2,660,164 ,, 430,336 ,. 1,083,015

.Der importate Wein betrng im Jahr 1869 10,000 Hektoliter

weniger als im Jahr 1868, wo er die .^ohe von 172,9 l 6 Hektoliter erreichte.

Die Gewebe weisen im Allgemeiueu eine bedeutende Vermehrung auf, uämlieh : mit einer Vermehrung von

Wollene Gewebe Hanfgewebe . .

Seidengewebe .

Baumwoll.engewebe

.

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.

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.

.

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.

.

.

Fr.

,, ,, ,,

4,283,450 1,890,614 1,72^,898 14,899,667

Fr. 1,165^341 ,, 500,000 .. 900,000 ,, 3,542,727

Die Vermehrung der Baumwolleugewebe ist ein augenscheinlicher Beweis für die Hebuug des Wohlstandes unter den Eingeborneu.^ Sie ist auch einer andern, wahrscheinlich vorübergehenden Ursache zuzuschreiben, nämlich der .Verlegung des Sizes dieses Handels , welche zum grossteu Theil aus dem Marktplaze von Konstantine stattfand. Die Araber oder, genauer gesprochen, die Mozabiten, lieferten bei dieser Gelegenheit einen neuen beweis von dem geringen Gewichte, welches sie den .Entfernungen .beilegen, sobald ihr Jnteresse aus dem Spiele steht. hierüber in Kürze nur folgendes: Die Handelshänser in Konstantine gewährten den mozabitischen Hausirer^ ausuahmsweise Zahlungserleichternng^n, welche, da sieh Missbräuehe einsehliehen , abgeschafft werden sollten. ^ie forderten Reglemente mit kürzerer Verfall^.it als bisher, und beschränkten den ungemessenen Kredit , zu welchem sie sich hatteu verleiteu lassen.

Da nun diese neuen Bedingungen nicht nach ihrem Geschmake waren, so verliesseu die Mo^abiten verabredeterweise den Markt von Eoustantiue und versahen steh in Algier mit den ihnen nothigen Waaren , ohne hierans irgendwelchen Vortheil zu zieheu.

Man kann nicht annehmen, dass dieser Anstand haltbar sei. doch hosft man, dass er der Stadt Bona zu gut kommen werde, wo bereits einige Häuser ^Magazine eingerichtet haben.

Die aus der Schweiz kommenden Gewebe fanden in Algier ziemlieh starken Absaz , besonders die türkischrol.hen Schnupftücher und die St. Gallex Waaren.

Die Baumaterialien, das Hol^, erlitten einen ziemlichen Abschlag; die Einfuhr von Eisen und Gusswaaren sank von Kilo 4,948,l51 aus

Kilo 3,983,569.

471 ^

Die übrigen Artikel erlitten keine wesentliche Veränderung.

Jn Drogeriewaaxen muss die Wichtigkeit der Einsuhr von Gummilak hervorgehoben werden ; zwe^ algierische Handelshäuser haben kürzlich 200 von .London kommende Kisten erhalten.

Die Sehweizeruhren werden schon seit Langem in Algier eingeführt.

wo sie wie überall anderwärts geschäht werden. Jn allen Städten gibt es übrigens Uhrenhändler, die gute Geschäfte zu machen scheinen. Dieser Handelsartikel hat weniger als seder andere die gefährliche Konkurrent der eingebornen Juden zu fürchten.

Ausfuhr.

Die Aussuhr erreichte die Hohe pou 35 Millionen, was gegenüber dem Jahr 1868 eine Vermehrung von 5 Millionen ergibt. Judessen macht sich eine Verminderung von ex^portirtem Vieh bemerkbar.

18^8.

. Ochsen . . . . . . . 8,447 Schafe . . .^ . . . . 190,372

18^.

3,282 133,996

Der daraus hervorgehende Unterschied .peist eine Verminderung von nahezu 2 Millionen Franken ..ach.

Die im Jahr 1868 ausgeführte Wolle betrug Kilo 1,689,306; sie sank 1869 aus Kilo 690,000.

Die rohen Häute sanken von Kilo 1,690,000 auf Kilo 400,000.

Diese Verminderung ist der Seuche zuzuschreiben , welche im Winter 1867 die Viehherden heimsuchte.

Die Getreideausfuhr sank von Heetoliter 141,998 ans Hectolitex 112,549. Die Ausfuhr an Eisenerzen hat auch etwas nachgelassen.

Dagegen hat sich eine Vermehrung der Ausfuhr bei folgenden Artikeln herausgestellt.

Olivenöl . . .

Tabak . . . .

Trokene Gemüse .

Gesalzene Bische .

Heu . . . . .

Gerste . . . . .

.

.

.

.

I.^8.

18^.

. Kilo 462,000 Kilo 2^388,000 ,, 2,045.000 . ,, 927,000 . ,, 352,345 783,836 . ,, 29,000 60,000 K..bik..^ter 1.1 l 5 Kubikmeter 7,.. 65 Hektoliter 82,364 Heetoliter 111,988

Die Tabakverwaltung entschloss sich endlieh, den Verkauf von Eigarren und Tabak algierischer Fabrikation in Baris zu versuchen , sie machte .Bestellungen bei verschiedenen Fabrikanten.

472 Banken und ^i^onto.

Der lezte Geschäftsbericht der Bank von Algier zeigt folgendes Resultat :

Der Diseonto vom 1. Rovember 1868 bis 31. Oktober 1869 betrug :

Algier . .

Bona . .

Eonstantine Oran . .

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55 , 9 5 5 Effekten für Fr . 42 , 53 3 , 8 1 6 . 42 10,430 ,, ,, " 9,338,95..). 24 30,9l7 ,, ,, ,, 36,492,548. 23 49,083 ,, ., .. 37,160,459.07 146,385 Effekten für Fr. 125,425,782. 96 Jm Jahre 1867,^1868 . 120,867 ,, ,, ,, 112,340,898. 63 Vermehrung 25,518 Fr. 13,184,884. 33

Der Zinsfuß des Diseonto , welcher für die in Algier zahlbaren Wechsel 6 .^ beträgt , sank aus 4 ^ für in Frankreich zahlbare und auf pari für alle Bläze, wo die frä..zosis.he Bank Filialen hat.

Die Compagnie girale von Algier , die man als eine Konknrxentin der Bank von Algier angesehen hatte, ist nun die Klientin derselben geworden..

Jhre Diseonto^Bedingnnaen sind die nämlichen, wie diejenigen der Bank.

...^erficherun.^ zur See.

Da sich die algierisehen. Küstenfahrer über die Bedingungen mit Reeht zu beklagen glaubten, welche ihnen durch die Versicherungs^Gesellsehasten auserlegt find, so haben sie den Beschluss gefasst, in Algier eiue gegenseitige Versicherungs-Gesellschaft zu gründen, um ihre Schiffe und Schiffsladungen , welche sie aus der algieris.hen Küste besordern , zu assekurireu. Man kann diesem Gedanken , wenn er sieh verwirklichen sollte, seinen Beisall nicht versagen , indem hierdurch der ..lgierischen Marine ein wesentlicher Dienst geleistet würde.

..^erkehr.^.r.e^....

^

Die Erofsnung der Bahnstreke von Blidah nach ^Bou^Medfa fand am 8. Juli le^thin statt. Dur.h diese neue Bahnstreke erhält die dem Betriebe übergebene .Linie eiue Ausdehnung vou 220 Kilometern (90 Kilometer von Relizanue nach ^rau). Man hosst die Bahnstreke vou Orleausville nach Relizanne nächstens zu erofsuen.

47^ Die Verlängerung der Eisenbahnen gestattete die Errichtung eines Bostd.enftes zur Beförderung von Briefen .von und nach .Milianah, Marengo, Cherché, .feined^el^aad, C.rléansville und .fen.^.. Eine Korrespondenz mit den .drei erstern Städten kann in weniger als 30 Stunden und in 48 Stuuden mit den ^ drei leztern gewechselt werden.

.^..dwirthfchaft.

G e t r e i d e b a u . Die mit Getreide angesäete Oberfläche betrug im Departement Algier 72,325 Hektaren, 8.^55 ^Hektaren mehr ^als im Jahr 1868. Jn dieser Ziffer erscheinen .die von europäischen Kolonisten augebauten Ländereien mit 29,125 Hektaren. 23,140 Hektaren werden pon der eiugebornen, den Gemeinden zugeteilten Bevölkerung bebaut.

Der Totalertrag der Ansaat wird aus wenigstens 775,000 Hel^toliter angeschlagen. Es ergebe si.ch ^somit ein Dnrchschnittsertrag von 12 Hektolitern per Hektare und ein solcher von 8 Hektolitern sur die Kul.^ tur der im Eivilterritorinm angesiedelten .Eingebornen. Er wäre noch beträchtlicher gewesen ohne die ausserordentlichen Regengüsse des lezten Frühjahres, die in tiefliegenden und fruchtbaren Gegenden, wie diejenige der Mitidja, aus das ^Getreide, das bereits einen hohen Hal.uenstand erreicht hatte, eine schädliche Wirkung änsserten , indem sie dasselbe in weiter Ausdehnung darnieder legten. Anders verhielt es sich in dieser

Hinsieht im Militärterritorium . das im Tell weniger als in den Küsten-

gebenden vorgerükte Getreide hat im Allgemeinen durch diese Regen gewounen , der Ertrag stellte sieh für die von Arabern bebauten 327,486 Hektaren aus ungefähr 1,945,320 Hektoliter. J^n Ganzen betrug die

Ernte der Brovinz 280,000 Hektoliter Getreide, d. h. üugesähr 472.240

mehr als im verflossenen Jahre.

Hiezu kommt noch das Erträgniss der a.^essorischen Bflanzen, des Beehna, des Mais, der Erbsen u. s. w., welche aus einer Ausdehnung

von 40,285 Hektareu ungesähr 806,000 Hektoliter ergaben.

B a u m w o l l e . Die Kultur derselben ist in vollständigem Verfall, man kann ihrer nur noch als einer Erinnerung Erwähnung thun.

^ l a eh s. Die angebaute Oberfläche im Departement betrng un-

gesähr 2000 Hektareu, d.ts Ergebnis 3,l 30,000 Kilogramme an Samen, 1,700,000 Kilog. an Stengeln und l ,500,000 Kilog. au Gespinnst.

Man gibt dieser ^orte vor der italienischen den Vorzug , kaum ein Viertel hievon ist au^ Rigaer-Saamen ^..gezogen. Der Anbau der lezteru Sorte wird an Ausdehuuug gewinnen, sobald einmal die Mittel zur bessern Brechung des Flachses gesunden sein werden.

T a b a k . Die Ernte kann aus u..gesähr 2 Millionen Kilogramm^ geschäht werden, wovon zwei Drittel durch die Tabakverwaltnug, zu.:.^

Bunde^blalt. Jahrg. XXII. Bd. II.

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474 Durchschnittspreis von Fr. 73. 65 per metrischen Zentner, angekauft ^wurden. Der Rest wurde in ^den Handel verkaust.

Oliven.

Man berechnet die ..Quantität der in der Brovinz wäh-

rend des Jahres 1868,^1869 geernteten Oliven aus 56 Millionen Kil..

W e i n b a u . Reben wurden in der Brovinz in diesem Jahre nur wenige gepflanzt. Der Wein lieferte einen Ertrag von 61,441 Hektolitern.

. Seid e n e r n t e . Die Ergebnisse stnd ^iemlieh gering, aber gleichwohl ermuthigend. Versuche mit einer Mischung von japanischen und^ mailändischen Eiern sind in 17 verschiedeneu Lokalitäten gelangen ; man will dieselben erneuern.

Einwanderung.

Abgesehen von den oben erwähnten Spaniern, beorderte die Regierung die Einwanderung von hundert irländischen Familien nach der Brovin^ Oran.

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Bericht des schweizerischen Konsuls in Algier, Herrn Eugen Joly aus dem Kanton Waadt, über das Jahr 1869. (Vom 15. Februar 1870.)

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28.05.1870

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