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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aufhebung der Konzession einer Pferdebahn von der Station Bellavista zum Hotel Pasta auf dem Monte Generoso.

(Vom 17. Mai 1912.)

.

Tit.

Mit Beschluss vom 1. November 1910 (B. A. S. XXVI, 225) haben Sie die am 9. Juni 1891 (E. A. S. XI, 369) dem Herrn Dr. Karl Pasta in Mendrisio erteilte Konzession eines Tramways mit Pferdebetrieb von der Station Bellavista zum Hotel Pasta auf dem Monte Generoso auf die ,,Società anonima del Monte Generoso in Capolago übertragen.

Mittelst Eingabe vom 30. November 1911 stellte nun die Direktion der Generosobahn in Capolago im Namen der genannten Gesellschaft das Gesuch, es möchte die Konzession ihrer Pferdebahn Station Bellavista-Hotel Pasta aufgehoben werden. Die Gesuchstellerin führt zur Begründung ihres Begehrens im wesentlichen aus, dass die Pferdebahn ausschliesslich den Omnibusdienst zwischen der Station Bellavista der Zahnradbahn auf den Monte Generoso und dem Hotel Pasta besorgt und dass sie infolgedessen nicht in der Lage ist, für die fragliche Unternehmung einen

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regelmässigen öffentlichen Dienst mit Fahrplan einzurichten. Da somit die Pferdebahn tatsächlich nicht den Charakter einer öffentlichen Transportanstalt . hat und keinem öffentlichen Interesse dient, erachtet die Bahngesellschaft die Aufhebung der Konzession als angezeigt.

Die Regierung des Kantons Tessin, zur Vernehmlassung eingeladen, hat sich zugunsten der Aufhebung der Konzession ausgesprochen.

Schon in unserer Botschaft vom 1. Juni 1891 (Bundesbl.

1891, III, 123) haben wir hervorgehoben, dass die Unternehmung mehr privaten Charakter habe und ausschliesslich dem Hotelbetrieb dienen werde. Wir sind nun der Ansicht, dass eine derartige Unternehmung, die nur für die Beförderung der Hotelgäste, unter vollständigem Ausschluss von Drittpersonen bestimmt ist, nicht mehr den Charakter einer Bisenbahn besitzt und daher auch keiner Konzession bedarf.

Art. l des Bundesgesetzes über den Bau und Betrieb der Eisenbahnen auf dem Gebiet der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 23. Dezember 1872 bestimmt, dass für den Bau und Betrieb der Eisenbahnen eine staatliche Konzession erforderlich sei. Ob das Bellavista-Tram einer Konzession bedürfe, hängt mithin davon ab, ob es eine Eisenbahn sei.

Es findet sich in der Jîundesgesetzgebung keine Definition der Eisenbahn. Der Begriff muss an Hand der Eisenbahngesetzgebung und der Praxis bestimmt werden. Wir bezeichnen als Eisenbahn im Sinne des zitierten Gesetzes eine dem öffentlichen Verkehr dienende Anlage, auf welcher die Beförderung von Personen oder Gütern mittelst Fahrzeugen besorgt wird, diesich auf Schienen bewegen. Danach müssen drei Requisite gegeben sein : 1. Die Anlage muss zur Ausführung von Personen- oder Waren-Transporten dienen.

2. Die Beförderung muss sich auf Fahrzeugen vollziehen, die auf Schienen laufen.

3. Die Anlage muss dem öffentlichen Verkehr dienen.

Wenn wir uns nun fragen, ob das Bellavista-Tram unter diesen Begriff der Eisenbahn falle, so muss von vornherein als feststehend angenommen werden, dass die beiden ersten Requisite erfüllt sind. Da diese Trambahn ausschliesslich zur Beförderung von Hotelgästen und deren Gepäck bestimmt ist, und Dritt-

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personen, sowie Sachen Dritter vom Transport tatsächlich ausgeschlossen sind, so ist das dritte Erfordernis nicht vorhanden.

Derartige Anlagen, die den Charakter einer öffentlich betriebenen Eisenbahn nicht besitzen und keinem öffentlichen Interesse dienen, können daher ohne Konzession bestehen, sogut wie die sogenannten Industriegeleise, die den Güterverkehr eines einzelnen industriellen Etablissements vermitteln und für welche keine Konzession erforderlich ist. Der Unterschied zwischen diesen Bahnen ist nur der, dass in einem Fall Güter, im ändern Fall Hotelgäste geführt werden.

Wir bemerken zuletzt noch, dass die Bedeutung dieser Anlage lange nicht so gross ist, wie z. B. diejenige der neuen geleislosen Bahn bei Freiburg oder der Automobilunternehmungen.

Die Einnahmen und Ausgaben belaufen sich jährlich auf nur 500 Franken. Bei dieser geringen Bedeutung lohnt sich auch die Anwendung der eidgenössischen Gesetze und Kontrollvorschriften nicht.

Wir kommen deshalb zum Schlüsse, dass dem Gesuche entsprochen werden sollte, und empfehlen Ihnen daher den nachgehenden Beschlussesentwurf zur Annahme.

Genehmigen Sie, Tit., auch bei diesem Anlasse die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung.

B e r n , den 17. Mai 1912.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der Bundespräsident: L. Porrer.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Schatzmann.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Aufhebung der Konzession einer Pferdebahn von der Station Bellavista zum Hotel Pasta auf dem Monte Generoso.

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. einer Eingabe der Direktion der Generosobahn in Capolago vom 30. November 1911 ; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 17. Mai 1912, beschliesst: 1. Die durch Bundesbeschluss vom 9. Juni 1891 (E. A. S.

XI, 369) erteilte und durch Bundesbeschluss vom 1. November 1910 (E. A. S. XXVI, 225) auf die ,,Società anonima del Monte Generoso11 in Capolago übertragene Konzession eines Tramways mit Pferdebetrieb von der Station Bellavista zum Hotel Pasta auf dem Monte Generoso wird aufgehoben.

2. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge dieses Beschlusses^ welcher am 1. Juli 1912 in Kraft tritt, beauftragt.

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Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend Aufhebung der Konzession einer Pferdebahn von der Station Bellavista zum Hotel Pasta auf dem Monte Generoso. (Vom 17. Mai 1912.)

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Jahr

1912

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21

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324

Numéro d'affaire Numero dell'oggetto Datum

22.05.1912

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355-358

Page Pagina Ref. No

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