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Botschaft des

Bundesrates an die Bundesversammlung, betreffend Übertragung und Erweiterung der Konzession für eine elektrische Straßenbahn von Bruggen über St. Gallen nach Neudorf-St. Fiden, mit Abzweigung von St. Gallen nach Heilig-Kreuz (Anschlußlinie Bahnhof St. GallenLinsenbühl).

(Vom 19. Dezember 1895.)

Tit.

Mit Eingabe vom 14./20., hier eingelangt am 26. November 1895, stellt der G e m e i n d e r a t der S t a d t St. G a l l e n das Gesuch 1. um Ü b e r t r a g u n g auf die p o l i t i s c h e G e m e i n d e St. Gallen der am 21. Dezember 1894 den Herren A u g u s t Bernet und Mithaften erteilten Konzession für eine elektrische Straßenbahn von B r u g g e n über St. G a l l e n nach N e u d o r f St. Fiden, mit Abzweigung von St. G a l l e n nach H e i l i g Kreuz (B. A. S. XIII, 275 ff.); 2. um E r t e i l u n g einer neuen Konzession für die Stadtlinie Bahnhof St. G a l l e n - K o r n h a u s s t r a ß e - S t . L e o n h a r d s straße - M u l t e r g a s s e - Speisergasse bis L i n s e n b ü h l kirche.

Infolge einer lebhaft bekundeten Strömung unter dem Publikum der Stadt St. Gallen für Übernahme der Trambahn durch die Stadt habe sich der Gemeinderat veranlaßt gesehen, der Angelegenheit näher zu treten und die Bundeskonzession vom 21. Dezember 1894 zu erwerben.

801 Dieser Erwerb ist durch folgende dem Gesuche beigelegte Aktenstücke ausgewiesen : 1. Abtretungsurkunde der Konzessionäre Herren August Bernet, Gemeinderat, und F. Kirchhof'er-Locher, Kantonsrat, beide in St. Gallen, vom 17. September 1895; 2. eine gleiche Abtretungsurkunde der Erben des einten Konzessionärs, Herrn Theodor Reutty, gewesener Kantonsrat, in St. Gallen, vom 18. November 1895, mit waisenamtlicher Zustimmung namens der minorennen Erben, vom gleichen Datum ; 3. Bescheinigung des Bezirksamtes St. Gallen, vom 21. November 1895, wonach über die Verlassensehaft des vierten, seither verstorbenen Konzessionärs, Herrn Wilhelm Dürler, gewesener Architekt in St. Gallen, am 17. Mai 1. J. der Konkurs verhängt wurde. Eine Reklamation aus dem Titel der Teilhaberschaft an der Konzession sei weder an die Mitkonzessionäre, noch an den Gemeinderat gestellt worden; 4. Zustimmungserklärung des Initiativkomitees für eine Trambahn St. Gallen, vom 17. September 1895, aus welchem Komitee die vier ursprünglichen Konzessionäre als Ausschuß .ad hoc hervorgegangen waren.

Am 10. November 1. J. brachte der Gemeinderat die Straßenbahnangelegenheit vor die Bürgerversammlung der politischen Gemeinde St. Gallen, welche auf Grund des ihr vorgelegten Gutachtens sämtlichen Anträgen des Gemeinderates zustimmte und u. a. namentlich beschloß, grundsätzlich Bau und Betrieb einer elektrischen Straßenbahn für St. Gallen und Umgebung auf Rechnung und Gefahr der politischen Gemeinde St. Gallen zu übernehmen, und zu diesem Zwecke die bereits bestehende, vom Initiativkomitee zur Verfügung gestellte Bundes- und kantonale Konzession definitiv zu erwerben und diese Rechtsübertragung bei den Bundes- und Kantonalbehörden zur Anerkennung zu bringen, unter Ausdehnung für die Linie Bahnhof-Linsenbühl.

Unter Hinweis auf diese bestimmten und ausreichenden Beschlüsse der Stadtgemeinde St. Gallen, durch welche der Finanzausweis vollständig geleistet sei, sowie ferner darauf, daß das Programm für Beschaffung der Motoren, sowie des gesamten Bau- und Betriebsmaterials bereits fertig vorliege und darauf gerechnet werde, gegen Ende des nächsten Jahres den größern Teil des Bahnnetzes im Betrieb zu sehen, wird das Gesuch gestellt, es möchte die Konzessionsübertragung und -erweiterung baldmöglichst (d. h. noch in der gegenwärtigen Session) erfolgen.

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Der Eingabe sind die für Konzessionsbewerbungen vorgeschriebenen Vorlagen betreffend die Erweiterungslinie BahnhofLinsenbUhl beigegeben.

Dem technischen Bericht ist zu entnehmen, daß die eine Ergänzung der bereits konzessionierten Linien bildende weitere Strecke, für welche die Konzession nachgesucht wird, vom Bahnhof ausgeht, durch die Kornhausstraße, St. Leonhardsstraße, Multergasse, Speisergasse und Linsenbühlgasse bis zur Linsenbühlkirche verläuft und, mitten durch die alte Stadt sich ziehend, den Bahnhof mit der Ostseite der Stadt verbindet. Die Gesamtlänge beträgt 1400 m.

Die Spurweite ist zu \ m. angenommen und ein kleinster Krümmungshalbmesser von 15 m. vorgesehen. Die Maximalsteigung beträgt 33,i °/oo auf eine Länge von 100 m., im übrigen sind von 2,7 bis 27,4 °/oo wechselnde Steigungen vorgesehen. Es ist elektrischer Betrieb mit oberirdischer Stromzuführung in Aussicht genominen, und die Wagen sollen alle 5 Minuten verkehren. Die Inangriffnahme und Ausführung des Baues soll nach Vollendung der städtischen Kanalisation erfolgen.

Die Anlagekosten werden veranschlagt wie folgt: 1. Organisation, Verwaltung, Bauleitung, Bauzinsen und Expropriation Fr. 13,000 2. Bahnbau ,, 58,540 3. Elektrische Leitungen ,, 19,600 4. Kraftstation ,, 27,660 5. Rollmaterial ,, 132,600 6. Mobiliar und Gerätschaften ,, 5,000 7. Verschiedenes und Unvorhergesehenes ,, 23,600 Total Fr. 280,000 oder Fr. 200,000 per Kilometer.

Mit Zuschrift vom 6. Dezember 1895 ergänzte der Getneinderat sein Gesuch noch dahin, daß auch eine Fristverlängerung für Einreichung der vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen anbegehrt wird.

Die Regierung des Kantons St. Gallen, welche wir zur Vernehmlassung über die verschiedenen Gesuche einluden, erklärt mit Zuschrift vom 14./16. Dezember, gegen die nachgesuchte Übertragung der bisherigen Konzession in ihrem vollen Umfange keine Einwendung zu erheben, und diese Übertragung in Gemäßheit von Art. l des Großratsbesohlusses vom 23. November 1894, betreffend Benutzung der Staatsstraßen für die fragliche elektrische Straßenbahn, ihrerseits ebenfalls genehmigt zu haben. Die Regierung betont ausdrücklich, daß ihre Zustimmung nur der Übertragung der Konzession

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i n i h r e m v o l l e n b i s h e r i g e n U m f a n g e gelte, während s i e dagegen die von der Gemeinde St. Gallen eventuell in Aussicht genommene Reduktion des Netzes noch als eine offene Frage betrachte. Diese Eventualität fällt indessen heute nicht weiter in Betracht, da das Gesuch davon nichts erwähnt.

Auch mit Erteilung der Konzession für die Erweiterungslinie Bahnhof-Linsenbühl ist die Regierung einverstanden, und hat in Gemäßheit des st. gallischen Straßengesetzes die Bewilligung zur Benutzung der in Anspruch genommenen Gemeindestraßen erteilt.

Nachdem die Erwerbung der bestehenden Konzession von den bisherigen Inhabern in genügender Weise nachgewiesen ist und auch weder der Fristverlängerung noch der Konzessionserteilung für die Erweiterung des Netzes unseres Erachtens Bedenken entgegenstehen, beantragen wir Ihnen, dem gestellten Gesuche im Sinne des nachstehenden Beschlußentwurfes zu entsprechen.

Dabei benutzen wir den Anlaß, um Sie, Tit., wiederholt unserer vollkommenen Hochachtung zu versichern.

B e r n , den 19. Dezember 1895.

Im Namen des Schweiz. Bundesrates, Der B u n d e s p r ä s i d e n t : Zemp.

Der Kanzler der Eidgenossenschaft: Ringier.

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(Entwurf.)

Bundesbeschluss betreffend

Übertragung und Erweiterung der Konzession für eine elektrische Straßenbahn von Bruggen über St. Gallen nach Neudorf-St. Fiden, mit Abzweigung von St. Gallen nach Heilig-Kreuz (Anschlußlinie Bahnhof St. GallenLinsenbühl).

Die Bundesversammlung der schweizerischen Eidgenossenschaft, nach Einsicht 1. eines Gesuches des Gemeinderates der Stadt St. Gallen vom 14./20., eingelangt am 26. November 1895 und einer Ergänzung desselben vom 6. Dezember 1895; 2. einer Botschaft des Bundesrates vom 19. Dezember 1895, beschließt: 1. Die unterm 21. Dezember 1894 den Herren A u g u s t B e r n e t , Gemeinderat, W. D u v i e r , Architekt, F. K i r c h h o f e r, Kantonsrat, und J. Th. R e u t t y , Kantonsrat, alle in St. Gallen, zu Händen einer zu bildenden Aktiengesellschaft erteilte K o n z e s s i o n für eine elektrische S t r a ß e n b a h n von B r u g g e n durch die S t a d t St. G a l l e n nach N e u d o r f - S t . F i d e n , mit Abzweigung von St. G a l l e n nach H e i l i g - K r e u z (E. A. S. XIII, 275 ff.), wird auf die p o l i t i s c h e G e m e i n d e St. G a l l e n übertragen.

2. Gleichzeitig werden die Art. 3 und 4 und in Art. 22 die Verpflichtung zur Äuffnung von Speeialfonds und zur Versicherung des Personals und der Reisenden bezüglich der aus dem Haftpflichtgesetze hervorgehenden Verpflichtungen gestrichen, sowie in den Art. 11, 12, 13, 14, 16, 22 und 24, wo von ,,Gesellschaft" die Rede ist, dieser Ausdruck durch ,,Konzessionärin", beziehungsweise ,,Bahnverwaltung" ersetzt.

805 3. Ferner wird die Konzession vom 21. Dezember 1894 dahin erweitert, daß der neuen Konzessionärin, politischen Gemeinde St. Gallen, die Bewilligung zum Bau und Betrieb einer A n s c h l u ß l i n i e vom Bahnhof St. G a l l e n durch die K o r n h a u s s t r a ß e St. L e o n h a r d s t r a ß e - M u l t e r g a s s e - S p e i s e r g a s s e bis zur L i n s e n b ü hlkirchh e unter den gleichen Bedingungen erteilt wird.

4. Die in Art. 5 der genannten Konzession angesetzte, durch Bundesratsbeschluß vom 15. Juli 1895 (B. A. S. XIII, 399) verlängerte Frist zur Einreichung der vorschriftsmäßigen technischen und finanziellen Vorlagen wird für das ursprüngliche Netz neuerdings um 6 Monate, d. h. bis 21. Juni 1895, erstreckt und für die Anschlußlinie auf 12 Monate, vom Datum des gegenwärtigen ßeschlusses an gerechnet,bestimmt. DieAnschlusslinie Bahnhoff 8t. GallenLinsenbühl ist binnen einem Jahre, vom Beginn der Arbeiten an gerechnet, zu vollenden und dem Betriebe zu übergeben. Der Konzessionärin wird der successive Bau in dem Sinne gestattet, daß dallfälligeige Nichteinhaltung der Fristen für die Ansehlußlinie Bahnhof St. Gallen-Linsenbühl nicht auch den Hinfall der Konzession für das ursprüngliche Netz zur Folge haben soll.

5. Der Bundesrat ist mit dem Vollzuge des gegenwärtigen Beschlusses beauftragt.

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26.12.1895

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