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79. Jahrgang.

Born, den 17. August 1927.

Band II.

Erscheint wöchentlich. Preis 3f> Franken im Jahr, IO Franken im Halbjahr, zuzuglich Nachnahme- mid Posttestellangsgetuhr.

Einrittkungsgebiihr : 50 Rappen die Petiteeile oder deren Raum. -- Inserate franko an Stämpßi & de. in Bern.

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Bundesversammlung.

Im N a t i o n a l r a t widmete in der Sitzung vom 28. Juni 1927 Herr Präsident, Dr. Maillefer dem verstorbenen Plerrn Nationalist Vigizzi einen ehrenden Nachruf. (Wortlaut siehe im Feuille fédérale.)

Im S t ä n d e r a t hielt in der Sitzung vom 28. Juni 1927 Herr Präsident Dr. Schöpfer folgenden Nachruf auf den verstorbenen Herrn Nationalrat Vigizzi: Hochgeachtete Herren Ständeräte!

Während wir hier inmitten unserer Beratungen über des Landes Geschicke stehen, hat der blinde Tod einen unserer Kollegen abberufen, dessen Zeit noch nicht um war, der es verdient hätte, noch Jahrzehnte unter uns bleiben zu dürfen. Soeben traf nämlich bei mir die Nachricht ein, dass Herr Nationalrat Alberto V i g i z z i sich zum sanften Sterben niedergelegt und sein helles Auge für immer geschlossen habe. Jäh regt sich, besonders da diese bestürzende, unerwartete, schwere Botschaft mitten in unsere Beratungen hineinfallt, jene tiefe Empfindung, die sicherlich einen jeden von uns stets überkommt, wenn er so plötzlich einem so äusserst ernsten Ereignis gegenübersteht und sich dabei sagen muss, auch er wisse nicht, wann der Tod ihn zeichne. Der ernste ewige Wechsel von Werden und Vergehen drängt sich wohl uns allen bei diesem für uns so ganz unerwarteten Tode besonders stark auf.

Einigen, in aller Eile hingeworfenen Notizen seines Landmannes Herrn Stânderat Bertoni entnehme ich über den Lebensgang des Entschlafenen Nachfolgendes : In der gestrigen Nacht hat eine schwere Lungenentzündung unscrn verehrten Kollegen Vigizzi, der schon durch ein Herzleiden geschwächt war, niedergerungen. Im Dezember dieses Jahres wäre er 54- Jahre alt geworden. Noch lange hätte er daher das von ihm viele Jahrzehnte innegehabte Amt eines Syndic von Solduno in vorbildlicher Treue zu Arbeit und Pflicht verwalten können. In Heidelberg und Lausanne holte Bundesblatt. 79. Jahrg. Bd. II.

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110 sich der Verblichene seine tüchtigen und gründlichen Kenntnisse, die er als Advokat und Notar in Locamo zunächst verwertete. Gar bald stellte er sein Wissen, seine Erfahrungen und seine ganze Arbeitskraft in den Dienst der Gesamtheit aller Volksgenossen, zunächst als Sekretär des Justiz- und Polizeidepartementes des Tessin und nachher als Richter und Gerichtspräsident. Dass das freisinnig-demokratische Tessinervolk den von freiheitlichen Idealen erfüllten glühenden Patrioten schon im Jahre 1902 in den Grossen Rat entsandte und dass er denselben nicht weniger als viermal präsidierte, ist nicht verwunderlich. Seit 1921 gehörte er dem Nationalrate an, in welcher Eigenschaft er Mitglied mehrerer wichtiger Kommissionen war.

Im wirtschaftlichen Leben seines Heimatkantons lässt der Verstorbene eine klaffende Lücke. Der industriellen Bestrebungen im Kanton Tessin nahm er sich mit Wärme an ; er sass auch im Verwaltungsrat der Schweizerischen Volksbank, und mit besonderer Hingebung widmete er sich auch den landwirtschaftlichen Fragen nicht nur als Berater und Helfer, sondern auch selbsttätig, gehörten doch die Produkte seiner eigenen Reben im weingesegneten sonnigen Tessin zu den besten, die die Südmark aufzuweisen hatte.

Vigizzi war ein glühender Patriot und temperamentvoller Politiker ; allein bei aller Entschiedenheit in seiner staatspolitischen, freisinnig-demokratischen Weltanschauung zierten ihn zwei Charaktereigenschaften, die jedem demokratischen Staatsbürger eigen sein sollten, die wir aber gerade heute im Zeitalter der Interessengruppierung im öffentlichen Leben so oft vermissen, nämlich die Uneigennützigkeit und die Gerechtigkeit. Aus diesen hohen Idealen heraus flössen auch seine Bestrebungen, mit allen Andersdenkenden herzliche und freundschaftliche Beziehungen zu pflegen und unter Hintansetzung eigener Vorteile stets das gemeinschaftliche Interesse zu fördern.

Noch steht sie vor unserem Geiste, die zierliche, elegante Gestalt des Entschlafenen, mit dem leuchtenden dunkeln Auge, mit dem stets verbindlichen Lächeln und mit der natürlichen, so ungemein wohltuenden Liebenswürdigkeit seiner ganzen Person, wie sie nur dem Romanen eigen sein kann. Und wenn wir uns von unsern Betrachtungen hinweg im Geiste ins Sterbezimmer des hochgeschätzten Kollegen versetzen, dann erklingt in unserem Herzen
jene Sprache, die wir alle verstehen, die gewaltige Sprache des Geistes versöhnender Menschlichkeit, die in so schweren Augenblicken in jeder Seele eine verwandte Saite nachklingen lässt.

In stummer Trauer reichen wir all den zurückgebliebenen Angehörigen, den Freunden und Landsgenossen des'Entschlafenen die Hand, getragen von der Empfindung, des verstorbenen Kollegen stets und weit übers Grab hinaus in Ehren, in grösster Hochachtung und in Liebe zu gedenken.

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Bundesversammlung.

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1927

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17.08.1927

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109-110

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